ARCHIVALISCHE
ZEITSCHRIFT
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ARCHIVALISCHE
ZEITSCHRIFT.
HEflAUSGEGEBEN
VON
D«- FUAHZ VON LÖHEB,
K, a4tlB.<MmaKH KATB^ RKrCmtARCHIV DIREnriR rKIVERflrrlTg-PHOrESROR. OKD.
AlLiSUUEH Uta WläaSKSCUArTKK l> UtHaU», BKOnKL «tc
1. BAND.
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STülTGART.
VERLAG VON W. SPEMANN.
im.
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Ha- nrc] College LHinry
H'.ant CoUcttlon
Henry LQlie Piecoe Fond
Mii7 7i UM>
Dradt von OelnrMer KnSner In 8tutt««rt.
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Inhaltsübersicht.
I. Was wir bieten und bitien. Vom HcrausKchcr 1
IL Vom Beruf unserer Archive In der Gegenwart Vom Herausgeber.
I. Archivbci-tanil im vorit;eu Jahrhundert 4
U. Aenderuntten der Neuzeit 6
ni. Zerstreuung von Archivalien 8
IV. Ungeordnete Archive 10
V. Aufpahon des Gosrh.lftsipbens 12
VI. Aufgaben der Wissenschaft 14
VTI. Versf hicdene Ansichten ' 17
HeyrifT und Wesen öffentlicher Archive lü
IX. ArchivthätiKkeit sonst und jetzt 28
X. Aufwand und Leistungen 26
XI. Nothwenditfe Entwickhnig des Archivdienstcs 31
. XII. Aiiit>[)flifhtfii M
XIII. Anfordenmgen der Neuteit 86
XIV. Fachbildung? 38
XV. Fachstellung 40
XVI. Einheitliche Verwaltung 42
XVII. Auflösung der alten Hc^'i^tratiirtn 45
XVIIL Zusammenlt^ung zerstreueter Archive 48
XIX. Austausch unter den Rf^Meriingen 50
XX. Aussch^^-idung des riitfeliörigeii 52
XXI. Vertheilung der Archive im Lande 55
XXII« Regelmassiger Zufluss 67
XXIU. Ordnung der Archivalien 59
XXtV. Verbindung mit den Archiven der ("lemeindenu.flenossenschaften 62
XXV. Berechtigung und Beschränkting des Archivgehcimnisses . 64
XXVL Leichte Rpnüt/.|j;irkpit ih'v Archive . fifi
XXVII. Veröffentlichung von Repertorien 68
XXVIII. Archivalienversendung 70
XXIX. Folgerungen 72
IV
InhalläObersicht.
Seite
III. Das bayerische Archtvwesen. Vom Herausgeber.
I. (ieschitliUiclicr lU'nklilick 76
U. Reichsarchiv mit Kreisarrhiven 86
III. Bauliche Einrichtung . . 95
IV. Vt-rtlicilmi^^ der Archivaliru im Laude 101
V. Anitsbibliotheken und Handakten 108
VI. Beamte III
VII. Ausbildung zum höheren Archivdienst 115
VIII. Konservirung der Archivalien 119
IX. Anordnunp der Arrlnvalien 124
X. An-hiv;ilisclitT Staatsdirn^t 180
XI. Arcliivbeiiril/iiiit? . 135
XII. Archivbfuützung in HccIiLssachen .142
XIII. Archivalicnbenützung zu wissensoliallliclioni Zwwk. . . . 144
XIV. Archivbenützung für genealogische und ähnliche Zwecke . 146
XV. Ergänzung dt r Archive 147
XVI. Arcliivulischo Vcrzeichiuiiig 151
XVU. Sorge für die Archive der Gemeinden Stiftungen und Vereine 159
XVin. GeschäHsgang 161
XIX. Ueberwacliung der Archivverwaltung 166
XX. Kosten und Rechnungswesen 169
IV. Die neueste Organisation der Staatsarchive in Italien. Von v. Zahn . . 174
V. Heber Archiv-Neubau- und -Einrichtungen. Von Burkhardt 200
VI. Kurze systomatischo Uebersicht dos Inhalts der bayer. Landesarchive . . 210
Vit. Aus stadtischen Archiven Alibayerns. \ oii lioi^^ol 280 *
VIII. Ueber Schreibsloffe in Bayern. Von Hock in;: er 246
IX. Eine ächte Urkunde Kaiser Karl des Dicken und <in« theilwelse ächte Kaiser
Arnulfs. Von l<io/.l(M . 27<>
X. Fragmentarische Erinnerungen eines alten Archivar*. Von S )) a c Ii . . . 282
XL Literaturbericht 316
XII. Kleinere Mittheilungen 824
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L Was wir bieten und bitten.
Vom Herausgeber.
Läiij^st geht unter Fachgonosseii Klage, wie mannigfach
das AtThivwosen in Dcut.schland liinter den Aufoidorungen derdc^gen-
wart /.ui-ü(kgLl)liebon. Auch inr»chto os kaum einen andern wicldigon
Zweig des Staatsdienstes geben, für welchen selbst in hoher gebildeten
Ereisoi w^ger Verständniss und Interesse zu finden. Was des
Arehivbeamten tagliche Aufgabe WiricsamlEeit und Berufsfreude ist,
bleibt gewöhnlich hbter alten Mauern vergraben. Hier und da
tauchen Nachrichten fiber Inhalt und Einrichtung von Ardilvcn, Vor-
schlage zu Verbesserungen auf: aber selbst* wenn es in trefflichen
Schriften geschidit, sie Terschwinden wieder ohne Nachhalt, ohne
Ergebniss. Könnte nicht eine S^itschrift, die regelmässig dies alles
saniinelt, erörtert, und vor die OcfTonlliehkeil brinjjt, und welclio
die deutschen Arehivbeamten selbst mit einander in Icbliaflcrcn Vor-
kehr setzt, wesentlichen Nutzen schaffen V
Auf der andorn Seite fehlt es an einem voriiiillelnden Organ
z\vis<-hen den Archivaren und den Sfaalslicamlon und (Jeschichts-
lorschorii. Jene müssen diesen entgegen kfinunen und ihnen /eigen,
wo und wie für die Staat sgeschälte weseniliche l>eilnilte, liir die
Wisscnscliafl historische Sch;U/.e aus ilen Arehiv(>n zu holen. Fmge-
kehrt müssen die Staatsbeamten die Arcliive lieben und fördern,
dass sie nüt Leiditigkeit in Rechts- und Verwaltungssachen Dienste
leisten, und die Wissenschaft muss für Geschichte und Erklärung
wichtiger ArcfaivtheOe thfttig werden und leitend und beldiend auf
die Arcliive zurückwirken.
Sokhen Zwecken soll unsere »Archivaüsche Zeitschriftc dienen.
Gleichwie die »Zeitschrift für Archivkundc Diplomatlk und Geschichte«
ArelilTAliMhe Zeltielwlft. I. t
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2
Wa» wir bieten und bitten.
von Ilöfer, Krhard, und v. Mecleni und die »7cit?rlnin für die Arrliivc
D(Mils( hliiiid^:« von Friodomann siliöno Vorbilder von nur zu kurzem
Leben auistelilen, so soll unsere Zeilschrift
I. die Organisation und Verwaltung der grösseren Archive in
Deutschland darlegen, dabei üne Geschichte und die Biographieen
verdienter Archivare aufhellen, und über den Fortschritt bedeutenderer
Arbeiten in den Archiven Nachricht geben. Daran Icnüpft sich von
selbst eine Erörterung der Fragen über Verwaltung der Archive im
Ganzen und Grossoi, über ihre innere Ordnui^ und Benützungswdse,
über ihre Aufgaben gegenüber der modernen Staatsvonvaltung und dem
jetzigen Stande der Wissenschaft, über Einrichtung der Archivgel)riude,
regelmässige Zuleitung der Aklen aus den Amtsregistraturen, organische
Verbindung der Vereins- Stiftungs- Gemeinde- und Familienarchive
mit den Landosarchiven. Ueberliauj)! soll sich in der Zeitschrift ein
Sprechsaal für die Inteips^cn. die Wünsrho und Ansichten eröffnen,
die in admini>tralivor und jiirisli.sclier, histori.st her und statistischer
no/ichnng bei Staatsbeamten, bei (jenieinde- Stil'fungs- und Pfarr-
Vorständen und Advokaten, bei Historikern jeder Richtung, aber
auch bei den Archivbeamten selbst laut werden, sobald vom Archiv-
wesen die Rede ist
n. Sodann soll die Zeitschrift fiber den Inhalt der Archive, und
was und wie in ihnen zu suchen ist, orientiren, also gedrängte und
wohlabgeflsföste Auszflge aus den Repertorien und Regestensamm-
lungen geben, nebst Beschreibungen von bedeutenderen Gruppen,
von wertfavdlen Urkunden, Kodizes, Amtsbuchem und Aktenserien.
Dabei sind nicht blos die öffentlichen, sondern insbesondere auch
die im Lande zerstreuten kleineren Archive, von deren Dasein und
Schätzen oft die Wenigsten Kunde haben, zu berücksichtigen. Wie
weil sind uns die Franzosen darin voraus, die von allen ihren
Aroliiven, kaum das geheime Ueichsarcbiv ausgenommen, die Ver-
zeiehnisso verütVentlichen !
III. Selbstverständlich gehört hierher die wissenschaltliche Er-
klärung der Arehivalicn, also das ganze Cfebiet der Paläographie und
Diploinalik mit ihren anziehenden Aufgaben und riiitliseln, sowohl
was die Archivalien der älteren als auch der späteren Zeit bolrini.
Wappen- und Siegelknnde, sofern sie der Geschichte dienen, schliessen
sich an.
IV. Kritiken und Hittheilungen Aber die neuen archlvalischc
Literatur des In* und Auslandes werden vorzugsweise zur Richtig-
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Was wir bieten uud billcn, S
slollun^' (IcT An.^ichten wie zum Hervorheben der Entwicklung und
Bedürfnisse dienen.
V. Auszuscliliessen sind dagegen Editionen und historische AI3-
handlungen, es sei denn dass sie kurz, von ganz besonderem Interesse,
und auf archivaltsche Stadien g^;ründet sind, oder sich auf Kritik
TOD Urlnindeii und andern Archivalien bezi^n.
Arbeiten dieser Art zu sammeln und zu verbreiten, dazu mOchte
vielleicht in der zwölQährigen Zratralleitung von neun Archiven, die
zum TheO zu den grOssten in Deutschland gefahren, ein Anruf liegen.
Von ächten Förderern und Freunden aber der historischen Wissen*
Schaft und des Archivwesens wurde das Unternehmen leUiaft, ja
freudig begrüsst.
Jeder Berufene ist nun eingeladen, an unserer Zeitschrift mitzu-
wirken. Auch sie wird einer nationalen Pflicht dienen. In den
Archiven ruht ein Stück nii>eror fj-cscliichtlichcn Vnlk^dirc, und wo-
durch bes-er lassen sich alle Krinnerunt-n n niid Falnln der Zwie-
tracht austilj,'en, als dun Ii die reine Walirlieil aus den Archiven?
Audi sie halten die Aul'^^dx^, auf d;is niächlif,' ansi liwelleude Volks-
k'l)on Kinflnss zu ilhen, das Rech! zu schirmen, die Staatsverwaltung
zu untcrsliiL/.en, und der WissonschaH tiefweite Fundgruben zu er-
öfiTnen. Nach den Erfahrungen der letzten Jahrzdhnte zu schliessen,
wird mit jedem neuen sich steigern ihre praktische wie ihre wissen-
schaftliche Bedeutung.
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IL Vom Beruf unserer Archive in der Gegen waiL
Vom HerauBgeb«'.
I. Archivbettand im vorigen Jalirliunderi
So lantrc nnrli pormanisclicm IJrauch dio Vcränilornii^'cii , dlv
mit Grundbosilz urul Land und Lculen vor sich t'''*«?^''») h\o<ä in der
öfTentlichcn regelmässig wiederkehrenden Gau- und Gerichtsversamm-
lung verlautbart wurden, gab es l^eine Archive in Deutscliland. Als
aber die Stifter und Klöster anfingen, zu besserem Gedächtniss fibcr
j^e öffentlichen Voi^nge, die sich auf Uiren Grunderwerb bezogen,
erst kurze Notizenzettel, dann vollständigere Urkunden zu sammeln,
und Fürsten und Könige reichlicher die grossen Stiftungspergamcnlc
und Privilegienbriefe ertheilten, bildete sich der Koti ZU unsem
Archiven. Mit dorn Steigen von Verkehr und Füldung, mit doin
Vordringen städtischen Lebens ;iiir »In^ Land, mit der fort und-fort-
gohond(m Zorsjilitterung der Grafs» hallen und Für.stenthumer in kleine
und immer kleinere Slaalsfetzen , mit dem fröhlirhtMi Aufwuchern
der mannigfalt irrsten Gonossenschaflon mehrten sicli die Pergamente
lilier Statuten und lleclite und Freiheiten, über (Jerichlsbarkeiten,
Liindertheilnn;.', Gut-- und llerrschatli^rechte aller Art. Das deutsche
Reich wurde das wunderlichste und malerischste Gemenge von zahl-
los verschiedenen Lebenskreisen, von grossen und kleinen politischen
und Idrchliciien Grössen, eiim jede mit ihrem besondern Charakter
und Herrschaftsliesitz, eine jede mit ihrem Archiv, in welchem man
sorgsam die alten Handfesten und Weisthfimer verwahrte.
Diesen reichen Urkundenschatz nahm man aus dem Mittelalter
in die neuere Zeit mit hinfiber. Aber schon längst hatte im Stillen
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Vom Beruf inuerer Archive in der Gegenwart.
5
eine imigt'koliHo Bewegung begonnen. Der rastlosen Zorlheilung
des Lande- iiiui Volks in immer kleinere Splitter trat endlicli wieder
ein Eini^'iinfr.slricl) gegenüber, der fast gleicli/.eitig auf allen muchtigeren
Summelpunklen der Ilerrseliaft rege und von der önentlichen Meinung
unterstützt wurde. Denn man fühlte und ahnte es, dass die IClein-
staaterei mit ihran Geschlepp an Rechten und Formen nimmermelu'
genüge, damit ein grosses Volk sich auslebe und seiner Erifle firoh
werde. Ganz von selbst ging jeder machtigere Ffirst darauf aus,
seine Lande zu YergrOssern, und jedes Stüde, jedes Anrechtstheilchen
an Gericfatsbarlceit, an Lehenrecht, an Landstandschaft, an Patronats-
recht, an Schutzherrlichtceit — alles wurde geschickt benutzt, um
Ansprilche auf Forst und Weide, Fisch- und Mühlwasser, Dörfer
und Pflegen, Städte und Länder zu erheben. Es entstanden endlose
Streitigkeiten Verhandlungen Schiedssprüche und Verträge, und
sorgfidtig suchte Jeder seine verbrieften Rechte zusammen und hielt
tlie Urkunden wohl vcrljorgen. Die Archivgewölbc wurden llüst-
kammern für Waffen des Angritl's und der Vertheidigurig. Si<' nillli n
sicii mit Pergamenten gross und klein und mit schrlftlii lien Uewei-en
ohne Ende. Fortan legte sich das Geheimniss mit schwerem Schloss
und Riegel, vor die Archive, und wenn der Archivar in s »Brief-
gewölbec hinabstieg, sah er scheu sich um, ob ihm auch Jemand
folge.
Zu gleicher Zeit empfingen die ÄrchiTe ehien dritten Bestand-
theil, der mit jedem Jahrhundert in die Breite wuchs. Der Staat
konnte den Aufgaben der Zeit ohne eine Menge Beamte nicht mehr
genügen. Je mehr die politische, administratire, richterUcfae Thätig^
keit für das ganze Land sich am Hofe des Fürsten konzcntrirte, um
so grosser wurden nothgedrungcn Zahl und Arten der Behörde,
die er zur Regierung brauchte: beständig schälten sich neue aus
den bestehenden heraus. Beamte aber fühlen ihre Verantwortlichkeit
dem Fürsten, den Landständen, der Oeffentliclikeif L'efronüber: sie
suchten sich also y.u decken, indem sie alles schriltlicli machten.
Das siegreiche Findringen aber des römischen Rechts, welches das
alte ehrbare Herkommen zersetzte, machte' ebenso ein l)loss münd-
liches wie rasches Verhandeln unmöglich. Schon das Pergament
musste sich im fünfzehnten Jahrhundert hergeben zu langen Rechts-
ausführungen. Sobald aber mit Vcrbreitmig des Papiers der Schieibstofr
80 billig und das Schreiben selbst so leicht wurde, gab man gleich
die ganze Fdgereihe der Verbandlungen scbriftUcb, wSlirrad früher
6
LSher:
bloss ihr S('lilussorgo})niss l)ourkundel wurde. Wo man früher in
Wachslafelbüchlein die Leistungen der Pflichtigen eintrug und weg-
wischte, da legte man jolzt Folianlenreilien von Grund- und Lager-
büchern an. So entstanden bei hohen und niodorn Hehörden Aklon-
archive, und als die Akten, welche sich über die allp-cmeinen Lamles-
angelegen heilen verbreiteten, zu den fürstlichen Aichiven hinzutraten,
ergab e.s sicli aus der Natur der Sache, dass man das geheime
Haus- von dem Kanzleiarcliiv , archivum sccretum und arcliivum
canccllariae, wie Struve sie nannte zu scheiden anfing.
Stets aber umhüllte der alte Archivcharaktcr noch mit seinen
dunlceln Schatten die Ansammlungen von Urkunden und Akten:
ohne Heimlichkeit und sielienfache Schlösser liess kein Archiv sich
denken. Erlangte ein Forscher aus besondem Gnaden Eintritt, so
hatte er sich mit dem zu begnügen , was man ihm vorlegte, und
durfte schon eilen, dass er mit der Durchsicht ifertig werde. Was
er au&chrldl), musste er vorzeigen, damit man bcflndc, ob er*s mit-
nehmen könne. Musste aber der Archivar Schriftstücke aus seinem
Gewölbe herauslassen, so begleitete er sie in eigener Person, legte
»e vor, erklärte sie, und brachte sie zum Verschluss zurück,
II. Amdermgen dar KaHzeli
Zu Ende des vorigen Jahrhunderts wurde das Staatswesen von
Grund aus ninjiostaltet. Die kh'(>n. die in weil vorblickcndcn rtoislcrii
bis auf Friedrich den Grossen und Josejih IL tre/.üddct hatten,
brachen sich in der franzüsisdien Umwälzung gewaltsam Uahn uml
überflutheten die Völker in unwiderstehliclier Strömung. Der Staat
schied von sich ab, was ihm von der Natur des Haus- und Familien-
Vermögens anhing, der Staat wurde Hort und Master für alle und
durch alle, wurde der durchgreifende Gesetzgeber und Ordner,
Wächter und Richter für die mannigfachsten Lebenskreise. Jetzt
konnte sich in Deutschland die Menge der Stäätchen nicht mehr
halten: Bisthfimcr und Abteien, Ritter- und Qrdenslande, Reichs-
städte und Fürslenlliumcr wurden von den grösseren Staaten ver-
schlungen. Auch die Landstädte, die Klöster, die Schul- Dom- und
andere Stiflungen, selbst viele geistliche und weltliche Genossen-
scbaflen mussten ihr selbständig lieben, häufig sogar ihren Güter-
>) Corp. jur. publ. c. SO, §. 23.
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Vom Beruf unserer Archive iu der Gegeuwari.
7.
bestand dem Staate zum Opfrr bringen. Nocb nicht genu;.'-, iiueU
im Güterrecht der Privaten ging eine tiefgreifende Aenderung vor
sich: aus den Ikmden und Lasten der Iclms- und guisherrlichen
V'crälrickiU]g sciiülte sich aller Orten das trcio klare U rundeigen thum
heiTor.
Die natärliche Folge war, dass der Staat jetzt eine Menge von •
Organen bedurfte und sich schaffte. Verwaltung und Gericht schieden
sich. Die Ministerien zogen gegen einander scharfe Gränzlinien, und
m den llmisterien sonderten sich verschiedenartige Amtsgebiete aus.
Udserall griff der Grundsatz der Arbeitstheilung durch, und jedes
Amtsgebiet erzog sich fortan seine eigenen Beamten, die fiir das
Fach wissenschaftlich und praktisch eingeschult wurden.
Und die Archive? Alles änderte sich, sie allein änderten sich
nicht
Dil' Archive waren und ijürben der sclmflliche Niederschlag je<ler
Thätigkeit der üllentlichen Gewalten und jedes Theilcliens einer
Staatsgewalt, sie waren und Ijlicljcn auch denn stefe Jit-gleilei-,
Halb- und Bew'eisgeber : sie hatten also mit der Neugestaltung des
Staatswesens sich ebenfalls neuforinen und ihre eigene Verwaltung
bekonmien müssen. Es erfolgte aber iu den meisten Ländern nichts
weiter, als dass der Staat die Archive der Säkularisirten und Me-
diatisirten einzog und zusammenlegte.
Diese vielen kleinen Archive hätten nun zum organischen Ganzen
gegliedert werden müssen, gleichwie der Staat die Landesgebiete,
deren historisches Leben sich in ihren Archiven abgeprägt hatte, in
seine Provnizen einschmolz. Sie verharrten aber, das war die Regel,
hn hergebrachten Zustande eines todten Nebeneinander.
Das ganze Staatswesen wurde koiL<lilutionell: nur in dem Theil,
welcher die Landesarchive um£asst, blieb etwas von der alten Staats-
anschauung hartnäckig festsitzen.
Ja , die Archive verbliehen auch gewöhnlich in Bausch und
Dogen unter den Ministerien des k. Hauses und der auswärtigen
Angelegenheiten, wenn auch ihr Hauptinhalt längst eigentliche Landes-
sachen unifasste, und obgleich die nachb.a lichen Dinv-renzen , die
einst in den Archiven soviel Gesandtschal'tsberichte Streitakli;n und
Verliandlungen aufiiäutlen, längst und für immer verstummt waren;
denn die feindlichen Nachbarn waren ausgelöscht aus dem Budie
der Lebendigen und ihre Länder einverleibt.
Zu d^ocher Zeit hatte sich in der historischen Wissenschaft eme
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Löher:
neue Macht oihohon, die ganz aiulere Aiispiüt lu' an die An liivu
stellte, als allo Forschunfjp dicticm. Sic zcitlK-iUe sich in politischo
Gcschiclile, Rechlsgiscliiclite, KiR-hengeschithtc, Kunst-, Kultur-, und
Wirthschaftsgoschichtc, sie erzog sich neue Hülfswissenschaflcn in
der Paläogrupliie, Diploniatik, Heraldik, Spbragistik, Genealogie und
Statistik, und Ton all diesen Gebieten griffen die Forscher tief in die
Archive hinein und wandten suchend und prüfend manches Blatt um,
ob es ihnen Stoif gebe. Die Wissenschaft verschmähete es, langer
von blossen Ideen und hergebrachten Ueberlieferungen zu leben: sie
wollte die Thatsachen aus ihren unmittelbaren schriftlichen Zeug-
nisse erforsrhon und vergleiche.
Man hätte denken sollen, gegenüber diesem Jiehnfach gesteigerten
wisscnschan liehen AVorth, gegenüber diesen hundertfach gesteigerten
Anforderungen hätten die Archive neues Leben bekoninien, hritten
durch viclvcrniehrtc^ Thfdigkeit sich auflielien müssen bis in ihre
Tiefen. Was erfolgte? Die Wissenschaft halle ('ini;,'cn Vorlheil davon,
dass ihr die alten Reichs- Kriegs- und Ucliginiis-Ücschiditcii saiiinil
den Archiven alter ßisthüuier Stille Klöster unil Ucichsslädtc zu-
gänglicher wurden. Im Ganzen und Grossen aber beharrlen die
meisten Archive als unbewegliche todtc Blassen, und nicht wenige
hüllen sich mit ihren ältesten, wie mit ihren neuesten Urkunden noch
immer in ein Geheimniss, das zuweilen groteske Formen annimmt.
Hl. Zerstreuung von Archiven.
In der Revolutionszeit aber gestalteten sich die archivalischen
Zustände noch viel bedenklicher.
Vor hundert Jahren bcsassen noch jedes Stift und Kloster, jede
Stadt und Genossenschaft, jeder grosse und kleine Fürst ihr Are hiv,
und sie hielten alle grosse Stücke darauf, nicht bloss um der lie-
wcise ilu'er Besitzreehle und Freilieiten wilK'n, sondern schon atis
alter Gewohnheil, aus Aditunir vor dem Allüberliefeiten. aus Klir-
und Selbslgefühl. Wenn auch arigsllich trehütel um! versclilussen
hatte doch jedes Archiv das Seinige wohl beisaiiuuen, und war es
an seinem lleimathsorte zu linden.
Jetzt brausete der revolutionäre Sturm daher, entwurzelte die
allen historischen Stänune, brach ihre Wipfel, warf sie über und
durcheinander. Neue Herren kamen über die Archive und fühlten
natürlich wenig von der Scheu und Achtung, mit welcher sie die
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Vom Beruf lUMera* Archive in der Gegenwart.
Ei pffiit Immer belrachtel hatten. Alle politiachen und grundlierrlichon
Verhältnlsso schienen sich umzuwälzen: wozu ihre sschriniiclicn Tanf-
schcine noch länger bewahren? Ja, es erfapstr die meisten Mensehen
ein wahrer Hass go^'on die alfon Schriffon und Pergamonte, die Be-
weise und StiUz.on der Feudallici rli( iikcit. E> ist p'nr nicht zu sagen,
wieviel ko.-tbare Archivalien in lier Zeil von 1802 bis 1815 verkaull,
verschleudert, für immer zu (Jrunde gegangen. Der alte Geridils-
direktor Wigand, der die (Iiinidlagen zur westKdischen Rechlsgo
seliichle legte, pflegte zu ei-zählen, wie er selbst es niitangesehen,
dass grosse Acrntewagen unter die Fenster der Türstlichen Abtei
Corvey gefiüuen; die Leitern sden mit LeintOchem ausgeschlagen
gewesen, als hätte man Rfibsaat Tom Felde holen wollen; aus den
Fenstern seien die Urkunden kunterbunt hinunter geschüttet; Wagen
auf Wagen voll sei fortge&hren zu den Magazinen der jödischen
Händler. Wekhes deutsche Land oder Lfindchen wüsste nicht ähn-
liche Geschichten vom Untergang alter Archivschätze zu erzählen!
Ni( ht wenigen Archiven schlug gerade die Sorge, sie zu retten,
zum Venlerben aus. In den langen Kriegsunruben fürchtete man
bald hier bald dort den Einfall räuberischer Feinde, dann trioi» die
alte Vorstellung vom Geheinmiss der Archive zur Fludit niit ihnen.
Gleich nach der Schatzkammer kam das Archiv auf die Hetluiigs-
wagen. In Hast und File wurde verladen, die Srlirirtstiicke gerielhen
durch einander, und öller grifT man zu unbetlout enden Aktenmas?en
und Hess die schönen Kodizcs im Stiche. Nun ging's bei iN'aclit und
Nebel von dannen, bis man in ein befreundetes Land kam, und
häufig waren die Kisten Irgendwo kaum nothdfirftig geborgen, als
der Feind schon nachrückte, das Flächten von neuem begann, und
der Transport zuletzt aul^fangen oder hierhin und dorthin ver-
schleppt wurde.
Nur zwei Beiqnele aus der Rheinpfiilz. »Nach Nachrichten vom
iMSch^iclien Ordinariat in Speyer ist das alte Archiv des Domkapitels
zu Speyer zur Zeit der französischen Revolution na< h Karlsruhe ge-
kommen« *). Mit dem Wesentlichsten des fürstlich Zweibrücker
Archivs flüchtete Hachmann im Jahr 1793 erst nach .Mannheim; ein
Jahr später suchte er Sicherheit für einen Theil in Heilbronn, für
den andern in Anspach; erst nach dreijulirigem Exil kelirte das
') Burkharde Haud- und Adressbuch der deutschen Archive. Leijnig 1876.
Seite 2.
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Archiv zurfick nach der schönen Rheinpfalz um spater theilwdse
eine andere Zuflucht im Elsass zu finden, von wober es erst m den
letzten Jahren nach HOncfaen iuun.
Die geistlichen Herren, die Aebte Prioren und Chorherren, die vor
allen andern ihre Archive hi der scbSnsten Ordnung hatten, pflegten
die Schütze derselben, ehe sie ihre alten schönen StiMtze vwliessen,
unter einander zu voriheilon, um sie besser retten zu können, und
schlugen dann gcwöhnUdi den Wog ein die Donau hinunter.
Auf solche Welse sind viele Archive, besonders die der Klöster
und Stifter, sowie der kleinen Dynasten, jedoi Ii auch grössere, theils
zerstreut und zu Verlust gegangen , theils an Orte gorathen , wo
Niemand sie mehr sucht und die jetzigen IJesitzer sie kaum mclu:
kcmicn und beachten.
IV. tJngeordnet« Archive.
Blieben nun auch in andern Gegenden die Archive unangetastet,
80 ergaben sich doch durch die Mediatisumngen und LSnderaus-
gleichungeil für sie mancherlei UebelstSnde.
Wurde em Territorium, das sich hi hingem Laufe der Zeit ge-
schichtlich gebildet hatte, getheüt und kam der eme TheO an diesen,
der andere an jenen Staat, so musste auch das Archiv gethellt
werden. Allein die Ausführung war und blieb eine missliche Auf-
gabe. Der Ilaupttheil in jedem Archiv hatte sich über das ganze
Land erstreckt und Hess sich seiner ganzen Natur und Bildung nach
nicht zerreissen. Wer das Uebrigo bekam, dem fehlte die Anlehnung
an den IIauj)ttheil. Nicht aber das Grössen verhiUtniss der gctheilten
Länder entschied, sondern meist nur der zutallige Umstand, welcher
Theil im Besitze der Stadt oder des Schlosses bliel), welche das
Archiv beherbergten. Weil der gegenseitige Au~tausch ein ebenso
langwieriges als undankbares Geschäft, so begmi-te man sich mit
dem AllernoUiwendigsteu, und es darf nicht Wunder neluuen, wenn
hl ^ser Richtung noch viel zu thun übrig gelassen ist
Aber selbst da, wo die Archhre der mediatisirt^ Reichsständc
hl emem Staate beisammen blieben, erhoben sich für die Archivare
Berge von MflhsaL Man sah sich auf ehimal im Besitze vieler alten
*) G. A. Baehmanii Ueber Arehive^ Ambov und Suhbadi laot* Vor-
rede X— xm.
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Tom Bernf unBerar Archive in der Qegenwait.
11
Schridniassen, die in die Landesarchive nicht recht passtcn. Uäierall
dafür besondere Archivbeamte anztistollon, war unmöglich: man zog
sie also mehr und mehr zusaniiiion und brachte sie nnthdürftig unter.
Bald strömten neue erdrückoiulc Ahissen zu don IIaui»tsammelpunkfon.
E^^ rohltc an Raum, sie lichtvoll aufzustellen, es fehlte an Arcliivaren,
und im Dranp: der laufenden Geschälte fehlte es auch an Zeit und,
was die Hauptsache, es fehlte vielfach an der rechten Liebe zur
Sache. Man begnügte sich, die Archive der Reichsstädte und Ritter-
orden, der Stifter und KlOster, der Dynastien und FOrstenthümer,
in der Ordnung oder Unordninigt wie sie anlangten, aufeustenen und
aliEulBgem, wo und wie man Platz hatte. Gorade in Bezug auf die
Ardiive konnte man sich so schwer zu einem durchgreifenden Ver-
fahren entschliessen, wdl dazu die erste Voraussetzung war, die
Zahl der Archivbeamten noch fiHnffiicfa zu Termeliräi. Wie aber
hätten die paar Archivare, die sich vorfanden, die kolossale Arbeit
vollziehen können, zumal sie nicht geringe Vorstudien verlangte!
Der Freiherr v. Hagke, der sich im norddeutschen Reichstag
1868 des Archivwesens annahm, führte damals an : »Es sind z. B.
Nassau Kurhessen Darmstadt Luxemburg in der Organisation ihrer
Archive noch so weit zurück, dass die Archivare derselben noch
lange zu Ihun haben werden, um überhaupt ihre Hestände kennen
zu lernen. Ueber den Wirrwarr, der in dieser Beziehung hier und
da herrscht, bemerken wir nur als ein Beispiel, dass, als wir im
Jahre 1865 das nauptslaalsarchiv in Kassel besuchten, uns Nieniand
anzugeben vermochte, wo die Urkunden und Akten des alten Ilers-
felder Archivs hingekommen seien, dass das Fuldaer Archiv noch
nicht aufgestellt war, und dass das alte Marburger Deutschordens
ArduT noch in Eisten verpackt auf dem Dachboden lag, ganz so
wie dasselbe der verstorbene Archivar Dr. Landau vor Jahren aus
Marburg gdiolt hatte« In den letzten Jahren ist in den genannten
Archiven viel geschehen zur bessern Ordnung, — wo aber hätte man
nicht rdmlicho Erfahrungen gemacht !
Allein noch eine andere Thatsaclie fällt schwer in's Gewicht
Gar vielen Archiven fehlt die nothwendige Ergänzung aus den letzten
Jahrhunderten. Bei der rasch sich steigernden Thatigkeit, welche
*) Frlir. V. Hagke: üeber die WiederfaM^tolluiig eines deulschen Roiclis-
arehivs und ühor l'cformen im Aiv]iiv\vp'«on, rlin 18(18. Seite 15. Separat*
abdruck aus Dr. Uirth's Annalen des norddeuläclieii Bundes, Heft U.
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12
LOber:
in allen Zweimen ties (jfFcntlichcn Wesens Ihn- iiml Ncubilcliini^'eii
schäm, halx'ii sich hei Ministerien. Uegierun','t>ii nnd .Slatthallereien,
Appellationsliölen, Konsistorien und Generalvikariatcn, ja auch bei
untern Gerichts- nnd Ver\valfungsl)ehörden grosse Ansaninilungon
von allen Urkundenhänden und Akten gebildet, sogenannte reponirte
oder anliquirle llegistraluren. Diese bestehen als ebenso viele kleine
Archive, aber ungesichtet, und stets etwas Halbes. Dehn das Werth-
voUe darin steckt unter Hassen, welche der Aufbewahrung nicht
Werth sind, und das Ganze entbehrt des natürlichen Zusanunenhangs
mit dem historisch Vorhergehenden. Die aber, weiche ans diesen
Aktenarchiven über gewisse Fragen Auskunft geben sollen, besitzen
sehr bftufig weder das archivalische Geschick noch das wissenschaft-
liche Vefständniss, wie die juristische oder administrative oder
hbtorische Ausbeute leicht und sicher heraus zu ziehen.
Dies führt bereits in die Frage hinein, welche AuTgabcn die
Arclüve zu lösen haben.
V. AnfgabM des GescMIftilebtnt.
Fort und foit entstehen bei Ministerien und Regierungen, hei
CJerichtshöfen, bei städtischen Verwaltungen, hei kirchlichen und an-
dern Stellen und Behörden, aber auch häutig genug bei Privaten,
vermögensrechtliche Fragen, die ihre Lösung nur in den alten Schriften
finden können. Beispielsweise seien einige dieser Fragen aufgcfülirt:
Welche Rechte «nd Pflichten in Bezug auf Besueh und Unter-
halt einer bestimmten Kirche oder Schule hat eine bestimmte Ge-
meinde? Von wem rähren die Benefizien an einer Kirche oder Kapelle
her? Bestanden oder besteben daran Simultanrechte?
Welche Erbbestands- oder Rekognitionsgdder oder andere Grund-
laslen ruhen auf einem bestimmten Bauemhof? Welche Ewiggdder
lasteten darauf?
In welchem Lehensverbande stand ein bestimmtes Rittergut, und
welche Pflichten ergaben sich daraus?
Welches war der alte Name einer Ijestiminten Oeriliclikeit V
Wie verhielt es sich in diesem Bezirke mit der landes- oder
slamie.s- oiler gulsherrlicheii ( lericlifsbarkeil V
Wer sind die Erbauer einer Strasse, und wer ist verhiuiden, sie
im Staude zu erhalten? Wie stand es auf dieser Strasse mit Zoll
and Mauth und Wcggeld ':'
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Vom Beruf unserer Archive in der Gegenwart 1$
Wann und wie und mit welchen Rechten entstand eine be-
stimmte Ansiedelung?
Wie verhielt es sich auf diesem Grundstück mit Wege- Wasscr-
und WeideflenitutenP wie mit der Fisdieiei in diesem Fluss oder See?
wie mit Twlassenon Flusdiette und AUuTionen? wie mit dem Recht
■auf Bau- und Brandholz, Raff- und Leseholz, Laub- und Streu-
sammehi hi diesem Forste? Wie mit Jagdrediten?
Welche Rechte standen in einem bestimmten Jahr einer Person
zu aus Vermftchtniss, Stiftung, Familienfideil[ommiss oder fthnlichem
Rechtstitel?
Bei manchen Historikern, welche solche Frajren lesen, stossen sie
violleicht auf vornehmes Abweisen, als geiiöi te dci^leichen nicht zum
Beruf eines Archivars. Sind diese Historiker jemals Archivbeamte
gewesen ?
Man könnte ahm- einwenden: solche niiUelalterlK'hc (Iiitcrrechte
und Servituten werden ja alle jetzt abgelöst und ein für ;ill<'iii;d neu
goregelt, was braucht es da noch lanpc^ Wilhlens in alten Schrillen ?
Gewiss, unsere Zeit dnlngt dahin, dass (<s nur reines freies Eigen-
thum und Steuern auf gleichem Fuss gebe. Noch aber sind wir
nicht so .weit, und es wird noch lange dauern, bis ail solehe Reehts-
verhfiltnisse so fest und deutlich neu geordnet shid, dass man nie-
mals alte Zeugnisse vorzulegen braucht
Allein, w^en nicht auch dann noch auf vielen andern Gebieten
Fragen auftauchen und zwar immerfort auftauchen, die nur dadurch
ToUstfindig ni lösen sind, dass man auf die firOheren Zeiten zurOck-
güht ? Nur auf historischem Woge lässt sich jedes dauernde Rechts-
verhällniss bis zum Grunde eibellen«
Solche Gebiete sind:
Landesherrliche Rechte gegenäber Städten und Gemeinden, Kor-
porationen und Stiftungen;
Landesherrliche Rechte circa sacra, Tischtitcl, Pfarrbesetzung
und Patronatsverhällnisse;
Rechtsstellung der Domkapitel und anderer kirchlichen Be-
hörden ;
Stiftungen für den Staat, für Gemeinden und Genossenschaften
und Familien mit ihren Statuten, Güterrechten, und sonstigen Rechts-
verhältnissen ;
Geltung von Statutar- und Parliknlarrechtcn zu einer bestimmten
Zeit;
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14
Löher:
Gr&nzen von Forsten, Guts- and Gemeindeflaren, Wasserläafe,
Muhlbachsgerechtigkeiten, Apothekenrechte und dergleichen;
Herkunft von Familien und Gemeinden und deren fHihere
Stellung im öflientlichen Recht;
Erbrechte aus alten und neuen Rechtsverhältnissen;
Bereich, Organisation und Wirksamkeit froherer Staatsbehörden
und Hofstellcn;
ßcurlheilung der Aechtheit von Dokumenten.
Doch j;,'an7. ahgosclien von einzelnen Fällen und Fragen — wer
ein Stück stuullichen oder reclillichcn, kirchlichen oder sozialen Leljon«?
behandeln will, wirklich verstehen kann er es nur, wenn er sein
geschichtliches Werden erfrnindet. Stets werden die Oi*p.ine des
Staats auf die früheren ricchlsverliältnisse und wirthschaftliciien
Zustände, auf die früluren Ijehördcii zurückgreifen, wo irgend ein
hedeutender Gegenstand der (leselzgcbung, der Verwaltung, häufig
selbst der Justiz zu entscheiden und fortzubilden ist. Wo das nicht
geschieht, geruth auch die Neubildung flüchtig und locker. Denn
für das, was noch lebt und täglich neuer Prüfung bedürftig ist,
gibt es keine IsoUrsehiehte, die es von sehiem früheren Werden
abschlösse.
Gewiss, in die Archive kommt nur, was in der Vergangenheit
entstand, — darum aber ist es so wenig todt und abgethan, als die
jungen Zweige dem Tode verfollen, wenn ihnen Hdz und Rinde
erhärtet und erstarrt. Staat und Gesellschaft sind ein lebendiger
Baum, und wer Blatt undBlüthe der Gegenwart kennen lernen will,
mus'; vor Augen Stamm und Aeste haben, wie sie im langsamen
Wachsthum geword^ sind*
VI. Aufgaben der Wiitamehaft.
Die Franzosen hatten bei ihrer ersten Staatsuniwälzung den
neschluss gefasst , mit dem historischen Schutt gründlich aufzu-
räumen: den schriftlichen Zeugen aber der Vergangenheil und ihres
Rechts war ein förmlicher Ausrottungskrieg erklärt. Moderdufl
schien sie zu umhüllen, man konnte nicht rasch genug damit zu
Ende kommen. Und jetzt? Fast jeder Archhrar in Frankreich geräth
m bittere Verlegenheii, sobald es sich um eine ortsgesebiehüiehe
Frage seines Gebietes handelt Die Revolution erklärte alles histo-
rische Recht für angehoben und wollte ein Gesetzbuch rein aus
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Vom Beruf unserer Archive in der Gegenwart. 15
Vernunft und yerstand henrorscböpfen: da aber Versuch auf Ver-
such Uäglich ausfiel, mussAe man zuletzt froh sein, als der erste
Napoleon römische und germanische Rechtsinstitute zusammenldmte.
Nur ihr nalQrliches Geschick, ihr glänzend praktischer Smn hilft den
französischen Juristen iSbee die klaffenden Lficken in ihrem Code
hinweg, und gar gerne graben bedeutende Mfinner den wenigen histo-
rischen Wurzeln nach, die m-h nocli darin antreffen las^scn. Ja
man darf sagen, je mehr die Bildung eines Franzosen von der Ober-
fläche in die Tiefe gehl, um so schwcrmiithiprer laulet selpe Klage
über den Mangel an historischem Sinn in seinein Volke. Weil die
alle ftste Grundlage wcggebroclien , so sdiwani^l jedes neue poli-
tisclie Gebäude, und die Revolulionen treten so r^elmässig ein, wie
zu gewissen Jahreszeiten die Gewitter.
Den hi.storisclien Sinn im Volke anzuregen, /.u fördern und zu
pflegen, das gehört zu den schönsten Seiten des Berufs der Ardii-
▼are. Sie sind die Verwalter des Fmchtbodens, aus welchem jener
edle Duft so sicher aufsteigt, wie der frische Erdgeruch aus dem
Acker, über wdchen der Pfhig seine Furchen zieht Sie mfissen
also, soweit irgend ihre Wirksamkeit geht, antreiben, dass man die
arcfaiTaliscben Stoffe sammele. Sie mülssen die eigenen hi lichte ge-
l&Hige Ordnung bringen, sie bekannt geben und zu ihrer Benützung
anrdzen dadurch, dass sie die Benützung leicht und ergiebig machen.
Dieses ihr Verdienst verbirgt sich zwar in den dunkeln Ärrliiv-
kanimcrn, aber es wiegt viel schwerer, als wenn sie einzig danach
trachten, die unabsehliche ^lenge geleiirtcr Abhandlungen noch um
einige Zahlen zu vernieliren.
Freilich, der Verki'iir mit den Archivbcnützern ist nicht immer
leicht und lieblich. Man sollte kaum glauben, wie viel seltsame An-
fragen bei grossen Archiven Jahres über einlaufen, und welche Noth
ein einziger Dilettant maclieu kann, besonders wenn er auch Genea-
logie, Wappen- und Siegelkunde treibt. Der Archivar merkt auf
der Stelle, dass bei der Forschung \vahr9cheinlich wenige Körner
herauskommen: dennoch darf er SKh keine Mähe Terdriessen lassen,
dem Hoffiiungsreh^n stets mit neuem Material und neuer An-
weisung zu Hälfe zu kommen.
Auch manche Historiker von Beruf hissen sich schwer b^Ke-
digen. Weitaus am angenehmsten sind diejenigen, die wirklich zu
schreiben verstehen, aus deren geistvoller Feiler die Rede fliesst in
schöner Natflrlichkeit. Ihr Besuch bringt stets Sonnenschein in's
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16
LBher:
Arcfair. Ein wenig SporenUinren ISsst dch schon hier und da unter
denen hören, welche die yerdienstvoUe Moige unserer Ifislorikor InMI^
die ihr Neues und Altes an Thatsachcn und Gedanken zu leidlich
lesbarem Stil verschmelzen. Ungleiih dorniger ist das Selbstgefühl
bei den historischen Materialhrmdlern, die nichts anderes leisten,
als aus alten Büchern und Sclirinoii Thatsachen rauh und roh boi-
saminen zu str-llen. Die unf^cbcrdigstcn Recken al)or finden sich erst
unter den Herausgebern von Urkunden und diploiiuilisilicn 1 »riefen
und 15tTicbt(>n: je oindringliclicr ihre Ijuclislabenkriük, um so er-
hal)en('r wüll)l sich empor iiue wissenschaftliche Hübe.
Der Arcliivar kennt seine Gäste. Er weiss, gerade so müssen
diese fünf Klassen denken, gerade so müssen sie auftreten, soll die
Wissesisehaft mflgüchst Gewinn eSnftnatoi. ErfQUt von seinem Gegen-
stande kommt mancher Fachgelehrte in's Archiv, hier öffnen sich
Fnndgruhen dessen, was jetzt allein ihm wissenswördig erscheint: es
ist zu natfiriich, dass er meint, der Beamte, welcher an der Quelle
sitzt, werde mit dem Inhalt seiner Schätze ganz Tortrauet sein. Er
bedenkt aber nicht, wie zahlreich die Gebiete, welche in Archiven
vertreten sind.
Da kommt zunächst die politische Geschichte in Betracht, die
ihren Stoff sucht in den Akten und Urkunden der Fürsten und
Staaten, ihrer Gesandten und Feldherren, Behörden und Agenten,
ferner der Landstände, der Städte, der Orden, und all der frülieien
politischen Grössen.
Daran reihet .sicli die Knitnrgeschichle überhaupt, und die Ge-
schichte der Kirchen und Konfrssionen, der Volkswirthschaft , der
Kunst und des Kuusthandwerks : jede dieser Richtungen bauet heut-
zutage ihr eigenes weites Gebiet an.
Ganz besonders ist es die Rechtsgeschichte, die, wenn sie weiter
gefiOhrt werden soll, fär die Entwickelung des. Staatsrechts, Kbdicn-
rechts, Shrafiwchts, bOigeitidien und Prozessrecfats der arehivalischen
Forschung nicht entbehren kann.
Endlich stellen die Sprach-, sowie die historischen HfilCswisscn-
' Schäften, die Paläographie, DIplomatik und CSironologie, die Genea-
logie, Heraldik und Sphragistik ihre eigenthfimlichen FVagen an die
Archive.
Zweifellos werden, nach den Erfahrungen der letzten drei Jahr-
zehnte zu sclilies.sen, all diese Anforderungen sich in einem Grade
ausweiten und vermehren, dass die gegenw&rtigen Archivheamten
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Vom Beruf unserer ^Vrchivi" in der Gegenwart. 47
ihrer nicht mdir Herr werden. Die Spezialforschting gliedert sich
immer feiner und schftrfer« der aUgeneine Geachmack an den
Archiven aber hat so zu sagen erst tiegonnen.
VII. Verteliledaiie AnsicMen.
Zwei der mäcliiigsten Riebtungen menschlicher Thätigkdl ii t nvn
in den Archivon zusaniyion , um sie für sich auszubeuten: dds täg-
liche Gescliüflsloben , vor allem des Slajit?, und die freie Wissen-
scliafl. Jede dieser Mächte hat ofTenbare-s Reciit an den Archiven,
al>er welelier von beiden sollen sie vor/u^'sweise aii^^ hriren V Mit
andern Worten, mit \v( ]( her von beiden Mächten hat das Archiv-
wesen am meisten Faiiiilifiuilinlichkeit?
Diese Frage ist keinem wegs müssig, sondern entsclieidet über
Stellung, Einrichtung, Leistungsfähigkeit der Archive. Soll die Staats-
verwaltung mit ihrer gebundenen Marschlinie, oder soll die Wissen-
schaft mit ihrer himmlischen Freiheit ihnen Gesetz und Regel auf*
drfi(±en? Beide kfinnen nicht gleichmftssig herrschen: die eme
Richtung wird unmer die vorherrschende, die andere also diejenige
sem, d^n Bedürfiiisse in zweiter Linie Beröcksichtignng finden.
Die ungemeine Wichtigkdt, wdche die Frage für die gesammte
Auffassung des .Archivwesens hat, war ohne Zweifel der Grund,
dass von Ihrer Erörterung die Blätter jener treiTlichcn Zeitschrift
widerhallten, welcher die unsere wenigstens theilweise naclu if'm
möchte. Der fJeh. Staats- und Kabinetsarchivar Hoefer in li< rlin
und die Vorstände von Provinzialarehiven auf beiden Fin^jclii des
preussisehen Staats, Dr. Erhard in Müiislor und Frhr. v. Mcdem in
Stettin, hatten sich schon in den Dreissiger .Tahren zu einer »Zeit-
schrift für Archivküiide Diplomalik und Gesrhichlecr vereinigt. Und
wer sollte es denken ? Alle Drei waren .Männer von Wi.ssenschaft
und praktischer Erfalu-ung, alle Drei Arciiivl>eamle, und docli hegte
Jeder in diesem Kardinalpunkte seine besondere Meinung. Ja, wie es
scheint, war dieser Widerstreit eine Ursache mit, welche den Bund
sprengte, von dessen Einmüthigkeit die Fortdauer der Zeitschrift
abhing.
Erhard verfocht ^rig seine Behauptung: die Archive seien frei-
ständige wis.senschafllichc Anstalten; sie hätten nur historisch voll-
endetes Material aufzunehmen, und auch dieses nur, wenn es ge-
scbiclitliche Dodentung halic; alles was noch dem Geschüilsleben des
ArchirallMli« Z«iUcbri(t. I. 2
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Lülicr:
Staats angehöre, sei in seine alten oder neuen Registraturen zu
verweisen , mit welchen die ÄrchiTe nichts zu thun hätten Da-
^'cgen liess sich v. Mcdem nicht undeutlich vernehmen : solche luftige
Gebäude seien auf losen Sand gebauet, die Archive hätten ihren
organischen Zusammenhang mit den Verwaltungsbehörden *). Hoefcr
wusste sich nicht anders zu helfen, als dass er zweierlei Archive
verlangte, die reponirten R^stratnren bei den Behörden und in ho-
^nndcrn Clobruitlen die oigentlichen Archive,* beide aber wissenschaft-
lich goonlnof und aiuilog verwallot
Diese lolzte Ansicht möchte auf den ersten Blick iM;inchom
einleuchfrn : dio oigenilichcn Archive hillten vorwiegend wissenschan-
lirhon (Ihiii nkicr und Ix -ondere (ifTcntliche (Jehäudc , bei den Mitii-
sterien oder den iif^'ii'nini-'eii Stalthallereien und aiidcni I](liriiden
wären die re}>nnirten Re^dstraluien für den jjraklisclicn (Jchrauch.
Bald jringo der Staat dort, bald die Wis>en?chaft hier /.u (Ia<le.
Sollte man dann aber nicht fulgerichlig weiter gehen? Die
Archive, als wissenschafUidie Anstalten, würden einfach Sammcl-
stätlen aller historischen Denkwürdigkeiten, die in Handschriften oder
in solchen Druckschriften bestehen, die nicht in den Buchhandel
gekommen. Jedermann könnte dergleichen dort niederlegen, jeder
wiehtigere literarische Nachlass an Arbeiten Ober Kultur- Staaten-
Kirchen- Rechts- und Kunstgeschichte lande dort seine Stelte. SoUtc
man die Archive, die alsdann den öffentlichen Bibliotheken ?o nalio
verwandt würden, diesen nicht tjesser ganz anschliessen? Würden
sie sich nichl am liesten in einer Universitätsstadt l)crmden ? Einer
der r!eschichts|)rofe>>oren wäre Direktor und könnte Eintlieilung
Aufstellung Verzeiclmuii^r der Archivalien ganz den Bedürfnissen der
Wissenschaft hanuonisch niaihen.
System wäre darin, — freilich, vom prakti« hm ( lesiclitspunkto
belracltlet, stell! sich solnrl die p:anz(^ llalhli< il Wirrniss und l^n-
fruchtbarkeit des Systems heraus. Wo wäre die richtige firenze
ZU finden, an welchem Punkte die Scheidewand aufzustellen zwischen
dem, was nur noch wissenschafUidien, und dem, was zur Zeit noch
') Mt't ii zur wiss. ii-.( luiftlichi'n Ikxrüliduiig und Uei^taltutig den Archiv-
Ufs.'ii.s: Zi'ilschiill 1, 185—222.
') Zur Archlvwissensehafl : ZeiUclir. I, l-^Sß. Uelicr den oryanittrhrn Zu*
munmenhang der Archive mit den VerwaUungsbohördon : Znibiclir. II, 1—28.
■) lWM»r ArrhiTP und K(>|Hi>lrRtnren : ZHUwhr. 1,<!48— 268.
Üiyitizuü by GoOgle
Vom Beruf unserer Archive in der Gegenwart.
19
IMraklis>chen W« rlh hatte? Entweder müsste man in's Ungofahre
hinein, je nuclidciu das eine oder andere Interesse vorwiej^and er-
scliicnc, die Sdieidung treffen, oder sie nach dun hgi eilenden Grund-
sätzen vomdimen. Im eisten Falte wftre die Sciieidung etwas Un-
sicheres, im zweiten wlre sie ein Zerreissen des ÄnshirbestandeSi
unbefiriedigend bliebe das Experiment zweifellos in beiden FSOen.
Auch Erhard ^) wich vor den Konsequenzen semer Ansicht aus, wollte
jedoch, so lange eine Domäne nicht Yerkauft, eme Stiftung nicht
aufgehoben, eine Steuer nicht abgeschafft sei, die Aldcn darüber
nicht in's Arrliiv lassen : wpf:slialb aber 5;allten denn die Schrift-
stücke über Gründung und Entwicklung der Domänen Stiftungen
and Steuern ein besseres Schicksal haben?
Wäre aber wirklich eine glückliche Theilung vor sich f:egangon
und befände sich das bloss noch geschichtlich Werliivoile in den
einen, das praktisch Unenllx'luliche in den andern Anstalten, so
ludle man zwirierlei Siinimluiigen, von denen jede an jrrossrn Lücken
litte, keine zu vollständiger und systemafischer Ordimng konmien,
keine sicii in sich selbst abrunden krmnte. Die Wissenschaft müsste
immer noch in der einen, die Praxis in der amlern die Ergänzung
suchen*
Schickte nun der Staat hi die Archive, so fragte sich sehr, ob'
er an ihren geldirten Häuptern flOr seine Geschäfte die rechte Hfilfc,
ja nur das rechte Verständniss iände? Begäbe sich die Wissenschaft
in die Registraturen, so träfe de dad ebm nur Registratoren und
keine ebenbOrtigen Gelehrten.
Wollte man sich endlich enlschli( s=:on , beiderlei Anstalten mit
Beamten zu besetzen, die zugleicli praktisch und zugleich wissen-
schaftlich gdlildet wären, so würde sich von selbst die Erwägung
einstellen: wozu denn doppelte Kosten und Umstände? Wesshalb
nicht statt räumliclier Trennung liel)ei- eine einzige Anstalt?
Wozu überhauj)! Neuenne^'en, da Natur und Wesen der Archive
seit vi«'len Jahrhunderten tesbileht und eigentlich gar keine Noth vor-
handen, sie umzugestalten?
Vni. Begriff und Wesen Vffentliefier Archive.
Jedes Institut in Staat und Gesellseiiaft schalTt sicli seihst, in-
dem es sein Dasein entwickelt, seine eigene Art und Natur. Will
>) A a. 0. im.
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20
Leber:
man es in seinem Wesen emsthaft würdigen und fortbilden, so
muss man sieh an dieses sdn inneres historisches Gesetz halten.
Als weltliche und geistliche Fürsten , Äebte und Priore, Stadt-
räthe und Ordenskapitel ihre Urkunden Kodizes und Akten zu
Archiven vereinigtenf hatten sie da die Absicht, Belege und Nachrichten
für die Geschichte zu sammeln? Daran dachten sie nur nebenbei:
vor allen Dingen wollten sie für ihr Recht und Besitzthum, ihre
Freiheit und Rangstellung, ihre Ordnung und Guts Verwaltung Be-
weise und Behelfe snmmdnf damit man sie allezeit zu Händen habe,
wo man ihrer bedürfe, um Stand und Habe zu behaupten. Sorg-
Hiltig wurden die gerichtlichen und politischen Verhandlungen Sta-
tuten Gesetze und Krclinunjrsbüclior aul';,'ehoben, damit man spüler
wisse, wie alles so ^'ckommen, und sich danach richten könne.
Auch wollte man in den allehrwindigen Pergamenten, in den s( Ii(">n
gemalten Freiheit«- und Wappenhriefen, in den kunstvoll aus-t-
slalleten Kopialbüchern .sich der Zeugnisse seiner Ehren (iüter und
Würden erfreuen, und wurden ihnen neue Schriftslücke zu ewigem
Gedächtniss zugefügt, so hatte man viel weniger das grosse Publi-
kum im Auge, als die eigenen Nachkommen und Rechtsnachfolger
nebst Freund und Feind, weldie die Sache anging.
So drückte sich in den Archiven nach und nach das ganze
Wcrd»i eines Staatswesens, einor Genossenschaft ab. Was in der
Kanzlei des Fürsten geschaffen und geschlichtet wurde, was Hofrath
und Geheimbderath erörterten und beschlossen, was Fddherren
Gesandte und Amtleute berichteten, was die Ministerien und ihre
Behörden an TTaujit geschaffen erledigten, jedes wichtige Ereigniss,
jeder Kampf und Knotenpunkt der Entwickelung, jede Vermehnmg
oder Ven-ingerung von Stand und Wesen — alles setzte in den
Archiven seinen Niederschlag ab. Was in der Zeit vor sich
ging und ent.-chwand , was in der Zeit sieh änderte und um-
bildete, das prägte sich ab in diesen Schriftstücken und liess sie
als -ebenso viele Zeugnisse seiner früliern Bescliallenheit liinlcr sich
zurück.
So wurde das Landesarchiv auch eine Schatzkammer für die
Landesgeschichte: jedoch sein Zweck war das so wenig, als ein
fürstliches Geschlecht für Kunstgeschichte zu sorgen* dachte, wenn
es eine Kunstkammer zusammenbrachte. ErgOtzen wollte man sich
an dem l)linkoidcn Schmuck, den herrliehoi Gefässen, den gold-
und silberbesetzten Schilden und Waffenstfickcn, und ihrer an hohen
Diyitizcü by GoOglc
Vulii Buruf uiiäcrer Arcliivi- in der iic^ciiwaii.
21
Fesllugen als Zeugen des Glanzes und Reichlhuins des Gescbleclilcs
froh werden. Oder wenn ein Haus getmuet wird, so hebt man
Pläne und Grundrisse und Kostenrechnungen auf, sowie alics was
sonst über die ganze hinere Einrichtung und Geschichte des Ge»
bäudes Kunde enthalt, aber sicher nicht desshalb, damit ein känOiger
Forscher daran Bau- und Kulturgesdiichte studire, sondern man
braucht jene Nachweise noch- später bei Än- und Ueberbau, bei
Rrpiiralur und Verkauf, um sich über das innere Gofügc des Hauses,
die Festigkeit von Dach und Mauer, Werth und Kosten des Baues
SU vergewissern.
Besser noch erfriljf sidi das Wesen des öfTonllichen Archivs,
wenn man es mit dem 1^'amilienarchiv vergleicht. In diesem werden
niedergelegt die Urkunden über Ilrikunft des Vernuigens, di(> Iveeli-
nungsbücher üIht seine Verwaltung, die Pro/.essaklen , Nachrieliien
über Abslanniiung /wcig(> und Glieder der Familie nebsl Urief-
schaflcn und Tagebüchern, — kurz das Arcliiv ist eine Suiumlung
von Beweisen über Abstammung Entwicklung und Schicksale der
Familie, vor aUem über ihren VermGgensstand. Was hier die Familien-
glieder, das sind für den Staat seine Oberhäupter Minister Feldherren
Beamten Landstände und Abgeordnete des Volks : ihre Verhand-
lungen und Berichte in Krieg und Frieden bilden mit den Verträgen,
welche sie abschliessen , das Landesarchiv. Mit der Zeit musste es
sich anfüllen und zu einer besondem Staatsanstalt ausbilden. Denn
was man an Urkunden und Akten augenblicklich nicht mehr brauchte,
wurde zurückgestellt, gesammelt und so geordnet, dass man sich
zurecht finde. Weil aber die Zeit unmer weiter rückte und Hechle
und Institute umbildete, so ergab sich nach und nach, das- besn?idere
Kenntnisse nöthig waren, um all jene Schriftstücke früherer Perioden
zu verstehen und zu erläutern. Für diese Aufgabe wurden dann
eigene Beamte angestellt.
Dieser Charakter der Landesarchive stellt auch jetzt noch
im grossen Publikum fest. Nicht als Niederlagen von Schrift-
stücken über geschichtliche Vorgänge fassl man sie auf, sondern
als Sammelstätten amtlicher Schriftstücke für den staatlichoi Be-
darf, damit sie beständig Aufklärung gelien über Entstehung
Natur und Bedingung von Rechts- und politischen Verhältnissen,
von Gcsetzoi und öffentlichen Anstalten, — Sammelstätten allmüngs
mit wissensehafUichm Charakter und zu reicber geschichtlicher
Ausbeute.
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22
L<iber:
Krliard *) jjlauljte luil volUger Sitlicriiuil lulgcuile Deliiiilioii aul-
ölcllt'ii /.II kiHiin ii:
»Kill Artliiv im AII;.'omeiMon i.sl eiiiu Saimuluiit,' uuf (Iciu
Wi-gc der Gt'scliüflsCülii ung eiil.staiidener, in sich ahgesclilosscncr,
uiid als Belege fiu geschichtliche Verhältnisse dienender schrifl-
lidier Nachrichten; ein Landesardiiv insbesondere ist also eine
möglichst vollständige Sammlung aller, auf dem Wege der
GcsehäftsfObrung entstandener und 'm sich abgeschlossener
schriftlicher Nachrichten zur gesammten Geschichte eines ganzen
Landes, oder eines bestimmten Landesthetles, mit vorzfiglicher
Hmsicht auf dessen Staatsrecht, Staatsverfassung und Staats-
verwaltung.«
Auch m dieser engen Fassung des Begriffs wird betont, dass
das Arclüv nur schriftliche Nachrichten enthalte, die auf dorn Wcpe
der Geschäftsführung entstanden: solche Besclirrmkun^' will alxr
eben so wenig zu detn '^'l ifT von wissenschaftlichen Geschicht.^-
anstallen passen, als der Zusatz, von dw {»olitisclien Hinsicht der
Archive. Diese enijjfan^'cn auch nicht aus jeder Gesrhäftstiiliiuii^',
sondern nur aus der amtlichen, Schrilislütkc, — letztere sind keine
Nachrichten, sondern l'ikundcn und Anitshücher und Akten, — sie
dienen nicht hloss als liele^'e für ^leschichtliche Veilulllnisse, sondern
vornelnalich zu Beweis und Autkliirung üher bestehende, — sie
braudien auch nicht stets völlig abgeschlossene Nachrichten zu sein,
das wäre ja eigentlich schon jedes einzelne Protokoll, sondern es
sind allerlei Schriftstücke, welche den Behörden im laufenden Dienst
nicht stets brauchen zu Händen zu sein.
Em Landesarchiv ist viehndir eine Sammlung amtlicher Schrift-
stücke, welche in der Vergangenheit entstanden sind. Zu den Schrift-
stücken kann man auch Siegel und Siegelstcmpd legen, — zu den
amtlichen Schriftstücken gehören auch die einverleibten Archive von
Klösln n Stiftungen und Genossenschallen, die unter Verwaltung des
Staats u.koinmen, — zu den in der Verf^angenhcil t-nlstandenen
SchriltstiK ki'u die Akten über jeden Zivilj)n)zess , der alle Instanzen
durchlaufen hat, jcdco Kriaünalprozcss, iu welchem die Strafe vcr-
büssl ist.
») A. a. i). I, 1Ö6.
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Vom Beruf uiuscrvr An. luvt m ik-i (icgruwaii.
23
IX. ArcMvtiaiigkelt sonst nnd jebl
liass dir Ardiivo hrmpt^fulilirh wi-siMisclmlUichc Aiislallon seien,
— fliese Arisichl ist jetzt, wie ^\c\\ nicht verkennen lässl, viel vei-
breitet, l>ei den Tlislorikern fnst allgemein. Iiier und da sogar vor-
herrschend bei Deaniten, ja selbst hei Arcliivan ti.
So Ijeisst CS in der Sciirift eine? Arcliivbi aiiiten •) : „AVar die
Tbätigkeit eines Archivars aus den Zeilen des iieicbs eine vor/uj.'s-
weise praktische, so ist sie seit Auflösung desselben eine vorzugsweise
wissenschaftliche geworden. Der heutige Archivar wird zwar immer
noch Dedncent bleiben, d. h. er mnss die Befähigung besitxra, tot^
kommenden Falls eine Staats-, civil- oder kirchenrechtliche Deduction
zu entwerfen, aber das Deduciren in praktischen Rechtsföllcn ist
nicht mehr die Hauptsamme seiner Tbätigkeit, das Ziel seines Ehr-
geizes. Hüten und Ordnen da ihm anvortrauten Archivalicn bleibt
nach wie vor die heiligste "Pflicht eines jeden Aiciiivars, al)er er
hülel nidit mehr mit dem scheuen Blick eines Lindwurms... Kr ist
nicht mehr der blosse Diener eines Einzelnen, dessen Partikular- oder
Parteiint ercs=cn ihm Heimlichkeit zur ersten nnd einzifren PIlichl
iiMchen, sondern er dient als nescbirlitsforsclier und Kritiker li(>lieien
(Jebietern: der Nation und der Wi-senscbaft/' Das ist Alles schön
gesagt, allein e> erregt doch ernstes f bedenken, wenn ein In-titnl in
so kurzer Zeit seinen llanjttcbarakter soll verloren nnd einen andt rn
angenoinnien liabcn. Dann drängt sich die Frage auf: ob das njil
Recht oder mit Unrecht erfolgte? Im ersten Fall wird es nöthi^
sein, das Institut seinem jetzigen Charakter gemäss vollends umzu-
gestalten, andern Falls es seinem ursprünglichen Charakter getreu
wieder herzustellai.
Das alte deutsche Reich war ein rechter Wucheifaoden für Archive.
Der westfälische Frieden hatte noch 266 rdchsunmittelbaren Ständen
eineLandesherrschafl gelassen ; jeder von ihnen hatte sein arcliivalisclies
Zeugtiau^ gefüllt mit Schutz- und Angriffsmitteln für Hechle und
Ansprüche. Gleiche Iltislkaininern brsasson dif zalilreichen Klöster,
Kirchen und Knllcgiatstiffe, l/!iid<tndle. Schlosshcrren , die frommen
und adligori und wissenschattlicln M Slirtnngen nnd nenn-'^en-cliallen.
Es gab also mehrere tausend Archive in Deutschland, und die grösseren
^ Deutsche VierleVahnsscbrifl 1867. S. S76-S77.
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24
LBher:
waren auch wohl l>oselzt iiiil lleainlrn. So waren in .Mainz IjIü.ss
bei den zwei kurliirstliclien Aiiliivcn IIS Ijeauile anjje.slelU,
Von jenen 26G Staats* und Landesarcbiven bestehen als solche
noch ungefähr ein halbes Handelt, und im Ganzen genommen möcliicn
auf dem Gebiete des ehemaligen deutschen Reichs nicht mehr tausend
Archive von hrgend einer Bedeutung mehr vorhanden sem. Das
sehr verdienstlidie Hand- und Adressbuch der deutschen Archive von
Burkhardt zählt an Staats-, Stadt-, standesherrlichen und privaten
Archiven 469 auf: davon kommen 239 auf das deutsche Reich, 178
auf Oeslrcitli-Ungain, 39 auf die deutstlie Schweiz, 1 auf Luxem-
burg, und 12 auf die deulsch-russischen Oslseeprovinzcn. Hosle
freilich der grösslcn Menge rrülicr sclbststandiger Archive iinden sich
jetzt in den grossen Landesarthiven.
Nun isl aher nicht bloss die Zahl der Archive und ihrer !»(-
anih'ii nncili(»rt /.usannnen^ji'si hniolzcn , lln ilwcix- ist es auch ihr
Staalsdii'usl. Wie drückten sich lihcr ihren Dicn>l die aUen Archivare
aus? Fachmann sagte*): »Der prakti-i^he (iihraudi ist der wahrt'
Endzweck der Archive . . . Der xVichivarius soll kein Anliquarius,
kein müssiger Aufheber und Ilerausgetxir aller Urkunden und Lite-
ralten sein, die er mit gelehrten geschichtlichen, dipiomaliscfaen, und
andern kritischen Anmeikungen versieht, — ndn, er soll Schöpfer
sein und seinen ihm anvertrauten Schatz, wenn er aucli noch so
weit in*8 Alterthum zurüdcginge, mit praktischer BcurtheilungskraQ
in die gegenwärtige Welt äbcrpflanzen und neue Früchte daraus
ziohm . . . Der Archivar muss täglich in die Regierungskanzlei
gehen, die dortigen Exj)editionen alle genau lesen und sich dadurcli
im Zusammenhang der laufenden Gescliäfle hallen ... Er äussert
sein (Jutachlen üIxm- einzelne Materien und gibt auf irgend eine Aus-
ferfi^'ung Anret^ung, sei es ein Schreiben an einen P.enachbarlen,
eine Insti nkt ion für eineti (lesandten oder l'nlerlx?ainlen, ein Dekret
oder Reskript an einen solchen . . . Ein Archiv ist der Zusam-
menfluss aller denkbaren Landesregistral uren in ihrer
Quintessenz, die Ouclle, aus welcher in alle Staats- und Landes-
gesciiäflskanäle Leben, Licht und Stärke ausstnind. .Man kauji also
das Archiv gar füglich die Seele der öfrcnllichen Staats-
geschäftc nennen.c
Eine solche Stellung konnte den Archiven nur im Ge\nrr und
^ Bachmftim 8, 6-6^ 46,49. Vgl. Spiess von Archiven. Halle 1777. 6-6.
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Vom Beruf uiuerer Archive in der Gegenwart 25
(jewiiuk' der Kleinstaaterei zukoiniiieii , wo man hesliindi^' liii^'siiin
tief in »naclihailifhen l)ifTLTen/.(>ri« slecklc So IkhIi alKM- damals
die iiraklischc Ürdcniliing di r Archive erliolx'ii wurde, .so lief steht
sie jetzt unter ilu'em waliren Werthe. Mieht darin liegt der gnissle
Nachtheil, dass so viele Archive zerstört, sondern dass der Rost für
Leben and Recht der Gegenwart fiist todte Blasse geworden. Sie sind
aus ilirer recbten Bahn und Wirksamkeit heraus geworfen, ihr regel-
mässiger Zuflnss aus den Landesrßgistratnren ist in's .Stocken gc-
rathen. Die Archive enthalten nicht mehr deren »Quintessenz«, aber
sie arbeiten auch nicht mehr, wie sie könnten und sdlten, für die
Bedürfnisse des Staats und der Privaten.
Indem ilire n(\'imlcn aUS Uricunden und Akten historisch-reeht-
liche Verhältnisse darlegen, sollten sie liGStündig Verwaltung Justiz
und Gesetzgebung untei-stützcn. Indem sie Natur und üronzen
von alt hergebrachte II Hechten, Instituten, Stiftungen, Aemlcni und
(ienos.senschaflen ent\vi( kein, könnten sie die Ai heilen der Beamlen
in Staat und (lemeiiuh' auf das Mannigfactisle erleichlcrn. Ks sind
oheri im V. Kapitel eine Menge von (lebielen Ix-zeichnet , y.u deren
Aufhellung vor Allem die Archive berufen sind. Lange Heihen von
Fragen liessen sich anreihen, die in der Justiz und Administration
tagtäglich auflauclien und nur in alten Schriften und Urkunden ihre
volle Lflsung finden.
Advokaten Rechtsanwälte und Notare wissen in der Regel
redit wohlf wieviel aus den Landesarchiven zur Aufklärung von
Rechts- und FamUlenverhftItnissen zu holen. In ihren Kreisen wird
keine Klage über die Leistungsfähigkeit der Archive laut, wohl aber,
dass sie nicht leichter zugänglich seien.
Allein hört man jemals, dass Beamte auf den Werth der Archive,
auf die Not h wendigkeit, sie zu benützen, aufmerksam machen ? Den
meisten neamlon, so scheint es, ist die Fühlung mit den Archiven
verloren gegangen. Sie wis.sen nicht mehr, welche grosse Hülfe,
welche sichere GrundlSgen für ihre Arbeiten die Archive gewähren
köjmten, und wenn sie eine ungefähre Vorstellung davon hal>en,
dann wissen nocli Wenigere die Frage so zu st(>llen, dass das Archiv
die richtige Antwort darauf geben muss. Wie ImM jcnler l'ntersudaing
konnut es vor Allem darauf an , die Frage richtig zu stellen : gar
vielen Beamten der Staats- Kirchen- und Ckaneindeverwaltung ist
die Kunst wie die Gewohnheit der Fragestellung an die Archive
entscfalöpft, ohne dass sie der Sache nur recht mne geworden.
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26 UiIrt:
X. Aufwand und Leistungen.
Die nalörlidic Folge dieser gebrochenen Stellung der Archive ist,
dass Niemand mehr ein rechtes Herz für sie hat, dass sie grosscn-
theils jämmerlich mR Lokalen mid Geldmitteln, noch dürftiger mit
Arl>eilskräflen ausgeplättet sind, und dass häufig iiui- der Zufall ent-
scheidet, ob sie tüchtige Beamte l)ckoninicn. Vou allen Zweigen cle.-^
Staatsdienstes ist keiner so zerrüttet, als der Anhivdionsl, und für
keinen geschieht so wenig. Wie sehr der Mann von geh.lirtrr Dilduiig
geneigt ist, diese Angelegenheit stets vom rein wisseii--( haftlicht n
Standpunkte auIV.ufa>sen , und wie wenig die Gebildeten überhaupt
dafür InliTcsse und Verstfuidniss halben, bezeugte auch die Sit/.ung
vom 18. Juni 1868 im Norddeutschen Reichstag als Frhr. v. Ilagke
mit aller W arme seine Ansichten über Wiederhei Stellung des deut-
schen Reiclisarchivs und Reformen im Archivwesen zu begründen
suchte. Das Haus war sichtlich gelangweilt. Und doch hatte kern
Geringerer, als Fürst Bismarck, erklärt: »dass er die Klage fiher den
g^nwärtigen Zustand der Archive, was Prenssoi betreCTe, aus
eigener ErfiJirung nur bestätigen könne, da sich die Archive, ungct
aditet der an denselben thätigen ausgezeichneten Arbeitskräfte, wegen
der Därftigkeit der für dieselben zur Disposition stdienden Hiltel,
nicht überall in dem gewünschten Zustande befanden, und dass er
als Chef der preussischen Archive es nur dankend anerkennen werde,
wenn der Reichstag diesem Gebiete sehie Ffirsofge zu widmen sich
in der Lage befinden .sollte.«
Belehrend ist eine Uebersiclit der Archive im Deutschen Ileidi
Westüstreirh und Frankreich, wobei alle Ang(>>telllen zu rechnen,
j<'(l(M li ohne die Diener. Es sind dat>ei die Minisleriaircgislralurcn
nicht eingeschlossen, wohl aber die Hausarchive.
Fraukrcicti mil äd^'s Mill. Eiiiw. lial 91 Laiiilcbarciiivc uiil 217 iiuutiiUui
Preussen »84»n i>18 h » ^ n
WesfrOesterreichg M „ ^ i, 90 s «22,,
Bayrrn , l*/» „ „ « 11 „ „ 48
Sachsen p „ 1 n tt ^ »
Wflrtlemberi? „ l*/5 „ „ „ « »» »» ® »»
<) Ftlir. V. \\tit:]n' a. a. O. Seile 11* äteiiugraiibiiwlie Verhaudi. Qber die
26. Sitzung, Seile 662 - 567.
*) Nämlich 99 bei dem Reiebflarcbiv und dem der au8Wärli(,'eii Augdegea-
beiten und je t Beamte bei den 89 Departemcntalarcbiven gerechneL Die
Obrigen Zahlen nach Burkbardt.
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Vom Beruf uiuerer Archive iu der Gegeuwart 27
Baden mit l'/i Miil. EiinvuluiiT liul 1 Liunlt-saicliiv mit 7 iieaiiiloii
Hessen » */» h » m 2 h „ 1 „
l{<>iil(> Mecklenburg» 'h* >» » n 9 » » 6 n
Ol.loiihurj? „ '/lo „ „ »1 M H 8 „ .
Sacbscu-Wfiiiiar „ '^t* „ „ „ S „ „ 4 „
Brannsehweig „ */>• » .-8 » »6m
Bayern hat also verhälliii.s.sinäs.si^' wi iUius die meisten Archive.
Stdien wir nun einen Vergleich an, wie viel ArchivbcamU; jeder
der Staaten anstellen mfisste Im VcfMKniss zu Frankreich und zu
Bayern, so ergibt nch Folgendes:
Es müsste Archivbeamte haben
Finnkreich im VeitftUnise ni Bayern 860
Preussen „ „ „ „ MO, lu Frankreich 143
Wist-fVsierreich „ „ » » 192 „ „ 119
S^.icliscii „ „ „ „ 24 „ „ 16
Würtlumbeig „ „ „ „ 17 „ „ 10
Baden „ „ m n 16 „ „ 9
Hosson n I» H M 8 „ „ 6
[^•i<i<M<(klenbuig„ „ « ,» 7 w i. *
ühk-nburg „ „ „ „ 8 „ „ «
Saehsen^WeimKr „ „ .> n 8 „ » S
Brannsehweig » „ » „ 8 ,> S
S&mmtlicbe Staaten haben also Terhältnissmfissig bedeutend
weniger ArcfaiTbeamte, als Bayern und Frankreichf bloss die Uemcn
ausgenommen. Von diesen haben Braunschweig und Sachsen-Wei-
mar sogar doppelt soviel, Oldenburg und Mecklenburg gerade soviel,
als sie erhalten müssten. Ilervorslechend ist dagegen bei Ocstreich
und Preussen das Missverhältniss, schlagend auch bei Hessen, Baden,
Württemberg, und Sachsen.
Wie viel besser sind (la^'-e;;en Privatarchive besetzt , z. B. das
lürstlicb Fürstenborgisclio zu Donaucschingon ! Dürfte mau nun aus
diesem argen Missvorliällniss den Sebluss zielien, entweder dass die
amliiclien (Jeschüfte in den andern Staaten um so viel Ifissiger giti;„'en,
als in Bayern? Oder dass es dort weniger An hivbeuützer gelxiV
Oder dass bei ihnen der Arcliivinhall um soviel geringer sei? Oder
dass dort die Arclüvbeamten um so viel mehr leisteten, als die
bayerischen? Jeder dieser Schlüsse wäre thOricht. Rings um
Bayern ist der Aktenverkehr ebenso lebhaft bei Regierungen und
Gerichtshöfen und Gemeinden, der Archivinhalt ist ganz gleidiartigür
Natur, und wird vofi<nissmässig dben so viele Arehivbenfitzcr an-
ziehen, die nichtbayerischen Archivbeamten aber erscheinen keines-
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28
Lülier:
wegs mit Dicnstgeschäflcn überbürdet. Die Ursache der grossen
Versehiedenhdt steckt lediglich darin, dass die Archive aiuserhalb
Bayerns weniger in Rechtssachen in Anspruch genommen werden.
Die sämmtlicfaen prenssischen Staatsarchive zahlten für das
Jahr 1868 nur 521 amtliche Requisitionen und 653 ausseramtticfae
Sieben Jahre später, nämlich das ganze Jahr 1876 hindurch, sind
500 amtliche und 969 ausseramtliche Requisitionen und Recherchen
orledigt worden »). »Hei dcti i rstm^,< heisst es, »handelte es sich
sowohl um Aufsuchung und V^orlage von älteren und neueren Urkunden
und Akten , uls auch um Erstattung von Gutuchti ii und Berichten,
die den dionsllichcn Anfordcrun^'cn der lifliüidon enlsiircchcnd
Itroviii/icllo und lokali' llochtsvcrliältiiissc au.-oinander zu sc(/.en und
einzelne liislori-clie Ercignir>.se zu erörtern hatten. Bezüglich der
zweit(>n (iruppe wurden durch die Uidi.'r.stülzung der persiinlichen
Benutzungen und dunli die Beantwortung der privaten Anfragen
weitgehende Studien zur (Jeschichte des Deutschen Rciclis und des
prcussischcn Staats im Allgemeinen, der Territorien und Provinzen,
sowie oinzebier Familien und Geschlechter im Besondem, überhaupt
die mannig&chsten wissenschaftlichen Bestrebungen der Historiker
und historischen Vereine wesentlich geförderte *). Es sind hier also
unter »ausseramtUchen« die historischen und genealogischen Studien,
unter »amtlichenc alle übrigen Requisitionen und Recherchen ver-
standen. Wie stellte sich nun die Sache zur selben Zeit in Bayern?
In beiden genannten Jahren fanden in den neun Landosarchiven
— also das k. CJeh. Haus- und Staatsarchiv nicht mitgerechnet —
Recherchen statt wie folgt, wol)ei alle und jede Nachforschung zu
wisscnschafUichim oder genealogisdien Zwecken nicht mitgezählt ist.
Das Reidisardiiv zu Mönchen hatte 1868 84 und 1875 86
„ Krcisarchiv Arnberg „ 30 „ „ 30
„ „ „ Baml>crg „ „ 40 „ „ 55
,, „ „ Landshut 70 „ 75
„ „ „ München „ „ 1G8 „ „ 120
it *i »
Neuburg „ „ 39 „ „ 75
*) Neue \'\m><. Zeil im- vom 24. März 1869 Nr. 7ü.
') Besondere lieila^e zum DeuLscheii lleicii»iir£eigcj- und k. preu^s. Slaats-
anielger vom 4. llfirz 1876 Nr. 10,
•) Daselbst.
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Vom Beruf unserer Archive in der Gegenwart
29
Das Kreiüurchiv zu Xürnherg halle 1.S68 57 und 1875 02
ii 1« 1» bptVL'r • „ „ 22 24
Wülzburg „ „ 40 „ „ 65
zusammen 559 592
Die 9 bayerischen Landesarcilive hatten also — ausser den
Reeherdien za wissenschafllichea oder genealogischen und sphra^
gistischen Zwecken — noch 569 andere im Jahre 1868 und 592
im Jahre 1875, während die preussischen in denselben Jahren bloss
521 mid 500 zfthlten. Da nun Bayern noch nicht 5, Preussen aber
Ober 24 Millionen Einwohner zfthlt, so hätte Preussen im Verhält-
niss zu Bayom haben müssen wenigstens 2679 vor acht Jalircn,
und 2841 im vorigen Jahr. Diese Zalil müsste aber eigentlich nodi
bedeutend gesteigert werden, weil man in Preussen in der Ablösung?
joglirhon Leheuscliai akters , in der Umwandlung der gutsherrlichen
und crbrechtliciien ( Jrundlasten. der Fixirung der Zehnten und anderer
Gefalle an Pfarren Schulen und Stiftungen, in der Thcilung von He-
nieindegründcn, der Uegulirung von Forst- Weg- und Wa.=serri'clilen,
und all den andern historischen Keclitsverhrdtnissen, wegen deren
man gerade auf die alten Schrillen zurückgreifen muss, längst nicht
so weit Torgeschritten ist, als in Bayern.
Warum arbeiten aber die bayerischen Archive trotz dieser Fort-
schritte noch immer fOr Staat und Recht so viel und die preussischen
so wenig? Die Ursache kann nur sein, daas Staatsbeamte Advo-
katen und Private, wo es sich um Feststellung von Rechtsverhält-
nissen handelt, in Preussen sich nicht so häufig an die Archive
wenden , als in Bayern. Und weshalb geschieht das nicht? Ent-
weder sind Beamte Advokaten und Privatleute nicht gewöhnt, in
Rechts- und Verwaltungssachen die Archive zu benül/en, — oäex
diese l>esit/.en nicht genügendes Material, gerade solche Fragen zu
l>eant\vorten, — oder die Arcliivbeamten gewfdiren keine ergie]>igo
Ausknnfl, weil sie die An liivalien entweder noeli nicht halx'n ge-
nü^aiul durcliarheiten können, oder nicht darauf eingeübt sind, sie
juris! isi Ii spredien zu lassen. Der erste und zweite dieser Gründe
wird wohl überall Tlatz greifen.
Will man sich aber noch mehr überzeugen , welche Vor-
theile die Archive dem Staat mid den bürgerlichen Geschäflen
bringen können, so beobachte man dn paar Tage lang die Thätig-
keit hl französischen oder belgischen oder holländischen Provinzial-
archiven.
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30
Lüher:
Nun soll aber, wenn die praktische Archivthätigkeit in Bayern
hervorgehoben wird, keineswegs damit gesagt sein, dass hier in
archivalischer Hinsicht Alles golden glänze. Keineswegs, es gibt auch
hier noch tiefe Schatten. Aber rulunen darf man doch, was Bayern
jährlich auf seine Archive verwendet. Das Archivbudget, welches
der Kammer 1876 vorgelegt wurde, stellte sich ffir ein Jahr folgender
Gestalt:
Roiclisarchiv 51, »05 Mark,
Acht Kreisarchive .... 92,755 *
(iL'heirnos Flausarcliiv . . . 9,050 »
Geheimes Staal>;ircliiv . . . 10,613 »
(iosamiiilsuinnic 1ll().!l23 Mark.
Bayern Iiatfo demnach auf soinc Ariliiv(> jährlich <ho Sumfnn
von 55,6-41 Thalern zu verwenden. \m Verli;\llni^> zu seinen soviel
geringeren Arcliivkoslcn vor zwanzig Jahren \<l dieser Staat wahr-
lich mit der Zeit fortgeschritten. Unsere »Archivalische Zeitschrift«
wird künftig wohl die Statistik der Arcfaivkosten in den vo^chiedenen
Staaten im Einzelnen bringen: vorläufig gewahrt einige Anhaltspunkte
zum Vergleiche eine Zusammenstdlung, die wir ffir die anderen
Staaten in Bezug auf das Jahr 1855 Lancizolle's bekannter Schrift
entnehmen.
Auf das Archivwesen wurden damals von Staatswegen ver-
wandt in
Frankreich . . . 11 5,1 (5i;Thlr., dies sollte verwenden 196,1 50 Thlr.,
West-Oesterreich .
l!l,OGl
11
n
n
ft
104,616
11
Preussen ....
16,875
»»
«
n
»»
103,047
11
Belgien ....
10,973
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»»
»»
11
26,154
11
Bayern ....
25,108
IT
it
11
25,108
»»
Saelisen ....
l>,240
1»
•1
13,077
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VV'ürtteiidjerg . .
5,291
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10,461
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Hannover . . .
3,5C0
»1
M
»1
10,461
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Toskana ....
7,262
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»1
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9453
♦1
6,457
n
n
1<
II
7.323
II
Hessen-Darmstadt .
1,942
»»
1»
1»
1»
4,184
II
Hecklenb.-Schwerin
5,000
ff
n
1t
11
3,138
11
'j Denkschrift ül«jr die preussischcn Staatsarchivo iifltst verj^li irlniuliu
Notizen Ober das Archivwcsen einiger fremden SUialcn. A\s Miuiuskri|it
ilmckt Beriin, NoTember 1866 (von Dr. v. Laiiciiolle CS«h. Ober-Arrhivr«th und
Direktor der preinwischen' Staatfiarchivc) S. 82 IT.
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Vom Beruf unserer Archive in der Gegenwart.
31
Die erste Iloihc diosor Zalilon gibt die wirklirlic Ausgabe an,
welche die Staaten im Jaiirc 1855 für ihre Archive niachten: die
zweite Reihe zci^, wieviel sie nach Massgabe- ihrer grösseren oder
gearingoen Bevölkerung im VerbäUniss zu ^ycm damals hätten ver-
wenden müssen. Diese Zahlen sprechen für sich selbst, und das
Terfaaftniss hat sich seit den zwanzig Jahren wohl nicht wesentlich
ge&ndert
Belohnt sich nun, das ist die andere Frage, der soviel grössere
Aufwand, welchen Bayern auf sein Archivwesen macht, auch durch
soviel grössere Leistungen? Dass diese Fra^'O vielleicht mit gutem
Recht durch Ja m beantworten, darauf möchte sclion der obige
Vergleich mit T^rous.coti hinweisen, welcher die Verhrdtnisszahlen der
RecluTf lien für praktische Zwecke angab. Diesen treten aber die
Leistungen für Wi.^senschaft untl Genealogie in Bayern ebenbürtig
zur Siifc. Ja, es Hessen sidi Fälle anfülncn, in welchen sich der
Aol'wand (>ines Jahres in einem Munat l)elohnte.
XI. Notliwendige Entwicklung des Archivdienstes.
Die revolutionäre Bewegung, welche zu Ausgang des vorigen
Jahrhunderts entstand, ist längst im Abnehmen. Ihre Wellen brechen
sich fortan am deutschen Reich, dessen Wiederau&teigen einen ge-
sunden nationalen Zustand in der Blitte unsere WelttheUs herstellte.
Die geistig-religiöse Bewegung sdieint zwar langsam tiefer auszuholen,
wird aber Bestand und Leistung d(>s Staates schwerlich mehr ändern.
Nur die sozial-politischen Stosswellen sind noch heftig: Uir rollendes
Geloso aber war in der Geschichte niemals von langer Dauer,
Da ni(iriite es an der Zeit sein, das Anliivwtson , das von
säniiiilliclK.ii politisch-wissenschaftlichen Anstalten dunh dio fran-
zösische Umwälzung und ihre Nachwirkung am schwerstin gclilleu
hat, in seiner alten Stärke und Ergiebigkeit für den Staat wieder
her7.ustellen, indem man es den heuligen Zustanden und Bedürfnissen
gemäss gestaltet.
Amt und Sorge der Archivare muss nicht vorzugsweise auf ihre
Delikatessen d. h. die Wissenschaft, sondern vorzugsweise wieder auf
das tägliche Brod des Staats und seiner BQrger gerichtet werden. Hit
andern Worten, sie sollen wieder hauptsächlich für Staat und Recht
und daneben fOr die Geschichtsforschung arbeiten.
Was geschieht jetzt an vickm Orten in Deutschland? Wenn
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32
Labert
es sich bei Staats- und Kirchen- und Gemeindebeamten um einen •
Rcchtspunkt oder um eine Thatsache handelt, die aus der Vei|(angen-
heit aufzuklären, um Marken und Forstgrenzen, um frühere Wege
und Wasserläufe, um den früheren Namen einer Oertlichkeit , um
die Auslegung der Stelle in einem alten Statut, oder .^onst dergleichen,
dann sucht man in Gesetzen und Büchern und alten Akten, ilic
noch zur Hand .-ind oder bei Ministerien Refrierunpren und Kon-
sistorien, bei Universitäten, F'or.st meistern, und andern Sachversirm-
dijreii Auskunft. I.fisst sieh bei diesen wirklicii stets die uüllii^'O
Saclikenntiiiss Gedulii uinl Im rtijjkeit voraussetzen? Sollle es nieiil
ungleidi liL'Sser sein, es wiiie eine ein für allemal besLimmte Stelle
im Laiule, von welcher man gcwisa wüssle, das.s erstens in ihrem
Bereiche die betreffenden Urkunden und Akten und alten Statuten,
soweit sie fibeihaupt noch vorhanden, sich befinden, und dass jene
Stelle zweitens im Besitz all der nöthigen Kenntnisse und Fertigkeiten
wäre, dass sie aber auch Beruf und Zeit hätte, um sofort die ver-
langte Auskunft aus jenen alten Schriften zu ertheilen?
Und es sind ja nicht bloss Beamte und Gemeinde, sondern auch
Private und Familien, insbesondere Advokaten, die in Rechtssachen
solcher Auskünfte bedürfen. Wie viek' Prozesse könnten vermieden
werden, wenn es überall eine allbekannte Stelle gäbe, die für slaal5-
und kircheu- und Zivilrecht liehe Verhrdtnisse die Recht s- und That-
sachenfrageu, welche aus Schriftstücken der Vergangenheit zu l('»scn,
so klar und sicher zu enf hüllen veniiC»! iite , dass man wüsste, durch
ihre Kntsciicidung sei die Sache ersclu'>pt't I
Solche Aeinter müssen die Arcliivt» wieiler werden.
Freilich nniss es auch wieder allgemeine Gewohnheit werden,
sich an diese Aemter zu wenden. Von dem Reclit, das eliedcm
nur Fürsten und Minister an die geheimen Archive hatten, muss
jetzt emem jeden Staatsbürger kein geringer Theil an die öffentlichen
Archive zustehen.
Nun wird solch eine Anforderung an die Archive gerade bei
manchen Archivaren hier Entsetzen, dort tiefen Unmuth mircckcn.
Wie? Die Archive sollen den Staatsbeamten und Advokaten Mägde-
diensle verrichten? Sie >nll( n crar eine Art von Nachweisämlem
bilden? Da wendet sich die helire Göttin der Wissenschaft ab und
verhüllt ihr Haupt.
Solche Aiischnuung wird ger.ide so \v(Mt vorherrschen, als die
Archive mit soiciien Gclelirten Ijcsetzt sind, denen I^lick und Geschick
Üiyitizuü by GoOgle
- Vom Beruf uuäcrcr Archive iu der Gegenwart. 33
für das praktische Leben abgelit. Gerade so weil wird die oberste
Staatsgewalt auch auf Verständniss und eifriges Mitwirken in dieser
Angclegenhdt ▼«Achten mflssen.
Und dennoch, es geht nicht anders! SoUcn die Aidiivc aus
der Verwahrlosung und Zerstreuung heraus, in welcher sie sich theil-
weise noch befinden, wiD man fär sie mdir Arbeitskräfte, für ihren
Dienst mehr Entgegenkommen und bessere Gebäude, f ör Ihre Beamten
bessere Stellung und Gehälter eningen, wollen die ÄrduTe überhaupt
wieder zu ihrer rechten Ehre und Achtung kommen, dann müssen
sie sich mit der leb<^ndigcn Gegenwart wieder in nächste Verbindung
setzen und deren täglicliem SchafTen und Sorgen Dienste leisten.
Erst dann, wenn ihr Wirken sich wieder ül)ernllhin als nfilzlieh und
nothwendig bemerklicli maelil , werden sie dafür, wie lüi" ilire Be-
durfnisse, Verständniss uiul Theilnaliine finden.
Andernfalls wird man stets geneigt sein, sie als Sammelslälteij
alter Akten und Schriften anzusehen, die man eben leidlich erhallen
muss, weil sich hin und wieder nützliche Nachrichten darin linden.
Dann aber wäre es besser, man machte dem unerträglichen Halb-
Wesen, m welchem sidi die Archive in so mandien Ländern dahin
sdileppen, dadurch ein Ende, dass man sie voUends in rein wissen-
schaftliche Anstalten wandelte. Man mfisste ausscheiden, was
bloss dem Staatsdienste angehOrt, und dieses wieder in die Registra-
turen der Hinisterlen und Behörden zurdckleiten, die dbrigen Bestände
aber den Bibliotheken anreihen und ae em&ch als Bibliothekgut
bdiandcln und verwalten.
Das Beispiel der Länder freilich, die früher bei uns Ruf hatten,
dass sie praktisch gescheidt handelten — Frankreich Belgien Tlolland
England Schweiz — sj^räche nicht dafür. In llalien hat ni.-in jüngst
eine Ti(mnnng der Archive in historische und adiiiinislralive an-
gestrebt, bald jedoch wieder fallen las.sen, weil sie widersinnig und
unausführbar.
Und ob denn bei solcher Trennung das Slaatsinteresse sich
besser stände, ob nicht für doppelte Kosten und Arbeitskräfte hier
wie dort sclilechlere Arbeit gewonnen würde, wäre noch die Frage.
Andererseits aber ist gewiss, dass auch die historische Wissenschaft
jetzt und kfinftig um so besser dabei fi&hrt, je mehr die Archive
wieder lebendige Ifittelpunkte praktischer Thätigkeit werden. Je zahl-
reicher fachkundige Archivare aufgestellt werden, um so ausgiebiger
wird die Forschung bedient sein.
AfChtTallMh« MtMhritt. I. 8
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34
Lfther:
XII. Amtspflichten.
Die Beamten eines Sffentlicben Archivs haben
I. die alten Urkunden Kodizes Amtsbficher und Akten im
ganzen Lande zu samnioln und zu sichten, das WitIIivoIIo ainzii-
srlioidon und dem Artiii v einzuverleiben, darin Alles sorgCallig und
lichtvoU zu ordnen und saclig( niäs> zu vorzeiclinen . Alles wohl zu
verwahren und «regen Verschleppun^r Diebstahl und Raub, wie gegen
Staub Moder und Verderben jeder Art zu schiilztm. Solrln* Sorge
für den Bestand der Areliive ist aber nur die erste Slule, die nolli-
weudige Voraussetzung des arcliivalischen Dienstes. Dieser gilt dem
(.iebraucii des Arciiivs.
II. Handelt es sicii also um Ileclils- oder Administrativ-Angelegen-
heiten, so müssen die Archivbeamten es verstehen, das gesainmtc
.Schrilhnaterial, welehcs dabei dienfieh sein kann, sofort zu finden
und vorzulegen und daraus Abschriften Uebersetzungen und Auszüge
zu fertigen. Um das zu können, müssen sie im Lesen und Würdigen
der Urkunden Akten und AmtsbOcher geQbt sein. Da man nun
bei dem Historiker keine juristische, bei dem Richter und Vcrwal-
tungsbeamten keine dipIomafisch<\ bei dem Advokaten und Privat-
mann üherliaupt kv'mo gelehrte historiselie Bildung voraussetzen kann,
da aber bei den Archivb(\aniten diese vei*schiedenartige Bildung,
sollen sie anders ihrem Berufe gewaehsen sein, zusammen tivllen
muss: so sind auch vorzugsweise sie im Stande, Schriflslürke der
Vergangenlh^if nicht bloss vorzulegcMi. soiulcrn aurli mit Bi'zug auf
|iraktiselie Anwi mluiig zu erklären, — mit andern Woi'ten: i^crade
die ArcliivbraiiiUn berufen, auf eine bestimmte Bechts- imil
ThatsaclienIVage, die aus allen Handschriften zu beantworten, ein
sachverständiges Gutachten zu geben.
Die Archivare sollen also wieder werden, was sie früher waren,
Dcduzenten, — wohlgemerirt aber, nicht mehr als spitzfundige Juristen,
sondern als Darleger und Ausleger des rechtshistOTischcn StolTs,
dessen man bei praktischen Geschäften l)enöthigt ist.
ni. Handelt es sich aber um eine historische oder eine genea-
logische Untersuchung, so hat der Archivar die Urkunden und Kodtzes,
Arrhivalbände und Aktenfaszikel, Siegel und Waj>penbilder voi-zulegen,
die irgendwie Stoff zur Lösung der Frage ergeben. Es ist nalürlidi
von ihm nirht zu verlangen, dass er den Inhalt aller Bände und
Faszikel selbst kenne, das verbietet sich in jc<)cni grösseren Archive
Üiyitizcü by GoOglc
Vom Beruf unserer Archive in der Ge^cnwarL
36
schon von selbst: wohl aher muss er sein Material beherrschen, tl. Ii.
unter Archivalien nach Anleitung der Rei^ertorien Verzeichnisse
und aonsUgeh Bdidfe soweit Bescheid wissen, dass das Archiv mit
Bezug auf eine bestimmte Frage benützbar ist bis zum Grunde.
Der Arehivbeamte braucht auch Iceineswegs Forschungen für Andere
zu machen, ist Tietanehr vSllig in seinem Rechte, wenn er unbiilige
Zmnuthungen abweist: wohl aber, da manche Archivalien eigenthüm-
licher Art sind, hat er den Forscher zu orientiren, wo und wie er
darin die gewünschten Aufschlüsse önde. Aucli wird sich wohl
kein Archivar, der die hohe Bedeutung der deutschen Wissenschaft
zu würdi^ren verstellt, der Mühe entziehen, verdienten Forschern und
no>( hiclitsclin ibern, statt sie ans weiter Ferne her zu beinnheri, auf
k'stirnmt f,'esteIlto Fra^rcn iilx'r Daten und Thatsachcn aus den
Archivalien kurzgefasste Antworten zu gelxn.
IV. Soweit nun dieser laufende Dienst und soweit die inneren
Ordnungsarbeiten im Archiv, die wnlil auf lange Zeit hinaus nach
jedem vollendeten neuen riepcrloriuni noch zu einem genaueren an-
regen werden, die Geschfillsstnnden im Archive nicht auslQllen, ge-
hart die Zeit den feineren Orientirungsarbeiten. Zu diesen z&hH die
Geschichte des Archivs iftid seiner Bostandtheile, die Topc^aphie
der Provinz, sowohl mit Rücksicht auf Geschichte, wie auf die sich
ändernden Namen der OertUcfakeiten, Listen der Ortschaften und
Einzelhöfe, Sirassen und F<n:st^ die eingegangen, wie sie der dreissig-
jährige Krieg nur zu viele aufweist, ferner genealogische Tafeln der
fürstlichen und der bed(Miten deren Familien, die im Archiv vertreten
sind, endlich die Geschichte der Aemtcr Behörden und Stellen, welche,
soweit die nrknndlirlien Nachrichten reichen, in der I'rovinz sich
einander folgten. Da- Ai-chiv .sollte im Stanth» sein, jedom Dorf,
jedem historischen rieschlecht. und jedem Amte die rjrundzüge seiner
Geschichte auf Wunsch mit leichter Miihe an.-/.n feit igen. Insbesondere
werden die deutschen Archivare, die von .jeher zinn liegentenhaus
ihres Landes eine besondere Verlranensslellung einnaiimen, es sich
angelegen sein lassen, dessen Geschichte in all seinen Gliedern mit
Liebe und feinem VerstSndnias aufeuhellen.
Im Uebrigen bleibt es selbstverständlich jedem Archivbeamten
anheim gestellt, wie er seine geschäftsfreie Zeit verwenden will, ob
zum Edffen von Urkunden und Korrespondenzen, oder zum Zusam-
mentragen historischen Matmals in grossen und kleinen Abhand-
lungen, oder zur schönen freien Kunst der Gesohichtschreibung, oder
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36
Loher:
wclclio andcix' Arbeil sein inri^'i-, je iiadidcm iliii Anla<,'e und
Nei^'ung Irt iht, um bei gcisli^n i Frische und im amegcndcn Verkehr
mit der Wisseiiscliaft zu bleiben.
XUi. Anforderungen der Neuzeit.
Will man aber den Dienst der Archive fQr Geschäfte and Besitz
des Staats der Gemeinden und Privaten beleben, und will man auch
den gesteigerten Anfofderungen der Wissenschaften gerecht werdoi,
so darf die neue Organisation des Ardiivwcsras nicht rücicschauend
auf das Vergangene verfahren, sondern im offenen Hinblick auf die
Gegenwart, auf ihre Bedürfnisse und ihre Anschauung von öflbiil-
lielien Dingen. Sobald man heutzutage irgendwo Hand an's Werk
legt, im Staatsorganismus ein Glied zu ändern oder neu einzusetzen,
gleich schie.>scn aus Natur und Gelriebe der neuen Zeit Forderungen
und Normen hervor, denen sich kein Staatsmann mehr entziclicn
kann.
Thcilung der Arbeit! Dieses moderne Prinzip, das in ihr
(diidcrung des Staatswesens wie der Wissenscliaften und (lewerbe
und Industrie die schönsten Früclite zeitigt, muss audi für das
Archivwesen durchgreifen. Der Beamte, der Advokat, und wer sonst
aus alten Dokumenten ein Interesse zu bestritten hat, soll der Sorge
um die Fähigkeit sowie der Mähen entlastet werden, die er braucht,
diese Dokumente zu lesen und richtig auszulegen. Aber er muss
auch die Gewissheit erhalten, dass die Arbeit statt seiner von ächten
Sachverständigen verrichtet «rird. Aus der Natur dieser archivallschcn
Arbeit, die einen besonderen Kreis von Kenntnissen und Fertigketten
crford^, — die frei auf sich selber gestellt sein muss und keine
Bevormundung von Nichtarchivaren vertragt, — die endlich, um nicht
Stückwerk zu liefern, ein Ineinandergreifen der Laiidesorchive bedingt,
— aus diesem eigenthümlichcn Charakter des Archivwesens ergeben
sicli mit Xotliwendigkcit drei Folgerungen:
1. Geregelte Fachbildung der Arcliivbcamten.
2. Sclb^lsfiiiidige Stellung des Archivwesens.
3. Einlifilliihe Verwaltung.
Was nun den arehi valischen Stoff bitrilll, so drängen
sich zwei gros.se Thatsachen zur Beachtung. An Stelle der Zer-
stückelung in eine Menge Klefaistaaten und Sdlätchcn, unter welcher
Deutschland bis in den Anfang dieses Jahrhunderts ohnmächtig litt
Üiyitizcü by GoOglc
Vorn Beruf unserer Archive in der GegvnwarL 37
und blutete, sind grossere Staaten und zuletzt das Reich getreten,
welches die Vielen gkuchmfissig umfasst Zu gleicher Zeit hat sich
die Macht eines grossen Prinzips bewShrt, welchem sich jedes poli-
tische Leben gleichmässig (Qgen muss. Dies oberste Gesetz ist das
allgemeine Staatswolil. Daraus folgt Vereinigung oder doch Verbin-
dung sämmtUcher Arcliivalien im Lande und zweckmässige Clit di i ung
ilircr Gruppen und Tbeile je nach dem öffentlichen Bcdürfhiss, also:
1. Auflösung der reponirlon Registraturen.
2. Zusanuiienlegung der zt'i^troiilL'n kleinen Archivgruppen.
3. Aiistiiusrh der Kegiorungun unter einander.
4. Aus.scliL'idiing des rngeliürigen aus den Archiven.
5. Richtige Veillifilung dir Airliive im Lande.
G. Wissensilialtlichu Ordnung und Verzeichnung der ScluillblQcke.
7. üeregcller Zutluss.
8. Verbmdung der Landesarchive mit den Archiven der Gemeinden
und Stiftungen.
Endlich ist m der modernen Zeit Vieles öffentliches Gut
geworden, was ehedem mehr oder weniger unter den Begriff von
Familiengut fiel, und das Licht der Oeffentlichkeit leuchtet mit un-
abweisbarer EnMgie in die dunkelsten Kammern. Die weitschweifigen
W^e, um die Erlaubniss zur Arclüvbenützung zu erhallen, erscheinen
ffir die allermeisten Fälle als unnöthige Förmlichkeit. Auch die
Archive müssen, gleichwie andere Staalsanstaltcn , der öllenlliclien
IJenützung entgegenkommen. Der Archivar ist Vertreter eines edlen
Theils des öfTentlichen Eigenthuins, und was er allein von seinem
Archiv weiss, das können die Andern nicht wissen.
Er braucht das Metall aus seinem archivalischen Rergwerk nicht
selbst herauszuhauen , aber er muss die Gänge, die zu ilun lüluen,
öffnen und weisen. Also:
1. Lesciuänkuiig und tlieil weise Aufhebung des Arcliivgelieinmisses.
2. Leichte Benützbarkeit der Archive.
3. Veröffentlichung von Repertorien.
4. Versendung von Archivalien.
Es seien nun im Folgenden die fünfzehn Punkte erörtert, jedoch
vorläufig nur kurz und andeutungsweise. Unsere archivallsche Eil-
schrift wird öfter Anlass und Geleg«!iheit geben, dass sich Ansichten
und Rathschläge von verschiedene Seiten hören lassen.
Nur auf solche Weist^ können die Archive nach und nach zu
dem werden, was sie sein sollen, nämlich: vollständig wie eine
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38
LSher:
Rcgislratur, geoiduel wie eine A|»uÜieke, uiid üfl'cii und zuverliissig
wie ein llypolliekenbuch.
XIV. Fachbildung.
Der Archivdienst v<fflangt zwei Klassen voa Beamten. Die eine
versidit den gewöhnlichen Registratur^ und Schreibcrdienst: dafür
reicht die Vorbildung aus, wie sie durch das Abgangszcugniss vom
Gynmasiuin bezeugt wird, wenn eine Zeitlang praktische Einübung
hinzu konuiit.
Anders steht es mit der archivalisehon Leistung. Möge sie
noch so lief gestellt, möge nichts verlangt werden, als dass der
Archivar Urkunden und Akten in Sicherheil und Ordnung halle und
im Bedurfnipsfall vorlc^'c: auch dann niuss er wrnijrslcns soviel
lialäographische historische und juristische Kemitiiissc j)csilzcn, dass
er weiss, was und wie er zu sui hen hat. Vrrratli ist es an Staat und
Wissenschaft, Leute, die wciler Vorbildung noch rechte Lust zum
Archivfach haben, die man etwa gar in Hof- oder Kirchen- und
Schreiberstellen nicht anders unterbringen kann, den Ardiivcn auf-
zudringen.
Soll aber em Archivar seine StcUe wirklich und wahrhaft aus-
füllen, soU er dem praktischen Bedfirfniss wie der Geschichtsforschung
gegenüber seinen Mann stehen, sollen seine Berichte und Gutachten
nicht ein so einfaches Schreibgerippe sein, wie der Rapport dnes
Post- oder Slcuerbcanitcn : so gehört dazu neben guten Geislesanlagen
ein ausgedehntes Vielerlei von Kennt nis-en und Ferligkeilen, die
gelernt und geübt sein wollen. Verstand und alle Gewohnheit habon
uns vor dem Unglück bloss parlamentarischer Mini-^ter geschnl/l:
jedocli jeder Ahmn von hoher Dildunu' und Thalkrafl wird leichter
einen guten Minister abgeben, als ohne Fachkunde einen guten
Archivar.
I. ünerlässlich ist, dass der Archivlieamte grüiullich IJe-tlieid
wisse in der allgemeinen Siaalengescliichte, in der deutschen Keit lis-
und insbesondere der engeren Landesgeschichte. Von denen aber,
wetefae die oberen Stellen im Archivdienst einnehmen wollen, darf
man auch erwarten, dass sie in der Quellenkunde und Quellenkritik
in Bezug auf die gesanunte deutsche historische Forschung wohl be-
wandert seien.
In der Topographie, in der Geschtehtc der Städte Klöster
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Vom Beruf uoserer ^Vichive in iler (iuguuwart.
39
SclUösser und anderen wicliiigeren Oerlliclikcilen, in der (jonealogie
und Geschichte ganz besonders der Mrstlidien und anderer histori-
schen Familien moss der Arefairar, wenigstens was seinen Amts-
bezirlc angelit, sich ToOständig zu Hause wissen.
n. Unerlilsslich sind femer juristische und administratiTe Bil-
dung, also Studien des Staatsrechts, des bärgerlichen und Slrafrechts,
des klrchlidien wie des prozessualen Rechts. Deutsche Staats- und
Recfatsgeschlchtc ist des Ardiivars Wagen und Pflug. Insbesondere
niuss er die Entwiclclung der Staatsverwaltung im oi^^cMien Lande
kennen und wie politisctio und kirchliche und juristische Aemter ent-
standen, sich ausgliederten und einander ablösten.
III. Auch die Staats- und Volkswirthschaft , das Forst- und
Bergwesen, das Zoll- Steuer- und Miiii/wesen, Doichvt ri)aiui und
Aipenwirlhscliaft, Kunst- und Ilandelsgeschichh', ühurhau|)t die
Kulturgeschichte des Landes darf dem Arcliivar nicht fremd sein.
IV. Zu diesen historischen , juristischen, administrativen und
voUcswkthsdiafUicben Kenntnissen kommt nun himni der Eres der
dgentlicben Fachwissoisdiaft: die Palaographie, welche die Hand-
schriften der Toizeit iunnen, die Chronologie, welche die Daten
entziffern, die Diplomatilc, welche die Aechtheit der UrlLundcn je
nach Brauch und Einrichtung der Kanzleien Gesandtschaften und
Landstände prüfen lehrt. Heraldik und Sphragistik bilden eigene
Wissensgebiete, auf denen kein Archivta- fremd sein darf. Phib-
logische Studien aber, mit rechts- uml kulturgesciücliUiclien VW-
einigt, ergeben die Kunde des niittclalterlichen Lateins, wie des
All- und Miltolhochdoutschen , und der späteren technischen Aus-
drücke in Staats- Rechts- und Kirchenireschäftcn.
V. Die archivalisclie Bildung vollendet endlich was so zu sagen
zum Handwerk gclK'h't: die Behandlung der Urkunden Siegel Kodizes
Aiiitsbüclier und Akten bei ihrer Aufbewalirung, Keinigung, Bezeich-
nung, — die systematische Ein- und Vertheilung des archivaUschen
Stoffs, — das Abfassen der Regesten Repertorien und Kataloge, — die
leichte und sichere Recherche, — die Auslegung und Verarbeitung
des Lnlialts der erforschtoi Arehivalien zu Berichten und Gutachten.
Es ist nicht Sache des Archivars, Rechtsausföhrungen zu machen,
er braucht den Inhalt der Arehivalien nicht auf gegebene Ver-
hlUtnisse anzuwenden: immerhin aber muss ^ verstehen, das
thatsächlichc und leditliche Material aus s^en Urkunden und
Akten im Sinn ihrer Zeit riditig herauszuziehen und zu erläutern.
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und das wird einer juristischen AusfDhrung stets etwas nalie
iLommen.
Darf man nun von Schreibern und Rcgistratoren, die in den
Geschaftsstuben sich heraufdienten, all diese theoretischen und prak-
tischen Kenntnisse erwarten? Oder stdien sie etwas leichten Kaufs
für einen Staalslxsamlen zu erwerben, einerlei ob er von der Justiz
oder VcrwaUung horkommt ? Oder ist r'm tri Iclirter Historiker darum
aucb schon ein treffliclier Archivar V In der Tliat, vergleicht man
die Er^'obnisse des archivalischen Scliaffens von manchem CJolclirten
mit dem eines Registrators, der eine <^uU' nyinna.-ialljildiing, iiulür-
liche Anlagen, und Trieb sich fortzubilden lK'.sit/.t, so weiss man
nicht, wer vorzuzielien '? hii Zweifel gibt ein Staalsbeanitor mit
Universiläts- und etwas praiitisclier V^orbildiing nocii am meiälen
Gewälir, dass er sich zum tüchtigen Arcliivar bcfaiiige.
Also Fachbildung! Das CJynmasiuui schafft die Grundlage, —
UniTondtätsbOdung, sei es als Jurbt od» HistiHrik» oder Philologe,
muss lünzukommen, — was noch fehlt an theoretischen Kenntnissen,
kann vor oder währoid der ersten Beschäfligung an d<»i Archiven
durch Besuch von philologischen oder historischen oder juristischen
Torlesungen und Seminaren nachgeholt werden,— endlich wird die
Ausbildung vollendet durch ehie Archivschule, in welcher Lehrvor-
träge mit praktischen Uebungen abwechseln. In der Regel sollle
man als Archivbeamten keinen anstellen, der nicht eine Zeitlang
praktisch an einem Archiv gearbeitet hat; denn das tbeoretische
Wissen entwickelt sich erst durch IJebung zu Fertigkeiten, und ausser-
dem ist noch vielfaches Kennen und Können im Archivdienst nötliig,
das nur durch Beispiele und Lehre erworben wird. Verschlossen
aber von vornlu-rein nuiss der liüliere Archivdienst für Jeden sein,
der nicht drei oder vier Jahre auf der Univer.-iläl gewesen. Wenn
er nicht eine bed(;ulende Krall ist, so werden bei aller Gewandlheit
im Auffassen und Darstellen seine spätem Art}citen gewöhnlich docli
eine gewisse Gediegenheit vermissen lassen.
XV. Fachstellung.
Türken und Chinesen haben emen eigenen Archivminister. Das
wäre für unsere Verhältnisse tliörichtcr Luxus. lacgt aber nidit
eine Andeutung darin, dass dem Archtvwesen eine möglichst selbst-
ständigc Stellung gebührt?
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Vom Ucrui uiü>t>ier Arcliive in ijer Gegenwart. 41
Gleichwie die Justiz sich strenge von der Verwailung ge:scliiLiLn
hat, gleich wie die Ifinisterien sich theilten und innerlialb ilircr
Kreise das Schulwesen, das Medizinalwesen, das Forst- Berg- und
Hüttenwesen, das Post- Steuer- Zoll- und Rechnungswesen mehr
oder weniger selbststftndig herausbildeten: so muss noch viel mehr
das Aichivwesen Tom Grunde aus auf sich selbst gestellt weiden.
Denn es gehOrt zugleich dem Staate und zugleicb der Wissenschaft
an, und seine Arbeiten verzweigen sich mit den Wiriningdoeisen
mehrerer Ministerien zujrleich.
Das Familienarciuv des Regentenhauses, sowie die Verhand-
lungen mit auswärtigen Staaten , soweit sie nicht lediglich der Ge-
schichte anhcim fallen, haben ihre jrowiesene Stellunf?, — das eine unter
dem Ministerium des küniglichcn, grossherzofjlichLii, herzoglichen oder
fürstlichen Hauses, — das auswärtige; Arciiiv unter dem Ministerium
der auswalligen Angelegenheiten. Fragwürdig dagegen ist es, zu
welchem Ministerium die Landesarchive gehören sollen ? Sie sind
wissenschaftliche Anstalten, fallen also gleichwie Museen und Staats-
bibliotheken in den Bereich des Kultusministeriums. Das der Justiz
könnte sie för Rechtszwecke, das der Finanzen fOr seine Vermagens-
interessen, das des Innern für die Verwaltung überhaupt beanspruchen.
In klehierffl Staaten stellt man daher die Archive unter das Gesammt-
ministerium. Allem diese an sich richtige Stellung eignet sich schon
der Gescfafiftsordnung wegen nicht für grössere Staaten. Da nun
wissenschaftliche Arbeit zunächst Sache des Einzelnen ist, so muss
das Anrecht des Ministeriums des Unterrichts auf dit> Landesarchive
zuerst zurücktreten. Von den drei andern Jdinisti l it n ist es wolil
das des Innern, welches am häufigsten an die Landesarchive sich
wendet: in diesem Ministerium trefTen auch verschiedene Hichtungcn
der früheren und jetzigen Staatsverwaltung am meisten ziisanunen.
Wird dagegen das gesanmite Archivwesen eines Landes in eine ge-
meinsame Verwaltung gebracht, so stellt man es gewöhnlich unter
das Ministerium des k. Hauses und des Aeussern, weil das llaus-
und Staatsarchiv nur unter diesem stehen können.
Am räthlichsten erscheint daher, das Archiv wescn dem Ministerium
des Innern oder des Aeussern lose anzugliedern, und demgemSss die
Archivbeamten, sowohl was den niedem als den höheren Dienst be-
trifft, in die verschiedenen Beamtenklassen des emen oder andern
Ministeriums emzureihen.
Im Ganzen genommen wird es ziemlich einerlei sdn, welchem
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42
Lüher:
Miiiiäturiuiu das Archivwesen angegliedert wird. Es nininil einmal
eine cigonUiOmliche Mittel- und Sonderstellung zwisclien den höclislen
Staatsbehörden ein. Der archivalischc Beruf schliesst sich halb des
Professors halb des Staatsbeamten Thätigkcit an, und nicht leicht
wird ein Hinister oder Jemand von seinen Referenten sich auch zum
ardiivalischoi Sachverständigen ausbilden wollen. Seinen Schwer-
punkt muss daher das Archivwesen in sich seU)st haben. Audi
wenn man, wie in Italien, ehie ständige Archivkonimission aus ver-
schiedenen Ministerien zusammensetzte und Männer der Wissenscliufl
zuzöge, so würde diese Koiiimission höchstens üi)cr aligemeine £in-
richtungs-, nicht aber üljer technische Fragen des Arcliivwescns enl-
sclieiden ivönnen, es sei denn, dass sie v(jr/Aigs\veise aus Männern
lies Fachs bestände. Nicht der gibt einen guten Diii^rntcii ab, der
sich rr(M hält von den eigenlhümliciien praktischen Schwierigkeiten
und Ikdinluisäen des Faciies, sondern wer selbst beständig damit
zu liiun hat.
hu Iranzosischen Ministerium des huieru liallen die Beamten,
welchen die oberste Aufsicht und Entscheidung über das Archivwesen
oblag, anfiUiglich auch mit andern Geschäften zu thun. Man sah
nadigerade ein, wie sehr eine sach- und fachverständige Ministerial-
behörde nothtbue, die sich lediglich dem Archivwesen widme. Düsses
Archivdirektorium wurde vor 22 Jahren gegründet, mit archivalischen
Fachmännern besetzt, und bildet das zweite Bureau des General-
Sekretariats im Ministerium des Innern. Vier Generalinspcktoren be-
reisen bestfindig die Arcliive. Als Beirath aber und Beiliülfc licss
man eine Zentral-Arcliiv-Koinuiission von zwölf Mitgliedern bestehen,
die sclion 13 Jahre früher aus Archivaren Paläograpben und Ilislorikern
gebildet war.
XVI. Einheitliche Verwaltung.
Muss also das Archivwesrn hanplsäclilicli aus si<h selb.sl si-iiie
Noniirii und seine l^t-itung nehmen, su Iblgt auch, dass sauinilliche
Landcsarchive einem Ilauptarchiv als ihrer Zentialstellc uuLeri^u-
ordnen. Denn
1. von irgend einem Punkte muss doch eine beständige
Oberleitung ausgehen, gerade so, wie sich ihr Bedärfiiiss für die
andern Zweige des oflcntlkhen Dienstes ergab. Die Prüfung und
Vorschläge bei Anstelhmgen, die Sorge für die Lokale, die Grund-
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Vom Beruf uiuerer Archive in der Gegeuwart.
43
Sätze, welche gleiiliuiris^sig dk- Verwalluiiy: und ilie AibeiUn onlncn,
insbesondere die äorgidllige Prüfung und Fe^stellung des ürdnungs-
plans, die Entscheidung auf Anfragen, wie sie die Weciisellalle des
täglichen Dienstes mit sich bringen, dk Ausantwartmig der Archive
an neue Vorstfinde, die Oberaufsicht und rcgehnässige Inspektion
der Archive! die Antworten auf ihre Jahresberichte, die Vertretung
des Archivwesens nach aussen hin — alles das kann nur von einem
leitenden Mittelpunkte erfolgen.
2. Es muss aber auch eine feste und allbekannte Oberbchörde
da sein, an welche sich die vorschiedencn Ministerien Stellen und
Aonüor, sowie die Genossenschaflen und Privaten des In- und Aus-
landes mit ihren Requisitionen und Gesuchen in Archivsachen wciidi ti.
Dieso arcliivalische Oberbehörde gibt alsdr^nn ihren Auttrag an da>
richtige Archiv, und da es so häufig vorkonunl, dass in einer und
derselben Sache in nu lircreii Archiven zugleich nuiss nachgefoi'sehl
werden, so hat die Zentralstelle die Anweisung an dieselben /,u er-
Üieilen, ihi-e Berichte und Vorlagen zu sammeln, und daraus ilen (ie-
sannntbericht oder das umtassende Gutachten herzustellen. Zu ilieseni
Zwecke muss man an der Zentralstelle nicht nur die Leistungslahig-
keit der Unterarcfaive wohl kennen, sondern auch durch Abschriften
und Uebersicfaten ihrer Repertorien, sowie durch eigene persönliche
Erfahrung in Stand gesetzt sem, dass man wisse, was und wo in
d^ verschiedenen Archivra zu suchen, und wie deren Arii)citen zu
leiten und zu fiberwachen. .
8. Ein dritter Punkt macht sich geltend: es ist die Entscheidung
Oller wenigstens die Begutachtung, ob und in wie weit Gesuche um
Archivbenützung zu gewähren. Diese Entscheidung beruht am kosten
bei einer Zentralstelle des Archivwesens. Denn einestheils müssen
hierbei gleiclunässigc Grundsätze für das ganze Land obwalleu,
andererseits aber kiiriiHMi am tügliclislen nur tlie Archivan» selbst
in Sachen der Arcliivb<'nützung das Urlheil lallen, weil >ie am besien
den Inhalt der Sclirillstücke kennen, die verlangt werden, und weil
sie ein geübtes und aufinei ksames Auge auf die i'ersünlidikeiten
richten, die Zutritt zum Archiv begehren.
4. Endlich müssen auch in der Heranbildung und für die An-
stellung der Archivbeamten feste Bestimmungen und Uaxhnen Platz
greifen. Die Vorberdtung «folgt desshalb am besten am Haupt-
archive: dieses wird sich wohl immer in der Landeshauptstadt be-
finden, wo entweder eine Universitfit oder sonst Lehrkräfte und
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44
Liilier :
Lehrniillel vorhanden, um dasjenige nachzuholen, was die Arcbiv-
schule selbst nicht töst^ kann, oder was sie als vorhanden voraus-
setzen muss, wenn Jemaiid in den Archivdienst eintreten will. Ohne
eine Prüfling bei der Anmeldung zum Archivdienst sollte weder die
Zulassung, noch ohne eine zweite umfassendere Prfifiing nach drei
oder vier Jahren praktischer Vorbereitung die Anstellung erfolgen.
Urkundensdmlen (ecole des chartes), wie sie in Paris und Wien
bestehen, können viel riutos leisten, jetloch losst sich ihrer enlrathen
bei der Gründliclikeit und dem Reichthum der Gymnasial- und
Universitätsstudien in Deutschland.
Es vei-stelit sich von selbst, dass zu den Stollen der Rätlie
xVssussoien und Sekretäre des Haujjlarchivs man alliiuilili? die tüch-
tigsten Kräfte aus dem ganzen Lande lieranzichl. Da sidi aber bei
län'p'erer Beschälligung lediglich mit der Wissenschaft leicht der
lirakliselie Blick und die Geschältsgewandthcit vermindern, so wird
es vielleicht rällilich sein, bei einem grossen Archivwesen zwei
Direktoren anzustellen, einen wissenschaftlichen und einen teclinischen,
und Demjenigen von beiden die Oberleitung und Vertretung zu über-
tragen, der sich persönlich am besten dazu eignet
Ob nun zum Generaldirektorium, Zentral- oder Hauptarchiv,
oder wie man die oberste Archivstelle nennen mag — der Name
thut nichts zur Sache — die Unterarchive (Provinzial- oder Kreis-
archive) in das Verhfiltniss von mehr oder vreniger selbstständigen
Anstalten treten, oder ab Filialen, die einfoch untergeordnet sind,
oder gar nur als Nebenarcliive , das hängt ab vom Herkommen
und von der Bedeutung der Archive und ihres Personals. Das-
jenige V'^erhältniss der Archive zu ihrer Ot)erleitung möchte am
richtigsten sein, welches bezüglich der Aufträge strenge Befolgung
fordert wie von Verwaltungsbeamten, bezüglich der archivalischen
Arbeiten aber Freilieit und eigene Verantwortung gestattet wie bei
Richtern.
»Das österreichische Archivwesen ermangelt jeder Zentrali-
sation« Es stehen zwar unter der Verwaltung des k. k. JMinisleriiuns
des Innern noch IG andere Archive nebst vielen kleineren, und sie
vertheilen sich durch die ganze diesseitige Hälfte der Monarchie, allein
ihr ganzes Idtendes Oberarchiv hat selbst nicht mehr als 3 Beamte:
Archivsleiter ist em Hilfsämter- Direktions- A<]yankt und er wird
*) Burkbardt» Hand* und Adreasbudi dM* deulaehen Archive. Seite 06.
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Vom Beruf onserer Archive in der ü^enwart.
45
unlerslülzt durcli einen Minislerialoftizial uml einen Kan/.lislen
Xiin ist ohne Frage gerade in Oeslerreiih eine Zontralisafion des
Archiv Wesens sehr schwierig diirclizufüliren : ob es alu r ^ut sei,
die Sa( he bei dem jetzigen Stande noch länger zu belassen, möchte
— zu mal bei den reichen und verschiedenartigen Sdiätzen der öetcr^
reicbischen Archive — der ovte beste Vergleich mit dem darthun,
was bayerische oder prcusslsche, firanzösische oder italienische, hollän-
dische oder belgische Ärchiye tOr Staat und Wissenschaft leisten.
XVII. Aufittsung der alten Registraturen.
Wir wenden uns nun zum arrliivalischen StofTe.
Hier muss der erste Schritt das Konsiatiren aller rcponirtcn oder
antlquirlen Registraturen sein , die bei den Ministerien und obern
und nietlern Verwaltungs- Justiz- und Kirchenbeliörden lagern. Die
Archive haben im fünfzelmten und ?echs/.(>hnten Jahrhundert sicli
fort|^ebildet, indem sie von dem Ilofrath, dem (ieheiiuen Rath, (n;-
hoimen Kabinet, der Staatskanzlei , den Landesilirektionen, Lehns-
höfeii, Rentkanmiern und wie die höchsten Landi'sstellen sonst hcissen
mochten, das Aufbewahrenswerlhe ihrer Akten und Dokumente an
sich nahmen. In und naidi dem dreissigjährigen Kriege fing dieser
Zufluss an zu stocken. Hier und da und immer häufiger blieben
die schriftlichen Vohandlungen und Amtsbficher liegen, wo sie waren.
Beengte neuer Zuwachs den Raum, so schob man die alten Akten
m Hmter^ und Speicherkammem. Unkunde und GleichgOltigkeit,
sodann WiderwiOen der Archivare gegen die Aufnahme eines grossen
^ Akten wüstes, Trägheit, die sicli vor der schmutzigen Arbeit scheuete,
und Bequemlichkeit, wdche alle Akten in der Nähe behalten wollte,
vorzüglich auch Raumenge in den Archivlokalen, Mangel an geeig-
neten Arbeitskräften, Bedrängiiisso der Zeit, welche die allen AkhMi
vergessen l!e>:s(>n, — das waren <lie Ursachen, weshalb sich die Uebel-
slände fortschleppten, gdegentlicli auch Vieles verschleudert und ver-
untreuet wurde, was für Geschichte Statistik und praktische Be-
dürfnisse jetzt bitter entbehrt wird.
So brechen bloss äusserlichcr Gründe wegen zahlreiche Archive
mit Aktenreihen ganz oder thdiweise im 17. oder 18. Jahrhunderte
ab. Ein Archiv aber, das nicht die ganze Entwicklung der Landes-
») Daselbst- 87.
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46
Loher:
gcscliichle und sciiit r Vorfassunp: und spincT Pi'Iiördcii hi-^ x.u unserer
Zeit widerspiegelt . isL kein leclitcs Arthiv niolir, sondern Stückwerk,
das weder der Wissenschaft noch der Justiz und Verwaltung voll-
standig genügt. Oh Urkunden oder Akten, ob Pergament oder
Papier — das ist ja in d^ Hauptsache ganz gleich. Jedes alte
amtliche Schriftstficlc, das für die Staats- oder bOrgerlichen Geschäfte
oder fär die Wissenschaft noch Werth hat, gehört in das Archiv.
Schon Moser sagte: t Archiv und Registratur sind in der That
einerlei«').
Ein wahrhaft furchtbares Bild, welche Behandlung wichtige Archi-
valien noch in unserem Jahrhundert erfuhren, zeichnete Lancizollc
in seiner Denkschrift über die i>reussischen Archive In Preussen
erschien bereits im Jahre 1810 eine V^erordnung, die niclit trefflicher
sein konnte. Es hiess darin: »Um die Ijestimmung des geheimen
Staatsarchives , dass es nämlich den briofUchen Schnfz aller das
küni^diche Haus und den gesanmdcM Staat interessircnden Verliand-
lungcn und Dokumente in sich (mthallo , so weit es nach der üb-
rigen Landesverfassung g(\schehen kann , zu erreichen , wird der
Slaalskanzler diejenigen Behörden, den-n frühere Akten und Ver-
handlungen im Geh. Staatsarchive aufbewahrt wurden, veranlassen,
doss sie auch fOr die Folge die nicht mehr knnenten Akten, in zu
bestimmenden Zeitrfiumen, aus ihren Bureau-Registraturen an das
Staatsarchiv ahliefem lassen«. Allein trotz dieser Verordnung kam,
ausser vom Ministerium des königlichen Hauses und der auswärti-
gen Angelegenheiten, nur Vereinzeltes und Geringfügiges in das Geh.
Staatsarchiv. Das höchst bedeutende Archiv des ehemaligen General-
(lircktoriums, welches alle Akten d(^ obersten Staatsverwaltung von
1723 an enthielt, blieb ruhig liegen > im Lagerhause oben unter dem
Dache, wo unten Wolle speicherte und gegen Feuersgefahr nicht die
geringste Vorkehrung bestand, so dass jeden Augenblick eine gänz-
liche Vernichtung drohete.« Darauf erging i<S32 eine allerhöclisle
Ordre, durch welche »eine T 'utersuchung der Registraturen jedes
Minisleriah'essnrts, die Aussonderung der zu den laufenden (Jeschäflen
zur Zeit unenth(>hrliclien, der oh)ie Bedenken zu vernic.litenden. und
der zmn Staatsarchiv abzuliefernden Akten, und die Anfertigung
und Aufbewalirung sorgHdliger Reperlorien sowohl von den vernich-
') Moser, Linloiliing zu Kanzleigescliärteii lil>. V cap. 14 § 9.
<) Seit« 16-26.
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Vom Beruf unserer Archivo in der Ge{?cn\v;irl.
47
teten, als von den zum Arohiv abgelieferten Akten anbefohlen
wurde.« Zur AusfOhning dieses königlichen Befehls fasste das Staats-
mmisterium dreiviertel Jahie später eine Reihe von ganz sachge-
roässen Besdilüssen, aOein — »es blieb alles beim AUen bis auf diese
Simde, nur dass natürlich mit jedem Jahre, vollends mit* jedem
Jahrzehnt, die Lage in jeder Beziehung übler, die Abhülfe schwie-
riger hat werden nifisscn. Zur Sprache kam die Sache in dics^
lanp-oii Z(Mt noch ("iflf r. und es hatte wenigstens einmal den Anscliein,
als sollte der Sache naher gefreien werden. c So sagio v. Lnnci/.oIIc
im November 1855: seit jener Zeit bat sidi wohl Vieles zum Bessern
gewendet.
In Württemberg werden »t%'ont liehe Akten in der Regel nicht
in das königliche Archiv uurgenonunen , sondern nur die die Resul-
tate der VcrhandUmgen enthaltenden und gewisse Verhältnisse blei-
bend normirenden Schlussdokumente. Für die älteren Akten der
verschiedenen Ministerien bestehen besondere Archive oder vielmdir
Registraturen, die von denen der laufenden Verwaltung getrennt sind,
und mit dem Geh. kön. Hans- und Staatsarchive in keuier näheren
Verbindung stehen. Eine Ausnahme bilden nur die Registraturen
des kän. Kabmets und kön. Geh. Raths , welche von Zeit zu Zeit
immer wieder die älteren Akten an das kön. Haus- und Staatsarchiv
abgeben«
Wer sähe nicht In «Uesen Reispielen ein treues Abbild eines
Stücks deutschen Archivwesens! Wie steht es aber um die Ver-
waltung der zahllosen reponirten Rejrislraluren? Schreibern und
Registratoren ist zu ihren übrigen (lesehäftcn noch die widerwärtige
linst aufgebürdet, die alten Akten /.u beaufsichtigen. Lichtvolle prak-
H<ehe Repi i toi ien herzusteiltMi, dazu fehl! es meist an Zeit und Lust,
aber auch gar häufig an Hebung und Versfändniss : man ist froh,
wenn nur irgend ein altes Verzeichniss sich erhalten hat. Wird nun
eine Nachforschung und Vorlage nöthig, so greift der Rcgistrator
natfirfich bloss nach den AuCsdiriften d^ Akten. Handelt es sich
aber um ihren Inhalt und ist die Angelegenheit wichtiger, so über-
nimmt ein Rath oder Assessor die mühselige Arbeit, die alten be-
staubten und modoidufligen Akten zu durchforschen. Allein er mfissle
ein ungewöhnliches Mass von Geduld wie von archivalischcn Kennt-
^ Be0Qnd«re Beiliige nun DetttMhea Reicbnuiaeiger und k. preuss. Staats-
«Dwqier ffr. 80 tori iO. Dezember 1876.
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48
Lölicr:
nissen besitzen, vvcim er wiiklicli stets die ^jcwünschte Auskunft
fände.
Was ist nun vortheilfaBflcr für Staat: dass er fiOr reponirte
Registraturen eine Menge Rcgistratoren und sogenannte MinisterlaK
archivarc besoldet, oder dass er dafür wenige sachvcrst&ndige Aidiiv-
beamtc aufstellt? dass er es dem ZuM fiberlSsst, ob der Inhalt der
alten Akten wirklich vorwerthet wird, — oder dass er die Gewiss-
helt erhält, allen Nutzen heraus zu ziehen, den sie noch bringen
können?
Man sollte sich doch endlich entschliessen, dem Unwesen der
rejjonirlen Rc^'islraluren ein Ende zu machen. Jetzt da das niiltcl-
aiterliche Staat swcson als ab^'otliuii Iiintcr uns lie^, da lün^'st ein
neuer Organismus Irische Thütigkeil entwickelt, jetzt müssen die lie-
liiirden auch des allen Aktenwustes entlastet, das Weiihvolle darunter
aber als archivalischer Stolf behand<'lt werden.
IManmässig müs.sen die alten Uegislraluren im Lande aufge-
sucht, sodann ihr Bestand durdi Archivbeandc verzeichnet, die Ver-
zeichnisse durchgeprüft, aber niclit blos diese, sondern auch der
Inhalt der Akten und Amtsbficfaer untersucht, und sodann muss,
was nichts Besseres werth, eingestampft, das Uebrigc den Landes-
archiven einverleibt werden. Diese sollten in der That, um mit dem
alten Bachmann zu roden, »der Zusammenfluss alter denkbaren
Landesregistraturen m ihrer Quintessenz semc*).
XVIII. Zusammenlegung zerstrevter ArcMve.
Unsere Archivo haben sich entwickelt, indem an den Grund-
stock, welcher aus deii Urkunden und Akten des fürstlichen IIause.s
und llegimenles bestand, -idi nirli und nach die Archivalien der
Landerstücke ansetzl(Mi . w elche von ihm später erwürln ii wurden.
Diess ging so (ort, bis die grossen Mediatisirnngen eintraten und die
neuen Staaten sich bildeten. Nun sollten all die Territorien gross
und klein, die früher selbslständig waren, in den Lande.-archiven
je nach Altcrthum und Bedeutung wohl vertreten sein. Allein in
Folge der Gefahren und Uebelständc, welche jede grosse Mediatisiiung
für die Archive mit sich führte *), trat an manclien Orten Verwirrung,
0 6. A. Bachnianu über Arcbive S. S § 3.
Oben Kap. DL bis IV. S. 8—18.
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Vom Benif anserar AithiTe in der Gegenwart.
49
Zefstreuung und VerminderuDg ein. Einiges fehlt ganz, anderes ist
nur in BradiatSfiken vorhandeni wieder andoe ÄiduTtheile stecken
hier und da umher.
Es muss daher auch hi dieser Richtung einmal gründlich die
Arbeit gethan werden.
1) Jedes Landesarchiv verzeichne fOr seinen jetzigen Be-
zirk, welche Gebiete und Landestheile fHlherer Fürsten und Dy-
nasten, welche Reichs- und Landstädte, Landgerichte Aemter und
Pflegen, Klöster, Ritterkantons, Stiftungen, Schlösser und Ortschaften,
vertreten sein müssten.
2) Für diejenigen, die ganz oder theilweise im Archive fehlen,
wird aus alten Nachrichten und Verzeichnissen oder durch historische
Forschung möglichst zusammengestellt, welche Archivalien einst dazu
gehört haben, und was mit ihnoii geschehen ist.
3) Darauf tritt ein allmuhligcs Absuchen des Landes ein, um döP
bekannten und verschollenen Archive habhaft zu werden, wo immer
sie balbverborgen li^n aufspeichern oder in Kollern und Kammern
der alten und neuen Regierungs- und Jusfizljohönlon , Rent- und
Forstämter, Rath- und Srhulhfiuscr, Schlösser und Burgen, Klöster,
Pfarren, Kirchenscliallneien und Konsistorien. Bei dieser Naoli-
forschunpr darf man sich nicht inniier auf gründliche Ausfühning
der Auflnigp, welche an die obcin und niedern Behörden Pfarr-
und Gemeindcboaniten ergciien, und auf deren Gutachten verlassen,
sondern die Archivbeamien müssen aucli selbst auf Entdeckung rings
im Lande umher reisen.
4) Es kommt aber nicht darauf an, Alles sogleidi in die Landes-
arcbive 7M bringen, dazu wird es öfter an Raum wie an Geldmitteln
fdilen. Wohl aber muss alles an dem Orte, wo es sich befindet,
zuvörderst konstatirt, vor Verderben und Verschleuderung geschützt,
fortan vom Archivbeamten beständig beaufsichtigt werden. Nach und
nach lassen sich Repertorien herstellen, die ün Landesarchiv hinter-
legt werden, und bei Gelegenheit folgen ihnen dann die Archivalien
nach.
5) Den Archiven aber, die ausser Landes geflüchtet oder ver-
sclilcppt worden, muss man nachspüren und sie, sei es durdi An-
kauf oder Auslausch oder andere Verhandlungen wieder zu ge-
winnen suclien.
Arcbinüiiche ZeitMhrift. I. 4
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60
Loher:
XIX. Austauseh unter den Regierungen.
Um die Misssländc, welche in Bezug auf die Archive deren
Fluchtun^ sowie fli<' Lrindorllieilun^rfn zu Anfang dieses Jahrhiin-
derls im rjeCol^'c hal ten, uuCzuhcben, setÄte der erste Pariser Frieden
von 1814 im Artikel XXT fest:
Les archives, cartes, plaiis <■[ (locumens quelcon(|ue?. a]»|>ar-
. lenans aux pays cede? ou conccrnant leur adniinislration,
scront fidclcment rcndu cn memc lemps, que le pays, uu, si
cela ^oit impossible, dans un delai, ([ui nc pourra etre de
plus de siz mois apres la remise des pays in<hne8.
Gelte stipulation est applicable aux archives cartes et plancheSf
qui pourroient avoir ätä enieves dans les pays momentanement
occup^ par les differentes arm^.
Dieser von den Grossm&chten ausgesprochene Grandsatz, dass
die Archive ihrem Lande gehören, ist seitdm stets anerkannt worden,
und wo in Deutschland seine Ausführung noch etwas übrig lässl,
so wird sich das jetzt unter den Staaten, die zum deutschen Reiche
vereinigt sind, Icirlit und vollständig erledigen lassen. Die Arcliive
müssen genaue Nachweise saininehi. und die Regierungen die l)e-
treflenden Verhandhingen unter sich einleiten. Vielleicht kcwinlen
auch Veilreler der IIau[ilarchiYe zusanunentrelen, und dem liundrs-
rath ihre Vorschläge unli'rbreiten. Selbstverständlich miissfe in dieser
ganzen Angelegenheit die grösste Billigkeit obwalten, und würde man
ohne dringende Notb den in einem Archiv ^mal bestehenden Or-
ganismus nicht zerreissen, steh vielmehr mit Abschriften von Repcr-
torien und Regesten begnügen.
Hierbei möchte sich auch woM ein freundschaftlicher Austausch
mit Oesterreich anbahnen lassen. Im k. und k. Hans- Hof- und
Staatsarchiv befinden sich ')
1) das Archiv des ehemaligen kaiserlichen Reichshofraths, ein-
verleibt 1807, defmitiv 1851.
2) Das Mainzer reicliserzkanzlersche Archiv.
.3) Das kurfürstlich Mainzische Archiv.
4) Das herzoglich lothringische Archiv, einverleibt 176').
Das Mainzer Limdrsatchiv ist ollenbar ein natürliches Zubehör
zu den ehemaligen kudürstlicli Mainzer Landen. Die Reichshofraths-
*) BurkhardL a. a. (). 86.
I
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Vom Beruf unserer Archive in der Gegenwart.
51
akton aber haben viel Gemeinsames mit jenen Rcichskammergericlits-
aklen , die gemäss den Buiidcsbesclilüssen in den Vierziger Jahix'n
unter die deutschen Bundesstaaten vcrtheilt wurden. Wenn es sich
bei wichtigeren FlUen um efaie verloreiie Urkunde fiber ein Famüieii-
fideikominiss, eine Kirdienstiflung, eine Gemeindegrenze, eine Forst-
und Jagdgerechtigkett oder sonst irgend ein altes Recht dieser Art handelt,
das schon in frfiherer Zeit streitig geworden, so wird ein kundiger
ÄrdüTar wahrscheinlich eine Abschrift der Urkunde aus den Akten
des Rdchskammeigerichts herausziehen, und diese Abschrift kann
jetzt gesetzlichen Glauben bis zum Beweis desGegentheils beanspruchen.
Vielleicht bringt Jener auch ebenso sicher, sobald er nur sein Orls-
und Persononrogisler über diese Akten fertif^ hat , au«? ihnen })eisR-
erwünschte Nachriciiten über genealo'.'-ische B(>zi('hunt?en und agnatische
Rechte heraus. Ganz ähnliche Aiislx^nto wiiidt ii die liciclishofraths-
aktt n gewähren, wenn sie in Deutschland ^'t hrui- v< rtlicilt und Ih.'-
arbeilet wären. Für Oesterreich haben sie grtisstcn Thtüs nur einen
sehr bedingten Werth. Entscliicdener tritt österreichisches Interesse
bei dem Lothringer und Reichserzkanzlerarchiv hervor. Das Letztere
ist erst Jn unsem Tagen tm dem Deiitsehhetrenhause in Frankfturt
nach Wien gebracht, wo sich wohl auch noch die Reichshofiregistratur
fSr Staats- Lehns- und Gnadenaachen, sowie die Akten des Reichs-
hoftazamtes befinden werdon. Es kann kerne Frage sein, dass nicht
nur auf die Schriflstäcke, welche irgendwie zum habsburgisch-
lothringischen Familienarcliiv gehören, sondern auch auf alle die-
jenigen , die Belege für die Geschichte der habsburgisch-deutschen
Kaiser bilden, das österreichische Kaiserhaus gerechte Ansprüche er-
heben kann. Die andern Akten aber könnten, wenn sie den Archiven
der betreflenden deutschen Staaten zugetheilt wären, dort manchen
Nutzen scliatTcn.
Hat man doch auch von dem als untrennbar erklärten Theil
der Reichskammergerichtsaklcn noch vor einigen JahifU an Rcigien
und Holland ihre Antlieile verabfolgt. Dieser sogenannte untrenn-
bare Rest »bildet den eigentlichen Ilaupllheil des Archivsc. »Der
reiche Inhalt ist seither der Wissenschaft verborgen geblieben, und
fast unglaublich klingt es, dass, wie mir Frhr. v. Hedem mittbeilt.
Ober diese zahbeichen Aktenstäcke (allein gegen 80,000 Prozesse)
mit geringer Ausnahme weder ein umfassendes vollstftndiges Reper^
torium, noch detaillirte Inhaltsflbersichten vorhanden sind, dass kehie
offizielle Massregel die Anfertigung dieser ganz nncntbehrlichen Ai^
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52
Löh er:
liciten TerfQgte, dass nicht einmal ein Archivbeamter mit dem erfoi^
derlichen Hülfspersonal diesem Archive vorsteht« Es dürfte jetzt
an der Zeit sein, diesen Reichskammergerichtsakten, die noch in
Wetzlar lagern, grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden, gute Reper-
torien herzustellen, und sodann die Frage gründlicher zu untersuchen,
was denn wirklich noch als untrennbar bchandell wonlt n iiinss, —
jodonfalls aber den Ilaiiptlandesarchivcn in Deutschland die Möglich-
keit zu geben, von den Rcportorion Ahsdirift zu erhalten.
SrlnviorifjtM- , als niil Oesterreich, wird sicli eine Aiisriiiandor-
M'tzuii;^ mit Fraiikrrirli S« liweden und dem Vatikau postallcn. Selir
werthvüllc deulsclic Archivalien, und zwar nicht hloss aus Elsass-
Lothriiifren , hclinili'U si( h in Paris. Die Archivalischo Zeil Schrift
wird Wühl noch Gelegenheil haben, nähere Aufschlüsse darüber zu
bringen.
XX. Ausscheidung des Ungebttrigen.
In den letzten Jahrhunderten ist theils aus Missverstfindniss,
theils aus Bequemlidikeit — Manches in den Archiven niedergelegt
und Tiegen gebtielwn, von dem sie im Interesse ihres Berufs jsich be-
freien müssen. Es werden sich wenige alte Archive finden, die nicht
mit Fug und Recht an Papiermühlen oder an Museen und Biblio-
llieken abgeben könnten.
1. Weil so manche Fuhre Prozessakten Rechnungen und alter
Amfsbücher unausgeniustorl in die An^hive kam, sn findet sich unter
den Akten und Bänden SlolV fj:enug, der nur den llauni hemf;! und
des Einstani|»fens werth ist. Dass man bei der Ausschoiiluiiu' sorg-
sam zu Werke j^'ehen, alles erst verzeichnen und wohl |inilVn iiiuss,
ob CS nicht dennoch tür spätere Jahrhunderle hiteresse gewinne
vcrsiehl sich von selbst.
Auch der Pergamenturkunden gibt es zahlkise, die sich so ahn-
lich sehen wie ein Ei dem andern, als da sind Quittungen, Zins-
und Gultbriefc, Urfehden, und dergleichen. Jedes Archiv hatte an
einigen Exempkiren genug: eine Entäussming scheint ^ber dennoch
nicht rathsam, weil diese Alterthümer, die ohnehin nicht zuviel Platz
beanspruchen, manches historische Kömchen enthalten und weniger
gut bedachten Archiven stets willkommen sind.
n. Si^l und Siegelslempel , Münzen und Münzstempel, Plfine
V. Hftgke, Aber die Wi<^]erherstellunR den Deiitnehcn Reichsarchivs 9—10.
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Tom Beruf unaeier Archive in der Gq^warU
53
und Grundrisse von Oerlliclikeilm, Stammbäume und Wappenbücher
kann ein Archiv recht wohl beherbergen, soweit neniHch Bild und
Umschrift historische Erläuterung zu den Akten und Urkiimlcn des
Aichives f,'oben , und nicht grössere Saninilungon der Art besser
anderweit l'hitz finden. In die iMusecn für Knnsl^'cschirhte und Aller-
thümcr gehören dai^'e^'eii die Werke der bildenden Kunst, es sei denn,
dass sie bloss zur Zierde der Arcliivsiile und Geschrüls/.innner dienen,
— ferner Lelinssze|)ter, Helme, Schwerter und anderes Rüslungszeug,
Stluiiui ksathen, NachbikUingen von Wappen derStiidie und Feslungen
in Holz und Stein, und anderes dergleichen mehr, was im Lauf der
Jahrhunderte in die Archive Eingang gefunden hat.
HL Schwieriger und umfangreicher ist häufig die Auseinander-
setzung mit StaatsbUdiotheken. In dies^i hat sich in der Regel
alleriei arcfaivalisches Material angesammelt, das man nicht in ilmen,
sondern in den Archiven vermuthet. Umgekehrt ist m die letztem,
namentlich bei Klosteraufhcbungen , sowie aus den Archiven und
Oibliotheken von Hochstiflern Orilenskapileln Stiftungen und Reiehs-
slädten gewöhnlich gar vieles eingeflossen, was den Bibliotheken
höchst erwünscht ist. Man muss endlich auch hier einmal eine
grundsätzliche und vollständige Scheidung treffen. Dem Archivar
sollen all die Schriftstücke zur Hand sein, die zu seinen Gutaclifen
Derichten und Vorlagen, sei es im Interesse des Staats oder genealo-
gischer und wissenschaflliclier Forschung, sowie zur Ergänzung der
eigenen Archivalienbeslände dienen. Was aber nicht zu diesen
gt^iört, findet besser seine Stelle in den BiblioUieken , wo es in
der Regel, imd das ist ein wosentlidier Vorthdl nach der Aus-
scheidung, leichter und bequemer benutzt werden kann, als hi den
Archiven.
Eine BegrifEsbestimmung aber, was archivalischer oder bibliothe-
karischer Stoff, wird selten sich genau geben lassen. Stellt man
jododi als Grundsalz auf, dass die amtlichen SchriftstQcke in's Archiv,
in die Bibliothek aber die von Privaten herrührenden geh$ren, so
möchte diese S( heldung im Ganzen genommen zutreffen.
Dcmgemäss hätten die Archive abzugeben:
1) von Gedrucktem die hikunabeln und alten kostbaren Druck-
werke, ferner solche Pläne Karten Grundrisse und Deduktionen,
die niemals Aktenbestandtlieile waren, und auch andere Büclier,
deren man in den Archiven niemals bcnöthigt ist;
vom liaiidsciuiftlichen Stofl* aber
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54
Löber:
2) alle Annak-n , es sciiMi denn amiliche Tagebücliur, wie sie
hier und da in Klüslein ungelegl wurden;
3) alle Chroniken, Lebensbeschreibungen, Passionsgeschicfaten,
Martyrologien und derglefehen, wenn sie nicht lediglich aus Urkunden
zusammengesetzt sind;
4) alle Reliquien und Heilthümer und ihie Beschreibungen und
Translationen;
5) alle Reisebeschrdbungen, soweit sie nicht als oGßzie]le Auf-
zeichnungen zu den Akten gehören;
6) alle McMiioin ri, die niclil in das geheime Staatsarchiv oder aus
Rücksicht auf das Regentenhaus in dessen Hausarcliiv zu geben ;
7) alle Korrespondenzen und Briefsammlungen, unter denselben
Beschränkungen ;
8) alle Hechtsbücher und Koninierilarien, sofcm sie deutlich den
Cliarakter einer blossen Privatarbeit tragen;*
9) alle sonstigen Kodizos und Handschriften, die onVidjar nicht
zu anhivalischen Zwecken entstanden, als da sind Cauones und
Konzilbesclilüsse; ferner liturgische und musikalische Werke;
10) der literarische Nachlass von Gelehrten und Beamten, der
nicht für Archivbedär&iisse bestimmt war.
Dagegen haben die Archive ans den Bibliothdun zu em*
pfangen:
L alles geschriebene ürkundenmaterial , Originale und Ab-
schriften, auch die emgebundoien oder von Einbänden abgelösten;
Kartulare, Diplomatarlen und Kopialbüchcr verschiedoien Namens.
II. Wenn Kaiendarien und Nekrolos^en Einträge von Urkunden,
Güterverzeichnissen, Nachrichten über Jahresstiftungen und dergleichen
enllialten, so gehören sie in die Archive.
III. Die Verhandlungen der Land- und Provinzialslände.
IV. Die juristischen Piotukolle, Erkenntnisse, Rezesse mit Pro-
balionen und andern Beilagen, aber auch die Weisthümer, Slululen,
Urdimngen, Stadt- Ilof- und Markrechte, die Gesetzgebungsarbeiten,
sowie die offiziellen Ueehls- und Urlelsbücher.
V. Die Akten und Ueschällsbüchcr der Administrativbehörden
sanunt den Grund- Zins- Flur- Zehnt- und andern Lagerbüchern
und Heberollen, den Volks- Grenz- und Territorialbeschretbungen,
und ähnlichen statistischen Aulhahmen.
VL Die Reichstags- und Kieistagsakten mit ihrem Zubehfir.
Vn. Die militärischen und Eriegsakten, sowie
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Vom Beruf unserer Archive in der Ge^enwurt.
55
ym. die InstriikUonai und Berichte der Gesandten, endlich
IX. geschriebene Hälfinnittel fOr archivalische Forschungen, wie
Stamintafefai, Wappenbdcher, Ortsirenseicfanisse.
Ob diese und ähnliche Schrlflstüdce durch Kauf, Tausch,
Schenkung, Vcrmrichlniss oder Staatsaklionon orvvorbon sind, ist
ffir Archiv oder Bibliotbelc ganz einerlei: in beidem bleiben sie ja
StaaLsinit*
XXI. Vertheilyng der Archive im Leinde.'
Archive dienen versciiiedenen Zwecken. Die einen entziehen
sich ilirer Natur nach der Üefrentlichkeit mehr, die andern woniger.
Demgeniäss ci-giebt sich von vorn herein eine dreifache Scheidung,
die fost überall auch ui den Namen akdi findet: ilQrstliches Hausarchiv,
gdiennes Staatsarchiv, öfiientUche Landesarcfaive.
I. Das Archir des regürenden Hauses kann jetzt, wo die eigen-
thömliche Verschmelzung, welche in früheren Zeiten zwischen Staat
und Patrimonium liestand, aufgehört hat, nur efai wahres Familien-
archiv sein, aber es muss als solches auch vollständig sem. Daraus
fol^'t zweierlei. Es gibt ah, was nicht Geschichte und Gülerbesitz
des Regentenhauses betrifft. Es empfiingl dagegen, was über per-
sönliche Erlebnisse und Vermögensverhältnisse aller Mitglieder des
Regentenhauses noch in vielen Staats- und Landesarchiven umher
steckt. SorglTdtip,' sind daher aus diesen auszulesen llrkimden iiiid
Aufzeichnungen über (Icburt, Erziehung, Vonnundschatl , liciiiith,
Tod, ferner Korrespondenzen und Tagebücher, ferner Schriftstücke
über Reisen, Kriegsdienste, künstlerisches, literarisches oder anderes
persönliches Schaffen und sonstige Schicksale von Prinzen und Prin-
aesshien des förstlichen Hauses.
Zur Geschichte desselben gehören die Akten und Urkunden so-
wohl über Hausgesetze, FamilienvOTtr&ge, Ländertheilungen, Apanagra,
Testament^ und Erbschaften, Schulden- und Vermögenssachen, als
auch Gber das gesammte Leben und Auftreten der landealierriichen
Familie, sowat es nicht Staatshandlungen betrifft, also über Hofhalt,
Feste und Jagden, Orden und Stift ungen.
Dieses Faniilienarchiv des Regentenliauses nniss auch da , wo
es mit Staatsarchiven verbunden ist, eine für sich bestehende Samm-
lung bilden, die gegen die übrigen (!rup|X'n abgeschlossen ist. Denn
die landesherrliche Familie hat ebenso gut ein Recht darauf, ihr
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56
LOfaer:
ei^'cnes Familieuaichiv zu besitzen, wie jedes alle oder neue Cieachleciit
im Lande.
II. In den Landesarcliivcn finden dagegen ihren Platz die AniU-
bächer Akten und Urkunden über das allmähiige Anwachsen des
Gebiets durch Vertrag, Erbschaft, Tauscht Sftkularisirung und Media*
tisirung — filier das Lehen- und Landsassenwesen, die Landesver-
fassung und landständischen Verhandlungen — über die Landesrer-
waltung in all ihren Zweigen und die Entstehung und Wirksamkeit
der Stdkn und Behörden — über die Reichs- und Kretssachen und
Alles, was dahin gehört, wie Landfriedens- Geleits- Münz- Zoll-
und Judensachen — über Verl rag und Kri^ mit den Nachbaren
imd anderen Staaten, nebst den Instruktionen und Berichten der
potitiscfaen Agenten.
Eine prinzipielle Schcidiinp: von dem, was im fürstliilien Archiv
zu verbleiben hat, wird f,'niridlich kaum durrlr/iiliiliren sein; denn
die (Jesclüchlo des Fürstenhauses ist und bleibt auf s Iimigslo ver-
webt und verwachsen mit der Landesgesehichlc. Die meisten alten Ur-
kunden z. II., welche über die Herkunft, die Bclehnungen, überhaupt
den Güter besitz und die Anwai-tschaften , die Privilegien und Frei-
heiten des Fürstenhauses sich verbreiten, bilden mit den Grundstock
des Hausarchivs: sie sind auch meist gedruckt, und wo dies nicht
der Fall, genügen für die LandesarchiTe Repertorien Regesten und
Abschriften. Im Uebrigen werden sich wohl praktische Gesichtspunkte
finden lassen, nach welchen die Scheidung der Archivalien zu be>
werksteDlgen ist, sei es, dass Uoss die Archivalien der noch leben-
den Zwdge der Familie dem Hausarchivp angehören sollen, oder
dass die Thatsache entscheidet, ob in einem Schriflstüdc mesbr die
persönliclie, oder die staatliche Bedeutung vorwiegt.
III. Jedes Ministeriiun und jedes Amt behält für die laufenden
Geschäfte seine Registratur.
Die des Ministeriums der auswärtigen Angrlegenheiton wird stets
ein Arciiiv für sich allein bilden. Denn dieses umfasst VerlKUullungen
Vertrage und Kriege mit andern Staaten, also auch Hechts- und
Bundessachen, Instruktionen um\ Berichte der Gesandten, pülilischcn
Agenten und Konsuln, Grenzsachen, Zollsachen, politische Ver-
schwörungen und dergleichen.
Was dagegen neuere Krisgsakten und ihr Zubehör betrifft, so
wird diese das Kriegsministerium für seine Zwecke zurückhalten.
Alle diese Aktra entziehen sich ihrer Natur nach der öffent-
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Vom Beruf unaerer Archive in der Gegenirarl.
67
liehen Benutzung durch Jedcrniann, und es ompfiohll sicli, auch wo
sie Verwaltung und Lokal mit den übrigen ArchivaUen iheilen, sie
räumlich von diesen zu trennen.
Es fragt sich bloss, bis wie weit zurück die geheime Registratur
des- Ministeriums des Auswärtigen oder des Krieges gclien soll, —
ob bis zum westfidi sehen, oder Ilubcrlsbuiirer, otler Luneviller, odir
bis zum Abschluss des zweiten Pariser Friedens. Was vor dii-sem
Zeitpunkt entstanden ist, gehört in die Landesiutliive, welche hin-
sichtlich der öffentlichen Bcnützbarkeit ganz anders stehen, als ein
urirkliehes geheiines Staataarohly.
IV. Wie mm diese Landesarchive selbst zu vertheüen, hängt
von der GrOsse und Zasanunensetxuiig des Staatsgebietes ab. Es
empfidilt sieh durchaus nieht, grosse verschiedenartige Massen liei
nngendgender Beamtenzahl zusanimenzuhfiufen : wohl übersehbare
Archive bringen dem Staate entschieden mehr Nutzen. Ausserdem
hat wohl jeder Forschor schon gefunden, wie sehr sich die alten Schrill-
zOge beleben, wenn man von ihnen weg in die Gegend hineinschaut,
von welcher sie handeln.
Jede Provinz, jeder Kreis oder Regierungsbezirk niuss das eigene
Archiv haben, an welches sich die dortigen Ucliürden (lenieinden
und Pfarren unmittelbar wenden. Das Ilauptlandesarchiv aber in
der Hauptstadt wird am füglichstcii diejenigen Archivalien vereinigen,
welche sich auf das ganze Land beziehen, wozu vielleitlit auch die
besonders kostbaren Stücke der ältesten Zeit hinzuzunelimen. In
Bayern enthält das Reichsarchiv sämmtliche Urkunden des Landes
bis zum Beginn des Jahres 1401, einige andere im königlichen ge-
heimen Haas- und Staatsarchiv ausgenommen: für eine solche Zen-
tialisirung lassen sich sowohl vom wissenschaftlichen als von prak-
tischen Geskiht^unkten Gründe anführen, jedoch sicher nicht so
fiberwiegender Art, dass jede andere Ansicht dagegen schweigen
müsste»
XXII. Regelmässiger ZufliiN.
Wenn nun in den üflenllichen Archiv(>n vereinigt ist, was die
alten Registraturen der letzten drei Jahrhunderte und die Trümmer
aus früherer Zeit darbieten, so muss auch ein festes Abkommen
getroffen werden, damit nicht von Neuem Akten und Amtsbücher
bei den Behörden reponirt werden. Das Archiv muss das öilentliche
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4
58 - LOher:
Amt soiii, woli lics t'oi t und fort Alles auriiiiiiint, was zum laufenden
Slaalsdicnsl nklil mehr geliurt und doch der Aufhewahnmjr wcrlh
ist, und zugleich das Ami , wcli hcs Ijestandig daraus auf iViiäUclicn
Vorlagen Abschriften Krläulerun^'cn und (iufachten macht.
Was aber ist im Einzelnen an x\ktun Urkunden und Anilsbüchcrn
den Archiven einzusenden? Die Antwort ist von Bedeutung, weil
davon der Archive Leistung und Stellung im Lande abhftngt. Sie
wird deshalb verschieden lauten, je nachdem man den vrissenschafl-
lidien Charakter der Archive betont, oder sich scheut, sie aus ihrem
jetzigen Halbwesen herausKureissen, oder endlich im alten Geist und
Sinn dieser Institute sie fOr die Gegenwart wieder kräftig beleben will.
Nach der letztem Anschauung gehören m die Archive:
1. Regierungsakten, — aus den Ministerien fast Alles, jedoch
auch von den Regierungen und Staltiiallereien und anderen Stellen
die Silzungsprolokolle und allgemeinen Beschlüsse in politischer und
Vülkswirthscliaftlichcr Beziehung, daher auch Erfmdunprsixdente, die
Organisation von Aemtern Instituten und öilentlichen Leistungen,
insbesondere was Kii'cheri , Stiftungen, SeliulfMi und Universitäten
Ix'tritTt. Wenn ein Beamter stirbt, der Akten, die dem Staat ge-
hören, in seinem Hause gehabt haben kann, sollte stets eine sorg-
fältige Nachforschung gehalten werden.
2. Verhandlungen jeder Art von Volksvertretung, akm die Akten
der Reichs- Provinzial- und Kreisstfinde, sofern dieses Material ihnen
nicht selbst zur Hand sein muss.
3. Von Justizakten die wichtigeren Kriminalprozesse vollständig,
-~ von Zivilakten Alles, was Familienangehörigkeit und unbeweg-
liches Eigenthum oder Grundgerecfat^keiten, sowie Entscheidungen
rdxT Vermögensrechte b^ffl, die noch nacli dreissig Jahren zum
Vollzug kommen können, — von Akten der freiwilligen Gericiitsbarkeil
Testamente und Verlrage über die eben gedachten Gegenstände.
4. Verhandlungen und Verträge über I'^lurvermarkung, Forslrechte,
Wasser- Weide- und Weirrechte, Alpenwirllischaft , Fischereien in
Flüssen und Seen, Ber^'wcrk, Salinen und dergleichen,
5. Pläne, Grumhisse, Flurkartcii Jeder Art, desgleichen auch
über "Wege und Brückenbauten, insbesondere auch über neue An-
siedelungen und jede Theilung und Zusammenlegung der Fluren.
6. Kataster, Hypotliekenböcher und Grundbücher, welclie durch
neue ersetzt worden, sowie Register und Kassenböchcr, wenn sie
statistisches Material ergeben.
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f
Vom Beruf unserw ArehiTe in der Gegenwart 59
7. Notariatsakten, welche FainilicnvcaiifiUnisse, unbew^liches
Eigenlhurn und Immobiliarrechlo belreflen.
8. Kndlicli alle sonstigen amtlichen Sciiriti.slückc, die für die
(Jeschiciite des Landes und seiner Oertlitlikciten, oder für Ueligions-,
Sitten- und Kunstgeschichte, oiler für volkswirUischaftliche Studien
noch sf)riter von Interesse sein ktinnen.
Was nun die Zeit der iU>iieferung all solclien StoH's an die
Archive bctrifTl, so wird sich das nach euies jeden Amts Ilcr-
konmien und Bedäifiiiss leicht feststellein lassen. Eine regelmässig
jedes zehnte Jahr wiederkehrende Aussehetdung der Akten nnd
Schrillstacke, die filter als 90 Jahre, wird vielleicht das Einfachste
sein. Die Archive selbst werden je nach Zeit und Gelegenheit aus-
zuscheiden haben, was an Notariats- Gerichts- und Regierungsakten
älter als 50 oder 100 Jahre und werthlos geworden ist.
Die Behandlung aber aller Urkunden Akten und Amtsbücher,
deren Entstehung hundert Jahre zurück liegt« darf man getrost den
Archivaren allein überlassen. Bei den spfdcr entstandenen müssen
die tjetretVenden Behörden mit doii Archiven sich darüber verstän-
digen, was sie selbst noch behalten wollen, — was den Archiven
einzuverleiben, — was in Gegenwart eines Archivbeamten einzu-
stampfen, was den Makulaturhändlern zu vi i kaufen. Der Staats-
beamte hat im Zweifelsfalle die Vorhand. Ülino Einwilligung aber
des Archivars darf nichts vernichtet werden; denn er weiss am
besten, was zu einem archivalischen Stoff wird, den spätere Jahr-
hunderte vieDeiehl sdiwer vermissen.
Alks nun, was einmal den Archiven einverleibt ist, muss fortan
streng nach archivaliscfaen Grundsätzen behandelt werden. Gestattet
man den Behfirden die Niederlage eines Depositums, so (Ohrt das
unausbleiblich zur Störung der Arehivverwaltung. Wohl aber müssen
die Staatsbdiörden Verzeichnisse und Repertorien über Alles bd[om-
men, was von ihnen an die Archive übergegangen ist
XXIIL Ordnung der Archivalien.
Niemand wird von einem Bejj:iniente reden, so lan^^e d(\'^sen
Leute noch vom Felde oder Ilandwi'ik, aiH dem Studier- oder Ge-
sellschafliisaal geholt mid zu Soldaten und nitizieren erst ausgerüstet
W^en müssen. So entsteht auch aus einem (lemenge von be-
schriebenen Bänden Pergamenten und Papieren ein Ardüv erst
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00 Lober:
durch Onlnung, Vorlier sind es lauler oinzeliio lodle Stücke, die
sicli viclk'iclil eines nach tleni andciMi in der Hand des Forschers
}>e!<'li(>n, wenn er sie ^'hicklicli lierausgeiisclil hat: ert^l die archivalische
Ordnung sciiain und bildet au> dein Ganzen einen Organismus.
Welches Sysleni der Onhiung al)er für ein Archiv das hesle,
hängt durchaus nicht von der Erkcniilniss der besten Ordnungs-
Iheorie al). Ein ji;des Archiv gibt sich je nach seiner besonderen
Entstehung und je nach seinem besonderen Dienst seine eigene Ord-
nung. Der ist der rechte Archivar, der aus den umher gestreuten
Buchstaben Im Geiste die Worte zusammensetzt, das heisst, der die
von einem Archiv nach semem Zwedc und Wesen geheischte Ord-
nung richtig zu ericennen und schöpferisch, herauszubilden versteht.
Jedes alte Archiv hat auch berdts gewisse Gruppen oder Be-
standtheile unter besonderem Namen gebildet, m welchen sich auch
wdil allerlei Schriftstficke finden, die nur ganz äusserlich zusammen
gehören. Ehe man sie zerreissl, werde wohl geprüft , ob nicht da-
durch noch grössere Missständc im Archiv entstehen, und wie und
wo denn die ausgesdiiedcnen Stücke systematisch unterzubringen?
Soweit soldie und andere praktische Rücksichten niclif vorherr-
sdien, kann der ri( htige Grundsatz, der für die Ordnung durchgreifl,
nur der liislori^rlic sein. Das Archiv ist ein Geschiclitssaal : jedes
Land oder F'üi slentiiuni, oder histitul, jede Dynastie, Stadt, Genossen-
schaft, Üchünlc |)rägt sich darin aus, unil zwar so lang und so
breit, als sie selbst in der Zeit gelebt und gewirkt haben, vom Tag
ihrer Entstehung an bis zu dem Zeitpunkt, wo sie in einen anderen
Organismus aufgingen. Ein Archiv zerfiUlt daher nothwendig in viele
kteine historische Archive, und auch diese haben wieder ihre histo-
rischen Unterabtheilungen. Die Archivalien der modernen Zeit wer-
den also ziemlich vollständig den Organismus des Staats ausgliedern.
Die Art und Weise, wie man in den französischen Archiven Alles
und Jedes in eine von Paris her vorgeschriebene Schablone dnprcsst,
muss für jeden wirklichen Archivar etwas Gräuliches haben.
Die Trennung der Arcliivalien in Urkunden und Akten ist jelat
Wold allgemein als räthlich anerkannt. Grosse Archive müssen aber
auch ihre eigene Plankammer besitzen, in welcher die Pläne Grund-
risse und Flurkarlen beisammen sind.
Die Aufstellung aber erfolgt nach den beiden Rncksiclilcn, dass
jedes Stück niiVlichst geschont werde, und dass ein jedes sich Iei( hl
und handlich aus seiner Reihe herausnehmen und ebenso in diesell>e
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Vom Beruf unserer Archive in der Gegenwart.
61
wieder liineinslHIen lasse, {»lefchwie ein Ruch in einer Bihliulhek.
Urkunden werden daher »mi beslcn mit oUen liängondLii Siegeln
au^breitel in einzelnen Fächern über einander, oder in festen Deckeln
jede einzeln aufgestellt Akten mllte man (Üglicb neben dnandcr
reiben, nacbdem sie gebunden oder geheftet oder docb in Happen
oder unter festen Deckeln eingelegt sind. Auf dem Rücken der
Decken muss aussen die Signatur stdien. In grossen Archiven
aber verbietet sich dergleichen von selbst noch längere Zeit PliUie
Grundrisse und Karten bringt man in längliche Kapsdn von Pappen-
deckel, die in Fächern über einander gelegt werden, SO dass auf don
offenstehenden Ende der Rolle die Signatur zu Kscn.
Ist nun ein wohlüberl^cr Ordnungs- und Aufstellungsplan fest-
gestellt , so gehe man um alles willen behutsam zu Werke und
nehme nur eine Gruppe ikuIi der andern vor. t's ist geradezu
furchtbar, welchen Schaden stürmisches Eingreifen, um Ordmnig zu
schalTen, anrichten kann. Die hayri Ischen Archive wissen nocli jetzt
von dem kurzen ikichsai'cliivdireklorat des Freilicrrn v. Ilorrnuyr
zu sagen.
Jede Gruppe im Archiv muss sodann ihr Repertorium bekommen,
das sich dem Inhalt und der innem logischen und historischen Glie-
derung des Stoffes anschliesst, zuverlässig und erschöpfend ist, und
jedes Stuck leicht finden lässt. Die beliebten Aktenmiszellaneen dürfen ,
mcht mehr vorkommen. Jede Urkunde muss ihr Datum erhalten:
stdit es nicht darin, so hat der Archivar die Zeit zu bestimmen
und seine Gründe dafür auf dem Regestenblatt niederzulegen. Zum
Urkundenarchiv gehören chronologisch geordnete Regesten, zum Aktc^n-
archiv genaue Verzeichnisse mit besondern Beschreibungen der Ko-
diz.es und wichtigeren Serien von Archivalbänden : zu beiden ein
Sach- Orts- und Personenregister. Aus den letzteren baut sich nach
und nach das Generalregister für das garr/.e Archiv auf. Jedes Re-
pertorium muss vorn eine geschichtliche ( )rienlirui]g über seine Ent-
stehung und über den darin behandelten archivalischen SlolT ent-
halten; die Schlagwörter müssen kurz und tretTend gewählt sein;
jedes Stück darf in der Regel nur drei Nummern, die des Saals,
der Gruppe oder Serie, und die Stücknummer bekommen.
Ein kritisches Repertorienbuch, welches alle Verzeichnisse syste-
matisch zusammenfosst und Entstehung und Werth eines jeden kenn-
zeichnet, erleichtert sehr den Ueberblick sowohl über alles das was
vorhanden, als auch was an Repertorienarbeit noch zu bessern und zu
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62
Lüher:
ergänzen ist. Denn so gul auch ein Archiv geordnet und verzeich-
net sein mag, immer finden sieii noch Gruppen, die sieh entweder
noch feiner und handlicher an sich, oder noch sorgfattiger mit Rficksicht
auf besondere Interessen des praktischen Dienstes, auf die Genealogie
des Regentenhauses, auf die Geschichte der Staats- und Kirchen-
behStden, auf Recht»- und Kunstgeschidite u* s. w* darstellen lassen.
In den Repertorioi aelgt sich Kunst und Wissen des Archivars.
XXIV. Verbindong inli dm Arebivm dar Qamelndeii und Gemsten-
• schafften.
Ungrlaublicli ist (s, wieviel nofli jotz( an ■vvorllivolkMi Arcliivalion
in Stüdtoii und Märkten, hei Ffarn^n und Stillungen durch Schuld
der Vorstände ver.schleudort w ird, oder in irgend einem Winkel in Staub
und Moder den Würmorn liherlieferl ist. Der nurgeniicisier einer
früheren lUiehssladt verkaufte noch vor nicht langer Zeit all ihre
alten Perganicnturkunden und schönen Kodizes an die Goldschläger,
und nur dem raschen Zugreifen eUies Archivbeamten war zu dan-
ken, dass noch etwas für den Staat gerettet wurde. Eine geistliche
Behörde der Evangelischen hesass noch vor einigen Jahren ein Archiv,
welches fQr die Reformationsgeschicfate höchst bedeutend und ziem-
lich geordnet war. Der alte würdige Dechant starb, Glaubens-
eiferer kam an seine Stelle, und sofort wurde das Archiv wild und
wüst durch einander in eine alte Kammer geworfen. Noch zwei
charakttTislische Beispiele, wie Ihrer eine Menge gegenwärtig sind.
Ein Geistlicher ordnete in einer kleinen wohlhabenden Landstadt die
alten Akten mit kundir'er und zi(>rli< hcr Hand, und hielt sie, so lange
er lebte, wohl unter Aug-en. Schon ein paar Jahre nach seinem
Tode lagen sie zerrissen , ordnungslos, schniutzbedeckt in einer Art
Verliess, das statt der Fensler zwei kleine Gitterlöcher halte. Ein
Professor, der ein ausgezeichneter Urkundenkenner, suchte Jahre lang
mit Mülie und Selbstverleugnung das Archiv einer berühmten ehe-
maligen Reichsstadt zu eüier wissenschafifidien Anstalt zu erheben.
Er schmfickte diese Stadt durch Herausgabe emes prächtigen Urkunden-
buches. Und was geschah? Eine Gegenströmung vermchtete sein Werk,
und eines Tages befand sich wieder wie vordem an der Spitze des
Archivs ein Registrator.
In solchen Stedten und auf jenen alten Schlössern, die jetzt mit
ihren Archiven von ebier Geldhand ui die andere wandern, hatten
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Vom Bouf unserer Archive in der QegenwarL •
63
üie Goldscliiriger und Antiquare iliiv Aemtcn. Die Lotzlein ver-
kaulcn unsero alten schön verzierten Urkunden nach En^rland. Die
Krslern verbrauchen massenhaft das fe.-;le Pcrganiont des Mittclallers,
um darin eingehüllt Gold zu Schaumbluttchen zu schlagen, wie man
sie zum Vergoldeii braucht
Es ist nicht blos klflglicbe Unwissenheit und geistige Rohheit,
was solche VerwMung zuUlsst, scmdem es haftet bei Tiden Gemeinde-
befadrden Pfanem mtd ScbUKshenen wirklich noch ein Rest der
rerolutloiifiren Missachtung, ja des Hasses und Widerwillens gegen
die alten Pergamente und Urkunden, die Zeugen der gefürchteten
Feudalzeit Wenn gewisse Ansichten längst aus den IwUiercn Kreisen
▼erschwunden sind, pflegen sie unten noch lange fwtzuwühlen. Erst
▼on der Belebung des historischen Sinnes, von walirliafter Selbst-
achtung der Nation ist mehr Schonung für die Reste der Vergangen-
heil auch bei ungebildet! ren Leuten zu hoil'en. Bis dahin alier inuss
von Staatswcgcii durcligreilend, mit Krnst und Strenge, durch regel-
mässig wiederkciirende rnfcrsuchung dafür gesorgt werden, dass fort-
an die schriftlichen Zeugen der Orts- und Landesgeschichlc vor rohen
Händen geschützt seien.
Zu einem von beiden muss man die Ortschaflen Pfarren Kon-
sistorien und bischöflichen Bdidrden, die Verwalter des Vermögens
alter Stiftungen Zünfte und anderer Korporationen anhalten. Ent-
weder sollen sie ihre Ärchivalien gut verwahren und durch Sach-
verständige hl Ordnung und VerzeKhnisse bringen lassen, od», wenn
ihnen wirklich jedes Interesse daran fdilt, sollen sie ihre alten Schriften
in den Landesarchiven niederlegen. Diese Archivalien gehören zu'
den kostbarsten Stücken ihres Vermögens, und der Staat hat ge-
wöhnlich wohl die Mittel in der Hand, auch in dieser Richtung sein
Recht der Oberaufsicht und Obcrvormundschafl gellend zu machen.
Da/u genügt aber Jiiclit, dass die Regierungsbeainten Anwei-
sungen ei ! heilen oder gelegentlich sit Ii die Archive der Gemeinden
und Stiftungen ansehen. Allordings kann ein erleuchteter llegierungs-
präsident auf seinen Amtsreisen Wunder bewirken. Das einzig
Sichere aber besteht in einer organischen Vcibindung sämnillicher
Archive im Lande, die der Privaten ausgeschlossen, mit den Staats-
archiven. Deren VorstSnde müssen beauftragt und bevollm&chtigt
sein, legelmSssige Reisen zur Ausforschung und Beaufenhtigung jener
Archive zu machen und daräber Bericht zu erstatten. Es muss auch zu
den Amtspflichten der Archivare gdidren, dafSr zu sorgen, dass in den
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64
L5her:
Landesarchiven sich Tollstänclige Repertorien der im Lande zerstreuten
werthToOen Arcfaivalien befinden, und von wichtigen Urkunden auch
beglaubigte Absdmften.
XXV. Berechtigung und BMchrilnkuiig des ArchivgeheimnitMS.
Wir werfen sclilicsslich einen Blick auf die verändcric Slollung,
in \vcIciior sich iicutzutage die Archive gegenüber der öflentlichen
Benülziinpr Ix'finden.
Im (Johoinmi-ss la<^ vormals; >n zu saj^on Kraft und Weilio des
Archiv Wesen?:. »Manclie Hrkniiden«, sagt Spiess, »sind so wichtig
und nianrhmal so zu vt rin inilidu n, dass sie ganz allein in dem
Verschluss dos Archivars sein müssen. Es stehet dahero auch jedes
Archiv bloss unter den Befohlen des geheimen Minisleriums (Hier
geheimen Ratlis-Kollegiums, und kann kein anderes Kollegium etwas
aus dem Archir abfbrdem« Bachmann rftth, Ton allm Urkunden
beglaubigte Abschriften hi Kopialbfichera anzid^n, und setzt hhizu:
>Es ist diese Anstalt von dem grSssten Nutzen. An euiigen Orten
heisst sie das äussere Archiv, wo nemlich der Besehluss der Archi-
valien so heilig gehalten wird, dass sie nicht einmal dem Archivar
allein, sondern einem Minister mit anvertraut werden. Lächerlicli
Ware es aber, wenn der Archivar glaubai wollte, dass dieses li()chst
nützliche Institut (der Ko]iiall)ücher) ihm an seiner Unentbelu'lichkeit
und Autorität, auch künftigen Beförderung nachtheilig wäre«
V^on solchem Archivgcheimniss walten wohl noch dunkle S<'hatten
über den historischen Urkunden und Akten. Was ist die Ursache V
Ollenbar nur eine gewisse Befangenheit: man wagt nicht, xöW'v^ mit
einem alten Herkommen zu brechen. Al)or man blicke doch endlich
der Sache auf den Grund und frage sich: soll diese thörichte Furcht
denn noch heutzutage fortdauern V
Gewiss gibt es Schriftstüd^e, auch ganze Archive, die noch unter
strengem Verschluss und Geheimniss bleiben mflssen. Zu ihnen er-
hält Niemand Zutritt, als der Landesherr, Minister und Archivar,
und ausser ihnen nur m seltenen Fällen eine des höchsten Vertrauens
würdige Person. Aber bezieht sich das auf alle Archivalien ? Kann
nUM ihre bei weitem grCsste Masse der öffentlichen Benützung frei
') I I). E. SpiftBt, Von Archiven, 17—18.
') Bachmann a. a. O. 61.
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Vain Benif unserer Ardüve ia der G^penwaii. 65
gegeben werden? Ilaben nitbt Staat und Wisponscliafl ein vorzüg-
liches Interesse daran, dass diese Freigebung so bald als müglich
Statt finde?
Unterscheiden wir >orgfaUig das Gebiet, auf welchem noch jetzt
das Arclüvgeheimniss berechtigt ist. Es werden wohl nur fünf
FSne sein.
1) Das Regenteohaiis hat ÜQr sein FamOieiiarchiv dasselbe Recht,
wie jede Famifie iOr ihr eigenes ArcfaiT. Nur der erhält Zutritt,
wdcheoi des Landesherm Gnade und Vertrauen sie gewährt. Kein
Archivar möchte es rerantwcrten, einem Vehse, der übrigens selbst
einer war, alle Famiiienschriften in die Hand zu geben. •
2) Jeder Staat ist in seinem vollen Rechte, wenn er die Ver-
handlungen und Verträge mit auswärtigen Mächten, sowie die In-
struktionen und Bericlite seiner Gesandten Konsuln und sonstigen
Agenten, der OefTentlichkeit so lange vorenthfdt, so lange er noch
irgend ein Interesse dabei hat, dass sie iiiciit bekannt werden.
Allein es fragt sich denn doch, bis wie weit zurück kann noch
hi'nt/utagc dies Interesse gehen? Man muss endlich auch in solchen
Dingen walten lassen, was vernünftig, und nicht, was herkömmlich
ist. Das Gegcntheil erweckt nicht nur Spott und Aerger, sondern
auch schädlichere Folgen, nemlich Misstrauen und Verleumdung.
Betrachtet man alles, was vor dem Jahr 1802 liegt, als histori-
schen Stoff, so mOchte sich auch das Gewissen eines ängstlichen
Mhiisters dabeH beruhigen kSnnen. Tertrauenswdrdigen Forschem
darf hödist wahrschemlich jeder Staat seine Archive auch bis 1815
aufschliessen. Das Geheimniss lässt sich doch nicht mehr aufrecht
halten: jedes Archiv, welches sich der Forschung öffnet, eröffnet
zugleich Gucklöcher in die Nachbararchive hinein. Nur vollständige
Kenntniss der AIcten zerstreut Argwolm Märchen und Lügen. Denn
selten Iiandellc ein Staat in wichtigen Zeitpunkten nach frivolen
Rücksichten : jeder fhat dai:, wozu ihn Drang und Druck der poli-
tischen Lage nüthigte, und die sclilichto Darstellung dessen durch
einen wahrhaften Geschichtschn ilxir ist die beste Rechtfertigung.
3) Alle Schrinstücke und I5ücher, w-elche über die Domänen und
sonstigen Vermögensrechte des Staats, über gewisse Verwaltungs-
grundsätze, über die Beamtendisziplin, über politische kirchliche und
andere Massnahmen der Staatsverwaltung, fiber politische und geist-
liche Verschwörungen, und all dergleichen, was noch der Gegenwart
angehört, sich verbreiten, sind die Beamten verpflichtet, gdieiro zu
AftUrallielM EritNhrllt L 5
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66
Loher:
halten. Hier i^i das Wohl dor Gcsammthoit, welches entscheidet :
jeder Wunsch und Vortheil (les Einzelnen niuss da^ej^en '/.urrick-
s^fi'ln'n. In dieser Beziehung'- kann ITir das Landcsan hiv kein anderer
(i('si(litsi)unkl Platz ^rreifen, als der lür Jedermanns Urkunden und
Uechnun;,'en über sein Eigenthum und Hanswcson gilt.
4) Der Archivar hat aber auch die liechtc Diiltcr zu wahren.
Bei Urkimdcn und Akten über Besitz- und Eigcnlhumsrcchlc vun
Gemeinden und andern (Jenosscnschaflen, oder über Vermögens- und
Familienverhältnisse von Privaten, oder ImjI Kriniinalaktcn, in welchen
noch Lebende eineRdle spielen, wird er sich stets die beiden Fragen
vorhalten: gehörten diese Schriftstüdce bereits der Oeffentllchkeit an?
Sind sie der G^enpartel schon einmal voi^elegt, so dass sie als
gemeinschaftliche zu betrachten? Sind beide Fragen zu verneinen,
so whrd der Archivar nur den Korporationen oder Familienmitglie-
dem und ihren Rechtsnachfolgeni die Einsidit gestatten, andere Ge-
suchssfcller aber, wenn sie sieh nieht hcruhigcn wollen, zum ge-
riclillichcn Editionsvcrfaiiren verweisen. Die Ilaliener geben die Kri-
minalakten, wenn 70 Jalire, und die Verwallungsakten schon, wenn
30 Jahre seit der letzten Verhandlung verflossen sind, der öffent-
lichen Benützung preis.
5) In den Archiven findet sich endlich Manches, was benutzt
werden kann, um die ötlentliche Sittlichkeif zu l)eleidigen, einer
Konfession Aergerniss zu geben, o<ler dem guten Huf einer Familie
elwas anzu>|)r('ngen. Scliriflstücke dieser Art sind nur in sehr Ix»-
dingli'r Wt'is(> iXiclifbeamten vorzulegen. So wenig man Klostcr-
geschichten Jemand in die Hände gibt, der bloss Skandal sucht, so
wenig wird man die Akten der Jesuiten gleidi Jedermann anver-
trauen.
XXVI. Uichto BenOtzbartoit der Arehive.
Diese ist gegel)en, sobald als Grundsatz testst(>lit: kein Archiv-
geheimniss gibl es, als in den vorgcdachten fünf Fälli>n.
Archive sind alx'r dessliall) noch innner keine Bibliothek. Nicht
Jedermaini eih;Ut Zutritt, .suiuiern nur, wer Vertrauen verdient, und
den Arl)eiten der Archivbeaiuten nicht hinderlich fallt. Der acht
wissenschaftliche Forscher wirti anders bedient, als ein ewig for-
dernder und fragender Dilettant, und ein anerkannt ehroiwertlier
C!hanikter gieU festere Gewähr gegen Hissbrauch, als der erste beste
Diyitizcü by GoOglc
Vom Berat unserer Afduve in der Gegenwart.
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Unbekannte. Denn immer bleibt Arrhivbonützung oino Vertrauens-
sachc: die sirengslo Vor- und Aufsicht kann nicht Jetli" Verwirrung
oder Bescliädigung oder Verfälschung oder Eiitfrenidung von Arclii-
vaUen vcrliüten. Wolicr sollton auch Arciii\i)eamle die Zeit riehnion,
um jedes Blatt und Siegel, das Einem in die Hände gegeben wird,
vorher und nachher aufs Henauesfe durchzuforschen ? AVer archi-
valisrlie Untersuchungen macht; verlangt selten bloss ein einziges
Scliriflstück, sondern in der Regel eine Reilie Urkunden und Akten.
Wer aber soll bestimmen, ob dieArchiTbenützung zu gewfihfen,
und nöthigenfalls, ob sie wieder zu entziehen sei ? Diese Entscheidtuig
mOge, wie schon gesagt, fSr gewöhnliche Fifle in die Ißnde der
Aidüwerwalinng selbst gelegt werden. Diese wird sich, wenn
sie allein die Verantwortong trBgt, auch erst gehörig tüaer die
Persönlichkeit und viefldcht gebeiinai Zwecke dessen, der Ar-
chivalicn einzusehen wünsclit, unterrichten. Feiner Blick, persön-
licher Takt, und amtliche Erfaluimg des Archivars bietoi dem
Staate in diesen Fragen eine viel bessere Gewähr, als lange schrift-
liche Erörterungen zwischen dem Archiv und seiner vorgesetzten
Stelle, üb Diesem und Jenem die Archivbenützung zu gestatten.
Man zähle die Fälle zusammen, wo Minister und Ohcrjiräsident
anders entschieden, als der Archivar es vorschlug, es werden , in
langen Zeiträumen nur sehr wenige sein: wozu also die Umstände?
Man schneide also all die hergebrachten Förmlichkeiten ab
und gebe dem Archivar mehr Freilieit, verstärke aber seine V^ant-
wortlidikeit
Eine feste Ihstroktion regele seme Befogniss. Wird Znlaasong
zum FamilienarchiT erbeten, so legt der Archivar seüi Gutachten
dem Landesherm oder dessen Hausminister vor. Handelt es sidi
um Scliriftstäcke des geheimen Staatsarchivs, so entscheidet der
Mmister der auswftrtigen Angelegenheiten. In allen andern Fällen
entscheide d^ Arduvar selbst, jedoch unter der doppelten Bedingung,
dass er, wo nach seiner Ansicht ein Vermögens- oder sonstiges In-
teresse des Staats obwaltet, die Arcliivbcnützung niclit eher gestatten
darf, als bis er im einen Fall ein Gutachten von der bclreffi'nden
fiskalischen Behörde, im andern Fall und auch dann, wenn er sieh
der fiskalischen Beliörde nicht anschliessen mag, die Entscheidung
vom Staatsministerium eingeholt hat.
Es genüge also bei Archivbenützung durch l'rivatc ein einfaches
Gesuch an die oberste Archivstellc, und dic^e entscheide darauf
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Lfiher:
selbstständi^ , nachdom sio vnn dorn Untoraicliiv. wenn dieses die
Scliriftslücke vorwahrt, Bcriclit und Gutarhten eingeholl hat. >Vird
das Gesucli an einem untern Arcliiv abgegeben, so werde es von
diesem sofort an die Zentralstelle geleitet. Diese ist am besten im
Stande, alle Bedenken zu überschauen, und wo, wie so häufig, die Ur-
lomden und Äktm bei mdireren Aid&wn TertheOt sind, eine gleidi-
mässig fOr alle geltende Entscheidung zu geben. Bei ihr sammelt
sieh von selbst eine Reihe von Nonnen und bedeutenderen Feilen,
welche die Richtschnur für ähnliche geben. In zweifellosen Dmgen,
z. B. wo es sieh handelt um bereits veröffentlichte Schriftstdcice, oder
um Urkunden und Kodizes von nur mehr rein historischer Bedeu-
tung, oder in einem Prozesse um solche Akten oder Dokumente,
die gemeinschaftlich und von der einen Partei bereits eingesehen
sind, kann auch den Unterarchiven die Entscheidung überlassen
werden. Selbstverständlich bleibt einem Jeden , dem die Archivo
keine Benutzung gestatten wollen, der Beschwerdeweg an's Ministerium
unbenommen.
Anders stobt die Sache bei amtlicher Benützung der Archive.
Jeder staatlichen Behörde muss es freistehen , bei dem Archive, wo
sie dienliche Archivalien vernmthet, deren Einsicht zu verlangen.
D^r direkte Weg ist der beste, da alle Staatsbeamte dem Staate
dienen. Das Archiv aber muss sofort antworten, welche Schrift-
stücke es besitzt, und nicht das allein, sondern wenn eine bestimmte
Frage gestellt ist, auch erklären, welcherlei Aufschlösse darin ent-
halten sind. Denn die Staatsverwaltung soll an allen Enden ihre
ROslung sofort bereit haben, gleichwie der Advokat, wenn er zur
Prozcssvcrhandlung geht, seine Registratur hinter sich weiss, um
sogleich auf diesellje zurückgreifen zn k")iinen. Selbstverständlich
bleiben auch bei Archivbenützung durch irgend eine Behörde die
vorgo(lacliton riirnzen des Familien- und geheimen Staatsarchivs un-
berührt, und wird die Aichivverwaltuii^^ sich schon vorsehen, dass
unter dem Verwände amtlicher Zwecke nicht etwa andere verfolgt
werden.
XXVII. Veröffentlichung von Repertorien.
In Frankreich »sind sämmtliche Departements-, Gemeinde- und
Hospital-Archive wohl geordnet. Ueber die Departemental-Archive
und deren einzelne Thcile giebt es eine gedruckte allgemeine Uel)er-
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Vom Beruf imaerer Archive iu Uer GegeuwarU
69
sieht und iluiieben einen Geiieralkalalog aller Karlularc *). Die
Anfertigung der sogenannten summarischoi hiraitare (Reperlorien) ^)
ist der VoDenduiig nahe, die der Inventare der Gemeinde- und
HospiUdarchive meistens beendigt, und Abschriften derselben« soweit
sie historisch wichtig sind, bei der Archivdirektion ui Paris vor-
handen. Diese mit eiserner Konsequenz durchgeführten Ordnungs-
und Repertorisirungsarbeiten bilden indess keineswegs den AbscMuss
der franzosischen Archlvreformen: ae scheinen vielmehr nur grössere
wissenschaftliche PublUcationen vorzubiTeiten« *).
Also drei verschiedene gedruckte Inhaltsanzoigen für die De-
jKirlementsarchive, die etwa un^^eni Kreis- oder Provin/.ial- wlcr
StallhalUioiarcliiven entsprechen. Dazu kommen liandliclie Weg-
weiser durch die französischen An hive*). Und wir in Deutschland y
Was haben wir dieser ön'enUiclieu Fürsorge gegenüber zu stellen?
Allerdings sind die deutsclien Archive im Ganzen viel reich-
halliger, viel mannigfaltiger, und — viel ungeordneter, als die fran-
zösischen. Sehr wesentlich fällt der Umstand In's Gewicht, dass sie
nicht eniem einzigen Staate angdiSren, sondern vielen, und desshalb
unter vielen selhstständigen Verwaltungen stehen. Allein ist das ein
genügender Grund, dass Deutschland mit der Veröffentlichung des
Inhalts seiner Archive, und käme auch bkns der historische m Be-
tracht, so lange zurück bleibt?
Uebelstände können sich mit der Offenlegung oder gar Ver-
öfTcntlichung der Rei)crtorien verbinden, kein Zweifel. Allein man
trete einmal aus dem historischen Nebel des Archivgebeimnisses
h^US und gebe unbefangen Antwort auf die Frage: wicgl gegen den
Nachtheil, welchen die Freigebung der meisten Reperlorien nach sich
*) Tahlrau ^^i'-ntTul iuiiiiL*ri(|ue «li's l'oiids ilfs archives (Itparlcnifiilalcs
unU-ricures ä IVJO public pur hi cuiiiiniissiun deä urchivcä dtipiiilt.'iiitiiiluk>ä el
communales. Paris 1848, 4*.
^ Catalogue gim« rnl dt s cartulaiics des archivvs d^partemenUles par 1a
m^me corimi. Paris 1847, 4*.
*) Vgl. z. ii. für duä Archiv des NicdereUoss zu Slrassbui^ die vier Quart«
Ubide, efsdileiieii 1868—1874.
*) H. Pfannenschmid, das Aiebivwesen in Elsass-LoUiringien. CSdmar
1876^ 8, IX-X.
*) Bordior, I,es arcliives de la Francf. Par. 1S55. C bampolHon-Flgeac,
Maiiiiol de Turcliivistc duä prefeclures , deä iiiaires el des hospices. Par. läSO.
Derselbe, Annoaire de raxchiTiate. Par. 1860—1868. VyL Pfannensehmid
«. a. o. xvi-xm
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70
Lflher:
ziehen kann, nicht viel schwerer der Verlust, welchen Staat und
Wissenschaft durch deren Veriiehnlichung erleiden? Jener Schaden
ist ein möglicher und kann durch die Art und Weise der Redaktion
leicht verhütet werden: dieser andere Schaden aber ist ein gewisser
und tagtäglicher.
Mindestens sollte jede Kreis- oder Bczirks-Rcgicrung Abscliriften
der Repertorien dos Arcliivs besitzen, mit dem sie am meisten zu
thun hat, Oder sind diese noch nicht vollständifr in Ordnung, so gehe
man wenigstens systematische Ueljeisichlen. Durch ihren Öflern
Gebrauch und durch die Aktenvorlagen, welche darauf aus den
Aichiven erfolgen, werden die Regicrungsbcaiuten sich schon dai'übor
oricntircn, was für sie in den Archiven zu linden ist.
Werden die Repertorien aber gedruckt und Ebcemplarc auf den
Landes- und Universitäts-Bibliotheken und bei den niedem vrie obem
Justizp und Verwaltungsbdidrden aufgestellt, so werden sich mit der
erhöhten Zahl der Forscher auch mehr blosse Dilettanten emstellen.
Diesen schleppe man alles Mögliche massenhaft herbei, was sie nur
verlangen: dann konunen sie nicht wieder.
XXVIIL Ardiivalletivartondung.
Sind die Areliive geordnet und ihr Tnliall veröflenlliehl. so wird
Wold rings um die meisten beständig ein kleines Archiv auf Heisen
sein, nicht für Gelehrte, wohl aber für Staatsbehörden. Denn an
letztere muss die Zusendung ebenso häufig, als an wissenschaftliche
Forscher selten geschehen.
Es handelte sich bei einem Gerichtshof um die Frage, welche
Rechte die Erben einer Kaufinannsfrau an dem Handlungsgcschaftc
hatten, das in einer frfiheren Reichsstadt ihr Hann betrieb, mit
welchem sie in Gütergemeinschaft lebte. Die Sache war nach dem
alten Sonderrecht der Stadt zu entscheiden, und die Kläger berufen
sich auf den Wortlaut. Ein Justizbeamter von höherer vrissenschaft-
Hcher Bildung, den die Frage inteiessirte, kam in*s Archiv, liess sich
die Statuten und KopialbQcher der Reichsstadt vorlegen und sludirte
darin eifrig und lange. Als man erfulir, warum es sich handdle,
wurde snfoi I ( ine Urkunde aus dem vierzehnten Jahrhundert abge-
sclirieben, die klar und deutlich über das in Rede stehende Partikular-
recht Aufsclüuss gab. Wäre es nun nicht einfacher gewesen, der
Üiyitizcü by GoOglc
Vom Beruf omerer ArehlTe in der Gegenwart 71
Gerichlshor hätte dem An hiv bezeichnet, worauf es ankam, und so-
fort die Urkunde und dazu eine beglaubigte Abschrift erhalten?
Zu anillichm Zwecken sollen numlich die Archive jeder grossen
untl kleinen Staatsbehörde stets zu Dionsfon sein, und weil es un-
möglich ist, (lass bei irgend lebliaflor Benüt/JUMj- all die Beamlcn m
den Archiven kommen, so muss es zur allgciiuMnen Pfliclil und ilc-
wohnlioit werden, dass die Archive zu den Beamten kd^nnicn, d. h.
einer jeden Stelle oder lieljürde des Staats auf Verlangen sofort be-
stimmte Archivaren zusenden, und zwar mit den et\ya erforderlichen
Äbscfariften, Erläuterungen , Gutachten. Muss die Untere steh erst
an Ihre ObeitehOrde und diese, nachdem sie nicht minder den Fall
geprüft hat, sich an*8 Archiv wenden, so entsteht ein Vielschreiben
und Umherschicken, das gar nicht nöüiig. Die Archivare werden
schon selbst Einhalt thun, wo man unberechtigte Anforderungen an
sie stellt Urkunden der ältesten Zeit werden sie überhaupt nur in
beglauirigten Abschriften hergeben, kostbare Kodizes und Urkunden
aber, sowie solche Schriftstücke, die durch Versendung leiden können,
oder überhaupt nicht für die OeiTentlichkeit bestimmt sind, weder
einem Boten noch der Post anvertrauen.
Können aber nur bei direktem Archivalienvorkohr sämmtlicher
Amtsstellen mit den Archiven diese all den .Nutzen leisten, welchen
der Staat aus ihnen ziehen kann, so muss audi durch strenge und
gleichförmige Massregeln dafür gesorgt sein , dass überall gewissen-
hafte Aufbewahrung und pünktliche Rücksendung stattfinde. Bei
eigener Verantwortung müssen die Staatsbeamten dafür haften. Es
{st eine allgemeine Erfahrung , dass Behörden es mit der Rflcksen-
dong von AktenbeOagen leicht und lässig nehmen: um so schärfer
soll der Archivar dahinter her sein. In gemessener Frist muss seine
Mahnmig und nOthigenfalls seine Beschwerde so pünktlich erfolgen,
wie der Schlag dec Uhr.
Die Beamten können nicht zu den Archiven kommen, das ^vürde
zuviel Zeit nebst Tag- und Reis^lder verschlingen: umgekeiirt
können die Archivalien nicht zu den Gelehrten kommen, das würde
den Archivbeamten viel zu viel Zeit und Mühe kosten. Nur dann,
wenn es gilt, verdiente Gelehrte oder nationale wissenschaftliche Unter-
nehmungen zu unterstützen, lässt sich eine Ausnahme rechtfertigen.
Der Archivalien dürfen auch in solchen Fällen nicht zu viele sein,
sie müssen vor der Versendung, wenn es Akten mler Kodizes sind,
gebunden oder geheftet, jedenfalls im Empfangschein sorgfültig be-
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V
72 Löher:
schrieben sein. Jedoch auch dann dfirfen AichiTallen nie in privaten
Gewahrsam eingeben, sondern das Geschäft nrass rein amtUch bleilien.
Eine BibliothelL oder Universität oder Staatsbehörde hat die Archi-
valien ZVL empfangen, in ihrem Lokale vorzulegen, und für Rüde-
Sendung in voller Integrität und zu gesetzter Zeit zu haften.
Die geistlichen Behörden aber, die PfkiTÜmler, diu Magistrale,
die Vorstände der Stiftungen und Genossenschaften, die Notare und
Advokaten sind in Bezug auf Archivbenützun^' nicht anders, als wie
Privatpersonen, zu behandeln. Ihnen darf der Archivar nur dann,
wenn er von seinem vorgesetzten Ministerium dazu beauftragt und
bevollmricliligt wird, Scliriflslücke aus dem Archive darleilien.
IKiclistons Ar(liivl>eaniten, und etwa besonders vertrauenswür-
digen l'ersonen, die ;un Arcliivorlc wohnen, dürfte man das Privilegium
zugestehen, cinzekic Urkunden und Kodizes mit nach Hause zu
ndunen. Jedoch kdnnte dies nur in AasnahmeföUen, bkiss för wissen-
schafUiche Arbeiten, und nur unter Vorwissen und Genehmigung der
Archivxentialstelle geschehen.
XXIX. Folgerungen.
Unordnung in den Archiven ist dne innere Krankheit des
Staats, ist ein aller Walu'spruch, und man kann hinzusetzen: —
unbenülzte Archive sind Bergwerke ohne Bergleute. Man sollte end-
lich in allen deutschen Staaten, wo es noch nicht geschehen ist, den
Eiitscliluss fassen, die Archive so rasch als möglich auf die Höhe
ihrer LeistungsITdiigkeit zu bringen, hi Frankreich hatte man 1838
weder geordnete Archive , no(;h Reperlorieti , noch auch gebildete
Archivbeamte: in verhrdlnissmässig kurzer Zeit wurde alles geschaffen,
jedoch nur durch die unablässig drängende Tliäligkeil der obersten
Archivbehördc in Paris, deren Anregungen die Ministerien Folge
gatien.' In Belgien und Holland leisten die Archive Vorzügliches.
Auch in Italien hat man jetzt ernstlich die Hand an's Werk gelegt.
Ist aber einmal der Entsdiluss gefoaät, so shid auch die Folge-
rungen daraus nicht zu scheuen. Solche sind:
1. Errichtung einer Archivzentralstelle mit hinlänglichen Ari)elt8-
kräften und mit bestimmten Aufträgen und Beftignissen, die sich über
dm ganzen Staat erstrecken.
2. Ein umfas.sondes Gesetz, welches die Neuorganisation der
Archive und ihre Thatigkeit regelt, nebst Anweisungen an die Staats«
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Vom Beruf annrer Arclüve in der G^enwarL
73
(icmeinde- und KirchcnbcaiiiU'n sowie an die Ilechlsanwallr und
Notare darüber, in welchen Fragen die Arcliivc mit Vortheil zu
benützen.
3. VermdiraDg der Arehivbcamicn, in dnigen Staaten vidleicht
um das Drei- und Ffbffadie. WiD man gründlich die Hand an*s
Werk legen, um Alles, was in die Landesarchive gehOrt, planmässig
zusammen zu liringen, woU zu vertheilen, und wenigstens in Tor-
läufig genügender Ordnung und Verzeichnung au&usteUen, so wird
es nöthig sein, für die erste Zeit rüstige Arbcitsknirie aus den Kreisen
jüngerer Justiz- und Verwallungsbeanilen zu Hülfe zu nehmen.
4. Besserstellung der Arthivbeamtcn in Rang und Gehail.
ihnen rnuss besonderes Vertrauen geschenkt werden ; sie bedürfen
eines imgewölinliclien Masses von verschiedenen wissenscliafllielieri
Kt imlniHseii imd praktischen Fähijrkeiten : ihr Gcsclifift i.st mühseli^^ und
greitl die (Jesuiidlieit an; ilir Vorrücken eriblgt langsam und in einem
engen Dienstkroise. Sie müssen auch auf den seht inen Lohn ver-
zichten, welchen die önenlliclie Anerkennung des Verdienstes gcwälul;
denn ihre Tliatigkcit bleibt allen ausser den nächsten Berufsgenossen
verborgen. Wahrlidi Gründe genug, um die Arcfaivbeamten fiberall
wenigstens den h5heren Regierungsbeemten gleich zu stellen.
5. Gründung von Archivscfaulen an den Hauptaichiven; Sorge,
dass die archivalischen Hülfewissenschaften an den Universitäten
binlftnglich vertreten seien; Einricbtung eines geregelten Bildungs-
ganges zur Vorbereitung für den Arcliivdienst und der nöthigen Prü-
fimgen hcl Eintritt und Anstellung.
6. Herstellung von Amlsbibliotlieken \m jeilem Landesarchiv mit
ausreichender Literatur an archivalischen, historischen, juristischen,
pnläographischen, diplomatischen, heraldischen und sphrogislischen
Werken.
7. Neue feste Archivgebäude mit Finriclitungen zur leichten Ret-
tung der Arcliivalien bei Feuers- und Kriegsgefahr, mit grossi'n hellen
Sälen, mit passenden Schreinen und Gestellen zur systematischen Auf-
stellung, mit der nöthigen Zahl von Geschäftszimmern, und mit einem
Saal, in welchem die Archivbenützcar unter beständiger Auföeht ar-
beiten und die Archivalien, deren sie andern Tags noch bedürfen,
einscUiessen können.
Alles das erfordert Mühen und Kosten. Gewiss, aber ebenso
sicher und ungleich grösser ist der Nutzen, welchen wohlgefQllte
und gutgeordnete Archive für das ganze Staatswesen, wie für die
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Löiier: Vom Beruf uiu>ercr Archive in der Gegenwart.
gesammte historische Forschung mit sich bringen. Beamte und An-
wälte werden bald lernen, wie sehr es ihre Berufsarbeiten fördert,
wenn die Archive Ihnen auf Fragen, die sie selbst erst lange studiren
mässten, ohne doch häufig darin rechten Grund und Boden zu finden,
sofort v'mc klare und sichere Antwort gel>en. Dann werden sich
mit jodcm Jalir die Gesuche und Aufträge zu ardiivalischon Gulachlen
und Vorlagen steigern. Man mache die scheinbar todlen alten Schrift-
niasson durcli Vereinigung Ordnung und rechten Gebrauch nur erst
lebendig, sie werden sieh dankbar beweisen. Kein Baum kann in
der Liiff stehen: auch Rahtsbildiingen und SlaaUs^'esihärtcn der
Gegenwart ist es von Vortheil, wenn sie geäctiichUichc Wurzeln
haben.
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III. Das bayerische ArchiTwesen.
Tom Heraasgeber.
Im vorfiei^ohcndcn Aufsalz wurde darzulegen vci-suclil, was
liLiitzula^ro die Ardiive leisten könnten und wie der Archivdienst
einzurichten sei, um so viel leisten zu können. Erwünscht ist es,
auch anilere Ansichten zu hören, sofern sie nur ein wenig sich auf
praktische Erfahrungen stützen.
Es ist aber für die hier vertretene Auflassung der Sache gleich-
sam die praktische Probe zu Ifefem, indem das Archiirweaen Bayerns
geschildert wird. Die GrundzOge sowohl der Organisation als der
ArchiTafienordnmig landen sich vor, als der jetzige ReichsarchiT-
direkter am 9. Mai 1864 die Leitung des ReichsarcfaiTs und der acht
Kreisarchtre COmmahm. Seitdem hat sldi im Einzefaien Vieles ver-
ändert, nicht dme Mühen und Arbeit, hofifentlieh jedoch überall zum
Bessern, wenn auch noch Manches, ach noch recht A'ieles fehlt. Die
Fortschritte aber sind — ausser dem redlichen Mithelfen der Archiv-
bcaniten, namentlich auch der jüngeren Kräfte, — der allerhöchsten
Gnade Sr. Majestät Ludwig IT., welcher auch dem Archivwesen huld-
vollste Aufmerksamkeit zuwandte, und der erieuchtelon Fürsorge und
Liberalität des .Staatsministeriums des Innern zu verdanken. Sechs
Minister und sechs Archiv-Ueferenten fül|.'ten sich in den zwölf Jahren
einander: jedoch beinahe wechsellos von Allen auf das Wohlwollendste
unterstützt, gelang es, mancher Schwierigkeiten ganz allmäiilig Herr
zu werden.
Nach Hinblick auf Entstehung und Ausbildung der baye-
rischen Archive ist nun zun&chst deren äussere Einrichtung,
dann die Thfttigkeit in den Hauptzweigen des Dienstes, darauf der
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76
Löher:
Geschäftsgang im AUgcmeiiien, endlicli die Beslreiiung der Kosten
zu erOiiem.
Die öffentliche Darlegung wird das Reicbsarchiv auch von einer
Arbeü befreien. Wiederholt hatte dasselbe im letzten Jahrzehnt auf
den Wunsch fremder Regierungen und Archivare seine Organisation
bis in's Einzdne hin zu zeigen und zu bescbreibcEn. Künftig wird
man dafOr auf diese Bogen verweisen dürfen. Die vcrclirtcn Kollegen
aber, denen jene frühere Arbeit über den G(>gcnstand zug^jangen
ist, mögen dazu aus dem Folgenden noch nähere £igänzungen ent-
nehmen.
Willkommen IrilTt mit dieser Darslellun^' der bayeriscliiMi Eiii-
richliingcn die der neuen italienischen zitsiuiiinrii, welclu' der nikli.st-
folgcndc Aufsalz bringt. Das Königreicli Ilalioii hat sich, wie gesagl,
zu dem Entscliluss erliolwn, sein gesanimtes Archivwesen von Grund
aus neu zu ordnen. Diese Organisation ging freischaffi'nd, unter Be-
nützung des Besten aus andern Liindtm, durch die htxlistcn Uc-
gierungsgcwaltm vor sich, wahrend man in einem altgefuglen Atdüv-
wesen häufig mit den Fesscbi und Anschauungen eben des Alten zu
kämpfen hat.
L GeMhlchWeher RIciibnciL
1. Würdigung drr Urkuinlcn iin Millelalter.
Die flescliiclilo der Arcliivc im Königreich Bayern ') und ihrer
Vorstände wird einmal anziehende Blätter zur Archivalisclicn Zeit-
schrifl liefern, belehrend in mehr als einer Hinsicht Hier soll nur
•
') Quolli-n sind die Archivakton. Zu vgl. Muffat (innKlzflfro zur ällpm
ftpscliiclilt' iJor liayori seilen Ijainl<-sarcliiv<', in »li'ii (Ji'l. Aiizt'ijicii ilcr baycr. Akail.
d. Wissciuicb. Iti55 S. Ö4— 100, und was itci MufTat von den l'ublikatiuncn in
Krenn«r*8 bayerischen Londtagsverhandlungen und Huyer^s GeneraKensamm-
hiu[: autrczcipl hl. Ferner Pölling' er Sauiiiilunp <ler bayer. Verordnungen IX,
116— i;i4. Lülior Beiträge zur (Jescli. der .lakoliäa von Hayern , 2. AMIi.
Manchen 1865 ». 216, 232. Uäulle, Arrodenius, im Uberiiayer. Archiv XX.XIV,
II 190 ff* Stieve «ur Entstehung der Mteehener Archive, Alig. Zcilung 1876
Befl. 89. T. Freyberg DenkwUrdigkeiten des Kanslers v. UnerU mFreyberg*s
Sammlung liistor. Scbriflon und l'rkunden, Slutig. und Tüb. 1828 II 67 IT.
V. Horniayr das pmsse öslorreich. Ilausprivilegium von 1156 und das Archiv-
wescu in Bayern, München 1832. v. Freyberg die künigi. Archive in Bayern
in Goreman*s fVden Presse, bel|^h-gennaiiiscbe Blfttter, BrOasel 1840 Nr. 18» 18.
Friedemann in seiner Zntschrift flir die Archive Deatsdilands t 146fL, Ober
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Du bayeriaehe ArchiTwesen.
77
ganz in dor Kürze dor Männer und Thatsachcn gedacht werden,
denen die ausserordentliche und werth volle Fülle der bayerischen
Archive und die Einrichtung ilires öflentlichen Dienstes zu ver-
danken.
Da steht beständig ün Yordergnmde der edle konservative Sinn,
der bei Ffiist und Volk auf der sdiwfibisdi-bayerisdien Hoehd)ene,
wdehe die Voralpen umlagert, von jeher ebenso einheimisch war,
wie irgendwo aitf westfiUischer Haide oder hn Haischlande der Nord-
see. Gleichwie jener staatsholde Smn der bayerischen Rechts* und
VeifiuBungageschichte den Charakter des Dauetsamen, Stfttigai, Un-
unterbrochenen verieiht, so lässt sich auch die Gesdüchte des bayeri-
schen Ärchiv\vescns an fortlaufender Urkundenkette bis hoch m*s
Mittelalter verfolgen.
Nur einige Beispiele davon. Als im Jahr 1310 die Söhne Ludwig
des Strengen, Rudolf und Ludwig, Oljcrbayern thcillen, wurde aus-
drücklich festgesetzt: »Wir suln auch bald unser rat und unser
sclireiber mit einander heizzen suchen und lesen unser hantfest, die
\vir haben; — und swaz hantfest ist, die zu unser, Ilertzog Uudolfes,
lail und laut gcliürent, die sei man uns antwurten; swaz aber hant-
fest ist, die zu unser, Hertzog Ludwigs, tail und land gehörrat, die
sol man uns antwutten; — swaz aber ander hantfest sei, nmb daz
ungetaflt gut und die uns baiden Stent und gemam sint, die sullen
wir baid mit gemainen rat antwurten an die stet, da wir ir bald
gewaHieh sintc Fast zu gleicber Zeit beschk)ssen die Herzoge von
Niederbayem, es sollten ihre Handfesten und UrbarbOcher zusammen
gefordert und gebracht, jeder Streit abee auf Grund derselben ent-
schieden werden, xlas man uns aDm geleich davon wart..., das
einen als recht gcschech sam dem andom.« Aus vier Regierungs jähren
Kaiser Ludwigs besitzen wir noch seines Kanzlers Berthold von Tull-
lin;:,'en Kanzleibucli mit Einträgen von und über Urkunden, die der
Kaiser ausstellte Sobald Ober- und Niederbayern wieder vcriMnigt
wurden, brachte man sofort da.s ganze bayerische Archiv zusammen
und legte es nieder in des Herzogs »Briefgewülb« zu München. Bei
das Rdehnrchivgdilude. Sehlieh tegroll Ober ArehlvTecbt und Arehiv»
Wesen, das. S06 K BOfamer Untteltbacher Regesten, Stuttg. 1864, Vorred«.
Kaufmann Einige Worte zur h<"lipron Würdigung des DpiilRclioti An-liivwnscns,
als Manuskript gedriirlil 1859. (iacharJ Hiie visite aux archives et 4 la
bibliothfquo royalcs de Munich, Uruxelles 1864.
0 Abgedruckt bei Oefele I. 766-777.
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78
Löher;
neuer Thciliing der Lande wurden die Archivalien in das »gemeine
licliriltniss« zu Strauliing f^ebracht, der Herzog zu München wie der
/AI Laiid-siiul halle einen Solilüssel dazu : brauchte man eine Ur-
kunde, so Icanicn RäÜic beiderseits , ^-^enieinschafllich sie zu holen
und wieder zu bringen. Bef^'lanbi^'te Abscbriflen gab man immer
gern, die Ursliuke niclit uhne Veisiclierung, dass f^io richtig zurück
kamen. Bei der letzten Landeslheilung 1514 wurde festgesetzt, alle
Briefe SalbQcher und Register sollten fortan ungetrennt bleiben, so
wie sie sich in der Kanzlei und Rentstube zu Mfinchen beisammen
länden.
2. Eine Arclii vinstruktion im 16. Jahrhundert '
In den von 1550 an auf einander folgenden Herzogen Albrecht V.
Williolm V. und Ifaximilian I. begegnen wir ganz besondcm Freunden
des Arcliivwesens.
Der Zweite erliess beieit>; am 16. März 1586 eine ausführ-
liche Archivinstruktion, welche beginnt: »Nachdem wir die zeit beer
unserer l egierung vilmals zu gemüet gefürl, darneben oflerinals von
uiisern l'ürntMnon riillien underthonig und Irenherzig veiinonl worden,
das wir unser fürstlich archivum als den furnenibslen schätz discs
lands, daran uns und unsern nachkommen land und louten nif die
minstc wolfarl gelegen, in höchster achtung, gucter onhiung und
rcgistratur, fümemblich aber in sicherer verwarung halten, und
darob sein sollen, damit alle desselben vUfdtige hochwichtige an-
sehenliche Schriften und acte», wie die namen haben mögen und
bisheer yederzeit alda verwart haben, vleissig ersehen und in ein
guete Ordnung oder registraiur, und sovU muglidk zu nutz gebracht
wurden.c In zwdlf Artikeln wird nun dem praefectus archin sein
Amt vorgezeichnet. Er soll »das archivum embsig besuchen, die ob-
bemelten schriflen mit vleis durchlesen , dieselben nach Inhalt der
Kölner und Docior Schwapachen selig registi'aturen zusammen rich-
ten, — dise Schriften aber, welche erst nach obbenanten bayden
rcgislrantcn selig in unser archivnm komen, auf denselben modum,
oder do er einen bessern wüste, gleichsvals registriren, was zu ein-
ander gehörig zusammenriclitcn , ordenliciic protocolla und indices
darüber machen, — item was er in solchen sciuiflen finden wirdet,
daraus uns und unsern nachkomcni, int weniger auch unserri landen
und leulcn yelzt oder künftig nuU gcschalVl werden mag, vleissig
und vor andern sachen notiem, ime solcher punctcn gewisse
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Dis bay«riiehe AiditvireBni.
7»
momorialia machon.« Was aus dorn Arciiiv iiorau«gokommon , dorn
soll er naclisj)üron iiiul es cifrijj wieder herein zu hringen sucheM;
das Ziisaniineiij:ehr»rige wieder /.iisanimeiifü^'en : vnn d(>n Urkunden,
die vor Alters zerfallen, notarielle Abschi'iften besorgen; in jwlen
Laden ein Verzeiehniss des Inhalts legen. Was unncithiger Weise
in's Archiv gekouuuen, soll er wieder heraus und dorthin sciialTen,
wohin es gehört, — dagegen was vor dem Briefgewölbe und in der
innern KaiuEMube sich In Kasten Truhen Laden StedUi noch in
grosser Menge vorhanden, bä erster Gelegenheit durchsehen und das
P&ssende im Archiv hinterlegen. Wenn in die Residenz oder in die
Kanzleien oder zu den fürstlichen Rathen in ihre Hauser ArchiValien
verlangt werden, so soll der Archivar niSgliehst Kopien statt der
Originale geben, das Ausgeliehene aber sorgföltig notiren und zu
gesetzter Zeit zurückfordern. Vier Jahr später erhielt dieser Artikel
einen Nachtrag: Kanzler und Räthe, die ein Stück aus dem Archive
entliehen, sollen eine Beschreibung desselben mit eigener Hand als
Empfangschein unterzeichnen. Endlich soll der Archivpräft^kt jeden
Monat über seine Thätigkeit Bericht erstalten und dabei anzeigen,
sowohl wo etwas fehle, als was er durch sein flcissiges Nariispür(>n
in Scliriflen gefunden, das vielleicht einer Herathschlagung oder Nach-
gedenkens würdig und für die Prozesse und (Jerechtigkeilen und das
Kamnicrgut des fürstlichen Herrn nützlich zu verwcrtlien sei.
3. A e u s s e r e s und inneres A r c Iii v.
Das herzogliche Archiv stand früher unter dem Protonotar oder
Kanzler, welcher alles Schreibwesen der Regierung des Fürsten be-
sorgte und in der Regel auch einer der Räthe des Fürsten war,
w<'l( lio später den ( Jeheiinen Math, d. i. das eigentliche Ministerium,
bilileten. Als sich bei Ausgang des Mittelalt(.'rs aus den früher ') an-
gegebenen Gründen mehrere oberste Landesstelleii l)ildeten, bekam
eine jede ihre eigc^ne Registratur. In München waren diese höchsten
Behörden ausser dem Geheiraerath der Ilofrath, die Ilofkanimer,
ui^ der Kri^ratlk Jetzt .wurde auch, da das forstliche Archiv
mehr und mehr anwuchs, die Fürsorge fQr dasselbe einem eigens
dazu angestellten Beamten fibergeben. Jedoch behielt, wie die eben
erwähnte Instruktion Wilhelm V. es in ihrem ersten Artikel besagte,
») Seite 4-G.
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Lßher:
der Geheime Rath und Oberste Kanzler jeder Zeit primariam in-
spectionem.
Es hatte sich aber seit den letzten Zeiten des Mittelalters, als
bei den mäditigeren deutsehen Fürsten die aügenidne Jagd auf die
Besitzungen der kleinen ReichsstSnde begann, eine Menge von Man-
daten Korrespondenzen Prozessaklen und Verträgen gehäuft, die
alle die unaufhörlichen Streitigkeilen und Verhandlungen mit den
Nachbarn betrafen. Diese Archivalicnmasse, welche sich sowohl von
den Registraturen der obersten Landesstellen als dem fürstlichen
Landesarchiv abhob, nannte man in Bayern das äussere Archiv,
weil sich sein Inhalt auf auswärtige Angelegenheiten bezog. Im
Gegensatz dazu erhielt nun das bisherige Archiv den Namen inneres.
Kurfürst Maximilian I., ein guter nauslialtcr, wie je einer auf
fürstlichem Throne sass, erliess mitten unter den Kämpfen und Sorgen
der letzten Zeiten des drcissigjährigcn Kriegs am 10. August 1G40
eine Instruktion, welche das äussere Archiv mit den Registraturen
der vier obersten Landesstellmi ans efnandor setzte. Nadidem kur-
fOistliche Durchlaucht, heisst es zu Eingang, »em zeithero verspfirt,
dass bei dero hiesigen registratum und sonderlich bei dem äussern
archiv oftermalen acta und schrflften, ja wohl ganze tomi, daran
Sr. kurfürstl. Durchl. nicht wenig gelegen, hin und wieder veriegt,
vertragen, oder wol gar verloren worden , als haben Sie auf miti,
wie sowol alles wider ZUWegen gebracht und der abgnng ersezt, als
auch inskonflig besser ordnimg bei den registratum und vorab bei
dem äussern archiv ze halten sein niechte, gedencken ln?sen.«
Allen Regi>trntoren soll nun von ihren Vorständen schaiT ein-
^'«•ImtuItMi werden, jedes ihrer Scliriflstücke wühl zu registriren, und
jede Ausleihe zu verzeichnen und Ix'i Zurückkunfl zu löschen. In den
nächsten drei Wochen aber sollen alle und jede Rätlie der oh-rj^fen
Stellen, aber auch die Regierungen und Rentnieister im Lande, welche
Reichs- Kreis- Deputations- und Munztags- Akten, ebenso Grenz-Land-
achailssachen und Verträge mit den benachbarten Forsten und Ständen
aus dem äussern Archiv oder anderswoher bekommen, demselben ein-
liefern, damit alles eingeschrieben werde. Was aber an dergleichen
Schriften und Urkunden neu entsteht oder einläuft, soll von all jenen
Stellen und Behörden entweder dem ftusson Archivar sofort zugestellt,
oder darüber, wenn man ihrer noch bedarf, jedes Vierteljahr ihm ein
Verzeichniss vorgelegt werden, damit er Alles wisse und verzeichne, was
in sein Archiv gehöre. Die Originale der Schriftstücke — Abschriften
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Dai bayerische Archivwesen.
81
daTon können die Behörden zurficklialtcn — soll er, soviel mfiglich, in
festen Bänden vereinigai, dabd mit dem Innern Ardilv konespondiren,
was etwa dorthin abzugeben oder von dort noch zu entnehmen sei.
Der Snssere Archivar soll auch ein genaues und eingehendes Repar-
lorium von allen Grcnzstroitigkeitssachen bereit halten, damit man
bei irgend einem Anlass gleich wisse, welclic Scliriltstücke darüber
handeln. Verlangt ein Kollegium oder ein Rath Archivalien, so soll
entweder der Rogistrator oder der Ra(li sel])st einen Empfangschein
ausslollon, jedes Vierteljahr aber Mahnung um /ui iU kgabe erfolj,'en.
Dasselbe soll bei allen Registraturen Stall finden. Stirbt ein Rath,
der Akten hinter sich hat, die aus dem Ari hiv oder der Registratur
stammen, so soll auf Grund ihres Ver/eiclinisses danach in seiner
Wohnung gesucht werden. Endlich, daniil Alles dies wohl beobachtet
würde und nidit wieder Unordnung aufkomiue, so sollte zu Anfang
eines jeden Jahn ans jedem EoQegiam ein Rath za einer Kommis-
sion zusammen treten, welehe das äussere Archiv visitiren und seinen
Vorstand, sowie alle Registratoren Torfoidem »und zuredt steilen
sollen, ob und was gestalt diser Ordnung nachgelebt werde, was dem
äussern ardüTario in schrfiften abgehe, und wie sich seine und der
andern registratoren register und Yeizaichnusse, die sy gegen einander
halten, verglaichen, was aueh selbiges jähr für neue grencz> oder
andere sachen einkommen, und ob sy eiiigeschriben worden oder
nit usw. und was dergleichen mehr ist, welches sy die verordnete
commissarv gleich alsbaldt zu verbeschaiden , und wan lx>i ainem
otler mehr sonder mengl und unfloiss befunden werden sollen, das-
selbig gehörigen orLlien anzemeklen, damit mau gegen den unlleissigcn
die wcuttere notturft fürnemen möge.«
Diese Verordnung wurtle in allen Kollegien zu fleissiger Obser-
virung und Vollziehung vorgelesen.
i. Qreitheilung der Archive.
Zu dem inneren Archive nun, welches den Kern des jetzigen
geheimen Hausarchivs, und zu dem äussern Archiv, wekfaes den
Kern des jetzigen gefaeunen Staatsarchivs enthielt, sah man sich
anderthalb hundert Jahre später genöthigt, em drittes als das eigent-
licbe Landesarchiv hinzuzufügen. Denn Aktenmassen, die weder zur
Geschidite des kurfürstlichen Hauses, noch zu den au^wärligen Be-
ziehungen gehörten, vielmehr die Landesregierung selbst darstellten,
waren bei allen Stellen und Behörden angeschwollen, und doch ent-
Arehivalitcho Zeludirift. L 0
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82
Löher:
hielten sie noch so viel Werthvolics, dass man nicht daran denken
durfte, sie zu Temiditen. Also erging am 26. Juni 1799 eine Ver-
ordnung, welche die Errichtung eines geheimen Landesarchivs befahl,
Inhalt und Rechte der drei Archive abgrenzte, und dabei zwei für
das gesammte Arehivwesen ebenso heilsame als durchgreifende Grand-
sätze aussprach.
Es sollten nämlich nach Artikel I nicht bloss alle Archive,
sondern auch dio Registraturen in den drei HauptbeliäUnissGn ver-
einigt werden. Daniii war erklärt : dass man Alles und Jedes, was
zum laufenden Dienst nicht mehr nöthig, wohl aber noch nuf-
bewahrungswerlh sei, archivalisch sammeln ordnen und verwalten
solle.
E«: wurden ferin^r tür jedes Archiv zwei Archivare eniMiinl und
im Ai tikcl V gesagt: Diesp sollton »die Landesdireklionen und übrigen
OlxMlaiidesverualtuiig.sstellen zwar nicht ordciillich frc(|uentiren , je-
doch im erforderlichen Falle, und wenn es diese Kollegien für nöthig
finden, können dieselben bcigozogen werden, in welchem Falle ihnen
in den Sitzungszimmern ein angemessener Platz anzuweisen ist.«
Dadurch war mit dem alten H^kommen gebrochen, nach welchem
die Archivare zugleich als Räthe und Sekretäre bei irgend einer
Hof- odw Regierungsstelle arbeitete. Sie wurden jetzt lediglich auf
Uircn Archivdienst angewiesen, und das war um so nothiger, als
dieser altein schon die beste Zeit und Kraft eines Mannes in Anspruch
nimmt, während bei den vielfachen Unannehmlichkeiten gerade des
Archivdienstes in jedem andern Staatsamte, das der Archivnr eben-
falls vollständig bekleiden soll, eine grosse Versuchung liegt, vom
Arcliive abzuschweifen.
Im Hausarchiv sollte man nun hinlcrlet,'en
»alle Länderlhcilungsbriefe, Krbvorträgr, lleirathspaklen, Testa-
mente, Verzichte, Wittumssachen, Appanagon, Venia adalis.
Kaiserliche l'rivilegien Unscrs Hauses, Allodiiil-Vcrlassensi liafls-
Verhandlungen , Regierungsrcsigna lions- und Antritlssui In n,
Trauerfalle, Geburtsfeierlichkeiten und Taufpathsachen, Fürst-
Kcbe und Familien-Begräbnissgegenstftnde, Fiddkommisssacfaen,
Erbverbrüderungen , Reichs- Erz- und Erbämter, FamiUen-
korrespondenzen, natürliche Kinder, Ritterorden- und Provinzial-
Erb&mter befareffende Urkunden und Akten.€
Fflr das Staatsarchiv wurden bestimmt
»alle NegQziatk>nen und Traktaten mit den europaischen Poten-
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Du bajeriadie Arebivwflseo.
83
taten und Republiken, Allianzen, gofülirle Kriege, Subsidien,
Ansprüche, dio Vcrhältnisfse mit dini päpstlichen Stuhl und
das Nuntiaturwesen botrofTondon Aklon, dann dio Rcichstags-
sachen, die Rcichsgeso(/o , Heichsfiiodens-Handlungon und
Sdilüssp, dio Rei('hsdo})ulali()nssa( hon, die Kaiserwabi, Kntnung •
und Wahl- Kaj)itnlatinn-s-Vorbandlungen , dio Kurfui'sU'ntage,
Kreissachon, alle Krtnsläge, Kreisexekutionen, Kauinu igi'iiclils-
präsentalionen; Rcichsmatrikulanvcsen , Reichskontingente und
Römennonate, die Kammergerichtlichai Gegenstände, als Vid-
tationen, Kammerzieler, Kurpr&sentationen, Ansteflung der
Prokuratoren und Agenten, die ReichshofrätUichen Angelegen-
heiten, als Reichslehen-Empfibngniss, Relerien und dergleichen,
wegen Eonneuon der Sachen auch das ganze böhmisdie Lehen-
wesen, dann das aktive und passive Gesandtschaftswesen.«
bi das Landesarchiv kommen
»dio Ankunftstilel der Graf- und Herrschafion oder Landge-
richten, die dazu gehörigen Saal- und Lagorbücher, die Grenz-
besclireibungen , die Regalien als Mauth- Borgwork- l'nigeld-
Mustorung- Wildlangsreclite , päbstlichc Monaton, Panisbriefe,
Rechte der ersten Bitte, Jagdregalion, hohes Forstroclit, Forst-
ordnung, Froigoldor, Landschaflssachon, Privilegien der Stände,
Landt.itrsakten, Postulatshandlungen, Steuersaclien. Jurisdiktio-
nalien, iioiuiarks-, Dorfgericht-, Kdelsil/.e-, Kdeluuums-, Frei-
heits-Konzessionen der Stände und Landsassen, die Munizi-
palftttssadien und Privilegien der Städte und Iffirkte, die
Besitzungen des geisUichen Standes, Landesklfister und Stif-
tungen, die Privilegien und Uikunden des Bauemstandes, die
Lehensachen, Lehenskatasler, Lehenbriefe, Ritter>Pferdsakten,
die Landes- Güter- und Volkslieschreibungen, die Verhältnisse
mit den angrenzenden und allen iibrigen deutschen Staaten,
soweit sie aus der Nachbarschaft entspringen und von dem
Lande selbst honrühren, c
Die Dreitheilung von 1799 bildet noch jetzt die Grundlage : jedoch
hat sich, wahrend Hau?- und Staatsarchiv blieben was sie waren,
das geheime Landesarchiv zum alltn inoinon Reichsarcliiv i iwcitert
und zu gleicher Zeit seine Gliederung und Wirksamkeit über das
ganze Land au^;cdchnt.
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84
L5lier;
6., Ausgezeichnete Archivare.
Bei soviel Fiirsort,'!', wcldic die Fürsten persönlich tloii Archiven
widmeten, erble sich von Altei's her ein grosser Schatz von Urkunden
• Amtsbächcm und Akten fort, der — vorfibergehendc Unglfickszcitcn
abgerechnet — treulich t)ewahrt und beständig vermehrt wurde.
Dabei aber hatten die Archive das Glück, eine Reihe von bedeuten-
den Männern an Ihrer Sjulze zu sehen.
Schon im fünfzehnten Jahrtiundert waren die Urkunden des
Briefgewölbes, das sich unter des Kanzlers Aufsicht befand, von den
Archivaren systematisch in Schreinen und Schiebladcn einfrcllieill.
Auf die Rüclv?:(Mto schrieben sie ein kurzes Regest, um jedes Stück,
aucli ohne das Perp:anienl zu entfalten , gleich finden zu können.
In den ersten Jahr/.ehntcn des folgenden Jahrhunderts verfasslo der
Sekretär Augustin Kölner ein fortlaufendes Regesfen- und T'rkundcn-
werk, dessen einer Theil noch im siebzehnten .lalirliunderl gednu kt
wurde, das erste Werk dieser Art in Deutsdiland. Es sind clio
»brieflichen Urkunden, soviel derselben im Gewölb zu München vor-
handen, die viel Jahr verlegen, in dieses Buch durch Augustin
Khdbier, Ihrer fOrstlichoi Gnaden alten Sekretären, zum Theil sum-
marie und zum Theil von Wort zu Wort registrirt und in bessere
riditige Ordnung nach den Jahrzahlen Christi, m jedes Fürsten Re-
gierung nach einander ausgangen, gebracht worden.« Ausser dieser
merkwürdigen Druckschrifl , die jedoch ohne Jahreszahl und Druck-
ort erschien und wohl nicht für die Oeffesitlichkeit bestimmt war,
ist von Kölner im R(Neli-archiv noch eine hnndsi briftliche »Archiv-
besclu'eibung«, worin er für beide »Briefgewölbe« Lade für Lade den
Inhalt der Urkunden, welche darin lagen, theils kurz theils ausführ-
lich angiebt.
Als Herzog Albrecht V. 1 5 75 fand, das- > im Brief-nnd Kanzleigewölh
die darin verwahrten geheimen >a(lu>n uiul Ijrieflichen Urkunden etwas
in Unordnung und Zerrüttung kommen < , wandte er si( b an seinen
früheren Archivar, dem gelehrten Krasmus Venl. Dieser hatte in-
zwischen die bedeutende Stelle eines herzoglichen Ratlis und Kast-
ners — auch KÜnef war bei seinem Tode lö49 Grosszollner in
München — erworben, und vertrat auf Reisen bei dem Fürsten
Kanzlers Stelle. Der Herzog begehrte: er solle sich des Rentamts
ganz entscfalagen und nach seinem besten Fleiss und Verstandniss
das Archiv in gute Ordnung und Richtigkeit bringen und registriren,
Üiyilizcü by GoOgle
Diu bayerische ArebiYwesen.
85
und sich dann durch keinen Besuch von Rällieii oder Koiinnis.sionen
liindern lassen, es ?ei denn, der Fürst bofelile ihm in ei|jener Person
etwas Anderes zu verrichten. Dafür bewilligte er ihm Unabsetzbar-
keit und ansehnliche Besoldung auf Lebenszeit
Von Kölner und seinm Nachfolger, dem Doktor Schwapach,
woide das Archiv nach einem festen System geordnet, und dieses
musste noch i)ir Nachfolger, Doktor Galling, zu Grunde I^n,
welchem Wilhebn neben seinem Rathsdienst 1586 die ArchivprSfek-
iur (ibertrug und zwei Archivschreiber zur Hälfe beigab. Ein neues
Regestenwerk verfasste der aus dem Jesuitenorden dimittirte A ro-
den ins, welcher noch von Ilor/.op: Wilhelm IV. berufen war, um
Avenlins Geschichte für den damals am Hofe herrschenden Geschmack
mundgerechter zu machen, und es dahin zu bringen wusste, dass er
Archivar wurde. Dieses sein Amt endigte schon 1594, aber aus den
wenigen Jahren dessolboM riihivn ausser dem Archivum Monaconso,
einer Beschreibung ganzen Archivs, seine vier Bände Rc^rislra-
tura sumniaria lier, von welchen ilie ersten drei aurli mit einem
Index versehen sind. Beidf> hanilschriftliche Werke sind noch vor-
handen. Arodenius Nachfolger war Doktor Gewold, der vielschrei-
bende Genealog und Historiker, Maximilian I. vertrauter Geheim-
sekretär, welcher fast ein Menschenalter hindurch das Amt bekleidete.
Seine, wie seines Vorgängers rechte Hand bei dem Ordnen des Archivs
war der flelssige Lieb, der auch vier Bände handschriftlicher Nach-
träge zu Hundts bekanntem genealogischen Werke hinterliess.
Unter den späteien Ardiivaren shid hmorzuheben Adlzreiter
von Tettenwciss, dn ausgezeichneter Jurist, der von lß38 bis 1662
geheimer Ardiivar, die letzten zwölf Jahre auch Gelmer Kanzler
war, — sodann v. Unertl, 1696 geh. Archivar, der »auch in An-
sehung der von demselben mit dem Arcliiv vorgehabt öftere Mani-
pulation und der daraus gezogenen nicht gemeinen Wissenschaft der
Secret und Archivalien« 1726 ebenfalls zum wirklidien (!eh. Kanzler
ernannt wurde, — Aettenkiiofer. der 1731 Archivadjunkt wurde, und
von seiner länger als ein Mensciienaltor dauernden Thäligkeit Spuren
genug im Archiv zurückliess, — endlich Lori, der geistvolle und
freisinnige Mann, der, seit 1764 Archivar, vier Jahre später auch den
Rang eines Geh. Raths, wie alle bayerischen Archivare vor Ihm, erhielt.
In unserm Jahrhundert aber haben sich von fünf Reichsarchiv-
direktoren vier auch durch historische und andere Schriften wohl-
bekannt gemacht, Ritter von Lang, die Freiherren von Freyberg
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Löber:
und Hormayr, und v. Rudhart» denen der Direktor des Geh. Haus-
und StaatsarchiTs, Frfar. Are t in, zuzuzählen.
Nicht vergessen aber darf man die ÄrcbiTare, welche Uricunden-
schätze, die erst durch die Säkukrisitung und Mediatisirung m die
bayerischen Archive kamen, m Ordnung brachten. Besitzen wir doch
selbst schon aus Karolingerzett das kostbare Freisinger Urlcunden-
werk cUs Kozroh! Weiss doch fast jedes grössere alte Archiv auf
bayerischem Gebielc hochverdiente Vorstände zu nennen, wie Schätzel
zu Würzburg, Strebe! zu Biunlxrg, C4onrad zu Passau, Zirn-
giebl und Gmain er zu Regensburg. Und welche Männer hätten
sich um die archivalische Wissenschaft im vorigen Jiilirhunderl ver-
dienter gemachl , als der Plasscnburger Spiess, der Würzburger
Fries, der Z\veiljrüci(er Baclimann?
E.s war ganz natürlich, dass auf bayerischem I3oden ^ich so
früh und ergiebig Lust und Fleiss kundgab, die alten IVrgainonte
neuzubclebcn. An die iiistorisdien Werke von Hundt undMeichel-
bcck, an die Urkundeu-Editionen von Pez und Ocfclc, schlössen
sich alsbald die Honumenta boica, die seit 1763 durch das Ver^
dienst der Ältesten Mitglieder der Akademie der Wissenschaften be-
gründet und vom 33^ Bande bis zum 42. an durch die Rdchsaichiv-
beamten Wittmann, Muffat, Rockinger weiter geführt wurden,
— die Regesta Boica, die in 13 Bänden durch die Reiclisarchiv-
vorstände Lang, Freyberg, Rudhart, — endlicli die Quellen
und Erörterungen zur bayerisclien und deutschen Gescliichte,
die in 10 Bänden aus den Münchener Archiven und Bibliotheken
von deren Beamten Quellenschriften brachten.
Ii. Raichtarohiv mit Kreisardilvan.
1. N«i]er ArchiTalien>Brwerb.
Mit den sükularisirlen und uiediatisirlen Ländern Städten und
Klöstern gingen an die Krone Bayern zaldreiche Archive über, und
gerade diese Archive gehörten zu den ältesten reichsten und wohl<
geordnetsten in Deutschland.
Da waren die Archive von Reichsstädten wie Augsburg, Nüm-
lierg, Regensborgi Uhn, Nördfingen, Rothenburg, Weissenburg, Winds-
heim, Lindau, Memmingen, Kempten, Kaufbeuem, — von geistlichen
Fflrstenthfimem, wie Augsburg, Regensburg, Passau, Freyung,
Chiemsee, Eichstädt, Bamberg, WQrzbuig, Speyer, Kempten, Bercfates-
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Das bayeriächc Archivwesen. g7
gsden und Salzburg, — von weltlichen Färstenthdmern wie An»*
badi, Bayrcutli, Kulmbadi, Asehaffenburg, Kurpfalz, Zweibrficken,
Neoburg und Sulzbach, Burgau, Oettingen, Mtmtfort, Leuchtenberg,
Reichslandvogtei in Schwaben, — femer die Ritterschailen , der
Deutschorden, Malteserorden, Jesuitenorden, — endlich die grosse
Menge der Reichsdtifker und CSiorstifter Abtäen Klöster und
Karthansen.
Wie umfassend schon in der Kloslerpnippo der Erwerb war,
m^e eine blosse Aufzählung der Namen bekunden, die im Rcichs-
archiv mehr oder weniger vertreten sind: Al)en.sberg:, Adelberg, Adlers-
IxTf» oder Arlesberg, Ahausen, Aldersbach, Allenliolienau, Altenötling
(Cliorstift, Franziskaner, Jesuiten), Altmünster, Amberg (Franziskaner,
Jesuiten, Paulaner, Salesianerinnen), Andechs, Anhausen, Argcnhart,
Aspach, Attel, Au, Augsburg (St, Katharina, Kunneliler, Dominikaner,
St. Georg, St. CJcrtrud, hl. Kreuz, St. Moriz, St. Peter. St. Stci>ban,
Maria Stern, St. Ulrich und Afra, St. Ursula, St. Anna, Jesuiten),
Bauniburg, Bebenhausen, Beuerberg, Beiliarling, Bcilngries, Benedikt-
beuern, Berchtesgaden, Bernried, Beuern, Biburg (Benediktiner,
Jesuiten), BDdenreutb, Bkubenem, Burgau, Burghausen, Cham,
Ghieoisee (Herrn- und FVauen-Cihienisee), Deggingen, IKessen, DielAirt,
Dietfam8zel],I)iUingen (Dominikanerinnen, Franziskanerinnen, Jesuiten),
Dingolfing, Donanwarth, Dinkdsbühl, Ebersberg (Benediktiner, Je-
suiten), Echenbrunn, Eggenfelden, Eichstadt (ßL Willibald, St Wal-
bnrg, Dominikaner, Jesuiten), Elchingen, Elsbethenzell, Ensdorf, Ettal,
Formbach, Frauenzell, Freising (St. Andrä, St. Johann, Pauliner,
St. Veit, Franziskaner), Freistadt, Fürstenfeld, Fürstenzell, Füssen,
Fultenbach, Gars, Geissenfeld, St. Georgenlxirg, Gnadenberg,
Gottszell, Grönenbach, Gutelsfein, Gutlenzell, Habacli, Ilerrieden,
Ilcrwärtingen , lliuniielsthrün, Ililpoltstein, Höglwörth, Ilohenwarlh,
Holzen, Ulmünster, Indersdorf, higolstadt (Augustiner, Franziskaner,
Gnadenthal, Jesuiten), Innsbruck, Irrsee, Isen, Kaiserheini, Kastl,
Kaufbeuern, Kelheim, Kemnatli, Kirchheim, Königsbrunn, König.s-
hofen, Kreuzlingen, Kulibacb, Landau, Landsberg (Jesuiten, Ureu-
linerinnen), Landshut (Chorstift, Dominikaner, Franziskaner, hl. Kreuz,
Jesuiten), Langenau, Lauingen (Augustiner, St. Agnes), Lenzfried
(Franziskaner und Franziskanerinnen), Lichtenstein, Lierzheim, Lindau
(fitrstl. Frauenstift, Baifiasser), Maliersdorf, St Mang (m Stadt am
Hofy, Mannsee (Mondsee), Mariaburg, Marchtall, Maria Maiungen,
Mariastein, Matsee, Mattigkofen, Medingto, Hedlmgen, Memmingen
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88
Löher:
(Aiigusliiier, Kreuzlierrn, Maria Garten), Metten, Michell^ouern,
Micheirddon , Mindcllicim , Monheim, Moosborg, Ufihldorf, Mün-
chen (Ghorstlft, Anger, AugusUncr, Bannherzige Brüder und
Schwestern, am Lilienberg, englische Mulein, Franziskaner, zum
Bitrich, Ridlerfirauen, Hieronymitaner, Jesuiten, Earmeliten, Kanne-
litinnen, Minoriten, Paulaner (BasOier), Salesianerinnen, Senriten,
Theatiner), Münchsmfinster, Hurhart, Meresfaeim, Neubuig (St Peter,
barmherzige Brüder, Benediktinerinnen, Franziskaner, Jesuiten,
Karmeliton, Kamiolitinncn), Noukirchcn, Neuwettingen, Neustadl
a. d. Aisch, Neustift, St. Nicola, Niederaltoich, Niedernburg,
Niederscliöncfold, NiodeiTiclibacli, Oboraltoirh, Oborfjchönofekl, Oster-
hofen, Sl. Oswnld , Ottobenern, Pilring, PättpiKlorf, Passau fl'Vanzis-
kaner, Jesuiten, Kai)U/.iner)^ Petersberg (oder Matron), PfanV'tiliofeii,
Pfanenmünster, Pfarrkirchen, Pfreimt, Piolonhofen, l^lanksteltcn,
Polling, Priel, Prüfening, Raitenhaslach, Ratiisau, Ransliofen, Rallen-
Im'I-^'-, Rebdorf, Regen>burp (St. Emmeram, Xie<lermiin>ter. Ober-
niünsler. Alte Kapelle, St. Paul, Augustiner, Dominikaner, hl. Kreuz,
St. Clara, Franziskaner, Karmeliten, Minoriten, St. Jakob [Schotten J),
Reichenau, Reichenbach, Reichersberg, Reitberg, Rincbnach, Roggen-
burg, Rohr, Roth, Rattenbuch, Sahnansweiler, St Salvator (Prämon-
stratenser). St Salvator (Augustiner), Schamhaupten, Scheuem,
Sclilehdorf, Schliersee, ScfaäfUam, Schönthal, Schrägau, Schrobcn-
hausen, Schussenried, Schwarzhofen, Seemanshausen, Seligenthal,
Seeon, Söflingen, Solenhofen, Speinshart, Stadt am Hof (Franzis-
kaner), Steingaden, Sfranliing (St. Jakob, Franziskaner, Jesuiten,
Karmeliten), Suben, Sulzbach, Sunenbmg, Tegernsee, Thierhauplen,
Tölz, Türkhoim, Urfahrn, Sl. Veit, Vilshofon, Vohburg, Walderbach,
Waldsa>scn, Weinrn, Weilienstephan. Weilheim. Weingarten, Weiden,
Weltenburg, Wessobrunn, We>(erwinkl, Wettenliausen , Wiblinp'en,
AVilten, Wilzburg, Winsberg, Wörishofen, St Woifgang, Zeilhofen,
St Zeno, Zimmern, Zwifalten.
Ausserdem sind im Reichsarchiv noch Urkunden, jedoeh in der
Regel nur ältere, von folgenden Karthausen Klöstern Ghorstifteru und
Reichsstiftern voriianden :
Zur Alben, Amorbach, Anhausen, Ansbach, Aschafifenburg,
Aschfeld, Aura, Bamberg (Karmeliten, Dominikaner, St Getreu,
Franziskaner, St. Gangolf, Heiliggrab, St Jakob, St Klara, St. Stephan,
St Theodor), Banz, Berg bei Worms, Bergen, BikUiausen, Birkach,
Birkenfeld, Birklhigen, Bleidenstadt, Brixen, Brombach, Ghristgarten,
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Das bayerische Arcbivwewn. 89
St. Klara bei S|K>yor, Disilnadeiiberg , Donnorsijcrg, Khtucli . Ep:or
(St. Klara), Elhvarifron, Engelj^arton, Enfrelthal, Enkenbach, Eiisst rs-
Ihal, Feucblvvangcn, Forchheiin, Frankenliml, Frankfurt a..M., Frauen-
aurach, Frauenroth, Frauenthal, Fulda, Gengenbach, St. Goar,
Gottweicb, Gründlacbf zum Hani bei Bolanden, Hailsbronn, HaHsbruck,
Hansen, Heidenfeld, Heidenheini, Heidingsfeld, Heiligenthal, Hemmen-
rode, Herdt, Himmelqpforten, Hof (Karmeliten, St. Klara, Fnuztskaner),
Ifob, Hornbach, St Johann unter Wildberg« Kaiserslautem, Kirch-
berg, Kitiingen, Kogowe, Kombnrg, Kulmbaehi St Lambrecht, Lang-
heim, Liebenau, Limburg, Lobenfeld, Lorsch, St Magdalena bei
Wfirzburjr, Maidlironn, Marburghausen , Maricnstoin, Marienlhal,
Heran, Michelsberg, Mosbadi, Münchaurach, Münnerstadt, Münster-
dreisen, Neuenburg bei Heidelberg, Neuenstadt, Neunkirchen, Neu-
stadt a. M., Neustadt a. d. S., Nonnenmünster, Nürnberg (Augustiner,
Karthäuser, S(. Katharina, St. Klara, Doutscliorden, Dominikaner,
St. Egidien, Franzi>kaner), Ober/ell, Oetfingen (Dnitschorden), Otter-
berg, Pillenreut, Ramsen, Uodenkirclien, Rosenthal, St. Ruprechl-s-
berg, Rothenijurg (Augustintn-, Deutschorden, Dominikaner, Domini-
kanerinnen, Franziskaner, Johanniter), Salzburg (St. Peter, am Non-
berg), Scbeftersheim, Schlächtern, Schlüsselau, Schmalkalden, Schönau,
Schönthal, Schwarzach, Seligenpforten, Seligenstadt, Sonnenfeld, Spalt,
Speyer (Geimansstift, Guidoetift, Heiliggrab, St Harx), Steinach, Sulz,
Syoo, Tettwang, Theres, Triefenstem, Tückelhausen, Tulba, Unterzell,
Usbergi Veilsdorf, Vestra, Wadgassen, Weehterswinkel, Welssenburg,
Weissenohet Welchweiler, Wiesenate^, Worms (Andreasstift, Ifartins-
stifl, Paulstifl), Würzburg (St Afra, St. Agnes, Augustiner, Beguinen,
St. Ourkluirt, Karmeliten, Deutschorden, Dominikaner, Franziskaner,
Stift Ilaug, Johanniter, St Marx, Neumünster, Sctiotten, St Stephan),
Wolzburg.
S. V e r 0 r il n II iig von 1812.
Wohlthütig wirkte nun für die Erhaltung all dieser vielen kleinen
und grossen Archive der alte schöne konservative Sinn in Bayern,
der auch in der französisch-revolutionären Zeit nicht ausging. Wohl
ist sehr Vieles und sehr Werthvolles verschleudert und zu Grunde
l^ogangen : im Ganzen jedoch in keinem deut.sehen Lande so wenig,
als in Bayern. Gelreu viehneln- der hergeljrachtcn Fürsorge für die
Archive, wurde nicht daran gedacht, wie man sie yorthellhaft unter
den Hammer, sondern wie man das Beste daraus in eine Ordnung
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Loher;
bringe, welche dem neuen Staatswesen sich angliedere. Man wolUc
die »mehreren bedeotende», zum Theil sehr wichtigen Archire der
fiberkoiDinenen Besitzungen« einem Zustande entzidien, in welchem
sie »in ▼erschiedenen LokalitSten nicht nur einer gehörigen Aufeicht
nicht unteigeben und der Crefkhr der Zersplitterung ausgesetzt waren,
sondern auch nicht zweckmässig benfitzt werden konnten«. Am
6. Febr. 1811 wurde der Regierungskanzleidirektor Joh. Heinr. Lang
von Ansdbach nach Hänchen berufen, um dio sämmtlichcn T.andcS'
archivo zu orfranisircn, und nach scharfen Gefechten, die er mit don
Vorständen des geh. Haus- und gell. Staatsarchivs zu bestehen halle,
kam die Verordnimp: vom 21. April 1812 ZU Stande, welche das
Rcichsartiiiv und seine Filialen schuf.
Es heisst darin :
»Das bisheri^'O ^'clit iinc Laiidcsarcliiv hört von nun an auf,
und geht mit allon meinen iiestandlheilen zum Ueichsarclüv
als dessen Grundlage üi)er.
Die sämnitlichcn, wo immer im Keiche befindlichen einzelnen
Archive hören gleichfalls auf, selbstständige Archive zu sein,
und sind, ob sie gleich vor der Hand in ihren bisherigen Lo-
kalitäten verbleiben, als Filiale des Reichsarchivs zu betrachten,
dass sie demselben untergeordnet, in fortwährender Verbindung
mit ihm gesetzt, und gleichfSrmig mit ihm eingereihet wmien,
so dass ihr Urkunden- und Aktenbestand als Theile des all-
gemeinen Reichsarchivs, und ihre Re[)crtorien, welche sogleich
herzustellen und zum Reichsarchive einzusenden sind, als
Theile des alida hinterliegenden Generalrepertoriums anzusehen
kommen.
Eben so hört das bisher ^'osondert bestandene ZentralK^hcn-
archiv auf und geht zum Reichsarchive über, und Wir wollen,
dass die unmittelbare Vereinigung mit demselben, sobald die
Re|)ertorien fibergeben sind, vorgenommen werde.
In Folge dieser Verfügungen wiid nun das Reiclisarchiv alle
Urkunden, alle zu ihrer Erläuterung nöthigcn, oder ihnen an
ü^cfatigkeit gleleluntstellfliiden Akten, insofeme sie nicht zum
Ressort des Staats- und Hausarcfaivs gehören, femers alle Ur-
kunden Bücher und archivalische historische Merkwürdigkeiten
in sich begreifen, welche bisher in den vorgenannten geson-
derten Archiven, dann in den Archiven der Uns angefallenen
Lande, der vormaligen Landstände, der aufgehobenen mittel-
Üiymzao by v^üOglc
Das bayerische Arehinveaen.
91
buren Klöster und der zentralisirten Stiftimgen sich befunden
haben.
Auch aus den Archiven der Medialisirten soll das lU^u lisarthiv
alles das aulnehnien, was die allgemeine Geschichte des Landes
und die an Uns übergegangenen Iloheilsrechte bcüifTl. Wir
werden desswegen die Repertoricn dieser Archive einfordern
und Unserm Reiehsaichivdirektor sustelleii lassen, damit dei>
seU» die geeignete Auswahl treffen, und* wir sonach wegen der
Ablieferung des Gewählten das NOthige erlassen kOnnen.«
8. Zentralisation.
Nach vorstehender Verordnung urogreill also das Rcichsarchiv
das archivalische Material im ganzen Lande, soweit es der Krone
gehört, wo immer es sich befinden mag, ausgenonmien nur das geh.
Haus- und Staatsarchiv. Letzteres sollte aber auch über die Grenz-
differenzen die Kollogialakten zum Rei(hsarchiv abgeben.
Die früher selbstständigen Archive wurden also in blosse Ab-
theilungen oder Filialen, ihr Inhalt in Bestandtheilc des Rcichsarchivs
verwandelt. Folglich mussten die Zweiganstaltcm in ihrer Verwal-
tung gänzlich und allein dem Reichsarciiiv unterstellt , und dieses
musste in den Besitz von Abschriften ihrer Reperlorien über ihre
Aicfaivalien gesetzt werden.
Der Grundgedanke war, das gesammte Archivwesen von einem
Zentralpunkte aus durch Sachverständige zu leiten, alles in einem
und demselhen Geist zu verwalten und nach gltichen Nonnen ein-
zurichten.
Zweifelkis bat diese scharfe Zentralisation heilsam gewirkt Nur
durch sie liess sich, wie die Dinge einmal lagen, das Archivwesen
zur Blüthe bringen und seinem Personal beständig die Anregung
geben, deren Archivbeamte mehr als andere bedürfen.
Es ist nicht ohne Interesse, eines energisciien Versuchs zu ge-
denken, diese Zentralisation zu brechen. Da jede Kreisrejrierung
Ix'Ponders viel mit dem Aidiive ihres Bezirks zu tiuin hat und ge-
wöhnt ist, über die säninitlichen untern Verwaltungsbehörden zu
gebieten, so lag es sehr nahe, als man 1825 die ohrrsten Verwal-
tungsstellen in den Provinzen neu lonnirte und Einfacliheit und
Sparsamkeit sich zum Ziele setzte, auch die Provinzialarchive den
Regierungen anzugliedern. Die Verordnung vom 17. Dezbr. genannten
Jalu?es ordnete sie abo den Regierungsknnunem des bmem der
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92
Luher:
Kreise unter, und befahl, dass über jedes ein hiczu vorzüglich ge-
eigneter Regierungsrath die Respizienz fOhren und die Etats ^mml-
lieber äussern Archive und Konservatorien unverzüglich revidiren
und auf den nöthigsten Bedarf bemessen solle. Was aber folgte
dieser Verordnung auf dem Fusse? Verwirrung und Lähmung der
Aichivthätigkeit, und alsbald kam die Einsicht, dass Archive nur
von Sachverständigen, d. h. von Archivaren, zu leiten. Schon ein
Jalir spüler verkündigte eine neue Verordnung: dass d\o 'nschafl
ilor äussern Archive und Konservatorien als integrireiulor liesland-
Iheile des Reiclisarchivs nicht aufgehoben sei, und dass die Anord-
nungen zur Einrichtung derselben nacli wie vor vom R(>irlisarchiv-
vorstarule ausgehen sollten : nur solle er sich desshalb an die Kreis-
i i Lni rnngen wenden , diese aber seinen Requisitionen schnell und
jiiiükllieh entsprechen. Das ganze Resultat war also, tlass das
Reiclisarchiv jetzt seine Anonhiungen auf di-ni Umwege durch die
Regierungen erliess. Eilf Jahre lang hielten sie diese Weitscliwcifig-
Iceit, sowie das ihnen übertragene Beaufsiclitigungsrecht fest: dann
erfolgte am 21. Jan. 1837 der allerhöchste Befehl:
Wir finden Uns allergnädigst bewogen, sowohl zur Verein-
fachung der Geschäfte, als zur Wiederherstellung der noUi-
wendlgen Einheit in d^ Leitung des Archivdienstes und der
unerlässlichen Verbindung zwischen dem Reichsarchive und den
äusseren Archiven Archivskonservatorien und Aktendepots zu
verordnen, was folgt:
Unser Rei( hsarchiv hat von dem 1. April 1. J. an die obere
Leitung und Beaufsichtigung der noch bestellenden äusseren
Archive und Archivskonservatorien wieder zu ühernehnien: es
treten daher an dieseiu Tage an die Archive zu Nürnherg
Bamberg Würil)urg und Speyer, dann die Archivskonsei vatoi ieii
zu München und Landshut, und die Depolregistratureii zu i\eu-
burg an der Donau und zu Aiuberg zu demselben in das Ver-
iiältniss unniiltelharer Untercjriiuuug.
Jedoch blieb den Regierungen mit vollstem Recht die Befugniss,
dh%kt Aktenvorlage von den Unterarchiven zu verlangen.
4. Acht Provinzialarcbive.
Da es ebenso unnöthig als unmöglich war, für die grosse Zahl
der Archive der Klöster und Land- und Rdchsständeeinegldche Menge
Beamte anzustellen, so trachtete man von Anfang an danach, die
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Dos bayerische Archivwesen.
93
vielen kleinen Archive in jrrössereii Sainnilunfron v.u vorcinifri ii. Je
nacli iliirr flrösso und l?etleutung nnnntt> miin sie Archive oder
An'hivkonservatorieii oder Regislralurdrpols. Im Jahr 1820 jrah es
in den Provinzen nur noch vier Archive, ncinlich zu Nürnl)org
Bambei^ Würzburg Dillingcn, sieben Konservatorien, die zu Speyer
Mönchen Landshut Arnberg Neuburg Andiech Regensbmg, und
acht Depots, die sich in den genannten Stftdten und ausserdem zu
Aschaffenburg befenden. Gfinzburg Suhbacfa Eichstädt Kempten
und andere St&dte hatten die Landesarchlve, welche dort lagerten,
hergeben müssen.
Nun schien aber nichts naturlicher, als dass man stets zu dem
Gedanken zurückkehrte: jede Provinz müsse ihr Provinzialarchiv
haben, worin all ihi-o öfTentlichen Archivalien vereinigt seien. So
wurden mehr und mehr Arcliive cin^rezogen, bis es zuletzt nur noch
die aclit Kreis- o<ler Provinzialarchive gab, nemlich
in Mvinclien für Oberhavern,
in Landshut für Niederbayern,
in Amberfj: für Oherj>falz und Rej^ensburg,
in Neuburg für SchwabcMi und Neuburg,
in Nürnlxjrg für Mittelfraiikcn,
in Bamberg für Oberfranken,
in Wfirzburg für Unterfiranken,
in Speyer ffir Rheinpfalz.
Drei von. ihnen fOhrten, weil sie auch grosse Urkundenarchive
waren, — Nürnberg Bamberg Wfirzburg, — den Titel »Archivec,
die andern fOnf mussten sich mit dem niedem Titel »Ardiivkon-
servatorienc begnügen; denn sie hatten fast nur Akten und Amts-
bücher, da Ihre Urkunden und Kodizcs zum besten Theil in's Reichs-
archiv gewandert. Die Vorstände der vornehmeren Archive hicssen auch
»Arcliivarc«, die der übrigen bloss »Archivkonservatoren«. Weil aber
diese Unterarchivesummtlich in ihrer Besetzung und Lei^^lung sich unge-
mein jümlich waren, so wollte man sie auch Im Namen gleichstellen
und drückte 1837 auch die drei Archive wie im x\anien, so in Rang
und (iehalt ihrer Vorstände zu »Archivkonservalorien« herunter.
Dieser Name, w^elcher sich zusammensetzte etwa wie »Gallerie-
bewahranstalt«, war aber noch nicht der unglückücliste : nachtliciliger
nodi wirkte der Titd >Arehivof8zian(en« fär die zweiten Beamten;
denn er erinnerte gar zu sehr an »Zoll- oderSteoefofBziantenc, und
Hess die Meinung aufkommen, man bedörfe, um Archivoffiziant zu
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94
Löher:
werden, keine luiliere wi>sonschaftliclic Bildnnpr. Eine ähnliche Miss-
achtnnpr hinpf an dem Titel der drillen lJeanitenkla:iSC der Arcliiv-
zenlralstelle, iler ; lleii lii^archivkanzlist« lautete.
Als nun der Grundsatz zur Geltung gebracht war, dass Nie-
mand an den neun Archiven angestellt werde, der nicht dfe Univer-
sität absolvirt habe, so wurde dorch eine Terardnung von 1865 der
Titel »Rdchsarcfaivkanziist« in »Reichsarchivsekretärc und der
Ofn^ant^name in »Archivsekretärc umgeändert Allein erst am
21. Dezeml)er vorig<en Jalirs verschwand auch der hfissBche Doppel-
titel der Unterarchive, und hdssen sie jetzt gleichmfissig »Kreis-
archive« und ihre Vorstände »Kreisarcbivare«.
Dieser Süssem Gleichstellung muss nun auch mehr und mehr
die im Inhalt folgen. Im Wesentlichen ist sie bereits vorhanden;
denn um eine Rechts- oder Thal sachenfrs^ aus Archivalien des fünf-
zehnten Jahrhunderts zu beantworten, braucht es dieselbe Bildung
und Feinarbeit, als wenn sie durch ältere Schriftstücke zu lösen wäre,
r.is in's IVinf/elinte Jahrliundcrt aber gehen die Akten und Amti;-
linch' r sfiiuintlii her Kreisarchive zurück. Es haben auch diejenipren,
well lie liiiiier keine gesonderten Urkundenarchive hatten, seit zehn
Jahrin an^M'fangen, ihre Urkunden aus den Akten zu sondern und
Reihen von andern Urkunden aus ihrem Kreise zu saniiiieln. So-
bald vier dieser Archive grössere und l)esserc Lokale gewonnen
haben, können ihnen auch vom Reichsarchive die Archivalien xn-
fliessen, die sie zur Vertretung ihres Kreises brauchen.
ft. Reichsftrchivdirektion.
Aus dem Vor^n erhellt, dass der Reichsarchivdireirtor der un-
mittelbare Vorstand von neun Archiven ist, welche als Abtheilungen
einer und derselben Anstalt im Lande vertheüt sind. Die Antrilge
auf Anstellung oder Entlassung ihres Personals gehen von ihm aus,
er hat Urlaub zu gewähren, Ffdiigkeit und Leistung eines Jeden in
den Qualinkationstal)eUen zu würdigen, und ertheilt den Kreisarchiven
Vorschriften und Aufträge gerade so wie am Reichsarchive. Denn
seine Aufgabe ist es, den gesaminfen Geschäftsgang der neim Archive,
sowie ihre Ordnungsarboiten, insbesondere niicli ihren Dienst für den
Staat wie für die Wissenschaft und Privatpt rsnneti, m leiten zu
überwachen, und tiieihveise selbst zu vollziehen. In seiiK in Namen
werden alle l'.eiiclife und Anträge dem Ministerinni unterbreitet und
erfolgen die Erlasse und Instruktionen an die Arcluve.
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Dm bayerische Archivwesot
95
Zur Besorgung dieser (lt»srliäfto sind ihm lliithe As.sessoren
und Sekretäre zugesellt. Jcnlocli bilden sie keine kollegiale Behörde,
sondern weil es sich unmittelbar um Bewahrung und Verwaltung
TOQ SUatagat handelt, so ist der Dfreltor seihst TentntwortUch.
Es ergiebt sich ferner aus der selbststfindigen Stellung, welche
das ArduTwesen In Bayern ekmhnmt, dass auch die Leiinng des-
selben möglichst frei und adbstst&ndig sein muss, deshalb unter keiner
andern BehSrde, als dirdct unter dem Mhiisterlum stehen kann.
Die grundlegende Verordnung von 1812 verordnete deshalb Folgendes:
Die Direktion des Reichsarchivs sldit unmittelbar und aus*
schliesslich unter dem Ministerium der auswärtigen Angelegen-
heiten , und erhält von keiner obersten Behörde, als d^
dirigirenden Minister dieses Departements, Befehle.
Der Diiokfor erstattet in allen Arcliivsgegcnständon den Vor-
trag an d('iisell)cn. Was von anderen Ministerien an das
Fieichsarchiv gelangi'n soll, wird auf dem Wege der Konunu-
nikaliou an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten
gebracht.
Alle Verfügungen an die Generalkommissariate, Finanzdirek-
tionen und andere Stellen hat der Direktor des Reichsarchivs
durch einen schriftlichen Antrag an den vorgesetzten Minister
zu veranlassen.
An die untergeordneten Filialarchive ertheOt er unmtttdbar
unter der Firma des Reichsarcfaivs die erforderlichen Anwei-
sungen, welchen sie genau nachzukommen haben.
In allem Wesentlichen gilt das noch heute, nur mit dem Unter-
schiede, dass das Reichsarchiv dem Staatsministerium des Innern
unterstdlt ist, und dass es seit den letzten zwei Jahren mit den
Ministerien und Behörden unmittelbar verkehrt.
III. Baaliche Einrichtimgen.
1. Das ReiehsarehiT.
»Unter allen architektonischen Schöpfungen, welche der preis-
würdige Kunstsinn des Königs Ludwig 1. hervorrief, hat das erwähnte
Gebäude durch Zweckmässigkeit für den Inhalt, Grossartigkeit der
Anlage ^ Schönheit der Gonception, und Sorgfiilt der Ausfuhrung
einen der ersten Pl&tze.« Mit diesen Worten begrOsste der Heraus-
gdier der Zeitschrift fiir die Archive Deutschlands hn Jahre 1847
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LOher:
das nou(> R{Mrhsari liiv^'ol);in(lo Es war vier Jaiiro vorher nadi
eilfjährigciii Bau fertig gewürdcn, und ist ulVenbar die scliÖnste
Leistung des berühmten Baumeisters F. v. Gärtner, der es in allen
EimEelheiten auch näher dargestellt hat Der prachtvolle Bau be-
steht aus Ziegeln, und ist im florentinischen Stil und voll schlichten
Adels gehalten. In seinem sehr hohen untern Stockwerk beherbergt
er das Reicharchiv, in den beiden ohem Stockwerken die grosse
Hof- und Staatsbibfiothek. An der Ludwigsstrasse nimmt das Haus
eine glatte Länge von mehr als fünfhundert Fuss ein und erreicht
eme Höhe von beinahe hundert. Vor der Milte dient eine Freitreppe
zum bequemen Aufgang wie zur Zierde, freschrauckt mit den Stein-
bildsäulen des Homer Tliukydides Hippokrates und Aristoteles.
Das ungeheure Viereck, das von seiner Nachbarschaft durch eine
Umfassungsmauer weil abgetrennt ist, schliesst zwei grosse gras-
bcwachsono Höfe ein, in deren Milte sich die Brunnen befinden.
Der Gcschäflszimnier sind 15, der eigentliclien Arcliivsäle 39.
Die letzteren sind von sehr verschiethMier Grösse und Lage, durch
l)o<}ueme Üurchgünge mit einander verbunden, und sämmllich hell
und hochgeräumig. ^
Der ganze Raum für das Archiv zerfallt in vier grosse Abihei-
lungen, von welchen die eine die Geschäftszimmer mit der Bibliothek,
die drei andern die Archivalien umfassen. Die beiden vorderen
Abtheüungen shid je durch Thorgänge von den beiden letztem ge-
trennt, diese aber gerade in der Mitte geschieden durch einen, prfich-
ligen weiträumigen Säulensaal und seinen Vorsaal. Sie heissen der
grosse und kleme Wappensaal und dienen zur Henicfatang von
Archivalien, zur Au&tellung der Siegelabguss-Sammhuig, und zum
Bergen von Stempeln und Aehnlichem in den Schranken. Stehen
die beiden Seitenpforten des grossen Wappensaals ofTen, so sieht
man von einem Ende der beiden hintern Archivabtheilungen in
gerader Linie und auf einer Länge von mehr als ein halb lausend
Fuss durch eine herrliche Flucht von 18 Sälen, die sämmllich, wie
noch 22 andiMi' mit Urkunden Kodizcs alten Amtsbüchern und
Akten gefüllt sind.
') Friedomann in ilrr Zfilsrluifl I. HG.
F. V. Gfirliu'r Sammlung <l«r Entwürfe ausgefOhrler Gclifiude. Müncheo
1845. Hca 1 Uli«) 2.
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Das bayeriaehe Afchivweaen.
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f. KreisarchiT der Oberpfalx.
Das oberpfälzische Kreisarcbiv zu Amberg, welches das dritt-
Ueinste und in einein fräheren R^^rungsgebäude untergebracht ist,
hat nur 2 Geschäftszimmer und 16 ebenerdige Archivrftume. Von
diesen sind 6 erst seit den letzten sieben Jahren hinzugekommen,
gleichwohl macht sich der Raummangel überall empfindlich fOiilbar.
Wohl möchte als begründet das Anrecht auf diejenigen Räume
im Gebäude selbst erscheinen, welche das Archiv früher dem Appel-
laticMisgerichte einräumte, dieses aber wieder verlassen hat
8. Krelsarehiv von Oberfranken.
Da« Kreisarchiv zu Bamberg für 01)citr;inl<('ii Itelindet sich
in dem auf dem Domberge hochgelegenen künigiichen Hesidenzschloss,
WO es das Ende des schönen Flügels nach dem Dome zu einnimmt, und
zwar 3 Gescbäflssdmmer und 5 helle hoch- und weiträumige gewölbte
Säle, ausserdem noch 11 Gewölbe halb unter der Erde. Da aber diese
letzteren dunkel und feucht, dabei ebenso wie die Archivsftle längst
überfüllt sind, dagegen aus den alten Registraturen der königlichen
Stellen und Behörden diesem Archiv ebenso wie den üt}rigen neuer
Zuwachs bevorsteht, so lässt man die Hoffnung nicht sinken, das?
durch die Gnade Sr. Majestät des Königs dem Bamberger Archiv
ebenso, wie zu Würzburg im Residenzschlosse geschehen, neue
Räume bewilligt werden.
4. Kreiaarebiv von Niedarbayern.
Auch dem Archiv von Niederbayem ist bei Landshut ein
köiüg^ches Residoizschk>ss angewiesen, die romantische Traussnitz-
bürg, welche von der Berghöhe über der Isar weit in's Land bückt.
Hier besitzt, im Schlosse vertheilt, das Archiv 24 Räume, die zum
grossen TheQ vortrefflich sind. Als vor ein paar Jahran drei Archiv-
säle abgetreten wurden, uro för Seine Majestät ein reizendes Ab-
steigequartier einzurichten, erhielt das Archiv reichlichen Ersatz und
insbesondere ein schönes helles und feuerfestes Gewölbe, inn darin
sdne Urkunden und im Fall der Noth die wichtigsten Archivalien
sieher zu bergen.
6. Kreisarehiv von Oberbayern.
Das Hauptregistraturdepot von Altbayem, welches im Jahr 1814
ab ein besonderes Archiv-Konservatorium dem Reichsarchiv ehiver-
AnhlTulfteba ZaItMhrlfl. I. 7
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98
Löher:
leibt wiirile uinl ilie Voraktoii für den (lehraucli iiK-lirerer Kreis-
r<'<.M('rinig<'n cnthifll, sollte sich y/.u einer Miistetre^ristratur und zu
einer vorzügliclien Unterriclilsanslalt in der praktischen Regislrutur-
wissensthaft bilden« % Es fand deshalb, jedoch als eine besondere
Anstalt, im Gebäude des Reichsardiivs seinen Platz. Da aber für
den neuen grossen Zuwachs derselbe nichf hinreichte, so sammelte
sich in dem sog. Altenhof, der in einem andern Stadttheile gelegen,
eine gleich bedeutende Aktenmasse an, und die Beamten waren des
Dienstes wegen genöthigt, beständig zwischen ihren beiden Archive
hin- und h^uwandeln. Diesem argen Missstande wurde vor zehn
Jahren dadurch ein Ende gemacht, dass das Konservatorium ganz
in den Altenhof auswanderte. Es trat mit seinen Räumen im Reiclis-
archiv auch die Archivalien ab, welche mehr zu diesem als zu ihm
gehörten, und erwarb dafür im Altenhof 16 neue Lokale. Das
Kreisarchiv zu München besitzt jetzt 4 rJeschäflszininier und
31 Archivlükale. von denen jedoch die untein (iewölhe Maniii'l leiden
an Licht wie an Trockenheit. .\u( li diese Häuine sind sclion wieder
ülx^rfüllt, der l)eträclitli( he neue Aktenziiwachs aber ist nicht abzu-
wehren. Da nun andere Lokale sich in der nau|)t- und Residenz-
stadt nicht wollen finden lassen , so bleibt am Ende nichts übrig,
als auch ftlr dieses Kreisarchiv, gleichwie fOr das zu Nürnberg, auf
Errichtung eines Neubaues Bedacht zn nehmen.
6. Kreisarchiv von Schwaben und Neuburg.
Das vierte Archiv, welches sich in einem königlichen Residenz-
schloss sammelte, ist das Neu bürg er ffir den Kreis Schwaben und
Xeubur};. Es theilt aber jetzt das Schloss mit einer Militärgamison.
Es ist das zweitkleinste unter den Kreisarchiven und hat nur 2 Ge-
schäftszimmer und 7 Archivsäle. Obgleich die letztern ziemlich ge-
räumig sin«l, Ci hlt es doch an l'lal/. . und nachdem Verhandlungen,
um andere Staatsgebäude zu gewinnen, tehlge.sclil.igin. wird jetzt Hand
an's Werk gelegt, um den liber dem .Vrchiv beiimiliclicn ungeheuren
Theatersaal zu restauruvn und in Arcliivlokaie umzuwandeln.
7. Kreisarchiv von MittelfrankeD.
Am unglücklichsten ist das mittelfränkischc Arciiiv zu Närn-
berg mit seinen Räumlichkeiten bestellt. Dasselbe besitzt ein schmales
*) Venifdoungen von 1814 und 16S0 bei DOUinger TS. IM, 1S7.
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Das bayerische AKhivuei^en.
99
alles Haus, wi-lclus nur in den untern (iewölbeii ein wenig von
steinerner Festigkeit an sich liat und vom Ratlihause eingeklemmt
ist Man steigt aus den obem engen Gelassen hinunter in noch
engere, die nicht überall ganz trocken sind. Ausserdem, da das
Archir sehr gross, so nimmt es noch an fünf andern Orten, die im
weitlaufSgen Rathhause von einander entlegen sind, je eine Reihe
▼on Lokalen ein, helle und dumpfige, hoch auf dem Speicher und
halb in der Erde. Die-e ['ebelstände traten >o frrell in's Aupre. dass
vor em paar Jahren besclilossen wurde: jedenfalls das Archiv anders
wohin zu verlegen. Anfangs sollte es nach Eichslfidt , wo »las (Je-
bäude des Appellalionsjreri« leer geworden. Allein die Archivver-
waltung machte geltend, d;i-- » ine .«o gro>-e uihI wertlivollc Sammlung
von t'i'kniiden Kodizes und Akt» ii, wie die \rindii r;.'er, nur auf <lem
lJudeii, auf welchem sie entstanden, die l echten hislurisclicn Kriu lile
bringe. Die Arcliivare hatten nun gern ein prachtvolles l'atrii^ierliaus
aus der Kenaissancezeit, das einzig in seiner Art in Euiopa eriiniten
ist, erworben, das berühmte Pellerfaaus nebst dem anstoss^den
Hause, das schon früher mit ihm vereint war. Als jedoch eine
wiederholte Untersuchung der Baurerständigen herausstellte, dass
diese Geb&ude (ur die Archivalienmasse nicht hinlfinglichen Raum
böten, auch mehrere andere Gebäude in Nürnberg sich als ungeeignet
er\v!esen, rnusste an einen Neubau gedacht werden. Für diesen
bewilligten die Kammern in diesem Jahr die Sniniiii von 351,000 Rm.,
und wurden vor dem Thor in ruliiger üarlennaeliljarsciiaft zwei Tag-
werk Grund erworljen, auf Avelchen man sofort die Grundmauern
zu zwei Arehivgeliäudeii legen wird. \uu dt-nen das eine die Arehi-
valien auf jiirhf weniger als '>4<)() (Juadi atmelci ii beniitzbarei- Wand-
lläche, das andere, welcll(^s mit ihm durch einen ^M d» rkten fJang in
Verbindung gesetzt wird, tlie Cleschiiltszimmer uml die Dienslwoli-
nuijgen enthalten soll.
8. Kreivarchiv der Rheiupfalx.
Dieses ist das kleinste der acht Archive, und besitzt in der alten
Bischofstadt Speyer zwei Gebäude, die nur durch ein Höfchen ge-
trennt sind. Das eine ist Dienstwohnung und Amtsstabe des Archivars,
das andere oith< zwei Gesehäftnimmer und die Archivlokale. Da
in diesen sich die Archivalien in einem gepressten Zustande befanden,
so wurde in den letzten Jahren dadurch etwas Luft geschallt, dass
mit dem Aktendepot der Kreisregierung, welches hier untergebracht
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100
L5her:
war, aufgeräumt und ein paar kleine Lokale zu Archivzwecken her-
gerichtet wurden. Allein trotzdem droht auch hier wieder lieber-
füllong.
9^.. Kreisarcbiv von Niederfranken.
Früher am übelsten, ist das Würzburger Archiv jetzt am besten
daran. Noch vor sechs Jahren lagerte es in fiOnf von einander ent-
I^^en Lokalen. Zwei Tlioih^ befanden sich im königrliclion Residcnz-
schloss, al>er in zwei {,'etrennten Flügeln, drei andere Theiie in der Stadt,
nämlich einer im Guttenberwhof zur Miethe, einer im alten dom-
kapitelschen Gebäude, und wieder einer auf Speicher^ininiern der Uni-
versität. Durch die (Jiiade Sr. Majestät dos Königs wuidi ii dem
Archiv im Hesiden/.schloss neue und ausreichende Räume bewilligt,
und seil zwei Jahren ist das gesamiiite grosso Archiv vereinigt in
22 Sälen, die sämmtüch hell trocken unti schon sind. Es befinden
sich darunter zwei HundsäJe von enormem Umfang, und ein 60 Meter
. langer Korridor, d&t zur Aufeldlui^ von Arehiralien enigerichtet
wurde.
10. Geschäi'lszi luiner.
Diese liegen zur Zeit noch überall in den Archivg^uden selbst:
in dem neu zu erbauenden zu Nümbei^ worden sie, wie gesagt, um
die Sicherheit gegen Feuersgeiähr zu vergr^ifisem, in das Wohnhaus
der Beamten verlegt.
Bei den Kreisarchivon ist die Regel , dass der Vorstand sein
eifrenes (leschrin-ziniiner hat, und Sekretäre und Sclireiber im an-
slossi iulen Ziiiiiiier arboiti'n. Leider siml die (leschällsziinnier an
den meisten Orten gar zu ix'sdn-änkt. Wenn mehr als einer oder
zwei Archivbenützer sich einstellen, gibt es Missstände. Selbst im
Reichsarchiv kommt man in Verlegenheit, sobald nur ein geringer
Andrang von Archivbenfitzem entsteht. Das Reichsarchiv besitzt
überhaupt nur sechs grössere Gesch&flszimmer, davon gehören zwei
der Bibliothek, zwei den Akzessisten und Archivbenützem, eins dem
Du«ktor, eins der Kanzlei. Ausserdem hat jeder Beamte sein Zim-
mer, die jüngeren aber müssen in der Regel mit einem Praktikanten
den Raum theilen. Für Diener und zur Aufbewahrung von Kisten
und Gcräthschaften diemm drei kleinere Lokale und in einem andern
lagern die noch übrigen £xempiare der dreizehn Bande bayerischer
Regcsten.
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Das bayerisebe Arehivwesen.
101
Das prächtige und woitriinmifro ReichsarchivgebTuide. ?o vortroft-
lich es mit ?;pinor Abwechselung von sehr tn-ossen, niillehiuissigen
and kleineren Archivlokalen auspodacht ist, hat doch auch den
emptindlichen Fehler, dass die hoch^'ewülhtcn Geschäftszimmer im
Winter oben übermässig heiss werden, wiilirend sie das ganze Jaiir
hindurch unten an Kälte leiden.
11. Dienstwohnungen.
Je länger ein Archiyar in seinem Archive waltet, desto ver-
trauter ond desto lieber \nrd es ihm, nnd desto besser ist es fSr
das xVrchiv. Denn ein jedes hat seine besondere Art und Weise von
Archivalien, die ihre dgenthüroliche Sprache reden. Man sollte daher
überall daran denken, wenigstens die Vorstände an dem Archive,
das ihnen anveKrauet wurde, möglichst festzuwurzeln. Dazu trfigt
aber nichts mehr bei, als eine ^'esunde anständige und bequeme
Dienstwohnung mit hübschem Garten dabei. Nur dürfen die Wohn-
gemächer sieh nii ht im Archivj:e])äude betinden, weil Kinder und
Dienstboten, iiisi)esondere gegen Feuersgefahr, sich nicht beständig
überwachen lassen.
Gegenwärtig ist nur mit zwei bayerisclien Archiven dieser Vortheil
verbanden, em drittes wird bald sich in ausgezeichneter Weise seiner
erfreuen, und bei den andern Kreisarehiven muss man hoffen, mit
der Zeit auch soweit zu kommen.
Auf der Traussnitz haben Archivar Sekretftr und Diener häbsche
Wohnungen. In Speyw steht dem Archivgeb&ude ein anderes gegen-
über, wdcbes der iüfehivar bewohnt, das Zwischenhöfchen ist durch
gemeinsame Mauer von der Stras.se abgeschieden. In Nürnberg halte
früher der Vorstand und jetzt der Sekretär über dem Archive eine
Dienstwohnung: durch den Neubau sollen Archivar Sekretär und
Diener in dem Hause hinter dem Archiv, welches die Geschäfts-
zimmer umfasst, ebenfalls Dienstwohnungen erhalten.
IV. Vertteihing der ArehivallM im Und«.
1. Vereinigung altbayerischer Archivalien.
Der erste Reichsarchivdirektor, dessen Memoiren noch immer
gern gelesen Waden, hatte im Sinne, im Reichsarchiv möglichst viel
Archivalien v<m vorzugsweise lüstorischer Bedeutung hi München zu
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102
L5lier:
vproinigon, diese ahor von lini Akti n. deren man noi h zum Dienst
für die I{erhlsverliällni>s(' des St.iats und der Privaten liedürfe, v.n
trennen. Er wollte ein liistürisclies Archiv und daneben ein ad-
minislrative?;. Samet, v. Längs Nachfolger, setzte die Ausfüh-
rung seines Getlankens fort.
Allein es zeigte sich hier wie anderswo, wo man denselben
Gedanken hegte, dass er nicht durchführbar: die Trennung musste
mehr oder minder gewaltsam geschehen und wäre doch nur eine
halbe Trennung geblieben.
Auch stellte sich sofort heraus, dass die Archivalien der neu
erworbenen Fürstenthdmer Wurzbui^ Aschaffenburg Bamberg Elch-
städt Ansbach Bayreuth, nicht minder drr fränki?;rhen Reichsstädte
ihre besondern Gcschiclitcn, wie ,ihre be>ondern Gebiete repräsen-
tirten. Die Rheinpfalz aber war damals noch im französischen
Besitze.
Man hu.schrünkte sich a\<o auf die allen witlrMjarhisciicn Land»»
Ober- und Niederbayern Obcrpialz Xeul)ur^' Sul/l)ach. und aul" die
von ihnen eingeschlossenen Cebiete, weiche früher reiciisständiscii
waren, wie Freysing Chiemsee Berthtesgadcn l*assau llegensburg
Augsburg und theiiweise auch Eichstadt, und nahm die anstossenden
schwäbischen Gebiete, vne Eempt«i Burgau Meramingen Lindau
Kaufbeuren, noch hinzu. Voii^all diesen Landen und Gebieten kamen
weitaus der grösste Theil der Archivaliengruppen, wetehe aus dem
Mittelalter stammten, sammt deren Fortsetzungen, soweit diese sich
einmal nicht abtrennen Hessen, in's Reidisarchiv : die andern Akten
Hess man in den Archivkonservatoi ii n München Landshul Amberg
und Neuburg. Aus den fränkischen Landen und der Hhein|ifalz zog
man wenigstens Lehen- in hive nach München. Dagegen blieben die
Arrliivalien der Reichs-trelli' Auprsbnrjr Weissr^nburg Xördlingen und
Rnfenijurg an der Tauber damals zum grossen Theil an ihren bis-
herigen Stätten.
Als man aber so kolo-sale .Mas-en ini Heii hsardiiv bei einander
hatte, sj»ülteten sie, auch wenn überliau|it die genaue Scheidung in
eine historische untl eine administrative Abiheilung sich hätte machen
lassen, ihrer schon durch den Umfang. Ausserdem aber gab es viele
Gruppen, die bereits ihren Innern festen Zusammenhang hatten, der
sich ohne Gefahr der Verwirrung nicht mehr zerreissen Hess.
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Das bayerische Arcbivwesen.
103
2. r r k u ti de II Sit III m 1 u II K int H <■ i <• Ii s a r <• Ii i v.
In ciiKr f Vzieliiuji,' ist Laiig's: ur^id-ünirliclifr IMan zur Au.<-
lüluuiig ^'L'koiiiiiien. SilinnitliclK' l'rkundon l»i> zum Endo des Jaliros
1400 sind aus dem ^'anzon ivfini^n cicin' nach München gebracht und,
soweit sie nicht sdion fiüiier zum Geh. Haus- und Staatsarchiv
gehörten, m lleichsarchiv vereinigt.
In den Ereisarchiven blieben nur einzelne Kopien und Verzeich-
nisse znrficlCf und können sie, wenn der laufende Dienst darauf flttirtf
aus dem Reichsarchiv Belehrung und AuszQge oder leihweise die
Urkunden selbst erholen.
Das Alles bezieht sich jedoch nur auf lose Urkunden, nicht auf
die Abschriften in den Diplomatarten, auch nicht auf Originale, die m
festen Bänden vereiniprt sind. Xur an- den altbayerischen ober-
pfalzischen und schwäbischen Landen sind auch diese Kopialbücher
und Urkundenbände in's Reichsarchiv gekommen, nicht aber aus
den drei fränkisciien Provinzen; in der Rhein|>faiz war nach der
französischen Zeit ohneiiin nicht viel mehr ülirit:.
I^ald nach dem Fjiitrilt des jelzifren lieichsarchivdirektors
wurden diejenigen l'ikunden, welche im Reichsarcliiv verzeichnet
waren, in ihren Anzahlen zusammengestellt, und es ergaben sich
folgende Summen:
Urkunden der Klöster 122,624
„ „ Hochstifle 38,242
„ „ Reichsstädte 80,092
„ „ Land- und Pfleggerichte . . . 84,703
Fürsten- und Landesurkunden 14336
Lehensurkunden 26,042
Landesständische Urkunden ....... 1,950
Ritterschaftliche Urkunden ß,4ll
Adelsselekt-Urkunden beiläufig berechnet auf . . 34,740
Kaiserselekt 823 mit Nachträgen u. s. w. . . 1,169
Kaiser Ludwigs Selekt 1.177
Verschiedene andere Serien 7.660
Urkunden über Verhältnisse zu andern Ländern 6,3 l'J
Es rechnete sich bereits hieraus eine Summe von 375,025 Ori-
ginalurkunden zusammen.
Seit den zwölf Jahren shid nun der Adelsselekt aMn er-
giebt jetzt schon ehi Mehr von 60, 258 Urkunden und Dokumenten
~ so viele Stücke hinzugekonmien , entweder weil sie neu er-
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104
Loher:
worben oder erst verzeidinet wurden, dass die Gesammtzahl der
Einzellirkunden im RdchsarchiT sieh jetzt in runder Summe auf
460^ Stflcke steUt
Wurde man dii|jenigen hinzurechnen, die in Foliantenreilien fest
eingeheftet oder in der Ddo'etensammlung oder nur in den Ab-
schriften der Kopialbficher — die Neubuiger Koplalböcher zfihlen
allein 105 Folianten — vorhanden sind, so mOchte dch jene Summe
noch sehr bedeutetul erhöhen, und dürfte man weit über eine
halbe Million Urkunden, die allein im ReichsarchiT vorhanden sind,
annehmen.
Zu Gunsten dieser ungeheuren Ansammlung von Urkunden lässt
sich die Erfahrung anführen , dass eine grosse wissensrhaftHche
SammUmg von den Forschern gcwtiiinhcli mehr besucht wird, als
vifle kk'hie Sammlungen, zumal wenn sie weil umher zerstreut sind.
Allein ebenso richtig ist auch, dass man historische Archivalien
nicht von dem Boden losreissen soll, auf welchem sie entstanden
sind, und daas man vat alten ihre chronokigisch fortlaufenden Serien
nicht willkührlich zerreissen soll. Bei konsequentem Verfohren
mflsste man nun auch all die altm Eodizes und Amtahflcher von
Nfimberg Bamberg und Würdburg in's Reichsarchiy bringen: welch
eme BelSstigung und Hemmung würde aber dadurch für den laufenden
Dienst entstehen l Immerhin ist nun einmal diese Urkunden-An-
sammlung im Reich^archiv zusammen gebracht und sind Eintheilung
und Repertorien darauf eingerichtet. Man lässt sie desshalb be-
stehen, da sich noch kein dringendes Bedürfniss zeigte, den Archiven
wenigstens der Rheinpfaiz und der drei fränkischen Provinzen ihre
Urkunden zurückzugeben.
3. U r k II n d e n s a m m 1 ii ii <^ e n d »> r K r i - a r r h i v e.
Gegenüber so unpeheurer Urkundenanhüulung im Zentralarchiv
können die Kroisarcliive nur geringe Zahlen aufweisen. Gleichwohl
stellen sich auch hier nach einer Schätzung in den grössern und
nach der Zählung in den kleinen Urkundenarchiven nocli ansehn-
liche Mengen heraus.
Es finden sich nemlich im
Kreisarcliiv zu Amberg 1,408
„ „ Bamberg 61^00
„ „ Landshut 398
„ „ München '186
„ „ Neuburg 5,977
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Das bayerische Arcbivweäen.
105
Kreisarchiv zu Nürnberg gegen .... 30,000
„ „ Speyer 6461
„ „ Wünborg gegen .... 55,000
Demgemftss ergibt sich für die acht B^sarduve noch dne
Summe von beilänfig 160,000 von den Akten gesonderter Urlranden,
TOD ebnen fit^Iidi über nenn Zehntel bloss auf die drei grossen Ur-
Inmdenarchhre in Bamberg Wfirzbuig und Nürnberg sich vertheilen.
4. L e h e n s a r c hi V e.
Aus praktischen Gründen hat man früher im Zentrallchenarchiv
einen grossen Theil der Uricunden Aintsliürlier und Akten vereinigt,
welche über das Ldieiuvesen all der hislonsciien (iebiele, aus denen
«ich Bayern zusammensetzte, Aufschluss galx'n, Xachdem in neuerer
Zeit einzelne Partien in die Frovinzialarchive , weil man sie dort
notfawendig brauchte, zurückgewandert sind, gibt es im Ueichs-
areUve noch
an Lehen-Urkunden:
Altbayeriacfae vom Jahre 1284—1824 (mit Einachhiss der hn
Laufe der Zeit ange&llenen abensbergischen halsischen ortenbur-
gischen, sowie der der Hochstifte Freising und Passau und verschie-
denen Klöster u. s. w.), Oberpfalzische 1329 — 1820, Leuchten^
bergische 1389— 1813, Neubiuger 1305— 1811, Brandenburg-Ans-
bacher 1288—1821, Regenshurger 1233—1806, Eichstädter 1294
-1805, Bamberger 1125-1812, Würzburger 1355—1813, Rhein-
pfalzer und Zweibrücker 1257 — 1819;
an Lehen- Amtsbücliern und -Akten:
Bayerische (wieder mit Einschluss der vorbemeikten GrupjM^n)
1329—1829, Oberplalzisihe 1404 — 181(), Leuchtcnbcrgi>che vom
Schlüsse des XIV. Jahrhunderts bis 1818, Neuburger 1404—1798,
Brandenberg- Ansbacher 1209—1808, Regensburger 1320—1815,
Bäehstfidter 1362—1807, RhehipfiÜzer und ZweibrOcker 1346-1823.
6. Archivalien der Kreigarchive.
Aus dem Vorigen erhellt bereits, dass nur die Kreisarchive zu
Nürnberg Bamberg und Würzburg die weitaus grOsste Masse der
ArduTalien, die in den Gebieten entstanden, aus welchem ihr Kreis
zusammengesetzt ist, beisammen haben. Es entbehren dagegen
die Kreisarchive zu München Landshut Amberg und Neubm-g
eines bedeutenden Theils der Arcbi Valien , aus neuerer wie aus
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106
Lüher:
ältt ivr Zeil , welche leili^rlicli ilircn Kn i-en an^'eliöreii und welche
aucii liocli für rein |)raklistlie Zwecke Ei>:ebnisse liefern. Auch zum
Arcliiv der Rheinpfulz gehören noch mehrere Akten, namentlich
ZweilMröck«r, die iii*s Reidisarchir kamen, weil die letzten Kurfürsten
aus der ZweibrfidEer Linie waren.
Bereits tet Vieles geschehen, um die Akten und Amtsbucher,
deren die Kreisarchive zum praktischen Dienst benöthigt sind, ihnen
wieder zuzuwepden. Grändliche Durchführung dessen, was in dieser
Beziehung noch nöthig, hängt auch von der Beschaffung grösserer
Räume ab. Einstweilen wird durch Mittheilung von Repertorien-
Abschriflen geholfen.
Die weiter unten folgenden sysleniati<(lien Uebersichten der
Lanelesarchive werden deren jetzigen Inhalt no» h deutlicher erkennen
lassen, l'n.sere arrhivalisrhe Zeitsdirift ai)or wird noch öflerrielepen-
ln-it haht-n, auf eluzelne l)edeuti iulr (Jruj>j>en unil Serien aucii der
Krei-arciiive, iiedeutend für hlölüriöche oder füi- praktische Zwecke,
näher einzugehen.
6. Rftumliche Zerstflckelung Ton Archi valiengroppen.
Eine Kalamität für das bayerische Archivwesen bildet das Ver-
hältniss, in welchem sieh theUweise der Inhalt des k. Gehehnen
Haus» und des k. Geheimen Staatsarchivs zum Reichsarchiv be-
findet. Das Hausarchiv ist in der königlichen Residenz, das Staats-
archiv im alten Jesuitengebaude an der Maxburggasse untergebracht.
Sie sind vom Reichsarchiv nicht bkiss räumlich, sondern vollständig
auch in Verwaltung und Beamten getrennt, und hat das erslere
durchaus keine andere Beziehung zu jenen beiden Archiven, als dass
es in der Verordnung vom 21. April 1812 heisst: »Eine ungehemmte
Benützung des Hausarchivs wird jedoch dem Reichsarcbivdirektor
zur Unterstülzunir der historischeji Arbeiten gestallet.«
Diese Trennung bal wiederlKilt in Kreisen der Historiker und
Archivbeamlen zu Kla^n ii Vt-ranlussung ge;-'eben , Klagen, die nüt
ungemeiner Heftigkeit auch in der Presse iiireii Ausdruck fanden M-
Die Ursache ist aber die systemlose Vertlu ilung der .\rchivalien.
Serien von Urkunden und Akten, die längst nur noch historische
') Br>|inier Wiltflshai hcr lUve-t'^n. i^tutl^'. 1854, Vormli«. v. DriinVl Brit-te
und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhiinderls, München 1873, VI— VII. (Chr.
Mayr) Allgemeine Zeitung 1878 Beil 178.
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Dan bayerische Archivwesen.
107
Bcdeuturi}? haben un<l ihrer tranzcn Natur nach l in (Janzes bilden,
sind zerrissen, und behnden sich ilire Thcilc l)ald in dem einen bald
in dem andern Archive. Diese Zer^tin kelun;/ jrehl ohne irjrend er-
kennbaren Zweck bis in's dreizehnte Jahrhundert zurück. I\s lässt
sieb «leshalb auch im Relcbsarchiv, ehe dessen Hauplgruppen ihre
nothwendige Ergänzung wenigstens aus dem Geheimen Staatsarchive
gefunden, eine yollständige Ordnung und Repertorisirung nicht durch-
führen.
7. Inlialt.silhei-sichl de» k. Geh. Haus- und Staatsarchivs.
Ueber die Bestimmung beider Arrliive war l>ereits oben *) die
Rede: zu annfdierndei' Kenntniss ihres Inhalts mö^re liier ein'' kurze
üebersicht Platz finden, die von der Direktion derselben verfasst ist:
»Das k. ( Jeheinie Hau^arehiv, welt iios dem regrierenden flerrseher-
hau«e if inz eij:en thümlirh angehört und dalier Iceineui Fremden
zugilnglieh sein kaini. uiiil'asst:
1. alle Urkunden über (!eburt, ICrziehung, Vorsorge an? väterlicher
Gewalt, Vermählung, Willwenstand, .Altieben, letztuillige Ver-
fügungen, iürstl. Faniiiienbegi-äbniss-Gegenslände, Fideikommiss-
sachen, Kauf-, Tausch- und Schuldensachen, nach Hassgabe
des königlichen Fumilienstatutes vom 5. August 1819.
2. Familienvertrfige, welche entweder das Gesammthaus oder em-
zelne Linien betreifen.
3. Gegenstände, welche mittelbar den hohen Rang und Würden
der Familienglieder berühren, als Auszeichnung durch Titel,
Würden und Orden, Ilofzeremoniell , hiventar der Residenzen,
Stift ungsnachrichten vonHofkirchen,Hofkapellen, Kunstschätzen,
AHerthümern n. s. w.
Die eigentlichen Originalurkunden werden in dem Konser-
vatorium unter engem Verschlusse, und die Akten oder die
auf erstere i)ezüglichen V'erhandlungen in dem Uepositorium
aufbewahrt.
Das k. Geheime Staatsarchiv zerföUt mit Rücksicht auf die
Urkunden und Akten vor dem Jahre 1799 in drei Hauptabthei-
hmgen, hidas kurbayerische, in das kurpfälzische, und das
herzoglich-zweibrückensche Staatsarchiv. Jedes dieser be-
sondere Landesarchive begreift:
>l Seite 8S-88.
106
Löher:
1. Die Verhältnisse gegen das Reichsoberliau|it, Kurrecht, Wahl-
kapitulation, kaiserliche Privilegien, Belehnungs- und Bestätigungs-
briefe.
2. Die Verhältnisse zum deutsdieii Reiche im Allgemeinen, Reichs-
und Ereisabsduede, FQrstenrath, Reichshofrath, Reicfaskammer-
gericht, Reichsanlagen;
3. politische Vereine und Konföderationen mit auswärtigen Mächten ;
4. Kurvereine;
5. Münzvereine;
6. Verliältnisse ZU einzelnen deutschen Hcichsständen und
7. Verhältnisse zu den europäischen Mächten.
Diese Abtlieilnng nach Ländern verschmilzt nach Auflösung
des deutschen Reiches und nach Annahme der souveränen
Würde in ein Ganzes , welches das Königreich Bayern in der
Gesainmtvereinigung aller altern und neiuMn (jchietstheile als
souveränen monarchischen Slaat zum Subjekte hat, wobei als
Rubriken erscheinen: I. V'erhäUnisse Uayenis als unabhängigen
monarchischen Staates; II. Verhältnisse Bayerns als Mitgliedes
des Deutschen Bundes; IIL VerhfiHnisse Bayerns als Kontrahent
mit bundesverwandten Staaten fiber das Zoll- und Handels-
wesen u. s. w.c
V. Amtsbibliotheken und Handaktan.
1. Ansiuiiimlungeu alU-r 1) r uc k m- Ii r i I t n.
Mit den alten Klostor- und Kapitelarchiven hatte das Reichs-
archiv auch eine Menge historischer, juristischer, liturgi^^cher und
anderer alter Druckwerke bekoninion. Dies gab den Grundstock zu
einer Amtsbibliotiiek, welche sehr bald vermehrt wurde, als die
Reiclisarchivdirektoren Ritter v. Lang, Freiherr v. Freyberg, und Frei-
herr V. HomiajT, alle drei viellesendo Gelehrte, vielerlei Bücher und
Zeitschriften anschalUen, die ihren Studien entsprachen.
Aus gleichen Gründen hatte sich in den Archiven zu Wfira-
buig Bamberg und Mflnchen em ganz ähnlicber Bestand von alten
Bächem und Scbriften angesammdt Die Archive zu Nürnberg
Speyer und Amberg bentzen durch Ffirsoige früherer ArchiTare
neuere Werke historischen und topographischen Ihhatts. Gerade an
solchen ist das Münchener KreisarchiT arm, und was in den zwei
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Das bayerische Archirweeen,
109
andorn Archiven sich an einer ei^rentlichen Aintsl)ibliothek vorfand,
konnte früher ein Mann mit Leichtigkeit davon trapren.
Aber auch bei säiinatUchen Archiven, das Heichsarchiv nicht
ausgenommen, wurden vielfach gerade archivalische und rechts-
historisehe und andere unentbehrliche Nadischlagewoke vermtsst.
Dagegen fand sich fast überall eine Menge von alten Dedoktioiien,
Verordnungs- Sammhingen und Ähnlichen Druckschriften, die von
Niemand gebfaucht als todte Masse bloss den Platz wegnahmen.
2. Arntsl.ihliothekiii.
Will aber der Archivbeanile seine Berufsaufgaben zum Nutzen
von Staat und Wissenschuft, flemoinde und Familien ji^ründlich lösen,
so wird er oft in den Fall konmicn, 7.u den Archivalien sich Finger-
zeige und Erläuterungen /.u suchen aus historischen tojjographischen
und rechtshistorischen Schrillen. Noch mehr bedarf er der Werke
über Staatsverwaltung und Gesetzgebung zum laufenden Dienst. Die
älteren und neueren paläographischen und dipioniü tischen Arbeiten
eröffnen das besso« Verstflndniss der Urkunden. Die schOnen Edi-
tionen von Gescfaichtsquellen, die unserer Zeit rechteigentlieh angehören,
geboi erst die volle Fk«ade an den Archivalira, den Zei^issen der
wirklichen Geschichte.
Jedes wohlausgestattete Archiv braucht also eigene Bflcher in
Menge, und wird daher Bedacht genommen, für alle Archive plan-
massig nach und nach eine zureichende Amtsbibliothek zu schaffen.
So karg auch die Regiemiltel, namentlich den Kreisarchiven zuge-
messen sind, so wird doch jährlich eine Summe für nücherankauf
verwendet. Im Roicli-an hiv steigt <io auf 500 bis TUO .Mark. Ausser-
dem sucht man passende Werke durch Austausch Geschenke nml
Zuführung aus den iicgistraturen der k. Stellen uml Behörden zu
erwerben. Umgekehrt aber entledigte man sich allmählig des Wustes
alter todter Druckwerke, sei es, dass sie an die öffentlichen Biblio-
theken Universitäten und historischen Vereine gegeben, oder an
Makulatuibändler verkauft werden.
Angeschafft werden aber:
1. Bücher und Zeitschriften fiber Paläographie, Diplomatik, Archiv-
kunde, und wo sie es verdienen, auch heraldische und q)hra-
gisüsche Publikalmnen.
2. Werke fOr administrative, rechtshistorische, und juristische Be-
lehrung.
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110
Lühi-r :
3. Topograi)hisches und Kartographisches über das Landgebiet,
das im Archive vertreten ist.
4. Alle historischen Werke und Schriften äl>Gr dasselbe.
5. Soweit die Mittel reichen, die besten Werke über bayerische
und deutsche Geschichte überhaupt, namentlich Quellenwerke.
Gegenwärtig zahlen die Archivbibliotheken
des r.( i lisarchivs. .... 15.800 Bände,
zu Ainbei{,' 864 „
„ Bamberg 1,820 „
„ Landshut 576 „
„ Müllrlicjl 1,138 „
Oefler noch, als in Büchern, ist an Archiven, die einen grossen
laufenden Dienst haben, das Nachschlagen in der eigenen Manual-
registratur nöthig. Die Menge der Verordnungen über Einrichtung,
fJoschältsgang. Taxen, Pflichten und Befugnisse will in iliiiT prak-
tischen Anwendung wieiierlnjlt iluidilesen sein. Um die Gescliichte
des Archivs und seiner Tlieile sich klar zu maclicn, wird man auf
die alleren Akten •/urückg'reifen. Es sammelt sieh aber auch ein
dankbariT Sind" über die Archivbenüfzuii'j. in welchen bei ;\hiilichen
Fällen (Mwün-t hte Helehruiitr /.n finden. Wiederholt endlieh kann
der Archivar in die La^'e kcminien. über ilas, was im Arehive ^'o-
schehen i.>l, iSacliweis zu geben. (Jerade weil die Archive öneiitliclies
Staatsgut von Werth verwalten, so wird darauf gesehen, dass bei
allen Archiven in der Kanzlei über Dienstsachen, in denen Oberhaupt
schrifUlch gearbeitet wird, sofort Handakten angelegt werden, und
überhaupt diese Registratur fibersichtlich geordnet und verzeichnet
werde.
Es ergeben sich von selbst Akten-Abtheilungen für die Geschichte
der Anstalt, für die Herkunft und Zusammensetzung der Ardiivtheile,
für den früheren und spät tuen Personalstand, für die allgemeinen
VerordnunL^'n. und für die Archivlienützunp, die sich wiederum gliedert
in die Arbeilen fiir den Staat, für Vermögensinteressen der Genieinden
und Privaten, und füi- historische und genealogische Forschung.
„ Neu bürg
Nürnberg
„ Speyer .
Würzburg
8. Handakten.
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Das bayerinrhe Archivwesen.
III
Was zum laulVndeii Dieii.st nocli Nutzen l)rinfrt, nnis> bostimdig
zur Hand sein, das Utbrige wird von Zeit zu Zeil ausgeschieden und
im Archiv hinterlegt.
VI. Beamte.
1. Rflckblick.
Vor 65 Jahren, als das Reichsarchir gegründet wurde, erfreute
es sich &nes Beamten mehr, als es jetzt besitzt. Es hatte nämlich
damals: zwei Vorstände, den Reiclisarchivar für den Staatsdienst, den
Reichsarehivdirektor für den wissenscliafliichen 1)1» nsl und die Ober-
leitung. Jetzt dagegen l)csitzl das Reiclisarcbiv »bei Abschreiber
mehr. Was die Kreisarcbive beirifn, >o \nn<lt' (he Beanitenzahl in
demsf'lben Zeitraum bei einem um (h'ei vermindiTl, bei einem an-
dern um einen erhöht; jedoch gewannen auch sie bedeutend an
Schrei bhült'e.
Die Vermehrung iler Arl)eitsla>t aber war in den letzten 25 Jahren
an allen Archiven belrächtlii Ii. Das lleich-ari luv, bei welchem das
Fallen oder Steigen der Geschällsnumraern in der Kegel genau Meh-
rung oder Minderung der Geschäfte ausdrückt, hatte z. B. Geschäfls-
nummern
1812
von
Ende April bis Dezember
520
1813
Januar bis Dez^ber
651
18U
II II II
602
1830
II II II
575
1840
II
»j 11 1'
589
1851/52
M
Oktober bis Oktober
lOfiO
tl
II II II
1202
1864/6Ö
it
11 1'
1891
1870
II
Januar bis Januar
2023
1873
»»
II tl II
2689
1874
1»
II II II
2721
1875
1»
11 11 11
2(11;:»
Durehschnlttlieh «teilte sich also die Arbeitslast in tien letzten
drei Jahren etwa lünfmal höher, als ein den ersten drei Jahrzehnten
des Reichsarchivs. Zugleich zeigte sich in den beiden letzten Jahr-
zehnten eine beständige Zunahme der Geschäfte, während erst in den
letzten Jahren ihre Zahl sich ziemlich gleichblieb. Der Grund liegt
zum Theil in der vermehrten Benützung der Archive, und die Be-
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112
Löher:
nülzung vermehrte sich mit der steigenden Leistungsfähigkeit. Diese
aber hängt von ihrer besseren Ordnung und Reperlorisirung ab, für
welche jetzt ungleich mehr als ehemals geschieht, und damit hängt
wieder eine Steigerung der Thätigkeit, wie in Zuleitung der Archi-
vaiiai, so audi in allen andern Zw«gen des Archivdienstes zu-
sammen.
Wenn nun in 65 Jahren wohl die Abschreiber, nicht aber die
Beamt^ vermehrt worden, gleichwcdil atter jetzt unverhältnissmässig
mehr geleistet wird, so Ifisst sich das nur orreichen durch Mehrarbeit,
durch zweckmässige Vertheiluntr derselben, durch Steigerung der An-
forderungen an diejenigen, die mittlerweile in den Archivdienst ein-
traten oder darin vorrücken wollten.
S. Personalstand.
(Jegeiiwrirtig stellt sich der FV'rsonallM'stunil wie folgt:
Das Ueiclisardiiv iiat 1 Vorstand 3 Käthe 1 Assessor 3 Se-
kretäre 8 Akzessisten und Praktikanten 2 Kanzlisten (Funktionäre),
und 2 DiaifflT, vcm denen einer zugleicii Eopistendienste leistet.
Das Kreisarchiv zu
Amberg hat 1 Archivar, 1 Sekretär, 1 Funktionär,
1 Diener,
Bamberg „ 1
*»
2
tt
1
»»
1 1.
Landshut „ 1
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München „ 1
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Speyer „ 1
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n
»1
1 H
Würzburg 1
• »
2
11
0
1 1
1 „
hn Ganzen arbeiten jetzt an dou M An luven I Direktor 3 Reichs-
archivräthe 8 Kreisarchivare, von denen der zu Hamberg Reichs-
archivrath ist, 1 Reichsarchivassessor 3 Ueiclisarchivsekreläre 10 Ar-
chivsekretäre 8 Akzessisten und i'iaktikanten 12 Funktionäre und
11 Diener — also 57 Angestellte im Ganzen.
8. Anstellunrsweise.
Das Prinzip des Dienstalters erstens, die Rücksicht zweitens auf
die besondere Befähigung, welche zur Lösung der Aufgaben eines
Vorstandes an den verschiedenen Ardiiven, sowie zu den Stellen
am Reichsarchiv gehört, die Erwägung drittens der gcsammten Di«ist-
führung geben die Normen bei Begutachtung zu Anstellungen.
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Dtts bajrerische Archivwesen.
113
Sämmtlirho Archivbeamte werden von Sr. >fajestäl dem Könige •
ernannt; der KeiL'hsarcliivdiroktor wird vom Slaatsminister des Innern,
sämintlirhe übrige Beamte werden vom Keichsarchivdirektor dorn
Minister und von diesem Sr. Majestät vorgeschlagen und hcgutachtol.
Die Zulassung zur ainllirhen Vorbereitung (Praxis) für den
Archivdienst, sowie die Aufnahme der Kanzlisten (Funktionäre) er-
folgt auf Antrag des Reichsarchivs durch den Minister.
Die Diener an den Ereisarehiven stellt der Reichsarchivdirektor
an, die Diener am Reichsarchiv der Minister. Jedoch wird kein An-
derer als Diener angestellt, als wer nach mehijährigem 'Dienst unter
den Waffen von der Militärbehörde einen Zivilanstellungsschein er-
halten und ehie genägende Handschrift dargethan hat, demgemäss
auch m die Liste der Anstelluugsbefiihigten bei dem Reichsarchiv
eingetragen ist.
4. D i e n H l e i d.
Niemand, auch kein Diener oder Funktionär oder Praktikant,
wird in ein k. Archiv aui'genommen, ohne dass er vorher feierlich
verpflichtet worden.
Dabei schwört der Archivbeamte, sowie der Archiv-Praktikant,
gleichwie jeder andere Staatsbeamte:
Treue dem Könige, Gehorsam dem Gesetze, und Beobach-
tung der Staatsverfassung, ferner, dass er den Nutzen Sr. Majestät
des Königs fördern und Schaden ihm abwenden wolle, —
femer gebbt und verspricht er, dass er keinem Vereine,
dessen Büdung dem Staate nicht angezeigt ist, angehöre noch
je angeboren, — sowie dass er die ihm zukommenden Obliegen-
heiten und Pflichten stets willig, getreulich, und gewissenhaft
erfQllen werde.
Kofnsten Schreiber und Diener, die sämmtlich nicht Beamten-
rechte haben, werden noch besonders eidlich verpflichtet :
keine Urkunden, Akten, oder anderes ardiivaliscbes £igen-
thum zu entfremden oder zu versrhleppen,
uTifer keiner Bedingung Archivalien oder Akten nach Hause
nutzuiu'hnien.
von dem ilinen in ihrei- diinsflichen Stellung Anvertraiilen
oder son.-t kündbar CJewonlem iii keinem Uidjerulenen unter
irgend einem V'orvvand Mittheilung zu machen,
AreUvallMke SSoltselirtft. I. 8
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114
Loher:
den Inhalt und Wortlaut dor Sdiriftf^n , welche ihnen bei
ihren ihenstlichen Arbeiten unter die Hände kommen, sorg-
fältig zu verscliweigcMi,
die Mundirungs- Kopirung?- und andere Arbeiten genau
und sorgsam zu fertigen, und namentlich den Inhalt d&e Ur-
kunden und Aktenstücke weder durch Zusätze noch durch
winkührliche Auslassungen zu ändern,
jederzeit nach Kräften für die Konserrirung der Archivalien
und des archivalischen Eigenthums Sorge zu tragen,
ihren Vorgesetzten stets willigen und pünktlichen Gehorsam
zu leisten,
endlich sich ausserhalb ihrer dienstliehen Verrichtungen dnes
anständigen und sittlichen Wandels zu beileissigen.
ft. Rechte der Archivbeamteiu
Die.si' können, ^'leiclnvie andere bayerische Beamte, sobald die
ersten drei Jahre nach der Anstellung nli^jelaufen sind, zwar in Folge
einer administrativen Erwägung oder organischen Verfügung versetzt
oder quieszirt oder entlassen Averdcn, behalten aber in allen Fallen
von ihrem Gehalt im ersten Jahrzehnt sieben, im zweiten acht, im
dritten neun Zehntel. Nach vierzig Dienst- oder siebzig Lebens-
jahren steht ihnen das Recht zu, ihre Versetzung m den Ruhestand
zu verlangen, und zwar der Siebzigjährige mit BeibehaRong des vollen
Gehalts. Ihre Wittwen haben Anspruch auf em Fünftel dieses Gehalts,
und von diesem Fünftel wieder auf an Fünftel für jedes Kind, das
noch nicht zwanzig Jahre alt oder zu Stande gekommen.
Die Akzessistra und Praktikanten, sowie die Kanzlcifunktionäre
und Diener können dagegen durch ministerielle Verfügung entlassen
werden, haben jedoch, falls nach längerer braver Dienst führung ohne
ihre Schuld Untauglichkeit eintritt, sichere Aussicht auf Sustentation.
Erwägung möchte aber verdienen, ob nicht auch die Kanzli^ten und
Diener an den k. Archiven, wenn sie nach eint^'en Jahren ProlK'zeit
sich bewährten, fest angestellt werden kcmnen. Funktionäre auf Ruf
und Widerruf anzustellen ist französische Weise, nach welcher der
Beamte abhängig ist vom Wink und Willen der Vorgesetzten. In
Deutschland fasst man das öffentliche Amt als einen ehrenvollen
Beruf auf, in welchem ESner sein Lebelang mit seinem ganaen Wissen
und Wollen aufgeht. Zu solcher Stellung darf man auch die Ktastr
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Du bayeri.scbe Archivweäen.
115
listen und Diener an den Archiven erheben, da ihnen ohndiin so-
Tiel anvertraut werden muss.
VII. Autblldang zum liUieren ArclihriHtntL
1. Vorbedingung.
Um sich zur Anstellunfr im höheren Archiv(hon.-t zu befähigen,
ist na« h jt'tziger Observanz die Vorbedin}.'un^' eiiinial Gymnasial- und
I niver.-itätsbiidung, sodann theoretisch-praktisclie bchule an einem
Arcliiv.
Der Archivdienst erfordert nictit bloss ein prr.-.sores .Mass von
Kenntnissen, sondern vorzugsweise logische» Denken und klare be-
stimmte Ausdnid[8«dse, wie sie das Gymnaäum, — er verlangt
femer fireie wissenschaftliche Thätlgkeit, wie sie die Universität an-
gewöhnt. Nur ein vorzugliches und ernst strel)endes Talent kann
durch Sdbstbelehrung nachholen, was ihm durch Nichtbesuch jener
Erziehungsanstalten des Geistes entgangen ist. Kommen noch ein
oder zwei Jahr praktischer Beschäftigung bei einem Gerichtshof,
einem Notar oder Advokaten, oder bei einer Re^'ierung dazu, so ist
die Vorbiklung, wie sie zum Eintritt in die archivaliscbe Vorl)erei-
tung zu wünsciien, vollständifr vorhanden.
Den Vorzug' lind<'n also angehende Justiz- und Verwallungs-
beamte, wclclie ihr Staatsexamen mit einer ^'uten Note bestanden.
Juristische (lewandtheil, welclie lier niatlieiiiatisriu n ähnlich ist, weil
sie Thatsacheii auf bestimmte Fra;^en uml Verhältnisse' anwendet,
ist im Archivilienst vorzugsweise förderlich. Jener Aueschuss aber
an Praktikanten und Akzessisten (Referendarien), welchen die Justiz
und Verwaltung nicht mag, lässt sich noch weniger im Ardiivwesen
verwenden. Soll dieses gedeihen, so braucht es verhältnissmSssig
mehr Talente, als andere Zweige des Staatsdienstes.
Nach Jenen sind erwünscht junge Gelehrte, die als Juristen,
Historiker, oder Phik>logen den Doktorgrad bereits besitzen oder diesen
Schmuck sich noch verdienen wollen.
In dritter Linie stehen alle, die in der juristischen, staatswirth-
schafllichen , oder philosophischen Fakultät vollständig ihre Studien
gemacht haben, besonders wenn sie schon auf der t 'niversität auch
sich der Geschichte Hechtsgeschichte und des Lesens alter Schriften
betleis-igten. Bt'i Theülo;.ren und Medizinern waltet, wenn sie nicht
besondere Liebe zur historischen Wissenschaft bekunden, das Be-
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llü
Lüher:
denken vor, ob sie noch ssämmtliche für den Archirdienst erforder-
lichen Studien nachholen werden.
Alle aber, die nicht bereits ein Staatsexamen oder eine Doktor-
prüfung bestanden, müssen sich noch einer kurzen Prüfung (Ten-
tarnen) auch am Reichsarchiv unterziehen, um zu beweisen, dR^s
sie in der Geschidite, wo möglich auch in Rechtsgescbichte und
Paläographie, die ndthigen Studien gemacht haben.
2. I' r a k t i (■ h e A r c h i v s c h u I e.
Diese schreitet fori vom Ordnen und Verzeichnen und Rci)erlori?irt n
leichterer Akten /.u niciir verworren ori, - vom I^e.-cn. Kopiren, Aus-
ziehen, Bi >( lireil)en und Hefristriren deutlicher l>icunden und Kodi'/.es
des IIohen>laureii/eit;iII<'r- bis zu den schwierigeren des lYintV.elinfen,
siebzehnten und aciil/chnteii Jahiiiimderls, — von der i'eiliüHe in der
Kanzlei bis zur Führung' der (les( liätt>i)ücher. — vom Recheixliiren in
vorgelegten Archivahen bis zu äelijslstündijrer Xachforstiiung in den
Rcpertoden und am Fach, — vom Entwerfen kurzer amtlicher
Schreiben bis zum Ausarbeiten grösserer Bericlite, welche das Er-
gebniss von Nachforschungen und das Gutachten auf gestellte
praktische oder historische Fragen darlegen.
Der angehende Archivbeamte soll sich in allem, was im Archiv-
dienste vorkommt, gründlich unterrichten und förderlich arbeiten
lernen. Zu dem Ende wird er auch einzelnen Referenten zugeordnet,
welche seine Urkundenkopien, seine Repertorien und Re^' - ti n. sowie
seine Entwürfe zu amtlichen Schreiben durchsehen und nach Befund
lehrend korrigriren. Ein vorzügliches Mittel der praktischen Ausbil-
dung ist die Zuzielunivr zu den Visitationen der Kreisarrhive.
Die ersten Jahre in dieser praktiselien Arrhivsrhnle arbeitet der
angehende Areliivbeamte an der Areliivzonlralstelli'. Naheil sich die
Zeit, wo sich die Hoirnuii'-' auf Anstellung erötTiu t , so wird er an
ein Kreisarchiv auf ein halbes Jahr, nach Umständen auch auf
längere Zeit versetzt, um dort unter der Leitung des V^orstandes sic h
in allen amtlichen Dingen und Aufgaben umzuthun. Ein und an-
derer Bericht des Kreisarehivs, welchem die bezügllehen Arbeiten
und Manualakten beiliegen, gibt dem Reichsarchivdirektor die Be-
weise, ob die Ausbildung im praktischen Ai-chivdienste fOr genügend
zu erachten oder was darin noch fehlt.
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Das bayerische Arebirwes«!.
117
8. Theoretische Arehivsehule.
Hand in Hand mil dieser praktischen Ausbildung gehl die
wissenschaftliche.
Diese besteht erstens im Besuch von Vorksungen auf der Universität
und des historischen Seminars. Welche Vorlesungen naehgehOrt
iverden mCtesen, hängt von dem früheren Bildungsgange ab. Als
nothwendig gelten folgende: deutsche Staats- und Rechtsgescfaichte,
deutsches Privatrecht, Ehrchenrecht, — Paläographie und Diplomatik,
— historisches Seminar, nm sich in Bdiandlung und Verwcrthung
historischer Quellenschriften zu üben, — femer deutsche und bayerische
(iesdiichte, — als nülzUch: bayerisches Verfassungs- und Verwal>
lungsreciit, und Alt- und Millclliotlideulsch.
Am R<'ichsarchive aber hält zuvitons iler gcrrenwärli^'o Vorstand
alhvöchcntlich ein diplomafiscli-archivalisches Seniinar, in uckhfni
Vorträge und Erörlornnfren über paläograpiii^cln' . diploniatin he,
rechlshistorische und aichivalische I'^ragen Statt limlon, und von Zeit
zu Zeit wissenschaftliche Abhandlungen aufgegeben und rezensirt
Wiarden.
Diese Arehivsehule verdiente wohl mehr ausgid>ildet und fester
begründet zu werden. Es gibt so Manches, was dem angehenden
Archivbeamten zu wissen nöthig ist, und worüber er stdi in Büchern
nur sdiwierig Raths eriiolt. Wie lange dauert es nicht, bis er m
der Menge von Verordnnnfron und Erlassen, nach denen er spfder
ein Archiv verwalten soll, sich zu Hause fühlt! Lernt er dalR>i auch
(las Archivwesen in andern Ländern kennen , so bieten sicli ihm
belehrende Vergleiche von ^elb-f dar. Die schriflliclien Arbeiten aber
und die freien mündlichen Erürtenmp ri :_'el)<'ii den besten Massslab,
um den Fortschritt in wissenschaftlichen Studien zu prüfen.
4. Honorirung der Reiehsarchivaksessisten.
Da bei den wenigen Arcliivstellen vom Eintritt in die Archiv-
praxis eine Heilie von Jalu'en vergehen kann, \As ein Akzessist an-
gestellt wird, andererseits aber die innere Ordnung Repertorisirung
und Regestirung der Archivalienmassen im Reichsarchive, wenn sie
lege fortschreiten soll, gerade auf die Beihülfe junger rüstiger Arbeits-
kräfte angewiesen ist: so ist nunmehr die Emrichtung getroffen,
dass fünf dieser Stellen dothi worden, und zwar mit einem Minimal-
bezug von 1101 RM.
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118
Es ist dadurch Gelegenheit gopebcii, junge wissenschaftliche
Talente zum Arrhivdienst heranziizielien und dnrin festzulialh-'n.
Wollen sie während ihrer Vorbereitungszeil am Reiclisarchiv zugleich
sieh als Privatdozenten an der rniver>ität ausbilden, so u^ewäiuen
die Nachmittags- und Abendstunden freie Zeit zu Vorlesungen.
6. Archivexamen.
Wenn sich an einem Archiv die Stelle des Sekretärs eröfihet,
80 hat in der Regel der älteste Akzessist am Reichsarchiv den An-
spruch darauf, muss jedoch seine Beföhigung erst durch ein münd-
Kdies Examen vor dem ReidisarchiTvorstande und eine schriftliche
Probearbeit darthun.
Das Examen besieht in Fragen und Aufgaben aus dem deljiete
der deutschen Staats- und Rcchtsgeschichte , des deutschen Prival-
und Lehensrechts mit Ix'soiiderer Rücksicht auf frühere und noch
bestehende Provinzialrei lile in Bayern, dos bayerischen Verfassungs-und
Verwaltungsrecht.s, (lc< KiirlKMiirciits, (l<'r bayerischen rHScliicble. der
deuts< lien und europäisclien nosrhichle, der mittelalterlichen (Jeographie
Deutschlands, der Palaographie, Diplomatik, ujid Archivkunde.
Die schriftliche Probearbeit besteht in einer kleinen wissenschaft-
Hchen Abhandlung oder in der Behandking eines praktischen Falles.
Sind boreits durch eine TerOffentlichte Arbeit Kenntnisse, logisches
Denken und Stil hinlänglich dargethan, so kann die Probearbeit er-
lassen worden.
Nor in solcher Weise vorbereitet und durch Prüfung bewährt,
geben die angehenden Archivbeamlen Sicherheit, dass sie ihrer sechs-
üacben Pflicht genügen werden, nemlich der kundigen Konservirung
der Archivalien, — ihrer richtigen Einthcilung Ordnung und Ver-
zeichnung, — detn Dienste für die Staatsgescluifle, — dem Dienste
für die Archivbeiiützung durch Private, — dei- Kru^nuzung der An hiv-
bestaude, — uiid der Obsorge über die im Lande umher zerstreuten
Archivalien.
Wie nun in diesen sechs Dienstzweigen in den bayerischen
Archiven die Arbeit eingerichtet ist, soll nunmehr kurz und über-
sichtlich hier zusammengestellt werden.
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Das bayeiibche Archivweüea.
119
Vni. Konservirang der Arehivalien.
1. Sicherung gegen Feuersgefabr im Reichsarchiv.
Die Massregetn und Voifcdirongent die gegen GeMa von Feuer
Einbruch und Ärcliivalienrerderb getroffen sind, bewiesen sich bisher
als völlig ausreichend.
Das Reichsarchiv sieht ringsum frei , an seine Umfassungs-
mauer Stessen nur Gärten und Höfe, sämmtlirho Säle und Zimmer
sind feuerfest von Stcinrn anff.'eführt und gewölbt. Aus den beiden
Hofbrunnen lässt sich (lurch Pum]K"n das Wasser durch eine Rüliren-
leitung in die Abiheilungen des (iel)äudes lreil>eii. Da wo die
Kralmen zu Tage stehen, hängen daneben in einem Kaslcn die
Scliläuche, welche leiclil sich ansdirauben und in ihrer Länge durch
die SSIe fShren lassen. Ausserdem gibt es Handspritzen und Feuer-
eimer. In den Gittern der Fenster befinden sich an gewissen Stellen
grosse Oellhungen, die von innen au&uschliessen: unter diese Gitt^
ölltaungen können draussen Wagen vorfahren, welche die Archivalien
aofhehmen. Die Urkundenk&sten aber sind so emgerichtet, dass
man sie mit ihrem Inhalt verschliessen, aus ihren Behältern heraus-
ziehen und durch die GitteröfTnungen liinaiis^rhieben kann. Zur
Hülfeleistung muss bei Feuerausbruch in der Nälie des Gebäudes
die nächste Kaserne eilends 1 Offizier mit 4 Unteroffizieren und
50 Mann, und das nächste Zeughaus 12 Deckehvagen schicken, und
jeder Angeslellle sofort sich im Archive einfinden. Eine genaue In-
struklion regelt für solchen Fall ihr Verhallen. Ausserdem ist mit
der vortrcll Hellen freiwilligen FeiKTWchr ein Ahkürnmen getrofTen,
demzufolge diese sofort jede Art von Hülfe leibtet. Als Bergungsort
ist für den Augenblick einer wirklichen Gefahr der grosse Rathhaus-
saal bestimmt Die Oberieitnng der sftmmtlichen Lösch- und Rettungs-
anstalten steht bei Ausbruch eines Feuers dem königlichen Polizei-
direktor zu.
Die Kaminöfen und Rauchröhren werden alle vierzehn Tage
unter Aufsicht des Hausmeisters rein gekehrt Allmonatlich werden
in Gegenwart eines Archiv- und eines Bibliotliekbeamten die Brunnen
Pumpen Rölirenleitung Ppril/en und Schläuche probirt, ob Alles
noch in gutem Stande ist, und über den Befund ein kurzer Vermerk
angenommen, welcher den Direktoren vorgf leert wird. Ausserdem
findet zweimal im Jahre eine grosse Generalprobe Statt. Auf den
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120 Loher:
Speichern aber stehen Wasserznber, die Tom Mai bis OIctober gefüllt
gehalten werden.
Gehazt wird das Reicbsarchiv durch warme Luft, welche aus
den Kellern, wo sich die Oefen befinden, durch feuerfeste Kamine
in die Geschäftszimmer geleitet wird.
Zu grösserer Sicheilit it ijezieht im Gebäude eine Feuerwache
von zwei Mann jeden Abciitl ihren Posten und muss in der Nacht
Wiederholl Gänge und Treppen begehen.
2. Feuersicherheit der Kreisarehtve.
In keinem Archive darf — ausser bei Pa( ken und Siegehi —
Licht gebrannt oder geraucht werden, auch im Reichsarchive nicht.
In den Kreisarchiven stehen zwar die geheizten Oefen in den
Geschäftszimmern, jedoch sind diese ebenso, wie im Reichsarchiv,
überall von den Ärduvsälen durch Gänge getrennt oder wenigstens
durch eiserne Tfaüren abgeschlossen. Bei Verlassen des Ardiivs
wird überall sorgfältig nachgesehen. Der beste Schutz der Archive
aber besteht darin, dass sie, das Nürnberger ausgenommen, sich in
Gebäuden oder Scblosstheilen befinden, welche nicht bewohnt werden.
Sollte aber dennoch Feuer ausbrechen, so nehmen die Archive
in Bamberg Landslmt Neuburg und Würzburg, welche in königlichen
Ro-idenzschlössern lagern, an deren Lüschgerüthen, nächtlichen Wacht-
posten, und son.^tifren Vorkehrungf^n TIkmI. Auf der hohen Trauss-
nitz bei Landshut, wohin das Wasser scliwiei ig zu leiten, ist wenigstens
soweit ^'esorgt, dass vor der Burg Wasser sich in grossen Behälteni
samnK'll , und in «ler Burg Wasser in Brunnen und Kufen , sowie
Fouers|iri(zen Löscheimer Leitern und Haken vertlieilt sind. Solial«! die
Kapeilcngiocke auf der BurgertTnil, eilen von imten aus dt r Sla<il Büi ger
und Soldaten zur Hülfeleistung herauf. Eine Löschkoinmission, aus
Stadt- und Arehivbeamten bestehend, führt beständig Aufsicht, ob die
Vorkehrungen gegen FeuersgeCahr sich in gutem Stande befinden. .
In sämmtlichen Kreisarchiven sind, wie ün Reichsarchiv, Laternen
mit aufgesteckten Kerzen, sowie Tragbahren und TragkSrbe durch die
Säle vertheilt. Wie auf der Traussnitz stehen auch ui den Archiven zu
Neuburg und Speyer gefüllte Wasserkufen auf den Gängen. Die
Kreisarchive zu Anil)erg München und Speyer haben ihre eigenen
Spritzen und Löschgerälhe, zu Neuburg werden sie jetzt angeschaflPL
Am meisten Gefahr hätte das Archiv zu Nürnberg, jedoch unter-
hält das Rathhaus eine Feuerwache und reichlidies Löschgeräth.
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Das bayerische Arcbivwesen.
121
Von der Stadtkoni mandanLsclialt rnü?scn sich Hort bei Feuerausbruch
sofort 2 Unteroffiziere mit 25 Mann und 3 Deckelwagen im Archiv
änfinden, und ist eine Kirche zum Lagerplatze bestimmt.
9, Sicherung gegen Einbrnchsgefafar.
Alle Archive wurden in Üestgemauertöi Sälen und Gewölben
untergebracht, in wichen sämmtliche Sftle dunA starlce feste Thfiren
wohl verschlossen, die im Reichsarchiv von Eisen und auch in den
Kreisarchiven jetzt der Art sind , dass sie ohne Schlüssel sich nur
durch längere Anwendung von Gewalt wfirden öifhon lassen. Schad-
hafte Tliüren oder Sclilösser wurden durch neue ersetzt. Säinnüliche
Fenster, wenn >ie nicht sehr hocli über dem Boden sich befinden,
sind in den ArchiviMi >fari< vcr^MH<'it.
Im Reidi.sarchiv lial)on Hausinoister und Thürstchor streng
darauf zu adilcn, dass sich nicht utib('fti^.tr Personen in den Gänfren
und Höfen aufhalten, und nicht verdeckte Körbe oder Kisten heraus-
gdiradlt werden. Wo sich etwas Verdächtiges zei<rt, müssen sie
sofort Anzeige maehen. Auch ist überall Fürsorge getroffen, dass
des Nachts die Archive an den Vorkduimgen zur Sich^iidt ganz
besonders Theil nehmen. Das Reichsarchiv und fünf Kreisarchive
er&eocn sidi nächtlicher Wachposten, in Speyer wohnt der Archivar
dicht neben dem Archiv, auch die Kreisarchive in Hünchen und
Amberg sind besonderer Obhut empfohlen.
Die vornehmste Sicherheit gegen Einbruch liegt übrigens in der
Treue und Sorgfalt der Archivbedipnsleten. Wenn verschwiegen
bleibt, an welcher Stelle im Archiv werthvolle Urkunden oder Kodizes
lagern, so werden die Aktenmassen zu gewaltsamen Versuchen, sich
ihrer zu bemächtigen, niemals anreizen.
4. Sicherung gegen ArehWalienTerderb.
Feuchtigkeit in den Wänden oder Fu^sböden, Mangel an Schutz
gegen Whld und Wetter, sowie gegen das Eindringen von Insekten,
Umnöglichkeit beständigen Lufldurchstreichens — dergleichen Uebel-
stände, welche mit den Baulichkeiten zusammenhängen, lassen sich
oft schwer beseitigen. In den neun Archiven, von denen hier die
Rede, möchte — sobald die zu Nürnberg Bamberg und München
statt ihrer Gewölbe im Erdgeschoss bessere haben — von jenen
Mängeln jetzt kaum noch etwas zu merken sein. Feuchte Wand-
steilen sind trocken gelegt, modrige Fussböden erneuert, zerbrechliche
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122
Löher :
Ft nsterstöcke ilun h bessere ersetzt, für r(^eliuässige Lüftung gesorgt.
Wo das Eindringen von Raupen Käfern und Schmetterlingen der
Lage des Archivs wegen zu fOrchten, werden vielfach feine Gitter
angewendet, welche jedoch der Luft nicht Zutritt verwehren.
Da bei jeder Inspektion das ganze Gebäude untersucht wml,
am Schlüsse aber jeden Jahrs die Archive, gleichwie die andern
StaatBgebäude, den Baubeharden ihre Anzeigen einzureichen haben,
ob und was etwa in baulicher Hinsicht zu ändern oder zu bessern
ist, so darf man gewiss sein, dass jedem Gebrcclitn abgeholfen wird.
So winden z. B. 9000 Mark in diesem Jahr dazu bestimmt, die
Fussbodenkälte in den Geschäftszimmern des Reichsarchivs durcli
zweckmässige Vorriclilungon zu mindern.
Um Staub und Uureinlichkeit zu entfernen, findet in allen
Archiven niindf'-!ens jäbrlirli L'ininal eine Reinigung aller Lokale
Gestelle Ka.-ten und Scliicbladen Statt, wobei die Anhivalien ab-
gestäubt werden. Au-scrdeni gebt periodisch wiederkehrend eine
gründliche Durchninigung durch alle Archivalien, in diesem Jahr
gilt es dieser, im nächsten jener Parthie. Dabei wird jedes einzelne
Stück zur Hand genonunen und durchgesehen, Blatt und Siegel, wo
nölhig, behutsam geputzt, und wo sich feuchte Stellen bemerkbar
machen, das Stück sofort an der Luft getrocknet. Das Besichtigen
Putzen und Ausbessem der vielen Fenster im Reichsarchiv wird
jährlich durch gelernte Glaser vorgenommen.
6. Ausbesserung schadhuflcr Stücke.
Wo sicli im Reichsarchiv bei dem Nachforschen oder Durch-
reinigen Kodizes und Amtsbücher zeigen, deren Blätter zerrissen oder
losgelöst sind, werden sie vermerkt. In den Sommermonaten er-
sclieint dann ein darauf eingeübter Buchbinder, um sie nach An-
weisung und unter Aufsicht eines Beamten auszubessern. Dabei
wird sorgsam jedes Stück Pergament oder Papier, das zu den Kodizes
gehörte, bewahrt und belesligl, ausgebrochene Blattränder werden
tiergestcllt, und das Cianze zwar mit neuem festen Einbände versehen,
jedoch in einer Art und Weise, dass überall noch deutlich vor Augen
liegt, wie der Kodex in seinen Trümmern aussah. Mit besonderer
Sorgfalt wird jede Zeile Schrift erhalten: kann es nicht durch Unter-
legen ebies festeren Stofb geschehen, so wird die Zeile mit feineQ
durchsichtigen Blättchen Lackpapier überzogen.
In derselben Weise sucht man Urkunden zu retten, die im Zer-
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Du bayerische ArebiTweaen.
123
blSltern un»! Vermodeni iH -iiiVi/ii sind. Beliutsain worden <\f auf
durcbsicliliijciii l'apier oder PtT^'ameiit aiifrrokK'bt oder slelhMiweise
cliunil überzogen, ohne ila^ss irgend ein Seliriftzug darf verdeckt
werden.
*
6. Torkehrungen gegen Unordnung und Verschleppung.
Unordnungen in einem Archiv, in wdcliem einmal jedes Stäck
seinen festen Platz bekommen hat, kann der Vorstand leicht steuern,
wenn er fleissig nachsieht, wenn Niemand hmein darf, als wer amt-
lich beschäftigt ist, und wenn alleReiiügangs* und Reparaturarbeiten
stets nur unt* r ^'ehöriger Aufsicht Statt finden. Es versteht sidi
von selbst, da-s, ehe da- Archiv verlassen wird, man sich versichert,
ob Alles wohl {gesperrt und die Schlüssel abgeliefert sind.
Gewöhnlich aber pelit viel weniger diircii Unordniinpen im
Arcliive selbst zu (nurule, als durch die Verschloiii imgcn von Archi-
valien, die aus den Archiven leihweise lierau^koiiuiicu. Da lässl
sich nur helfen durch genaues Pu'perlori-iren und Beschreibt u, durch
Aufdrücken eines Stempels, welchi'r den Namen des Archivs zeigt,
und durch sorgfältiges Verbuchen und Reklamiren. In letzteier Be-
ziehung sind jetzt im Rdchsarchiv und seinen acht Kreisarchiven
folgende Massregeln eingeführt:
1. Ein einziger Beamter hat die Aushebung und Reponirung der
Archivalien im Archiv, und vermerkt eine jede kurz im Aus-
beberegister nach Tag und Datum und dem Namen dessen,
für welchen die Herausgabe geschah. Was irgend aus den Archiv-
salen herauskommt, sei es behufs Studien der RefiH%nten oder
behufs Archivbenützung oder behufs Versendung, mrd genau
verbucht.
2. Im Zimmer der A rchivbenützer maclit -ich derjenige,
welcher die Aufsicht führt, darüber einen kurzen Vermerk,
und wacht über die Aufbewahrung und Rücklieferung.
3. Gehen die Archivalien aus dem Archiv heraus, so werden sie
genau und vollständig im Ausleihebuch eingetragen, und
dabei Lagerort, Signatur, Tag der Versendung, und Empfänger
vermerkt.
4. Im Postbuch, welches die Archivdiener fuhren, bescheinigt
der Post- oder Bahnbeamte den Empfang jeder Archivalien-
Sendung.
5. Von jeder Behörde und jedem andern Archivbenützer, denen
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Löher:
aus:serhall) des (n häiulfs Arrliivalien zu<:<'stollt werilen. wird
ein mit rntoiricln ilt vrrsclioiK i Empfangscheiii eingefordert
und im Manualakle aufbewahrt.
6. Bei Versendung von Archivalien wird je nach Lage des Falb
eine fYist der Rilcklieferang bestimmt und der Tennin im
Reproduktionskalender eingetragen. Ist am bestimmten
Tage das Archivale nicht zurück, wird es eingefordert
7. Alte Stficke, die länger als zwei Jabre ausstehen, kommen ui
ein Schuld buch, damit man sie stets vor Auo:en habe und
wicdcrholf (Vw Eiiiiifanger mahne, sie zurückzuschicken.
8. Da aber die meisten Archivsendungen an die Kreisregie-
rungen gehen, ist -oit einigen Jaliron die Einrlrlihing se-
troflen, d.iss bei einer jeden ein Resistor ütjer lunipl'ang und
Hücksendung von Archivalien geführt wird.
IX. Eintheilung der Arcliivalien.
1. Historische Gruppen.
In den bayerischen Archiven herrscht nichts weniger, als die
französische Schablone, nach welcher man die Archivalien in ein
Ziffersystem einschachtelt, etwa wie eine grosse Notariats-Registratur.
Durchgängig gilt vielmdir der Grundsatz, es müsse, was hist(Hrisch
d. h. seiner Entstehung nach zusammen gehört, sei es als ein grösseres
oder kleineres Canzes, auch beisammen bleilien. Jedes Archiv zap-
(allt dalier in eine ^h>nge grosser und kleiner Archive.
Für die idlere Zeit ergibt die frühere Territorialeintheilung, fÖr
die neuere Zeit er;.'t>l)en die Floftimter, die .Stual.^ministerien , die
Ke^'icniiiirslelien nnd ihre t'ntorbehrirden , die grossen nnd kleineu
Justizhöfe den (irnnd zur Kintheilun? des Archivinaterials.
Es zeiCallen aber die grossen (Iiupjien wieder hir die ältere
Zeit in kleinere Gebiets-, für die neuere in kleinere Amts-Bestfuide.
Innerhalb jeder grossen und kleinen Gruppe wird, soweit es irgend
möglich, die chronobgische Reihefolge der ^ücke beobachtet.
Wo aber, abgesehoi von diesen Grundsätzen, von früheren
Archivaren bloss aus Rücksicht der Innern Verwandtschail und
Ärmlichkeit des Materials einmal gewisse grosse Aktengruppen und
Urkundensdekte gebildet worden sind, hat man auch diese, wenn
der Gnmd der Eintheilung nicht sinnstörend odar geschäftshindemd
war, nicht aufgelöst, sondern ihre Stücke beisammen gelassen.
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Oos bayei-iscbe Archmresen.
125
2. Scheidung der Urkunden von den Akten.
Durrhganjrig aboi biklon die I/ikuntleii den einen, die Kodizes
iVinUbüclier und Akten den andern Tlieil einer Gruppe. Wo dies
in den Archiven zu Würzbuig Speyer Landshui Amberg Neuburg
Manchen mehr oder weniger noch nicht der Fall war, ist es in den
letzten zehn Jahren grOsstentheils durd^ießihrt.
Das (Jrkundenarchiv ist aber nur im WOrzkirger und m den
kleineren Ardiiven besonders aufgestellt: in den übrigen findet sich,
sovreit die Lokale es zuUessen, in jedem Saale neben den Akten,
die in Gestellen an den Wänden st^en oder liegen, auch die dazu
gdiörige Urkundensammlung.
Jedoch ni(ht überall Hess sich im Reichsarchiv die Trennung
von Akten und Urkunden durcliführen. In einer Abtheilung, dem
grossen Adels- und Familiensolekt. der in lauter einzelne Kästen
zorHilK . liegen die rrkundon und Aktenstücke für jedes rjesclilocbt
in einem Kasten heisaiiiMicn. Da viele unter den mehr als liinf-
tausend Familien nur durch wenige Dokumente vertreten sind, so
hat diese Einrichtung die Be(iuenilichkeit für sich. Grosse rel)el-
stilnde dagegen sind mit Aetten kholer s Folianten verbunden. Dieser
nemlicli hat während seiner langen Verwaltung lange Bändereiben
gebildet, in denen er das verwandte Material zusammenbinden liess,
einerlei ob es in Urkunden Korrespondenzen oder Verhandlungen
bestand. Jedoch beschränken sich diese Sammlungen meist auf
Schriftstücke von Papier, und gehen nur m den sogenannten Fursten-
tomen über das fonfzelmte Jahrhundert hinauf. Verwandtes Material
ist aber zu je einem Bande öfter nur oberflächlich zusaramengerafiTt,
und ni<ht besser ist es gar häufig mit den Inhaltsanzeigen bestellt,
die Aettenkhofer selbst den Bänden aufschrieb.
Ueberhaupt wird man in so grossen Archiven noch lange ver-
zichten müssen, Urkunden und Akten so schön herzurichten, dass
alles gleichwie in einer Bibliothek sicli heraiisnehineii luid einschielx?n
lässi. Die nächste Zeit gehörl noch nölhigeren Ürdimugsarbeilen.
8. Plankammern.
Da die Flur- und Forst-, die Weg- Fluss- und Seekarten, che
Situationspläne Grundrisse und Bauentwürfe meist grosse Pergament-
oder Papierstücke bilden, die sieh nicht wohl zu den Akten biegen
und falten lassen, — da sie eingerollt nicht in die Gestelle passen.
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126
Lölier:
— da sie endlich in der Kegel niciü bloss fär eine Urkunde oder
Aktenzahl, sondern für eine Gegend zur Erlfiuterang dienoi: solcaiii
schon Aettenkhofer auf den guten Gedanken, diese Art von Archi-
valien zu sammeln und die Stäeke gleichmässig in langrunden Papp-
schachteln zu verwahren. Diese Rollen werden nun auf breiten Ge-
stellen in tiefe Schichten, die sich über einander befinden, in der
Weise «ngel^, dass die Enden der Rollen, welche numerirt sind,
hervorstehen und man die betreffende Nummer des Repertoriums
zur Plankarnmer leicht abliest. Die ganze Sammlung ist nach Ört-
liclikeiten geordnet , jedoch unter fortlaufenden Nummern. Um das
System der Einlheilurig zu markiren und das Durcheinanderrollen
zu vorinitcn, sind dio Srhiclifen in Fächern abgethoilt. Diese
vortivnii( lie Einrirhluiig wurde roi ti,'e.-etzt , und e? ciitstand im
Reithsarciiiv eine Sammlung von gegen 10,000 solcher Pläne und
Grundrisse.
Auch in den Kreisarthiven werden die Pläne mul Karten, wo es
früher noch nicht geschehen, von den übrigen Archivalien geschieden,
und auf einem besondern Gestelle vereinigt, die Gestelle aber ent-
weder an den Wänden oder m der Mitte eines Saals so aufgestellt,
dass man ringsherum gehen kann.
4. ZimeliensammlungeiL
Gleichwie die Hof- und Staatsbibliothek im obem Stock beson-
ders seltene und kostbare Stücke zu einer Sammlung vcfeinigt hatte,
wurde auch im Reichsarchiv schon frühzeitig eine ähnliche Samm-
lung gebildet. Sie entliält die ältesten Urkunden in deutscher Sprache,
die früheste Urkunde auf Linnenpapier, andere merkwürdige Ur-
kuiidon, Goldbullen der Kaiser, seltene Siegel, fJoldsclirilten, Wachs-
tal'eli)ü( her, Konfraternitätsrotulß, Nekrologien mit Malerei, und der-
glei(hen.
Auch zu Nfirnbcrg und Band)erg haben die Archive aus ihren
alten Reiclithüiuern Kleinodiensanunlungen gebildet.
5. Gruppensftle im Reichsarchiv.
Als das neue Reichsarchivgebäude vor etwas mehr als dreissig
Jahren bezogen wurde, gab es darin sehr grosse, mittelgrosse, und
kleine Säle. In der glficUichsten Weise wurden damit die grosseren
Aichivgruppen in Beziehung gebracht. Jede bekam, soweit es mög-
lich war, ihren eigenen SaaL Dadurch hatte man das gleichart^
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Das bayerische ArebiTwesen.
127
und verwandte Material jfdcsüial nahe beisannnen . und brauchte
die zusaniniengehörigen Arcliivalien, was den Dienst jedciirall< er-
schwert hätte, nicht zertrennen, um sie in mehreren gleichförmigen
Silen m verthelleii.
So gibt es mm einen F Arstens aal, weldi« die Urkunden
fiber Haus- und TheilungsvertrSge, die Sukzessionshandlungen, die
Annahme der Köoigswörde mnfasst, femer den Fürsten selekt
d. i. eine Sammlung von Urkunden altbayerischer Herzoge, den
Kaiser Ludwigs Selekt, ebenfalls eine grosse Urkundensammlung,
sowie eine in 41 grossen Foliobänden, den sogenannten Fürsten-
lomi, bestehende Sammlung von Eorrei:pondenzen der Herzoge und
sonstifren Haus- und Familiensachen derselben.
Der Lehnssaal vereinigt die Urkunden Anitsbücher und Akten
der Lehnshöle von Altbayern und frülier selbststundigen Fürsten-
thümern.
Der Landschat'tssaal enthalt vom Beginn des vierzehnten
Jahrhunderts an die Archivalien, welche sich auf landständische Ver-
hftltnisse beziehen, denen sich die Verfassungsarkunde sammt den
neueren Landtagsabachieden anreihen.
Die Kirchenraths- und Geheimen Raths-Protokolle
biklen eme lange Folgereihe von Binden über die Beschlüsse der
obersten Staatsbehörden von 1556 resp. 1676 an, ergänzt durch die
Dekretensammlung, etwa 10,700 Stück, die mit dem Jahre 1514
beginnen.
Der Nachbarensaal entluält die Verhandlungen über frühere
nachbarliche Differenzen und Verträge mit den Bayern umgebenden
Fürslenthüniern.
Der lanfro Oo rieht esaal unitassf die auf Grundbesitz und
grundherrlichen VerhiUtnisse bezü'^'lichen Urkunden Saalbiicher und
Akten, die nach den älteren Land- und Ulleggerichten eingetheilt
sind, mit l nterabtiieilungen für Städte Märkte und Hofmarken.
im grossen Rechtssaal sind die Gerichtsordnungen, Landrechte
und Landesordnungen, Poluseisachen, Hexenpiozesse, und andere
wichtige Zivü- und Eriminalakten bis auf die politischen Prozesse
dieses Jahrhunderts vereinigt.
Der Religionssaal enthält dagegen die Verhandlungen der
Reformationszeit, die Protokolle des Geheimen Kirchenraths, und
andere Religions- und Kirohensachen der Katholiken Protestanten
und Juden.
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128
Löher:
Eine Sualfol^rt.' uiii^'ioifl eine Auswahl aus dm .säkularisirten
Archiven der Hothstifte. Bei jedem wurde die alle Einllieilung in
Archivalien des Hochstifts, des Domkapitels, und der einzeloen
Pfarreien und Ämter beibehalten, da ihr die zahlreich vorhandenen
alten Diplomatarien und Repertorien entsprechen. Auch was an
Schriftstücken über nicht bayerische Hoch- und Domstifte vorhanden,
fet dieser Gruppe anzureihen.
Der grosse Klostersaal mit drei anstossenden kleineren Sälen
umfasst das Roste an? den Archiven der aufgeliobenen Kloster, In
diesjer wie in der Ilochslifiersammlung finden sich die ältesten und
werihvollslen Kodizos Oh(M-deu!>(lil;inds.
Dabei i>t zu nennen der ürden-saal mit den Ardiivaiien des
Deutschherren- Malteser- und Je-uitennrdens.
Im Stfidtesaal landen ihren Platz die Arehivalien, soviel
man ihrer aus den inediatisirten ileielisstädlen ül)er ilie früliere
Souveränität und was damit zusanunenliiiig, ausgelesen hat.
Im ähnlichen Verhältniss steht der Grafen- und Herrensaal,
zu welchem jedoch nur ein sehr kleiner Theil der auf die ehemalige
Landeshoheit der roediatisirten weltlichen Reichsstände bezüglichen
Akten und Urkunden zusammengebracht ist. Man Hess den Me-
diatisirten, noch mehr als Reichsstädten, Schonung bezuglich ihrer
Archive angedeihen.
Hieran schliessen sich die Urkunden der ehemaligen Reichs-
ritterschaft, eingetheilt nach Kantonen.
Im Saal des Kaiserselekts lageit die grosse kostbare Samm-
lung von Kaisonn'kundeii von 777 an.
Der Adelssaal dafjofren enllifdt in 410 Kartons, die nach
den iJeschlerlitsnanien ali»lial)eti-rli t:eordnet sind, die überaus zahl-
reiehen l ikunden Stanuubäume und Akten von adligen und andern
hervorragenden Fa i n i 1 ien .
Andere grosse Samndungen bilden die Akten des Reichs-
kammergerichts und Reichshofraths, sowie insbesondere auch
die Kriegsakten, unter denen z. B. bloss flba* den dreisagi-
jährigen Krieg melir als 800 Foliob&nde und ausserdem noch an
550 Aklenbündel vorhanden sind.
Eine vollständigere und noch mehr systematische Ordnung des
Reichsarchivs kann erst dann Statt flnden, wenn es seine sehnlich
erwünschte EnKänzung aus dem Geh. Staatsarchive gefunden hat
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Das bayerische Arcbivwesen.
129
6. Urknndeii-Lagerun^ im ReichHarehiv.
Durch die Mitte der nieisten Säle läuft ein langer Schrein,
100 Gentlmeier hoch, und 84 oder auch weniger breit. Die Platte, weldie
ihn bedeckt, dient als ein langer Tisch. In dem Schreine stehen
grosse Urkundenkästen, entweder bloss in einer Reihe neben, oder
in zwei Reihen gegen einander. In einigen Sälen sind die Urkunden-
schreine auch an den Wänden angebracht
Jeder Kasten hat seine versohl iossbaro Thür, und lässt sich aus
dem Schrein initlelsl eiserner Ilakon herausziehn. Man hat jedoch
bei der ersten Anlage dieser Einrichtung nicht berethnet, wie schwer
und unboliüiriidi du Kasten wird, wenn seine Schiebladen mit Per-
gamenten «relüllt sind.
In jedem Ka.^tiMi befinden sich über cinaiidiT striis Schiebladen.
Diese sind sehr ^'eränmig, nämlich 92 (lentiiiielcr breit, 75 tief,
13.14 liocli, und da man sie alle weit her;ius/ielien kann, so lässt
sich mit einem Bück tier darin ausgebreilele Inhalt überschauen.
In den Schreinthüren sind feinvergitterte Luftlöcher angebraclit,
und das Vorderln«tt jeder Schieblade hat von oben zwei halbkreis-
tOrmige Löcher, in welche man bei dem Herausziehen hineinfasst
Dadurch ist das beständige Eindringen und bei den zweiseitigen
Kastenreihen auch das Durchstreichen der Luft beigestellt, welches
90 sehr beiträgt, das Vermodern der Dokumente und insbesondere
ihrer Siegel zu verhindem.
7. A r c Ii i V ;i I i (■ 11 ur il II u ng in «Icii k i f i s a n- h i v ii.
In allem Wesentlichen ist die l'rknndenlageiim;^', sowie die Aut-
stellung der übrigen Archivalien in drri Kreisardiiven dieselbe, wie
im grossen Zentralarchiv zu .Müncht.-n. Jeiloch lehlt viel, dass über-
all die Urkimdenschreine und Aktenm'stellc so gut und gleichförmig
eingerichtet wären, wie im Kreisarchiv zu Bamberg. .Man mnssto
vielmehr das aus den alten Archiven und liegi»tratui en überkummene
Mobiliar benutzen, so gut es eben ging. Bei der Knappheit der Geld-
mittel Hess sich erst hier und da ein besseres hohlen.
Bei dem grossen ArcbiTneubau zu Nfimberg, mit welchem
bald wird begonnen werden, gelingt es hoffentlich, auch in dieser
untergeordneten Frage Behörden und Publikum vor Augen zu stellen,
wie ein grosses Archiv heutzutage eingerichtet sein soll.
Im Uebrigen hat jeiles Archiv in der Anordnung Lagerang und
Archivullscbe Zelucbrtfl. J. ^ 9
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13U
Aufslollun}/ seiner E>i',släii<lc seine Eiijenthünilichkeileii. die man gerne
beibehrill , soweit dadurch dem laulonden Dienst und der Konscr-
virung der Archivalien kein Eintrag geschieht.
X. Archivaliseher SiMtsdimt.
1. Bedeutung der bayerischen Archive für den Staat.
Gemäss ihrer ganzen Entstehung und Geschichte und gemäss
ihrer neiioron Orjranisation, welche die .ilf< n Grundsiltze fori und
fort weiter ausbildete, nehmen die bayerisclicn Archive eine Stellung
zum Staate ein , welche ?ich von ihrer Bedeutung in vielen andern
Lfmdern nntersrlieidet. Niehl die hislorischen und wissenschan liehen
Intercs-eii -lehen im Vordergrunde, sondern die reclitlicheu und ad-
ministrativen.
Der leitende Getlaiike ist ein dopiieller.
Erstens : Alles Material an Akten Amtsbüchern und Dokumenten,
das för jetzt oder später noch einmal Dienste leisten kann, das aber
nicht mehr zum laufenden Dienst der Ministerien Regierungen Api)el-
latirasgerichte mid der niedem Justizr und Verwaltungsstellen ge-
hört, soll in den Archiven angesammelt und hi diesen als ein Ganzes
arehi?aHsch geordnet und verwaltet werden.
Zweitens: All die Fragen, zu i^enxi Beantwortung diese Akten
Amtsbücher und Dokumente dienen, w ill man nicht durch wechselnde
Justiz- und Regierungsbearnte gelöst wi.^sen. sondern durch ständige
Archivboa m te , welche einerseits die Archivalien beisammen haben,
sie kennen und überschauen, andererseits al)er v.n jener Aufgrabe ge-
schickt sind, sowolil durch läii'^'ere Uebunj;. als durch ihre liislorischen,
insbesondere reclitshistorischen, administrativen und juristischen, aber
auch durch ihre paliiographischen, diploiuatischen, und philologischen
Kenntnisse,
Taucht also irgendwo bei k. Stellen und Behörden eüie Frage
auf äber frühere gfiterrechtliche Verhältnisse, über alte Rechte Gesetze
und Einrichtungen, über ehemalige Aemter Stiftungen und Behörden,
fiber ehemalige oder noch bestehende Pflichten und Rechte in Bezug
auf Besetzung der Pfarren, Unterhaltung der Kirchen und Schulen, der
Wege und Strassen, fiber Forst- und Gemeindegrenzen, Flussläufe und
Flunrermessungen , Ansiedlungen , oder sonst ii^nd eine Frage auf
dem wdten Gebiete der Real- und Staatsrechte früherer Zeit, so wendet
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Das barerische Arebivwesen.
1dl
nan sich von allen Seiten an die Archive. Denn jeder Staatsbeamte
weiss, dass die Archivare die hetreflenden Akten Anitsbücher und
T^rkunden bis vor (]rei-^>ip: Jahren aus dem ganzen Königreich zu
samniehi, zu sludiren , und unter Vorlegung und Erläuterung der-
selben die Frage, worauf es ankommt, zu beantworten haben.
8. A n t or (1 »• III II eil an die Ar chivl>eamten.
Die bayerischen Archivlx»amten sind also die Verwalter aller aus
dem laufenden Dienst ausgeschiedenen amtlichen Dokumente, alM:>r
zugleich auch die bestellten Sacliverstäntligen des Staats in Bezug
auf ihren Inhalt, sowie insbesondere die Fragen, die sicli aus diesem
Inhalte ergeben.
Es haben desslialb säminllielie Arcliivbean>ten folgende Wei-
sungen :
Nur dann, wenn einfach die Vorlage eines bestimmt beieich-
neten Archivstfickes und nichts anderes verlangt wird, genOgt ein
blosser Begleitberichi : in allen anderen Fällen ist der Regel nach
auf die Sache selbst einzugehoi.
Kommt es — was aus dem die Recherche veranlassenden
Schreiben einer Behörde leicht zu erkennen — auf einen Rechts-
punkt oder auf ein Faktum an, zu deren Aufhellung Archivalien
dienen sollen, so muss der Archivbericht auseinander setzen, in wie
fem jene Rechts- oder Thatsachenfrage in den Akten und Urkunden,
Amtsbüchern undKodizes wirklich ihre Aufklärung findet. Der Arehiv-
beamlo muss also bestimmt erklären : ob und wodm-ch die Frage
bejaht, oder ob sie verneint, oder ob sie in Zweifel gelassen wird.
Er muss zugleich die haujitsäcliiichen Schriftstücke bezeiihnen und
vorlegen, welclie darauf Bezug haben, und dabei die Indizien angeben,
welche man In anderen findet, mn dem Sachverhältniss auf die Spur
zu kommen. In manchen Fällen wird es der anfiragenden Behörde
erwünscht sein, Aber das gesammte Archivmaterial, welches mit
dem Gegenstande der Frage zusammenhängt, Eenntntss zu erhalten,
und zwar auch dann, wenn der Archivtieamte dasselbe nicht glaubt
m Vorlage bringen zu sollen.
8. LOtuo^ der Aufgabe.
Um nun diesen Anforderungen zu genügen, ist Folgendes un-
erläsdich:
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Lölier:
1. Der Arihivbeaiii'c inu>>, oho er an d'io Rcclierclie ^clil. dio
Frujj'e, auf welche es anküiinnl, sii li klar machen, uml nöthigeii Falls
sich aus Büchern und Karten, — sei c?; in zivilrethlHclier oder staats-
rechtlicher, oder auch topogiapliisciicr, historischer, und adtninistra-
tiver Beziehung, — Belehrung verschaffen.
2. Man darf sich nicht immer begniigen, im betreffenden Reper-
torium nachzuschlagen und das dort etwa Verzeichnete herauszu-
holen: es wird viehnehr häufig unumgänglich sein, nicht bloss in den
verwandten Partien anderer Repertorien nachzusehen, sondern auch,
was gewöhnlich am meisten hilfl , am Fache seihst die Recherclien
zu machen. In zweifelhaften Fällen legt man sieli die lieiden Fragen
vor: an welcher Stelle k()nnlen jemals Akten oder Dokumente nber
diesen Fall entstanden sein ? l'nd ist es wahrscheinlich oder möghch,
dass sie in das Archiv jjelaMg-ten ?
3. Die irefnndenen Archivalieii aber niiiss der Archivlieamtc
selbst studiren. Nur wenn er sie mit eigenem Fleiss diuchdrungen
und bewältigt hat, ist er im Stande, einen gründlichen Bericht dar-
über zu erstatten, welcher der anfragenden Stelle oder Behörde all
die Behelfe Erläuterungen und Erklärungen an die Hand gibt, die
ihr nützlich sein können.
4. Was endlich die Verzeichnisse von Urkunden Kodizes Amts-
bücUem und Akten betrifft, — sei es, dass sie mit ihnen oder ohne
sie in Vorlage kommen, — so müssen sie so gefei tigt werden, dass
der betreffende Regierungs- oder Justizl)oamte leicht und sicher dar-
aus ersieht, was in i!<n verzeichneten oder beigefügten Archivalien
zu linden. Niemals diii tm unklare oder ungenügende Inhaltsanzeigen
von <\on alten Tekturen oder aus früheren Repertorieu abgeschrieben
werden.
In Frag(»n wichtigeren und allgeiiieinercn Inhalts findet eine
wii-di i holtr Klärung des Archivalieninhalls Statt, einmal bei den Kreis-
archiven und sodann bei ihrer Zentralstelle, welche ihre Berichte ver-
gleicht, selbstsländig die ganze Sach- und Archivalienlage durchprüft,
und nach Befinden noch nähere Aufklärungen aus den Unterarchiven
einholt.
4. Berechtigang zu Auftragen an die Archive.
Keiner Stelle oder Behörde, als allein dem Staatsministerium
des Innern, steht es zu, dem Reichsarchiv oder seinen acht Filialen
Aufträge zu geben, oder auf ihre Geschäfte Einwirkung zu üben, oder
irgend Jemand Archivbenützung zu gewähren.
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Das bayerische Archivwesen.
133
Wohl alm können Vorlage von Archiralien oder Aafschlüsse
Auszüge und Kopien daraus verlangen:
1. Säninitliche Staatsniinislerien.
2. Die Kreisregrierun^'cn und iliiv Fiskale.
3. Die Slaalsanwälte, diese jeilorli nur ;ils(iaiiii. wenn Ix'-
reils im Editionsverfalireii das X orhaudeuäcin der Arclii Valien kon-
stalirl i>t.
Will eine andere k. Stelle oder Behörde etwas aii.s den Archiven
lieben, so muss sie sicli entweder an ihr voi^etzles Ministeriuni,
oder wenn es sich bloss um Kreissachen handelt, an die betreffende
Kreisr^ening wenden.
Es suchen jedoch die Archire, um Zeitverlust und Vielschreibe-
rei zu mindern, jedon billigen direkten Ansuchen einer k. Stelle oder
Behörde nach Möglichkeit zu entsprechen.
Auch können die Kreisarchive gleichwie ihre Zentralstelle mit
allen önenllichen Organen der k. Zivil-Staatsministerien, sowie mit
I{( ( iitsanwällen und Privatpersonen in Bayern in unmittelbai'en Ge-
schäftsverkehr treten, wenn dabei weder eine Mitwirkung noch eine
Kennlnissnahme von Seile de> Reielisareliivs nfitliig ist.
Dagegen stellen Maj.'^istrate und sonstige tiemeindevorsiände,
ehenao wie biscliüfliclie Ordinariate Dekanale und Pfarreien, Stiltun-
gen und andere Genossensehaften, niclit minder hislorisciie Vereine,
und höhere oder niedere Lehranstalten, den k. Archiven nur als
Private gegenüber. Noch wen%«r könnte den Kammern oder ihren
Auraehüssen oder ihren Mitgliedern das Recht zugestanden werden,
den Archiven Aufträge zu geben. All die Grenannten können sich
aber entweder direkt an das Reichsarchiv oder an eine Kreisregie-
nmg oder ein Ministerium wenden, um die betreffende Anweisung
an ein Archiv zu erwirken.
Niehl anders werden Retiuisitionen von fremden Archiven be-
handelt. Gelten sie auf diplomatiscliem W^e einem Ministerium zu
und macht dieses die Sache zu seiner eigenen, so haben die Archive
dorn Auftrage gleichwie in jeder andern Sache des Staatsdienstes zu
entspreclien. Es versteht sieh aber von selbst, dass die bayerischen
Archive, auch wenn ein fremdes sich dii'okt an diesellieii wendet,
dem Verlangen mit mögliclister Kollegialität gern und vollstiuidig zu
entsprechen suchen.
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LOher:
5. V e r f a Ii r e II.
Handelt os sicii um solche Arcliivalien oiltr Aufschlüsse und
Auszüjj'e daraus, welche nur ein bestinunfcs Archiv aii^'rhen, so wird
bloss dieses von der betn lTonden Sh:^lle oder Bei lürdt; beaullrat^d oder
ersucht. Dasselbe erledigt dann die Saciie durcli liecherche, Studium,
und Zusendung des Berichts mit oder ohne Archivalien. Da es
wohl möglich ist, dass zweckdienliches Bfaterlal zur Beantwortung
der gestellten Frage auch in emem andern Archive vorkommt, so
sind sfimmtliche Ereisarchive ermächtigt, im Fall eine solche Ver^
muthung auftaucht, von einander oder vom Reichsarchiv auf direktem
Wege Archivallen und Behelfe zu erholen. Sokhe wechselseitige Aus-
hülfe ist in manchen Fftlloi erwfinscfat, sogar nothwendig. Es kfinnen
z. B. Archivalien über ein Gut in Schwaben, welches früher einmal
im Besitz eines fränkischen Bisthums war, theils im scbwfibisdien,
theils in einem der drei fränkischen Kreisarchive liegen, während
der Re^ierun^sbeanite, welchem dies unbekannt, nur hei dem ersten
die Nachforscliung anrr^^t.
Ist daj^open eine Frage allgemeinerer Xatur oder berührt sie
mehr als ein Kreisarchiv, >o gelangt von vornherein Auftrag oder
Ersuchen an das Reichsarchiv. Nachdem die Sache hier bearbeitet
worden, ergehen an die Kreisarchive, welche dienliche Archivalieu
oiier Aufklärungen geben können, die nüthigen Anweisungen, wie
die Nachforschung einzurichten und auf welche Punkte es dabei an-
koBunt Dte Krdaaichive berichten alsdann an ihre Zentralstelle und
schicken, wo es irgend nötbig oder r&thlich erscheint, zugleich die
Archivafien mit. Am Reiclisarcliiv, bei welchem mzwischen die
Recherche unter den eigenen Archivbestfinden Statt gefonden, wird
endlich eine Gesammtdarlegung der Saeh* und Rechtslage ausge-
arbeitet, welche erforderlichen FaDs mit den erklärenden oder er-
gänzenden Archivalien und Auszügen oder Abschriften begleitet ist.
Die Archivalienzusendung erfolgt in df i Regel direkt. Sie ist
bei fast allen neun Archiven zahlreich und niunnt viele Zeit in An-
spruch. Die Versendung geschieht bei Urkunden in Kartons, die mit
Werg otler Baumwolle gefüttert werden, oder in festen Packen. Alte
kostbare Urkunden, insbesondere Kodizes, in denen sie nur ab-
schriftlich vorhanden, werden in der Regel nicht versandt, sondern
statt ihrer l)eglaubigte Abschriften.
Sämmtliche k. Stellen und Behörden sind streng gehalten, so-
L iyiii^üd by Google
Da:* bayeriürhe Archivwesen.
135
fort bei Empfang der Archivalien denselben zu bescheinigen, und
sobald sie derselben nicht mehr bedürfen, sie zurrirkzuschitken.
Welche Vorsichtsmassrcgeln getrotlVti isind, dass die Rücksendung
sicher erfolpe, fand oben unter den Mitteln zur Sicherung der Archi-
valien Erwähnung.
XI. ArdiivlMnlHzung.
1. Arten.
Es wurde ba*eits bemerkt, dass ausser den staatlichen Stellen
und Behörden alle anderen ArchiTbenfitzer als Privatpersonen be-
handelt werden, einerlei ob es Korporationen oder Einzelne, geist-
liche oder weltliche Vorstände sind. Eine Ausnahme findet nur in-
sofern Statt, als demjenigen Gemeinden Stiftungen und Genossen-
schaften, wekhe ihre Archive von freien Stücken und unter der
Bedingung, dass ihnen die Benützung derselben beständig frei stehe,
den Archiven des Staats übergeben wollen, ihre Anrechte vorbe-
halten bleiben.
Nun kommen an? dm verschiedensten Lehenskrei.sen Gesuche,
um di«' F>('\villigiing zur Ein.siciit und Ahschrifl von Areliivalien, oder
um Auszüge und Kopien zu erhalten. Jeder Fall hat sein Eigen-
thümliches: im Ganzen alx*r lüsst sicii die Privat-Archivbenützung
dreifach eintheilen. Sie lindet SlalL entweder in Rechtssachen, oder
im wissenschaftlichen Interesse, oder zu genealogischen Zwecken.
Nicht die Persönlichkeit, sondern was sie beabsichtigt, macht bei
der ArehivbenfitzuDg einen Untersdiied, der in der Behandlung der
Ffille gewisse Bcsonderiieiten mit sich bringt
Es sei hier zunächst das Allgemeine, sodann das Besondere
der drei Arten erOrtert.
2. F r ü Ii t> res H e g I o ni •> n f.
Es sind noch nicht dreissig Jahre her, als der Heichsarcliiv-
•lirektor Freiherr von Hormayr dem Staatsministerium über die
Alt und Weise der Archivbenützung unter aniieren folgende Vor-
schläge maclite:
1. Die Archivbenülzung ist nkht Jedennann, sondern in der
Regel nur den mittel- und unmittelbaren Staatsdienem zu gestatten,
— Subalternen jedoch und Akzessisten ohne Namen nur dann, wenn
ihre Amtsvorstftnde es begutachten, — ausserdem ausländischen
») Seile 123-124.
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136
Gelohrton in .dorn Falle, wonii sie bereits durch ihre III' i ;iris<-hen
Lt i-lungen bekannt und ihre Stellung im öllentlichen Leben iler Art
iät, dass sie hinlängliche (larantie gewährt« oder wenn der Gesandte
ihres Sonverains nürgschaft leistet.
2. Die Ki'inäcliligung zur litMiüt/un;.' de? An liivs ist bei (Je-
scliirlilslbrx hern , die mehrere Arcliivalien braiu hen , in der Uegrl
von der Bedingung ajjhiingig zu machen, dass sie die allenrall-; gc-
macliten Exzerpte oder die aus den Arcliivalien angeferliglen Aus-
arbeitungen dem Reichsarchivvorstande zur Einsicht vorlegen» welcher
aodann diesdben je nach Umständen sofort zurückstellen oder aber
höherer Genehmigung unterstellen wird.
3. Vidimirte Abschriften von Archivalien können nur mit höherer
Genelunigung oder mit Zustimmung der betreffenden Kreisregierung
an Private verabfolgt werden.
4. Die Ablieferung eines Exemplars von allen denjenigen Werken,
die aus den Quellen I{t'ich?arcliivs geschöpfl lialien, an des-en
Bibliothek wäre nui* als ein Akt der Danklmrkeit und desshalb als
keine Last anzuerkennen.
Diese Vorseidfige des Freiiierrn v. llormayr wurden vom
Ministerium als Observanz- und sacligemäss genelinii;,d, dagegen sein
einziger liberaler Vorsclilag: die Arcliivijenülzung solle im AlluM'meinen
zwar von ministerieller Genehmigung al)bnngig bli-iben, jedoch der
Reiclisarchivdireklor enuächligt werden, in minder erheblichen Fällen,
wenn es ach z. B. bloss um Einsicht und Benützung einzelner Archi-
valien handele, die längst nur einen historischen Werth mehr hätten,
ex propria auctoritate und auf eigene Verantwortung die Archiv-
benützung zu gestatten, — dieser Vorschlag, welcher die Behand-
lung der Archivbenfitzerfrage doch etwas erleichterte, wurde damals
höheren Orts verworfen und dem Reichsarchivvorstande nur die Be-
willigung des Gebrauchs jener Archivalicn zugestanden, die bereits
veröffentliclit worden.
8. Einfahrunpr liberaler 6ran<t sä l zf.
In so l'ornd)eengter und besorgnissvoller Weise bestand das
Reglement über die Archivbenützung, kleine Erleichterungen abge-
rechnet, im Wesentlichen ("ort, bis vor sechs Jahren eine gründliche
Veränderung begann, welche die vorangeführlen vier Tunkte des
Freiherm v. Hormayr wegräumte, dagegen seinen letzten Vorschlag
nicht bk)ss annahm, sondern weit darüber hinausging.
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Da9 liayeriscbe Archivivesfeii. 137
Vorsiclili^' und schrittweise^ und zwar -Ids mil llt'iKlikinjr der
bisherigen Erfalirungen, wurde dies Ei^ebniss erreicht. Wie in all
don Fnifien, die in die (lojictzgcbung einschlagen, es rathlidi oi-
scht'inl, wurde auch liior von d<-r Arthivzcntrnl.-telle au? den vor-
gckonuiietien Fällen das (Jeuifinsanic lioraus^e/.ugt-ii und darauf
stützt ein Vorschlaj: luirli dem andern dem Ministerium uuterhri iti t.
Zunächst wurde der .Modus der Arehivbenützuiig erhMchtert. Dann
wurden Grundsätze aufgestellt, nach welchen in bestimmten Fällen
die Frage der Zulassung oder Versagung zu beurtheilen. Darauf
wurde fiber die Entscheidung in historischen Dingen, — endlich un
laufenden Jahi* auch in allen andern Ärchivbenätzungsfhigai «ne
andere Norm eingeführt.
Die Anregung zu dieser lib^loren Ordnung der Archivbenützung
lag hauptsaehfich in dem ausserordentlichen Aufsch\Minge, welchen
die historischen Studien frenommen. Zu den bayerischen Are hivcn,
diesen grossen Fundgmben für historische Forschung jeglicher Art,
steigerte sich mit jedem Jahre der Andrang von Gelehrten und
Liebliabern aus ganz Europa, von Gemeinden Pfarren und Stit'fimgen.
von Advokaten und wissensclKillli« lieii \'ereiiien. Eine freiere und
raschere Erledii/nn;.'^ iiirer (iisiulie erschien unausweichlich. Dits
Reiclisarchiv setzte sich mit den bedi-utendsten Archiven in Deutsch-
laud und Milteleurüj)a in Verbindung, um deren Normen lür die
private Archivbenützung kennen zu lernen, und die Frage nach allen
Seiten hin zu erörtern.
Dk rasch fortgescluittrae Regulirung abor der Pflichten und
Rechte, welche mit den alten Lehens- und Patronats- und den
grund- und gerichtsherrlichen Verhältnissen zusammen hingen, er-
ledigte mehr und mehr ganze Hassen von Archivalien jed^ Bescurg-
niss, ob man sie, ohne den Staatsinteressen zu schaden, der öffent«
liehen Benützung anheini geben könne.
Andererseits, je mein- sich l)ei der nach allen Richtungen vor-
dringenden Ordnung und Hepertorisirung der neun Archive ihre
Tiefen aufhellten, um so deutlicher stellte sieh heraus, wie wenig
Stoff sie eigentlicii enthielten, aus denen eine Schädiunm;: der
hitere.ssen (ies Staats, der Religion, der öffentlichen Sittlichkeit, oder
auch einzelner Familien abzuleiten.
Endlich lehrte der .Rückblick auf eine Reihenfolge von Ent-
sdimdungen in Archivbenützungssachen, dass diese fast immer so aus-
fiden, wie von den Archiven begutachtet war. Ihrer gewissenhaften
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138
LAher:
und sacliverständi^'oii riiif'nnp liurfle man in allen nnlx^lenklichen
Fällen gt?tro>t die Ent>i heiiinnfr überla.':>en, zumal damit eine f,'io>^e
Ersparrui? an Schreiberei und unnützen Umständlichkeiten ver-
bunden war.
4. Geanche um Arehivbenfltxaiig.
Jedermann hat nun das Recht aaf Archivbenützung, und es
macht keinen Unterschied, db er Staatsbeamter oder Privatmann,
Bauer oder Gelehrter, aus Bayern oder Deutschland oder andern
Staaten ist. Auch die Ausländer bedürfen keiner diplomatischen
Vertretung mehr. Wohl aber muss jeder Unbekannte sich über seine
Persönlichkeit wie über seine Zwecke genügend legitimiren.
Die Gesuche künnen schrifllich oder mündlich angebracht werden*
lieber jedes mündliche liegehren wird kurz ein Protokoll aufge-
nommen: denn die öffentlichen Archive müssen sich beständig über
ilure TliiUigkeit ausweisen können.
Es ist auch einerlei, oh der Ardiivbenützor sieh an das Reichs-
oder an ein Kreisarchiv wentlt-t. hu letzteren Falle wird das Ge-
such der Archivzeidralstelle eingesendet und dabei , wenn es nicht
von vornherein unannehmbar, auf die Sache eingegangen, so dass
das Reiehsarchiv gleich auch den Bericht erfailt, ob und wodurch
dem Gesuche zu willfahren.
Entschieden aber wird darauf gehalten, dass Gesuche nicht in*s
Weite und Breite gestellt werden, sondern einen bestimmten und
deutlich öbenehbaren Zweck ausdrucken. Sie dürfen sich weder
ganz allgemein auf Benützung einer bestimmten oder gar aller Arehiv-
anstalten richten, noch auf ^^anze Zeifepochen, noch auf alle Archi-
valien einer Stadt oder Landschaft überhaupt. Eingaben dieser Art
werden dem Gesuchsteller zunlckge^'ehen. damit er sie bei historischen
Untersuchungen auf eine bestimmt angegebene Frage und einen
nicht zu weit gefasslen Zeitraum beschränke, in andern Dingen aber
je nach Lage der Sache entweder genau die Archivalien selbst oder
das Rechtsverhällniss, 7AI dessen Aufliellung er ihrer bedarf, bezeichne.
Die Arcliive sind nicht dazu da, eud- und ziellosen Studien von
Dilettanten zu dienen, noch weniger, Advokaten und Prozesse An-
strebenden Gelegenheit zu geben, nach Material zu Rechtshftnddn
zu suchen.
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Da« bayerische Archivwesen.
139
5. U e \v ä ii 1- u n ^ oder V e r s u g u n g oder £ u t z i o Ii u n g der
Archivbenfltzang.
Die^o liegt zuiuulist in den Händen de.s ll»'icli?^an liiv(liivklürs
oder, wenn er wegen Krankheit oder im Urlaub abwesend ist, in den
Händen seines legitimen Vertreters. Das bezieht sich sowold auf
Gesoehe von Privaten Gemeinden und Stiftungen, welche die Er-
mittelung und Klarstellung von Rechtsverhftitnissen bezwecken, als
auf solche Gesuche, wdche die Benützung der kfiniglichen Archive
zur Erforschung der Landes- Orts- oder Familiengeschichte bezielen.
Wo ab«* Staatsinteressen berührt erscheinen, ist ministerielle Ge-
ndunigung nothwend^»
Da hierdurch auch die Verantw(»Uichkcit des Reidisarchivdirektors
wesentlich gesteigert ist, so müssen an derselben auch die Referenten
am Reichsarchiv sowohl als die Kreisarchivare Theil nehmen. Diese
haben deshalb in jedem Falle einen kurzen schriftlichen und mit
ihrem Namen unterzeichneten Bericht zu den Akten zn geben, in
welelKm (ho ganze Sachlage unter Aufführung der betrefTenden
Archivalien erörtert wird. Die letzteren selbst werden dabei je nach
Umständen dem Reichsarchiv vorgelegt oder eingesendet.
Die Prüfung richtet sich also stets auf zwei Punkte. Der eine :
ob Persönlichkeit und Zweck des Ardiivbenilteers danach angethan
sind, dass seinem Gesuche Statt zn geben? Die andere Frage ist:
ob Staatsinteressen in Frage kommen?
Personen, deren Charakter nach vorliegenden Thatsachen oder
Erfahrungen für die Integrität der Archivalien nicht volle Garantie
bietet, werden unnachsiditlidi von der Benützung ausgeschlossen,
beziehungsweise der sorgfaltigsten Ueberwachung unterstellt. Da aber
Archivbenützung stets eine Sache des Vertrauens bleibt, so muss
sie denjenigen wieder entzogen werden, welche sich dieses Vertrauens
unwürdig machen oder sonst zu l>edenklichen Wahrnehmungen An-
lass gelx-n.
Was den Zweck betritTl, so hat der Archivbeamte wie gesagt
das Interesse der Religion, der Sittlic hkoit , der Staatsordnung, und
der lebenden Familien zu wahren, und muss auch von diesem Stand-
punkte aus die Zulässigkeit des Begehrens prüfen.
Findet er aber, dass irgendwie ein Staatsfnteresse berührt
wird, so ist die Archivbenfitzong abzulehnen oder ist hShere Ge-
nehmigung einzuholen, ehe die Archivbenützung bewilligt oder fort-
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140
LOher:
geselzl wird. Für diesen Fall isl Einrichtuiifr ^t lroft'en, da>.> ein
(iularlilen der betrcflenden Slaatsbeliörde sich auf die einfacli-le
Weise mit dem des R('irli>ar('liivs vorbinde, um dem Ministerium
in einem ciiizifren l eberblick alle die Punkte vorzulegen, auf welelie
t'S bei Würdigung der Frage ankonuiil.
6. Art und Weis« der Archivbettützung.
Bfit der Benachrichtigung, dass ihr Gesuch bewilligt sei, wird
den ArchivbenOtzem in der Regel ein orientirendes Verzeichniss der
Arcbivalien vorgelegt, welche für ihren Zweck dienlich sind.
Deren Durchsicht und Studium geschieht nur in loco archiri
und coram archivario. Stets föhrt dabei ein Beamter oder Akzessist
die Aufsicht. Dieser wncht insbe-ontl" i c aiu h darüber, das?, wenn
mehrere Archivben ülzer im selben Loiuil arbeiten . die Sclirifl-
stücke sich nicht unter einander mengren. Jeder Archivbenützer
muss sie viclmelir. eh<> er das Lokal verläset, zusammen und an
einen bestimmten Platz Ic-,'« !!. wo er sie bei seiner Rückkehr in s
Archiv wieder findet, bn Jleiclisarcliiv wiid dazu It ilcin, der längere
Zeit arbeilen will, ein Karton oder Schrein anjrew ii scii.
Will endlich ein Archivbenützer l rkunden Akten oder Aiuts-
bücher nicht in dem Archiv, wo sie lugern, sondern an einem andern
bayerischen Archive- emsehen, so wird ihm auch darin willfahrt, je-
doch hat er die Yersendungskosten zu tragen.
Die Archivalioi werden dem Benfitzer in solchen Partien vor-
gelegt, dass der Archivbeamte alle StQcke vorher wohl durchgehen
und sich verzeichnen kann.
Vorlage von Repertorien findet in der Regel nicht Statt. Nur
die Mitarbeiter der historischen Konnnission bei der k. Akademie der
Wissenschaften, die im bayerischen Staatsdienst angestellt sind, können
die ihre liistortschen Forschungen beti-eHenden Repertorien selbst
einsehen.
Jedem Archivbenützer ist n laubt, sich Auszüj:»' und Abschriflen
zu machen, und braucht er sie in der Regel nicht erst vorzuzeigen,
ehe sie sein Eigentlium werden.
Das Abformen und Nachbilden von Siegeln AN'ajjpen Miniaturen
Gravirungen und Handschriften wird nur dem gestattet, der sich als
sachverständig darin erwiesen hat, damit Schrift oder Siegel nicht
leide.
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Das bayerische Aix-liivweäen.
Ul
7. Gebahren.
Dte Archivbenfitzang durch Geschichtsforscher, welche lediglich
im Inleresee der Wissenschaft geschieht, wird unter die zur Förderung
▼om Staate begünstigten Unternehmen gerechnet und ist daher lax-
und stempelfrei.
Auch für andere FfiUe ist nur der Erlass an den Archivbenfltzer
mit ein» Taxe von 1 M. 70 Pf. bel^L Nimmt jfdoch das Auf-
suchen und VerzeiclitK !i t]f>r pewünschlen Arcliivalion längere Zeit
in Anspruch, so wird diese Taxe etwas erhöht. Will der Anliiv-
benützer dabei Abschriflcn durch da>; Amt anfertigen und heglaubigen
lassen, so wird eine kleine Kopialgcliüiii- von 35 Pf. füi- den Hogen,
sowie ein Beglaubigungsstempel bererlinel, der für den ersten Bogen
50, für je<len folgenden 20 Pf. beträgt.
Man uiuss gestehen, dass diese leichte Taxirung der Archiv-
benützung nicht zum Vortheile des Staates gereicht, welcher die
Archive unterhält und ihre Beamten besoldet. MUg und recht ist,
dass Gelehrte, deren Archivstudien der Wissenschaft wirklich zu
Gute kommen, mit grOsster Liberalität behandelt werden. Wenn
aber die Archivbenützung zum Besten von Advokaten und Prozess-
führenden, Gemeinden, Familien, und Dilettanten in der Geschichts-
forschung geschieht, so macht ihnen der Staat durch die äusserst
billige Taxirung, während die Archivbeamten für sie öfl» wochen-
lange Arbeiten haben, ein Geschenk. Italiäner und Franzosen wissen
in dieser Beziehung anders zu verfahren.
Will .Jemand Privatabschriflen vom Archivamt beglaubigt, so
beträgt ausser der el)en bezeichneton Slcmpclgcbühr die Taxe lur
den ersten Bogen 1 Mark 10 Pf. und für jeden folgenden Bogen
20 Pf.
Wünscht dagegen der Archivbenützer , dass ihm Abschriften
oder Auszüge von einem der bei dem Archiv Angestellten gefertigt
werden, so hat er sich mit ihm wegen der Vergütung für die
Arbeit zu verständige, und dieser die Zustimmung vom Vorstand
einzuholen. Ist das nicht erfolgt, so wird die Veigfitung vom Voi^
Stande nach billigem Ermessen festgesetzt. Weil aber derlei Arbeit
Privatsache ist, so Icann sie nicht anders, als vor oder nach den
Dienststunden Statt finden.
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142
Löher:
Xli. Archivbenutzung in Rechtssachen.
1. Grundsfttse.
Für die Vennögensinteressen des Staats sind seine Archive das-
sellM, was für jeden Staatsburger seine Registratur. So wenig dieser
verpflichtet ist, sie Jedermann za öffhen, damit man darin vielleicht
RechtsUtel und Beweise sammle, um Anspräche und Prozesse gegen
ihn selbst zu erheben, ebenso wenig besteht eine solche V^erpflichtung
Hör den Staat. Im Gegotilheil, woil am Staatsvermögen alle Theil
nehmen und der Sondervortheil, der einem Einzelnen eingeräumt
würde, Beeinträchtigung der Uebrigen wäre: so smd die Archivare
verplliciitet , bei Arcliivbenülzung in Rechtssachen zuerst darauf zu
schauen, ob Fiskus belheiligt ist.
Es sind aber imnnielir eine Heilie von Grundsätzen festgestelll,
welclio den Archivaren 7,ur liitlitung dienen und die Benützung der
Archivalieu ungemein erleiclitern.
I. Es fragt sich zunächst, ob die Akten Urkunden und Anits-
bQcher zwischen Fiskus und Archivbenfttzer als gemeiDscfaaftliche zu
betrachten sind? Ist dies der Fall, so wird die ArchiTbenAtznng
auch bei Betheifigong des Fiskus nicht versagt.
IL Bezüglich der Amts- Saal- und LageiliQcfaer wird angenommen,
dass sie als solche zu betrachten, welche hn gegenseitigen gemein-
schaftlichen Interesse errichtet wurden.
in. Was die Lehensarchivalien anbelangt, zählen hierher die L^en-
muthungen Belehn ungsprolokoUe Lehenbriefe Rever.se Spezifikationen
Gesuche um Verpfandungs-Konsens Lehenaufsendungen Beschwerden
wegen Lehenbeeinträchligung Gesuche um Auszahlung von Lelien-
stamuizinsen Urkunden ül>er Lelienfnl'^'e und V'eräusserungs-Konsense,
IV. Ebenso erscheinen die Akten ülx?r Rechtsstreite zwischen den
streitenden Theilen als gemeinschaftliche Akten, und fällt jedes Be-
denken hinweg, wenn die Sache durch Erkenntniss detinitiv erledigt ist.
V. hl gleicher Weise ist kein Anstand bezüglich älterer Akten
dann zu erheben, wenn, wie hinsichtlich der Jagd- und Zehent-
differenzen, die Gesetzgebung die betreffenden RechtsverfaSitnisse in*
zwiscben voUstfindig umgestaltet hat
VL Was die Veijährungszeit betrifll, so kömmt nicht eine hun-
dertjährige m F^age, sondern es wird beachtet, dass innerhalb
30 Jahren alle Klagen erlöschen und nur die ausserordentliche
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l)m bayerucbe ArebivweMii.
143
Ak(iuisitivvorjälirung gopron Stifliinproii und Fiskuf; »'iiic lüii-jeii' Frist
tTlurdurl, audi die hundertjährige Ersilzuiig nur von iIliu kaiujiiisc hon
Rechte bezfigUcb der Gfiter der römischen Kirche gefordert wird.
Endlich ist der Fiskus durch die besonderen Verjährungsgesetze von
den Jahren 1811 und 1831 gegen Ansprüche aus der Vorzeit ge-
schützt, was eine freiere Benützung der Archive zu hbtorisclien
Arbeiten als zulftssig eischemen Iftsst
2. Wahrung des S l a a t ^ i ii t r o s s e s.
Tritt nun ausser den vorg^enannltn Filllen das fiskalische
Interesse erkennbar hervor, mögen darüber Hechtsstreite bereits an-
liängig sein oder erst in Aussicht stehen, wie z. B. in Fragen der
Kultu^bauLi-it . der P;itronatsre<'hte , der Rorhfo auf Forston Six'n
Wasseriii u 1* ■ . ller^'wcrkr' u. s. w. . so wenden sich die Ardiivlx;'-
liörden uniiiittclliar an die hclictfendt' Krei.-stelle (Krei-Üskalat) oder
Zentralsteile, setzen ihnen den Fall auseinander, fü|jen, wo es rätii-
lich scheint, die betreffenden Archivalien bei, und erholen sich von
ihnen &n Gutachten.
Tritt das Reichsarchiv diesem Gutachten bei, so ist damit —
einerlei, ob es auf Ablehnung oder Bewilligung des Gesuchs um
Archivbenfitzung geht, — die Sache erledigt, und wird demgemfiss
der Gesuchsteller besehieden.
Glaubt aber die Archivbehörde, dem Gutachten der sachver-
ständigen Kreis- oder Zentralstolle nicht hoitreten zu kCnnen, SO
unterbreitet sie die Sache der niini-toiifllen Entscheidung.
In sonstigen Fällen, in welchen Interessen des Staats politischer
oder administrativer Natnr iK'rfihrt erscheinen, bleibt Boriclitt'rslattung
an das Ministerium crfordt rlich, und können, l)is dessen (ionclimigung
erfolgt, die Archivalien dem Gesuchsleller nicht vorgelegt werden.
8. ArchiTalienvorlagen bei Gericht
Sind Archivalien bei einem Gericht vorzulegen, so bat sie
der Archivar, wenn er am Sitze des Gerichtshofes wohnt, diesem
sdbst zu produziren. Ist aber das Archiv vom Sitze der Gerichts-
behörde entfernt, so übersendet es die Archivalien an den daselbst
auligestellten k. Staatsanwalt, welcher den Empfong zu bescheinigen,
die Voriage bei Geiidit resp. an den Gesuchsteller zu bewirken, und
f&r unbeschädigte Röcksendung zu sorgen hat. Die Kosten der Ifin-
und Hersendung trSgt der Gesuchsteller.
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XIII. ArehivallenbenOtzimg zu wlssensdiafilicliein Zwack.
1. W Qrdigung der Gesuche.
Die Kreisarchive sind eniKK htigt, nach eigenem Ermessen die
ÄFchivbenützung in folgenden Ffillon zu prowaliren:
1) wenn es sich um Einsi* lit solcher Archivalien handelt,
dio im Druck «chon verönentlicht sind:
2) wenn der Ge»uch:>tt'llor blo<s Siosol, Medaillon, Siegel-
slücke, Abbildungen, Miniaturen, Holzschnitte, (Jravirun^ren,
;}) alte und neue Druckschriften oiler iiand^clii ilHiche Ab-
handliuifren histori-ciien, ^'enealo^Mschen. heraldi-chen, juristi-
schen, oder to|)ograpiiisclien Inhalts einzuselien wünsclil.
Handell es sich dagegen um mechanisches Nachformen von
irgend etwas, ist von der ÄFchivzentralstelle Genehmigung zu er-
holen.
Ehenso entscheidet in allen andern Fällen der Reichsarchlv-
direktor auf Bericht der Referenten oder der Ereisarchive, indem er,
wo es räthlich scheint, die betrefiTenden Archivalien seihst durch-
sieht. Nur wo Staatsinteressen berührt werden, ergeht vor der Ge-
nehmifrung des Gesuciis sein Berlcld an das Minist^um. Kommen
unter dem Deckmanlei historisclier Untersuchunpren Rechtsverhält-
nisse des Staats in Fra<^'e, so wird das Gesuch behandelt, als sei es
von vornlierein in Hechtssachen f^estellt.
Sonst aber isl <^'r()ssle Liberalität in Unterstützung' der Wissen-
schall der leitende Gesiehts})unkt , und es wird nur daraul' fjeselien,
dass die Archivbenützung nicht olTenbar dazu tliene, v'm relitriri-es
oder konfessionelles Aergerniss zu ^'ebeii, Skandal^^esehichlen .uit/.u-
frisi hen, oder die staatliche Ordnung anzugreifen, oder auch lebende
Personen und bestehende Familien zu verletzen.
2, Unterstfltsung der Forschung selbst«
Sämmtliche Archivbeamten sind deshalb angewiesen, da wo es
sich um wissenschaftliche Zwecke handelt, die Archivbenützer in
zuvorkommendster Weise zu unterstfitzen, ihnen die ndtfaigen Bficher
Karten und Quellenwerke zur Seite zu legen, ihrer Forschung mit
Ralh und Thal an die Hand zu gehen, und sich keine Mühe und
Arbeit verdriessen zu lassen, bis all die Archivalien, die mittelbar
oder unmittelbar zum Zwecke dienen können, herausgefunden und
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Das bayeriächo Airhivwewu.
145
vorgelegt sind. Man darf auch wob) sagen, dass sämmtliche Ardiiv-
beamte sich dieser Au^abe mit 'Lust und liebe unterziefan.
Historische Vereine und verdiente Gelehrte gcniessen besondere
Berücksichligung. Ihnen vorzüglich werden auch schrifllich Auf-
schlüsse und Notizen über und aus An^hivalien zugeschickt. Nur
darf solclie Unterstützung: fremder Fors< hiing die übrigen dienstlidien
Aufgaben des Archivbeamten nicht beeinträchtigen.
8. Versendung von Arehivalien.
In ilitfser lifzieliung i.st grössto Zurfu klialtung geboten, weil bei
der Menge und Eutternung der Archivbenützer sich alsbald, wenn
man die Versendung einmal zuliesse, unliebsame Folgen und Fol-
gerungen kund geben wfirden. Es finden daher nur folgende Aus-
nahmen Statt:
1. UriEunden und Akten werden auf Verlangen an firemde
Archive zur Beihilfe bei deren eigenen Arbeiten nur dann ge-
schickt, wenn jene zu gleichem Dienst sich bereit erklären, und
die Versendung ohne alle Sorge für die hitegrität der Archi-
valien g»'S( liehen kann.
2. Die Heichsarchivbeamten, welche .Mil;;lieilt"r der k. Aka-
demie der Wissenschaften in München sind, kcinnen zu deren
Sitzungen ArchivaJien mitnehmen, wenn sie darüber Vortrag
halten wollen.
3. Nach vorgängiger Cienohmigung des Reichsarchivdiroktors
darf ein Archivbeamter feste Archivbiinde, aber jedesnial nur
einen, zur Benützung in seine Wohnung mitnehmen.
4. Den Mitarbeitern der historischen Kommission werden
zu bequemerer Bearbeitung Archivalien m festen Bänden auf
die Akademie der Wissenschaften geliefert, worüber sowohl der
Akademtesekretär als das Reichsarchiv Buch führt.
5. Zum Besten verdienter Gelehrter werden ^vohl auch
Kodizes auf kurze Zeil versendet, jedoch stets nur einer und
in einem festen Band, der eine genaue Beschreibung nebst
Archivslempel enthält, und stets nur an ein Archiv oder eine
Bibliothek, welchen der Kodex nebst der sorgfälti'^' verpackten
Beschreibung zugesundt wird und welche bei der Empfangs-
bestätigung sich verbürijren. dass die Benützung nur in ihrem
Lokal geschehe, und dass der Koch x nach Ablauf der be-
stimmten Frist an s iieichsarchiv zurückgelange. Dasselbe ist
AreMvaltaeli« Zdtoehrtft. I. 10
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U6
Lolier:
der Fall mit einzelnen Urkunden, welche sich ohne altes Bedenken
gut veraenden lassen.
XIV. Archivbentttzung für genealogische und ähnliche Zwecke.
1. Vermehrunp gen f alogischer Porschun}:.
Es mag wohl kaum eilt Aicliiv in Europa gclM-n, wt'lrlie-. für
IJntersncluinfron auf ^'('noaioj,qs( licm Gebiet so viel Quellen darhiett l,
als das Ueichsarchiv. Ihnen dienen nicht bloss die nngohfurc Menpro
alter Urkunden und Kodizes, die sich hier angesammelt haben, nicht
bloss die zahlreichen Probalionsbücher der Domkapitel, nicht bloss
die kaum fibeisdibaren Reihen der alten Ämtsbfieher, wekhe genaue
topographische Forschung gestatten, sondern einer der grSssten Säle
ist mit dem Adels- und Familienselekt angefüllt, welcher in 410 Kar^
tODS Aber 5262 Geschlechter 94,998 Dokumente enthält, noch immer
anwächst, und jetzt bis zum Buchstaben S neu geordnet und ver»
zdchnet wurde.
Die Kunde von diesen reidien Fundgruben muss sich in
neuerer Zeit verbreitet haben ; denn die Zahl genealogischer Forscher
▼on fern und nahe stejrrt mit jedem .lahr. Es map dabei viele
Eitelkeit und blosse Liebhaberei milunlrriautt-n : im (iaii/.eii t:>"-
nonnnen ist al^er diese zunehmende .lagd auf f?encalopisi hen (inindi n
kein seldeclites Zeichen für unser Volk. Wenn die Familien wieder
ihre historischen Erinnerungen pllegen, hebt sich auch die nationale
Kraft und Ehre.
Uebrigens zeigte sich hierbei, wie Viete doch aus dem jetzigen
bayerischen Gebiete einst in die Oder- Weichsel- und Donaulande
und in noch weiter östlich gelegene Reidie ausgewandert sind, wäh-
rend die Zuwanderer, die jetzt so häufig aus Nord- nach Säddeutsdi-
land kommen, ans den Niederlanden Frankreich und Italien firäher
viel zahhreicher waren.
2. V 0 r s c Ii i t' (l f n f Genealoge ii.
Die genealogischen Untersuchungen sind entweder reine Privat-
sache eines Mannes oder Geschlecht.-, oder sie verfolfren einen wissen-
schaftlichen Zweck. Letzteres ist anzunehmen, wenn sich Gelehrte
denselben unterzichrn . odi r das llesultat in einem Bui^he soll ver-
öllcntliclü werden. Dann zieht die Orts- und I^andesgeschichte stets
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Dias bayerische Archivwesen.
147
einigen Vortlieil dnvon. und verdiont die Archivbenützung selbst als
eine liistorisch-wi?.senscliaflliclie behandolf zu werden.
Wenn es sich dagegen um Begi'ündun^' eines Erbrechts, Wieder-
herstellung eines Adelstitels, Ergänzung eines Familienarchivs, und
dergleichen handelt, so lisst sich die Angelegenheit nur wie eine
Aidürbenützung in Rechtssachen ansehen, bei welche jedoch
Staatsinteressen fast niemals, wohl aber Rechte lebender Familien
in Frage kommen.
3. Heraldiker und Spliragistiker.
Auch die Wappen- und Siegelkunde erfreuet sich jetzt wieder
mannigfacher Pflege, wenn auch keineswegs immer nach wissen-
schaftlicher Methode und zu wirklich historischen Zwecken. Die
Archivo in München Nürnberg FJanihcr^r und Würzl^urg bieten dnfür
reiche Fundtrruben , und jiranz besoiuicre Dicn-le leistet die grosse
Rückl'sche Sammlung von Siegelabgüsscn uml Gipslbrmen, welche,
nebst dem üeheimniss des Röckl-schen Melallgusses, jetzt vom
Staate angekauft und dem Reichsarchiv einverleibt worden. Ein
folgender Jahrgang der Archivalisch^ Zeitachrifl wird darüber
Näheres mittheilen.
XV. Ergänzung der Archive.
1. Archivlflckpn.
In unserer Zeit stecken noch vielfach ungekannte Reste alter
Archive hier und dort umher, die, wo sie auftauchen, verschwinden.
Händler verschiedener Art machen Jagd darauf. Deutscliland , wo
es früher die meisten und werthvolNttMi Archive gab. ist dei' Hoden,
von dem sich die Sammlungen der Liehhahi-r in fremden Ländern
am re!i hli( listen nähren. Nicht genug können, um historische iSchutze
zu retten, die deutschen Archivbeamten aulmerken.
Unkenntniss und Vorurteil bereiten ihnen dabei manches Un-
gemach. Ad gar vielen Orten schätzt man die alten Akten und
Urkunden nicht, und lässt sie in Dachkammern und alten Gewölben
vermodon, bis sie unvers^ens in flremde Hände gerathen.
Jedes Archiv wird noch seine LOcken haben, wenn man die
Oertlichkdten, die in ihm vertreten sein sollten, überblickt Durch
Anregung zu Schenkungen, durch Ankauf, durch Einleitung oinef?
Aastauschverfahrens mit andern Regierungen, durch Aufspüren bei
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148
LOher:
den Stellen und Behörden, lässt sich noch heute manche Lücke
ausfällen.
2. Erwcrli iliir< li Ankauf und S r h *• n k ii n g.
Sämmiliche Beamte des Reichsarchivs und der acht Kreisarchive
sind angewiesen, auf Arcliivalien, die irgendwo bei Privaten vor^
handcn , ein wachsames Auge zu hahen. Zu gleichem Zwe< k sind
aucli aii<>i r di u Aicliiveu liior und da Vorlrauensmänncr aufgestellt.
Nicht bluss Antiquarläden . auch die AVerkstätfen der Golclschl;i;,^or,
die so viel altes Fer^Mineiil verhraucheii , werden rejjelmässig be-
sucht. Sobald werlhvolle Akten und Dokumente, die keine Familien-
stücke, ausgeforscht werden, ruht mau nicht, bis durch Ankauf oder
Schenkung das Archiv in ihren Besitz gelangt So wanderte noch
in jüngster Zeit das Hohenaschauer Archiv, für 3000 fl. angekauft,
in einem halben Hundert Eisten in*s Reidisarchiv ein, und führte
ihni bloss an alten Urkunden gegen zwOlfhundert Stflcke zu. Wieder-
holt gelang es, für geringe Summen die bedeutendsten Erwerbungen
bei Privaten zu machen. Noch mehr wurde den Landesarchiven
durch hoctiherzige Liberalitat der Besitzer zugewendet
3. Ausl.iusc li mit an«li>rn Staaten.
Indem man in den tiandakten die Spuren von ehemals getlüch-
teten Oiler durch frühere Landesherren mitgenommenen Archivalien
verfolgte, und die rechten Männer für die Aufgabe interessii te, wurde
in den auswärti^^en Artliiven ein grosses, für vaterländisrlip Ge-
scliiclite und Interessen werlhvolles Material aufgesjtürt, und soilann
ge-en Abgalx* solcher Archivalien, welche sicli niciit auf bayerisches
Gebiet beziehen, erworben.
Dieser gegenseitige Archivalien-Austausch ist mit Elsass-Loth-
ringen, Preussen, Baden, Hessen, Württemberg, Oesterreich theils
schon durchgeführt, theils noch im Gange. Der Reichsarchiv-
durektor wurde z. B. 1867 von der kaiserlich französischen Regie-
rung eingeladen, selbst die Archive in Strassburg Kolmar und
Metz zu besuchen und mit den dortigen Archivaren sich persönlich
über einen Austausch zu benehmen. Das Ergebniss war beiderseits
erfreulich.
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Das bayeriwhe Archivwcaen. 149
4. A u f s 11 r Ii e 1 1 von a r c Ii i v a 1 i 1 1- It i- tu Alants ^ u t.
Auch den Archivalien, welclie in Bayern selbst bei Säkularisininjr
von Klöstern und Stiflnnjren, oder bei Mediatisinu);-' von Heiclisstiinden
sich verirrten, oder auf Üaclikaiiiniern und Speichern liej^en hliel>en,
oder auch in Privathände geriethen. wird nachgeforsrht und ihre
Rückerwerbuuf? angestrebt. So wurde im Jahr 1853 aus Nördlingen
noch eine sehr bedeutende Menge werlhvoUer Archivalien geholt,
und noch vor ein paar Jahren fand sich in Weissenburg in Franken
ein grosses rdchssiädtisclies Archiv, das ganz sollte verschwunden sein.
b. Zogftnge von k. Stellen und BehArden.
- Den meisten Zuwachs aber erhalten die k. Archive durch die
fort und fort geh^de und in den letzten Jahren hOchst umCang-
reiebe Ablieferung der antiquirten Akten Urkunden und Amtsbücher
aus den Regi.strnturen der k. Stellen und Behörden. Die Zahl der
eingdieferten Bände Aktenhefie und Urkunden ging in den letzten
Jahren bei mehreren Archiven wiederholt in die Tausende.
T^m n.ätnlich Alles, was etwa noch hislorisclies oder statistische-J
oder administratives Iiileresse l>ieleii könnle, zu konserviren, winden
durch gemeinsame Entschliessung, weklie im hüllenden Jaluv.elinl
von den k. Staatsmini.sterien der.lustiz, des Innein, und der Finanzen
ausgingen, bestimmte Grundsätze aufgestellt, die bei der Ausschei-
dung und Vernichtung älterer Akten und AmtsbQcher als Richt-
sdmor dienen. Wenn sich bei einer Gerichts- oder Verwaltungs-
stelle ein Bedörfhiss zur Ausrfiumung aUer Registraturen ergibt, —
wie dies namentlich bei Einfiührung der neuen Prozessordnung an-
geze^ erschien, da sie gewissermassen einen Abschluss des bis-
herigen Registratorwesens nach sich zog, — so sind vorerst alle
Akten, die noch für den dienstlichen Gebrauch erforderlich, ab/.u-
sondem und bleiben als Amtsaklen in der Registratur. Ueber alle
übrigen Akten Amtsbucher und Urkunden, Pläne Grundrisse n 1
dorirleirhen sind von den Behörden Verzeichnisse anzulegen , welche
Inhalt und Enfstelnitips/ei) jedes Sh"ickes kurz angeben, und an das
Reichsarchiv einzusenden. Diesem allein steht die Eiilscheidung zu,
welche Akten in den Stampf zu geben, und welche als in historischer
oder anderer Beziehung werlhvoll aufzubewahren sind. Die Archiv-
zentralstelle erholt aber, ehe sie die endgiltige Auswalil trifft, gewöhn-
lich erst ein Gutachten des Kreisarchives, welches die Sache zunächst
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löO
angeht. Alle Stücke, die als archivalisches Gut in Ans|)rucli genommen
sind, werden sodann von den Ic. Stellen und Behörden auf eigene
Kosten an das betreffende Archiv abgeliefert
Wenn in besonderen Fällen genauere Sichtung der zur Aus-
scheidung bestimmten antiqiürten Akten an Ort. und Stdle nöthig
erscheint, erfolgt die Absendung eines Archivbeainten.
Es ist Anordnung getroffen, dass bei allen Amtsinspeivtionen
und Uebergaben besonders darauf gesehen wird, ob nicht zur Al)-
gabe an die Aniiive j:epij:netes Material hinlerlic^'c Namenflirli aus
den Registraturen ikr Ilcnt- Bezirks- und Landgerichtsäniter ergab
sich nicht selten n'iche Ausbeute für die Archive, ganze Kloster-
arcliive lagt-n dort verborgen. So wird nacli und nach das ganze
Land nach Archivalien abgesucht, wie ein Jagdgebiet nach Wild.
Die planmässige Ausscheidung Verzeichnung und Reponirung
der neuen Zugänge bildet eine Hauptarbeit des inneren Dienstes.
(S. Austausch mit den Bibliotheken.
Da in fast allen Ardiiven sich noch eine Menge alter Disser>
tatioDen und Druckwerke vorfinden, die von Niemand benützt werden,
so ist ein Austauschverfalu on mit rnivt rsitäts- und Stadlbibliotlieken
eingerichtet. Denn in der liegel sind diese im Besitz alter Akten
und Kodizes, die reiht eigentlich archivalisches Material enthalten,
auf den Bibliotlukfu aber nicht gesucht werden.
Insbesondere unifangroicli und langwierig ist der Austausch
zwischen der k. Hot- und Staatsbibliothek und dem Reichsarchiv.
Dieses Geschäft geht strenge nach den Grundsätzen vor sicli, welche
oben ') aufgestellt wurden.
7. Ausscheidung werthloser Akten.
Bei der stürmischen oder fahrlässigen Art und Weise, wie der
hihalt der Kreisardiive zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses
Jahrhunderts zusammengerafft wurde, konnte es nicht fehlen, daas
auch viele Prozess- und Verwaltungsakten hinein kamen, die nie-
mals mehr gebraucht wurden und sich mit jedem Jahre mehr als
blosse Makulatur herausstellten. Uni nun neuen Zugängen Raum
zu schaffen, werden solche Akten bei fortschreitender Repertorisirung
ausgemustert, Stück für Stück sorgfältig durchgesehen und ver-
') Seile 63—56.
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Das h«yeriwhe ArchivwMen.
151
zeichnet, sodann die Verzcichnis<:e mit ausführlichem Ii» rieht über
den Cliarakfer der Akten dem Roichr^archiv vorgelebt. Nachdem
hier nociimal (he Verzeichnisse (huTh;;eprüft, erforderlichen Falls auch
Aklenproben zur Einsicht vom Kreisarrhiv erholt sind, erfolgt die
Entscheidung', was zu verkaufen, an \V(>n, unter welchen F^edincrimpen.
Li der Regel lindel der Verkauf iin Papiermühlen Statt, bei denen
ein Archlvbeamter den Einstanipf überwacht.
XVI. ArdiivaHsche Verzeiehnung.
1. Zwei Arten.
Xeljen den vorgedachten Geschäften, welche den sogenannlai
lautenden Dienst umfassen, ?eht beständig her der sogenannte innere
Dienst, d. h. die archivalische Verzeichnung des gesanimten Inhalts
der Archive. Jedem ist sein Stuck Arbeil daran zugemessen, und
jede Viertelstunde, welche der übrige Dienst frei lässt, gehört dieser
Aufgabe.
Es gibt aber zwei Arten von archivalischen Ordnungsarbeiten,
die rohe und die feine. Die erste ist vollendet, wenn alle Archivuiien
$7stematisch und chronologisch aufgestellt sind, und zugleich an Ver-
zeichniasen und Regesten so viel vorhanden ist» dass ein Archiv-
beamter, wenn er seine Schuldigkeit thut, alles Material zur Lfisung
einer historischen, administrativen, od«: juristischen Tnge sicher
aisanunen findet. Natürlich kommen dabei Fleiss und Kenntnisse
des Arehivpersonals vorzugsweise in Betracht Dies, dass das Archiv
bis zum Grunde benutzbar, ist die allererste Forderung, und jeder
Archivar, der ein^ Hülfe hat, soll und kuin es auch in dniger
Zeit soweit bringen.
Im bayerischen Reichsarchiv ist Jetzt keine Gruppe mehr ganz
ungeordnet und unverzeichnet , und kaum möchte es auch in den
aclit Kreisarchiven noch eine oder die andere geben, in welcher bei
dem gegenwärtigen Stande der Re|>er(orisirung und des Archivper-
sonals jener Aufgabe im Recherchiren nicht könnte vollständig ge-
nügt werden.
Soll aber das Archiv wirklich beseelt werden, so muss, nach
wissenschaftlichen Grundsätzen geleitet, Regestirung aller Urkunden,
Beschreibung aller Kodizes, und Repertorisirung aller Akten hinzu
treten. Mit dieser Art Arbeit wird man in emem grossen Archive
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152 l^w:
kaum jomal.'; zu Kude konimefi: stets wird äich aus der getlianen
noch eine feinoro lioraussplialon.
Im rJanzcn und Clro^^ni i>f <liopc /.weile :jcnaiierc Arl arthi-
valist'hor V'erzeicliming' aller l<e>taiule in den Krcisarcliiven vor allem
zu Nürnberg, sodann in Xcuhurg. sodann in Speyer von ihrer Vollen-
dung nielit mehr so weit enlfernl, — in nainborg und \\ ür/lnuv
nidiert man sich ihr mit starken Scliritten, — in München braucht
es noch viel Zeit und Mühe, — am meisten in Landshut und Arn-
berg, wo beinahe Alles neu zu arbeiten war. Im Reichsarchir aber
wird man in den nächsten Jahren mit den grösseren Hauptgnippen
der Akten und Kodizes fertig, und ist, was die Urkunden betrifft,
hlnsichtlicb aller bis zum dreizehnten, der meisten bis zum fänf-
zehnten, und hinsichtlich der übrige wichtigeren bis zum sechs-
zehnten Jahrhundert fortgeschritten.
2. N e u r r |> c r I o r i s i r II \i jjr.
Diese Erfolg'e sind theils und wesenllieh den früheren Aicliiv-
beamlen, theil-; aber auch der andres! renkten Arbeil in» jün^'sten .hdir-
zehnt zu danken. Teher die Arl und Weise, wie bei letzterer zu
Werke jiegani-'en wurde, sei noch Kiniges hier bemerkt.
Es gab im Heiclisarchiv wie in den Kreisarcliiven eine Menge
von Repertorien und Inventarien, Transportverzeichnissen, Regesien,
und Uebersichten aller Art, die aus dem laufenden und aus dem
vorigen Jahriiundert stammen. Da sie aber zu einem grossen Theil
sehr unvollstSnd^ und lückenhaft waren, oder den jetzigen Anfor-
derungen der Wissenschaft nicht mehr entsprachen, so musste man
skh — es sind etwa eilf Jahre her — entschliessen, planmSssig und
mit Auf biet mig aller Kräfte eine Neurepertorisirung durchzuführen,
bei welcher alle Verzeichnisse und Regestenwerke mit den Beständen
verglichen, das Unvollkommene verbes.sert, das Feiilende neu gearbeitet
wurde, rmfangreicli ülier alles Mass ersdiien die Aufgal>e: um so
mehr tiius-;l(ni die voriiandenen Arl)eitskräfte zum durchdachten Zu-
saimnenwirken geleitet und angeregt, und zugleich junge llülfsarljeiter
gewonnen und geschult werden.
8, Kltirstellnng der Archi vbestftnde.
Ehe nun an dies weit aussehende Unternehmen der Neureper^
torisirung gegangen wurde, suchte man zunächst den wirklichen
Bestand der Archivalien klar und fest zu stellen.
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Daa bayerische Archivwesen.
153
Es waren niinilich aus alter ül'ler Aiiprowolmlicil von vielon
Stellen und Hohörden Archivalien nicht zurückgeschickt. Sie blieben
bei den Akten. ;:erielhen in die Regislrafuren , wurden verpressen,
auch wohl versciileudi i t. .^o war aus den D Landesarcliiven s^q'ü mehr
als fünfzijr Jahren eine l'nzahl Anüsiniclier Akten und Dokunicnle
unter hundert und mehr Staals.stellen und Behüiden zers>treut worden,
und man musstc nun entweder sie wieder In die Archive herein-
schaffen, oder sieh vergcwissenit dass fUe unwiederbringlich verloren.
Es wurden deshalb zuerst in jedem Archive aus den Handakten
und allen möglichen Notizen und mit allen erdenklichen Hfllfsmitteln
Verzeichnisse über die Archivalien aulj^ellt, die in den fünfzig Jahren
anBdiörden und Stellen ausgeliehen und nicht deutlich als zurflck-
gekommen vermerkt waren. Dann wurde konstatirt. ob sie etwa doch
zurückgekommen seien. Noch während man mit der Aufstellung' der
Schuldbücher über die nicht zurückgelanglen Archivalien beschäftigt
war. begann bereits bei allen nenn Archiven (hc Oeneralreklaniation,
die endlich trotz vieler Mühen und Schwierigkeiten nach und nacli
bis auf den Grund durchgeführt wurde.
Nachdem auf solche Weise erst wieder ein fester (Jnmd des
Besitzstandes gewonnen war. ging man ilaran, Alles an liivalisch
zu verzeichnen, was noch gar nicht oder nicht vollständig reper-
torishrt, beschrieben, oder regestirt worden.
4. Allgemeine Grundsfttie.
Bei diesem Werke der Neurepertorisirung werden folgende Crrund-
satze befolgt:
1. Die Gruppen, auf welche das praktische Bedürfniss hinzeigt,
werden zuerst in Angriff genommen, nach ihnen diejenigen, welche
am meisten verwahrlost scheinen.
2. Bei der Vertheilung unter die Beamten und wissenschaft-
lichen Hülfsarbeiter erhfdt Jeder möglichst das zu bearlxMten, was
seinen besonderen Studien und Vorkenntnissen am meisten entspricht,
3. Das Nebeneinander und die Folgereihe der Arl>eiten eines Jeden
wird so eingericlitet, dass nach und nach, indem eine Partie sich an
die andere ansetzt, eine Hauptgruppe nach der andern sich erledigt.
4. Wo einigermassen befHedigende Repertorien vorhanden, wird
ihr Inhalt am Fache selbst konstatirt, korrigirt und ergänzt, dabei
aber 'eine neue Ordnung und Nummerirung der einzelnen Stücke
durchgefDhrt.
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154
Loher:
5. Wo (Uifjegon vollstänilit: neiu' R('|HMloritMi nöthipr. werden sie
nun auch erschüplend und mit allen Rückweisen hergestellt.
0. Die Art und der Repertorisirang kann aber nicht eine
schablonenmässig gteidie sein: sie Helltet sicli vielmetir nach der
Eigenthömlichlieit der verschiedenen Gruppen, insl)esondere auch
nach dem' pralctischen Bedürfnisse. In der Regel stellt sie sich erst
nach vielerlei Proben Erwdgongen und Konferenzen heraus. Im
Reichsarchiv fibmiimmt gewöhnlich ein Archivbeamter mit einem
o<]< f iiiehraen Hülfsarbeitern je eine Giiippe. Die Arbeiten und die
KoiitVicn/cn mit dem Direktor linden in den Sälen seihst statt, und
n.ichdeni die richtip^e Methode frolnnden, hat der botrenende Beamte
regelniä>;?ipr mündlich oder .^chi ittlii h lilier den Fortgang der Arbeit
dem Dirfktor zu berichti'H, oder diisoii zuzuziehen. Alle wichtigen
Anordnungen werden aufgc/i ichnct und zu Handaklm gesammelt,
die jetzt und später zu Aut>ciiiüs-i n uml Belehrungen tlienen.
Auf solche Weise wird das gesaramte Archivmaterial systema-
tisch durchgearbeitet. Alle Urkunden sollen nach und nach regestirt^
alle Akten und AmtsbOcher repertorisirt, alle Kodizes beschrieben
werden.
7. Schliesslich müssen aus allen diesen Verzeichnissen und Be-
schreibungen alphabetische Generalkataloge, nämlich Orts- Personen-
und Sachregister angelegt werden, welche das ganze Archiv umfassen,
indem sie jeden Bestandtheil bis in Einzelne hin klar steltoi.
5. U e p e r t o r i e ii 1» ü c h e r.
l'm d;i- auf eine längere Reihe von Jahren Iwreehnete Neu-
rt'perloi isn uiigswerk phuiniäsi^ig auf fosfem Boden fortzuführen, wur-
den l'fc'bersichten ausgearbeitet, in welchen sännnl liehe Gruppen und
Serien des Archivs kurz nach Schlagwort und Entstehum?szeit auf-
geführt werden, zu jeder aber auch angegeben ist , was darüber an
alten oder neuen Repertorien Inventarien und Uebersichlen irgend
einer Art vorhanden. Zu -jedm dieser Gruppen- oder Serien-Ver-
zeichnisse wurde, soweit es noch ennittelt werden konnte, auch hin-
zugefügt, wann es entstanden und von wem? Eine neue Kolonne
aber enthält die Kritik eines jeden Verzeichnisses nach seinem arehi-
valischen Werth, so dass erhellt, ob es gut, oder leicht zu adaptiren,
oder noch mehrerer Verbesserungen bedürftig, oder ganz zu verwerfen.
Dieses kritische Repertorienbuch soll also zeigen, was fQr jede
Gruppe oder Serie im Archive geschehen ist oder noch geschehen muss.
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Das bAyeriflcbe Archivwesen.
155
Das lioi( lisarcliiv erhielt ausserdem einen (ü-neral-Inilex zu den
sämmllichen Repertorien und Verzeidinissen, die im Gobraucli sind.
Dieser Anzeiger besteht in Oktavblättcrn , deren nicht weniger als
11^2 geworden, welche 24t Kartoos CQUeii. Jede kleine oder grosse
Archivparzelle hat darhi Ihr Blatt, auf wekhem sie unter Hinweis
auf das darüber sprechende Repertorium oder Verzeichniss ver-
merkt steht.
6. Gesammt-Ueberciehten.
Eine andere Reihe von Repertorien und Arbeiten etgüA sagh
dadurch, dass für den di^tlichen Gebrauch, damit man bei Nach-
forschungen im Archiv sich rasch zurecht finde und nichts auslasse,
Handweiser und Uebersichten dessen, was in jedem Archivlokal sich
lindet, gesehafTen weiden, sog. General-Konspekte.
Das Heichsarrhiv l)(sa>;> schon früher ein prcii^seres Inventar
dieser Art in zwei FoHohaiKim und eine kleinere L ebersicht in einem
Hände. Hiezu kam zur leichteren Orientirung ein liand, in welchem
die Archivalien^Miippcii topo^'raphi^ch durch verschiedene Farben mit
Inschrilten Uuciistaben und Ziilern dargestellt sind, walu-end auf der
gegenüberstehenden Seite die Erläuterung zu den Buchstaben und
Ziflbm stehL
Die Kreisarchive haben durch das Verdienst der jetzigen Archivare
groesentheils vortreffliche Generalüiwrsichten erhalten.
7. r r k 11 it il <■ II r s t i r u n g.
Diese geschieht auf Quartblrdtern, welc lic im Reichsarchiv sodann
ohne Unterschied des Inhalts und Lagcrorts der Urkunde rein chrono-
logisch aneinander gereiht und in Ouart-Kartons eingelegt werden.
Ein Beispiel möge die gewülmliciie Art und Weise veranschaulichen:
VII ; 1. 1155 2U. Juni. Mainz Erzstift.
Arnoldus archiepisc. Mogunt. institutionem et dofationem
coenobii in Northun per praetlecessorem suum Lu-
[ioldum factaui confirmat. Dat. Mugunt. XU Kai. Jul.
1155 ind. lU.
2 Ccp, aus d. 16. und 1& Jahrhundert, worauf zugleich
eine Urk. des Erzbiscfa. Lupoid von 1055.
Die rflmische Zahl gibt den Saal, die arabische über dem Strich
den Schrein, die unter dem Strich die Schieblade, imd die folgende
Zahl den Bündel (Faszikel) an, in wekhem in der Schieblade nch
die Urkunde befindet. — Noch ein Beispiel aus den Selekten:
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156
Löher:
KaisiM-scIckl 490. ^-ec i • du* j
Harität.-Sel. 4G. 12. Berchtesgaden.
Fridericus I. imp. coenobium Bertherscadem in tuitionem
suscipiens omnes possessiones, specialiter autem forest um
circa cellam a comite Bcringario de Snlzbah traditumf
confinnat. Dat, Jd. Jun. 1156 ind. DI reg. V imp. II,
c aurea bulla.
Die auf solche Weise gebildete Rcgestensamralung unifasst be-
reits Urkunden niis allen im Reichsarchiv befind liclien Serien, haupt-
sachlich aber die vor 1400 entstanden, und füllt sflion jetzt 759
grosse Karton? an. Znr Zeit der drei ersten Vorstände — v. Lang,
Saniot , I' reiht ri v. Freyberg — wurde besonders fleissig an der
Regt \s t i r u n g g< 'u i bo i t e t .
Diese ungeheure Suiiunlung von Regeslenblätlern wurde vor
zwölf Jahren neu goordnet.
Sodann ging es an ein Ausscliöpfen des »lioiicn Meers«. Wenn
nach einer wichtigen Urkunde vergebens gesucht war, hiess es zuletzt :
»Vielleidit 8chi£ft sie im holien Heer.c Wie das nftmlich in einem
so grossen Archive leicht kommen kann, dass Urkunden, die gekauft
geschenkt oder sonst woher gesdiickt oder zurückgeschickt werden,
sieb leicht aufhäufen, wenn man nicht sofort ihren Lagerort be>
stimmen kann, so hatte sich auch im Reichsarchiv seit einem halben
Jahrliundert eine grosse wüste Urkundenansammlunp^ — darunter
allein 8500 aus dem Mittelalter — gebildet. Jed(^ einzelne wurde
nun erst reges t i rt , dann ihr richtiger Lagerort bestimmt, endlich
luiter den zahllosen Faszikeln derjenige aufgesucht, in welclien sie
liiiiein gehörte.
Darauf wurde ein Urkunden -Selekt nach dein andern vorge-
nommen, z. B. der Kaiserselekt, der Kaiser-Ludwig-Selekt, der Rari-
tülen-Selokt u. s. w.
Endlich wurde von sämmtlichen Urkunden vor 1200 jede einzelne
mit den vorhandenen Regestotblättem verglichen, diese korrigirt
und eiigänzt, oder wo die Regesten fdilten, neue gearbeitet und ein-
gdegt. Darauf wurde dieselbe AuQualie fOr die Etoster-Urknnden des
13. Jahrhunderts durchgeführt, und steht jetzt die Arbeit bei den
Urkunden der Hochstifter, während die Menge kldnerer Gruppen
sofort, wenn sie durch Ankauf Schenkung oder durch Zugang von
den königlichen Stellen in's Reictisarctiiv gelangen, oder bei einer
andern Arbeit auftauchen, zur Regestirung gelangen, von den Doku-
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Da« bayerUclie Archivwesen.
Iö7
uaiiltn ilts Adelsseickls aber zur Zeil nur erst die wichtigeren
regestirt werden.
Gegenwärtig sind der Regestenblätter aus den älteren Jahrhun-
derten bis zum Jahr 1900 gegen 10,000, — das Tienefante Jahr-
hundert ist mit 40,000, — das fünfzehnte mit 70,000 vertreten, ~
wahrend die drei folgenden Jahrhunderte zusammen nur 9000 Stück
zählen. Im Ganzen also sind bis jetzt 129,000 Regesten-Quartblätter
vorhanden, jedoch darunter viele Urkunden zwei- und drdmal ver-
treten. Im Allgemeinen darf man wohl annohmen, dass von den
Urkunden aus dem Mittelalter, soweit sie historisch wichtig sind,
nicht mehr viele in der Regestensanimlung fehlen, und bietet diese
daher, auch so wie sie ist, ein sehr ächätzbares Hülfsmittel, um sich
in jener Urkundenwelt zu orientiren.
6. Kodiies*Besehreibung.
Weijii das Reichsarchiv von Kodizes und alten Schriflbänden
auch nur diejenigen behielte, in denen sich eigentlicher UrkundenstofT
findet, so wSrde noch eine so ansdmliche Reihe alter wertbvoller
Folianten verbleiben, dass eine noch so grosse Menge in den meisten
anderen Ardiiven dagq^en kleUi erschiene.
Kodizes und Amtsbficfaer sind unter den Akten aufgestellt,
biklen, da sie älter sind, gewöhnlich den Anfimg der Serien, und
kommen mit ihnen zur Repertorisirung.
Von wichtigeren Kodizes aber werden neben der summarischen
Vt rzoichnung auch pnanci r Drx ln eibungen angefertigt, weVhe alle
zur Charakteristik des Inhalts erforderlichen Notizen enthalten. Diese
Kodizes werden zu^^'Ieich auf dem ersten und letzten Folium mit dem
Scbwarzdruckstenipel
KÖiN. ALLG. REIGHS-ARCHIV
versehen.
* Allniäiilig .-üll diese Stempelung, welche die Eigenthumsange-
hörigkeit konslatirt, durch sämmtliche Archive und alle ihre Be-
stände geführt werden.
9. Repertoriiirung der Akten and Amtsbflcher.
Bei der Nenverzeichnung der Akten und Archivall^de wii4
zuerst alles Hierhergefaörige auf fliegenden Blättern verzeichnet, und
der Inlinlt der SammeMnde spezialisirt, so dass jede Urkunde und
jedes Aktenstück darin leicht ersehen und aufgefunden werden kann.
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158
Löher:
Lose Akten werden mit Papicrunischlrigen verseilen und auf diesen
Inhalt und Entstehungszeit kurz nngogeben. Sänimtliche Bände und
Akten erhalten Schildchen, die Lagerort, Namen und Nummer der
Serie, sowie die Nummer des einzeben Stückes angeben. Die auf
fliegenden Blättern angelegten Verzeichnisse werden schliesslich in
festen Folianten zusammengesduieben. Zugleich aber werden alpha-
betische Orts- Personen und Sachregister angelegt, welche Schlag-
wort, Entsfehnng!=7.eit, Stückzahl, und Lagorort aufTuliron und zur
leichteren Auföndung- des Inhalts jedes Bandes oder Faszikels dienen.
Ein Beispiel möge die Dauer und Mühsamkeit dieser Arbeiten
erläutern. Kfwa? mehr nU die Wandhälfle eiiit>s ein'/ifren Saals im
Reichsarchiv hillt die hir praktische Px-Khlrfnisse besonders wichtige
Gru|»|ie der allhaycrisrhcn l.and- und Plli ;.'<:erichte. Daran arlieiteten
sechs l)endii^de jiHi{,'e iMätiner von INGT) 1807, al-;o nicht weniger als
drei Jahre, und /.war unter der best;liidi;.'i'ti Leitung und Theilnahnie
eines Raths als Spezialrefercnten , und des Direktors. Das alpha-
betische Orts- Personen- nnd Sachregister umflEUste, als die Gruppe
vollendet war, nicht weniger als 7300 Quartblätter, das systematische
Repertorium aber füllte zwei mächtige Folianten. Jenes Blätter-
Raster mit seinen Schlagwört^ zeigt dem ArchiTare sofort, ob
über eme 'Frage im Archiv etwas vorhanden ist, und das Reper-
torium breitet vor seinen Augen die ganze Menge der ArrhiTalien aus,
in welchen er sich für eine bestimmte Aufgabe Raths erholen kann.
In ähnlicher Weise ist jetzt im Reiclisnrchiv die viel grössere Mence
der Kodizes IJände und Faszikel der Klöster behandelt. un<l wird in
kurzer Frist elxnifalls zu Knrle geführt sein, c'lcifhwie die- bereits der
Fall ist mit den grossen Serien der Fürstriihäudr. der Kricg^iikten. des
Landschall-saals, der altbayerischeii Hecht sl)U( ln'r und Prozess-( )rd-
nungen, eines Theils der Höchst in e. uud anderer Hauplgruppen, die
man in den letzten neun Jahren bewiUtigte.
10. Urkundliches Ortslexikon.
Für Urkundenverständniss und historische Studien ist ein un-
schätzbares Hälfsmittel gewonnen, wenn man den Wechsel und die
Vemnsteltungen, welchen die alten Stadt- und Dorf-, Kirchen- und
Kapdtei-, Fluss- See- und Waldnamen im langen Laufe der Zeit
erlitten haben, übwblicken kann. Die wichtigsten und schwierigsten
dieser Ortsnamen müssen, so wie sie in den alten Urkunden ver-
schiedener Jahrhunderte verschieden erscheinen, nach und nach
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Das bayerUfcbe Arcbivweseii.
159
koiistatirt wtiilcn. Diese Arbeit, seit zwölf Jaiireii begonnen, ist
jetzt soweit gediehen, ilass für 01)erl>ayern 2152 Namen, für Xieder-
bayern 1618, für Oborpfalz 782, für Scliwaben uml A'euburg U31,
fOr Mittelfranken 974, für Oberfranken 57ö, fQr Unterfranken 2600,
und fQr die Rheinpfalz 334* — im Ganzen also 9956 bearbeitet sind.
XVII. Sorge fHr die Archive der Gemeinden Stiflirngen und Vereine.
1. Sland der Gesetzgebung.
Dokumente, welche l>ei den OiMueinden Stiftungen und Vereinen
sicli h<^rinden, einerlei ob sie ^osse otler kleine Archive bilden, ergeben
die natürliche und nothwendige Ergänzung dessen, was in den Landes-
archiven enthalten ist. Auf den letzteren sollten sich dalier Ab-
schriften der Re|»ertorieii über jene Archive und von kostbaren und
wichtigen Dokunienit n auch l)ej.'laul)igte Koiiion befinden. Erst dann
würde man übcrs( hauen ktiniien. wa> im Laniie an historischen
Dokumenten vorbanden ist . und >eine Studien darnach einrichten.
Nun fehlt in Bayern jchl Beslinunung über eine organisciie
Verbindung der LandcsarcbiTe mit den übrigen Archiven im Lande,
— die Archive der Verwaltungen der katholisdien Bisthfimer Stifte und
PfiEurren bleiben der Aussenwelt verschlossen, — und die Archive der
protestantischen Konsistorien und Pfarren öflhen sich nur auf be-
sondne Bitten.
Hinsichtlich der Geineindearchive aber gilt noch folgendes Gesetz
vom 4. August 1809:
1. Die Archive der Gemeinden enthalten die Urkunden über
ihre öfTentlichen und Privatverhfillnlsse, sohin über ihre ur-
sprüngliche l»iKlun.ir. über ihre Privilegien, ül>er ihre vorzüg-
lichen Verdienste uiu den Staat, ülK'r die Erwerbung und Er-
hallung ihres Vermögens, über Verträge n. dgl. Diese l'rkunden
sind unverletzbares Eigenthnm einer Gemeinde. II. Die.se Archive
werden daher den Gemeimlen belassen, und mit dem Staats-
archive nicht vereuiigt. III. Die Kosten der Unterhaltung eines
Gemeindearchivs fallen auf das Geroeindevermögen, IV. Der
Regierung steht die Aufsicht und Leitung hinsichtlicb einer
zweckmässigen Verfassung der Gemeindearchive, und die Ein-
sicht in dieselben zu. Sie kann daher durch Eommissftre die
Originalurkunden kopiren lassen, um z. B. diese Kopien zum
Behufe der vaterländischen Geschichte zu benfitzen. Das Original
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160
Löiicr :
soll duith einen Kommissär dem Archive einer Gemeinde nie
entzogen werden. V. Die Kommissionskosten werden aus der^
jenigen Dotation bestritten, welche für }&oß Stelle bestimmt ist,
zu deren Bedarf die Kopirung der Urkunden bei Unsemi
Staatsministcrinni der auswärtigen Angelegenheiten beschlossen
worden ist. VI. In einem jeden einzelnen Falle, welcher die
Einsicht eines Genieindearchivs nothwoiidio: macht, winl das
einsohläpfige Genoi-alkoiiitiiissariat . in seiiu-r Ei^M-nschaff als
Knnmiunalknratel , aii^'cu ie.-cn werdt-n . die betrenViidr (u>-
ineiiule ZU l)('au(lra};t'n, (lern iiominii ten Koinniissär die Einsieht
do> (ieiiipindeareiiivs unil dieKupii ung der Urkunden zu gewähren.
Nach diesen Grundsätzen ist in allen vorkommenden Fällen,
in Beziehung auf die Archive der Gemdnden, zu verfahren.
a. Aufgaben der Archivbeamten.
Bei diesem Stande der Gesetzgebung ist also eine organische
Vefbindnng, wie sie zum Heile des Land^ und der Gemeinde- und
Stiftsarchive in Frankreich Preussen und andern liLndern besieht,
zur Zeit in Bayern noch ausgeschlossen, hi jenen Staaten finden
regelmässige Visitationen dieser Arcliive durch den Landesarchivar
statt, die bestinunte Anordnungen zur Folge haben.
Man muss sich daher begnügen, über den Inbalt dir kleinen
im Lande zcrstrcnton Arcliivo, die nicht zu den (UTeiil liehen ^a'hüren,
niögiiehst genaue und veil)ür^'le Nachrichten einzuziehen, sei es dass
gelegcntlicli einem Archivbeaniten die Einsicht gestattet wird, oder
dass Freunde der Landesgeschichle sich der Sadie annelimen. Nun
sind am meisten die Gemeindearcliive gefährdet, da man — einige Städte
direnvollm Rufe abgerechnet — bei dem Wedisel der Gemeindever-
waltungen niemals sicher sein kann, «ne die Archivalien behandelt
werden. Denn die Ifissachtung der alten Papiere und Pergamente
geht in vielen Gegenden noch mit der Unkenntniss Hand in Hand.
Die Archivbeamten sind daher angewiesen, wo und wie sie können,
insbesondere auch durch Reisen in ihrem Bezirke, sich über Inhalt
und Zustand der Gemeindearchive Kenntntss zu verschaffen, und die
Gemeinden durch geeignete Vorstellungen entweder zu dem Einen
oder Andern zu beweu'on. Entweder müssen sie durch Sachver-
ständige ihr Archiv ordnen und veizeicimen lassen, es sodunn gut
verwahren, das Repertoriuni aber dem Landosarchivo zur Abschrift
senden. Oder, was an gar vielen Orten das Beste und Sichersie Ist,
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Das bayerisch« ArchivweMn. [Qi
man erstrebt eine Ausscheidtiiig der DokameDte, die vorzugsweise
nnr historiseben Werth haben. Diese werden dem LandesarchiTe
einmieibt, welches sie repertorisirt, eine Abschrift des Verzeichnisses
nebst Regesten der Gemeinde zuschickt und ihr die amtliche Zu-
sicherung ertheilt/dass sie im Fall Bedürfens jeder Zeit Dokumente
kost^ifrei wieder zugesendet erhält
XVill. Geschäftsgang.
1. Im Allgemeinen.
Alle amtUchen Geschäfte werden im Archivgebäude Terrichtet,
wo jeder Beamte in der Regel sein eigenes Zimmer hat, in welchem
er für sich allein arbeitet. Der expedirende Sekretär hat auf dem
Reicbsarcbiv die beiden Kanzlisten nebst dem Kopisten zu sdner
Seite: ähnliche Entrichtung besteht bei den Kreisarchiven. Aus-
nahmsweise werden auf dem Reichsarchiv Akzesslsten und Kanzlisten
unbedeutende ! • S in if!-[ncke mit nach Hause gegeben, um sie in
freien Stunden abzuschreiben.
Wäliren<l die Diener von den Ministerien und Behörden die
amtlichen Sclireiben zum Arcliive l)rinf,'en, holt der Archivdiener
.^elbsl Briefe und l'äcke ta^Hirh /.weinial am Vormittag von der
Post. Der Einiauf wird im Heifii.sarchiv. wenn die Adn'?S(> nicht
aui^drücklich an den Direktor laiitel, zum exj)edirendeu Sei^it hir jrtv
bracht, der alles öffnet, in die Ges« häftsbücher einträgt, mit der laulen-
den Nummor und dem Präsentalionsdatum versieht, und dann dem
Direktor Torlegt Dieser Terfügt entweder selbst darauf, oder er
bestimmt einen Referent«i. Bei allen wichtigeren Sachen hält der
Referent, nachdem er sie bearbeitet und die Recherche vollendet
bat, dem Direktor Vortrag.
Handelt es sich um bedeutendere Fragen im Archivdienst , die
eine mehr.seiti(,'o g:ründliche Erörterung fordern, so kann der Reichs-
aichivTorstand sänimtliche Räthe Assessoren und Sekretäre zu einer
Konferenz berufen, in welcher jeder Einzelne seine Ansieht erörtert,
in solchen Ffdlen wird über die Verhandhmg vom jünj^'sten Sekretär
ein i^rotokoll Lrefiilirt. Soll dagegcji in einem Fall (M'/ent liehe kol-
legiale FJeliandlung stattfinden, so wird das Ueichsarchiv dazu vom
Ministerium angewiesen.
Berichte Erlasse und Schreiben werden, ehe man sie mundirt,
Archlmlliebe ZetMebilft. L 11
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162
LClier:
dem Vorstände des Archivs zur Genehmigung oder Abänderung oder
Ergänzung vorgele^, wie er denn auch allein unterzeichnet, während
der pxpedirende Seiiretär seinen Namen zum Zeichen, dass die in der
Kanzlei gemachte Abschrift mit dem Original stimme, beifügt, ür-
kundenkopien werden jedoch vorher mit dem Referenten kollationirt.
Da die acht Krei?an liive sowohl in }'er>on.il-,ic]ipn. als in An-
gelei-'enlieiten ihrer Lokale Archivljeslände Bud;ret> und «.'esammten
Ein^iciltun^^ al- au< li ft-iner in Sachen de.> laufenden r)ien>tis und der
innern Ordiiimgsarbeitcn an die Gerit limijzuntjr ihrer Zentralstelle gt^
bunden sind, da die>e au> den Berit hten der Kreisarchive die Ge-
samnitberichtc und Schreiben an die Ministerien und die Hof- und
LandessteOen, sowie an auswärtige Archive, in der Hegel auch an
die ArchiTbenätzer verfasst: so findet bei dem Reichsarchiv beständig
ein grosser Ein- und Auslauf von dienstlichen Schreilien statt.
Aduilich wie am. Reichsarchive, ist an den Kreisarchiven die
Behandlung der Geschäfte eingerichtet, nur mit dem Unterschiede,
dass sie dort sich einfacher und {ibersichtlicher geben.
2. V f r t Ii f i 1 II Ii ^' (1 t' r It i e ti s t <■ s r Ii ä f l
Zum besondern Referate des Rei !! uchivvorstandes gehören
in der Regel die Personalsarhen von etwa tünfzig Angestellten . die
Lokal- und Vermögenssachen der neun Archive, die wichtigeren
Instinktinnen und (iesammtberichte, besonders in allgemeinen An-
gelegenheiten des Arehivwesens.
Unter die ül)rigen Ht^amten des Heichsarehivs sind die Arbeiten
und Geschäfte des laufenden Dienstes, die Referate über die Fie-
cherchon bei den Kreisarchiven, die Gutachten in Sachen der Archiv-
benützung, der Archivalienaustauscli mit andern Behördmund Stakten,
das Aushebm und Reponiren der Archivalien, die BlbliothdEver-
waltung, die Kassenfflhrung, das Feuerlöschwesen, die Sorge für die
Gememde- und Stiftungsarchive u. s. w. zweckmässig vertheüt, eben-
so der regelmässige Yerlcehr mit den Kreisarchiven und Stellen und
Behörden, sowohl was die Auswahl als Zuleitung aus den reponirten
Registraturen betrifft. Jedem der drei Reichsarchivrathe sind für
beständig zwei bis drei Kreisarchive zugetheilt, da Orts- wie Per-
sonalkenntniss wesentlich die Beurtheilung ihrer Angelegenheiten
erleichtert.
Die Ak/.essisten und Praktikanten leisten bald bei diesem, bald
bei jenem Gescliätle Beihült'c. Zwei von ihnen führen die Aufsicht
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Das bayerische Archivwesen.
163
im ArchiTbenützersaal, einer hat die Regestensammlung zu äber-
wachoi, und die Anfertigung vm Urkundoiabechriften wird unter
sie vertheilt
Neben diesem laufenden Dienst gebt der innere Dien«:t her,
nfimlich die Ordnungs- Reperlorisininps- und R^eslirungsarbeiten,
an welchen Alle Theil nrfinien. In der wrirmem Jahreszeit werden
sin in den Arcliivsfden am Fadie, in der kälteren auf den Gesdiäfts-
zimmern gemacht.
Das für die ;;esaniintf (Jeschäflsführung wichtifje Amt eine?
expodirenden Sekretärs wechselt jahresweisc unter den Reichsarchiv-
sekretfircn. E.< gehört dazu die Führung der Geschäftsbücher, die
Autsiciil und Anordnung in der Kanzlei, die Verantwortung für die
richtige Mundirung und Expedirung der Schriftstücke, die Zurück»
leitnng der Ärchivalien an den Aushebebeamten, die Fortbildung und
Besorgung der Amtsregistratur, die Soige, dass jeder Refwent alle
erforderlichen Handakten erb<, das Taxwesen, sowie insbesondere
auch die Aufeicht Ober die Repertorien.
8. Geschäfts hücher.
Ausser den schon genannten, in welchen das Ausleihen, die
Rückforderung, und die Rückkehr von Archivalien verbucht wird,
konmien vorzugsweise das Tagebuch und der Reproduktionskalender
in Betracht.
Das Tagebuch vermerkt kurz jedes einlaufende Schriftstück
und was ilaranf g(>schehen ist. Es hat zehn Kolonnen : die ei'ste
enthält die laufende Nummer, — die zweite den Betreff des Manual-
akts und den Namen des Referenten, — die dritte den Einsender des
Scbriftstfickes, — die vierte bezeichnet dessen Datum und Lnhalt, ~ die
fOnfte ist Ittr Bemerkungen dazu, — die sechste bis neunte Kolonne
vermerkt den Auslauf nach Adressat, Datum, Inhalt, und Datum der
Expedition, und zdgt, wo es rfithlich, auch Nummer des Austölie-
buchs, — endlich die zehnte Eotonne lässt noch für allerlei dienstliche
Bemerkungen Platz.
In den Reproduktion Skalen der wird jede Sache einge-
tragen, an welche man zu bestimmter Zeil erinnert sein will. Da-
durch wird ein pünktlicher Geschäftsgang ungemein gefordert, ins-
Imsondere auch die Uebersicht ühvv die Geschäftsführung der Unter-
archive, die Rückforderung ausgeliehener Archivalien, und die Er-
ledigung der Ordnungsarbeiten in den Archivsälen. Am bestimmten
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164
LAher:
Reproduktionstage hat der Sekretär das betreffende Aktenstück vor-
zulegen.
Da- Tax buch « tidlirli gieljl an, welche Gebühren für Urlaubs-
^jeuiihrung , Aichivi)t_'nLit'/.ung , Abschriflen und deren anitlich»' Ho-
'^'laubigunr' einliefen. Das Inventar zeitrt, welche .Möixln und
(leriUhe vorhanden sind, das .\ n s c h a f f u n g s 1» n c h führt die nn-
gekaulten Bücher und Archivalien auf, die Kassenbücher weisen
Einnahme und Ausgabe von Geldern nach. Das Qualifikations-
buch bleibt im Verschluss des Vorstandes.
4. Uebersicht der dienstlichen Schreiben.
«
Eine ungefähre Anschauung, welchen Ge^^chaftsverkehr die
bayrischen Archive haben, wie er sich vertheilt, und wie er sich
vermehrt, gibt eine Zusammenstellung der Nummern des Geschäfls-
Tagt'buchs ans den letzton fünf Jahren. Jede Nummer bezeichnet
in der liege! nicht bloss ein einziges Schriftstück, sondern hegroifl
ancli dasjenige in sich, welches als Erwiderung darauf erfolgte. Es
hatte nämlich Geschäftsnurnniern
das Reichsarchiv
1871 1872 1873 1874 1875
1. au Recherchen für k. Stelleu U.Behörden 282 206 166 287 300
2. Recherchen für Archivbenützer . . 383 526 756 574 578
3. Reklamationen ausstftndigerArehiTalien' 6 40 96 III 74
4. Austausch mit fremden Archiven 60 54 ' 118 94 72
5. Archivalienausscheidung bei k. Stellen
und Behörden und Magistraten . . 360 220 247 218 252
6. Sonstiger Archivalienerwerb ... Iii 31 107 42 21
7. Inspektion der Kreisarchive ... 28 35 115 43 22
8. Sonstige Korrespondenz mit den Kreis-
archiven 880 220 25;") ;5n) 276
9. Personalsachen 319 405 341 362 272
10. Ukalilats- Regie- und Generalsachen 125 296 495 671 792
Im Ganzen 2004 2039 2698 272 1 2665
In denselben fünf Jahren fand bei den Kreisarchiven folgende
Oeschäftsbew^^g Statt. Es hatten Geschäftsnummern im Ganzen
die Kreisarchive
1871 1872 1873 1874 1875
Arnberg .... 218 LSI :J47 436 426
Bamberg ... 271 356 443 525 446
Digiti/Oü by
Das bajreritche ArchiTwesen.
165
1871
1872
1873
1874
1875
Laiidslml
. . 320
356
718
547
München
. . 989
873
iioy
4507
1732
Ncuhiiig
. . 2fi!J
428
435
516
Nürnberg
. . 47:i
000
540
519
522
Speyer . .
. . 207
198
304
545
495
Wiirzbiirg .
. . 892
896
1080
1035
1008
3647
3670
4923
5720
5U92
Wohl bemerklfcfa maeht sich hier auch bei dea Kreisarcbiven
der best&ndig wachsende Geschältsverkehr, aber auch im Verhältniss
der Arbeitskräfte eine Uel)erlastung der ArcfaiTzentralstelle. Dabei
ist aus diesen Nummern der Geschäflsbächer noch nicht ersichtlich
der innere Dienst, d. h. was an Rep^orien und Heesten gear-
beitet wird.
B. Dienststunden.
Im Keichsarchive siml — des Verkehrs wepen mit den höchsten
Staatsbehörden und den Fremden — die Geschäflsslinulen von Mor-
gens 9 bis Nachmittags 2 Uhr. In dicker Zeit niuss sich, wenn
nicht bezüglich des früher oder später Anfangens und Aufiiürens
ganz besondere Ausnahmen gestattet werden, jeder Beamte und An-
gestelKe in seüiem Geschäftszimmer oder im Archivsaal Anden lassen.
Dies ist die Regel: je nach den AnfOTderungen des Dienstes wird
«fie Geschäftszeit ausgeddint.
Die Diener am ReichsarchW haben in der Regel auch am Nach-
mittag noch im Archiv zu arbeiten, da sie mit ihren Angehörigen
die tägliche Reini{mng der Goschäflszininier , und ausserdem im
Sommer die periodisch durch alle Säle gehende Reinigung der Archi-
valien besorgen.
Die Akzessisten und Praktikanten, sowie die Kanzlisfen und
Diener sind in der warmen Jaiireszell aucli beschüfligt, die Urkunden
zu reinigen, wobei jeder der zahllosen Faszikel aufgebunden und
jede Urkunde darin durchgesehen wird.
Bei den Tiiterarchiven sind die Geschäftsstunden Vormittags von
8 bis 12, und ausserdem des Nachmittags im Winter von 2 bis 4,
im Sommer von 3 bis 6 oder 7 Uhr festgesetzt
Auf Urlaub hat in der Regel, wenn sonst der Dienst es zulässt,
jeder Beamte sechs Wochen Anspruch. Die Nichtbeamten erhalten
Urlaub je nach Umständen.
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166
Lühcr:
XIX. Ueberwachung der ArehIvverwaKung.
1. Verkehr der Kreisarchive mit ihrer Zentralstelle.
Die Ueberwachung der ArchWverwaltung liegt für die Kreis-
archive ihrer Zentralstelle, für diese selbst demMinisterimn des Innern
ob. Da die Arcbivare Sekretäre und sonstigen Bediensteten bei den
L^nterarchiven zum Roich^archivdirektor nicht anders stehen, al?; die
Ruthe Assessoren Sekretäre und sonstigen Angestellten am Reichs-
archiv, so ergibt sirli dnraus ein so ununterbrochener, so lebhafter
Verkeiir mit der Zentralstelle, dass die>(^ beständig von allen Vor-
gängen und Arbeiten an den äusseren Archiven in Kenntnis? bleibt.
Die Aufträge einer-, die Berichte und Antragen andererseits iiören
ninmier auf. Kt ine Frage, zu diesem mannigfachen Hin- und Her-
schreiben braucht es viel Zeit und Mühe, allein , wie die Erfahrung
zeigt, im Ganzen genommen dient es zum wahren Heil des Arciiiv-
wesens. Es erzeugt einen gemessenen Gang in den Geschäften, eine
gleichmässige Behandlung derselben, und einen gedeibUcben Wett-
eifer, da beständig der Vergleich so nahe liegt.
Es bedarf jedoch kaum der Bemerkung, dass sich Alles das
nur auf die Archivverwaltung beziehen kann: in ihrem wissenschaft-
lichen Urtheil dagegen, wie diese und jene Frage zu beantworten,
bleiben die Kreisarchivare so selbslständig, wie jeder Beamte am
Reichsarchiv.
Um nun die Ueberwachung des gesammten Archivdienstes auch
an periodische V^orgänge zu knüpfen, sind, ausser der Vorlage der Ar-
beiten im innern und äussern Dienst, die Jahresberichte, bi^ktionen,
und Amtsüberweisungen eingeführt.
2. Repertorienabsehriften.
Aus jedem Bericht, weichen ein Unterarchiv der Zentralstelle
Über ein Hecherche-Ergebniss einsendet, kann diese einige Kennt-
niss schöpfen, was und wie dort ^^earhiNlet wird. Dazu nützen ins-
hesondere auch die Abschriften der lieiiortorien sämmtlicher Kreis-
archive. Die Abschritten bilden im Reichsurcliiv eine grosse Samm-
lung, jedes Archiv bat darin eine verschiedene Farbe des ESn-
bands, woran es leicht zu erkennen. Sobald ein neues Reperiorium
fertig, ist die nächste Arbeit, davon eine Abschrift zu nehmen,
welche dem Reichsarchiv eingesendet wird.
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Das bayerische Archivwesen.
167
Biese Repertoriensamiulung erfüllt ihren Zweck in vierfSEU^her
Richtung:
1. Ep lasst sich daraus die RiclitigicL'it des Systems sowie
die Gründlichkoil eines Re|)ertoriuins ix'urtlieiloii , soweit das
überhaupt möglich ist, ohne die Archi Valien seihst vor sich
zu haben.
2. Die Abschriften dienen der Zi-nlralslcllc /.ur Orienlirnn?,
bei welchen Kreisarchiven eine Hcclitrciie gemacht werden nius->.
3. Liegt deren Bericht über das Ergebniss vor, so lässt sich
in den Repertorien-Abachriften nacbprfifon, ob das Unterarchiv
aof all den Gdueten, auf welche die Repertorien hindeaten,
die Nachforschung gepflogen hat.
4. SoUte einmal ein Repertorium ehies EreisardÜTS verloren
gehen, so lässt es sich aus seinen Abschriflen leicht wieder
lierstellen.
In älmlicher Weise müssen die Kreisarchive nach und nach
Abschriften von den Repertorien des Heichsarchlvs bekommen, die
sicli über Archivaliengruppen verbreiten, welche den ihrigen ver^
wandt sind.
8. Jahres- und andere Berichte.
Ursprünglich hatten die Archivkonservutorien jeden Monat regel-
mässig über ihre Gesammtlhäligkeit ihrer Zentralstelle zu berichten,
später nur alle Vierteljahr. Diese Berichte bestanden aber zuletzt
einfach nur aus Absdiriflen der Geschäftstagebücher. Statt dessen
wurden vor einem Jahrzehnt halbjShrige Berichte und Vorlage der
GeschäHsbücher eingeführt Darin hatte das Archivkonservatorium
sich nach einem Schema fiber seuie Zustände Leistungen mid Be-
dürfnisse zu verbreiten, worauf Punkt für Punkt vom Reichsarchiv
die Erwiderung erfolgte. Da jedoch die Arbdt«! in den Kreis-
archiven ub( rall ihren geordneten Gang geh^, so genügt nunmehr
ein Jahresbericht, der jedesmal am 20. Januar fib^ das letztver-
gangene Jahr erstattet wird.
Dieser ist ^'aiiz im Ansclilus> an den (Jesammtbericht grdaclil,
welchen der Reiclisarchivdirektor jedes erste Vierteljahr über die
Vor^,'änge und Geschäfte des letzten Jahrs an sännntliclien Archiven
dem 5?taatsministerium des Innern erstattet. Dieses erlässt darauf
eine Entschliessung, aus welcher die sie betreffenden Sätze ribnmt-
Uchen oder einzelnen Beamten und Archiven erGflthet werden. Diese
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168
Loher:
Jahresberichte b9den die fortlaufend( Kioniiv der Archire, üidem
sie sich über folgende Gegenstände verbreiten:
I. Persona l?tand. Aenderungen im Personalstand, längere
Urlaubscrtheilungcn , bodcutciidore Krkrankungen oder andere Stö-
rungen, wichtigere Vorkominnis^^e im Familienstand des Personals,
Auszeichnungen, literarische Publikationen.
IT. Lokale. Aenderungen in der Beschatrenheit derselben seit
letztem Jahresberichte.
m. Ar Chi Valien bestände. 1. Zuwaclis durch Extradition
▼OR Amtsregistraturen u. s. w., — Eintausch systemwidrig gelagerter
Archivalien, — Kauf Schenkung od& Deponirung, — Eintausch von
nicht bayerischen Archiven. 2. Al)gabe entweder an das Reichsarchiv
oder an die Kreisarchive, oder durch Austausch an nicht bayerische
Archive, oder sonstige Abgaben. 3. Makulirung. 4. Etwaige Vor-
Ivoninmisse bezüglich der Aktendepots, wo solche noch vorhanden.
5. Massregeln zur besseren P< \vahrung von Archivalien.
IV. Geschäftsbetrieb im Allgemeinen. Geschäftsver-
theiiung, - Leistungen besonderer Art. — Visitationen. — Extra-
ditionen an neue Vorstände oder deren Vertreter, — Beschäl'ligung von
Praktikanten, — Anilsbibliotlieken, — Taxertriigniss, - l{i'gie\VL->en.
V. Laufender Dienst. Geschäftsbewegung überhaupt, Zahl
der Geschäflsnummern mit vergleiciienden Rückblicken auf die Vor-
jalire, — Recherchen und Berichte in Rechts- und Administrativ-
Angelegenheiten veranlasst durch das Reiclisarcfalv oder ein anderes
Ereisardiiv, oder von Sdte der königlichen Kreisregienuig und anderer
königlicher Stellen, oder durch Advokaten und Private, — Redier-
chen zu vHssenschafUichen oder genealogischen Zwecken, — Aus-
fertigung von Kopien, Erläuterungen, oder grosseren Auszügen, —
Archivalien-Verkehr mit den königlichen Stellen und Behörden, —
Stand des Ausleilie- und S« huhibuchs.
VL Ordnungsarbeiten. l{ei)ertorisirung: Anführung der
Gruppen oder Serien, welche bt arbeitet wurden . nach Oualität und
Umfang, in welcher Weise die He|)erlorisirung geschah, durch wen,
mit welchem Zeitaulwande, — 1 legestirung, desgleichen, — Kodizes-
besciueibung, desgleichen, — Adaptirung von Heijertorien, — Um-
stellung von An hi Valien.
VII. Sonstige ungewöhnliche Arbeiten, wobei Alles xu
erw&hnen, was bezflgUch der Zustande und Letetungen im Aidiiv
noch von Interesse erscheint.
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Da5 bayerische Archivwesen.
169
Auf den Jaliresbericlil jedes Kroi«;irchivs erfolgt Punkt für
Punkt, wo es räthlicli erscheint, eine Krwiiierung der Zontraisteile,
ist dagegen Anlass , ihr einen (iegen.stand eiiigelienik'i darzule^'en,
so gescliieht das in gesondi>rtem Beric lite. In S])ezialheiiflit('n wei -
den überliaupt alle Angelegenheiten Ijcliandelf, in welchen da> Kivis-
arcliiv Beseheid oder Anweisung vom Ileichsarehiv erwartet, oder
dieses an jenes eine bestininite Frage gestellt hat.
4. Inspektion der Kreisarchive.
Jedes Kreisarchiv wird ein um das andere Jahr vom Direktor
oder einem Reichsarchivrath visitirt Die Visitation hat sich auf
Ordnung und Aufstellung der Archivalien, auf die Geschäftsbücher
und gesammte Verwaltung, sowie üher die Arbeiten des laufenden
und inneren Dienstes zu erstrecken. Vor Allem wird dabei auf die
Voiiständigkeit und Sicherheit der Archivbestände dos Augenni«rk
gerichtet.
lieber die Verhandlungen bei der Ins])ektion wird ein Protokoll
geführt, welches nebst gutachtlichem Berichte dem Ministerium vor-
gelegt wird. Das Kreisarchiv selbst erhält sodann vom Beiehsarchivc
einen ausführlichen , artikelweise abgefassten hisjioktionsbescheid,
welcher auf alles Vorgekouiniene eingehl und Aufträge bezüglich der
nOthig erscheinenden Einrichtungen und Arbeiten ertheilt. An deren
Befolgung knüpfen sich dann weitere Korrespondenzen und Erlasse.
In gleiche Weise ist mit jeder Extradition eines Archives an
einen neu ernannten Vorstand eine gründliche Visitation verbünde».
Die Reisduwten für die Visitanten werden aus den etatsmässigen
He^emittdn des Reicbsardüvs bestritten.
XX. Kotten und Reebnongsweten.
1. E i n r i f Ii t II 11 j:.
Die bayerische ArchivverwaUung wird last nur aus Staatsfonds
unterhallen. Die sehr geringen (leldbeträge, welche die Archive füi'
Recherchen und Erlasse bei Archivbenülzung, für amtliche Kopien
und Beglaubigungen, endlicli für Urlaubstaxen einnehmen, werden
jährlich an die Kreisregierungen abgeführt Nur der Erlös aus
roabilirten Akten verbleibt den Archiven zum Besten ihrer wissen-
schaftlichen Publikationen.
Die Beamten FunktionSre und Diener rücken von fünf zu fünf
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170 Lßhw:
Jahren in ein höheres Gehalt ein. Die Akze?sisten Funktionäre und
Diener lu ziehen auch eine Theuerungszulaj-'e. Das Vorrücken in die
Alter.szulagen ist durrh die Würdigkeit ijcchngt, und für die Funk-
tionäre und Dil ner in jedem einzahlen Falle die ministerielle Ge-
nehmigung einzuholen.
Was ein Archiv an Kanzleikosten braucht, — worin auch die
Kosten für Mobiliar, und Bücher- und Archivalien -Anscfaafiting,
ferner an persönlichen Ausgaben für Funktionäre und Diener, sowie
endlich an besondem Kosten fOr nothwendige grössere Anschaffüngen
einbegriffen sind, — darüber hat es alle zwei Jahre seine rootivirten
Budget-Vorschläge einzureichen. Jenachdem die Kammern bewilligen,
ablehnen, oder ennässigen, wird sodann den Archiven vom Ministerium
ein Etat auf zwei Jahre zugefertigt, \velchen keines fib^chreiten darf.
Ersparungen in den einzelnen Etatsposten dürfen ohne Geneh-
migung des Staatsministeriums des Innern nicht anders, als bestimmt
worden, verwendet werden.
Ueber die Verwendung ist sorgfältig Reclmung zu führen und
zu legen.
2. Kanzleikosten.
Die wirklidu ii xVusgaben stellen sich für jedes der Jahre 1876
und iS'i i wie lulgt :
Reichsarchiv:
a. Kanzleibedarf, Feuerung, Reinigung der
Geschäftszimmer und Archivsäle sowie
der Archivalien, nebst Ankauf von
Büchern und Arcfaivalien .... 5000 M. ( _ -oon m
b. Kommissionsdiäten und Reisekosten . 900 „ j ~~
Kreisarchive:
München (darunter 455 M. ausser-
ordentlicher Aufwand für Einrieb-
. . . 2000 M.
1
. . . 720 „
Amburg
. . . 720 „ 1
) = 8400 M.
... 800 „
Würzburg
. . . 1450 „ '
zusammen 14300 M.
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Dts bayerische Archivwesen.
171
Dazu koiniiu ii <lio -ocjenannten ständigen Baiiau>gaben, welche
den Archiven au.s ilen Staatskassen in der jedesmaligen Ilülie des
Anfalls zurückvergütet werden. Es sind darunter die Kosten für
Fenenidieilieil, Reinigung der Gänge, Höfe, Aborte, Fenster n. e. w.,
Kaminkehreii, Scfaneeräumen, Strassenspritzen und Aehnlicfaes be-
griffen. Sie beziffern sich im Reichsarchiv auf .etwa 800 M.
jfthrUcfa.
3. B e a m l e.
Die Gehälter steigen je nach Altersklassen in Iblgenden Normen:
1
Gebalt
Klasse
Ulltl
Uten.
^ Beamten-Kategorien.
1
1
! fai den
t Jabraa.
I
vom ß. bis
tncl. 10.
Jahrsb
vom II. bis
loel. ift.
Jahn.
1
vom II), bis
1 incl. ao.
JahM.
für Jedes
wettet«
Qai»|^
elm Ueh-
runr TOB
n. a.
IV. b.
VI. b.
VU.K
vnL
Der Vorstand des
ReiebsareliiTes .
Die SHeichsarehiTs-
rätlic jeder . .
Der Heirli-sarchivs-
Assessor . . .
DieSKrei'-arcIlivare
Die 8 Reichsarchi va-
Sekretäre jeder .
8660
4660
1 8640
3860
3000
1 M.
7020
4820
6720
3720
33r/)
M.
7880
«880
8800
4080
3540
M.
7740
6460
4060
4260
3720
M.
IHO
bis cum Ma-
ximalirebalt
von 7910.
180
180
180
180
DC. c.
Die 10 Archiv-Sekre-
in <len
ersten
3 Jahren.
vom i. bis
incl. 5.
Jahre.
vom «. Iii»
incl. II».
Jahre.
vom 11. bis
incl. 16.
Jahre.
vom IC. bis
incl. leo.
Jahre.
täre jeder . . .
2280
■
8640
2880
800O
"3180
fllr iedee
weitere
<iuln-
iiuenniuni
eine Meh-
nns voB •
180
Hiemach beziehen zur Zeit (August 1876) Direktor, Räthe,
Assessor und Sekretäre des Reichsarchivs zusanunen
35,580 H.
die Kreisarchivare und Sekretäre der Kreisarchive . . 59,220 „
so dasB sich die wirklichen Bezüge sämmtlicher 26 Archiv-
beamten auf 94^800 M.
belaufen.
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172
LOher:
4. A k ze s s i t iMi am H e i c Ii rc h i v.
Von (icM juiifren Mäiuiein, die sicli im Vorlxjreiluiiirsdiensl Ix-
linden, haben fünf einen Gehalt und zwar von wenigstens 900 M.
mit 201 M. Zulage. Unter Einholuiig ministeridler Gendiinigung
kann der Rdchsarchivrorstand Einzelnen nach Massgabe der für das
nicht stabile Personal liewilligten Büttel erhöhte Beträge zuwenden.
Demgemäss sind für jedes der beiden Jahre 1876 und 1877 zu-
sammen 5724 M. bewilligt Die drei Jüngsten sind noch ohne Bezug.
Dagegen erhält ein Siebzigjähriger, dessen Sustentation der allgemeine
Pensionsotat trägt, ausserdem für seine fortprosotzte Thätigkeit am
Reichsarchiv von diesem einen Bezug von jährlich 180 M.
6. Funktionfire und Diener.
Auch ihre Bezüge theilen sich am Reichsarchiv vrie an den
Ereisarchhren in Funktionsgehalte und in Zulagen. Erstere steigen
von einem Mmimalsatze aus nach je fünf Dienstjahren um 90 M.
und die Zulage im Verhftltnlss.
Das Schema der Gehaltsbezuge dieser Kategorien ist nach-
stehendes :
Bedienctete.
FunkUoiubenii; mit Zidane.
in ilei)
Virlll Ii.
viin\ 11.
VI. in ir,.
v.itii Sil.
vdiii ib.
vom 31.
«rsten
bis Ih.
bii in.
bin s:,.
hih 30,
Jahr«"
5 Jahren.
Jahre.
Jahre.
Jährt'.
Jährt".
.lahrr.
au.
M.
m7
M.
M.
M.
M.
8 Funktionare des R^tas-
archivs jeder ....
2 Diener des Reichsarchivs
1820
liSl
1542
1650
1760
1872
irdtT
9 Fimkliuuäre dei' Kreis*
1101
1212
1S20
'l4Sl
1582
1650
"
arehive jeder ....
8 Diener der Kreisarchive
882
990
1.01
1212
1320
1431
1512
Diesem Schema gemäss besidien tm Zeit an Gehalt und Zulage
am ReicfasarchiT die Funktionäre 2640 M
„ „ „ Diener 2S13 „
an den' Kreisarchiven die Funktionäre . . . 11,052 „
»» I. »> Diener 8259 „
2434 M.
Ausserdem btv.iolü ein Portier und Diener bei einem Kreisarcbiv
aus dessen Mitteln einen Zuschuss von 201 Mark.
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Das bayerische Archivwesen.
173
Der Etat überhaupt für ini-tändipr« Personal, d. h. für
Akzossistcn und Praktikanten, FunktioiiiUe und Diener, ist für
Die Besoldungen werden an die Beamten des Reichsarcfalvs
direkt aus der k. Zentral-Staatskasse, an jene der Kreisarchive durch
die Ereiskassen oder Rentämter ausbezahlt
Aus denselben Kassen erhalten die Archive auch je nach Bedarf
die ihnen durch den Etat bewilligten Gelder für Kanzleikosten und
das nicht ständige Personal (Goliülfen und Diener). Diese Gelder
veru-alten sie selbst und haben ilarüber nach den in Bayern über-
liaupt bestehenden Normen jahrlich im Februar Rei hnung zu stellen,
und zwar das Reichsan hiv der k. Rechnnnpskaninior und die Kreis-
anhive der betrclfciiden Kegicrungsfinan/'.kaminer. Die täglichen
Einnahmen und Ausgaben werden in chronologischer Reihenfolge in
einem > Kassa-Tagebuch« verniiikt. Hei dem Reichsarchiv wird
dieses monatlich abgeschlossen und mit <lein Kassenstand verglichen.
Ausserdem werden die Einträge des Kassabuchs in ein »Kassa-Manual«
Übertragen, und zwar nach den Kapiteln und Paragraphen, wie sie
in der spätem Rechnung zusammenzustellen. Die Kreisarchive legen
dem Retdisarchiv eine Abschrift ihrer Rechnung zur Genehmigung
vor. Der prüfenden Rechnungsbdiörde aber wh^ die Rechnung im
Dapükat eingereicht, mit den Quittungen, dem Möbel-Inventar, den
Verzeichnissen der angekauften Bücher und Archivalioi, und allen
sonstigen Bel^n. Nach Prüfung und definitiver Festsetzung der
Rechnungsergebnisse wird mit den Kassen , welche die Vorschüsse
geleistet, endgültig abgerechnet, und schliesslich, unter Rückgabe einer
Ausfertigung der Rechnung, von der revidirenden Stelle <lem Rech-
nungssteller das »Absolutorium« ertheilL
eines der Jahre 1!=^76 und 1877 festgesetzt wie folgt:
am R e i c h s a r c h i V : ] \
a) Funktionsgehalte 8820 M.j 10805 j
b) Gehaltszulagen . 1985 „ ' * ( _.
Summa 30,335 M.
tt. Rechnungslegung.
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I
lY. Die neueste Organisation der Staatsarchive in
Italien.
Von
Frolossor v. Zahn,
Dircctor tles steiennäiki-clieu Landesarchivä in Gi-atz.
Es ist noch kein volles Jahr verflossen, seit in Italirn die Krage
der Reorganisation der Staatsarchive gesetzlich und endt.'ilti[r al)?e-
schlössen wurdo. Oft war sie in Zoitsclirifton und Broihüren. in
CommissioncTi und vor dorn Parlauifufc nörtert worden, und haben
seit Jalu-zehcnten in ihr, ihrer theoretisclien Auffassunf: und prak-
tischen Tiöpung Fachmänner aus dem Norden und Süden der Hall>-
insel sicli versucht und Minister und Abpreordnete ihre Ansiclilen
nach beiden diesen Riclitungen verlauten lassen. Blicken wir liefer
und irren wir nicht, so hat auf die Regelung deutsches Urteil, wenn
auch nicht ostensibel, einigen Einfluss genommen, was wir, auf
Grundlage der Acten und nach unserem FVUen, nur constatiren
wollen, denn in dem Benätien fremdländischer geklärter Anschaue
ungen sehen wir keine That zum Danke dieser, sondern zu eigenem,
und von diesem Standpuncte will auch vorliegendes Referat durch-
wegs getragm sein : Italien zum Danke für seine vorschreitende That
Dieses neue Archivgesetz, datirend vom 27. Mai 1875 und in
Kraft gesetzt am 1. Juli desselben Jahres, liat, wie jede Institution
in Lebensfragen, eine ausgiebige Vorgeschichte, und bildet eigentlich
die Krönung eines Werkes, das, wie an einer Leiter aufsteigend,
tastend, und dann und wann widerst relw?nd in's Leben gerufen
wurde. Obf^leich das italische Volk, wie alle Romanen, sehr nach
Gentralisalion hin sich neigt, vollzog sich die Umformung des frülieren
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Die neueste Organisation der StaaUarrlüve in Italien.
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in archiialibus geteilten Wesens doch nicht ganz leicht. Factische
Verhältnisse besitzen stots oine gewisse Schworkraft: die Anscliau-
ungen der Fathmänncr gingen in ihren EnHschhis.-on öftiM-- au- ein-
ander. weihv;elton darin nach der vor>( ]ircitond('n politischen Gestal-
tung des Ucichos, und trafen auch in den Staalsinännern niclit jeder-
zeit das nötige Verständniss. Ahweichonde Ansichten über wesentliche
Formen in der NeuschafTung dort, gingen mit Zeichen der Abneigung
ivider Fnndam^talBfttze derselben da Hand in Hand, und die Klftrung
nach beiden Seiten hin wollte Zeit. Darin aber waren alle einig,
dass die Frage Sdiätze der Wissenschaft und Gesdiichte, somit die
Ehre des Landes betreffe. Und geht nur jeder Act für die Ent-
wicklung staatlich» Institutionen von diesem obetsten Grundsatze
jedes ehrlichen Staatsbürgers ans. so verschlägt ein Bischen im Eifer
unterlaufender Unrichtigkeit in der Anfassung gar hichts.
Das Bedürfniss der Reorganisation früherer Verwaltungsfonnen
lebt so ziemlich in jeder neu eintretenden Regirung. In Italien gab
die von 1859 — 70 in grossen Schritten sich vollziehende ünifiration
der besteilenden Neigung mehr Gegenstand, als leicht und kurz zu
bewältigen war. Aber es kennzeichnet den .Schwung der Regirungs-
männer, dass sie inmitten der riesigen Tagesgescliäfle , und selbst
zu einer Zeil, wo der Satz: „Italia h fatta"^ — noch keineswegs
besigelt war, die Reorganisation der Staatsarchive bereits in*s Auge
fassten. Das erinnert ungeffir an den französischen Convent, der
mmitten der Archivsbrftnde, womit einzelne semer Sendlinge und
jacobmische Banden sich erlustigten, der modernen Archivsorgani-
sation Frankreichs den Grund legte. Und warum läugnen? Das
heimelt gewissermassen an gegenüber dem Verfaren in anderen
Staaten, wo die Archive im grossen Ganzen die allerletzten der
letzten Staatsinstitute zu sein scheinen, denen man das Augenmerk
zuwenden will.
Doch nicht nur der Drang, die Archive der annectirten oder
erworbenen Staaten mit einem Neusb;'ni|>el eigenen Models auszu-
statten, bewog die italische Regirung die Reorgunisutionsfrage aufzu-
greifen, und der nicht zu läugnende Eifer, für diese Stätten italischen
Glanzes iMemd einzutreten, sondern es lagen noch andere, mehr
sachliche Beweggründe vor. Der wesentlichste mag die giosse Ver^
sehiedenheit der übernommenen und bestehenden .^chivinstitutionen
gewesen sein, ein Merkmal, das sich über Stofre, hierarchische Unter-
ordnung, Verwaltung, Reglement und Alles erstreckte, was bei
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Zahn:
Archiven in Betracht kam &n Umstand, der allerdings ebensosehr
die Leitung, als die Vorwaltang und gleichrofissige Ent^cklmig er^
schweren musste. Für die hierin notwendige Unälcation scheint die
Regining ihren ideellen Ausgangspunct dort gewonnen zu haben, wo
sie ihre ersten vorsichtigen Schritte für die Neugestaltung der Staats-
archive einselzto, 7.11 Florenz nämlich, ihrer dnmaH{?en Residenz, und
zugleich der Conlralo der loscanischcn, von dem hab.sburgiscli-Iotlirin-
f/ischen Hause begrüntlelen Arcliivleilung. Da«s uns in dem Gesetze
von 1>S7,5 so Manches bege^met, was an das luifer Bonaini's Leitun^r
berümle toscanisclie Staats- und Centralarcliiv erinnert, ist wol nicht
Zufallssache, sondern weist auf die geistige Quelle und Fürung der
Reorganisationsbewegung allem Anscheine nach zaröck. Freilich
dOrfoi wir nicht Terschwdgen, dass nidit in Toscana aOem die zum
Einheitsregimente gelangte sardische Regirung ein (formell wenigstens)
wol constituirtes Archivwesen vorfknd, sondern dass diess auch in
Neapel der Fall war. Nach dem was uns vorliegt '), hatte man da-
selbst tüchtig, und in weit früherer Zeit als in Toscana, an der
systematischen Regelung des Archivwosens gearbeitet, und nicht Min-
fleres lässt sich vom Centraiarchive zu Venedig sagen Aber dass
an einzelnen Orten, in einzelnen Staaten Italiens bereits vor 1870
trtM1li(lie Archivsinstitulionen bestanden, behob den gemeinsam an-
klebenden Manpel der Einheit in Leitimg und Streben nicht.
Diess war übrigens ein Moment, welches italische Gelehrte und
Archivare durchdrang, lange ehe der Gedanke der politischen Eini-
gung seine Verwirklichung gefunden und somit für jenes die reelle
Basis geformt hatte. Bevor es zu Letzterer gd[mnmen, strebten sie,
wie in Lombardo-Venetien , die Verwirklichung der Pflege und der
Einheit in derselben fiOr die Einzelstaaten nach dem Huster Toscanas
an. Und umsomehr ergab sich dazu der Anlass, als ja selbst die
Regirung zu Wien (1857) in Florenz um Mitteilung der Grundzfige
*) »ievfaiwdoiie poiiliv» degli Aichivj dd Regno^ eontenente la legge orguüe»
del 12 X(»vviiibre 1818, e pli anllo^;si if'<r(»l:inienti coii tntti i mii'-tMutivi reali
dwreli eoc. nifcolli rlal inarrli. Angelo Graiiito . . . sopniiiitendent«' gfiierale
degU Arcliivi iM Regiiu.« Neapel 1856, 8". Vgl. auch Trinchm: »Degli Archivii
napolitaDi,« 1873. pp. 121 n. ff., 907.
*) »II Repio Arcliivio GeiHT;iIo Hi Vt^ipzia,« Venedig, 1873, 8*. tlaiin Toderini
und Ocolietti : >Ii*An liivig di Sl.itn in Voiiozia ncl DiTonnio 1666— 7.'»,« Vene<15e.
1876 , 8*, worin naimiitürh »li<* Litpratur in dankenswerter Wfise voll.ständiK
gegeben ist.
Die neue:»te Oi-ganisaÜou der Staatsarchive in Italie».
177
der Ordnung des dortigen Cenlralarehives ersucht hülle. Eine leb-
hafte Htorarische Bewegung begann von da ab in Archivsdingen sich
bemerkbar zu aiaeben; Beschreibungen, Auszäge, Fingerzeige und
allgemeine Vorschläge, sftmmtHch gen&hrt ▼on dem neu erwachten Eifer
für geschichtliche Studien und wieder diesen bebend und nährend,
drängten sich fOrmlicb sowol in selbstständigen Publicationen als ia
Zeitschriften, und sie gewannen in ihren Ideen immer breit^e
Grundlage, je mehr sich der politisrho Rinigungsact Italiens vollzog.
Unter den Autoren, welche ihre Ansichten mehr minder aus-
förlich und bei wachsenden VerhäUnissen mit steigender Berück-
sichtigung des allgemeinen italischen Archivwesens darlegten, nennen
wir Böhmer'), Gloria *), Trinchora Bonaini Cechetti Gar ^
und Silvestri "), und diese nur bis ISIO. In den wissenscliafllichen
Zielen eins , weiclien sie nach gewissen Seiten der Systematik von
einander wol ab — wie diess in einem Concerte zwischen Gelehrten
leicht begreiflich — im Ganzen aber ergibt sich aus Ihren Werken doch
die Stimme der Lage. Von ihr konnte die Regirung als einer vor-
arbeitenden Ratgeberin Gd>rauch machen, wenn sie die Zeit der
Angrifihame der Archivsorganisation für gekommen hielt.
Das war 1870 der Fall; denn dass die Regirung bereits 3 Jahre
vorher Bonaini und Gar zur Formulirung eines organischen Statutes
für alle Tom Unterrichtsministerium abhängigen Archive ein-
geladen, ist nur ein Teilsclirilt, der weder «ne durchgreifende Ten-
denz, noch auch Folgen halle.
In diesem letztein Satze wird man auch einen der Uebelstände
im italischen An liivwcscn nngedentet fülen: es ist jener, dass die
verschiedeneu Staatsarchive, ohne besondere Rücksicht auf die Res-
^ *Opuseoli drcft all* ordinäre gli Arebivj, e «peeialmente queUi di Firenw,«
1865 (ilatirt von 1850 und wurde e»t 16 Jabre ipftter von Bonaini mit einer
Vorteile verselif'ii pulilicirl).
»Feiisieri intoruu a uu iniglior reyolaiucnlo degli Arcliivj ilclle Veuete
proTinde.« Padoa, 1868.
*) »Pn^etto di un ordinamento goneralf dv^W Archivj d'Haliat-^ NVapoI, 18GC.
»Di aicune i>riii(i|iali (|u*^stioni siitrli Arcliivi Ilali.iiii,« Luccn. 18G7.
»AIcuni pensieri sugU Archivii, e üella «lispeudenza dcgii Archivj di Slalo,<
Venedig, 1869.
•) »SugU Aichivj di Stato.« Venedig, 1889.
»Sullo statu e siilla rifortna della legislaiione dd poblici Ardiivj in Italia,c
Palermo, 1870 (Riviata Sicula).
AfeblTftUache XeUiehrlft I. 12
178
Zahu:
sorts, welche sie vertraten, verschiedenen Ministerien unterstanden.
Daran schliesst sich auch, dass es an manchen Orten grosse Mengen
wirlcHcher Staatsarchivallen gab, welche bei UnterbehGrden und so-
mit ausser allem organischen Ärchivverbande lagerten. Dergleichen
uns nicht geläufige Unterordnungen haben sich in England wol mehr-
fach erhalten; bei Neubildungen, wie im modernen Italien, wirken
sie, wenn man den Beweggrund nicht kennt, befremdend. Es fällt
uns z. B. auf, dass sogenannte Satole tecniche (Oberrealschulen)
dem ITandelsniini^terium in Oberleitung zugewiesen sind; ähnliriie
Veranlassunfren nioclilcii alter vielleicht auch bestehen, als man »lern
Ministerium des Innern die Slaatsarchivi- von Turin, Mailand,
(Jenua, Cagliari, Brescia, Modena, Parma und Palermo (von 1870
ab auch Jene von Horn), dem für Unterricht die von Neapel mit
Montetassino und Lacava, Florenz, Venedig, Siena, Lucca, Pisa und
Mantua, dem der Finanzen nur die Fibanzarchive von Turin
und Mailand und dem fär Gul tus und Justiz sämmtliche Notariats-
archive, das Obergerichtsarchiv von Bologna und die Jrdthj dei
eotUraUi von Florenz, Siena und Lucca unterordnete Man begreift,
dass dieses Wirrsal im hierarchischen Gewebe dem Tngesgeschäfle
im öffentlichen Dienste nicht förderlich sein konnte, noch mehr aber,
dass Einheit für die Bewarung, Leitung, Bearbeitung, Verwaltung
und Fortbildung der Staatsarchive unter so gelegentlich gewälten
fiesichtspuncten der Unterordnung gar nicht möglich war, — die
Frage des Arcliivsiechtes des Staates gegenüber den Provinzen, Ge-
meinden und Körjii rsrimften unbes|)rochen.
Das Fülbare solcher Missstände im Bunde mit dem eigenen
Gefüle des Wertes der Archivalien für die Geschi» lite Italiens und
Europas, den fiberdies so viele patriotische und wissenschaftlich be-
deutende Männer der eigenen Nation dargelegt und andere aus der
Fremde gewfirdiget hatten, bewog die Minister des Innern und des
Unterrichtes 1870 eine Enqu^ecommission einzuberufen, der sie zwdlf
') ScIjoii 18G5 klagte ili»- nml^-f tcdiiuiiissioii des Pailaiii.-ntt's üImt (tie*e Zer-
spliltfrunp. Nodi t iii;:etieinler lautet der nu<iKftl»prirlit von 18r.<> (('.ccclietti : «di
aicune principali qaeslioni^ u. s. w. p. 28). Die Minister waren betreffs der Zu-
weisung geteilter Meinung: Ratasri stimmte (ttr das Ministerium des Innern,
INruzzi filr das Grosssigelbewanuit, Mamiani fBr das Unterrichtsministerium;
Andere wollten Iiistot isrhc und adminktrative Arrliive schaffen, und jene der
letzt-, diese der erstgenannten Zentralstelle Oberweisen (Cecclielti 1- c. 29).
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IM« ntonta Orfuiration der Staatsarchive in Italien.
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Fragen zur Beantwortung vorlegten Da .-;chon dio or-to derselben
betonte, ob da^ Interesse der Wlssensdiaft. des öttentlichon Interesses
und des privaten Bedarfes die Vereinijrung der Staatsareliive unter
Feinem Ministerium räihlicli ersciieinen lass*'? — >n zeigt sieh, dass
die Angelegenheit in der nuii[tt>;aehe auf eine Differenz der An-
schauungen der zwei Minister hinauslief, deren Jeder für sich aus
dem Gutachten der Commission eine Stütze fQr seine Anschauungen
hl der Sache zu gewinnen erwartete. Mit dieser Frage fost sich
deckend ist die zweite, betreffend die Scheidung der Staatsarchive
in historische und admuiistrative, und deren ministerielle Zutheilung.
Von dermaleB noch alisteigendeni Belange waren die Fragen fiher
die Provineialarchive, das Aufsichtsrecht des Staates fiber Kdrper-
schaftsarchive, Zusammenlegung von Archiven , Einhdtsstatuten,
Normen für Benützung und Herausgabe von Documenten. Taxen,
das Personale, und endlich über die Abtretung der Ivotariats-
archive.
Die ( Ininuiission ging ausfnlirlieh in die Beantwortung ein und
Itgte zugleich einen topographischen Entwurf vor. der Italien in
52 Archivsdirectorate gliederte, darin neun Insjxi toratf mit der
Oberaufsicht bekleidet wären, und dem ein organisches Statut in
34 Paragraphen sich anschloss.
Blit Einhelliglceit sprach sie sich aus, dass die Verteilung der
Archive an verschiedene Ministerien eine dauernde Berechtigung nicht
habe, und dass das Staatsarchivwesen Italiens nur Einem Ministerium
unterordnet sein solle. In der Erörterung des Punctes, ob eine
Trennung der Archive in historische und administrathre rätHch, ge-
langte sie ganz richtig dahin, diese Nomendatur als unpassend zu
bezeichnen, und empfahl dafür jene von ^,parte atitica" und „mo-
derun", was unseren Untersehietlcn zwischen Arrhiv und Registratur
annähernd entsprechen würde, Die.^o Begriltstestsfellung erleichterte
auch der Mehrheit der Commission unbedingt für das Ministerium
des Innern als jene Zentralstelle, welcher die Oberleitung des Staats-
archivwesens anvertraut werden sollte, sich zu entscheiden. Da
■) Deeret vom l(k Ittn 1870; Mitglieder der CSommisrion waren der Staats-
niiiiirfter Graf (lihrario. .lie Senatoren Ca>-tplli und Graf Pallien, Bonaitti, Ganestrini
und Guasti (Florenz), Gar (Venedig), Osio (Mailand), Trincliera (Neapel) urd
Runchini (Parma).
") Aus Gesimdbeitaraeltriehten waren Bonaini und Ronchini hei der Bericht-
ledaction nicht beteiligt. Ersterer trilte zwar gans den Ideengang der Commission
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Zabn:
ferner die CSommiaskMi das in Neapel und Toscana bestehende In-
stitut der Inspectorate (Sovrintendenze) als praktisch 'bewährt er^
kannte, sprach sie sich auch g^n die Beibehaltung der von d^
piemontesiscben Hierarchie in's italische Ministerium des hnem Oher^
nommenen »Generatdirection der Staatsarchive« aus, und sollten die
Ihspectoren directen Verkehr mit dem Ministerium haben. Als Pro-
vincialarchive wollte sie nur die Actensammlungen der Pro\ in ial-
räte (Consigli e Deputazioni provinciali) angesehen wi=;?pn, und die
•:tädli>cln'n ndor (Tomeindearrhivo der Vonvaltung der botreirenilen
Körper>i lianc'n anlieitnpropobon . nicht aber ohno auf deren Kichlig-
stelliing, Bewarunpf nnd Fortbildung: durch die IVäfeeten im Ver-
eine mit den Inspectoren einen woidtidigen Einlluss zu nehmen.
In letzlerem t*uncte wünschte sie ofFenbar die Zwecke liir Dienst
und Wissenschaft mit den Postulaten der Gemeindeautononüe zu
vereinen, die Geroeindearchive nicht ausser Acht zu lassen, und doch
wieder sie nicht in französischer Weise zu bevormunden. Dagegen
sollte die freiwillige Einkörperung der Gemeinde- m Staatsarchive
alle Förderung haben. Von Umsicht zeigt namentlich auch jener
Teil des Berichtes, der Aber den Handel mit Pergamenten und
Papieren, über die Notwendigkeit des Ruckkaufes derselben, dann
über die Ergänzung der Archive aus den TTand?chriflensammlungen
der Bibliotheken spricht. BelrelTs der Notariatsarchive wünscht er,
verdeckt zwar, doch kennbar genug, die Vereinigung des älteren
Materiales (vom 12. bis 16. Jahrhundert) mit den St;ud-;;irrhiven,
doch betont er nur die Notwendigkeit der Zugilnglichinaciinng dieses,
lehnt weiteres Eingehen auf Grund der ('.nmj>etenz eines dritten
Ministeriums ab und slclll die Entscheidung dem schon damals er-
warteten Notariatsgesetze anheim. Von dem Entwürfe des organischen
Statutes, welchen d^ Bericht in seiner Bdktge G Inringt, sehen wir
ab; zum Teile kehrt er im Archivgesetze von 1875 wieder, und
anderseits fürte seine Emflechtung hier uns zu sehr in*s Detail.
Dagegen legt er entsprechendes Gewicht auf den diplomatisch-archi-
vistischen Unterricht, der an jedem Inspectoratsarchive erteilt werden,
und den Ans! alten den notwendigen vorgebikleten Personalwuchs
sichern sollte %
hielt aber betreffs des UnterriebtsmiitisteriunM als Obwleibing seine Mhere An-
flicht fest.
'1 Der Bmrht prsohipn 1871, mit <l>'iii Patnm 13. April lft70, Mnl<>r flm
Titel: >$ul Kionlinamento degli Archivi di Stato. Helaziun«> della Üon[itnis.sione
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Die neueste Organisation der Staatsarchive in Italien.
161
Mit Ausnanu- w t nr^'i r l'iim t».'. uoklie die der Cloiniiii.ssiuM vor-
gelegten Fragen betüiiteii, hatte ilie-sellx- mit Tact iirul Verstäii(ini>s
sich in Ein/.elheiten nicht eingelassen. Es niussfen zuerst })rinci|iielle
Entscheidungen gewonnen werden; ohnehin hatten diese noch um
den Boden zu ringen, und wie konnte manches Detail, der Gommission
sehr nahegehend, wie z. B. die Gontrole der Gemeindearchive, in
setner dem fiedürfbiae angepassten correcten Fasstmg bei den VoUcs-
männern des Parlamentes Anstoea erregen und dem ganzen Werke
Gefor bringen ! Auf alle Falle hatte die Regining, was sie wollte
und brauchte: gereiftes Urteil in der obschwebaiden Differenz imd
Fingerzeige für die Entwickelimg des Positiven, wenn Erstere ge-
löst worden.
Rasch, und namentlich im Sinne der Comniissionsarheiten er-
folgte aber die Verwertinig (li'r>elb('ii keineswegs. Es kamen bald
nach ilirem Si hiusso (he 'l'ap- von Mom und die letzten Annexionen
— Tiiat-ai heil, welche durch ihre polilische Tragweite unil den Zu-
wachs aut uri hivistischem Gebiete die Lösung der sciivvebenden
Frage begreiflich leicht stauen konnten. Aber in den Winterver-
handhingen des Senates zeigte sich, dass der Unterriehtsminteter
Gorrenti das Votum der Gommission kemeswegs für so rOcksichtswert
ansah, als es warsdieinlich der Fall gewesen wflre, wenn es anders
gelautet hfitte. Sein von mehreren Seiten unterstfitzter Widerstand
gegen die Unterordnimg der Staatsarchive untor das Ministerium
des Innern brachte es, wo! im Vereine mit anderen l'ni>tänilen,
abermals dahin, dass eine Pause eintrat und der Bericht der Com-
mission als »wertvolles Materiale« für koqnmendo Tage aufgespart
wurde. Demungeai htet wurde durchgesetzt , dass man die bislier
bestandene »Geneialdirection der Staalsaniiive« Ix'im Ministerium
des Innern aut Hess, und dem Letzteren zu den Archiven seiner Olier-
leitung noch die Finan/.archive von Mailand und Turin, das Ki iegs-
archiv des Königreiclies Sardinien, das Archiv der (verstorbenen)
Notare von Palentio und endlidi das Staatsaidiiv von Rom einver-
leibte. Ohne in die Motive dieser m sich verschiedenen Vorgangs-
welse einzugehen, liegt es doch nahe zu bemerken, dass dmvh die-
selben Factoren, welche den Knoten nicht duichhauen wollten, in
die Wagachale des Ministeriums des Innern so viel gelegt wurde,
institnita dai Ministri dell' Interno e della PultbKca Istnuüone oon Deereto de*
16 MaRO 1870,€ Florenx, 8*.
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Zahn:
dass schliesslich das natörliche Uebergewicht der Einlage an sich
schon den Ausschlag gelten konnte.
Uebor die Actionstendenzen des nächsten Jahres liegen ofBcielle
DoGum«ite nicht vor. Auf kein^ Fall aber war man im italischen
Unterricht^niinisteriinn iiiüssig, die Ueberzeugung, dieses all^n habe
sacliiich mit den Archiven die wesentlichste inneve Ffllung und den
Beruf lür die Enlwickelung derselben zu sorgen, beweiskräftig vor
Augen zu legen. Indessen rncxliten wol nicht zu V'iele an das
Beweismittel, das gewält wurde, gedacht, und als es ins Lel)en
trat, nur Wenige an seine ausreichende Wirkungsfahigkeit geglaubt
haben.
Der Unterrichtstninister leitete nämlich die Errichtung einer
»Gentraloonuniaakm zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und.
historischen Denkmalec (Giunta consultiva di storia, areheologia, e
paleografia) ein, und ein königliches Decret vom 4. Jänner 1872
sanctionirte dieselbe. Diese (Kommission hatte für Kunst-, archäolo-
gische und Schriftdenkmale beratend zu sorgen, und §§ 3 und 6
deßmren als ihre Mitaufgabe, über bessere Ordnung der geachieht-
liehen Archive Vorschläge zu erstatten.
Heule gehört dieses DecM-et mit den darin für das Archivswesen
enthaltenen Aiisktinn.smilteln zu den ülxjrwundenen Standpuncten.
Für uns ist Zweierlei daran von Interesse: nicht allein nümlifh, dass
das Ministerium seinen hierarchischen Standpnnct , sondern dass es
auch die von der Enquete-Gommission von 1870 widerratene Glide-
rung in historische und administrative Archive festhielt, endlich dass
es die Notwendigkeit der. Besserung zwar obenan stellte, und den-
noch eine Realisirung derselben anf solchem Nebenwege erwartete.
Als ob, von diesem Idealismus abgesehen, nur dem Unterrichts-
Ministerium Archive mit sogenannten »historischen« Abteilungen
unterständen, und sich au( h nur um diese die brennende Frage
drehte ! In zweiler Reihe fallt jedoch auf^ dass dieser unvoillcommene
Schritt Gorrenti's in Oesterreich bis zu gewissem Grade Xachahmungr
fand. Hier nämlich lieslehl schon seit mehr als 2ü Jahren eine
»Centralconniiission« obigen Titels, welche bis 18T8 wesentlich auf
Baulichkeiten ihre ungemein verdienstvolle Thätigkeit beschränkte,
seit genanntem Jahre aber gelegentlich einer (ad liot ?) vorgenommenen
Reorganisation eine Section für Schrifldenkmale, re.sp. Archivswesen
sieh beigesellle. Glaubte man bn Kaiserstaate, dass die staatliche
Basis und die Vorbedingungen des Vorgehens ganz die gleichen seien
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Die neueste Orgaiikation der SUataarehive in Italien.
183
wie in Italien V Mtitit man etwa heule, das* der EnlwicklungsgaDf
der Din'fTe ilort dt-rseUx? werden nuis;se, wie er liier gewesen?
Sonnt stand im Jahr 1873 die Areliivangi'le;j:inheit in Italien
noch immer mit dem Charakter einer Personailragi- da. Dass
im Parlamente selbst Stimmen laut wurden, welche die Enquele-
Gommission von 1870 in ihrem Votum betreffe der Cardinalpuncte
als eine sduecterichterliche hinstellteii, deutet an, dass den Schritt
Gonrentrs allgemeine Zustimmung nicht begleitete. Und wie derartig
zugespitzte Dinge denn in der Regel zu fallen pflegen, so kam es
auch hier. Beim Wechsel der Minister musste endlich die eine oder
andere Seite oben auf kommen. Der neue Minister des Innern,
Gantelli, übernam die Traditionen seines Vorgangers; CSorrenti trat
ab und sein Nachfolger hatte leichter rein sachlich zu entscheiden,
denn es war elx-n Cantelli, der auch das Portefeuille des Unter-
richt sn) i n is t e r 1 11 M 1 s (Vi rt e .
Nun erlulgti ii dit." Kiits( lilicssungfii ziemlich rasch und gedrängt.
Das Jahr 1874 braclite nicht weniger als zehn das delinitive Archiv-
gesetz vorbereitende Decrete und Erlasse.
Der Molivenbericht des ersten derselben (vom 5. März) stellt
als Ziel der allgemeinen reconstniirend«! Bewegung die der Wissen-
schaft und dem Öffentlichen Dienste besser angepasste Stellung der
Archive hin, geplant im Interesse des Staates und der Archiv-
beamten, als eines besonderen Standes im Gesammtkörper der öffent-
lichen Diener. Sämmtliehe Staatsarchive sollten vom 1. April 1874
ab dem Ministerium des Innern unterordnet sein.
£in weiteres Decret (vom 26. März) ordnet die Ausdehnung der
bisher in Neapel und Tosrana allein bestandenen und daselbst be-
wärten Archivin spectorate über das ganze Reich an. Im selben
Geiste jedoch, der die Beseitigung der (ieiieraiarchivdirection heischte
und durch die Arlx'iten und den uinnittelbaren (^ontact der Inspec-
torate mit der Cenfralstelle iieilsiunere, sicherere und schnellere Er-
folge zu erzieltii höhte, sehlug die Uegirung zugleich die Einsetzung
eines Arcbivrates vor. Eben wegen der Eigenart des Dienstes,
der speciellen Schulung und Sonderstellung der Archivbeamten,
wollte sie sich die geistige Mithilfe eines Kreises von erfarenen MÄnnem
in Kern- und gdqpenheitlichen Fragen sichern, wdl eben diese An-
gelegenheiten nicht nach dem gewOnlichen Massstabe der Fordenmgen
und Leistungen im Staatsdienste gemessen werden, und Einzelver-
fügungen selbstständiger Gewalten leicht fehlgreifen, ja die schwer
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Zübii:
genug an's Lkhi. gLlicltneii Schöplung schädigen könnten. Die Voll-
machten dieses Rates sind weitgehend, obgleich die Geneinigung
seiner Anträge stets dem Minister vorbehalten ist. Er besteht aas
neun Mitgliedern^ die nicht sozosagen »Ardüvsv^wandte« sind, aber
durch ihre Kenntnisse und ihr sachliches Interesse die Wal legiti-
mireUf welche auf Vorschlag der Minister des Innern und für Unter-
richt vom Könige voll/ogon wird. Der Secretär des Archivrates
ist jeweilig der Director jener Abteilung im Rlinislerium des Innern»
welcher der Archivdienst zugewiesen U\ (Divisione 6). Die Dien.-te=-
loistung der Mil;?lider ist un('nl}reldlicli , doch sind den ausserhalb
Rom Wononden Reisrenlschüdifjun^'en zufjosichert. Ihr«' Comitotenz
erstreckt .sicii auf d\c Forinulirun;: und Erläul« run": der ort;aiii>chen
Statute und Xui nialien , die Keststeliunjz der all^a'meinen Ordnung;
der Archive und den Dienst an denselben , ilie Formen der Ord-
nungsarbeiten und tier archivistisclien Publicationen, der Zulassung.—
und Vorruckungsprüfungen der Beamten, die Bntscbädung des
Avancements nach Verdienst u. s. w. Als erste Arbeiten war dem
Archivrate aufgetragen, Grundztige für seine eigene Geschäftsord-
nung fOr Normirung, Classification und Bedingungen des Archiv-
personales, t&e innere Dlsciplin und den öffentlichen Dienst, für
paläographische oder Archivschulen und Prüfungen, für Einhdts-
taxen, für Uebemame von Materialien in die Archive und für Scar-
tirungcn aufgetragen — durchaus Punete, dei en Erörterung die Re-
gininp' hei Schöpfung des definitiven Archivgesetzes zu verwerten
gedachte '^).
Von den erwänlen Decreten orgaiiisirt jenes vom 31- -^hu die
I n ? per t or a t > bezi r ke. Hei- Aniiivrat, welcher an dessen For-
iiiulirung l>ereils mitwirkte, liat verständiger Weise die Inspeelorale
nicht an bestimmte Städte Ijintlen wollen, sondern jeweilig dem tüch-
tigsten Director eines Archivbezirkes den Inspectorsposten zudenken.
Daher erfolgte auch die Benennung der Inspectorate nicht nadi
Städten, sondern nach Provinzen. Solcher sind 10: jenes von Pie-
mont (mit Staatsarchivdirectionen zu Alessandria, Guneo, Novara
*) OeiHMnit.'1'l mit Miiii«lerialerlas? vorn 3U. April 1S74.
*) Der erste, mit königlicliem Decrcle vom 7. April 1874 in's Lelit-ii gerufene
ArehiTTat fürt den Senator Amari als PrSsidenten, die Senatoren Caatelli,
Lnmiiorticn, Tabarrini uml Vannucci, dann Gormiti, Villari. Porro^Lambertenglii
und Abbale Tosti a.h Häte auf.
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Die neueste Organisatiun der Staatsarchive in Italien. 185
und Turin), von i>i^Mn it ii (mit Genua nnd I'oito Mauri/io). <Um-
Loin ba i d if' (iiiil I)fr;_Miii(i, Brestia, Conio, Creiiiüna, Mailaiiti.Manliia.
I'avia und Sondriu), Vi-neliens (mit Bolluno, Padua. Huvipo. Tiv-
viso, Udine, Venedig, Verona und V^icenza), der Euiilia (niil Bo-
logna, Ferrara, Forli, Modena, Parma, Piacenza, Havenna u. Reggio),
von Toscana (mit Arezzo, Florenz, Grosseto, Livomo, Lucca, Massa,
Pisa und Siena), von Rom (mit Anoona, Ascoli, Macerata, Perugia,
Pesaro und Rom), von Neapel (mit AquHa, AveUino, Bari, Bene*
Tent, Gampobasso, Gaaerta, Gatanzaro, Ghiett, Gosenza, Foggia, Lecce,
Neapel, Potenza, Reggio, Salemo und Teramo), von Sicilien (mit
Caltanisetta, Catania, Girgenli, Messina, Palermo, Syrakus und Tra-
pani) und von Sardinien (mit Cagllari und Sassari). Das <,Mössle
Inspectorat ist das neapolitanische mit 16. die kli-insten sind das
ligurische und sardinischo mit je zwei Slaatsanhivdirectionen. Nur
ist mit dieser Einteiluntr das ^mu/c neue Gebäutle fix uiiil ferlijr
hlos ge[)lant; thatsAchlich bestehen heute erst an etwa 17 der
genannten Orte Staatsarchive und an weiteren 15 (im Xt apolitani-
schen) wo) Archive, allein die staatliche Zugehörigkeit derselixii ist
wegen deren bisheriger Abhängigkeit von äsn ProvincialcoUegidn
(Landschaften) noch nicht geordnet. Somit, ist im Grossen und
Ganzen erst das Gadre gegeben, welches allmälig zu ergänzen sein
wird.
Die Erörterung der einzdnen tmd in das organische Statut ein-
schlagenden und dort ausfürlicher reprodueirten Bestimmungen Aber
das r\isonale, die Schulen u. s. w. auf die Besprechung jenes ver-
schiebend, wollen wir hier nur eines Grundgedankens im Decrete
vom 26. Mär/, erwänen, di'r uns sehr rücksichtsvoll erscheint, eine
Gesinnung, die ifraktisdi und warm auch im betrelVciulcn .Motiven-
berichte sich p]tie^'('lt. »Die Archivbeamlen jedes Ins|>ectorales.c
sagt § 0, »Ijüden einen Separatstatus tTir sich;« und g 10: xDn-
Anhivbeamten des einen hisjHctorates können nicht ausserhalb
ihrer Archivprovinz, und innerhalb derselben nur aus Dienstes- oder
DIsciplinaiTÜcksicbten nach Einholung des Gutachtens des Archiv-
fates versetzt werdra. Jede VorrQckung, auch zimi Posten eines
bspectors, bringt nicht auch Versetzung von dem finlhoen Orte
mit sich ').< Da § 8 die Bewerbung als eine der Vorrfidcungs-
^ »Cogli uffltiali compresi nel territorio di una Sovrintendenza si forma per
1f promorioni di merito e di anzianitii un solo ruolo sepanto da quello di ogni
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186
Zaim:
Ix'dingungeii eikläit, ~o ist natürlich dfi" Sta^Miation ilurcli Hiiuleiung-
der freiwilligen Versetzungen soweit möglich vorgebaut. Die Motive
des Ctrundgedankens diesor Einriehtung drückt der Minister ungefar
so aus, dass er sidi auf doi verschiedenen Gai^ der Geschichte in
den verschiedenen italienischen Lflndem beruft, den gleicher Weise
auch die Acten der Archive repHlsentiren; desshalb hätten die Arbeiten
an diesen unter sich verschiedene Substrate, und setzten nicht minder
ver^cliiedone Slndifn voraus; die Theorie allein fronüge für einen
guten Archivar iii< Iii . es müsse dersolhc am Ii oin tüchtiger Praktiker
cfin. eingeweiht in die Specialf,'es( hidite der Provinz und in die
Ei!-''Mart deren Anliivhestände , und denuiacii die erste locale Wal
Seiten.- des Beamten, siItu- Ifingeif Piaxis auf ilem einen Boden,
vereint mit seiner Li«'l)i' zu dt iii-<ell)en, seint-r Kenntnis? dessen Ge-
schichte, Bräuchr und Dialekte niassgeljend bleiben für dauernde
örtliche Verwendung. — In der That kann es auch nicht leicht eine
grossere Verschiedenheit der Materialien geb^, als z. B. in den Ar-
chiven von Venedig einer- und von Neapd andersdts, und der an
dem einen Orte Eingeschulte arbdtet an dem anderen schwer und
mit woiig^ Eifer als in semer engeren Heimat Namentlidi aber
für das wissenschaftliche Zusammenwirken scheint die möglichste
Durchdringung des Individuums von der Luft des stationären Ge-
bietes <'nt-;(hiodcii forderlich.
Die libri^'cii auf die Reorganisation bezüglichen Erlässe (vom
u. ?!». Aug., 1. Sept. u, 1. Oct.) betreffen die Recherchen durch
die Insjif» torcn, die Präft-cte, die Finanzintcndanteti und k. Procura-
loren bei den Gerichtshöfen nach Materialien . welche iiocli nicht
einem der Staatsarchive einverleibt bei den verschiedenen kgl. Aem-
tem hinterlegt wären, dnsdilinsUch der äberhaupt bei diesen vor-
handenen Acten.
Das letzte der Decrete endlich (vom 22. Oct.) verfügt die Er-
richtung eines Staatsarchives zu Bologna, vorwaltend aus den längst
schon verfugbaren Mengen des ,fArekmo ie^ aiU ehili e crminalif*,
des „Archivio dd reggimento" und „tlitnanieU«^ daselbst, f&r welche
altra Soviintendtfuza. — (ili ultiziali d'arcliivio nun vengoito IrasUicaü fuori del
territ«fio della profnia Sovrintendema. e nel territorio della medcaiina sono
traslocati ^lamente per motivi di serviKio, e dl disriplina. udito U oonsi^io per
arctiivi. Lp promozioiii non importano cambio di resideiuw, neppun» per la
nurniiia <ü Sovrinlendent«.«
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Die neueste Organisation cler StaatMirchive in Italien.
187
Schojifnn^' die Stadt Ijolo^'na >ell)>t bereits Manches vorfrearbeilet
und die sie jetzt au.-pithip m unterstützen versproelicn hatte.
Wir haben nun vor uns tlas e i e n 1 1 i e Ii e A r eh i v <: e s e t 7.
vom 27. Mai I8TÖ, in Krall seit 1. Juni dcss. Jahres. Ks l)ildet
den Abschluss für die früheren vorbereitenden Massnamen, und als
Grnndgesetz den Boden d«r sachUchen und gesunden Entwickelung
des StaatsarchiTswesens in Itaifen. Interesse gew&rt es natOrlich
immerfain, diese Basis Icennen zu lernen; unzweifelhaft h< sie mandi
Neues und viel Gutes in sich. Noch mehr hätte es jedoch interessirt,
die Nonnen der Bearbeitung der Archive zu kennen, welche der
Archi^Tat einzuführen gedenkt. Bis jetzt scheinen dieselben aber
noch nicht festgestellt; denn unseres Wissens ist nach diesem orga-
nischen Statute nur mehr ein Reglement, den innern Dienst be-
treffend (vom 10. JiHii 187()), vcriantbart worden '). Freilich sind
eben diesie \ormen am schwierifrston zu gestalten; allein sicherlich
könnte man aucii am meisten (hd)ei leinen.
Das organisclie Statut oder eigentliche Archivgesetz beruht in
den Puneten betreffs des Personales und der persönlichen (lompe-
tenzen auf den Grundzugen, welche das kgl. Decret vom 26. März
1874 ansspricht und deren oben gedacht worden ist. Es behandelt
in 79 Paragraphen die verschiedenen Arten der Staatsarchive, ihren
Inhalt, dessen Gliderung und ö£fientlichen und reservirten Charakter,
ihre Ei^nzung aus den Registraturen, aus privaten Besitze und
Bibliolheken, ihre Inventare, bidices und Repertoricn, ihr Personale,
dessen Auftiame, Prüfungen oder Vorruckungen, ihre Schulen, den
inneren IKenst, die Benützung und die Taxen daflSr, endlich die
Seartirungen.
N.ich diesem Gesetze giebt es in Italien centrale und nicht cen-
trale Staatsarchive (§§ 1—3). Die ersteren sind jene, welche die
Arten der (lentralstellen, entweder des Reiches in sich aufnemen —
also das Rei eh s a rc h i v — o<ler die Docnmt nir der (lentralstellen
jener Staaten aufbewaren, aus denen das Königreich Italien sich
herausgebildet hat. Diese heissen Centraiarchive. Hinsichtlich
der Bildung des Reicbsarehives ist bis jetzt noch nichts verfügt,
') \ch l)f'nrit7P «lif-^«' Uflecf-nlifit iiiii Herrn dnv. B. (^crfiotti. t)irertor des
Centralarchives zu Ver.»'ilig uiul hispector der venetischeu Archive, ineinen ge-
bärenden Dank IQr die reiebliche und stets geftttige Bristelinng des hier in
Besprrabung gekommenen legislatorischen Materiales ansaadrOeken.
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18Ö
Zahn:
doch erwartet man, dass iniu'rhalb dieses Jalues die iiötliigen Trans-
locationen von Florenz nach Roiu stattfinden werden. Gentraiarchive
sind dermalen sni Turin, Genua, Mailand, V^edig, Paima, Florenz,
Rom, Neapel, Palermo und Cagliari. Von ihnen hängen die nicht
centralen Staatsarchive ab, deren Bezeichnung das Gesetz nicht an-
setzt, die aber wahrscheinlich »Provincial-Staatsarchive«
genannt weiden dürften. Sie haben die Actenstücke der betreffenden
Provinzbehörden, welrlie ilt ttn:ilt'ii nocli bei diesen eingelagert sind,
die Arrhive der aufgehobenen Klosb r der F'rovinz und endlicli
jene Docuniento auf/.unomen , weklie früher bei verscliiedenen Ver-
aidassiin^'on an die Ci iitialarcliive i:elaiifj:l waien und systeiiuilisch
be.s>er diesen torriturialen Saninielaii.slalteii zn^'ewiesen sind. .Si)lrlie
Pruvitieial-^^taatsarchive iK'stelieii «lernialen nur /.u lire.scia, MauUia,
Bologna, M(xiena, Lucca, Pisa und Siena. Denn die neapolitanischen
ProvindalarchlTe tragen nicht den r^n staatlichen Gharaktw, scm-
dem hängen von den »Provinzenc — wir würden sagen »Ständen«
oder »Landschaften«, in Italien heissen sie ColUgßt Consigljf Deputa-
zimi oder Oiunte prtmneiaU — ab bi Bezidiung auf diese Classe
von Archiven bleibt also da* R^nmg noch sehr viel zu thun übrig :
Klärung des Verhältnisses, namentlich bezüglich der Erhalt ungsbei-
träge, im Neapolitanischen, Errichtung neuer Provineialarchive (§ TG),
und Aus«.^inandersetzung mit den Municipicn und Museen, welche
bisher als HeUungs|)lrdze für Arclüvalien dienten, die jetzt als Staats-
eigenlbuiii erklärt sind.
Dill lull alt dieser Art iiive bilden alle Acten des freien Eigens
des Staates, weh iie nadi juridisclieiii oder diplomatischem Begi ilVe
den Charakter öfTentlicher oder privater Docuniente haben (§ 4).
Nach § 72 ist aber die Deponining daselbst von Archivea oder Aden
der Provincialrftte, der Gemeinden oder moralischen Körperschaften,
und von Privaten oder Familien keineswegs ausgeschlossen, sondern
den betteffienden Darleihern sogar manche Erleichterung der sonst
nicht kostenfreien, Benützung der Archive in Aussicht gestellt*).
') Dir Fravr»' , wii' -^icli iN-r Staut ^'o^MMifilif r dfii Malerialeii aufgoholH-ii«*r
KKister und (Jriit'n vi i liallen wird, weUiie er — namciUlicb iiacli 1866 und nach-
weisbar in Venclifu — auä den Finanzurchiven älädlischen Museen oder der
stidtiscben Venraltnng Oberwies, mues da wohl auch noch lor Austraipiiig kommen.
■) \V1. Trimrhm: »Degli Archivii Xapolitani« p. 157 fT.
•) I>if Aufnamo solcher nirhtstaatlirlior Archive macht das »Regolaniftito
pei Serviziu internu« von 1876, §. 4U von der Genuniigung des Ministers ai>*
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Die neueste Organisation der Staatsarchive in Italien.
189
Was die I n h a 1 1 s 1 i d e r u n fr Ix-h ifll, so will das {Jesetz, dass
die Acton der Centralstellen der frülieren Länderrcgirungen eine ab-
gesonderte Section in den Gentralarebiven mit der Bezeichnung
»Staatsacten« elnnemen (§ 5), und dass die anderen Acten in drei
Sectionen: Gerichtswesen, Verwaltung und Notare sich gliderten,
wfihrend alle übrigen Specialsertlonen bilden (§ 6). Jede Section
soll abgesondert nach Behörde, Amt, Körperschaft, Notar, Familie
und Person ((Sassen) in sidi rhronolo<:isrli aufgestelH sein (§ 7).
Für diesen gesamroten Inhalt fordert das Statut 8) die An-
fertigung eines Inventars, nach der Zal der Bände oder Fasrikel
und ihres Acteninlialtes, mit Angnbe oh Originale oder Copien (und
wol auch des Jahreslaufcs). dann (j^ 9) eines Index für jeflo Sorlion
und eines Repertor iuni s für jede (Ilasse, doch ist die Auisteliuiig
der R^eln für die Anfertigung der Inventare, hidices, Repertorien,
Regesten und jedes anderen Arbeitsfachs dem Archivrate vorbe-
lialten (§ 10).
Die ArchiTBlioi sind mit Ausnamen von gewissen vinculirten,
der Verwendung fär die Oeffentlichkeit freigegdien. Derselben
entzogen, od«r nur mit Gestattung der betreifenden Ministerien ihr
anhdmgestellt, sind confldentielle Personalacten oder Documente fQr
die Geschichte der innern und äussern Politik bis zum Jahr 1815
zurück. Strafprocessa( ten werden 70 Jahre nach Abschluss der Pro-
cesse, Verwaltungsacten 30 Jahre nach Ende der Verhandlungen frei
für die Benutzung (iji« 11 --14).
Dem Archivsrci hie des Staates gegomiber fremden
Archivalien ist nur in 5$ 22 in allgemein gehaltener Form ein
Platz gewart. Diesem zufolge .sollen die Archive der dem Staate
TQgtbaren Körperschaften, somit der Provinzräte, Gemeinden, Bis-
thömer, Capitel, woltätigen Anstalten u. s. w. der CSontrQle seitens
der Inspectoren unterstehen. Weder das Notariatsgesetz vom 25. Juli
hingig. Ohne Zweifel wird derselbe keine drOclcenden Bedingungen betrefTs
Ezelusivitit der BenOtsunir durch Andere als die Kgentflmer zulassen.
Zwei Monate nach Wrlaullwrung dicMS Slatulcs wuiiIp «las Notariats«
gesetz bekannt gemacht , »lenspii hier pinsrhlSpigen 'IVil wir :\m Srhln?s»' dipsfr
Erörterung t>t'rüren werden. In den Staatsarchiven auf »Nutarialüsectionen« zu
reflectiren und abgeeonderte Notariatsarchive »i errichten scheint eine Abwdehung
im Principe zu enthalten. Hat man im Statute auf die Eiuverl' i i!;;.' der Notariats-
in die Staatsarchive reflertirt, und ist dem dann vom Justizminisler nicht geniigi
worden?
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190
Zahn :
1875 imteroidnet die Notariatsarchive der Ueberivachung seitens
der Inspectorenf noch s|Michl das Statut im genannten § von
demselben. Das Erstere erwänt im Ausfurungsdecrete vom 30. De-
cember 1875 § 146 nur« dass das Archiv der Xtaari CapitoUni zu
Rom dem Staatsarchive daselbst einverleibt bleitte. Oflenbar liegt
in jenem Auftrage nichts als der Kern eines künftigen Gesetze?, das
manchen Anstois finden dürfte. Bei dem Reichtum der italisihen
Städte und Kirchen, auch der Spitäler, an Archiven, Ixji der Not-
wendigkeit, dass für diese zweckinässig ^e<orj»'t werde, wäre eine
Ingerenz des Staates s-n<iri(er in nnxJo, forfifi,- in sehr wün-
siiienswert : wie aber die-<'lbe gepnuibei- selbslständigeii Verwal-
tungskörperii ohne Beeiiitriu liligung des autonomen Princij^es er-
reicht werden könne, bedarf besonders kluger Wemlungen.
Die Ergänzungen der Staatsarchive erfolgen durch Abliefe-
rungen der Acten aus den Aemtem, durch Beschlagname der Amts-
papiere in den Verlassenschaften verstorbener Staatsdienst durch
Ankauf von in den Handel gebrachten Documenten und durch
Tausch mit den Bibliotheken (§ 15, 16, 23 und 74;. Die Amts-
r^lstraturen haben im ersten Semester jedes .lalircs die auf 10 Jahre
zurückreichenden Acten abgeschlossener Verliandlungen dem be-
treffenden Archive abzuliefern; nur die Reservatsacten bleiben so
lautre im Amlt> bis der no.>.-;ortiMini>fei' die Ablieferung befielt, die
Ht'j-'ister der ^aiichtlieheii Eulscheidungen 30 Jahre und oline An-
gabe der Zeitdauei- auch die Civilstaudsaclen (i; j? — 20). Die Vor-
sicht der Anordnung,' der IJeschlagname von Staatsi»;ipiertii in den
Nachlässen von Slaatsbeamlen (inassime diplomalici o minisleriali)
mag fOr die Beirrenden Peinliches involiiren, gegebenen Falles aber
entschieden geboten und nützlich sein, und erinnert sehr an die
Affaü^ Arnim und Lamarmora. Wird aber der Artikel betreffs der
Bibliotheken durchgefürt, so müssen den Archiven bedeutende Be-
reicherungen erwachsen ; nur ist es umgekehrt schwer denkbar, dass
die Arcliive die bibliothekarischen Aec}uivalente (an Manuscripten)
aufzubringen im Stande seien. So scheint dieser Artikel einer der
schwierigst d urchfür baren , auch deshalb, weil noch ganz andere
Hindernisse als die der ungenügenden G^engaben sich in den Weg
stellen dürften.
Hinsichtiii h des l'ei >ona les setzt das Statut (§24), al)tje>ehen
von den Inspectoren und Diret toren, zwei Kategorien fest, davon die
eine die eigentlichen Archiv- (Conccpts-), die andere die Manipula-
yiu^jciby Google
Die neueste Urganiiiatiou der ütaaUarcbive iii Italien.
191
tkmsbeaoiten begreift. DieEisteie zahlt den eisten (Capo areliivista),
nraÜen (ArdiiTista) und dritten Archivar (Sott* archivista), und den
Aspiranten (Ahurno), die Letztere den Registrator und Schreiber
(Gopista), und ist jeder Grad (der des Aspiranten ausgenommen) in
Glasseo geteilt, und entspricht deren jeder einer besonderen Ge-
haltsstufe. För die Aufhame ,in die zweite Kategorie genügt (von
den übrigen Bedingungen abgesehen) das Unteigymnasium (lic^iza
pinnasiale); für die erste aber wird das Obergymnasium (licenza
liceale) gefordert 25). Zur Aufnamo als Aspirant und ohne Prü-
füHfr ormäcliti^'t der Nachweis eines vollendeten Cnrses in der
Paläogi'aphie und tliploniatisehen Kritik an einer Universität oder
höheren Lehranstalt (J; Der Aspirant liat mindestens zwei Jahre
nnentgeldlieli zu dienen, dann kanti er, nach hel'riedifrender Lö-un?
einer vom Archivrale ihm gestellten Aufgabe mit einer Jaiues-
remuneration von nicht unter 400 Lire (320 Mark) bcleilt werden
(§ 27). Im Falle der Postenvacanz erfolgt seine Ernennung zum
dritten Archivar nach Mass seiner Verwendung (per merito) 28).
Sonst findet die Besetzung der Posten der dritten Archivare mittels
von Goncursen statt, namentlich wenn die betreffenden Archive durch
die Natur ihrer Materialien noch die Kenntniss einer orientalischen
%Nrache heischen (§ 29V Hiezu werden die Ausschreibungen, und
zwar der untersten Stellen (d'umissione) im Amlsblatle, der oh'ren
freien aber durch Circulare an die Beamten des betreffenden In-
speflornfes verlautbart, und geschieht die Entscheidung auf Grund
der am Sitze des Inspcetorates ahzulcgendeii Prüfungen (i{ .34). Die
Commission dieser besteht aus ileni hr^^iteetor und vier üi)ei- Vor-
schlag des Archivsrates vom Minister ernannter >niglider 35).
Die Prüfungen dauern drei Tage ; für die schriltli« he sind davon
zwei mit je nicht mehr als seclis Stunden^ und eine für die münd-
liche mit einer Stunde bestimmt. Die Fragen fär erstere werden
vom Minister dem Obmanne versigelt zugemittelt, und haben erst
vor den Goncurrenten erOflhet zu werden (§ 36). Behufs Zulassung
zum Aichivdienste zweiter Kat^rie fordert das Gesetz (Tabelle A),
an schriftlichen^Arbetten eme geschichtliche Erzftlung, eine Ueber-
Setzung aus dem Lateinischen, eine arithmetische und kalligrajdiisclie
Aufgabe, dann für die mündliclie Prüfung allg(>meine Kenntniss der
politischen, literarischen und Kunstgeschichte Italiens vom Verfalle
des römischen Reiches bis auf die Gegenwart : — bei der ersten
Kat^orie die erstgenannte Aufgabe der zweiten Kategorie, eine
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192
/.uhu :
Ueber?etzung aus dem Italienischen in's Lateinische und eine Ueber-
i^etzung aus dem Französischen, Spanischen oder Deutschen (je nach
den Bedürfhissen des Ärchives) in^s Italienische, endlich für die mfind-
liche Prüfung (mehr als allgemeine) Kennt niss im selben Fragegegen-
stand wie bei der zweiten Kategorie, und allgemeine Kenntnisse aus
flem römischen, kanonischen, Lohens- und Stndtcrechte. Für die
Vorrückunofvpnifungen, und zwar der /.weiten Kato^'orie fordert das
<Ie~of7, ('ral)clle II) an Schrifllieheni ilie EntzitVening und Copic einer
rikuiiiie des \{). o<ier 17. und einen Auszug ans einem Xotiiriats-
instrumenfe des 18. Jahrhunderts, für die mündliche Prfifim^' Kennl-
niss der hauptsächlichen politischen Institutionen und tler Territorial-
geschichte der ArdiivproTinz, femer der Archii^esetze, — hei der
ersten Kategorie Entzifferung und Uebersetzung und diplomatische
Kritik eines lateinischen Documentes vor dem 14. Jahrhundert, für
das mflndliche Examen Kenntniss der italienischen Alterthumsge-
schiclite, des Mittelalters, der politischen, territcnrial^, Kunst- und
Literatur- und Slädtegeschichte, der Münzen, Masse und Gewichte
besonders d< r betreffenden Archivprovinz, der Archivgeschichte der-
selben, der Archivkunde und der einschlägigen bestehenden Gesetz-
gebung.
Die PriifnnL'sei<?ehnis?e hat (he < '.oniniission inil au.<turlichem
Berielite und Vorschlägen dem Ministerium zur Genemigung mitzu-
teilen 37).
Solche Prüfungen haben die dritten Archivare um Posten zweiter
Archivare, und die Schrdber um Stellen der Registratoren abzu-
legen (§ 30). Die VorrQckung vom zweiten zum ersten Archivar
geschieht auf Grund der Verwendbarkeit (§ 31). Die Directoren
und Inspectoren werden Aber Vorschlag des Archivrates ernannt
(S 33, und Gesetz vom 26. März 1874 § 8;. Die VorrOckung von
Classe zn Cta<:se im selbra Grade hat nach der Dienstzeit zu ge-
schehen (S 33).
Vm für den Dienst das geeignete Personale heranzii})ilden,
soll an vom Ministeriuni bestimmten Anhiven seitens dafür ge-
wälter Beamte Unterricht in Paliin^raphie imd Archivkunde erteilt
werden (J^ 45). An einzelnen Archiven Italiens bestehen solche
Schulen bereits seit geraumer Zeit , so zu Florenz ') , Neapel *) und
(ßon.iiiii:) »Gli Archivi <]i .Stato Toscani,« p. 45.
*) Trinehem: »Degli ArehivH Nupolitanl,« p. 51 u. fil
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Die neuiMte Cteiganisation der Staatiarefaive hi Italien. .
19a
Venedig und zwar ist die neapolitanische die äUeste. Sic waien
eine Folge des Bedürfnisses, das tlie befrefl'enden Artiiivsvor-
slände den llegirungen nahe gelegt; jetzt hrdle unter allen Umstünden
der Staat sorgen mässen , solche Schulen zu errichten, wollte er die
Reorganisation nicht in Stagnation geraten lassen, und braucht nun
nur mehr an das Gegebene anzuknfipfen.
Der Leiter der Schule ist jeweilig der Inspector, doch kann,
wenn eine solche nicht am Inspectocatsaichive besteht, auch der
betreffende ArdiiTsdirector damit betraut werden (§ 47). Von ihm
h&ngt auch der Vorschlag des unterrichtenden Beamten ab, dessen
Ernennung vom Minister des Innern im Einvememen mit jenem des
Unterrichts erfolgt 46). •) Der Unterricht unifasst zwei Jahre und
zwei CiH"so (von November bis Juli) und dürfen der Unterrichts-
stunden nicht weniger als zwei die Woche sein (§ 48). Die Unter-
richtsprograinnie niüsstm den beiden otigonanutcn Ministerien vorge-
legt werden (i^ 50). Ver])niclil('t zum l3e-;iK'lie sind die Aspiranten,
doch kann der Lehrer auch Hörer zulassen, wenn sie den Nachweis
der Absolvirong des Obergymnasiunis beibringen (§51). G^enstände
des ersten Gunes sind die Elemente der Pakographie und der
dipbmalischoi Kritik im Allgemeinen und Italiens im Besondem,
dann die Grundzuge der ArchiTsoidnung, r- des zweiten Gurses die
Pattographie und diploroatiscbe Kritik mit besonderer Betonung des
Gebrancfaes fai der betreffenden Archivsprorinz, dann aller jener
Gegenstände, welche bei mundlirlion Vorriickungsprüfungen zur Frage
«Bgesetzt sind (§ 49). Am Ende eines jeden Curses sind Prüfungen
vorgesehrieben; die Commission hiezu besteht aus dem Inspector,
dem Lf^lirer, dem Vorstande der Staatsbibliothek, dem Professor der
Paläographie der Universität (iiella rejjia universitä o nel regio istituto
universitario) und dem Literaturprofessor des Oberjjyinnasiunis (nel
regio liceo). Der Universitätsprolessor kann autli — für den Fall,
dass keine Universität am Prüfungsorle — durch den Geschiehts-
professor des Obergymnasiums supplirt sein (§ Ö2). Die Prüfungen
smd milndliche und scbrHUiche (§ 53), deren Ergebnisse die Com-
mission classi6cirt und deren günstige Zeugnisse für die Zulassung
*j (Toilerini uinl Cecelietli:) »11 Hegio Arcliivii) Generale di Venezia,« p. 413 u. ff.
Oid«n:) »yArehivio di Stato in Venena nei Deeennio 1666— 1876|« p. ISS u. ff.
*) Wtfdie Hnmnenitioii der Lehrer benebe, iet ningencls geeagt
AreklnüiMi« ZritMhitfl. t 18
194
Zahn :
an den höheren Cursen für Paläographie der Unirnsitäten (negli
istituti universltari) befähigen (§ 54).
Die Stunden des Dienstes sind täglich sieben, Sonn- und
Fdertago au^enonunen, und kann aus AnitsrQcksiditen der Director
auch mehr Zeit von den Beamten beanspruchen (§ 38). HinsichHicli
dor rJoscliän^zuwcisun? braucht dersellK- auf Grad oder Cla-sc d»'r
Bcninf' M koini- Hürksif lit /.n ncnien 30). Am ersten Ta^e jedes
dritten Monates hat jeder Heanitu - der Dircrtor niHfriMionniien —
auf einer Talielle die von ihm in den letzten /.wei Monaten vor;_'e-
nomnienen Arbeiten zu notireii, wclrhe Tabelle der Direetor und
der In>|ierlor vor der Einsendung an da-; Ministerium verifkirl (>; 42).
Keinem Beamten i>l n-rslatlet, Arehivs-, Bil)liolheks- oder Secretärs-
dien.-te Ixi i'rivalen zu iibernemcn, mit Doeumenten oder Auto-
graphen Handel zu treiben (§ 43), oder aber von Privaten Aufträge
för Arbeiten an dem Archive, bei welchem er dient, zu fibemenien
(§ 44). Kurze Urlaube gewärt der Inspector, doch darf ihr Zeit-
ausmass 30 Tage im Jahre nicht Obersteigen (§ 40); er kann auch
nachlässigen Beamten Gehalt sabzfige bis zu zehn Tagen dictiren, wo-
gegen schärfere Strafen dem Ministerium vorbelialten sind (§ 41).
Die Benützung der Arcliivo ist bei den als üfV« iilli< ]i erklärten
Documenton frei, l>ei I'rivalen (wenn sie ein Hecht hinteresse ver-
fül;^en) ^'e^^'cn srliriftliches An>uchen auf vStempelpapier (Ji 57). Von
I]ntlelinun;,'en durcli F^rivate spricht das Statut merk\viirdi;.'er\vei>e
nicht, ungeaelitcl die .\ot\\ eniligkeit auf solclie Frdle Rücksicht zu
nemen, lieute ta^rtägheh mehr sieh er^'üjt. Nur in Angele/inheiten
de-s öllentlichen Dienstes ist eine Ausliebung gestallet (nessun do-
cumento puo essere estratto dagli archivi se non temix)rai'iamente,
e per neoessitä dcl pubblico servizio); dass auch die amtliche For-
derung emer Actenbehebung einen bureaukratischen Gang von oben
herab zu den Inspectoren und dann erst an die Archive durchzu-
machen habe (§ 55), scheint .«cliworlSllig und kaum Im Interesse des
Dienstes und der Parteien. Die Einforderung der Aber Gebür rück-
ständigen Ausleihstücke hat das Ministerium zu besorgen 56).
Für Studien ist die Benützuni.' der Archive innerhalb der für
öffentlich eiklfulen Materialien frei, und da< Ansnchen schrilllich,
doch ungcslempell *) mit genauer Angabe des Zweckes einzubringen
*> Beziflil sich dal auf etwa «ier 4}. 44 il< > < He^olnmeiitn «It-l Srrvi/in iiiterno«
vom 10. (18. 'f) Juni 187G, so isl allenlirnr> ein &0 C*iil -SleinjuM iiutig.
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4
Lie neueste Organisation der Staatsarchive in Italien. 195
(S 69). Wes^luilb aber der Director nur für oinou Monat tk-rartigf
Sludion trestatton darf und fiir eine län^'erc Zeit dn- Ins|tertor um
dir (k'wärun^' orsuclit werdrii nius-, ist sadilicli nnklai. P^rkliiiiicli
ti-clit'iid allerdings, dass man jedes Jahr neu nacliPUclicii mu>?:.
doch liessc sich das bei Zwrckwn hsel vorgosthriobene jodrsinali^'e
neue Ansuchen einfaclier abthun, und feit dagegen auch die in die
ganze Systematik passende Verfügung, dass die Directoren den In-
spectoren vierteljährig oder in kürzeren Terminen Qber die iiterariscfae
tind andere Benfitzang ihrer Archive tabellarische Uebersichten zu
liefem hfttten. Ebenso ist den Inspectoren keinerlei derartiger
Halbjahrs- od^ Jahresbericht an den Minister aufgetragen, da-
durch man im Ministerium sich jeweilig rasch Ober den Stand der
geistigen Bewegung in Italien auf diesem Gebiete Rechenschaft geboi
zu können.
iSn minutiös behandelter Pinul dis Statute? ist jener der
Taxen. Gele^'enheit solche zu fordern, ist Ix'i Archiven über-
haupt leicht, und unisoniehr dort, wo die Acten, mit sehr ge-
ringen Ausnamen schon nach 10 Jahren als Arcliivalien betrachtet
werden. Sie sind an sicli gewiss gerechlfertiget , das Ixilarf wol
keiner Beweisfürung, aber nach den Statuten sind sie in Italien
sdir hoch. Sie erinnern bis zu gewfesem Grade an die moderne
EinfQrung, die Besichtigung von Staatsgebftuden und Museen an
die Zalung von Eintrittsgeld zu knüpfen, welches, wie es tieisst,
dem Staate schon eine recht ansdmliche Rente abwirft. Ent-
wickelt sich der Bedarf und das historische Studium an Ardiiven,
so dürfte mittels der Taxen manche Ärchivsprovinz in ihren Kosten
gedeckt sein.
Für die Aufsuchung, Kin-iclit oder Lesung eines einzelnen genau
angegebenen Actes — es versteht sieh nur für Parteien in ihren»
Rechts verfolge — anrh dann \\riin der Act nicli! gefunden
wird — bezahlt man 1 Lira: will der PetrolVende eine Anzal von
Aden, ohne genaue Angabe, einsehen, so hat er für die Stunde 1 Lira
zu entrichten 5Ö, 59). Für den Fall der Nichtauftinduiig ent-
hält das Statut eine Widerholung und zugleich einen Widerspruch.
So heisst es in §. 58: »La tassa (di una lira) si paga uguahuente
se, fatte 1e ricerche, non sia trovato ii documento richiesto;« dann
aber 9> 65: »Ogni dicliiarazkme che un documento non si e trovato,
imposUL la tassa di due lire.« Dass hier eine schriftliche Erklärung
gemeint sei, ist nicht gesagt; eine solche erklärt aber schon §. 58
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196
Zahn:
ohne Taxerböhung (Qr möglich Bei Gopten ist für die Seite der-
selben, bei Documenten vor dem Jahre 1000 5 L., zwischen 1000 und
1500 4 L., zwischen 1500 und 1700 3 L., zwischen 1700 und 1800 2,
nach 1800 1 L. zu entrichten und gelten diese Ansätze anch in
Fullen« wo nicht im Parteiinteresso, sondern behufs Studien Ab-
schriften gewünscht werden (8 70). Bei Schriften, welche nicht im
lateinischen Alphabete geschrieben sind, i-t die Taxe doppelt (§. Gl).
Für die Zeichnungen und Plfine wird nai h ih n Arbeitsstunden (2 L.)
(§. 62), für Copien von Acten des Civilstandes nach den Normen des
n<>setz('> voin 15. Nov. 1805 (§. 63). dir Copien von Notariatsacten nach
dein Xorniale der Notare (g. ()4) ;.'eie( hnel. Auszüge scheinen nicht
geniarht zu werden (non .^i riiasciano ai privati copie di l)rano tli
docuuienti) (§. liT), und das reiche Feld der Kinzeldaten für das
historische, genealogische, heraldische Gebiet, worauf der Geschichts-
forscher so sehr rcflectirt, ist im Statute nicht bedacht. Die Taxen
sind im Vorhinein zu bezalen; Ifisst sich ihre Grösse nicht gleich
anfangs bemesseUf so ist euie annähernde Summe zu deponiren (§. 68).
Von der Taxenzalung befireil sind nur die Behörden, gewisse Körper-
schalten für wohlthätige Zwecke und Mittellose mit Armutszeugnissen
(anuuessi al gratuito patrocinio), dann eine Reihe von Acten die
Walen, die Armee, die Nutionalgarde, die Pensionen und Cautionen
betreffend (i^ 71), endlich jene Personen oder Corporationen, welche
ihre Archive in den Staatsarchiven deixjiiirten, für eben diese Doou-
mente (g. 72). Die Tnxergebnis.se haben munatiich in die Staats-
ras.sen abgefürt zu werden (§. 73).
Was endlich die Scarten anbelangt, so untersagt iö allen
Verwaltungsäüitern, solche an ihren Acten vorzunemen, und fordert
§. 21, dass die neu abgelieferten Aden von den Direetoren mit
Rficksicht auf die Scarth*ung untersucht zu werden haben, ehe Aber
sie eui Archivsüiventar abgcfasst wird. Die Vorschläge dieser müssen
mit einem Gutachten der betreffenden Amtsvorstände, von welchen
die Acten einlangten, verseben an den Inspector und von da an den
Minister gehen, der nach Anhörung des Ardiivrates verfugt. Ohne
Billigung des Letzteren darf nichts von den bereits inventarisirten
Materialien scartirt werden (§. 8).
Man wird erkennen, dass das organische Statut viele treffliche
*) »Des:'nl«»nin«lo 11 richieHentf un allostalo negalivn, questo vicne rila-ciati»
colk formula, hon «i trora, esclnsa senipre la dicbiarazioue di noa esislenza."
Die neueste Organisation der Staatsarchive In Italien.
197
Sdtra hat. Da^: kann nicht loirlit anders sein, wvim ihi ( s Vaterlandes
und dessen Rulimes gedächtige Männer unter dem Patrocinluni einer
gicichgesinnlen Regirung in allgemoinen An^rele^renl leiten desselben
beraten, Manehe Verfügungen sind lieilidi etwas kur/. geraten;
namentlich scheint diess bei g. 5 betrells der Aden der ehemaligen
Staatsregirungen der Fall. Die>TT 5^., welclitT L'igentiiih die Haupt-
massen und strenge genommen <la> wesentlicli Archivalisdie enthfdt,
mag wol einer besonderen , sehr eingehenden und von Archiv v.u
Archiv wechselnden AusfQrung noch bedfirfen. Notwendig ist sie
.aber, da sonst §. 10, über Anlegung der Register, wenig praktischen
Wert hätte. Die §§. 5—7 machen überhaupt den Eindruck, als
hätte man gegenüber den kolossalen Massen, für welche ehi Ord-
nungsrahmen SU geben war, um die Fassung gerungen. Unter
solchen Umständen pflegt dieselbe meistens sehr knapp auszufallen,
weil sie verhältnissmässig noch am mdsten Bewegungsraum gestattet.
So aber scheint sie auch mehr den modernen Archivalien angepasst,
als dem Kernstocke der alten, welche sie, genauer besehen, dennoch
obenlalls begreift. Zu wünschen wäre noch, dass die Registraturen
für ihre nestiinde (gli atti dei fribimali e degli uflizi ainministrativi,
linche rimangono ])resso i iiie'l(^:-imi) eine ( )rdimng>anweisung er-
hielten, welche mit der Einteilung der SlotTe in den Archiven klappe,
derart, dass die Ablieferung an die Letzteren nur eine Aenderung
des Locales für die Ersteren involvirte, und ebenso, dass den modernen
Acten an den Ardiiven j«ie Gliderung gegeben würde, welche der
Bedarf der Aemter als eine natürliche in den R^'straturen be-
gründet In Beziehung auf die Studien wird Erkleckliches an diesen
und an Prüfimgen gefordert Allein, irren wir nicht so decken sich
eigentlich die V^orrückungsprüfungen mit jenem nach dem 2. Curse
der Archivssdiulen fast gänzlich, so dass jene nur eine Widerbolung
dieser sind. Dagegen scheint — wenn auch nicht in der Paläo-
grapllie — doch auf fremdes Element in den Lehrfachern nicht
allzusehr Iiücksicht genommen. Es sollte unbedingt Kenntniss fremder
Sprachen gefordert, und Anhivkunde und Ardiivgesef/.gebung nicht
auf Italien alh'in beseliränkt sein. In letzteren Gegenständen ist es
das übelst gewälte, auf eigene Findigkeit sich zu verlassen und die
Ergebnisse fremden Denkens und fremder Erfarung zu ignoriren.
Die auf Avancement Aspirirenden aoDen ja Ihrerzeit Directoren- und
Inspectorenstelkm bekleiden , von ihrem Denken wird zum Teile die
Entwickelung des italischen Archivwesens abhängen, und fttr diese
1»8
Zahn:
kann OS nur /.\v<m kmü-sig sein, wenn sie mit tremden Arbeiten
genau si( Ii iM-kannl ^'eniacht.
Seit Inkratlst't/.uii;,' dos ort:aiii>chen ^tatiitos ist iin-oros Wissons
nur mehr das Hc^'lonioiil t'Qr den i im er on Dienst vom 10.
^1 6. V) Juni 1876 erschienen. Es begreift JO Abteilungen in 70§§.
und handelt in Ersteren von den Inspectoren (§§. 1—5), den INrec*
toren (§§. 6—10), den Beamten 11—17), dem Oekonomen
(§§. 18—21), von den Goncursen und PrOfiingen (§§. 22—33), dem
inneren Dienste (§§. 34—42), dem öffentlichen Dienste (§§. 43—51),
der Benützung für wissenschaftliche Zwecice (§§. 62—61), der Hilfs-.
bibliothek (§§. 62^65) und von den Thürhulem und Dienern
(§§.66—70). Es ergänzt und erklärt, wie <lio Xormalien ein Gesetz,
das organische Statut. Von seiner Erörterung dürfen wir hier wol
ah-clien : t^iie solche hätte vielleicht <lann mehr Vorfoil, wenn Ver-
t:lfi( |i-nKiti iialr von anderwärts her dazu in Fra^'o käme Wün-chons-
wt-rt zu ortären, weil für das l^rtoil über die inatoriolh» L'iit(>r-tiitziHig
der 5,'oisti^'on Entwickolun^' von Wesenheit, wäre go\vo-on , welche
Summen die Kegirung auf die ßildungsniillel an <len Archiven zu
verwenden gedenkt. Vielleicht erwächst aber später hierzu (lolegen-
heit sich zu äussern.
Noch eines ganz mächtigen Factors im Archivwesen Italiens
ist aber zuletzt zu gedenken, der Notariatsarchive.
Wer Italien nur einigermassen in Betreff historischer Ifat^ialien
kennt, wird von der gewaltigen Bedeutung dieser Sammlungen
Zeugniss geben. Auch annältornd Aehnliches besitzt Deutschland
gar nicht, und selbst Frankreich kann sich darin mit Italien nicht
im Entferntesten messen. Wollen wir nur eines solchen Archives
gedenken, des zu LMinc. das keineswegs eines der grösslen Italiens
ist. Es enthält von nicht weniger als 3540 Notaren ganz oder zum
Teile die PiTjtokoiie (Conceptbiiclier) nnit Arten, und zwar beginnend
vom Jahre V^'id; und doch lindet man allenthalben in den friau-
lisclien liibliolliekeu und i'rivalsammlungen Mengen solcher Bände,
Virelche aus den Verlassenechaften der Notare nicht den Weg in die
gesetzliche Sammhing gefunden haben. So ist es allenthalben in
Italien. Die Coromission von 1870 hat auch in ihrem Votum die
') Xiclil in 60, wie eis in «lern Mijiisterial«locrete h<>i«-l, welches iit der
Untenchrifl das Datam 10., and in der Aufschrift (dem Betreffe) Jenes vom
la Juni trigt.
ui.jui^cü üy Google
Die neueste OrgaDisaüou d«r Staatsarchive in Italien.
199
Rücksiclili?nanio auf die Xoturialsarcliivt' bi i ih-v Bildung' der Staal<-
ai t liivo g:eliüri^' lietont Merk\vüi di;:( r\veise ist es jedocli im Nütariats-
gestlz von 1875 iinbeaclilet geblielien.
Dieses behandelt die Archive in Titel IV., Capitel 3, §§. 87-105
und 117 (im Tarife §§. 34—36). Dos Durchfürungsgesetz vom
19. Dec. 1875 spricht davon in Titel IV, Capitel 3, §§. 90-119,
Titel V. Allgemeine Verfügung $. 120» und Titel VI. §§. 130—137
und 146-^160. Daraus heben wir nur h^vor, dass weder die Gewalt-
thätigkeit darin widerkehrt, mit weldier die Regining 1870 öiTentlichen
und Privathibliollipken ihren Besitz an Xotariatsprofokollen, ohne
nach dem Recht.-titel zu fragen, streitig machte und selbe ihnen
kurzweg als ölTentliclies Gut wegnenien wollte, noch aber zeigt sich
darin auch nui' andeutungsweise eine Verfügung, welche mit dem
Volum der ( lonmiission von 1870 zusanunenliele uiul dem (!ei>tp di r
Arcliiv'^'eselz^-'cbuiv^ von 18i4 — 75 entsprädie. Das ist eine tief be-
klagenswerte In( onse(iuenz, um so mehr als sie nicht auf Principien
zu beruhen scheint, sondern einfach darauf, dass wirklicli die eine
Hand nicht weiss was die andere Ihut. Heilsam ist derlei für
keine Seito des Staatslebens! Bis zu diesem Notariatsgesetze
herauf wurden die Notariatsarchive als Staatseigentum unter directer
Verwaltung des Staates geflürt, und war -ihre BenQtzung sehr er-
schwert Heute ist wenn nieht der Begriff des directen Staats-
eigentums daran, so doch die directe Verwaltung durch den Staat
aufgegeben und gingen die Notariatsarchive in die Verwaltung
der Notariatskammern über. Die jeweiligen Vorstände sind Notare
von den Kammern gewält; ihre Gehrdter sollen aus den Amtsein-
künften bestritten werden. Auch wenn diese nicht penn^^en. will dio
Regirung nichts beisteuern. Freilich werden vom GewiUtt n Lust zum
Fache und die nölij^ren Eigenschaften gefordert. Al)er es lässl sich
durchaus nicht absehen, wie auf diese Weise das riesige und liüdist
werlvolle Materialc nicht allein wol erhalten, sondern auch bearbeitet
werdm solle, noch auch, wozu überhaupt die Kammern die Adm
ihrer Vorfahren, sagen wir nur bis incl. zum 16. Jahrb., brauchen
magen. Ihnen können daraus nur Nachteile entstehen. Wenn diese
einmal so gross und vidf<ig geworden, dass sie selbst ^rechen,
dann wird allerdings ebne Verfägung getroffen werden, welche jetzt
weit conseqnenter und leichter in's Leben zu rufen gewesen wäre.
') »Sul riordinameiUo« elc. p. 19.
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V. Ueber ArchiTneubau und Eini'ichtungen.
Von
Archivrath Dr. Burkhardt,
Vontand der grosdieRaglieh und hentogL sfichnscben Archive in Weimar.
Gegendber der Lage des deutschen Ärchivvresens im Allgemeinen,
welches die VentOirung dringlicher Fragen zur Pflicht macht,
dürfte die Behandlung dieses Thema's fast von untergeordnetem In-
teresse erscheinen. Pralctischen Nutzen wird diese Darl^fung von
Ansichten nur in seitnern FViIIm gewährai, da Arehi vneubauten
wenig angestrebt werden. Erfahrungsmässig steht fest, dass, wo
pich selbst die Xothwendigkeit solcher ergibt, sie nicht immer mit
inni;.'etn Interesse geplant, noch viel weniger mit diesem ausgeführt
werden.
Auch dies Verhültniss künrieii wir unbedenklich zu den Krebs-
schäden des deutschen Arthivwesens rechnen. Es ist oft kaum
glaublich, welcher Reichthuni an ungesuinleii Ideen sich docuiuentirt,
wie sich selbst bei dringlichen und unabweisbaren Neubauten die
Frage verschleppt und welche Versuche gewagt werden, um die
Unterbringung anerkannt wichtiger Archive in »disponible R&umec
zu ermöglichen, die m der Regel zu schlecht für alles Andere, immer
aber noch gut genug erscheinen, um für die Aufnahme »alter
Acten« gut befünden zu werden.
Von je her giht es in Deut.schland nur wenige Archivlocale, die
um der Archive seihst willen hergestellt sind. Mit geringen Aus-
nahmen zeigen sich nothdürftige, zum Theil sogar gegen alle Normen
für die Behandlung historisch wichtiger Archive verstossende Auf-
bewahrungsarten , die Ober Nacht die trostlose Lage — und was
i^iyiu^cü üy Google
Ueber AKhivneubau und •Einrichtungen.
201
das Betlaiicrnswei thc ist — das ^rerinpc VL'rstiinclni.^s uml gar wenig
Syiniialhif für die i'Uege der historischen Zeugnisse eines Landes
bcurlcimdcn können.
Erst die jüngere Vergangcnht il lial au einzelnen Stellen unseres
Vaterlandes neben gänzlich verfehlten Anlagen leidliche Archivgebäude
geschaffen, obwohl sie nicht immer einem Zwedie allein, sondern «
verschiedenen Bestimmungen zu dienen hatten, wobei oft die Rück-
sicht auf die Archive erst in zweite Linie zu stehen kam. Von
einem Comfort der Archivverwaltung, der unbedingt da seui muss,
wo die Leistungen in angemessenem Veibällniss zum Aufwand von
Zdt und Kräften stehen sollen, kann namentlich da nicht die Rede
sein, wo man die Baufrage vielleicht aus rein finanziellen Rücksichten
al)geworfen und die Prunksäle vergangener Zeiten zu Archivräumen
gestempelt hat.
So im AllgeiiU'iiU'n weiii^' von der iaisscrn der deutschen
Archive und natürlich anrh ihrer iiinrrn EinriihtunK nach befriedigt,
stellte sich mir gelegentlich die Aufgabe, einen Neubau mit seinen
Innern . Eim icht in rp;L'u zu conslruiren, welche den besten Anfor-
derungen an eine tüchtige Verwaltung genügen sollen. Wenn ich
auch weit davon entfernt bhi, an die stricte Durchführung all' dieser
Ideen zu jj^uben, so wird doch die Möglichkeit vorliegen, dass ein-
zehie bisher unzulängliche Einrichtungen sich beseitigen und die vor-
geschlagenen- fSr die bessere Gestaltung der Einzelarchive adoptü*en
lassen.
Ich schicke voraus, dass der beiliegend milgetheilte Plan eines
Nmbaucs durchaus nicht für specieUe Verhältnisse berechnet ist. Es
war die Aufgal>e, ihn dehnbar zu machen, den verschiedensten
Verhrdtnissen anzupassen. Die Erweiterung desselben ist ebenso gut
in F^iH ksicht gezogen, als die Reducirung: letzteres ist mit ganz be-
sondeier Rücksicht darauf vorgesehen, weil bekanntlich im Allge-
meinen in Deutschland wir uns noch nicht gewöhnt hal>en, das
ArchivwL-sen mit roiihliclien Mitteln zu bedenken.
Vor Allem lioilen wir aber, dass der Plan, der aus euiem
mnigen Zusammoiwlrken mit dem Henrn Architecten C. Weichardt
in Weimar hervorgegangen ist, seinen Werth behaupten wird. Es
ist das ganz besondere Verdienst desselben, dass die mancherlei Er-
fahrungen auf archivaliscfaem Gebiete, sowohl in dem Grundrlss als
m der Fa^ade, die wir beizugeben unterlassen haben, mit besonderer
Liebe verarbeitet worden sind. — Das Gebäude ist keineswegs, wie
I
202 Burkliordl:
es Ifi.Irr so oft gi->iliirhl, auf ila< l)los> Afn>sere l)erccl)n.'t, son.k'in
es eiilwickeU sich natiir^rfiiiass aus ilfuj sachliclien inneren IJedürf-
niss: ohne dass das monumentale des Baues in irgend ein«r Be-
zieliung verietzt wird.
Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass wir für den massiv
, gewölbten Bau die Wahl eines in hinreichender Entfernung von Ge-
bäuden liegenden freien Platzes voraussetzen. Die Hauptfront des
Gebäudes möchten wir wegen constunter Licht« und Wärmeverhftlt-
nisse am liebsten nadi Südon gelegt wünschen.
Im Aeussern wird sich das zweistocki},'e (uhäude, dem bei
grösserem Raninhedürfniss leicht eine sr illic he Ausdehnung gegeben
oder ein <h'itl( r Stock zup-fügt werden kann, als ein im Rundhogeu-
slil au><.'efrihrle< {»räsoiiliii n. Die Anlage dessell)en entspricht dem
eigenartigeil W esen der Anstalt auch im hinein. Denn ein Staats-
archiv wird trotz dor w i s s e n s c h a f 1 1 i c Ii e ti Stellung, die es liei
richtiger Behandlung behaupten muss, doch inmier nur von einem
numerisch beschränkten Publicum besucht werden und gerade dieser
Umstand ist bei der Ausarbeitung des Planes von besondeoem Ge-
wicht gewesen. Demgemftss galt es eine Einriditung anzustreben,
welche nach Aussen vollständige Sicherheit, im Innern aber flQr die
Berufsthatigkeit freie und leichte Bewegung gestattet, um mit dem
gesammten archivalischen Materiale in Verkehr treten zu können.
Grossi - (iewicht ist auf die möglichste A usnützung des Raumes
gelegt, ohne dass jedoch die mindeste Beengung sich fühlbar macht,
welche der Wurde des Institute« entschiedenen Abbruch thun würde.
Zum Innern des fletKUides lührt in der Hegel nur eine vorn Diener
lieaufsichtigte Thür, da der zweite hintere Zugang lediglicli auf
Räumung des Archives hei Feuersgefahr und zur Hefri«'digung wirth-
schafilicher F>eilürfnisse (Einfuhr von Acten, Brennniati i ial u. s. w.)
berechnet ist. Im Uebrigen sichern das Gebäude Rolljalousieen von
Innen, da die theilweise oder bewegliche Vergitterung bei Gefahren
nicht r&thlich erscheint.
Wenn in grössern monumentalen Gebäuden mit Nothwendigkeit
auf prachtvolle Treppenhäuser Gewicht gelegt wird, so haben wir
diese kostspielige und raumzehrende Einrichtung in den Hintergrund
gedrängt, ohne dass der monumentale Hau beeinträchtigt wird. Hier
ist darauf Bedacht genonnnen worden, dass das Vestibül in stilvoller
Ausführung die Würde des (iehändes im Innern vertritt. Der licht-
volle Eingang, der durch das immerhin sichtbare Treppenhaus bc-
L.idui^cü uy Google
Ueber ArchiTneubau und -Einrichtungen.
203
flingt wird, kann seinen Eindruck nicht verfehlen, und nii'ht minder
(hlrff'-n die lichtvollen, in leichter Verbindnnir stehenden ArbeitsriUnne,
•leren Erweiterung leicht niö-^dich ist . zur Innern rietViedi^iing hei-
lragen. Im Uebrigen zeigt der rJrunilri«:-^. dass allen niöglifhen Be-
<lürtni~-en eine> grös-^ern Al f liiv(^> Hei hnung gelragen i^^t , deren
obere liiiurne in leichte Verbindung durch das Trep}>eniiaus, Liallerie-
Ireppen und Aufzüge nach Iwwährter Gonstruction gebracht sind.
Hitiächtlich der OrSssenverh<nisse der einzehieii Arduiräume
bemerken wir nur, dass möglichst grosse Actensäle angestrebt worden
sind, weil wir weniger eine Central anstalt von dem Umfange
des Mfinchener allgemeinen Reichsarchivs, in dem seiner
ganzen Organisation nach eine schärfere locale Theilung der Archi-
valien stattfinden musste, im Auge gehabt haben. Auch hat uns
le<liglich die finanzielle Frage bestimmt, nicht allein auf blosse Wand-
flächen hinzuarbeiten, sondern auch den übrigen Raum mit Re-
posituren zu besitzen, weil wir unter allen Umständen hillige
Archivprojecte an=:treben , in denen der Raum rniiglicli-t ausgenützt
wird, ohne dass der V'oruuif <ler Beengtheit Platz greifi n kann.
Dass ein einziger T r k u ii de n s aal projectirt ist, wird natürlich
auch nur da als richtig anzuerkennen sein, wo die Eitu-ichlung des
Archives einen solchen gestattet. Die Herstellung desselben hängt
natürlich von besonderen Verhältnissen des Archives und von
den Ansichten über die systematische Zusammenordnung der Urkunden
mit den Akten, oder der rein chronologisehen Au&tellung der Original*
Urkunden ab, der man sich neuerdings nicht mit Unrecht, nament-
Kdi in kleinem Archiven zugewendet hat — Die filvigen Geschäfts-
localitrden ergeben sidi aus dem Grundriss, in dem besonders noch
das Kartenarchiv zu erwähnen ist, auf welches man in vielen deut-
schen Archiven leider gar keine Rücksicht genommen hat.
(Janz besonders wird es aber für eine glückliche Arrhiveifu-ich-
lung auf die Aufl)ewalii'ungsart der Acten uiiil Originalurkunden
ankouuuen, die wir eingrliender zu Ix-liandeln haben, da die (lon-
slruction des An hivgebiiudt lediglich von dem Innern Aufbau dieser
Materialien abhängig gemaciit ist.
*) l'eluT <Iip ncarlu itmi.' Ii-r rrkiimlen in ilfin Weiinari>^<!uMi Staatsarchive
verj{l. den Auf!<Htz von Mei;zel in Sylirls Zeitschrilt. woraus sich ergibt, dass die
Concepte der Urkundenregeslen zu einem systematischen Repertorium,
die Reinschriften tu einem chronologisehen Veraeichnisse verwendet werden.
204 Burkhardt:
Dir beiden Stockwerke tk-s riebäudes >uid gleichmässi;.' 5 Molei-
hücli. Diese Höhe würde bei voli.-ländifrer BcsetzuniL' der Räume mit
Archivalieii wieder einen joner !\Iis.s>tände iierbeifüliren, der in altern
Archiveinrichlungen fast überall /,u Tage tritt. Die Hobe derllaume
würde den Gebrauch von Leitern und Staffeln bedingen, die un-
bedingt gefahrbringend und bei Sdte sa schieben sind.
Letzto^s ist möglich, wenn jedes Stockwerk durch je eineGal-
lerie der Höhe nach in zwei gleiche Theile getrennt wird, so dass
der Galleriebau nicht allein an den Seitm des Gdbäudes, sondern
auch zu den in der Mitte der Säle stehenden ArchiTrqwsituren hin-
läuft, und zwar so, dass üba der ersten, dritten, fünften u. s. w.
eine Gallerie mit Doppolrepositur sich befindet, welclie ül)erall durch
die Grösse der Rundbogenfenster mit dem nöUiigen Lichte ver-
sehen ist.
Von Austen kann und darf die das Slo( kwei k dun lisdnieidende
Gallerie nicht siditbar sein und störend auf die Fac^ade des Ge-
bäudes wirken, da diese Construction durch die richtige Fenster-
theOung völlig gedeckt wird. Durch diese Gallerien, die wieder durch
Uehie eiserne Treppen verbunden sind, und ebenfalls auf einer Eisen-
construction beruhen, die zur Verankerung des massiven Baues bei-
tragen, wird aber die bequeme Handhabung der Arehivalien erreicht,
indem diese ohne jedes Requisit aus den Reposituren genommen
und in dieselben zurückversetzt werden können.
Wir kommen hierbei notliwendig auf die mehrfach erwogene
Frage zurück, welcher Aufbewahrungsmefhodo wir uns zuwenden,
ob das Liegen oder Stehen des Actennialerials /.u empfelilen ist.
Nacli einer langjährigen Erfahrung und nach niannigfaciien in
den Weimarischen Arciiiven anj^estellten Verbuchen müssen wir \m
Neubauten unbedenklich das Stellen der Akten empfehlen. Ab-
gesehen davon, dass in Archiven mehr oder weniger gebundenes
Material vorhanden ist, welches an sich schon zu dieser Behandlung
auffordert, bietet das Stellen der Acten grosse Vortheile für den
Expeditionsdienst, s(Md man sich unserer Aufbewahrungsart an-
schliesst Eine einfoche, aus starkem Papier bestehende Enveloppe,
die das Actenmaterial deckt, und die eine Sicherheit -Vorrichtung
gegen das Zerschneiden des Bindfadens hat, ist das Geheinniiss,
welches die leichteste Handhabung der Acten erschliesst. In den
Se ist durchweg von Eisen und ihr Fussboden durchbrochen.
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Uelier Ari:hivneubau und -Einrichtuiigeii.
205
Weimariachei) Archiven gehen wir in dieser Einrichtung noch ein gutes
Stäck weiter, indem wir auf die ganz allmählige Beseitigung
des schädigenden Bindfadens hinarbeiten, da auf die EinfOhrung von
Mappen ia Buchform (nicht Zugmappen) *) hingearbeitet wird. Diese
schützen das Actenmaierial vor Staub und jedem verderblichen Ein-
fluss. Eine jälirlich verhältnissmässige kleine Summe, welrho auf
diese Einrichlun|jr verwendet wird, fribt dem Aoussorn des Archivcs
ntfht allein ein saul)eres Aussehen, sondern fördert auch die strengste
Aufrei iitliallung der Urdnung.
Welcher drr beiden Anfbewahrnng.-rm^Üioden man sich auch
anschliessen wiid, jedenfalls wird sich das Praktische derselben nicht
verkennen lassen. Sie erzielen mit Sicherheit grosse Raumerspamiss,
enorme Beweglichkeit des fliaterials und sind die wesentlichsten Stütz-
punkte fÜSr die gute Gonservirung desselben. Vielleicht entgegnet
man mir mit Recht, dass das liegende Material noch weniger Raum
beansprucht! Dem gegenfiber möchte ich aber an die mancherlei
Unzuträglichkeiten erinnern, welche sich im Gefolge dieses Modus
finden. Entweder sind die Locate überfüllt und dann vmirsacht die
Aushebung und richti^re Reponirung der Acten ofl grosse Mühen,
oder die Locafe sind massig besetzt und dann ist die Raumersparniss
illusorisch. Ganz besonilers aber leidet das Actenmatorial, wenn die
Heftsattel nach herkönunlicher Weise ausserhalb des Actes ange-
bracht sind, da sie in der Regel /nni Hängenbleiben beim Heraus-
ziehen Veranlassung bieten uml das Heft beschädigen *).
Air diese Nachtheile besitzt unsere Actenaufstellung nicht Sie
gewährt sogar Raumerspamiss, sobald man Doppel reposituren ein-
richtet, in der die Akten staff eiförmig in zwei Reihen aufgestellt
woden können. Die Gonstruction derselben verlangt ebie Fachhöhe
von 50 Gentimeter und eine Tiefe von 90 Gentimeter. Es ist selbst-
verständlich, dass die A(tenpaquete in handlicher Weise forinirt
werden mässen und die Signatur ihres Inhaltes, d. h. die Ai liiv-
zeichen am obern Ende des Paquctes tragen, damit diese bei der
staffelförmipron Aufstellung jeder Zeit sichtbar sind.
Besondern V^ortheil ^rewähit die Bildung der Etiquelten von
verschiedener Form. Sie verhindert, dass eine Verstellung von
') Dir Mappen siiul fesle, oWu und seillich "IT. n mil Hfnidpru versehen,
•j In ileu Weiiiiarischen Archiven wird diese veiallete Heflweise streng ver
nucdcn und der Hefla&ttel innerhalb de» Adenstfleks u^ilvaeht.
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20b
Burkharill:
Paqueten nicht so leicht stattfinden kann, oder fördert die haldigste
ElntdeckuQg der unteigelaufenen Feliler
Noch ein anderer wesentlicher Vortheil gesellt sich dem Bemerk-
ten zu. Wer je die Angabe gehabt hat, in Archiven mit liegendem
Material bedeutenden Zuwachs von Acten systematisch einzu-
reiliou, wird sich nicht allein der unangenehmen Arbeit erinnern, am K he
die Fortbewegung grosser Massen verursacht, sondern oft auch »Kt
grössten Vorlcijcnhoit , welclio die rntcrl)ringung bereileto. Audi
diese l'nannehiiiliclil^eit reducir! >irh Ijei unserer Einrichtung auf ein
Minimum, wenn sie nichl iranz iieseitigl wird.
Aus |)i-acti-chea üründen wird man natuiiicli hei der erslen
Aufstelluni-' eines Archives in allen AhllieiiunL'en nicht snfctrt die
doppelte Besetzung der Reposituren vollziehen. Denn dadurch wird
erzielt, dass bei dem Einstelloi selbst ehies bedeutenden Zuwachses,
sich das Umstellen respective Nachrücken eines verhältnissmässig
kleinen Archirthelles nöthig macht. Neben dieser leichten Hand-
habung ist aber auch die Raumerspamiss durch die Gonstruction
der Doppeh«posituren mit staffelförmigcr Aufstellung bemerkbar.
Denn an sich würden hei einreihiger Aufstellung die Actenfacher
86 Gentimeter Höhe haben, während sie jetzt 50 Gentimeter in An-
spruch nehmen.
Mithin wurde da- Archiv mit 2 Etagen und 2 Galleiieii und
je 5 Actenreihen ühereinaniler : 4 X 5 X 36 = 720 (ientimeter
Höhe für da> Stellen der Acten mit eintaclu r Aulstellung nöUiig
haben, während es für die slatfelförniige nur 4 X 5 X *>'> r'.eiiti-
meler Höhe = 1000 Gentimeter, also 2.S0 Centimeler mehr bedür-
fen, mit der ein doppelt ergiebiger Raum geschaffen wird, wran
wir die Tiefe der Reposituren in Abrechnung bringen, zu-ischen
denen der hinlfinglich freie Raum von 90 Centimetem zu liegen
kommt.
Im Weiniarischen StaaUarchive hai>en wir C Hauptahtheiluugcn der Acten
di<* mit A, B, C D, E und F, bezeichnet sind. Jede Hauptabtheitung beginnt
mit 1 und lüufl deu Zahlen nach so weil Ober alle Unterabibeilun-cn fori, als
•Tfonlcilicli. Dindi dicsi' r{('Z»-irlinunK!i\viM>i- der Arlf>u i>l ein lirthuni nicht
niü^lich. Die einfachen Zeiclien und die verschiedenen Eliquetlcnfoimen der
Hauptabtheilungen vereinfachen das Geschäft in jeder Beziehung ungemein. Der
lieMchränkteste Diener winl nicht im Stande sein, eine auf längere Zeit unent-
deckt hh-iht'ndc Verstelhinii <lor Acten zn Vfi>iliiiM<'ii. .ledcr Zmvach«; entbllt
die Bezeichnung milteUt der £x|>unenten: z. Ii. 10&6ä', ln568'. 10568'.
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Uebei- Aroliivneubau und -Einrichluitgeu. 207
Wir fibergehen die practische Einrichtung des Kartenarchives,
welches gleichzeitig das actliche und andere Rartenmateriale enUiSlt,
dos nur in seltenen Fällen der Verwaltung der Staatsarchive unter-
slellt ist, um der wichtigen Einrichtung des Uricundenarchives uns
zuzuwenden, die el)enfalls für diesen Plan (le> Ntul)aues bweclmol ist.
Unter den mannichfaeh erkünstelten Aufbewaliinnp^nietlioden
steht wohl diejenige oben an, woIcIk' ;m! Entfernung der Brü« lio in
Urkundon und ihre breite AuflK'waluuii^' in Mapi^en hinarbeitet. Sie
kann un^: aus nianclierloi practisi iien Gründen nicht zusa;.'en. Das
Nalurgeinässe ist, dass wir die l'rkuiulcn in der (leslalt kis.sen. wie
sie auf uns vererbt ist. und mit dieser Gestalt eine naheliegende
Aufstellungsweise versuchen, die übersichtlich, handlich und d^ Gon-
senrirung günstig ist
Man wird am besten thun, einen Umschlag in Brieflbnn mit
möglichst gleichen Format aus starkem Papier zu Iwechen, in dem
die fiberwiegende Zahl dorUrkundai sich bequon einlegen filsst.
In dio^ir Verpackung .'■ind bei reichlichem Papier sowohl die
Urkunde, als die Siegel vor schädlichen Einflüssen geschützt, ^lan
darf auch nicht glauben, das? die verschiedene Grö-se die Einrich-
inng unmöglich oder niiiideslens schwerfällig macht, denn bei niilie-
rnn Eingehen wird man linden, dass man höchstens dreier verschie-
ilt ner (irössen von Umschlügen bedarf, in die sicli auch das grösste
Urkuridenmalerial unterbringen läs>t. Auch hier kommt es natür-
lich auf die Consiruclion der Urkundenschrünke und auf die Auf-
stellung der Urkunden selbst an, die in chronokigischer Folge sich
an einander reiben mfissen. Aber practisch ist die Aufbewahrungs-
art nur dann, wenn die Aufstellung innerhalb der Terschiedenen
Urkundenformate chronologisch ist.
Die Aufstellung und Zusammenreihung v^chiedener Formate
empfiehlt sich wegen der Rauniersjiarniss nicht, und die Anfertigung
von Schränken ein und derselben Gonstruction ist so einfach, dass
Weniges nach beiliegender Zeichnung für das Verständniss beizu-
fügen ist.
Jeder Urkundenschrank i-t 80 Conlimeler lief, Uü Centimeter
hoch. Die Höhe jedes Zugkastens, der in Falsen läuft und des.-halb
nie herausfällt, beträgt 20 Cenlimeter, die Breite dessellxn 32 Cenli-
ineter. Für Urkunden des gewöhnlichen Formates befinden sich in
jedem Schranke 16 ZugßLcher, alle andern Urkunden, welche m diese
nicht passen, werden in chronologischer Aufstellung in Schränke mit
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208 Burkbardt:
4 Schubfächern gewiesen. Man wird sich bei Vollendung der Ein-
richtung überzeugen, dass selir wen^ Urkunden, die eine eigene
Aufbewahrungsart verlangen, sich dieser Aufstellung widersetzen.
Die Urkunden werden in Fol<jre der freien Bewegung des
Kastens weder ansto^sen, noch durch Schwere auffallen. Ueber
jeder Urkundonsrliicht i>t soviel Raum, dass die I.uft gehörig' durcl)-
streii hen kann ' j , sobald die verschliessbai en Thüren , die we^'en
ilor Si( lierheil und zur Vi-rineidung des Slauix-s an;-'i'l)raclit sind,
iCrritVnt t norden. Bei Fcuersgclahr sind die Urkunden Ix-'ueglichor,
als in sogenannltn tragbaren Schränken, da die Kasten leiciit und
handlich sind
FQr die UebersichtHchkeit und das äussere Ansehen der Ein-
richtung, auf das m Arctiiven vor Allem Gewicht gelegt werden
sollte, empfiehlt sich, dass das reducirte Datum auf die Umschläge*
gedrucict wird, auf denen vielleicht noch ein kurzes Regest ange-
bracht werden kann. Eine kleine Handpresse, die in jedem Archive
vorhanden sein sollte, leistet das Möglichste, erspart Zeit und Kosten
und erleiclitcrt die geschmackvollen Einriolifim;-'('n. Das reducirte
Datum und das Forniatzeiclien 1. 2. 3. auf den Umschlägen reichen
völlig hin, um mit Sicherheit dioselhen auszidiebon und zu reponiren,
da man t'oi Urkunden mit gleichem Dalum sich der Exponenten auf
den Re^^t'slen und auf der EnveIoj>pe bedient. Man wird wohl kaum
im Stande sein, unter ö5 oder mehr Urkunden mit dem Dattmi 1524
10. Mai eine lalsche auszuheben, wenn Piegesf und Urkunde tiie
Bezeichnung 1524, 10. Mai " tragen. Ebenso verhidt es sich bei
Undatirten, bei denm dodi wenigstens annäherungsweise die Zahl
des Jahres ermittelt sein muss.
Auch diese Eüirichtung hat gleich der Aufstellung der Acten
für sich, dass sie weder subtil ist, noch schwer sich aufirecht «"hal-
ten dfirfte. Dagegen bestehen ihre Vorzflge in leichter Handhabung,
grosser Dehnbarkelt und Bequemlichkeit bei Einschaltung grossen
Zuwachses, wenn wir der vni-züglichsten Eigenschaft nicht gedenken
wollen, dass diese Aufbewahrung der bestmöglichsten Erhaltung der
Urkunden günstig ist.
Damit glauben wir die Uauptgrundzüge einer Neueinrichtung
') Uenhalb «od absichtlich keine Qaenehiede in den Schrinlien ange-
braclit.
') In je<len Srhiant jjeheu 900—1000 l'rkund«Mi gevvüiiiiliclien Fonnates.
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Udwr Arehitmeubaa und •Einriebtiiiigen.
209
gegeben zu haben, deren practischer Nutzen sich in den kleinsten
Ausführungen schon bewähren wird. Die Prüfung des Dargestelltai
mag diesen vorangehen und die Mittheilung anderer Erfahrungen
veranlassen. Denn auch in diesem Punkte hoffe ich von dem gegen-
seitigen Austausche der Ideen für die Förderung und IIobunL'^ des
deutschen Archivwescri^ viel da die prac tische Einrichtung der
Archive ein nicht unwesentlicher Factor desselben sein wird.
Ai^lraliich« Zeituchrift. I.
U
I
VI. Kurze systematische Uebei-sicht des Inhalts
der bayerischen LaudesarcMve. >
I. Kreisarchiv Amberg.
Neuere Urkunden und Kopien alterar, Amtsbücher, Akten, Hechnangen, PUne.
I. Hersogrthum Oberpfals.
a) Hollei t ssac hon: Hcichssaclicii ( 15(»()— isofj) ; Ui icliskaiiunor-
giTitlitsakteii (152B— 1794); Müii/.wo.sfn (1560—1796): fiii-st-
Uche Korrcsijoiuh'nzuii (1552 — 1601); ilivissii,'jiüirij?er Krieg;
Landeshuldigungeri (1544—1780).
b) Grenzgebiete und nacbbarlicbe Differenzen: Bayern«
Pfo]z-Neuburg, Ansbach und Bayreuth, Böhmen, Bamberg,
Eichstatt, Domicapitel R^gensburg (Herrschaft Hohenburg),
Reichsstädte NQmberg und Regensburg (1318—1833).
c) Land>assen und Lehensachen (1443—1831).
d) Verwaltung und Justiz: Genenilipii und Verordnungen,
ApniterorganLsalion, Administrativ- und Hechlsg^enstände aller
Art, Landreclil iirul Poli/oi, flcwerbe- und Zunft\ve.«on. Handel-
Zoll- KaimT.-d- und Fi.skal-Sachon , Forstsaclicii . Bergwerke,
Steuer- uiul Auf^chlagwesen. Zcjieiileii, Baiisaehen. Schulden-
wesen, Musterungs- und Militäisadien etc. (1402 — 1852).
c) K i rchen Wesen : Ueligionssacht ii überliaiiiif. I !i foi iiialioii und
Konflscalion derLandsas.sengütcr, Kirchen-, Pfarr- und Pfründe-
sachen (1301—1825).
f) Aeniter und Städte (mit den dazu gehörigen Orten und
Pfarreien): Arnberg (Stadt- und Landgericht), Auerbach, Bär-
nau, Bruck, Cham, Eschenbach, Freudenberg, Freystadt, Qrafen-
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Kiine System. Ueborsicbt des Inhalts der bayer. LandesarebiTe. 211
wdhr, Haimbargt Hartensteiii, Helfenbeig, Hiracbau, Hotienfeb,
HoOnitdii, Murach, Nabburif, Naimarid, Neuenbürg v. W.,
Pfaffenhofen, Rioden, Rölz, Tännesberg und Treswitz, Thum-
bach, Thumdorf, Tirschenreuth, Vilseck, Waldeck und Kemnath,
WaUhnütK hon, Waldsaasen, Weiterfeld, Wörth, Zeitlara und
Saliern (11 IG— 1833).
g) Stifte, Orden, Klöster, deren Pfarreien und flüter:
Arnberg (Franziskaner, Kapuziner, Jesuiten, Salesianer, Paulaner,
Malteser), Ensdorf, Gnadenberg, Kastl, Michelfeld, Reiclienbach,
Schönthal, Seligenpforten (nebst Klosterarchiv 1242 — 1817;,
Speindiart, Waiderbach, Waldsasaen und Weissenohe; alte
Kapelle und Kldster in Regensburg; Deutschorden (1249—1844).
II. Füratenthom Pfala-Sulabaoh.
a) Allgemeines: Hoheit «suchen (1135 — 1791); Fürstensachen
(1483—1845); Administrativ- und Rerlitsfregenstände (1409 bis
1829); Militär- und Kriegssachen (1597—1810); Reformation,
Relip^ions- und Kirrhensachen (1560 — 1811).
b) Städte und Aeinter: Floss, Parkstein, Pieistein, Sulzbach,
Vohenstrauss, Weiden (131ü— 1853).
HL Ziandgrafbohafl Lenohtenberg.
Akten aller Art (1350—1821).
IV. Hwrachaflen.
a) Herrschaft Wolfstein, Sulzbfirg und Pyrbaum (1353—1799).
b) Reichsherrschaften Lobkowitz und Sternstein mit Wald-
thurn (1353-1823).
c) Ganerbechaft Rodenberg (1427—1814).
V. Neuere Akton
und Anliquar-Amtsregistraturen.
a) Von Kreisstelion: R(%'ierunjr von 01)crpfalz und Regens-
burg (Klosleraufliebungsakten 1500 — 1852); Appellationsgcricht
Amberg (Gerichtsakten 1519—1860).
b) Von äusseren Aemtern: Zehent- Lehen- Zins- und Steuer-
sacfaen, Rechnungen, Gfltorbeschreibungen, Forst- und Bau-
sachen, Pfarr- und Gemeinde-Angel^ienhdten, vorschiedene
Rechte und PriTilegien, Verordnungen etc. und zwar: von
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212
Kurze ^yäteinatische Ueliersicht des
den Rentamtern Arnberg, Auerbach, Cham, Eschenbach,
Kastl, Kemnath, Neuenburg W., Regensbuig, Rtedenburg,
Suizbach, Walderbach, Waldmfinchen, Waldsassen und Weiden;
den Landgerichten Arnberg, Auerbach, Eschenbach, Nab-
burg, Neumarkt, Neustadt a. W., Roding und Waldsassen;
den Bezirk sä IM fern Cham, Kemnath, Neumarkt, Neustadt
a. W. , Stadfainliof, Sulzbach, Velburg, Vohcnstrauss und
WaldniüiH )i(>n ; endlidi dem Stadtmagistrat Weiden;
(1331—1863).
II. Kreisarchiv Bamberg.
Urkunden (mit Kopien und Duplikaten vor dem .l:ilir»' 1100), Kodizes. Amts-
hflcher, Akten, Rechnungen, Manuskripte hiäturi:>chen Inhalts, Pläne.
I. FUrafbiafhuin Bamberg.
A. Hnchstifl.
a) Fürstbischöfe: Wahlen, Hultligunpren , kaiserliche Beieh«
nungen, Personalien, Ableben, Verlassenscliaftssachcn , Erb-,
über- und Interomter, Hofhaltung, Korrespondenzen, Reisen
(1400-1800).
b) Ho hei f S5:ae hen und allgemeine Landesangelegen-
heitcri: Kopial- und Privilegienbücher, Urkunden etc. (1390 bis
1800); Gerichts- und Amtsordnungen und Instruktionen; Ver-
ordnungen und Dekrete aller Art;. Bamberger und Forehheimer
lAndtage, Landtagsabschiede; (1491—1683); Schuldenweseii
(1412— 1722); Vertrige mit dem Domkapitel, den ElOstem
und der Stadt Bamberg (1251-180^; Berichte Ober die Be-
standtheile und denZastand des Fürstbisthums (1803-1807).
c) R ei c h s Sachen: Reichstagsakten, Protokolle, Relationen
(1196-1802), Reichskammergericht (1517—1775), kaiserliche
Koniinij?sionssachen (1730 — 1775).
d) Fränkische Kr e i s- A n g elegenhei t en : Krt^isaklen (Bani-
berger. Ansbacher, Hayreiilher, Schweinfurter, Würzburger
1438 ff.)» Matrikular- und Kreiska>se (1006—1806), Münzwesen
(1441 — 1776), Kreis-Kriegs-Kontingenl- und Subsidien-Akten
(1683-1799), Kreisabschiede (1531—1788), Kreis- Allianz-
Rezesse (1643—1748).
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Inhalts der tiajreriscbeu Laudvsardüve.
213
e) Kriegs- und Bundessiulirn: Scliwähisclier liuii»! (1489
bis 1539), kaiserlicher und Landsijeri-'or Bund (1535 — 1592),
fränkische Einigungsakten (1554—1557), Union und Liga (160Ö
bb 1633), Kriegs- und Fdideakten im Allgemeinen (1500—1599),
Bauernkrieg (1525 — 1537), Gnimbachische und Markgraf Albrech-,
tische Hftndel (1550—1559), Dreissigjfihriger Krieg, preussischer
Einfall (1756 ff.).
f) Nachbarliche Verhältnisse und Differenzen mit
Bayern und Oborpfalz (1402-1709), Würzhurt? (1416-1760),
Ansbach-Bayrcuth (1401-1803), der Reiclis4adl Nürnberg
(1449—1740), den sächsisclien Häusern (1432-1778) und
Reuss (1(358—1709).
g) Auswärti^M' Besitzungen: Güter und Lehen in Kärn-
tlun, Sfeier, Tyrol und Niederösterreich (1 l7l>— 1Ö03), Lehen
in Boppaid a, Rh. und in Uttenhauscn (1G38— 1798), Lehen
im Markgrafenthum Brandenburg, Besitzungen in Tlifiringen.
h) Lehen und Adel: Kammer- Bürger- und Bauem-Lehen
(1422—1803), oherpf&lzische Lehenbficher (1523—1783), ober-
frfinkische Lehenakten, Konsensbücher etc. (17. bis 19. Jahrb.),
Nürnberger Patrimtslchen (1413—1750), Akten, Urkunden
und Lehenl>öcher der fränkischoi Adelsgeschiechter (1400
bis 1815).
1) Kirchen- und Schulwesen: Weihbischöfe (1474— 1771). Vi-
kariats-und Vikariatsjjeiichfs-S iclien (1491 — l.SOJ). Kuadjutorei-
Sachen (1 T()S-1800j, Relornuitiunsakten (1504 — 1734), Pfar-
reien und rtniiidcn (l.'US— 1818), Schulen (15:;{— 1802), Uni-
versität (1047—1802;, Aufsessisches und Klerikal-Seniimu- in
Bamberg (1566—1809), Missions-Rechnungen (1775 -1801).
k) Justizpflege: Bamberger Landrecht (1769—1770), Hals-
gerichtsordnung (1607 und 1580), kaiserliches Landgericht (Proto-
kolle und Bücher (1455—1601), Landgerichts-Reformationen
(1503—1707), Bücher, Ordnungen, Protokolle, Akten etc. des
Saal- oder Hofgorlrhts (1484— 170J), des Landgerichts (1557
bis 1695), des Hofraths- und der Regierung (1G75-1802),
des Obei-schullheiss- oder VMzedom- Amtes (1533—1 790), Fraisch-
und Zentbücher (1565- 1Ü09), iMaletizsachen (1598—1774),
westfälische Gerichte (1445 — 150ü).
1) Verwaltung: Akten, Ordnungen, Protokolle etc. der Statt-
hallerei (1698—1802), des Kanzleramts (1702—1767), der
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214
Kune systematische Uebeniebl des
Ober-Einnahme- oder obersten Finanzstelle (1691 — 1799), der
Hofkamnier (1038—1802), des Oberbergwerks-Kollegs (1796
bis 1802), Bestallungs- Besoldungs- und rilichtbürher (1500
bis 1786), Beamten, Dienstkautionen (1777—1819), Kanuner-
meister-, Umgelds- und andere Rechnungen aller Art (von
1414 an), Giltbücher, Urbarien, flegister (von 1500 an), Steuer^
Sachen, Eatasterbeschreibungen, Zehnten (1500—1796), Forst-
Jagd- und Bergwerksachen (1353—1806), Handel und Gewerbe,
Zunftwesen (1434—1799), Flosa- Mflhien- und Watterbaii-
sachen (1448—1799): Armen- und Krankenhäuser, Stiftungen
aller Art (1321—1802), Amts- Güter- und Grenzbeschreibungen
(von 1500 an), Ortssachcn (1115-1800).
m) Städte: Bamberg (Rath und Stadtgericht, Privilegien, Im-
munitrden, DifTcrcnzon mit den Bischöfen, Spitülor. son^^tigc
Stiftungen, T^nhTrichts- und Wolilthätigkcits-Anstalten, Juden,
Weinberge, (iärlnerei (1 ir)4— 1835); Forchheim (Rath, Spi-
tal, SlitUmgen, Feslungsbau, (1321—1742); Höchstadt Spi-
tal (1511-1684); Kronach Bergbau (1794 fl").
B. DomkapiteL
a) Allgemeines: Au&chwGr- Agnaten- und Wappenbflcher
(1385-1795), Statuten (14.— 18. Jahrb.), Kaiendarien und
Aniüversarien (13.-17. Jahrb.), Lehensachen, Probstei- und
andere Domämter (1194—1780), Kopialböcher (14.— 18. Jahrb.).
b) Justiz und Verwaltung: Dekanats- und Konsistorial-
Gericht (Hexen- und Schatzgräber- Akten), Syndikats-Protokolle
(1747—1775), Blutbann in Staffelstein (1411—1737), Fürther
Lehenbücherund Gerichtsprotokolle (1483 — 1767), Akten, Proto-
kolle, Rezesse, Hechnungen des Kapitels und der einzelnen
Domämter (1500-1804).
c) Domkirche: Pfarrei, Benefizien und Vikarien, Dom- und
Chorbruderschaa, Ritter- und Stulilbrüder (1296—1780).
G. Stifte und Klöster.
Urkundea von 1097—1800, Privilegien- iind Kopialbflcher, Kalendarim, Ndro-
logien, Statuten. RcgelbOcher, Gerirhls- 01)Ici- Z'm<- und LehenbOcher TOm 19.
bis 18. JatirlnuKlert, RecJmungen und Akten von 1500 an.
a) Im Hochstift Bamberg: Stifle St. Stephan, St. Jakob und
' SU Gangolph in Bambeig; St. Martin in Forchheim; Klöster:
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Inhalts d«r bayerischen Landesarehhre.
215
Mirhel?borg (Pfortengeriehl), St. Theodor und St. Gertrud in
Bamberg, Banz, Ebrach (sog. Konservatorien), Langheim, Neun-
kirchen am Brand, Schlüsselau und Weissenohe; Jesuiten in
Bamberg; Betteliclöstor in Bamberg. Forchheim, Freienfels:, Gü.ss-
\voin?toin, Höchsladl, Klosberg, Kronach, Maria-Weiher, Pom-
mers feklun, St. Theres, V'ilseck; Karthause Ilmbach,
bj In der Oberpfalz: Kastl, MiclicHV'ld. Spoinshart. Wald.-asson.
c) In Nürnberg: Sl. Ac^'idien, St. Veit, St, Salvator, .'^t. Katha-
rina, St. Klara, Dominikaner, Franziskaner, Karthause Maria-
zeD.
d) In Bayern und Schwaben: Aldersbach, Aqiach, Kaisers-
beini, Niedenüteich, Prieffing.
e) In Kärnthen: Arooldstein, Griefentha], ^itäl am Piro.
f) In Rheinland: Gengenbadi, Schfitftem, Stein,
(f) In Sachsen: Salfeld, Sonnenfeld, Vessera.
IL Fürstenthümer Anabooh und Bayreuth.
(PJassenbo^er Arehir).
A. Beide Fflrstenthümer.
a) Generelles: Kaiserlidio Privilegien (1267—1718), sog. Ge-
meinbücher (1409— 1662), sog. kaiserliche Bücher (1431— 1492),
brandenburgische Kollektaneen-Sammlungen von Verschiedenen,
Staats- Lehen- Kirchensaefaen, privatrechtlichen, aber auch
politischen und geschichtlichen Inhalts (1366 ff.).
b) Markgrafen: Brandenbuiger Haus- und Familiensachen,
Heirathen, Hofhaltung, Finanzsachen, Schulden, Verlaasenschaf-
ten, Vormundschaften fldOT— 1791); Landestheilungen, Sukzes-
sions-, Haus- und geheime Verträge (1404—1770). branden-
burgtsche und preussische Sukzessionsakten (1603—1751), Erb-
einigiingen (1860- 178."^); fürstliche KorresfXjndenzon. z. B. der
Markgrafen Albrecht Achilles, Sigmund, Albrecht Alcibiades etc.
(1468 ff.); Landeshuldigimg (1522—1542).
c ) Reichs- und K r e i s - A n g c 1 e g o ii h e i t e n : Roichsbeleh-
nungon (1347—1717), kaiserliche Koinniissionssachen (1465 bis
1771), Judensteuer (1412—1464), Reichstagsakten (von 1414
an), Regensburger Relatifmen (1786—1789), Ansbacher Agen-
tie- und Eondtialakten (1726-1790), firinkische Ereisakten
(Ansbacher Serie von 1438 an), Ansbachische Kreisgesandt-
216
Kurze syvteinaUwbe Uebenicht des
scliaasakteii (1710-1732), Kurlürstcncinigungon (13 t9 bis
1471), Hhcinzoll (1361-1141). Wur/burg- r Guld. nzoll (1422
inilj, Kayreulhor MüiizMkteii (von 14ll5 an), ^Sul)«idien-
V. ili;if.'<' (1756 tr.), Ansbach-Bayreuthcr Quurliurfreiheit (1702
bis IT!*;");.
d) Kriegs- und ßundessachen: Fehde- Kriegs- und Bundes-
Akten im Alig« iiieinen(1412— 1790)« Kriegszüge der Markgrafen
gegen Bayern, Landshut, Burgund, die Niederlande etc. (1460fr.)i
Bauernkrieg (J 514— 1529), schmalkaldischer, dOjähriger, 7jäh-
riger Krieg, kurlmyerische Kriegsunruhen (1702—1704), schwä-
bis( lier Bund (1492—1538), Städteunionsakten und Abschiede
(14,31-i621j.
e) Auswärtige Bezieh untren: Brandenburger Verträge mit
vcrschiedent'n RciclisstäiKk'n und aus wärt i^'en Sta;if<'n, mit dem
Deutsi:h- und Johannitoi -Orden, mit Klosfor Langlicini, Adt-
ligon otc. (1335—1792). Brandenbuip i DilYt renzen mit Bani-
bcrg (1375— 17!»4). Bölimen (1412 — 1403), Bayern und I^falz
(Herzog Otlon-Bueh, buyeii>che Bücher, 1336—17^5), Sachsen
(1470-14U9), Köln und Lüttich (1418—1488), Eger (1412
bis 1580), Wiener Agentenberichte (1703—1790), Berliner
Gesandtschaftssachen (1701—1713).
f) Brandenburger Besitzungen: Kaiserliches Landgericht
des Burggrafenthums Nürnberg (1466—1721), Bayreuther Pas-
sivkhen (1390 -1466), Besitzungen in Oesterreich, Ungarn und
Böhmen (1207 -17.S0), in Schlesien (1531). am Rhein bezw.
im Elsass (13<il -1473). Pommernsche Lehen (1447—1660),
Jüliihisclie Sukzes>ionsakten (16 10-- 1743).
g) Lolien uinl K i 1 1 e r > c ha f I : Bayioulher adeliche Lehen,
Hitlerlehenliücherele. (1400— ISOO). Adol-^-csrhleehter (1450 IT.).
Brandenburgfer Nürnbeiger-Lohen. Sj)anurk"s( he Lelien (133<»
bis 1785), Lt henhül'akten und Lehengeiichtsbücher (1466 bis
1566), Brandenburger Ritterschaft, Rillergüter etc. (1515 ff.),
lefaenherrliche Konsensbriefe (1523—1538), Bürger- und Bauem-
lehen (1400—1602).
h) Archiv: Registratur, Protokolle, Repertorien des Plassenburger
Archivs (1471-1800).
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Inhalts der faayerisclwn Laodesarcbire.
217
B. Fflrslenlhum Bayreuth insbesondere.
a) Lanilesvcrw.iltung: Laiidlajrs- und Lands( haftsakten, Ab-
schiedo, Protokolle (1515— 1T»4), Ansbacher Landta^'saklen
(von 1524—1582), Geheime-Raths-ProtokolA' (166I-1T03),
Akten, Bücher, Protokolle des kaiserlichen LandgerichU, dann
Brandenburg. Hoi^richts and Regierung (von 1466 an), West-
Oliscfaes Gericht (1455—1499), Hof- und Landgerichts-Eonek-
taneen, Stadt- und Landbucher der Aemter, Saal- und Urbare
bücber (1441 IT.), Bestallungs- und Besoldungsbucher (1536 bis
1580), Brandenburger und Ansbadier Veroi>dnurigen (1470 bis
1791), Urfehden (1404-1577), LandcsscliukUn (1522—1756),
Verwaltung.«- Justiz- und Finanzakten alk'r Art, Bergwerke-
Jagd- Forst- und Weidesachen etc. (1347 — 17U9), Recb-
nuntzen etc. (1741— 1830j.
b) Aernfer und Städte: Bayreuth (Sladt- und Privilegicn-
bucli 14G4 fT. Residenzbau. Reiterka.serne etc.), Baiersdorf,
Erlangen (Scliloss- und Theater-Inventar 1719 etc.), Hof
(Juden 1373—1582, Belagerung 1574), Kulmbach (Plassen-
burger Bauakt 1459 -1723, Schlossordnung 1545 etc.), Münch-
berg, Neustadt, Sdb, Wunsiedel; Vogtei Seybelsdorf (Akten
und Protokolle 1696—1745), Aeniter^ und Grenzbeschreibungen
(1646-1774), Orts-Urkunden (1294-1802).
c) Kirchen wesen, Schul- Unterrichts- und Wohlfhätig-
ke itsanstalten: Bayrculher Pfarreien und Pfründen, Be-
schreibungen, Lehen, Urbar- und Zin^^büiher. \'isilafionen, Stif-
tungen (140T— 1775), Priesterjuranientenbuch (1545— 15TU),
Zehntsachen (1530-1700). Reforniationsakten (1503-1770),
französische Refonuirtc in Erlangen (1681 — 1719). Erlanger
Universitätsakten (1742—1746), Gymnasiuni Bayreuth (1703),
Stipendien (1G20— 1790), Adeliche Fräuleinstifte (1740—1790;,
lateinische und deutsche Schulen (1548 tf.), Waisenhäuser und
Sjntfiler (1264-1761).
d) Klöster: Birkenfekl, Ghristgarten, Frauenaurach, Frauenthal,
Hellsbronn, Hunmelkron, Hof (Franziskaner und Klarissinen),
St. Jobst bei Bayreuth, Kulmbacfa, Langenzenn, Münchaurach,
Mflnchsteinach, Neustadt am Kuhn, Pielenhofen, Riedfeld, Wilz-
burg (1349 ff.).
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218 Kurse systematische Uebersicht de«
III. Fränkische Roichsritterschaft.
a) Allgemeines: Akten der sochs Ritterkantone in Franken
(von l')\H\ an), Rittertage (1490—1555), Sociisortstage und
Kantonsre/,(>??o (1421 — 1(587), Rilter>cliaftliclio Korrospnndenz-
Hf/.e-^se und Konfcicn/.akta (ir)(;()— 1 18U), Bainijer^Msclie, Würz-
burgische, Nürnbergischo. Hayerische und Brandenburgische
Differenzen mit der Reichsrillerschaft (1550 fr.)i Ritterschafl-
liche und Reichsstädtiache Bündnisse gegen die Reichsföratioi
(1453— 1471)t Besitznahme der Rittencbaflsgüter durch Preossen
(1792 ff.) und Bayern (1802 fll)
b) Einzelne Kantone: Direktoriabachen vom Ritterschaftsort
Gebfirg, kaiserliche Konuniasionsakten in Sachen dieses Ortes
(1725)» Akten der Kantone (Sebörg, Steigerwald und Baunach
(1422—1804), Voigtländiscfae Ritterschaftsbucher und Akten
(1515—17:^8), Konfpionzaklon mit dem Kanton Altmühl(171 6
bis 1729), Ortsgebürgisdios Damenstift (1812—1813), Rech-
nungen der Hitterorts Gobürg- und Steigerwald-Kasse (1027
bi^^ 1709), Direkloriai-Rechnungen des Kantons Steigerwald
(1081—1691).
c) F^inzelno Geschlechter und (hiter: Personalien, Lehen-
saciien und Akten des fränkischen Adels und der Reichsrilter-
scliall (1400 1S05), Ganerbschaft Rottenberg (Bücher, Akten,
Urkunden, Rechnungen etc. 1360—1091), Marschall von Ost-
heim'sches Amt Trabelsdorf (Klagsprotokolle von 1774—1805).
XV. VeneM Akten
und Antiquar-Amtsregistrataren.
a) Akten und Rechnungen der Regierung von Ober-
franken: General- und Spezialakten (tber die Aufhebung der
KlBster und Stifte fai Oberfranken (1803—1824), Kasten- und
Rentamtsrechnungen (1682—1830), Bamberger Assekuranz*
Rechnungen (1777—1811), Oberfrtnkische Kreislrrenanstalt
(1866).
b) Akten des k. Appellationsgerichts Ton Oberfranken:
Bayreuther Ifinisterial-Kabinetsakten des kaiserlichen Land-
gerichts Burggrafenthums Nürnberg (1720—1791), desgleichen
äber Reichskammer-Gerichtsprozesse (167S— 1681), desgleicben
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Inhalts der twTwiMlien Landesarehhre.
219
kai^rrÜche Kommissions-, Prox.(>=s- und Exckution>ak{on (1642
bis 1783), desgleichen über Zivilrecht-Prozesse (1518—1766).
c) Akten sonstiger Kreisstellen etc.: Akten, Rechnungen,
Journale, Protokolle dos Staatsschuldentilgun^'S-Kommissariats
und der Spocialkassa Baml)erg (1807—1864), oberfränkisrhe k.
I^henakten (1804—1826), Sliflische Lehen und Kammcrlohen-
Akton etc. (1790—1820), Xeckarsuiint i- und Philippsburger
Konnnissariatsie<hnungen (1698 — 1753).
d) Registraturen der äusseren Aemter: Kriminal- und
Zivilaktcii, Zmtakten imd Protokolle, Amtsprotokolle und Parti-
kularien , Kanuiier-Aiiitsakti ii , Kassenamts- und Voglei-Rech-
nungen und Protokolle, neuere Akten, Revisionsprotokolle etc.
der verschiedenen oberfiränkischen Bezirks- Stadt- und Land-
gerichte, Bezirks- Rent- und Forstamter u. s. w.
HL KreisarcliiT Landshut
(Akten, AmtabOeher, Rcchnungeo, vereinielt« ürkonden.)
1. Bayern.
A. Akten.
a) Landschaft: Akten , Verhandlungen , Rechnungen (1429
bis 1805), Schuldenwesen (1620—1790).
b) Ministerial-Akten: Hofrath Zivilstreitakten» ProtokoUe,
Journale (15r)0— 1803).
Hof kämm er Gesfliäflsbücher (IGIG— 1808).
G en er a II a n d e s d i r e k l i o n : Militär- und Zivilakten (1803
bis 1816), Geschüllsbücher und Protokolle (1T73— 1807).
Staatsministerium des Innern: Stiflungs- und Kom-
munalsachen, Anlehen, Sehulbücherverlage etc. (1707—1819).
Kriegsmtnisterium: Kriegsakten und Rechnungen
(1696-1816).
Geistlicher Rath: Akten Ober Stift, Probetei und Kapelle
Ältötting, der Regierungen und Landeskommissariate Arnberg,
Ansbach, Burghausen, Eichstätt, Manchen, Neubuig, Straubing,
und ühn (1617--180r>
c) Zentral-Landes-Stellen: Oberster Lehenhof: Akten,
Rechnungen, Protokolle (1400-1826).
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220
Kurse systenuttUvbe Uebersicht des
Slaa t s -^cli u I (k' II - '1" i 1^' 1111 ^'s - A nslal l : allj^eineiiie und
besomii'ii' Aiileluii, Akten, liiTlmungon (1775 — 1813).'
G e n e r a I - Z o II - A (i 111 i n i s l r a l i o n : Maut- , Kouiinerzial-
unil IVrsoiuilakti ii (1327— lö-iti).
Geueral-Lolto-Adtninistration: Lottoaufliebung
(1858-60).
General-Forst-Administration: Betriebs- und Per-
sc*nalakten (1617—1817).
General-Bergwerks- und Salinen-Administration:
Berg- und Salzamtsakten und Rechnungen (1520-1825).
d) Kreis-Stellen: Alte Regierungen (Rentämter): Burg-
hausen: Zivilstreitakleti, nedinnnfrcn verscliiecicner Art (1400
bis 1809). Landsliiil: Zivil-troitakttn niederbayrischer Plleg-
pr»Ticliti> (1500 -179.)), Straubing: Zivilstreit- und Lehen-
akttii, Reciitinn^^cii \\\n-\- Kultus, PerliUcherei, Bergwesen,
Baulrn etc. (14U0— 1Ö03,).
K re i s regier u n gen : Ilausruck-Viortel: Akten und
Reelmungen (1809 — llj, Lsarkrei-s , bezw. Oberbayern:
Akten und Rechnungen aller Art (1596-1839), GeschftlU-
protokoDe (1808—17), Regenkreis: Akten verschiedener Art
(1800—31); Salzachkreis: Akten und Rechnungen aller
Zweige (1803—1817); Unter-Donaukreis, liezw. Nieder-
bayern: Akten aller Art (1313—1860), Geschäftspiotokolle
(1808—37), Akten betr. Aufsicht auf den Pfarrfonds, Stiftungs-
wesen der Landgerichte Landshut und Vilsbiburg und der Stadt
Landshut.
A ppell a t Ion sgorich f e: OiH rbaycrn: Kriminal-, Zivil-
streit- und Fiskalat-s-Aklcn (1500—1848); JNiederbayern:
Kriminal- und Zivilstrcitakten (1341 — 1849).
e) Aenitcr und Hi-iiörden:
1; Oberbayern: Akten der Landgerichte Altütting (1400
bis 1835), Berchtesgaden (1796 -1813), Dorfen (1830— 47);
Akten und Rechnungen des Hofkasten- und Rentamts
München (1591—1819); Rechnungen, Protokolle, SaalbQcheretc.
des Rentamts Erding (1579—1849).
2) Niederbayern: Akten der ehemaligen und gegenwärtigen
Gerichts- und Verwaltungsbehörden Niederbayems, Insbesondere
des Hofkassenanits Landshut, der verschiedenen Land- und Pfleg-
gericlite, der Renl- Bezirks- und Forstämter etc. (1400-rl848).
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Inhalts der hayeriBchen Landesarchiv«.
221
3) Oberpfalz: Akten des Landgerichts Auerbach (1786
bis 1831).
f) Orden und Klöster: Akten der Deut >(liorilens- Kom-
mende St. Gilgen (1006 — 1752); Akten und lleclinungcn der
Johanniter>Kommende (1572 — 1816); Akten der Klöster:
AUersbach, Ettal, St Nicola, SebäfRlam tmd Tegernsee (1498
bis 1803).
B. Reehnongswesen.
a) Hofämter und Zentralstellen:
1) Rechnungswesen Oberhaupt: AeUere Hofämter
(1503—1811), Ilofstäbe und Intendanzen (1709—1825);
Generaldireklion der Verkebrsanstalten : Eisenl>ahnbau (1840
bis 1857), PostadministratifMi (1808—18): General-Zoll-
administration: Mautrechnungen (1351 — 1747): St aal s-
^'ülerad Ulinistrat Ion (1811 — 30); Schul- und Studie n-
direktion: Schullbnds ('1500—180!)), Seuiitiare, Stutlien-
anstalten , Universitäten etc. (1680—1831); Haupt- oder
Zentral-Staatskassa (1763—1822); Generallottoadmi-
nistration (1804—60); Staatsschuldentilgungs-An-
stalten.(1808— 46).
2) Regierechnungen: der Hofkammer (1700—1800);
der Staatsministerien des Aeussem, der Justiz, des hmem
(IStl— 18) und der Finanzen (1804 - 26); der Akademie der
Wissenschaften (1802—25). und jener der Künste (1808—26),
der Schul- und Studiemlii « ktion (1804^17).
b) Kreise: Kreiskassa- 1\ im hnungen des Altniühl- (1808 — 16),
Eisack- (1808—11), Etscli- (1809-11), Hier- (1808—16),
Inn- (1809 — 14l, Isar-, bc/w. Oberbayern nebst Rentamts-
rechnungen (1804 — 31), Oberdonau-, bezw. Sc hwaben (1808 bis
1825), Obermain- (1811-22), Pegnitz- (1808—10), Regen-
(1808—31), Rezat- (1811-23), Rhein- (1816—31), Salzadi-
(1809—16), Unlerdonau-, bezw. Niederbayern (1809- 31), und
Untermainkreises (1811-22).
ProTlnzial-Hauptkassa-Reehnungen des Hier- und
des Innkreises (1805—14), des InnTiertels (180&— 12), des
Oberdonaukreises (1803— «), der Oberpihlz (1794—1810), von
Bambeig Und Wfinburg (1803—6).
Aufschlags-Rechnungen des Iiier-, Inn-, Oberdonau-,
l'^itz-, Rezat-, und Salzachkieises (1811).
%22
Kurze äysleiiiatiM-lie U«bersicht de^
Land-Bau-Rechnungen des Iiier-, Inn-, Lech-, Nah-,
Oberdonau-, Regen-, und Salzacfakreises (1803—10) und von
Niederbayern (1824-37).
Kriegskosten-Rechnung des Unterdonaukreises (1809
bis 1816).
c) Aeussere Aemter:
1) Oberbayern: Rt'chnungen aller Art der Pfleggerichte
und Aemter (1440—1807). Steuer- und Kirchenrechnungen von
Aihling (1449 -l.sO;S), Stiftunfrsrechnun^cn von Altölling ( löUS
bi-s 1801), CJeriehts- und Amtsrechnuiigen von Dafliau (150.3
bis 1803), Gericlitsndinungen von Benediktheiireii (1704 bi;^
1803), Amtsivi himni:eii ülier Berchtesgaden'sche Enklaven im
Rentamt Erdinp (ItiSO -1802).
2) Niederbayern : Rechnungen der Renl-, Forst-, Kasten-
etc. Aemter (1448—1860); Kultus- und Stiftungsrech-
nungen der Pfle^ und Landgerichte Abbach, Abensberg, Egg-
mühl, Kelheim, Kirchberg, Kötzting und Neustadt a. D. (1790
bis 1818); Amts- und Umgetd-Rechnungen von Deggendorf
(1497 bis 1803).
3) Oberpfalz: Rentzahlamtsrechnungen von Amberg (1763
bis 1792).
4) Schwaben: Schlossverwaltmv^' Augsburjz (1S17— 30),
Stadt kammer-Anlags-Rechnungen von Donauwörtii (1613 bis
1777).
d) Stifte und Klöster: Kollegialstitte Landshul, München und
Straubing (1418-1803); Stift Allültin^' ( 1 598- 1801): Jesuiten
in Augsburg (1773—87); Klöster Au, Bernrietl, Reuerbei-g,
Dietramszdl, Ettal, Fürstenzell, Gnadenberg, Geisenfeld, Inders-
dorf, Augustiner und Theatiner in München, Niederschönfeld,
Paring, Polling, Raitenhaslach, Schamhaupten, Seligenthal,
Scheuem, SchäflUam, Tegernsee, Thierhaupten, St Veit, Wmd-
beig (1493-1803).
II. Säkularisirte Fürstbisthümor.
1) Hochstift Freisin-: llofkammerakten (1367-1802): Hof-
raths-Protokolle (1510—1802): Hofrunter-, Domkapitel-, Ge-
richts- und Amt.srechnun;/en (1440 — 1803).
2) Hochstift Passau: Horkanimer- und Hofrath>akten (lf)(X)
bis 1804;, Akten und Rechnungen der passaui^clicn Herr-
Üiyitizcü by GoOglc
Inhalts der bayerischen Landeearchive.
223
scharten und Aemter (14y7— i803j, Akten des Domkapitels
(1533-1803).
3) Erzstift Salzburg: Verträge mit Bayern (1442—1527),
Gericfatsakten (1368—1807); Gerichts-, Kireben- ete. Rech^
Hungen (1600-1811).
4) Probstei Berchtesgaden: Salzbtirg'ache Gerichtsakten
(1491-1813).
ni. KurptUi.
Aemter-Recbnungen (1588 — 1649;.
JV. mederlande.
Hofaints- und Kriegszahlamts-Rechnungen (1701—1715).
IT. KreisarehlY Mttnchen.
Akten, Amtabficher, Rechnungen, wenige ftitere Urkunden.
A. Aellere Bestftide.
I. Bayern: Herzogthum, KurfUrstenthum, Königreich,
a. Akten das Gesammt-Landesgebiel betreffend.
1) Generalregistratur, d. i. General-, Spezial- und Personal-
akten de? geheimen Raths, des geistlichen Rath . <h-v Kirchen-
administrntion , der liofkammer, der obcroii Landesiogieruiig.
der rioiirralianilo.sdirektion etc. in dem W'ii-kun^'skrois dieser
Dikitsterien , und (jci-^fiiständo der Latidschan , des Adels und
Leliemvesens , der Anitsorgaiiisalioti und Verwaltung. Justiz
und Polizei, fiskalische Sachen alltr Art, bayerlÄciies und tVei-
singisches Münzwfsen, Steuer- und Rechnungssachen, Landes-
und Kultusbausachen, Reichs- und bayerisches Postwesen, Gegen-
stände des Unterrichts und der Bildung, geistliche, Kirchen-
und Pfarrsachen, Stiflungs-, Kloster^ und Ordenswesen etc. etc.
umÜBssend (von ca. 1550—1814 mit einigen neuem Zugängen).
2) Hofamtsregistratur, d. i. Aicten der obersten Landes-
steUen, über Organisations-, innere und Personalsachen sämmt-
licher HoCstabe, IIoHimter. K' ibinetsgüter und Schlossverwal-
tungen, dann aller ZenlrallandesstcUen für Verwaltung, Finanzen,
Justiz, Wissenschaft und Kunst (vom 16. Jahrh. bis ca. lÖOÖ).
224
Kurie «ystematiaehe Uebersicht d«s
3) Akten nmi Bücher oinzolncr Zontralstellon: Sessions-
Prnlokollc (U-r HofkarDmer (1550—1779), der Obern Landes-
ifgierung (1779 — 90) uml der Ceneiallandesdirektion (1800 bis
1804), Ilofzahlamtsrec hnun^ren (1511—1 803), Akten der General-
forstadministration über Jagdsachen, Jagd- und Forstpolizei
(1537-1818); Akten des geheimen Raths über Forst- und
JagdsBchen von Altbayem und Pfalz-Neuburg und Sulzbach
(1712—89); Akten der Strassen- Brucken- und Wasserbau-
direktion (17. und 18. Jahrb.).
I). Aklen einzelne <i c h i »• t <l h p i I e betreffend.
1) All«; der G encralrogisl ra t u r : Akten der Generalforsl-
adniitiistralion über die Forstin-^pektionsbozirke Deggendorf,
Fric dheig, München und Neustadt a. D., sowie der Trift- und
Ilolzgärlen: Akten der Forstinspektionen Münclien, Garmisch
und Salzburg, Akten des gein^tliehen Raths und der Kirchen-
■ administration und der Stift ungsadministralionen über Fach-
gegenstSnde der alten Regierungsbezirke (Rentämter) Mflnehen,
Landsbut, Burghausen, Straubing, Amberg, Sulzbacfa und Neu-
burg, später des Oberdonau- Regen- und Rezatkreises (1550
bis 1807); Akten fiber Strassen- Bracken- und Wasserbauten
in Oberbayero (1599—1818).
2) Altbayerische Gerichtsreglstralur, d. i. Akten der ver-
schiedenen obersten Landesstellen in Hegiminal-, Finanz-,
Kommunal-, Stiftungs- etc. Sachen über die Rentämter (Re-
gierungshezirke) .Münclien. Land^hut, Straubing und Burghausen
• und samiiitliche darin g<'l<'gcne Hofkastenäniter , Land- und
Pfleggerichte, Herrschatleti tind Städte (mit Stiften und Klöstern),
dann über di6 schwähischL'n Herrsduiften Mindelheim, Wer-
tingen, Wiesensteig, Illerlissen, Illereichen und Schwabeck, die
Herrschaft Dumau und Gameltshausen, die Grarschaft und das
kaiserliche Landgericht Hirschberg, die Grafechaft Ortenburg,
die Stadt Regensburg und die Herrschaft Donaustauf, die
Graf Seinsheimischen Besitzungen etc. (ca. 1550 bis ca. 1808).
8) Inn viertel: Akten derselben Landesstellen Ob» die Gerichte
Braunau, Friedburg, Matiigkofen, Mauerkirchen, Ried, Schäi^
dhlg, ültendorf und Wildshut (bis 1779 reichend).
4) Judizialakten: Aklen des kurfürstlichen Hofrathn, Hofge-
richts und Hofoberrichteramts (spätem Stadtgericlits) Münclien
Üiyitizcü by GoOglc
I
Inhalts der baymsclien Landesarchive. 225
in Prozess- und VerlasseDSchaflssachen (vom 17. Jalirh. bis
ca. 1810).
11. Stitte und KiUster.
Akten sSmintlicher altbayerlscher Klöster und EoUegiat-
stifte über Gründung, Verwaltung, die dazu gdiOrigeii Pfoneieii,
dann deren Aufhebung, Konventualen und Güterwesen (von alteren
Zeiten bis ca. 1820).
III. HoMHIe.
1. FürstbiBthnm Treising.
a) Akten der verschiedenen hoch- und domstiftischen Be-
hörden und Aemter bi? zur Säkularisation (1803).
b) Akten des Generalkommissarials Freising über das Hoch-
und DomsUft nach der Säkularisation, und zwar:
a) Verwaltungsakten aller Art, Reichatagsveihandlmigen,
Ldienwesen, geistliche, Kultus- und Stiftungssaehen , Stifte
und KUtoter etc.
ß) Besitzungen in Bayern: Stadt und Geridit Freising,.
die Herrschaften Burgrain mit Isen, Ismaning, Kopfsburg, die
Gra£schaft Werdenfiels, die Hofmarken Eisenhofen, Massen-
hausen, Ottenburg und Zeilhofen.
y) Besitzungen in Oesterreich: der freisingische Hof,
die Grundbuchsverwaltung und die Hofkellerei in Wien, die
Herrschaft hiching in Tyrol und die Weinvcrwaltung im Elsch-
land; die Herrschaften Lack und Ilothenfels, dann Enzersdorf,
Hollenburg, ülmenfelden und Waidliofen, Lehen in Oesterreich,
Steiemuurk und &am.
S. FCLrsfblstiram Panao.
a) Hocbstlftische Akten.
a) Bischöfe: Wahlen, Ableben, Personalien, und Korre-
spondenzen der Fürstbischöfe, Koadjutorie- und Interregnal-
sachen, Huldigungen (1538— 1797), Akten und Korrespondenzen
des Fürstbischofs und Kardinals Grafen von Lamberg (1693
bis 1754).
ß) Verwaltung: Verordnungen, Erwerbun^ren und Be-
sitzungen (1662—1768), Besitzungen in Ober- und Niederöster-
reich (1526—1770), Aktiv- und Passivlelien, Verträge mit
AnUvaliadM UlMhiifti L 15
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226
Kurae systemalis^clic L'ehei'äicht deä
Bayern und Kloster Niedemburg (1549 — 1792); das Innbruck-
amt und dessen Stiftungen (1489—1790).
Y) Kirchen wesen: Geistliche Sachen Oberhaupt (1613 bis
1785), insbesondere Pfarrsachen (1663—1764).
d) Aemter und Städte: Ffirsteneck, Griesliach, Hutten,
Jandelsbrunn, Uz, Leoprecliting, Obemzell, Passau, Tbümau,
Waldkirchon, Wi'fr.-^cheicl, Wolf^toin.
b) Domkapitolakten: Statuten, Aufschwörnnfi^en, geistliche und
\vtltli(he Angci^nheiten, Protokolle, Rechnungen etc. etc.
(1570-1797).
c) Bayi i>pli<' Akten: Akten untl Protokolle der Säkularisations-
konnnis.sion, provisori-clirn Lan(le>re};ierung, und des «jeistlichen
Administrationsiallis in Passan üht'r alle Zweige der Verwal-
tung (180.) — ISOti), pa^sauisclie Kaincralraths-l'rolokolle (1603).
d) Salzburgische Akten: Passauische Akten des Medizinalraths,
des Kriegsraths, und der obersten Justizslelle in Salzburg (1803
bis 1806).
3. Erzstift Salzburg und Probstei Berchtesgaden.
a) Sliltische Akten: lürstlich Salzburgistlio und Berchles-
gadt-n'sclie Areliivalakten: Stil'l BerelitesgadenVelie Grenz-, Salz-,
iManl-, Sfifliings-, Klosteramls- etc., dann Walduklen; Berchtes-
gaden sehe Herrschaft Wascrntegernbach.
b) Akten der Gerichtsregistratur: die salzburgischen Gerichte
Laufen, Mühldorf, Teisendorf und Tittmoning.
c) Bayerische Akten: Akten der Generallandesadminlstration
Ton Salzburg und Berchtesgaden über Beamte, Polizei, Wald,
Alpen und Weiden etc. etc., Akten der Landes* und der Hof-
kommission von Ried und Salzburg; Salzachkreis; Akten der
Regierang m Salzburg.
B. Neaere Akten
und AnliquaroAmtsregislraturen.
I. Dn fame Kbnigreich beirttfond.
1. Akten der Staatsministerien,
a. Staatsministerium des Innern hoiii-r Abiheilungen.
Einlaufe- und Expoditionsprotokolle (1808—46), Sitzungs-
protokolle des Ministeriums, dann der Kirchen- und Studiensektion
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Inlttlt« der bayeriocheu Laiidesarcbive.
227
(1804—23); Regie- und Personalakten; Etatswesen der innem
Verwaltung des Kfoigrachs (1817^31); Verwaltung^pegen-
stände aller Art über Industrie, Kultur, Gewerbe; Landraths-
und Landlagsvorhandlungen: Dienstordnunfr und Gericht^lizd,
Mi'dizinalgegenslände; Militärsachen , und Forderungen gegen
Frankreich; ferner Polizei, und öffonlliclie Sicherheit, Statistik;
Merkaiililwcsen , Landwirlhschatt , SchifTfahrl und Mainzölle;
Gemeindeangelcgenheiten ; Personalien: gut.sherrliche Grerichts-
barkeit, Auswanderuntri-n, Indiireiial; Orden etc. etc.
Akten und Hechimn^ri ii über das Bauwesen und dessen
Organisation (1786—1039), Strassen- undLandbaugegcnstände,
Koitus- und Scholhausbauten, Personaliai d^ Hof bauintendanz
(1804—35).
Ak\ea der Ministwialstiftungssektion : Organisation, Perso-
nalien, Geschftflsgang, geistliche, Stiftungs-, Studien- und Kom-
munalsachen, Stiftungsanlehen, Forderungen an Oesterretcb,
Zenlralstiftungskasse.
Verhältnisse der Bisthümer und Ordinariate, Geistlichkeit,
Konsistorialsachen, Piarreien, Benefizien, niedere Kirchen-
diensto.
Universitäten (auch Altdorf und Innsbruck), Klerikal- und
Lehrerseminare, deutsches und laleinisclies Schulwesen, Spezial-
leliranstalten, Stipendien, Institute für Kunst und Wissenschaft.
b. Staftisminlsierium der Finanien.
Administrationsgegenstände , Etatswesen der gesammten
Staatsverwaltung, Lehen-, Staats- und Kriegsschulden, Zwei-
brficker und Rappoltsweiler Schulden, Kultusbauten, Zollsachen.
Akten der Steuer- und Dom&nensektion (1808->18)« sowie
des Generalfiskalats.
Kameralgegenstände, namentlich Getreide wesen, Grundober-
eigentluims-Ablösunf.'cn, Dominikairenten, Frolmden und Schar-
werk, Staatsrealiläten und Staatsgüter.
e. Staatsministerinm des Handel«.
Akten über Landwirllisciiaft, Handel und Verkehr, Statistik,
tedmische Lehranstalten.
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228
Kurze systematiscbe Uebersicht des
9. Zentralstellftn.
a) Akten, Bücher und Rechnungen der Provinzial- und Haupt-
kasse, sowie der Zentralstaatskasse (1804—40).
b) Akten und Rechnungen der Reebnungskammer {Iber das
k. Haus, die Ifinisterien, obersten Stellen etc. (1811—42).
c) Rechnungen der Staatsschuldentilgungs-Haupt- und
Nebenkassen (1846—66).
d) Geschäflsprotokolle der GcncralltaiKÜroktion (1806 — 16);
Akten der obersten Baubehörde über Organisation, Perso-
nalien, Strassen-, Land- und Knltusbauten (181)4—43).
e) Akten des ObermedizinalkoHegiums (1817—25)*
II. Akten Uber einzelne, insbesondera jetzt ttsterrelchische
fitbieittheife.
1) Minislerialaktcn über geistliche, Stiflungs-, Kommunal- etc.
Sachen des Fürstcnthunis Salzburg, der Provinz Tyrol und Vor-
arlberg; des Salzach-, Inn-, Etsch-, Eisack- und lUerkreises,
der Provinzen Franken und Schwaben.
2) Akten über die Insurrektion in Tyrol (1809).
3) Akten fiber Veräusserung von Stifts- und Klostergätern in
Tyrol (1808-17).
4) Akten der Hofkommission von Tyrol und Vorarlberg.
5) Akten der Hofkommission zur Österreichisch-bayerischen
Grenzregulirung, mit Länderaustausch, dann gegenseitigen
Forderungen in Folge dieses Austausches bezüglich des Stif-
tungs- und Kommunalwesens, der Kriegskosten etc. etc. im
Inn- und Hausruckviertel, im Salzburger Gebiet, in Tyrol und
Vorarlbo« (1816 £f.).
III. Regierungskreis Oberbayern.
1) Akten der Genoralkommissariate des Isar-, Salzach- und
Unt^onaukr^pes in Kommunalp und Sliflungssachen der im
Jahre 1838 ZU Oberbayem gekommenen Gebietsttieile (1808
bis 1818).
2) Akten der Regierung von Oberbayern (Isarkreis):
a) der Kammer des Innern über alle Zweige der Ver-
waltung.
Inhalts der bayerischen LandeswehiTe.
229
b) der Kammer der Finanzen, sowie des Fiskalats:
Generalia ; Fitianzgcgcnstände der sämmtlichon Rcntaiiitshezirke;
Akten Ulm- allodifizirte Ritterlelu'n: Malzaufschlag, Kerlinungs-
wesen, Zwangsarbeit shaus in Wasserburg, Kloster Höglwörth,
Ausgleichsverliandlungen.
3) Kegierungsakten beider Kammern über die im Jahre
1838 an Oberbayem gekommenen Gebietstheile und zwar:
a) des Oberdonaukrelses, Ober die Gerichte Aichach,
Friedberg, Rain und Schrobenhausen.
b) des Unterdonaukreises insbesondere über die Gerichte
in Neuötting und Buighausen, sowie die Patrimonialgerichts-
bezirke im eliemaligen Salzachkreise.
r) iIsRegenkreises insbesond^ über das Gericht Ingolstadt.
4) Judizialakten:
a) Akten (Iis Appellationsgerichts von Überbayern.
b) Akten des Appellationsgcrichts von Sr Invaben
und Neu bürg aii> den Landgerichten Aichach, Friedberg,
Rain und Schrobenhausen.
o) Akten des Stadt- und Bezirksgerichts München,
dann des Öladtgericiits München über Hochverratlisprozesse
(1833 flf.).
5) Akten der äussern Aemter:
a) die Antiquarregistraluren fsst sftmmtlicher Landgerichte,
Bezirks- und Rentämter (bis zur neuesten Zeit reichend).
b) Akten der Forstämter Ingolstadt und Schongan.
c) Akten der Stiftungsadministrationen Freistng, Neumarkt,
Tölz, Wasserburg, München (1808— 18) : der Sliflungsstationen
Aibling, Aichach, Burghausen; der FlofkuUus- und der Untere
richts-Sliftungsadministration München.
d) Akten der Polizeidirektion München.
IV. Regierungskreis Nlederbayem.
a) Akt eu der R e g i e r u n g v o n N i o d e r b a y e r n (dos ünterdonau-
kreises), Kammer der Finanzen: Rentamt Landsliut; die allo-
diflzirten Beutellehen in den Rentämtern Landshut und Vils-
biburg.
b) Judiziahkten des Appellationsgerichts von Nieder-
bayern. •
(Fortsetnmg folgt)
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YII. Aus städtischen Archiven Altbayerns.
Von
Dr. H o i fr 0 1 ,
Heielisirfl)iv*.krt'tär in Mriiirlifii.
Ein Aul'lrutr clor lii-^torischfii ( Kommission führte mich in den
zwei letzten Jalirrn in nicliitie ätiulfi^rho Arciiive Allhayerns und
der Oljt'rpl'alz. Diiich il< ii allzu früh dein Dienst der Wissensehafl
entrissenen Professor Kern waren für (he Sammlung mitlelalterHcher
Städiechroniken die bayrischen Archive vorerst Dur flüchtig durch-
forscht worden, so dass die Annahme nicht angeschlossen war, es
möchte sich noch irgradwo geeignetes Hatarial entdecken lassen.
Professor Hegel beauftragte mich daher, Nachlese zu halten.
Diese archivalische Forschungsreise war nach mehr als einer
Richtung lehrreich, die Lehre selbst allerdings in vielen F&Uen nicht
gar tröstlich. Man stössl nur zu häufi^^ iuif Anschauungen, wie sie
auf Schloss Bielstein über des seligen Frater Tobias Bachhuber ver-
grabenen Nachlass herrschen, — daraus erklaren sidi die seltsamen
Massnahmen oder vielmehr Nichtmassnahmen , die von den Vätern
mancher Stadt für Aufbewahrung und Sicherung der schriftlichen
Denkmale der Vergangenheit getroffen werden. Sogar geschichtlich
bedeutsame OrtschaRen haben häufig von ihren Freiheitsbriefen,
Rechtsbüchem, Handwerksordnungen etc. wenig oder nichts mehr
anzuweisen. Nicht bloss, dass man bei Staats- und Geroeinde-
beamten selten dem historischen Sinn begegnet, der über den An-
Ibrderungen und Leistungen der Gegenwart nicht vergisst, auch
Ursprung und EntwicUung des Bestehenden zu erfbrachen, — selbst
sogenanntd Geschichtsfreunde, die Ober jeden Meilenstein einer
an ihrem Wohnort voröberziehenden Römerstrasse unterrichtet sein
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Aus flUdtischen ArebiTen Allbayenu.
231
wollen und darüber die eingehendsten Unlersuchunfren verüirent liehen,
lassen ohne Skrupel j?eschclien, dass ganze Archive an Goldschläger
mler Buchbinder verkault werden oder in den Stani|)f einer Papier-
mühle wandern. Man wird dabei unwillkürlich an eine Aeusserung
GoeUie*8 erinnert, der alle »unnfitz schwatzenden Schrillsteiler« lieber
geniHhi^ sfthe, »Urkunden zu schaben, tironische Noten zu sortiren,
Register zuzuschneiden und andere dergleichen nfltzliche Handarbeiten
mehr zu thun.« Unwissenheit und Gleichgiltigkeit der Besitzer sind
weit geffihrlichere Feinde archivalischer Schätze als Moder und
Feuer.
We oft waren alle taktischen Massregeln und eifrigsten Be-
mühungen vergeblich ! Namentlich eine komische Episode wird mir
in Erinnerung bleiben. Es war mir versichert worden, dass im
Halhhau^ zu Hals, das dicht an die in Trümmern liegende Stamm-
burg des berühmten Gratengeschlechts aiigeliaut ist, noch »alte
Schriften« in Menge verwahrt seien. Natürlich iKeiite ich mich, den
Markt zu besuchen. Der Bürgermeister gab freundlichst die Erlaub-
niss, überall nachzuspüren. Vom Polizeidiener ijegleitet durchsuchte
ich nun das ganze Haus, Registraturgewölbe, Sitzungssaal, Schul-
zinuner und Gef&ngnisszellen, ohne etwas Anderes ausfindig zu
machen, als ein paar Kirchenrechnungen und Kastenamtsprot(A;one.
Die Spende ehies Trinkgelds entlockte meinem Begleiter die Aeusse-
rung, er könne sich wohl erinnern, dass der ventorbene Markt-
schreiber oft in einem »sehr alten Rechtsbucht gelesen habe. Neue
Durchsuchung aller Nischen und Truhen, bis sich endlidi dieses
>sehr alte Hecbtsbuch« fand, es war — ein »Intelligenzblatt vom
Jahr 1810«! —
Doch sollen hier nicht die Aventiiuen der aicliivalischen Reise
geschildert werden, sondern nachstellende Mittheilungen verfolgen
nur einen bestimmten praktischen Zweck. Da nritnlich mehrere
städtische Archive ausser den Beständen von rein lokaler Bedeutung
auch viele Urkunden und Ck)dices verwahren, die für allgemeinere
politische, Rechts-, Kirchen- und Culturgeschichte dankenswerthe Bei-
tröge bieten, so wird es för manchen Forscher von Interesse sein,
ein wenn auch nur in fluchtigen Umrissen gezeichnetes Bild ihres
hihalts zu erhalten. Für den Lokalforscher, der jederzeit Gelegenheit
bat, sich mit den Beständen inniger vertraut zu machen, sind selbat-
verstfindlich meine Aufzeichnungen nicht bestimmt, und ich kann
auch, wie es in der Natur der Sache liegt, da zur Einsichtnahme
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232
Heigel:
der Archive nur wenige Tage zu Gebole standen, für einzelne Un-
genauigkeiten und Lücken meiner Angaben keine Verantwortlichkeit
fliberacilmsn.
I. Passau.
Es berflhrte wohlthurad, in der alten Bischofetadt, der schönsten
unter unsem Donaustädten, ein im Allgemeinen wohlgeordnetes
städtisches Archiv und hoi den Gemeindebeamten rege Theilnahme
für die geschichtlichen Denkmale ihrer Stadl zu finden. Das Archiv
verdankt dem vor Kurzem gestorbenen Dr. Ertiard, dorn verdienst-
vollen Verfasser einer Geschiclile der Stadt Passau, seine Aufstellung
uml VL-rzciciinung; die Bestände werden jedoch, worauf ich unten
zurückkomme, durch eine .sori^'fältijjere LTntersuc Imng der Rathhaus-
räuuie noch erheblicli bereichert werden können. Das 1869 voll-
endete Rcpertorium urafasst 1413 Numcm ans den Jahren 1299
bis 1695, ein von Magistralsrath Pleitner angelegtes Nachtragsver*
zelchniss 160 Nummern aus den Jahren 1385—1805. Die Archi-
valien sind in praktisch eingerichteten Gartons vorwahrt, die« über-
sichtlich aufgestellt, einen grossen Kasten füllen.
Die älteste und werth vollste Urkunde ist der von Bischof Wem-
hart 1299 ausgestellte Stadtrechfsbrief (Original mit anhangend«!
Siegeln des Bischofs und des Domkapitels). Aus dem 14. Jahrhun-
dert sind schon überaus zahlreiche kaiserliche, königliche und her/of:-
lich(> Originalurkuiulen vorhanden, ein Beweis, welch hohe Bedeutung
damals schon dieser Handelsplatz am Zusammenfluss von Inn und
Donau und an der Grenze zwischen Bayern, Böhmen und Oester-
reich halte. Unter andern seien hier genannt:
Herzog Friedrich von Oestenreidi gewährt den Bflrgem von P.
(iOr die ihm geleisteten Dienste Steuerf^eit fOr ihre Weinberge in
Oesterreich, 1314 (Or. m. anh. Reitersiegd);
E5nlg Friedrich stiftet Frieden iw&MÄen den Chorherm und
den Borgern von P. einer^ und Egilolf von ScheDenberg andrerseits,
1316 (Or. m. anh. Königssiegel);
Herzog Leopold von Oesterreich stimmt diesem Vergleich bei,
1316 (Or. mit anh. Beitersio-rl) ; •
König Friedricli beurkundet, dass er der Stadt P. noch die
Hälfte eines geliehenen Kapitals schulde, 1321 (Or. m. anh. S.);
Heinrich, Ott und Ileinricli, Herzoge in Bayern, nehmen Passau
in ihren Schulz, 1330 (Or. m. 2 anh. S.);
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Aaa städtiaeben Aichiven iJtbayerns.
233
Dieselben befehlen ihren. Vitztumon , die Bürger von P. überall
zu schirmen und 7,u fordern, 1330 (Or. ni. 1 anli. S );
Ludovicus iniperalor civil)us Niireinljer^ansihus oiiinia jura s|)e-
cialiter in theloneis etc. civitaluni Verona etc. usque ad Pataviam etc.
confirmat, 1332 (Vidimus v. J. 1458);
Kaiser Ludwig bestätigt alle von frühem Kaisern der Stadt P.
ferliehenen Privilegien, 1336 (Or. m. anh. S.);
Derselbe befreit die Bürger von F. von den Zöllen auf allen
Wassern, wo sie Handelscbaft tmben, 1343 (Or. m. anh. S.);
Derselbe bestätigt den Bürgern von F. ihre Rechte etc., 1345
(Unächte Urkunde mit Fortrit Kaiser Ludwigs und einer ftchten
Qoldbulle);
Markgraf Ludwig von Brandenbui^ bestätigt die Gnadenbriefe
seines Vaters, 1349 (Or. ni. anh. S.);
Kaiser Karl IV. widornift krafl kaipcrlither Machtbefugniss alle
Ladung und Klage, die llenii.inii Woyt von Repensburg bei dem
kaiserl. Hofgericht gegen die Stadt V. anhangig machte, 1376 (Or.
ID. anh. S.);
Herzog Ileinricli von Schlesien, des rümischen Kaisers Karl IV.
Hofrichter, thut kund, dass der Kaiser die Stadt P. aus der Reichs-
acht gelöst habe, 1378 (Or. m. anh. S.).
Fapst Urban VI. ermahnt die Bürger ?on F., Rupert Ton Berg
als Bischof anzuerkennen, 1388 (Or. m. B.) u. s. f.
Kfinig Wenzel ist mit 19 Originalurkunden vertreten, eine
grosse Anzahl UrkundNi bodehl sich auf die Fehden zwischen den
Herzogen von Baymi und Oesterreich im 14. und 15. Jahrhundert,
auf Judenverfolgungen, bischnfliche Doppelwablen, die Hussitenkriege
(Papst Martin V. crmahnt die Bürger von F., g^n die böhmischen
Ketzer zu Felde zu ziehen, 1423 (Or. m. B.) etc.).
Ferner bieten sich Einladungen zu Fürslcntagen , Vorladungen
vor das Hofgericht, auch vor das wcsl laiische Freigericht, Üarlehens-
bescheiiii^^nng'en bayeri.scher Herzoge, Fehde- und Urfehdohriefe etc.
von Ritlern aus der Umgebung Passau's, der Auer von Prcmberch,
Puchperger von Wildenslain, Grafen von Schaumberg, Wazman-
storfer, Grafen von Hals, Haderer, Drachsatz von Httllenstain etc.
als 200 Urkunden beziehen sich auf die in Folge der Doppel-
wahl des Kardinals Hasler und des Dr. Friedrich Maurkvcher zum
Bischof von F. zwischen Bayern, Oesterreich und Böhmen entstan-
denen Differenzen 1480 etc.
1
234 Heigel:
Ausser der oben erwähnlen falsclioii Urkunde Kaiser Luthvips
ist auch ein Gnadenbrief Kaiser Sigmunds für P. (1434) mit goldener
Bulle versehen.
Von höchstem Interesse sind viele Urkunden für die Geschichte
des deutschen Handels, des V^ehrs mit Venedig, Ungarn etc.
Auch von den Codices sind viele von geschichtlichem Interesse,
z. B. für die Geschichte der Hussitenkriege (Kriegsregister der zum
böhmischen Feldzug zu stellenden M;inn>( liafl, Arnintnr, Munition elc,
c. 1493; Rathschlag, in welcher Wei-c der Anschlag wegen des
Zuges nach Bölunen vollbracht werden soll ; Vorschriften, wie man
sich bei dem deulschen Ihvre auf dem Zufrc nach nölnnon verhallen
soll etc.), der TOrkenkriege (Ver/eiclini>:5 der Gesehütz nnd Munition,
die von deutschen Fürsten und Städten dem Kaiser zum Zu^^ u'* iren
die Türken geliehen wurden und gegenwärtig auf der Dnnun liei ab-
geführt werden, 1534 etc.). Von den (lopialbüchern, die eine gro>se
Anzahl kaiserlicher und herzoglicher Urkunden vom 13. Jahrhundert
an enthalteR, sind die bonerkenswerthesten die Vertrags- und PH*
vilegienbQcher (16. Jahrhundert), Gememer Stadt P. Recht und
Freiheiten 1208^1539, Zusanunenstellung der zwischen Bischof und
Burgerschaft streitigen Recht, c. 1399, Urkunden und Gorrespon-
denzen bezüglich der Doppelwahl 1480 ete. Andere sind für die
Geschichte städtischer Culturentwicklung Iiedeutsam, z. B. Wasser-
mautordnung vom Jahr 1309, Schiflferordnung c. 1420, Zeugregister
1488, Besclireibung dei Ceremonien bei Huldigung der Bürger im
bischöflichen F'alasl 1541 , Reschreibung der bei dem grossen Frei-
schiessen in P. 1555 stat tji^ehabten F'cstlichkeiti n (Ceieiml), Einnahm-
und Ausgabbüchel 1598 etc. Eine »Frlentternng dess Statlbuchs
zu P. 1539« enthält auch eine Clirnnik ilrs Oisthunis und der Stadt
1*. ans dem 16. Jahrhundert (»Um welche Zeil Passau ihren Anfang
genommen hatc etc.), doch besitzt die Münchner Hof- und Staats-
bibliothek eine filtere Handschrift (Cod. bav. 1732). Von der Pas-
sauischen Reimchronik aus dem 17. Jahrhundert sind drd Handschriften
(mit Fortsetzungen) vorhanden, femer eine »Abhandlung von denen
Stätten Lorch und Passau, dann denen Erz- und Bischöfen dieser
beeden Orthen«, von G. Bruschius, ein »Chronicon deren Erz- und
Bischöfen zu Lorcli und Passau«, von Geheimrath v. Hornick 1693
verfasst, eine »Beschreibung der uralten hochfürstlichen Residenzstatt
Passau«, 1G99 vonllomick verfasst (mit Nachrichten über die Passauer
Archive, u. A. dass der beste Theil des fürstbiscböUichea Archivs
L.idui^cü uy Google
AuB Btädtischen Archiven Altbayerm.
235
im Sfhloss fJr. ifTr'nstoin in Niederö>( erreich verwahrU 1529 aber von
den Türkiii fnrlgo.'^clilL'iiiif wunle etc.).
Anrli ein»' werllivoUf Inciinaliol jsl vorhanden: Ajiiiollaf ion des
Domkapitel zu PA.>>au an l'apsl Sixtus IV. '^c^en die Walil des
Kardinals 1 lasier zum Bischof von Passau 14f>0.
Ein vortreffliches Repertorium ist der 1540 angelegte »(Jchaini-
sager«, woraus erhdlt, dass schon in jener Zeit ältere Urkunden
als der oben erwähnte Stadtrechtsbrief nicht mehr vorhanden warsn;
dagegen sind allerdings sowohl hier als in einem 1714 verfassten
>Register über der Statt Passau in dero gehaimb vorhandene Ver-
träge eine Menge Archivalien verzeichnet, die sich jetzt nicht mehr
vorfinden. Unter andern fehlen die noch von Professor Kern im
städtischen Archiv eingesehenen Bände mit gleichzeitigen Berichten
Aber die Fehdon zwischen Bischöfen und Bürgerschaft aus
14. — 15. Jahrhundert.
Um dieser und viclleieht noch anderer Archivalien habhaft zu
werden, durelistöberle ieh alle Re^'istralur- und Sjxiicherräume. Im
sogenannten »Rattenkaiumer!« stiess icli denn auch unter einem
Haufen neuerer werthloser Akten auf eine Originalurkunde? Kaiser
Karls IV. vom Jahr 1378 mit wühlerhaltenem Siegel, auf einen Frei-
heitd)rief Kaiser Friedrichs m. vom Jahr 1491, auf mehrere werth-
volle Codices, u. A. Salzordnung vom Jahr 1397, Statuten und
Verträge der Stadt Passau (16. Jahrhundert), Almosenspiegel (Bruder-
hausordnung) vom Jahr 1554, das »Erst Urimrbuchc des Spitals
St Gertrud vom Jahr 1580 etc.
Herr Rechtsrath List, der mich bei meinen Untersuchungen
freundlichst unterstützte, gab die Versicherung, et werde eme
g«iaue Durchsuchung aller Räume des Ratlihauses anordnen und
Sorge tragen, da.'^s alle neu aufpefundonen Urkunden, Codires und
älteren Akten der repertorisirten Sainnilun^' an^'ereiht würden. Dies
ist denn auch, wie mir ein Brief d'S llnrii Reclilsrulh^ mittheilte,
theihveise durchgeführt worden; leider konnten aber die von
Kern erwähnten Pergamentbände niciit mehr zu Tage ge-
fördert werden.
II. Vilthofen.
Die magistratische Registratur verwahrt nur noch etwa 50 Ori-
gfnahnlnmden und einige ältere Ckxlioes, worunter ein Zinsregister
vom Jahr 1543, wegen der auf die verschiedenen Leistungen der
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236
Heigd:
Zin.-j)fliclitigen Ix'zii glichen Miniaturen von Intorossp. Die älteste Ur-
kunde ist der Freiheitsbrief Kaiser Ludwigs für die Stadt Viishofen
1345 (Or. ni. anh. S.). Die übrigen sind thcils spätere Bestäti-
gungen bayerischer Landesfürsten, theils Verbriefungen von Rechts-
und Besitzrerhältnissen, Stiftungen etc. Die bis in's 16. Jahi^
hundert zurückreichenden Akten haben nur für die Specialgeschichte
Bedeutung.
Das Städtehen Vilshofen tritt in der Geschichte Bayerns mehr-
mals in den Vordergrund, wiederholt pochte der Krieg an seine
festen Mauern, im Landsliuter Erbfolgekri^, im dreis.sigjäliri;.'rn Krictr
und im ö-terreichi.schen Erbfolgekrieg wurde es belagert, doch sind
liierüber iin städtischen Archiv Aufzeichnungen von Zeitgenossen
nicht vorhanden. Ueber die Belagerung im Jahr 1501 ist bekannt-
lich »ein sclitui Lied von Vilshofen« verfasst ; die älteste Ilandscliritt
verwalirt ilie Münchner Hof- und Staatsbibliothek, eine jüngere ist
im Besitz des Herrn Professor Scharer in Vilshofen, der zur Zeit
eme Chronik der Stadt bearbeitet.
III. Cham.
Dieses am Eingang in den bayerischen Wald gelegene Städtdien
wurde vor einigen Jahren durch Feuersbrunst fast gänzlich zerstört,
auch das Rathhaus brannte in seinen Hauptthcilen ab. Um so über-
raschender beriilirte es, in einem erhalten gebliebenen Gewölbe des
Rathhauses ein verhältnissmässig bedeutendes IJrkundcnarchiv anzu-
treffen. Es umfasst ungefähr 1,100 Pergamenturkunden, wovon mehr
als zwei Dritttheile dem 14. und 15. Jahrhundert angeliüreii. Sie
sind faszicuiirt, über niciil cluonologisch geordnet. Bei vielen Stücken
ist nidit recht erklärlich, wie sie in das Chanier Rathliaus gelangten,
z. B. den Ältesten, einem Schenkongsbrief der Albero, pmcema
Austriae, et Henricus, marscalcus Äustriae, fintres de Ghunringe,
für die cokmi St. Gnicis in Gesweint 1268, einer Urkunde der
Aebtissm Herfourgis von Gosse über einen Kauf handel des Rudelin
von Pels 1275, einem Vergleich des Ott von Lichtenstain, Gammerer
in Steiermark, mit seinem Schwager Hertneid von Petowc wegen
Heiralh>=guts 1299 u. a. Auch vereinzelte, aber meist unbedeutend
Urkunden des Kloster? Überaltaich und der Städte Furth, Kötzting,
Viechtach etc. liegen hier.
Den werthvollsten Theil der Sammlung bilden die zahlreichen
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Aus stSdlisehen Archiven Altbayenis. 237
kaiserlichen, königlichen und herzoglichen Or^nalurkunden, darunter
* viele von geschichtlic lioiii Interesse, u. A.:
Herzog Heinrich von Bayern ordnet an, dass auch seine Kastn^
und Zöllner in Cham stciirrn müssen, 1331 (Or. m. anh. S.);
DerseilK? geloht, für die Stadt Cham gegen König Joiiann von
ßehani einzustehen, 1331 (Or. m. anh. S.):
die Herzoge Heinrich der Aoltere und Heinrich der Jüngere er-
lauben den Bürgern der Stadt Cli. das Brauen und Malzen, 1332
(Or. m. 2 anh. S.);
Herzog Heinrich entlehnt 200 Pfund Regensburger Pfenn^ von
der Stadt Gh., 1335 (Or. m. anh. S.);
Kaiser Ludwig erlfisst der Stadt Gh. in Anbetracht ihrer grossen
Verderbnuss die Hälfte der Stadtstener von 200 Pfiind Regensburger
Pfennig, 1341 (Or. o. S.);
Margaretha, Herzogin in Bayern, thut kund, dass sie die Bürger
von Ch. des Eides, den sie ihr und ihrem Vater, dem König von
Behaim, geschworen, gänzlich ledig lässt, so dass sie keinen An-
spruch auf die Stadt mehr habe, die nur ihrem lieben Herrn Kaiser
Ludwig huldigen >;oll, 1341 (Or. m. anh. S. der Iler/.o^nn);
Kaiser Ludwig lässt der Stadt Gh. die Stadtsteuer auf 6 Jalirc
nach, 1341 (Or. o. S.);
König Johann von Bdiahn entlisst die Bfirger von Gh. ihres
Bandeseides, 1341 (Or. o. S.);
Kaiser Ludwig lässt der Stadt Gh. die Stadtsteuer nach, damit
sie ihre Mauern wieder aufbauen könne, 1345 (Or. ni. anh. S.);
Kaiser Ludwig gestaltet den Bürgern von Gh., Fremde als BOrger
aufzunehmen, und diejenigen, die ihnen nicht genCigen, aus der Stadt
zu weisen, 1347 (Or. m. anh. S.);
Ludwig und Stefan, Mark^^afen von Hrandenburg, gewähren
der abgebrannten Stadt Gh. Steuerfreiheit auf 10 Jahre, 1348
(Gr. m. 2 anh. S);
die nändichen geben der Stadt Gh. den Marktzoll und die
Leytgifl, 1348 (Or. m. 2 anh. S.);
Herzog Stefan hebt die Rügung in den Gerichten Kamb und
Eschelkamb auf, 1349 (Or. m. anh. S.);
Herzog Ruprecht verleiht der Stadt Gh. das Recht, von Sab
einen Zoll zu nehmen, 1349 (Or. m. anh. S.);
derselbe erlaubt der Stadt Gh., von Kaufmannswaaien Zoll
zu nehmen, 1366 (Or. m. anh. S.);
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238
Hei({el :
die Stadt Ch. schlicsst mit der Stadt Teintz in Böhmen einen
Freundschaflsvertrag, 1369 (Or. m. anh. S.);
Herzog Heinrich schliclilot den Streit zwischen Heymeran Nolhafl
und Tristram Zenger, 1423 (Or. o. S.);
Herzog? Johann lässl der abgebrannten Stadt Gh. zwei Drittel
der SliuUsteiu-r nach, 14.55 (Or. ni. anh. S.) :
ChristolT, Köni^' von Dänemark, Ilorzofr in Bayern, Ix tifhlt dem
Rath zu Gh., .meinem PIIc^mt zu ^'elior-anien, 1445 lOr. ni. anfgcdr. S.);
derselbe verzi ilit der Stadl Ch. die Missiumdlung seines Fliegers,
1447 (Or. m. anh. S.);
Kaiser BlaidmiBan L schlichtet die Streitigkeiten der Familie
Humhaimb, 1511 (Vidimus des Rathes der Stadt Strassbiug vom
Jalir 1640) etc. etc.
Der Umstand, dass Cham der Hauptori des Ghamgau*8, erklärt,
dass hier noch mehr^ Hundert von Adeligen aus d^ Umgebung
:iusfro?tollie Urkunden verwalirl lio^'en. Es seien nur erwähnt die
Familien Chamerauer zum Haidstein, Ramsperger zu Rams{)erg,
Chatzberger auf dcru Cliatzb^rg, Satelperprer zu Zant (sehr zahlreich),
Lichtenecker. Paul-toi-ter zu der Küni. Eyl) auf Ilniidin^'. Valchen-
steiner. lIauzeiiiH'r;.'('r, CJleisserilhaler, Notiiat't, Sclit.'nki.'ü von Keicheri-
eck, F'üdeiistorfer zu Sehäcliendorf, i\uiitinK(-'r von Runting, Paul-
storfer zum Hauzen.staiu, Trülinger zum Türl.slain etc. etc.
Dagegen sind ältere Cknlices nicht melir vorhanden. In den
Kästen auf den Gängen des Rathhauses fand sich zwar viel Akten-
material aufgestapelt, aber nichts, was aber das 17. Jahrhundert
zurückreichte oder von geschichtlichem biteresse wäre.
IV. Furth.
Schlimmer litt das Archiv des benachbarten Städtchens Furth
durch das verheerende Element. Der übrig gebliebene Urkuuden-
vorralh l)eläun sich nur auf 13 Originalurkunden, darunter der
Statitreehtsbrief Herzog Heinricli s v. J. 1332 (Or. o. S.) und eine
Originalurkunde Kaiser Ludwigs, Befreiung der Stadl F. von der
Gericiit^burkeit der Vizlume, 1341 (Or. o. S.). Die wenigen Copial-
bücher und älteren Akten sind ohne Bedeutung.
V. Sehwandorf.
Hier sah ich nur noch den Platz, wo einst em kleines städtisehes
Archiv untergebracht war, — die Archivalien selbst wurden
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Ans slädtiächen Archiven Allbayerns.
239
Tor einigen Jahren an einen Buchbinder verkauft Nur
* ein Transsumpiliben äber die lYeibeitsbriefe der Stadt 1299—1650
und ein paar ältere Salbäeher sind noch vorlianden.
VI. l^andshui
Die Erwartung, dass die freundliche barstadt, — die, durch
glücklichere La^rc und den Reidilhum der hier residirenden Fürsten
begünstig't, Jahrhunderle lang mit Mönchen wetteiferte und in der
zweiten Hälfte des If). Jahrhunderts der Schwesterstadt sowohl an
Umfang und Bevölkeiuny^szahl wie an reicherer Gultuieiitwicklung
last den Vorsprung abgewann, — einen grossen S<'hafz gescliic litlicher
Dokumente besitze, wurde nicht getäuscht. Das Verständniss für
seine Bedeutung ist abov erst seit Kurz<'m an lellciuler Stelle er-
wacht, und dem Geschichlsfreunde der btailt ist in seiner Verwer-
thung für Stadt- und Landesgeschichte die lohnendste Aufgabe ge-
boten. Herr Kalcher , S^kretfir des k. Archivs auf der Trausnitz,
unterzog sich mit uneigennfitzigstem Eifer der Mähe, in dasWirrsal
Ordnung zu brhigen, so dass wenigstens schon em TheO der im
eigentlichen Arcfaivgewölbe lagernden Pergamente chr^ologisch ge-
sichtet ist. Noch liegen aber einige Tausend Aktenfasdkel, in denen
auch Urkunden stecken, in der anstossenden sogenannten Sleuer-
stube auf dem Hoden aufgeschichtet. Niemand kennt ihren Inhalt.
Die grosse Mehrzahl ist vermuthlich werthlos , aber es kann auch
manches gescliichtlich Interessante hier verborgen liegen. Ich selbst
zog ein Bündel Perganienlurkundcn hervor: es waren Urfehdebriefe
aus dem 14. Jahrliunilerl. Von der gegenwärtigen Stadtverwaltung'
lässt sich übrigens mit Sidierheit erwarten , dass sie der Ordnung
des Archivs, das ja die wichtigsten Quellen für die Geschichte der
Stadt erschliesst, erhöhte Aufmerksamkeit zuwende und auch nach
dieser Richtung die Ehre der Stadt gebährend wahre.
Im Archivgewölbe lagern in 51 grossen Schiebladen die Ur-
kunden, vorläufig nach Jahrzehnten geordnet Die älteste ist eine
Urkunde Herzog Henirichs v. J. 1272, wodurch er dem hl. Geist-
spital zu Landshut zur Deckung der durch den Bau der barbrücke
erwachsenen Kosten den Brückenzoll überlässt. Aus dem 13. Jahi^
hundert sind ausserdem noch etwa 12 Originalien vorhanden, dagegen
schon mehrere Hundert aus dem 14. Jahrhundert, darunter drei
von Kaiser Ludwig dem Bayer (Bestätigung der Privilegien 1319,
Verleihung der 50 Pfund Pf. zur Wehr 1343, Besetzung der Pfarrei
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240
Heigel:
1345), zwei von Ludwig dem Brandenburger und viele Freiheitsbriefe,
SteuemadilBSsdecrete, Sdiuldverscbreibungen etc. der niederbayrischen
Herzoge, und eine noch betr&chtlichere Menge Stifts-, Kauf-, Urfehd-,
Heiraths-, Geburts- etc. Briefe aus d«n 15. Jahrhundert.
Ein überaus werthvoller Codex aus dem 14. Jahrhundert, über-
schrieben: »Der Slat Landfliut ain alt bucch mit freyhaiton, stat- •
rechten, satzen und andern eingeschriben geschichten,« enthfdt eine
vollstundi|,'e Codification des Landshutor Stadfreehts, eine reifhe
Fundgrube für Rechts- und Sfadtgcj^chichte, da bisher nur einige
herzogliche Ilandvosteu als belangreich für die Landshuter Slatular-
rechte veröCfentlichl und für die Stadtchroniken benützt sind. In idui-
licher Weise wie im (»elcannten ältesten Augsburger Stadtrechtbuch
ISsst sich hier aus Zusätzen und Einschaltungen die Fortentwicklung
aller Rechtsreriiältnisse erkennen; jeder neue Beschluss des inneren
und des äusseren Rathes, der Zünfte und »der wagsten und pesten
der Gemeine wurde vom Stadtschreiber hier eingetragen, audi die
»gemeinen Sätze für alle Innungen, Burgfiriedenstbstsetzungen, Luxus-
verbote (das älteste vom Jahre 1361), Stadtvcrweisungsdecrete und
sonstige Bürgerstrafen, wichtige Prozessentscbeidungen, Aufzeich-
nungen über merkwürdige Vorfälle etc., so dass wir aus diesem
Stadtbuch im eigentlichen Sinn des Worts ein ebenso getreues, wie
lebendiges Bild des städtischen Lebens gewinnen. Eine schätzbare
Ergänzung bieten die Einnahm- und Ausgabbiichlein von 1424 und
1426 und die vom Jahr 1563 in fortlaufender Reihe erhaltenen
Stadlkammerrechnungen. Für die Verfassung der Stadt sind ferner
von Wichtigkeit: ein Ckxlex aus dem 16. Jahrhundert, die Handvesten
und landrechtlichen Verordnungen von 1279—1559 enthaltend; das
Privflegienbuch der Stadt L. 1279—1601 (1779vidiroirt); die Land-
lechtsverordnungen Ludwigs des Reichen v. J. 1474 etc. In einem
»Statbucb« aus dem 15. Jahrhundert sind die wichtigsten Kauf-,
Heiraths- etc. Verträge der Bürgerschaft gesammelt, lieber die
frommen und Wohlthäli;,'keilssliflungen sind alte Codices in grosser
Zahl vorhanden, ein Urbarbuch von St. Martin v. 1331, ein Urbar-
buch des hl. Geistspitals v. 1340, ein Salbuch des nämlichen S{)itals
V. 1409, ein Urbarbuch des Ffarrgotteshauses St. Niklas v. 14Ü0,
ein Calendarium des hl. Geistspitals aus dem 15. Jahrhundert etc.
Von den ihrem ganzen Umfang nach irrthümlich dem Hans
Vetter zugeschriebenen Fasti con.sulares Landishutani, einem Raths-
wahlregister nebst geschichtlichen Notizen vom Jahre 1439 an, ündet
«
Am sUdÜBchen ArehfTen AlttMyerns.
241
sich hier eine jün;;ere, von der auf clor Münehencr Ilot- und Staals-
bibliotliek verwahrten ällereii unabhängige Handschrift mit Forl-
setzungen bis 1726, ferner ein andere? Rathsregister v. J. 1626 an,
mit ausführlichen Notizen über die Kriegsereignisse bis zum Jahr
1634 etc. Die Ratlisprotokolle reichen nur bis in das 17. Joluhuu-
dert zoräck; die Altären wurden kidtf bei Uebergabe der StadU
gerichtsregistratur an das k. Beztrksgencht 1862 als llakulatur
verkauft.
Aus den älteren Akten seien nur einige von allgemeinerem
historischem Interesse henrorgebob»i: Akt. Vicedomhfindel betr. (die
Artikel Herzog Ludwi^rs des Reiciien ül>er Scheidung der Crlminal-
(alle zwischen dem Vicedomamt und dem Sladtrichter 1474 ent-
hnllend); 30jähr. Kriegs- Acta, Gorres|)ondenzen de.« Stadtraths mit
Maximilian I. und den Fülirern der feindlichen Armetm, Herichte
über die schwedische Okku|(;itH»ii, Cnrrespondcnz der 1634 abiroführ-
ten Geissein etc.; Kriegsanla^'-nchiiungen aus dem 17. Jahrliumlcrt :
Acta, den bürgerlichen Sladlfahnen betr., 1792; Acta, den Landwehr-
und Sladtfalinen bclr., 1635—1810; Abforderung der Stadtthor-
scfalfisscl, liüO; Schwärmerei und Aberglauben, 1592—1717 (Ver-
folgung von Akatholiken); Gonversionen, 1T76; Wallfahrten, 1610
bis 1801; Aufführungen von Dramen durcli Musiker von St. Jodok
betr. (17. Jabrbdt.) etc. Auch in den übrigen Serien über Erziehungs-
und Unterrichtswesen, Statistik, Kredit- und Nabrungswesen, Ge-
werbsachen etc., die tlieilweise bis in's 16. Jahrhundert zurückreichen,
findet sich natürlich Vieles, was für die Gulturgesehichte der echt
altbayrischen Landstadt von wichtigem Belang.
VII. Straubing.
Im städtischen Archiv ist durch Dr. Sieghart , der 1838
eine Geschichte der Stadt verfasste, genügend Ordnung geschallen,
das geschichtlich merkwürdige Material von den Verwallungsachen
und Rechnungen ausgeschieden und in praktischen Cartons untere
gebracht Es Ist dieses Verdienst des bekannten Kunsthistorikers
um so dankbarer anzueikennen, da das Straubinger Archiv Überaus
reich an wichtigen Urkunden bayrischer LandesfOrsten. So sind
hier verwahri: ein Original der Handveste König Olto's von Ungarn,
worin er sich der niederen Gerichtsbarkeit etc. begiebt, 1311 ; Steuer-
befreiung der Stadt Straubing durch Kaiser Ludwig, 1341 ; Vidunus
ArchlrulUcbe Z«UKhriA. I. 16
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242
Heigel:
des Ehecontracis zwischen Kaiser Ludwig und Margaretha von
Holland. 1.144; Befreiung der Stadt Str. vom Brückenzoll durch
Markgraf Ludwig den Brandenburger, KU8: Festsetzung der Stadt-
>tcvicr durch Herzog Albrecht, 13f)6: Verleihung des Pflaslerzolls
durch Herzog Albrecht. 1376; Vertrag zwischen Herzon- Johann und
der Stadt Pa.<;>au \\t'^'en Salznie<lorlage , 1411: Cojiie des Vortra^'s-
hriefes der wieder ausge.söhnten Ilci zöge Signunul, Albrechl. Ciiristof
und Wolfgang, 1472; Vertrag Herzog Wolfgangs mit der Landschaft.
1508 ; Gopie eines Concordats der bayrischen Bischöfe mit dem päpst-
lichen Stuhl etc. Mehrere von diesen herzoglichen Briefen sind, weil
in den k. Archiven nicht Tertreten, unter die Monumoita Wittels-
bacensia nicht aui^nomnien. Alle diese und eine grosse Anzahl
anderer Handvesten, Steuerbefreiungsvertrfige etc. aus dem 14. und
15. Jahrhundert sind wohlerhalten und mit unversehrten Siegeln
versehen. Ferner sind vorhanden in grosser Zahl Kauf-, Tausch- etc.
Briefe über Rechte und Realitäten des Stadtraths und der Privaten
in Str., sowie der umliegenden Edelsitze und Dorfschaften Aifting,
Breitenwald, Feldkirclien, Goltolfmg, Hundi'ndorf. Leiblfmg, Liebtiofen,
0})j)erkofen. Reiberstorf, Borau etc.; die L'rknuiden iUier die Streilig-
keilen des Stadlratlis mit dem Domkapitel von Augsbuip, das eine
Propstei zu Str. hatte, von 1415 — 1536; Urkunden über Besitz und
Rechte der verschiedenen Klöster und Kirchen, tlenossensclial'ten,
Stiftungen etc. zu Str., aucli der Klöster Windberg und Nieder-
aHaich etc.
Unter den Codices ist vor Allen wichtig das sog. rothe Buch,
ein Prachtpefgamentcod» aus dem 15. Jahrhundert, der die gesamm-
ten Statutarrechte Straubings umfasst Der Inhalt erstreckt sich auf
alle Gebiete und Formen städtischen Lebens und bietet namentlich
für Erkenntniss des allmäligen Eindringens rfuniseher Reehtsbegi'iffe
wichtige Beiträge. Im sog. grünen Bucli sind alle Freiheitsbriefe und
Privilegien der Stadt von 1311 — 16(X) gesammelt; ein zweiter Band
mit Nachträgen reicht bis zum Jalir 1742. An älteren Codices sind
.«onst noch verbanden: ein Calendariura und Copialbuch der Zech
zu Str. 1375 , Erhart Saidel's Salbnch 1450 . Salbuch der Sunder-
siechen zu Str. 1428, Salbuch der Stadtkammer 1537 etc.
Die 30jährigen Kriegs -Acta sind sehr lückenhaft, ebenso die
Akten über Kriegsereignisse aus der Zeit Max Emanuels 1704 etc.;
dagegen ist die »Ofßzielle Beschreibung aller bei der Belagerung der
Stadt Str. 1742 erlittenen Schäden und vorgefallenen Kriegsläuftei
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Aus städtischen Archiven Altbayems.
243
vollstärulig uiul ausführlich und lindel in einer Menijre auf diese
ruiu II volle Episotle der Stadtgoschichle bezügliclier Akten Ergänzung.
Eine aus dem Ursulinerinnenkloster zu Str. stammende Schrift »Ver-
zetcbniss, was sich im Baierland (in specie in und um Straubing) •
begeben hat nach dem Ableben des ChurflQrsten Max Josephe, 1778
bis 1779» ist kutturgescbicfatiich piquant.
Die Landtagsverhandhingen aus dem 16. Jahrhundert sind ziem-
lich vollständig vorhanden; ihnen reihen sich mehrere Bftnde Ccnr-
respondenzen des Stadtrath? mit Landlagsvorordneten an.
Eine dem 16. Jahrliundert angehörende Aufzeiclmung der Schick-
sale Slraubin;?- trägl weniger den Gharacler einer eigentlichen Chronik
als einer Fnrsrherarheit. Vorzugsweise Aventin wird h.iulig tiarin
bemilzt, wälircnd die sell)slst;indigen Nachriclitm fast durchweg
werthlos, z. B. dass Straubing ehedem Raubing geheissen halx?, —
wegen der vielen hier hausenden Räut)er! — und das St erst später
hinzugefügt wenden sei etc. Ebenso verhält es sich mit einem
Schriftchen des 17. Jahrhunderts: »Merkwürdigkeiten oder Ursprung
der Stadt Straubing.c Werthvoller ist ein »Verzeichnuss etlicher
alter Geschlechts, die vor Alters in der fiärstlichen Hauptstadt Strau-
bing gewohnt«, gesammelt von J. W. Freymann von und auf Hocben-
nandeck 1628« mit vielen Wappenbildem.
Vllk WasNfburg.
Die schon im Jahr 1618 zur Aufnahnie des Stadtarchivs her-
gestellten drei (iewölbe im Wasserburger Huthliaus liowährlen sich
bei dem jüngsten grossen Brande vor drei Jahren aufs treuestc;
sie blieben mit ihrem gesammlen Inhalte unversehrt, obwcdd d»
Flammen dnrdi aUe Foister schlugen.
Das reichhaltige Archiv wurde 1832 von Stadtschreiber Heiserer
geordnet und in seinen Haupttheilen auch repertorisirt, und es ist
nur zu wfinschen, dass diese Ordnung erhalten bleibe und die Re-
pertorisirung ui glenher Weise fortgeltihrt werde.
Einen besonderen Selekt bilden die 46 landesherrlichen Freiheits-
briefe. Vom rdtesten. den Kaiser Ludwig, die Saizdurchfuhr nach
München betr., 1332 erliess, ist nur eine Abschrift vorhanden, aber
eine andere Urkunde Kaiser Ludwigs, wodurch er der Pfarrkirche
zu Wasserburg die Erträgnisse der Stadtwage überlässt, v. J. 1342,
in Original; ebenso Urkunden der Herzoge Stephan des Aelleren von
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244
Heigel:
1364 und 1374, Olto 137G, Stephan undJohann 1376, Stephan 1381
und I3ü2 etc. bis herub auf Karl Albert.
Dftran reiht sieb eine Gruppe von kaiserlichen, herzoglichen etc.
Urkunden, die nicht auf die Stadt Wasserburg unmittellmr Bezug
haben, z. B. Vertragsbrief der Herzoge Ludwig, Emst und WUbehn
mit der bayr. Landschaft 1429 (Vidimus), Friedbrief zwischen Uaric-
graf Friedrich von Baden und Uem^ Ludwig von Bayern 1444
(Vidimus), Geleitsbrief Kaiser Friedrichs IlL für Herzog Ludwig den
Bärtigen 1447 (Original) u. s. w.
Zwei Kästen mit 24 Schicbladi^n enthalten Kauf-, Tan«ph-^
Lehens- etc. Briefe df« Rafhes und der Binyop von W.. von 1347
hi>j 1770. Ausserdem -iml noch iti t'irM'in Kasten mit 27 Schieb-
laden viele Geburts- und Wa|>penbriefe 1021 —1768 verwahrt.
Durch Schenkung eines Privaten kam hiclur eine Handschrift
von Kaiser Ludwigs Rechtsbuch, worüber sich MÜtheilungen in
V. d. Pfordten*s Monographie finden. Ausserdem sind hier vor-
handen em »Statbuch nach Ordnüng des Statrechts von Wasser-
burg« (14. Jhdt.) und eine umfongreiche Sammlung von landes-
herrlichen Edikten über alle Zweige der Gesetzgebung vom 16. bis
18. .Tal ir! Mindert.
Von Klusterarehivalien stiess ich nur auf ein Gopialbuch des
Klosteis Allel aus dem 15. Jahrhunderl,
Wider Vermuthcn findet sich an Kreissachen, obwohl Wasser-
buii: längere Zeil Silz des bayrischen Kreistages war, nur WerUi-
loses.
Eine Gruppe: »Geschichtlicht' Xolizen und Gegenstände« ent-
hält insbesondere Anordnungen für Durchreisen von Königen und
Fürsten durch die Stadt W. (17.-18. Jhdt.) und andere Festlich-
keiten, Schützenordnung v. J. 1816, Hochzeitsbeschreibmigen, Ein-
ladungen zu Promotionsakten vom 16. Jahrhundert an, Danksagungs-
schreiben bayrischer Fürsten und Bdelleute für Geschenke des Wasser-
burger Rathes (namentlich Steinraben), ein »Liedt von einem Obrislen
zu München ausfrepran^en«, 1589, bayr. Verhältnisse unter Herzog
Wilhelm V. behandelnd, Berichte über Auffindung von »heidnisrhem
(u'ld« in den Aeckern um "Wasserburg, BericlJe über den »Bauern-
k()nicrc iiiid Vfilk-autwie^iler Wolfen Maier 160(>, über den Baucrn-
aul'nihr zu Wasserburf; 1634, über die Uokrutenaushebuni? der
Oesterreicher i, J. 1542, Bürgerbeschreibungen behufs Aushebung;
für die Türkenkriege etc.
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Aus stftdtiaehcn ArdÜTen Altbayems.
245
Die Gorrespondenzen und Dekrete, Wasserborger RathswaUen
betr., gehen bis 1506 zurück, die Stadtkammenechnungen bis 1441,
ifie Rentmeistonunlsrechnungen bis 1495 etc.
Eine Gruppe >Deutsche Reichsgegenstände« enlhfilt namentlich
einen interessanten Akt über das Verhallen der Stadt Wasserburg
im Landshuter Erbfolgekrieg 1504, worin auch mehrere Original-
erlasse der von Herzog Georg eingesetzten fiegentscliafl an die
bayrischen Stände etc.
(Wird fortgesetzt.)
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YIU. Ueber Schreibstoffe in Bayern.
Von
üniversitätsprofessor Dr. Ludwig Rockinger,
Reichsarcbivassessor in München. -
I. BedUrfniM der Kunde det Sdirfftwennt In wetteren wie
engeren Qrinzen.
Wor inimor aurh nur in einem nicht besonders hervorra<-'en-
den Archive sich mit Schrit'tcrzeugnissen früherer Zeit bescliäftigrt
hat, ist bald auf solche gestossen welche auf Pergament gefertigt
sind, iMdd auf solche welche auf Papier erscheinen. Aber er wird
auch ziemlich schnell nicht unbedeutende Verschiedenheiten an dem
Pergamente oder an dem Papiere bemerict haben. Ersteres begegnet
bald unangenehm rauh, bald sorgflltigst bereitet, theilweise und
zwar sogar meistens auf beiden Seiten kaum meitiich unterschieden,
theilweise nur auf der einen mit einer gewissen Berücksichtigung
behandelt. Ebenso treten beim Papiere ganz auffallende Verschie-
denheiten in der Festigkeit, in der Dicke, in der Feinheit, in der
Glätte u. s. f. entgegen. Sind nun auch Pergament und Papier die
hauptsrichlichsleri Schreibstoffe, auf welchen sich entweder die Schrift-
werke der Voriillern zu uns vererbt haben oder welche in diesen
und jenen Zeiten für sie zur Anwendung gelangten, so sind es doch
keineswegs die einzigen. Es dürfte sich desshalb wohl eine Be-
trachtung der Schreibstoffe von welchen in Bayern
die Rede sein kann rechtfertigen.
Sie bilden einen nicht zu unterschätzenden Theil dessen was
beim Schrift- oder Schreibwesen überhaupt genaue Erwägung er-
häscht, for welches ja beispielsweise auch gleich die Schreibgerlthe
Üiyitizcü by GoOglc
Ueber Sclueibttoffe in Bayern.
247
und sonstigen hiefiOr erforderlichen Bedürfnisse in Betracht kommen,
oder die Formen der einzelnen Schriftcr/euf,'iiisse als Rollen oder
BQcher oder Urkmiden und Briefe in's Auge fallen.
Wen Neigung oder Beruf dahin geführt, sich einlüssliclior mit
diesen oder jonon Schriftwerken do? AHorlhuins oder (\v^ Miltelalters
oder auch späterer Zeiten zu bescliäftigtn . rui den sind gewiss als-
bald, wenn er sieh auch nur an eine anscheinend nicht weitgreifende
Frage gemacht hat, Dingo herangetreten, welche ganz unwillkOrlich
dazu veranlassen das Augenmerk auf etwas zu richten, was über
die weim auch ansclieinend nicht weitgreifende Frage hinausleitet,
was auf das Bedürfniss der Kenntniss des gesammten
Schriftwesens sei es ui ehier nur schmal gezogenen Grftnze sei
es auf breiterem oder breitestem Räume hinlenkt.
Die wissenschaftliche That welche tot der Inangrilfiiahme gleich
der zuletzt berührten Aufgabe hauptsächlich für das Mittelalter nkti
zurückgeschreckt ist, und welclie ihr auch gerecht zu werden xer-
standen bat, ist von Watten bach im Jahre 1871 vollbracht worden.
Zu welchem Danke er nicht elwa allein diejenigen welche sich
tagtäglich mit Paläographie und insbesondere Diplomat ik zu beschäf-
tigen haben durch das »Sehr i f twosen im Mittelalter« ver-
pllichtet hat, ist zu allgemein anerkannt als dass es hieriiher vieler
Worte be<lürfle. Es Vie^l in ihm die dorthin einschlagentle Tliälig-
keit im Morgen- wie im Abendlande vor unsern Augen aufgeschlagen.
Leber die mannigfachsten Verhältnisse welche hiebei in Betraclit
komm^ finden wir die trefllicbste Belehrung. Dass mit diesem
Werke auch ein wurUiches Bedürfoiss befriedigt worden ist, dafür
spnehi kaum etwas beredter als der Umstand dass bereits im Aus-
gange des vorigen Jahres dasselbe in ein» zweiten wesentlich ver^
meluten Ausgabe den Lauf durch die Welt begonnen.
Nidit jedem ist es gegfinnt, so aus dem Grossen im Gros-
sen zu schaffen. Eine gewisse Berechtigung wird indessen auch
weniger umfassend angelegten A rbeiten nicht abzusprechen
sein welche sich bescheiden derartiges in einem enger l)eg ranz-
ten Gebiete zu verfolgen, ja es besieht sogar in Wirkhchkeit für
bestimmte Kreise ein Bedürfniss auch nach solchen recht gut noch,
vorausgesetzt natürlich dass in diesem enger begninzten Gebiete eine
geistige Thätigkeit gewaltet hat weldie überhaupt einer Berücksich-
tigung Werth erscheint
Das ist gewiss in hohem Grade bei Bayern der Fall, worunter
üiyiii^ed by Google
2*9
Roekinser:
wir indessen hi^ nicht das heutige Königreich dieses Namens ver-
standen wissen wollen, sondern lediglich dessen jetzige (wie mitunter
auch einstige) Bestandlheiie bayerischen Stammes. Nur klein zwar
ist das Feld auf welchem wir uns bewegen. Docli fand liier eine
geistige Thfiligkeit nach den mannigfachsten Seiten hin von alten
Zeiten her eine so traute Wohnstütte wie sehr luiutig anderswo auf
rinem viel ausgedehnteren Ilauine niclil der Fall gewesen. Schon
früh genossen seine einst berühmten Bischofsitze eine weitiiinragende
Bedeutung. Man denke nur an Frdsing, Passau, Regensburg, Salz-
burg. Würdig stehen daneben filtere wie jüngere Klöster und Stifter.
Es sei nur an die beiden Altach, Benedictbeuren, die beiden Chiem-
see, sanct Emmeram wie Nieder- und Obermflnster zu Regensburg,
Schäftlarn, Tegernsee, Wessobrunn, Windberg erinnert Die grosse
Wirksamkeit welche anderwärts von diesen und jenen Reichsstädten
ausgieng begegnet uns allerdings in unserm Bayern nicht, wenn
auch Regensburg liielx'i nicht ganz fibersehen werden darf: aber
dagegen sorgten ausgezeiclmofe Füisten für die geistige Blüthe im
gesammten Lande, welches l). isi»ielsweise eine so innig zusammen-
hängende Entwicklung seiner Gesetzgebung aufweisen kann, wie sie
kein anderer deutscher Stamm für sich geltend zu machen haben
dürfte. Das alle bayerische Volksrecht, die bayerischen Landfrieden
des 18. und 14. Jahrhund^, Kaiser Ludwigs oberbayerische Land-
und Stadtrechte, Herzog Ludwigs des Reichen, des Stifters der
bayerischen Hochschule, und seines Sohnes Georgs des Reichen mit
den Ständen vereinbarte Landesordnungen fiir Niederbayern, die
gleichfalls mit ganz vorzugsweiser Einwirkung der bayerischen Land-
scliafl zu Stande gekommene Gesel^ebung unter den Herzogen
Wilhelm und Ludwig im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts, die
umfangicichcn neselzbücber des Herzogs und nachmaligen Kurfürsten
Maximilian I. im ersten \'irrlel des 17., wie des Kurfürsten Maximi-
lian in. Joseph aus der Milte des vorigen Jahrhunderts, das sind —
um nur der grösserun Schöpfungen auf diesem Gebiete zu gedenken —
die sprechenden Belege hiefür. Hand in Hand ging eben im Mittel-
alter wie später in Bayern ein gewisses gedeihliches Streben von
den T^rschteden^en Seiten, theilweise wohl wie auch sonst übefaB
durch diese und jene grosseren wie kleineren Wirren von Aussen wie
im Inneren geflUirdet und unterbrochen, in bedenklichem Grade unter-
drückt aber niemals. Nur ein Blick in Sdnstian Gfinthner's Geschichte
der Utefarischen Anstalten in Bayern genügt zum Beweise hievon.
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Ueber Schreibstoffe in Bayern.
24»
So ist es uns denn alsbald nach dem Erscheinen der ersten
Ausgabe Ton Watteniiachs lierObrlem Werke als eine nicht un-
dankbare AoQjabe erschienen, aus dem eng begränzten Räume
dieses Bayern das Schriftwesen im Mittelalter zum Ge-
genstande zu nehmen, beziehungsweise aus den Aufzeichnungen
welche sich hiezu in unserer amtlichen archivalischen Thätigkeit wie
bei der oifronen wissenschaftlichen Beschäftigung allniälig gesammelt
haben eine Auslese zu bieten wie =;ie im Verhältnisse zu dem
Umfange der beiden Vorträge in den Sitzungen der historischen
Classe der Akademie der Wissenschaften vom 13. Jänner und
3. Februar 1872 ') stand.
Auf der Grundlage eines Theiles des ersteren von itmen beruht
nun die folgende Betrachtung der Schreibstoffe in Bayern,
nur hat de hier — der Au^be der archivalischen Zdtschrift ent-
sprechend mehr oder minder eine Ausdehnung Ober das Gebiet
des Hittelalters hinaus erfohren.
II. Utlali.
Iliebei eilen wir mit Wattenbach ') über die eigentlichen In-
scliriften auf Stein wie Metall hinweg, und gedenken nur im Vor-
übergehen des bei GeiselbceGhting südwestlich von Traunstein zu
Tage g^ommenen Bruchstückes eines römischen Bürgerschaftsbriefes
ijder Militirdiplomes, auch als Tabula honestae misskmis auf-
geführt, aus dem Jahre 64 nach Christi Geburt, welches auf den
Tafeln 4 und 5 des sechsten Bandes des oberbayerischen Archives
für vaterländische Geschichte facsimilirt ist, als eines der Beispiele
deijenigen Form von Urkunden von welcher die ganze Disciplin
der Diplomatik ihren Namen erhallen hat, von Bedeutung auch
insbesondere da die paläograpbisch SO wichtigen Waclisiafeln davon
nicht zu trennen sind.
Auch der Blei tafeln ") sei nur in Kürze gedacht, welche in
alten Gräbern zuweilen gefunden sind. In den Monumenta boica II
zu S. 440 ist die nun im Nationahnuseum befmdliche abgebildet
At>g(slruckt in den Abhandlungen der historiBcheo Claase Band IUI Abth. 1
S. 8-72 und Ahth. 2 S. 169-230.
'j A. a. 0. S. 37—41.
*J VgL Wftttenbftch a. a. 0. S. 41-44,
Digltized by Google
250
Rockinger:
welche auf der rechten Seite bei der Scliulter der um das Jahr 900
vopstorbenen ersten Aebtissin von Frauencbi^see gelegen, der seligen
Irmengard, von einem Abte Gerhard ') stammend. Meistens ist bei
dergleichen Bleilafeln grosse Vorsicht anzurathen. So wollen ja die
Passauer die bekannte Lebensgeschichte drs heiligen Valentin, ein
weit späteres Machwerk, auf einer solchon in iiu hrric Stü( ke zer-
fallenen bei der Auffindung der Gebeine im (h\i\)v dos^i lben ^) ent-
deckt haben. Die in den Monunienta boica XI zu S. G und 7 ab-
gebildete im Sarge des bayeri>chen Herzogs Berdithold und seines
Sohnes Heinrich im Kloster Niederaltach befmdlich gewesene jetzt
auch im Nationalmuseum aufbewahrte, welche gleich das Todesjahr
des asten d^ beiden Pörsten falsch verzeichnet, und daran den
Satz >qui dedenmt nobts Osterawe« knüpft, dfirfle vielleicht gerade
durch diesen Schluss einen Fingerzeig auf den Grund ihres Entstehens
an die Hand geben.
Wird die erste der berührten Platten bei einer Oeffnung des
Grabes der seligen Irmengard (ingelegt worden sein, so kann auf
der anderen Seite ebensowenig Grund zu irgend welchem Verdachte
bei Rleitafeln vorliegen welche in den Grundstein dieses und jenes
Bauwerkes gelegt wurden oder sonst zum Zwecke der Verewigung
gewisser Ereignisse oder beaclitenswerlher Unternehmungen u. s. f.
hier und dort Verwendung fanden. Das ist l)eis))it']sweise diT Fall
bei der jetzt im Ueichsarchive aufbewahrten, die über die Erbauung
der sogenannten Hochbrücke im Thale zu München, der
ehemaligen Einlass- und anderer Brücken, insbesondere
aber der alten Isarbrücke unter der Leitung des Jobann
Anton Edlen von Schönberg auf Hügel- und E^lfing und nach
seinem Tode des Kaspar Anton Edlen von Zech in den Jahren
1759 und 1760 Nachridii gibt, welche bei der Aufräumung dar
Reste der letztgenaimten nach dem Einstürze im Jahre 1813 zu
Tage kam.
') Geiss in seiner Geschichte des Beneclictiiu ninniienklo^^ters Frauenchiemsee
in den Beiträgen v. Deiitinger's zur fiescliiclite iles ErzlMsllnims Meuchen unil
Freising I S. (278 und) 279 Note 24 meint von Seeon, welcher im Jahre 1102
ZU dieier Wflrd« gelangte.
") Scripta itrictini et vix ad intdligendum gesta ejusdem sanctissimi viri.
qnao scripta ex vetiislate et terrae piitredine dispersa ab invi iilnrilni? in iinuni
coliecta vix ordinem reruni gestaruni manifestant. Hansiz Germ. sacr. I pars I
eap. XUI § 2 pag. 65/66, pars II § XVU pag. 294/296.
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Ueber Schraibctoffe in Bayern.
251
Gehören diese Erscheinungen <%a'ntlich der E|)igrai»iiik an. wobei
besondere Gesetze wallen (he melir oder weniger eben duicli die
BeschalTeniieit des Stofles bechngt werden, ist Paj)yrus wie in
Deutschland so in Bayern wohl nie in starkem Gebrauciie gestanden,
ebensowenig auch Thon und Holz ab Scfareibstoff, so erübrigen
uns insbesondere die Wachstafeln, das Pergament, das Papier.
■
III. Wachstafeln.
Was die Wachstafeln anlangt, wovon vorhin schon S. 249
die Rede gewesen. Tafeln oder Täfelehen gewöhnlich von Holz, das
mit Waclis überzogen wurde, waren sie wegen dieses letzteren so
gefügigen Stoffes wenig<'r zn Urkunden aber um so mehr in hohem
Grade zur Benützung für mehr vorübergehende als bleibende Zwecke,
beim Schulunterrichte zum Erlernen des Schreibens, zu Aufzeich-
nungen welche erst nachher auf Pwgamrat beziehungsweise Papier
fibertragen werden sollten, zu Rechnungen und Registern, geeignet
Leicht waren die Ritze im Wachse wieder yerstriehen, und die
Tafel war auf solche Weise nicht unbrauchbar geworden sondern
diente so gut wie vorher zu anderen Niederschreibungen.
Bei der Schilderung der Sorge des Bischofes Wolfgang, d^ von
972 bis 994 den Uegensburger Stuhl zierte, für den Jugend-
unterricht erwähnt Othloh von s. Emmeram *) ausdrücklich, er
habe sich off die auf solche Tafeln gesdiriebenen Uebungen vor-
zeigen lassen. Und Othloli selbst spricht in dem Liber de ternjtta-
tione •) von seinen Kinderjahren, ipsoijue tempore — wie er sich
ausdrückt — cjuo tabula mihi data est cimi aliis pueris ad discen-
dani scripturam. Deutlich genug Ix^merkt audi die allerliebste Tages-
ordnung in den Caimina burana *) wo ein Jfingling zu fleissigen
Udi>ungen ermahnt wird:
') Vgl. Wattenbach a. a. O. S. 44—74.
^ b 4er Vit«. Wolfkangi episcopi cap. 18, in den Monom. Germ, hiit«
MripL tom. IV S, 684/585: Juniores ut seolaribus studils intereeeent pneeepit,
seniores vero ul psalmodiis vel lertionibus aut oralionibii'^ vacru-i nl ilwrevit, Ul
autcm adolpsrontou in capiftKlis scientiae liberalis noticiis forenl a^iliores, fre*
quenter voluit tahulus euruni cernere dtctales.
*) In den Honum. Genn. biet scripU tom. XI. 8. 893.
Heniuvegeben von Sehmeiler in der Bibliothdt dee litereriseben Ver^
ebiB in Stuttgart Band XVI 1 & 78.
«
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*
252 Hockiog«:
Postqiiam dorniieri?. >it mos tuus ut inedileiis.
Quae niL'ditiüus eris, labulis darc ne pigrileris.
Quae dederis cerae, cupio quandoque videre.
Wie gerne man diese Wachstafeln namentlidi zu Zinsregi-
stern Torwendete, beweisen die versdiiedenen welche aus dem 14.
und insbesondere 15. Jahrhunderte theils gut theils nur mehr in
schlechtem Zustande erhalten sind.
Noch in das \4, Jahrhundert, uro das Jahr 1354* fallt das aus
Polling stammende, nunmehr- im Nationalmuseum befindliche
Wachstafelbuch, welches früher der zu bald vom Schauplätze seiner
Thätigkeit abgerufene Akademiker Dr. Sighard besass, der auch in
den Abhandlungen der historischen Classe IX S. 343 — 356 ausführ-
lich darüber gehandelt.
Auch im Reich?archive findet sich ein aus Polling über-
kommenes, in seiner Einrichtung sozusagen gleiches, aber dem In-
halte nach interessanteres Vorzeicbniss der Gefalle seiner Güter im
Innthale, in der Leutasch, hi Tirol und an der Etsch, wohl aus dem
ersten Viertel des folgenden Jahrhunderts, auf 7 Holztafdn m Octav-
format, unten gerade geschnitten, oben auf beiden Seiten abgerundet,
am Rücken mit Pergament fest in die gewiihnliche Buchfbnn ge-
bunden, jede Seite mit Ausnahme der ersten des Vorderdedwls und
der zweiten des Ilinterdeckels in zwei gleichen Spalten, wovon die
erste auf eingeklebtem Papier den ständigen deutschen Text hat, die
zweite mit schwarzem , jolzt theilweise abgefallenem Wachse zum
Eintragen der betreffendr'n Einzeif hnungen hiezu überzogen ist, im
Ganzen also 12 Textseiten enlhallond.
Zwei Regensburger Wachstafeln wieder im Nationalmuseum
mit Aulzeichnungen aus dem ersten und zweiten Viertel des be-
rührten Jahrhunderts sind vorzüglich gut erhalten und das Wachs
derselben ist sozusagen noch weich.
Auch die Staatsbibliothek bewahrt 15 dorgleicfaen Wachstafeln,
welche früher sweF Terschiedene Codices^ aufgemacht haben, deren
einer wieder aus Polling stammt Die noch am wenigsten unleser-
liche Tafel des letzteren enthält fioonomiscfae Au&dchnungen in
deutscher Sprache vom Jahre 1432.
*) Nach Sebraeller in dar swriten Aufhfe d«r allgemeinen AoAiinft Ober
die Hof- und Staatsbibliothek zu Hänchen S. 98.
Vergleiche hiezu Dr. Sighard, welcher annimmt, dase de drei ffintfthlt
Bücher ausmachen dOrften. a. a. 0. S. S43 mit der Note 1.
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Ueber Schrei kslutVe in Bayvni.
253
Auf diesem Schreibstoffie war weiter 4ie toid Reichsarchivrathe
Muffat >) mitgetheiite vielfach interessante UnterweisuDg fiber die
Förmlichkeiten bei der Prfifung neugeprägter Pfennige zu
Regensbnrg verzeichnet, welche im zweiten Viertel des 16. Jahr^
hunderts der dortige Stadtschreiber Andreas Strauss, wie er selbst
bemerict, von »ainor alten wachstafel die lang zeit in Herren Leu-
polden Gumprechl , die zeit *) der stal kamrer , gewalt gelegen und
mit fleiss darein geschriben was« abgeschrieben hat.
Wie man endlich auch noch in späterer Zeit sich der Wachs-
taf'eln zu diesem und jenem Behufe be(hente, dafür können wir
aus dem von Andodis überkommenen Cod. lat. 8116'' der Staats-
bibliothek aus dem 10. Jaliihunderie anführen, dass er auf der ersten
Seite des vorletzten Blattes in der Aufiieichnung »Jlla debet habere
frater in cellac auch Tabulam cereatam cum graphio auftfthlt Weiter
bieten daffir verschiedene Rechnungen die Bel^. So finden wir
in Aidenbach hn Jahre 1467 »pro 5 tabulis 46 dl. valentibus pro
iuuenibusc verausgabt. In Oberattach sind im Jahre 1491 pro tabulis
cereis 16 dl. verrechnet In T^pemsee boprogrnet uns im Jahre 1497
eine Ausgabe von 9 kr. vmb zway screybtafiTel , wohl Wachslafeln,
wenn man die Summe von 5 kr. pro graphys ferreis hiezu in Be-
tracht /Jehl. Wolter im Jahre 1501 eine solche von 19 kr. für etlich
wachstauel ad conuenti^.
«
IV. Pergament.
Genügten diese Waclistafeln trefflich und vollkommen den Be-
dürfnissen, wovon die Rede gewesen, so war für Urkunden wie
Bücher, welche niolir als eine blos vorüberfrehende Dauer haben
sollten im Mittolalter in nicht ?erin?:erem firade geeignet als begehrt
# wie fort und fort verwendet das Pergaiin-iit ^). Es gilt früher ganz
vorzugsweise als der eigcntlidie Schreibstotr, und der Ausdruck »in
membranac, welchen beispielsweise Abt Gosbert, der von 983 an
in Tegernsee wirkte, in einem Danicschreiben an den Grafen Arnold
*) In sdnoi Beitri^en zur Gesehiebte dei btyeriidmi Hflmwesaw imter
dem Hanse WUtelabaeh vom Ende des 12. Ms in das 16. Jahrhundert, in den
Ahliandlungen der historischai Claaw der Akademie der WiaBOisehaflen Band XI
Ablh. 1 S. 266-2ti9.
') Zwischen 1429 und 1448.
Vgl. Watlenbaeh a. a. 0. 8. 98-114.
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2Ö4
Hockinger:
für ein Geschenk von farbigen Fenstersclieiben an die Klostericirciie ^)
gebrauchte, oder »in niembranisc kann in dar Regel ganz allgemein
für »schriftlich« genommen werden.
Das Pergament war früh wie noch spät ein gesuchter Gegen-
stand. Unter den Briefen des bekannten Fromund von Tegernsee
gegen das Ende des 10. Jahrhunderts begegnet uns einer, worin ec
sich an den erwähnten Abt Gozbcrt um eine r,i\hv an Pergament*)
wendet. Von Fromund selbst erbittet sich solches '') Reginbald von
s. Emmeram, und dankt ihm in einem anderen Briefe ') für ein
Geschenk an diest-m SchreibsfofTe. Wie hoch man schätTilo, dafür
spricht aucli ein Brief dr? Scholastikers Megirdiclin von Tegernsee,
wonach es hei Li-islung von Zahlungen neben Silber gestellt ist,
wenn er den Schwestern J und E^), welche mit der Entrichtung
ihres Zinses an das Gotteshaus Quirins im Rückstände waren,
schreibt : moneo vos, sorores carissiraae, ut festinetis hoe qnantoctus
emendare in argento vel in membranis aut in aliquibus rebus quas
scitis necessarias esse in nostris regionibus. Gewiss auch würde
man es, w^n sein Werth nur ein ganz geringer gewesen wäre,
nicht in früher wie zum Theil noch in späterer Zeit wiedw abge-
schaben und neuerdings zum Beschreiben verwendet hallen, wovon
seinerzeit noch besonders die Sprache sein wird.
Ein Missverständniss wolü möchte in Mitte liegen, wenn v. Hefher <)
') Ouocirca qunu^quo Iwus istf (fniitiir tali diMoialus uriiatu, veslrum nomen
die nocluque celt-lnulionibus oratioiium asscribitur. Et ut oimiium pruxiiuüruiii
veatromm memoria deinceps bine agatur, fecite conscribi nomina quorumcomqoe
vniti«; in inerobrami, mibisque transmitti per prae^entem nmutiam. Pet codex
diplomatico — liisforirn — ppi;i{u!;iri'< 1 1 sp. 123 nr. 3.
*) Quia spirituali consolulione ves^lra parte — si dignaiiiiui — notuinus pri-
vari, ad utilitatem apiritiialis et temporalis nercitii aliqiia« membranas wM»
donari precaraur. Nam. ut scitis, libcuter intcnlum seriptitationis immoror studio.
Sed nutir facnltatcm si rihfinli prrgain^nis ilffiricntibits non habeo, niai vestrae
manus largitione tribuatui-. Pez a. a. O. I 1 sp. 15U nr. 1.
*) Praeteraa quantmnlibat membranaa eansa pmeribandi Hbdka qnoaiiMti
mihi aoeoromodatos, illas tarnen aeptem peUes iUdem invoitas ^ non ploa
opus habeas — mihi transriiiltes, Pez a. a. O. I 1 Sp, Ißl nr. T>.
*) Pra<'tert\a crga ver<lri pergameni donatiDiicin, quia tunc gratiaium actionibus
locum non babuiinus, inaxinias referimus gralias. Pez a. a. O. I 1 Sp. 160/161.
■) Fes a. a. 0. I 1 Sp. 146.
•) In seinem Aursatze Ober die Leistungen des Klosters Benf^ilicibeur<?n fflr
WissenHcbaft und Kunst ini oberbayerischen Archive für vaterländische Ge-
schichte III S. 3ö8.
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Ueber ScbreibstofTe in Bayern. 255
aus einer Stolle in Meichelbeck's Clironicon l>enedictoburaiiuui I
S. 132 schliessen will, die Weisung des Abtes Heinrich III, es
sollten alle Widda>felle an den Kämmerer abgegeben werden, de
qidbus scolaribos provideai In pelUciis, gehe dahin, sie sollten zu
Pergament verarbeitet, und dieses sollte den Schälem gegeben wer-
doi. Uns sch^t die Sache sich folgendenranen su verhalten. In
einem Verzeichnisse der Einkünfte des Kdlerei- Probst- Kammerer-
KiHtorei- u. s. w. Amtes von Benedictbeuren zwische n 1270 und
1280 Fol. 1 1. sowie in einem anderen nur kurze Zeit darnach fallen-
den S. 23 lindel sich atu Schlüsse der Retlditus des Officinni ramerae
allordiiijjs die Slcllc: (»mius pollcs arietum dabuntur caiiierario, de
tjuihu.s S((jlaribiis i>rovidebitur in i>elli(üs. Eine spfdere Hand hat
aber sclion zum ersfei-en iH-merkl: vostilus nostrorum scholarium,
so dass also die Denedictbeurer selbst die Stelle aueli nur auf die
Kiddung bezogen haben.
Es verstdit dch so ziemlich von selbst, dass wie In Deutsch-
land Im Allgemeinen, so auch in Altbayem insbesondere In der
Regel nicht italienisches, mehr aus Ziegen- und HammelfeUen be-
reitetes, auf der Fleisek- und Haarseite verschiedenes, sondern deut-
sches, mehr aus Kalbsfellen hergestelltes, auf der Vorder- wie Rück-
seite in der Regel kaum merklich zu unterst le idendes Pergament
zur Verwendung,' ^'elanrfte. Man war sich auch dieser Verscliieden-
heit sehr wohl l>ewusst. Sehriel) doch im .Talirr 1246 iler Dechant
Albert von Passau ^) an den Erzbiscliof Eberharl II. von Sal/.burar:
rionsulo pura lide, et supplicant otiam vestri specialissimi c1 dcvoli
iuuici, ut in continenti sine morac disjiendio dominum Fridericuni
de Leibnitz cum vestro sigillo sive bulla cuu] pei'gamena teutonica
atque cera ad euriam transmittatls romanam, ut ibidem juxta negotii
qualitaton tarn ad mutuum contrahendum quam etlam dmnino papae
et ejus fralribus dominls meis cardinalibu& Utterae ordinentur.
Was die Frage nach der Beschaffung des Pergaments an-
langt, wird nicht zu bezweifeln sein, dass in älterer Zeit in diesen
und jenOT KHIstem die Felle der eigenen Kfdber hiezu dienen mussten.
Sie mögen anfänglich auch wohl daselbst gleich verarbeitet worden
sein , während sie dann und wann — wie später wohl gewöhnlich
— zu diesem Behufe auch aus dem Hause gegeben wurden. So
') Vgl. Höf! er Alhorl von Bpham unrl Bcfreslen Pabsl Innocenz IV, in der
Bibliolliek des lilerari:>chun Vereins zu Sluttgart, Band XVII S. III.
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256 Rockinger:
beiiierkl der Probst Kaspar von Bautuburg in seinem Ausgabenbuche
zum Jahre 1445, als sdn Notar Albert RAsebel ihm Petgainent tuid
Papier sammt Zeug zu Tinte in Salzliurg hatte kaufen mfisaen,
noch wdter: hat geben ainem gurtlar ig den. das er mir gonerdct
bat xix caippvel, die so! man nur zue pergamen wurckken. Abge-
sehen davon war der Kauf des Pergaments nicht ungewöhnlich, wie
ja gerade im Jahre 1445 der genannte Notar zu Salzburg um 12
Schillinge und 6 Pfennige ^) solches seinem Probste kaufte, und
Um die BesUtnmung dieser und der betreffimden tmeh weiter lahlreieh
folgenden Simiiii.ii /u fi leichtem, bemerlcen wir aus Muffal's BeitrSgen zur
Geschieht»' il >s bayerischen Mfumveppns unter dem Hause \Vittclsl»;irh vom Ende
des zwülflen his in das sechzehnte Jalirhundert in den Aldiandiungen der bisto-
ri4cli«i ClasBe der Akademie der Wissenschaften XI Abth. 1 S. 908—209 nach-
stehende Berechnung des Pfundes Schillings und Pfennigs verachiedener daher
einschlagender Müii/fn auf den Wcrlli in süddeutsrlicr Wähnintr vom Jahre 1857.
Was zunäclist die regcnsburger Münze anlangt, entspricht von 1231 — 1312
ein Pftind = 18 fl. 10,»*' kr., ein SchiUing = 2 fl. 16,««^ kr., ein Pfennig =
4,*«* kr.; dann ein Pftmd ss 17 fl. 18,'** kr., ein SehUling = 2 0. 9,»* kr.,
ein Pfennig = 4,»«^ kr. ; endlich im Jahre 1395 ein Plünd 14 fl. 48,*** kr., «n
SchilHng = 1 fl. 51."» kr., ein Pfennig = 3."» kr.
Von den oherhayerischen und nioderhayer ischen Münzen ist am Aus«
gange des 18. mid Anfiinge des 14. Jahrhunderts ein Pfhnd »= 11 fl. 47,*** kr.,
ein Schilling = 1 fl. 28,**» kr., ein Pfennig = 2.»«« kr,; im Jahre 1378 ein
Pfund = 8 fl. dO."» kr., ein Schilling = 1 fl. 6,"' kr., ein Pfennig = 1,"' kr.;
im Jahre 1391 ein Pfund = 12 fl. 55,"» kr., ein Schilling = 68,'" kr., ein
Pfennig » 1,*M kr.; am 37. Februar 1896 ein Pftmd » 7 fl. 10,'<* kr., ein
Schilling » 63."* kr., ein Pfennig =s 1,»« kr.: im Jahre 1400 ein Pfund = 6 fl.
57.»" kr., ein Schilling = 44.*" Vr.. ein Pfennig = 1,"* kr.; im Jahre 1406
ein Pfund = 6 fl. 13,»»^ kr., ein Sdiilling = 46,"» kr., ein Pfennig — 1,"' kr.;
im Jahre 1435 ein Pfund = 4 fl. 54.**' kr., ein SchiUing 86,*** kr., ein
Pfennig = 1.*** kr.; im Jahre 1464 ein Pftmd s 4 fl. 49,*** kr., ein SchiUing =
86,*** kr., ein Pfennig 1,»»» kr.
Bezöglicli der jmssruier Münze verdanken wir ihm die Mittheilung, dass
im Jahre 1314/15 ein i'fund = 10 fl. 20 kr. zu setzen, wonach sich ein Schilling
» 1 fl. 17*^ kr., ein Pfennig = S'/n kr. stellt.
Was endlich die gleichfalls öfter erscheinende wiener MQnze anlangt, be-
merkt Alphfiiis Hill) er in seinen T'iiter-iichnngen flher die Münzgeschichte Oester-
reichs im Xlll. und XIV. Jahrhunderte im Archive für österreichische Geschichte,
Band XUV S. 690—680. dasi yom Jahre 1268 bis 1282 ein Pfund s 16 fl. 66 kr.
fisterreichischer Währung, ein Schilling = 2 fl. 7 kr. -, im Jahre 1805 ein Pfund
« 14 fl. 90 kr., ein Schilling 1 fl. 86 kr.; vom Jahre 1305-1350 ein Pfund
- 12 fl. 40 kr., ein Schilling = l fl. 66 kr. zu setzen. Was den Pfennig an-
langt, war sein Kurswerth im Jahre 1266 = 6,* kr., im lahre 1298 = 6,** kr^
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Leber ScUreibsloffe in Bayenu
257
dieeer selbst zum folgenden Jahre veneichnet: ich hab chAUflt zzzy
pergamenen hawt, ye ainew für xx den. Daneben aber war auch
der Weg nkht unbeliebt, dass man fOr die Kalbfelle — insoweit
man sie nicfat wie andere H&ute zu verkaufen ^) für gut fond — gegen
dne gewisse Aufgabe Pergament eintauschte. So verzeichnet wieder
Probst Kaspar unter dem Jaliro 1442: kh hab funfczig kaippud
geschickt gen Salzburg, da für hat man mir geben funfczig pcr-
gamcnhawf. vnd icli hab auf yodlfNchew hawt aufgeben iij dl. jtem
der iiotl hat verzcrl xviij dl. vnd icii han Jni ze Ion prebon ain nieczen
waiczcns. Oder unter der Ueberschrift »Salczburg pergamen« unter
dem Jahre 1445 : ich hab aufgeben auf liiij kalj)pvell darfur man
mir pergamen hat prachi auf yedleichs kal[)pvell iij dl. per manus
Alberti Räschel. vnd den knechten zue trinckgelt vj dl. Weiter
lesen wur daselbst zum Jalire 1474 über ein derartiges Geschäft mit
dem wasserburger Bürger EndarfSer: mein her farobstCaqiar hat mit
im tawach kalbfell Tmb pergamenhewtt vnd mein herr hat jm auff
geboi auff ain pergamenhawt iüi'/i den. facit vg schill. vnd zu den.
hiteressirt hiebe! auch die Frage nach dem Arbeitslohn, so ersehen
Tum Jalire 1305— 18&0 eridlicb = 6," kr. Nach S. 537 sodann slelMe sicli in
Folge des Patentes vom Jahre 1899 der HOnswerUi des alten Pfemiigs aitf 2^**
Oflcr ciwas weniger als 2'/« Neukremer, der des neuen Pfennigs auf etwas nidir
S,^* oder fast 8*/« Neukreamr, wShrend der Kurswerth sich etwas besser
slellle.
Es mag hierOber jetxt auch Muffat'a ErOrtenmg Ober das Gewicht und den
Gdialt Osterreiehisefaen Pfennige von der Milte des XIII. bis zur Milte des
XV. Jahrlninded-* und «If^r l>(^hrnisrlioii Grosrlioii im XiV. .Inlirbmiflcrfe verglichen
werden, in den Ahliaiidlungen der historischen Classe der Akademie der Wissen*
schaßen XII Ablh. 1 S. 75-144.
*) Beiqiielsweiw das Kloster Obenitaeb verkaufte im Jahre 1440 dem Weigel
POddär von Stmubing: 10 rinderhewt« ye aine vmb 86 dl. tl kalbM, ye aina
vml» 5 dl. — Sodiitm Im Ubrc 1444: drey ocliseiiliewt vmb 7 soliill dl. 9 kue-
hewt, aine vml' 35 dl. = lO'/j sohill. dl. 14 sawhewl, 14 Italpf'el, 9 schaffei,
als durcli ein ander ye ains für 2 groschen = 7 Schill, dl. vnd 12 dl. Weiter
noch 7 kalpfel, 2 schaffTel, 4 sawhewt, ye aIns in das ander vmb 8 dl. s 8 sehllL
«11. •) <11. — Ferner im Jalirc 1447: M kalpfel. n schaflM, ains für 8 dl Dann
12 kalpfel, 8 sawhewt, 10 .schaffei, aius in <las ander ye ains vmb 8 dl. Ausser-
dem nochmal 12 sawheut, 16 kalpfel, 3 schalfel, alle durch ein ander vmb 7 dl. —
Weiter im Jahre 1449: 9 rinderhewt, aine vmb 46 dl. regensburger. 17 saw-
liewt, 15 kalpfel, 10 sehalMt aina in das ander zu 19 hfdler, vnd S fei dar ein.
Eine Aufzciclunnip endlich zum Jahre 1490 liesapt : Michael carnifex dedit
pro xij pellibus vitulinis g schill. vj dl. pro octo cutibus 1 pf. 2 schili. 20 dl.
AieUT^sehe MCsebrift I. 17
258
Rockinger:
wir selben *) g^n den Schluss dieses Jahrhunderts aus den Rech-
nungcn von Togernsee, Daselbst sind beispielsweise im Jahre 1492
verzeichnet einmal 12 schill. dl. von hundert xx lieüten pcrganien
CZU wurchen, und <lann 17 ','2 Schill, dl. für andorthaibliundert heyt
porganien czii würchon, im l'olgeiulLii 1 (1. rlioin. l'nr 70 heyt pergamen
ze u uiclion, im Jahre 1495 sodann 10 schill. dl. für 100 heyt pergamen
ze wirckon j>er dl. Im Jahre 14!)7 >ind verreclinot 12 Schill, dl.
von 120 pürnuntlhewl gewirclit, weiter 5 scliill. minus 3 dl. dem
pirmeltere für 50 heut ze wurcken im Jahre 1499, oder 30 dl. dem
pinnetter von 10 pirmet heit ze wirchen im Jahre 1502, oder 6 Schill.
6 dl. für 62 pergamen heit ze wircken im Jahre 1505.
Schon hieraus ist ersichtlich, dass insbesondere in den Stfidten
die Bereitung des Pergamentes ein Gegenstand des bürgerlichen
Gewerbes gewesen. Auf solche Weise konnte man es denn auch
allgemein leicht kaufen. So begegnet uns unter den Zeugen bezQg^
lieh des Gutes Pucinhofen im Codex traditionum von s. Emmeram
zu Regenshurg *) unter dem Abfe Peringer im letzten Viertel des
12. Jahrhunderts ein Chunrad ijergamcnarius. In einer Urkunde von
dort über eine Leibgedingsverleihung einer Area inter institas sita
*) Viellri. ht (lOrfen wir bri der Gelcpenheil Auch einer Altrechnung des
mehr gpiiannteu Pmiistps mit »maister Virich ledrer jm AlteniDftrgkbU aus dem
Jahre U75 einen Platz gönnen:
Hein her btobst Caqmr vnd er heben miteinander abgerait die kalbfel vnd
ander hawtt die tr meinem Herren geworchl hal. Ileni von dem ersten hat er
geirarcht xwj kalbM, de quil)ns zu Ion iij den. facit Ixxviij den. Itoni vnd zway
aebaflel, da von ze Ion vj den. Item mein her hat auch von jm chaufil zway
kalbfel vmb sd 6tn* Hern hat mer geworeht uro gvon ronbawt, da von le Ion
xl den. Ueo) hat mer geworebt memem faerren ftmff oebsenhawtt, de quibus
w Ion zx den. Item vnd mr r ain kaihhaut, da voo ae lott XV den. Item vnd
mer ein roszhawt, da von ze Ion xx den.
De hijs Omnibus satisfecit sibi dominus jn die Viti anno etc. Ixxv, jn pre-
•entia Hamrid de Aw, dombii Qeorgij Katspeckb, ac md Thome.
Aus dem folgenden Jahrhunderte liegen beispielsweise von Wessobrunn
sichere Angaben vor. Nach seinen Haus- und Ehehaltenbilchcrn betrug zu
Pfingsten des Jahres 1617 der Lohn des Lederers: 5 kr. von Iteut und püschlein,
4 dL von feien und eanliettt. In üebereinstimmung biemit iet er auch im
Jabre 1627 folgendermassen angegflitn : von einiT Haut 6 kr. von einem Kalb-
felle 4 dl. vnu eiiu'i Gnishaiil imd Miiiid-haut aurb 4 dl. Im letzten Jahre ver-
arbeitete er 61 Häute und 168 Felle, wofür der Lohn mit 6 fl. 6 schill. 28 dl.
in Reebnong gesetit iiL
') Pes anecdoU 1 6 Sp. 188.
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Ueber Öchreibslotl'e in Bayern.
259
vom 1. November 1239 ist der erste von den Laienzeugen Amoldns
pei gamenarius. In ein« Aufzeichnung im Traditionscodez von Nieder-
altacfa anter Abt Volkmar um das Jahr 1281 erscheint ein Albertus
dictus PuhTeDer dvis ratisbonensis. Unter den Zeugen einer Urkunde
des Domcapitels von Passau (Iber dm Vokauf eines Hauses daselbst
an da? Kloster Formbacfa vom 18. Februar 1288 ') stosson wir auf
einen Fridericus pergamenatoT. Unter denen in einer I^rkiinde des
Stadlrichters Ulrich Sokkinger von Passau vom 1. Septt mber 1339
bejreprnet uns Michel der Puechuelaer. Eine Jahrtairsstill uii;,' welche
der hraunauer Bürger Hermann der Püchfelär am Donnerstage nach
Michaelis drs Jahres 1398 l)eini Kloster Asbach gemacht ist in den
Monum. boica V S. 200—202 abgedrucict. Der Probst Kaspar von
Baumburg bemerkt in seinem Ausgabenbuche zum Jahre 1448: ich
hab chai]dR von dem pergamisten von Salczburg xzviij pcigamenen
hawt, ye ainew tat xx den. Und im folgenden Jahre schickte er
dem Dombäcker von Salzbürg 6 Schill. 10 dl von pergamens wegen
— wie er sich äussert — dye ich dem pergamist zu Salczburg schuldig
war, vnd der tumbeckher porg für mich was. Abt Narciss von
Benediclbeuren bezog im Jahre 1497 von Peter Aberel purmater ze
Augspurg Ixx hautt, ye x für ain gülden. Und im Jahre 1501 be-
zahlte er: Monaci dem pirmatar 1 gülden reinisch vmb 10 haut
pergamen.
Einen fürmlichen Handel mit Pergament im Kleinen und im
Grossen trieb insbesondere Tegernsee ') um diese Zeit.
•) Vpl. (lio Monum. boica XI S. 90)91.
*) EheiKlorl IV S. 159. ,
*) Aus der Verzeiclinuiig seiner Einnalunen in den Jahren 1492—1499 wollen
wir Uer ekage daher ehuehlagaide Posten auffilhren.
Im T ihre 1492: 17 dl. Hanns AriDSmalcz für 1 pergamenthawt. 5 kr. vmb
1 haut ptT^Mmen hem Sipmiinflrn. — Im .Tahre 1493: 2 fl. rhen. dcdit Michel
scriptor de Elpach pro pergameno. 17 flor. rhen. 30 dl. dominus abb.iä de Alltach
«uperiori Anr 900 pergamen h«wt pro dualnis vieibus. — Im Jahn 1494: 84 dL
für 2 pergamen heyt plebano In Sliers. — im Jahre 1495 : 3 fl. pro pergameno
ad Peyreii. 5 kr. pro pergameno dem Mölecker. 13 dl. pro ponrameno Hannsz
Probst — im Jahre 1496 : 8 fl. rhen. dominus prelatus de Feyreu pro pergaraeno.
17Vi dL vmb 1 haut pei^amoi. 1 fl. 10 kr. fbr 14 pergamen beut 4 aehill. 90 dl.
vnd) pergamen a plebano noetro. 7 dl. für >/* hautt pergamen. 6 kr. vmb 1
pergampnhuutt. 15 <11. für ain pergemen haut (l<>m canfzlor. 10 kr. fiir 2 porpanien-
• heyt plebaiius nosler Sackrer. — Im Jahre 1497: 17"/» dl. für 1 pergamen hawt
Michel maier. 6 kr. für 1 pergamen hawt Posch von Muespach. 8 kr. IQr nvo
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260
Rockinger:
Was die Preise des Pergamentes betrifftt sind die Nachrichten
aus früherer Zeit leider nur mangelhaft, und bieten uns insbesondere
die hier und dort erhaltenen Rechnungen ^) nur die Gesammtsumme
fi3r einen grösswen oäer kleineren sei es jähilidien sei es anderen
bestimmten Bedarf, ohne dass sich der Prds für die einzelne Haut
mit Sicherheit angehen lio>?e. Letzteres ist der Fall bei dem grossen
Graduale welches für Aldersbach geferti^'t wurde, wofür in der Rech-
nung vom 22. November 1321 bis 12. Juni 1333 »pro 175 cutibus
jiei^ameni« 3\'2 Talente iiiui 35 re^'cnsburger -) verausgabt stehen.
Erst aus späterer Zeit stehen uns in dieser Hinsicht veriässige Auf-
zeichnungen zu Gebot. Im Rechnuni^sbuche von Weltenluirg sind
zum Jahre 1441 pro 7 cutibus pergameni 14 Groschen aufgetührt.
Der Probst Kaspar von Baumburg bemerkt in seinem Ausgabenbuche
unter dem Rubrum »Dftumel sawsneyder« zum Jahre 1443: ich hab
dhaufl von jm zliiij hawtt pergamens, die hawt ftir ig dl. Nach dem
Rechnungsbnche van Obendtach wurden am Montage nach Fron-
pergamen hewt plebanos nosler. 6 kr. pro pergUMno eaneellarla. 14 dL ftur
1 perK'aiiiPe hawt Michel rnaler. — Im Jahre 1496: 68 60 dl. Tur 100 pergaiueik
hewt aljbali in Nietlcraltach. 14 ill. für ain pcrframpn hawt Michel maier. —
hu Jahre 1499: 1 fl. rhen. pro pergameno von den vuu Peureu. 14 scbill. dl.
für 24 pOrmentheut abbas de Pewrn.
') Beispielsweise unter den »historischen Notizen aua dnem Rechnungsbuche
des Kloslers A!d»T^li.Lch>. Ufldir MufTat in den Quellen zur hayerisrhen (Je-
schichte I ä. 442—474 verölkntlicht hat Ündeii sich folgende daher bezügliche
Eintrage. Vom S Hai ISm — 88 Mai 1MB t U Ul. rat. — Vom 16 Jon! 1S06.
- 24 Joni 1806: IUI UK 31 dL - Vom 87 Wkrt 1807 — 26 Hin 1806: in Ul
60 dl. - Vom 15 Juli 1313 — 26 April 1314: IV tal. 10 den. pat. — Vom
24 Appil 1320 — 27 Mai 1321: IUI. tal. 54 den. rat. - Vom 4 Mai 1325 —
26 Mai 1326: IV tal. minus 38 den. rat. — Vom 8 Mai 1327 — 6 Juli 1829:
e^t tal. — Vom 6 4iiU 18S9 — 86 Mai 1880: 9 soL minus 6 den. » Vom
6 Tiili 1333 — 15 .Tuni r'.^4 ft -.,1 minus 10 den.
Auch in der im Besitze des iiistoris«-hen Vereins von und für Oherbayern
beündhchen müuchner Stadlkammerrechnung aus der ersten Hälfte des 14. Jahr-
hunderls lesen wir nur gans allgemefai anf V<A. 186 tum Jahre 1888 die Venus*
gal>uiifr von soL pro pei^amenu, deutlicher auf FoL 126 dahin bessichnet:
xi) sol. pro pergameno ad libros juris. Vergleiche unsere Alihaiidlunp zur .lusseren
Ueschichte von Kaiser Ludwigs oberbayerischen Land- und Stadtrechten im ober-
ba]rerisehen Arehire XXIII S. 856.
Nicht minder liegegnet uns in dner Anfaiehnnng der Ausgaben des Abtes
von s. Emmeram aus dem Jahre 1364 ^deirhfalls nur die allgemeine Angabe:
pro pergameno ad litteras Fridluii Strauzzonis xxxij den. inouac.
*) Vergleiche hiezu den ersten Absatz der Note 1.
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Ueber SehreUMtoffe in Bayern.
261
1
leichnam des Jahres 1444 dem Konrad von Passaii bczalilt : 31 dl.
für 4 liewt pergamon. Iin Jahre 1446 kaufte der Notar des Probstes
Kaspar von Bauniburg »xxxvj hawt, yc ainow für xviij den.« zu
Salzburg, und in demselben Jahre verzeichnet der genannte I'roj)>t
noch weiter: ich hab chauft xxxij perganieni'ii hawl, yo ninow für
XX den. Olx [;ill;(rli kaufte im fol^ronden Jiilire am T;ige Fal)iani und
Sekistiaiu vuu d«.in vüiliin bemerkten Konrad von Pa.s.sau 18 hewt
pergamens, aine für 20 häller, im Jahre 1449 sodann 21 hewt per-
samen, aine vmb 19 hfiller. Zu demselben Jahre sind In Weltenbuig
tSit zwo hewt pergamen 40 obuli, und in Aldersbach pro 8 cuttibus
peigameni 52 dl. wienn. verrechnet Aus diesem Kloster haben wir
auch Au&eichnungen aus dem dritten Viertel des Jahrhunderts. So
zum Jahre 1461 pro 20 cuttibus pergameni 11 Schill. 20 dl. und pro
134 cuttibus pergameni 7 Pfd. 2 Scliill. 12 dl. Zum Jahre 1456 pro
2 cuttibus pergameni 3f3 tll. Zu den Jahren 1459 und 1460 pro per-
jrameno, vidclicet pro 00 cuttil)us, 5 Pfd. minus 30 dl. pro 15 cuttibus
pergameni et bitumine 0 Schill. 10 dl. Zum Jahre 14G7 i^ro perganieno,
videlieet 14 cuttibus, 10 Schill, dl. pro 21 cutibu-s vitulinis Steffano
Ilolbe^rkeii pro pergameno aptis 10 Schill. 15 dl. Zum Jahre 1470
pro 3 cLitibus pergameni 00 dl. Kein Mangel endlich ist an hieher
einschlagenden Aufzeichnungen aus dem Ende dieses Jahrimnderts
und dem Anfange des folgenden, aus welchen sich auch die Preise
ÜQr das ganz ferne oder Jungfempergamoit ohne Beschwerde ent-
nehmen lassen, fOr jenes, welches die Häute ungebomer Lämmer ^)
geben, das aber naturgemäss keine besondere Grösse haben kann.
So finden sich beispielsweise in den Rechnungen von Tegernsee ver^
ausgabt 9*/t Schill dl. für 27 heyt virgineum i)ergamenum im Jahre
1493, im folgoiden 2 fl. rhen. für 50 hewt ver^'inei pergameni, 1 fl.
für 35 heyt pergamee ?irgincum im Jahre 14UÖ, im folgenden 13 Schill.
21 dl. dem pirnieter von 137 heulen, im närhsten 2 fl. für 20 grosz
purmentt lieüt kaufl und wieder 4 11. für 44 hewt pergamenum, 9 kr.
für 2 pergarncnen In ut im -labrc 1500, weiter 5 Schill. 12 ','2 dl. von
54 kalbfel pro i)ergameno und 5 Schill. 3 V« dl. pro pergameno vir-
*) Von ihrer wundervoUen Feinheit kannten wir uns euunal bei Gelegenbdt
dner Lanttirahweihe im haTeriBch» Gdiirge aberzeugen. Die Wanderung führte
au einem Mflhlanwesen voröhtT. wospllist gerado ein schwarzes Srliaf nn^i/ezogen
wnmle, «las mit einein Länimleiu schwanger gegan^ron. Der Anl>lirk der Haut
des kleinen Geschöpfes genügte ohne weitächweifige Erläuterung zur untrüglichsten
Erklirung der Zartheit und Dünne des aus solchem Stoffe breiteten Pergamentes.
26!^
RocUnger:
gineo im Jahre 1504, sodann 4*/« Pfd. 22*/b dl. für 58 pcrgarae
hcytt und noclimal 3fl. 20kr. für 33 heytt pergamee kaufl im Jahre
1505. Aus dieser Zeit erübrigen auch noch von Oberaltach wie
Aldorshuch 2) wie Diessen *) wie Benedictbeuren *) und sonst hierauf
bezüijlicbe Angaben.
') Hier ii^t zum Jabi-e 1<19I uu%ezeicbnel : emimus duoüeciiu cuttes pergametii
die s. Pbilippi pro 2 schiU. 34 dl.
*) Ausser den firflher bemerkten Summen sind hier tum Jahre 1498 IQr
10 cuttes iiergariH'ni 7 scliill. dl. aufgeführt.
Ali^'«>sohen ilavoii fiiiili>n wir zum Jahre 1467 den Eintrag: pro reformalione
pergauic'ui 5 scliill. dl. i>ul.
Auch ni Pergament fIBr eine Schrdbimterlage begegnet uns zum Jahre 150O
die VfTZi'ioliming: pro vno sextemo jn peigameno pro fundamento scripturae
8 Schill. 10 dl.
'j In der bi>soiidereii Huhrilc »pro div«Tsis iu'n--it.itibusc in seinen Rech-
mmgsbücbern stossen wir auf fulgende An^jaben. Zum Jahre 1496 : 9 Schill.
18 dL pro 16 pyrmflt heytt. — Zum Jahre 1499: 11 Schill. 8Vt dl. pro 19 pyr-
mflt hejt — Zum .Talin> 1.502: 4'« fl. ]0 dL pro 68 pyrmüt hfvt.
*) Dem Ausgabenbucbe des Abtes Narctss entnehmen wir nachstehende Ein«
träge:
Zum Jahre 1495: sehen haQU far am gülden reinisch pei Jorg Pawmeister
Auguste, erkaufil Auguste per dominum Johannem Sehweigkar Tiigiiieum perga-
menum x lianit, vnd ain hautt coopertori für i gülden reinisch. erkauA ze Tcpcrn-
see hi'di rar ain gülden reiniscb fer. III nach Bartholomai, und norlimal
fer. V vor (Jalli.
Zum Jahre 1496: JOrg Pawmayster hat vmb UilVs gülden pergamen kauflt,
ye xj haut ffir i truldcii. viui Freysing xxviij liaQit porgam«! Tmb iij ^'ul.len
reinisrli. fralri Bi-nedlciu -2° vinh viij hciltlin vergineum pcrfranienum 's t;uldcn.
xxxiij haut für iij guideii reiuiüch urkautn Auguste per dominum .luhaunem Ziegler.
Zum Jahre 1497: Von Peter Aberel purmater ze Augspurg Ixx hautt, ye x
Air ain gdden. ain kapertt haut vmb t kreytzer. v} den. hihales. faeit totum
vij gülden xxiii'/i d(>n. Von dem von Tc?gernsee xliiij häuf für iiij gülden.
Zum .Tahre 1498: ij frniden vj kreytzfr vmb xxiiij hawlt, j capertt baut,
uon Tegernsee xij liaütl für j guKleu remisch.
Zum Jahre 1499: gen Tegernsee j gülden remiseh vmb xig hftutt pergamen.
mer dem uon Tegernsee ü gülden reinisch vmb xxv hefltt pergamen per dominum
Wolfganpum.
Zum Jahre 150U: ze München pergamen xij haült für j gülden reinisch,
vnd dar zu copertorj haut fOr v kreytzer. facit j gülden rehiisch mVh den. gen
Tegernsee j gülden reinisch vmb xv hftut pergamen, do wir jm dy precbsen halm
geschickt pei flaspcr Märtzen. mer j gülden gen Tegernsoe vmb xiiij heilt aus-
klaubte pergamen pei Jorgen Pawmaisler. Monari xij liäut pergamen für aiu
9 den. vnd ain cooperthaut xxi den. facit j gülden j ächill. xxi den.
Zum Jahre 1601 : Honaci dem pirmatar j gülden reinisch vmb x haut p«-
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Udwr Schr^stoffe in Bayern. 263
Ob auch farbiges, insbesondere purpurnes Pergament
in Bayern je im Gebrauch proslanden? Das unter den Cimelien der
Slaatäbibliothek befindliclie Evangcliarium aus dorn 9. Jahrhundert o,
welrhes auf Purpurpor^ranioiit bis Fol. mit ^ioldcnen und von da
ab mit silborncn Huchslaben <^'eschriel)L'n ist, ^'cstattct keinen ver-
lässigen Schluss iiierauf, indem einmal seine Herkunft nicht festge-
stellt ist, auf der anderen Seite aber auch immerhin möglich bleibt,
das» ee, selbst wenn es ans dner bayerischen Dom- oder Kloster-
bibllotM stammt, als Geschenk oder sonst toti anderswoher dahin
gelangt sein mag.
Uebrigens wurde Pergament nicht allein zu Urkunden und Hand-
sdiriften wie thellweise zu Einbänden der letzteren yerwendet. Es
begegnet uns auch als Stoff für Schreibtafeln. Der um das Jahr
1500 zu Tegernsee gesammelte Libor illuministarum , ein ganz un-
schätzbares Receptbnt'h auch nameiitlicli für das (Jehiet des Sclirifl-
wesens, handelt auf Fol. 33 in einem eigenen Abschnitte, de tal)ulis
ex pergameno, hierüber. Albe taltule perganiene, iu'isst es dort, ita
fiunt, Ik'cii)e pergamenum vitulinum, et pone ipsum in tentorio,
et bene extendas, et optime sicca ipsuui ad solcm. El facies ler.
Et post ipsum accipe album plumbum optime puluerisatum, et misce
cum oleo Ifaii Tsque fiat tenue. Dum inde habeat colorem album,
de albo plumbo et Isto liquido colore itlini istum predictum vitu-
linum. Et post ipsum desioca ad solem. Et hoc &c nonies, et hoc
vt in quantitate ^) illius tenuis. Et non apponatur altera« nisi pre-
cedens optime sit sicca ta. Hoc facto formes folia de ipso vitulino
quanta volueris, et fac tabulas. Potesque super eas scribere stilo
plumbeo stagneo cupreo uel argenteo. uel etiam cum incausfo. et
delere litteras cum saliua, et iteruiu sirihere. Cluni aulem tola albedo
disparuerit, dealha eas iterum lie albo plunibo cum saluia sicul
communes tabulas, uel cum rasura testarum ossarum uel |)uluere
ossium conbustorum et saluia. Wir werden wohl nicht sehr im
^aroen. Uaiius Messerschmid uoii Wt-iliiaim bat vnns pracht uou Augspurg
irj bafittUn junekfra pergamen, Tnd sunst xxxviiy baut gmaina pergamen, vnd
ain liautt coopoioij, thnel als xlvj liäut, für iiij guld<'ii n iniiich. UOn Tegernsee
xxiiij hafitt )M>rt:nmoti vml) ij guldeii reiiiisch. jtem VOD Tegernsee fQr iijj gülden
pergamen, albt^ für ain gülden xij beiU
Zum Jahn 1802 en^ich: Dem Mcaaenehmid Ton Weilbam x krautwr fOr
ij haOt Tirgineum pergamenum.
In d«r Handschrill atebt: et boe vUqoe.
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2$4 Rockinger:
Irrthum befangen sdn, wenn wir die Aufeeichnunp: im Ref,'i^:l^llm
cellcrarii von Tegernsee »8 kr. für weysse schreib täfel« zum Jahre
1501 auf solche Perframenltafeln beziehen.
Noch können wir hier nicht .schlies-;cn, ohno zu bemerken, dass
häutig Perp:anienl das bereits besciu-ieben frewcsen seiner
ursprünglichen Schrift entkleidet und neuerdings zum
Beschreii)en hergeri clitef und henülzt wurde. Es ist weder
im Reiclisarclüve noch auf der Staalsbibhothek ein Mangel an Ur-
kunden wie Handschriften ivekhe auf dergleichen Pergament ge-
fertigt sind. So ist beispielsweise das aus dem Archive von s. Em-
meram stammende Exemplar des in Riedas Codex historico-diplomaticus
ratislsonensis I S. 36 nur aus einem Diplomatar abgedruckten um
das Jahr 842 zwischen Bischof Baturich und einem Vir illuster
Maurentius vorgenommenen Tausches von zwei Gütern auf eine
Peigamenturkundc geschrieben, deren früliere Schrift abgekratzt
worden, und sind hiebei theilweise die zwischen den ausgeschabten
Zeilen leer gebli(>hen gewesenen ursprünglichen reinen Räume des
Pergamentes für die jetzige l'rkunde henützt. Jene des Abtes IVrnger
von s. Fjnnieiam aus den Jahren 1179 — 1202, wonach (iie Brüder
Udalrich und Fkkepert von Tahneizingen und der regensburger Bürger
Heinrich von Pennenkapelle dem genannten Reichsstifte partem
terrae quam iure beneticii in Swaebelwis jiossederant runcandam in
vineas resignhien steht auf einem auf der ftnsaeren wie hmeien Seite
abgekratzten früher in Spalten beschrieben gewesenen Pergament-
codexblatte. Sind wir ja auch genugsam darüber unterrichtet, welcher
Mittel man sich bediente um die Schrift wieder vom Peigamente
zu tilgen. Schon durch Aretin ^) und Hone ■) ist folgende Anwei-
sung einer Hand des 11. Jahrhunderts aus einer tegem seeischen
IIands( hrift, nunmehr Cod. lal. 18628 der Staatsbibliothek, Fol 106'
bekaimt geworden : Quieunque in semel scripto pei^meno nocessitate
cogento ileralo scribere uelit, accipiat lac. inponatque pergamenum
per nnins noctis spacium. Quod [K)sti[iiani inde -ustnlerit, farre
asspersuni, ne ubi siccari incipit in rugas contrahatur, sub pressura
castiget (pioad exsiccaetur. (Juod ubi fecerit, |nimice cretarpie ex-
politum priorem albedinis sue nitorem rccipiet. In einer Gruppe
vcm Handschriften des sogenannten Schwabenspiegels welche niit
*) In seinen Beiträgen zur Geschichte uiul Literaiur etc. Vil is. 28«.
*) De Ubm palimpsesüs tarn latinis quam gneds pag. 88.
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Ueber Sehieilwtoffe in Bayern.
265
einem Anhange zmn Landrechte vcrnu hrt sind ^) beg^et uns die
Nachricht; d.if? man eltwonne niacliet von weine vnd von wasser
das dew -chrift gar ab gcot, vnd gibt es einein büchiieller der es
mit seiner kunst gar ab tüf . vnd scribot dann wiiler daran nach
seinem willen vnd nach srincui nnt/.e. Das sol man — iicisst es
hiebei — gen der snnncn haben, so niaf: man es wol erkennen, so
sieht man der allten schritTt immer etwe uil in dem pirmil in der
newen. In dem aus Altomünster stammenden Cod. lat 2942 der
Staatsbibliothek hat Jemand, der die Verbmtung solchen Verfahrens
im Interesse der Sache selbst sich verbitten zu müssen geglaubt *)
auf der ersten Spalte der ersten Seite des viertletzten Blattes nach
dem Jahre 1418 folgendes eingetragea Jtem q vohieris delere in
pirgameno scripturam, fac tibi lixiuium cum calce *) viua, jn wlgari
ongelesten kalch. Pone hoc lixiuium in rescruaculum mundum vel
vitrum. Inipone simul ad mensuram jntegram vitriolum romaniim
S^album liene subUmatimi, id est weysser vitriol wol gelewttert,
V« lotoncni , aluminis ((uintioncm, siiniliter bcne in lapide porphiry
anl in mortario bene contrilnni. Sinpio iniluorom paratiim mitte
vna cmn reliquo apud jgnem lenlem niüdieum bulire, non forliter,
ne spiritns fortes extingwantur. Quasi tepidum fac. Dennmique
para tibi pannum de lana alba factum, intingwe [in] maleriam
buHtam hanc, et efiünde super pirgamenum. Frica juxta posse tuum.
Non fbrtj laborj delelsitur ad plaeituro. Postmodum mitte hi vmbra
teigere, et prepaia cum vemisio, ut cathetralium modis. Est melius
pristlna forma scribendo florisando aut quouis modo priori. Auch
der bereits 8.263 erwähnte Liber ittuministarum aus Tegernsee bietet
uns zwei Anweisungen zu dem Behufe. Die erste auf Fol. 36* lautet
unter der Ueberschrift »ad ddetionem scripture in pergameno« fol-
gendermassen. Reoipe pergamenum scriptum, et intinge in ain pais,
quam sie facias. nocipo j partem calcis, i] partes farine. Et addalur
aqua. Postea addautur ij partes ayrschalea gestossen. Et per-
') Vgl. unseren Vortrag; hierüber in «Ifr Sitzung vom 6. Juli 1867, abgedruckt
im Berichte hievun Ii S. 297—885, hier insbesondere S. 3*22 und 323.
*) Hoe aeeretum — ftussert « sieh nftmlieh — m« ob jntmtnm rogo otwemare,
ne [<i] ftd innpiendtiin manm perueniret non landabiliter easet, que antiqui eoin
flifflrnltate nr rnngrio lahoro et orcup.ilione porsrnilatj «nnt recmantibttS ipsis
annichilarj deberet, quod deo omnipotenlj jmperante absit. etc.
*) In der Handschrifl steht: cum vna exmti (mit dem Abkflrzungsstriefaft
darüber) gm (mit rechts flbergeaehriehenem Ij) calee.
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266
Rodtinger:
mittalur iacere 6 iliobus. Fostoa tendatur in aiii ram, A radalur
cum rasorio boiio. Postea .supersj)arge (■relani ^) bonc tritain. Et
tunc siccotur. Po?tea (iej)oiialur. Da> Mittel »ad dclciuluin scrij)-
lurain« sodann aut Fol. 229' l)estoht in Fol^^endcni. Recii^o wcin-
hepfen, vnd tliuc sy in aincn sack als ain laugsack. Also lass den
wein daruon triefibn, das die hepflSen dick vnd starclc werd. Die
madi zu pallen, vnd logs an lufft, das sy wol trocken werden, vnd
nit an die sunnen noch in kain hayssen stoben, wann sy verlOren
ire peste kraflfl. Darnach prenn die pallen so sy trucken wol sein
worden also: mach ans den pallen ainen ofen, vnd mitten darein
dn gloet, so werden die pallen auf Ij oder drey stund prinnen, vnd
lass selber derleschen. Damach thuo die gluet scyl)erlich lieraus so
die hepfen noch prinnen, damit das kain asch von der gluet nil
köni vndtor die rechten maleri. Darnach thue die materi in ainen
mörser, vnd dar zu ainen achten layl von waidaschen, das ist zu
j pt'd. prentter heplen -i lot waidasclien. Darnach nim vj niasz
lautters wassers: das geusz vbcr den obijresi liriben aschen sechs-
oder vij mal. Vnd die selbig laug behalt in ainem glas. Dass der-
gleichen Mittel etwa in der Praxis nicht zur Anwendung gelangt
seien, das widerlegen die verschiedenen Palimpseste zum Theil aodi
noch ans späterer Zeit So moss man beispielsweise in Raitenbuch
in den siebenziger und achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts ui der
Entfernung früherer Schriften recht flelssig gewesen sein. Das Zins-
buch der Ensterei daselbst von 1473 wie jenes von 1476 und nicht
minder das nur aus vier Blättern l)esiehendc von 1482 sind auf
abgekratztes Pergament geschrieben, und zwar ist in dem zuletzt
genannten das inliojiendo zweite und dritte Blatt eine Urkunde des
15. Jahrhunderts. Ebenso ist der Ihnschla^r eines kleinen Verzeich-
nisses dortselbst vom Jalu'e 14b9 ein l^aliinpsest.
Auch einen solclien, aber einen nicht »necessitatc coi^eiite«
sondern in betrügerischer Absicht entstandenen, bildet die Urkunde
über eine Schenkung Kaiser Heinrichs III für Krems vom 28. Dc^
zember 1053 im Reichsarchive, m Buchingers Geschichte von Passau II
S. 503/504 abgedruckt, und in den Monum. boic XXX Abth. I als
Num. IX unter die Diplomata fiilsa et rescripta S. 394/395 verwiesen.
') Bezüglich ihrer Ikreituug wird folt^endes heitiei kt: Recipe ij partes testas
oiMMiim bem trita«, et 8im partem crete trite in dam otd insimtil, et stoeetur.
Quod et aUqui pro vetnisio sumuiiL
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Ueber SebreUwtofliB in Bajera.
267
in wclfliLT der Einj^aiig wie dio I^oniiMlim aiii Sclilu-.-e steluMi <jq-
blieben sind, der jranzo i-it^t-ntlit lic Tcxl ahn- uniL^eschrieben i-t
Kehren wir nach dieser Alt>cli\v»'ifun^', wenn man sie so nennen
will, zum Gcbrauciie des Pergamentes auch noch in späterer Zeit
zurück, so lässt sich gewiss nicht iäugnen, dass ihm das Papier viel-
fiicfa Eintrag gethan hat. Ind)esondere aber für Urkunden, and
namentlich solche über wichtige Gegenstände ist es dem
noch nie ganz und gar ausser Anwendung gekommen. Ein
Blick in die Urkundenbestfinde, welche sich aus dem 16. wie weiter
aus dem 17. und 18. Jahrhunderte in den Archiven finden, thut
dieses zur Genüge dar. AI »er auch in unserem Jalirhunderte fehlt es
nicht an Belegen dafür . dass werthvolie Aktenstücke sich auf Per-
gament gefertigt finden. Man denke nur an die Originale von König
Max Joseph? neuer rionstilutionsurkunde der Akademie der Wi^-^en-
schaften vom 1. Mai IS(l7 oder der Constilutionsurknnde der Aka-
demie der hiidrndei! Künste vom l.T. Mai 1808. Oder an die Originale
der bayerischen Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818, wt-lclie sammt
deren Beilagen und Anhängen ganz auf Pergament geschrieben sind.
Auch die Originale der Landtagsabschiede, sfimmtlich im' Reichs-
arehive hinterlegt, weisen — mit Ausnahme der Beilagen — die
Fertigung auf Pergament aus.
V. Papier.
Abgesehen hievon aber hat allerdings, wie die übrigen Schreib-
stoffe, so auch im Laufe der Zeit für den gewöhnlichen Verkehr das
Pergament dem jüngsten mehr und mehr weichen müssen, welcher
sich biefÜr bis zur Stunde unangefochten behauptet, dem Papiere
Zunächst dem Baumwollen papiere. Nicht sonderlich für
dessen Dauerhafligkeit bei stärkerer ßenützui^ möchte das Concept-
buch sprechen , dessen sich um I24f) der passauei- Dekan Albertus
boheniLis ') bediente, denn es ist so gebrerlilicb, dass man bei seiner
EJenützung die änssrt^te Vorsicht anwenden darf. Dagegen sind
trefiflich erhalten Uecbnungsbüclier aus dem letzten Viertel dieses
M Vgl. nn^^cT (Uli angerüliiion Honum. boic. insbewiidere noch Stumpf die
Reichskanzler U S. 201 i\r. 2447.
*) Vgl. Wattenbftch a. «. 0. S. 114-138.
*) Vgl. Honer Albert von Bebun und Regesten Pahst Innocens IV» in der
Bibliothek des Uterarischen Verdi» in Stuttgart. XVI 2 Vorrede S. XXI and XXII.
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,*1
268 Rockinger:
Jahrhunderts, die sich durch Festigkeit des Stoffes und eine bewiuw
döTlSwerthe GUUte desselben anszeichncn.
Wie hinfre (Jas l!auiiiwolleni)ri|)ier gegenüber dem rasch auf-
taiicliondon Liiinenpapiere sich behauptet hat, ist im Augenbhcke
noch niclit mit Sicherlicil hergestellt. Einzig und all(Mn die Prüfung'
mittelst des Microscojjcs führt hier v.ii verlässigen Er^^ebnissen, indem
sich da von der bandartigen platten Zelle der Baumwolle die runde
glelchmässig dicke Flachszelle ganz bestimmt unterscheiden lissL
Eme Schwierigkeit tritt freilich hiebei ein, wenn der Stoff, die Baum-
woU- oder Linncnlumpen, sehr stark verarhdtet ist Das aber muss,
wie es den Anschein hat, bei dem Papiere der zweiten Hälfte des
13. und der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, der Fall gewesen
sein. Hat nun dem gcgenfiber die mirrnscopische Untersuchung bei
einem Rechnungsbuche aus den Jahren 1298 und 1299 wie nicht
minder t>ei einem Stift- und Steuerregister von 1311 bis 1315 auf
eine ausgiebige Zumischung' von Stärkekleister profülirt, so erklärt
eben dieser Umstand ganz iialürlich die Beschall'enlielt des Papiers
wie sie vorhin geschildert worden.
(Jerade di(>?e Boimischung bcfregnet theilweise noch in ziemlichem
Grade, theilweise aber später in geringerem Masse auch bei dem Pa-
piere das vorwiegend oder ganz aus Linne n lumpen bereitet wurde,
woU nicht ohne Wahrscheinlkshkeit noch hn 13. Jahrhunderte selbst
Es ist ohne genauere Untersuchung der betreffenden Schriftstücke
ein endgiltiges Urtheil daräber, ob SIDschung von Baumwoll- und
Linnenlumpen stattgefunden hat, und wie lange das der Fall ge-
wesen, nicht möglich. Schon bei dem vorhin berührten Rechnungs-
buche von 1298 und 1200 im Reichsarchive möchte man sich mehr
und mehr der Ansicht zuneigen dürfen, dass Baumwolle nur mehr
in nicht bedeutendem Masse verwendet ist, dagegen allerdings viel-
leicht neben den Litnienlumpen auch die äu-soic rolio zu anderen
Zwecken nicht mehr gut brauchbare F'aser des Leines oder Hanfes,
beziehungsweise der sonstige Abfall di(\«;er Ptlanzeu. Gerade das
mehr oder minder h.äufig erscheinende gelbliche und bräunliche Ge-
faser möchte darauf liindeuten, uuisomehr als durch die erwähnte
Zuthat des Stärkekleisters neboi der Glätte auch eme gewisse Festig-
keit sich ohne bedeutende Schwierigkeit erzielen Hess.
Eben ftir diese spricht kaum etwas bestunmter als der Umstand,
dass man nicht das geringste Bedenken getragen hat, an Papier^
uilnmden aus der ersten Hälfte des 14* Jahrhunderts die Siegel wie
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Ueber Schreib^slütVe in Bayern.
269
bei Pergamentlirkunden an Pergamentstreifen an den unteren zur
Verdopplung des einikchen Blattes umgebogenen Rand anzuhSngen,
und diese Urkunden sich ganz trefflich erhalten haben. Man ersieht
dieses beispielsweise an ehier des Katharinenspitales zu Regensburg
Tom »nechsten suntag tmch dem beiclmacht tage des Jahres 1324
oder nach unserer jetzigen Zählung 1323, worin Graf Berchlold von
Graisbach den richtigen Elmjifang all des Gutes bestätigt, welches
demselben sein Oheim, der Domprobst von l'iclistritt, genannt von
Hoclienvels, und sein Kaplan, der Dechant 1 Icinrich von Leclisgemünd,
wie sein Vogt Konrad von Graisbacli »in zweliallen« ^re^'cben. Das-
selbe ist der Fall bei eiiinn Vidimus des Abtes Ulrich von Heiden-
heim vom Montage nach Judica des Jahres 1326 ^) über zwei Ur-
kunden des Klosters Ahausen, darunter eine des Herzogs und nach-
maligen Kaisers Ludwig ^om Jahre 1311.
Es dörfte sich nach dem, was ))emerkt worden, nunmehr fragen,
ob die Annahme ganz und gar richtig ist, dass von den zwanziger
Jahren des 14. Jahrhunderts an, oder genauer yan 1324 an, wo in
DentadUand auch reines Linnenpapier angekommen sdn soll,
bis zur Mitte des Jahrhunderts daneben noch gemischtes erscheine,
oder ob nicht vielmehr an Stelle dieser Mischung sich die Sache darum
drehe, dass neben den Linnenlumpen nuch noch die gröberen
Theile des Leines oder Hanf< mit zur Vorarboi i unjr pre-
langlen. Zur jjenaueren UnlersiiLhung hi«'nilx*r könnte — damit
wenigstens im All<:emeinen eint' AnreuMUig liidTir ^'ei-'ebcn sei — die
älteste StaillkaninKMi»(!inu;ifr von Miindien ans dem f'i>ten Viertel
des 14. Jahrhunderts im slädtischen Arehive dienen. Von Urkunden
die l>ereits erwähnten aus den Jalucn 1323 und 1326, wie weiter
ebe der Agnes von Wildenwart und ihres Sohnes Maiiin über ein
Seigerät an das Kloster Roth vom Jahre 1338^ oder das zu Ulatrai in
Tirol im Jahre 1342 ausgestellte Schuldbekenntniss des Kaisers Ludwig
über Leistungen, weiche Petermann von Schennan >ad coquinam
die martis proxime post Mathey« gemacht, und anderes. Es kann
sodann der an die vorhin erwÄhnteStadtkammerrcchnunp von Mnnchen
sich anschliessenden aus dem zweiten Viertel des Jahrhunderts im
historischen Vereine von Oberbayem gedacht werden. Micht minder
') Nur nebenbei sei hier auch an das Vidimus der JiKlices curiae augustanae
über ein» rrkuinle <1es Abtes Dietrich von Ulrich und Afra daaelbel TOm
1. Februai 1278 erinnert, vom 14. August 1S32.
270 Rockinger:
des tegenuseeiscben Urbars von 1346—1360 im Reichsarchive, dessen
Papier a]s Wasserzeichen zwei Kreise mit einer in dem einen auf-
sitzenden und durch den anderen durchgehenden Linie hat, wie es
scheint mit einem Kreuze an der Spitze.
Vielleiclit schliosst nicht ganz unpassend den Kreis dieser Unter-
suchung die zu Landf^hut am Monlu^re nach dem Dreiliöniprsfcste des
Jalir(»s 1354 ausgestellte Urkunde des Herzogs Stephan über die Ver-
leihung eines be-^onderen Holzantheiles an einen Ilof zu Weihmörting
im Gerichte (irie'l)ri( ii ab, wie das Zins- und lleehnungsbuch von
s. Eiimierarn aus den Jahren IHGi und J3()5, dessen I'apier als
Wasserzeichen l)is Fol. 192 eint'ii (Ii isbnck hat, wahrend von da al)
das viel scliwärzere und rolicrt' eimn wie es scheint schreitenden
Löwen mit Aber den Rücken geringeltem Schweife zeigt.
So stehen wir denn l>ereits in der Zeit, in welchei; das Linnen-
[)a[)ier dem Banmwollenpapierc ganz entschieden für Urkunden wie
Bücher den Rang streitig gemacht und alsbald auch abgelaufen hat.
Bereits gegen die Mitte des Jahrhunderts in welchem wir uns be-
wegen soll nach Lipowsky *) eine Papiermühle isaraufwfirts von
München bestanden haben, wozu kurz seines Lebens Ende Kaiser
Ludwg der Baier am 27. August 1347 die Bewilligung erlheilt haben
soll. Mag sich dieses auch so verhalten, so hat sie jedenfalls für
die Lfinje den Bedarf nicht gedeckt, oder ihr Erzeugniss war nicht
von hervorragender Güte, denn noch geraume Zeit fort liefern andere
Orte das Papier dahin und dorthin.
Im Jahre 1445 Hess der Probst Kaspar von Baumburg welches
zu Salzburg kaufen. Im Jahre 14G.3 wurden von Aldersbach 18 Schil-
linge pro papiro Johanni Schusler de Augusta l»ezalilt. Gleichfalls
aus Augsburg bezog e- Diessen am Ende dieses und am Anfange des
16. Jahrhunderts. Im Jahre 1493 kaufte Aldersbach »zu Pfarrkirch
1 risz papiri veneciensis« um 9 Schillhige. In emer Rechnung von
Tegernsee aus dem Jahre 1487 smd »6 Pfd. 30 dl. pro papiro de
Rafenspurg« verausgabt, üi einer von Aldersbach aus demselben
Jahre »pro 1 risz a Rotaler de Eckenfelden« 9 SchflUnge. Abt Nardss
▼(Ml Benedictbeuren föhrt in seinen Ausgabebüchern aus dieser Zeit
Summen für Papier aus München, von Georg Mielich oder Muelich
aus Augsburg, wie aus Innsbruck auf. In den Jahren 1503 und 1505
Gesehiehlen der Vontaidt An bei HOneben S. 6.
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Ueher Schrcibstotre in Hajerii.
271
weisen auch die tegemseeischen Rechnungen Einkauf von solchem
zu München nach.
Was die Preise anlangt in welchen es gestanden, fdüen wie
beim Pergamente für die älteren Zeiten bestimmte Angaben. Erst
später begegnen uns feste Zahlen. So heisst es in den Bruchstücken
der Redinung des Lantlschreibers Hanns Kastennieyer von Nieder-
baiern- Straubing,' von Lichtmoss des Jalires 1426 bis dahin 1427 ab-
goselien voll einer iiirlit ganz und gar für unseren P.ehut jtasseiuien
Stelle auxlrücklicii : Item kaufft meinen gnedigt-n herren hertzog
Ernsten Willialin vnd liertzog Heinrichen zwo ri.s jiapir in jr kantzlei
von Miciiel dem Fcyol vmb j pfd. den. Auch Hess, wie bereits be-
merkt, der Probst Kaspar von Baumburg im Jalire 1445 durch Albert
Räschel >ain halben risen papler für t sol. denariorum« zu Salzburg
kaufiN). Die Rechnungsbücher mschiedener altbaierischer Klöster *)
*) \\:\. hiezu ohen die Noto auf S. 250 und 257.
•) Gelten das beuant jare vmb vier ris papir vnd vnib pcrgatnen in die
kantzley ij pfd. ig scbilL zrnij dl.
*) Hier mflgen Aunage au denen von WeltenbniVt Aldenbaeb, Oberaltaeh,
Tegernsee, Benedietbeuren, Dieasen, dem Chontifle Yilshofen, Ettal dne Stdle
finden.
1) Welten bürg.
Im Jalire 1441 für »zway poeb pappirs« 10 regenslnnger Kreuier, und noch>
mal : pro duobus libris pappiri 14 rat. kr. — 14IM> vmb j pnch pajdr 18 obuL
2) Aldersbach.
Im Jalire 1450 pro 10 libris papiri Vj ff dl. — 1451 pro 6 libris papiri
72 dl. wieun. und später nochmal eben so viel. — 1456 pro 7 libris papiri
6 eebilL minus 6 dl. pro 20 Itt»ri9 papiri 8Vi wbiO. dl. — 1466 pro 16 libris
papiri 6 Schill, minus 4 dl. — 1467 pro 40 libris papiri IfiVj sdiill. dl. — In
den Jahren 1459 mid 14G0: pro 20 libris papiri 3 ft lil. vmb 1 risz papyr
11 Schill, dl. — Im Jahre 1463: 18 scbill. pro papiru Johanni Schusler de
Auguata. — 1466 pro 1 risi papiri 9 scbill. dL — 1468 pro 1 rys papier
7 scbill. dl. — 1469 pro 1 rysi papier 7 Schill. dL — 1470 pro 2 rysi papier
SO Schill, dl. — 1472 pro 1 riesz papier 7''» scbill. dl. — 1486 pro 1 ries papiri
9 scbill. dl. — Im Jahre U91 ebenso. — 1492 für anderhalb risz papir 12 Schill.
dL ~ Im Jahre 1493 heiast es: eroimus zu Pfarrkirch 1 risz papiri venedoisis
pro 9 sehOl. dL — 1496 pro 9 risi papir 12 sebilL dL — 1497 pro 1 riai a
Rotaler de Eckenfelden 9 schill. d). — 1499 Pataviae 1 riss papier 1 fl. rfaen. —
160S pro 1 riss papir 7'/t scbill. dl.
3) Oberaltach.
Im Jahre 1490: zwo risz papir vm 20, schill. wienn. — bn labre 1491:
vier puech regal papir venedisch vmb Ibfloren. vmb ain riss pi^ir 8 sebilL 6 dL
272
Roekinger:
geben sichere Anhaltspunkte in dieser Hinsicht namentlich seit der
zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts und au? dem Anfange des fol-
genden. Für die späteren Zeiten ist ohnehin hiefür kein Mangel
4) Tegernsee.
Im Jahre 1494: 12 dl. for ain puech papir. 16 9 minus 80 dl. Air ain rtm
papier. — Im Jahre 1495 : l fl. für ain risz papier. — Im Jahre 1497: 12 kreuzer
für 1 liufcli n-pil, 2 fl. vinb 1 rysz rrpal. 6 schill. 10 dl. vmb 1 rysz papier. —
Im Jahre 1498: 12 schill. minus 9 dl. für 4 rjsz papier. — Im Jahre 1601:
8 C dL fOr 4 rys papier kayser Inn. — Im Jabre 1602 : 6 aehiU. 9 dO. fDr 1 rin
papier. 6 achilL minus 10 dL für ain rysi papier. 1 fl. ftlr ain rjas papier. —
Im Jahre 1503: fi'/t whill. dl. filr ain rysz papier, kaiifTt Monacj. 17 -Johill. mim»
6 dl. füi" 2 rysz papier ex Monaco. 3 8 dl. för 4 rysz papier ex Monaco. —
Im Jahre 1504: G'/t äc'hill. dl. für aiu ryst papier. — Im Jalire 1505: 12 dL für
1 puech papier, Honaej kauft. 12 schill. dl. Ar 2 rysx papier, Mona^ kauft.
1 8 dl. rar ain rysz cancellerscb papier. 4 fl. Tür 4 ry^ papier von Weyler. —
Im Jahre 1606: 1 fl. Tmb ain rysz papier. 13 schill. dl. fOr 2 ryss papir.
5) Benedictlieuren,
Dem AusgabeiÜMicbe des Abtes Narciss entnehmen wir sum Jahre 1496:
ain rias papir uon HQnichen vmb yj schill. ij dl. ain risi papir von JOrg Milelich
ze Aii^r-^l'Uiv vmb 1 gülden reinisch. — Im Jahre 1497 ist folyrcndes verzeicbnet.
Von ,ler^' Mielich ze Augspurg ain risz pappir vmb xl kreylzer. für iij pncher
papir re^al von Mündien ixxiij kieytzer. uom Weiler iJ puedier regal papir se
Tj kreytaer. facit ilij den. su dem gradual s^en Tegernsee; ain pueh regal von
Aiipspurp für ix kreylzer. vmb ain risz pappir ze Inns|)nirk viiij secb.oser aiisz
peben. Peler Mayr iiij secb^-er für ij ]uiech regal. von Sigmund Weylar ij pucher
regal pappir für ij $>cbill. xx den. xij schill. den. für ij ryssz papir hat vuns
Stuben verrait — Zum Jahre 1498: von dem Weiler ain rias papir ftir ain
gülden reinisch. mer ain pucb paiHT regal vüj kreylzer. — Zum Jahre 1499:
Uom Muelicb iinn Aupspiirg ain risz papir vmb v schill. xviij den. vnd iiij puecher
regal papir vmb iij schill. v den. thuet ab» j gülden j schilL xxiij den. Vnnd
sind gewesen des papirs xviiij puecher ae xxv pogen. fecit iiij* lixv popen. also
k6mmend iiij pogen vmb iij hallcr, vnd xxvij pogen dar ein. dar mit Int man
das ander her gepracht. .Tteni iiij j)iu>c)i regal jiBpir vmb iij schill. v lieii. habend
Ixxxxv pogen. kuinbt altweg ain pog vmb j den. — Zum Jahre 1500 : Von Jorgen
Ifielieh le Augspurg ain risz pappir ▼ aehill. xt^ den. uon Sgmunden W«ler
ain lisx papir vmb j gnlden reinisch. «- Zum Jahre 1608: Uom Huelich ze Augs-
purg ij risz papir vmb xij sol. den. Erhart Conrat hat vns praebt am risi pappir
ausz dem pirg vmb j gülden«
6) biesscn.
Im Jahre 1499 sind verausgabt 6 schill. 9 dl. pro am ryss papyer ae Aua-
pmv. lui Jahre 1502 ist verzeichnet: 1 gttlden pro ain rysz papyer, — ta
Jahre 1606: 1 fl. minus. 10*/t dl. \u>h ain risz papir ni Augspurg.
7) Vilshofeu.
Im Jahre 1602: vmb 2 puech papir von dem Peysar (von Melgk) xlviQ dl. —
Im Jahre 1616: j puech piqNr pro xx dh
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Ueber SchreibstoGfe in liayern.
273
Auch in einem Tauschhandel gegen ein Speisebedürfniss stand
mit dem PapiennäUer von Hänchen seinerzeit Tegernsee. In dessen
sogenanntem HofkeUereitahnud, aus den vieiziger Jahren des 16. Jahr-
hunderts staomiend, findet sich nämlich auf FoL 106' in der Ab-
tbeilung »Dienst ausser der Registerc die Aufiseichnung: der papierer
le München gibt järlichen für die suppen liisz') ij guet risz papior
"vnd j letzers risz papler.
Dass man übrigens jetzt nicht mehr allein auf das gewöhnliche
Conccpt- und weisse Papier schreibt, sondern dass auch farbiges
in den weitesten Kreisen zur Anwendung kommt, braucht kaum Ix--
sonders erwähnt zu werden, da abgesehen von dem anderen nament-
lich unser Briefpapier iiellere und dunklere Töne beispielsweise in
Rosa, in Grün, in Blau zur Genüge aufweist
VI. JDngara Sehraibstoffe.
Sind nun auch die Wachstafeln, das Pergament, das Papier
die hauptsächlichsten Schreibstoffe, deren man sich früher in Bayern
bediente m zur Zeit theOweise noch bedient, und erforderten sie
eben desshalb eine weitläufigere Erörterung, so ist doch hiemit ihre
ZaU nicht ganz erschöpft.
Bfan kann sich der Wahrnehmung nicht entzidien, dass hisbe-
sondere zu Aulzeichnungen von nur vorübergehender Bedeutung auf
einem Stoffe, welcher mit der Aufzeichnung nicht verloren sein, son-
dern auch für weitere dergleichen noch längere oder kürzere Zeil
gute Dienste leisten soll, namentlich also auf Schreibtafeln, welche
leicht der Schrift wieder entkleidet werden kiinnen, für wclehe wir
bereits oben S. 251—253 und 263— 2C4 Wachs und Per^-ament
kennen gelernt haben, theihvcise auch noch andere Stoffe verwendet
wurden, beziehungsweise verwendet werden.
Es wäre flberflfissig, viel über den Gebrauch des Schiefers zu
8) EttaL
Im Jahre l&M: 9 II. vmb swo risi )iapicr. — fin Jahre 1597: 1 Iii vmb
afal risz papier.
Legerkäs — heissl es auf Fol. 137' — mag man uyiitzing wu etwas vbrigij
Terhannden verfcanffen, aiu per iiij kr. doch aol man vor amUauhen was man
zu den rappn fttn conuent bedarff.
Speiszkäsz soll man gar nit verkauflen , quia nobis vix suffiriiint. ps wär
dami ain simder vrsacb verbannden, so mag man ainen vmb v vj oder dl.
geben.
Anhlvallaeh« SattMbrill. L 18
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274
Kockinger:
Schreibtafeln zu sprechen, indoni miui ja nur das Gepäck der zur
Schule ziehenden oder von ihr heimkehrenden Kinder zu mustern
braucht, oder in Schenkstuben älteren Schlages hauptsächlich auf
dem Lande sich nach der Verzeichnung des Verbrauches an Speisen
und Getränken von Seite dieser und jener Gäste umsehen darif, an-
deren Gebrauches dieser Tafeln nicht zu gedenken, auf deren Schwarz
der weiche SchiefergrifTol eine graulichweisse Schrift ermöglicht, die
jeden Äugenblick wieder ohne Schädigung des Stoffes einsT fiNrneren
Aufzeichnung zu weichen im Stande ist.
Wem sind sodann die wohlfoiloii Surrogate nicht bekannt,
welche für diese Schiefertafeln wie <!!(> früheren I'erganient-
tafeln allmälig entstanden sind. Insbesondere leistet ja beispiels-
weise die Imitation der Pergamenttafeln, in kl<'inerein Foi niate in den
einst so beliebten Brieftaschen wie in anderen Notizbüchern und
Taschenkalendern längst üblich, den Stenographen unserer Gabete-
bergerschule die trefflichsten Dienste, indem durch feine Abreibung
mit Od sich die Graphitschrfft ohne alle Schwierigkeit entfernen lässt,
und die Tafel selbst bei nur emigermassen sorgsamer Behandlung
dne aussotirdentliche Glätte erlangt, die das leichte Hingldten des
Stifles ungemein unterstützt.
Es ist oben S. 251 bemerkt worden, dass Holz in früherer Zeit
in Bayern als Schreibstoff nie in starkem Gebrauche gestanden.
Immerhin a!)er verwahrt das Reichsarchiv ein aus Diessen stammen-
des Buch mit — allerdings jetzt nicht mehr beschriebenen — Holz-
tafeUi. Es wird auch nicht wunder nehmen, dass man bei der Be-
fiiedigung der immer sich erweiternden Bedürfnisse des Unterrichtes
gerade das Holz als denjenigen Stotl erkannte, welcher für Tafeln
von grosserem Umfange, wie man sie in dm verschiedenen niederen
wie höheren Lehranstalten (Ür die Unterweisung im Schreiben, im
Rechnen u. s. w. braucht, ganz besonders geeignet erkannt hat, in-
dem die zu beliebiger Grfisse zusammengefugten Bretter jederzeit mit
einem schwarzen Anstriche verseliai werden kOnnen, vmi wdchem
das Weiss der Kreide auch auf die Entfernung gut absticht und ohne
Nachtheil für die Schreibtafel selbst mit befeuchtetem Schwämme
wieder entfernt werden kann.
War vorhin vom Schiefer die Rede, so ist er nicht der einzige
Stein, welcher allmälig grosse Beliebtheit errungen hat. Die soge-
nannten kelheiiner Platten, die bekannten solenhofener Steine, und was
eben sonst noch alles in diese Gattung einschlägt, welch wichtiger
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Ueber ächreibstolÜB in Bayern.
275
Schreibstoff sind sie geworden! Wie viele Tausende dieser Stdne
dienen tagtäglich zur voräbergehenden Yermerkung von Rechnungen,
die mit dem gewöhnlichen Bleistifte in Zahlstuben u. s. w. auf sie
gesetzt und wieder von ihnen getilgt werden! Wie viele andere
Tausende dieser Steine hat sich seit der so folgenreichen Erfindung
der Lithr);.rraphie durch unseren Sennefelder die Schrift für gewöhn-
liche Erzeugnisse wie fOr Prachtstücke, für Muf^ikwerke, für Karten
und Plfine u. s. f. als vor7Ufr?weise günstigen Stoff erkoren, und zwar
nicht mehr blos zur Herstellung eines Exeniplares, sondern zu hun-
dertfacher und tausendfacher \' crvielfTdtigung. Es wird kaum Jemand
bezweifeln wollen, dass wir es h'uAx'i nicht mit dem Steine für In-
schriften zu thun haben, worüber wir im Kinpange dieser Betraclitung
über die Schreibstoffe S. 24Ü— 251 als über einen Gegenstand der
Epigraphik hinweggeeOt süoät der Stein, von welchem jetzt die Rede,
gldchvid ob Schiefer oder die letzt berührte Gattung, ist Tollberech-
tigt in die Reihe der eigentlichen Scfareibstoffe eingerückt.
Diese Darsteihmg dürfte für das Gesammtbfld dessen, was be-
sprochen werden wollte, genügen. Man wird hiebe! auch insbeson-
dere den Fortschritt nidit verkennen, welcher sich auf dem Ge-
biete der Schreibstoffc von den älteren Zeiten bis in die jüngste
Gegenwart geltend gemacht hat.
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IX. Eäne echte Urkunde Kaiser Karl des Dickea und
eine theilweise echte Kaiser Arnulfs.
Mitget heilt von
Dr. iSipnund Riezier,
rürr=ll. Archivratli in lJiniauescliiii};L'n.
Die lieidfii Karolinger rrkiimli'n, «lic ich. will -ie ImsIkt mir ffhlt-rhaft eilirt j^iiid,
hier neuerdings mitllieilc, besitzt das fürstl. Fürsteiil>ergische Archiv in Donau-
eaehingen. Ss sind ierspreng:te Stücke des Rdetaeiuuier Arehives, die mit vielen
anderen Urjcunden, Handschriften und Kunstsehatien der Fili-äi von FQntenbeig
vor einigen Dezennien von ilf>ni Freiherrn J(i«ff \on Lassberg durch Kauf erwarb.
Die erste Urkunde ist unanrechtbar echt, die zweite weist einen bisher nicht
richtig gestellten Fall von Fälschung auf.
888, Ikt 9. Ptfii.
Kaiser Karl HL gestattet seinem Erzkanzler, Bischof Liutward,
gegen den vom Kloster Reichenau ihm flberlflMenen lebenslfinglichen
Genuss der innerhalb des Klosters gelegenen Thegamarszelle, diesem
Kloster nach seinem Tode die vom Kaiser zu eigen erhaltene Gap^e
Biminga zu hinterlassen.
C. I In nomine sanetae et indiuiduae trmitatis Karolus diuina
fauente dementia Imperator augustus. Nooerit igitur omnium fide-
lium nostrorum praesentiom uidelicet et füturorom Indostria, |D
qoia nos uenerabili episcopo et dOecto archicancellario nostro Liat-
wardo quandam cappellani, quae uocatur Biminga, sitam in Ale-
mannia, cum Omnibus ad se iuste pertinentibus uel aspitien ]\ tibos
iure perpelMo in proprietzitem concessimiis. Postea uero praefatu?
episcojni? noslrani depraetatus est celsitudinem , quatenus ei licerel
nostra auctorilatc praenominatam cappcllam cum ]] omnibus ad se
pertinentibus ob nostrae niercedis augnientum atque eleniosinara
animae iilius ad nionasteriuni sanetae Mariae, quod uocatur Augia,
iiu-e perpetuo tradere, econtra accipiens nostra licentia et spontaneo
consensa abbatis onuüumque fratrum ibidem Christo fiimulantium
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Kaisenirkunden.
277
cellaiii inlVa nioiiasteriuiu construclam in lionore sancli l'etri, quae
uocatui' Thegaiuuräceila, cum umiiibus ad eandem cellam iuste per-
tiofiotibas, ea uidelicet ratione, ut ipae omnibus diaebns nitae suae-
sab osufinictuario utnunque habeat, teneat atque possideat, et post
illiiis discessum cani omni iotegritate sua utraque loca itemm ad
praescripti monasterü potestatem sine aliciua molesUa uel inquietu^
dine redeat. Nos uero taH conditioni animo libenti praebentes as-
srasom, hoe nn>trac auctoritaiis praeccptum inde conscribi nianda-
uimu«, per quod deccrnimus atque iubemiis, ut haec eadem supra
narrata conditio ex ufraqne \y.\r\o flnnnm et stabile i)er omnia tem-
pora pcrmaneat abscfiio ullius cnnlradiclione. El ut haec auctorilas
nostra pleniorcin in dei nomine obtineal firmitalom. hoc idem prae-
(-t ]itum manu propria subter ririnauimus et anulo notro sigUlari
iu^sinm:j.
I Signum domni Karoli (Monogramm desselben) imperatoris
augusti. 1
i Walde cancellarius ad uicem Liutwardi archicancellarU re-
cognoui et i (Subscriptionszeicben und das ausgedrückte Siegel
Kaiser Karls) >).
Data m idus Octobris anno incarnationis domni dcochzx.iu.
indictione u. anno imperii püssimi imperatoris Karoli m. Actum
Papia duitate in dei nomine felidter amen.
Auf der Rückseite in gleichzeitiger Gapitale: Praeceptvm de
Piminga, und in HinuslKl des 15. Jahrhund^: Prar( ( ptnm Karoli
de Piringa, datum vii idus Octobris anno incarnationis dccclxxxni.
Ebf-nfall« aus dem 15. Jahrhundert scheinen die Zalilon 13 und
ganz unten 14, vielleicht Reichenauer Arcliivnummern btjzeieiinend.
Perpr. Gr. Böhmer Nr. 970. Fehlerliaft gedruckt bei Pupikofer,
Gesch. d. Thurgaus, 1. Beilage, Urkunden, S. 3.
8M, AprU 27. Slua.
Kaiser Arnulf gibt auf Intervention seiner «ieujahlin Outa und
des Erzbischofs Flatto dem Veteranen Hucpert einen ihm vom Grafen
Oudalrich in Bodman entrissenen Mansus in Uührnang zurück und
') Das felir iH'^rhrnli/tc Siopel aus der urewöhnlirh Maltha genannten Hasue
Ut das bei Heffncr, Deutsche Kaisersiegel, Tafel I, Xr. G ali;jebildete.
278
Riezier:
geblattet ihm, densclljcn an das liadliaus dti- Roiohenauer zu ver-
machen und in deren Kloster seinen UnterliaU zu eniiifangen.
i In nomine sancte el indiuidue trinilalis Arnolus (sie) diuina
fauente dementia Imperator augustus. Conperiat ornnium fidelium
presentium ; ]] ac fotnrorum industria , quod (]uidam inueteratos
miles Momim- llurpret per iiiteruL-nluni dileet»' cnniugis nostre Ole
atipu.' II;ittriiiis lidi'lis arcliiej>i.<e()j)i nostri nobis suggo ]] rebat. <|ua-
liter magnus Karolus imix:rator angu>tus, priusquam uillani Ilornang
in Potamico fisco sitam ad kameratn Äugensium monachorum tri-
buisset, in eadem ]] uilla parentüms suis mansum ununi pro uena-
t(nia arte oonoessisset, quem . . . ^) fatetur se multos annoa sine con-
tradictione hactenus heredilario iure possedisse, sed comilem Odari-
cum (sie), i[u\ rotaniis in nostro eastro residet, contra ius el contra
fas sibi uiolenter al>stulissc. Et hac de causa supplidter deprecatur,
ut per nostram misericordiam, quod male ablatum est, iusto iudido
sibi restltuatur. Ergo quum qaidem nos deus principem ac iudicem
uiduarum et pupfllorum constituit, dignum duximus, ut ex *) omni
parte prolata causa ita sagaciter a uobis (sie) iudidbus uoitiletur,
ut Hucperto omne ablatum . . . reconpensetur. Post ornnium istarum
teamm oonsumationem et restitutionem idem Hucpertus per suos in-
tercessores dOectam coniugem nostram Otam atque fldelem harchi-
episcopum Hattonem serenitaton nostram postnlauitt ut receptum
m^mmiin ad lauatoriam domum Aug^isium fratrum sub nostro
muntburdio *) et protectione sibi offerre lioerett ad quam pius Karolus
locuni el partem silue Azzonis aliorumque*) piscatorum cum ipsi?
hominibus tradidi-^'^i f, uf omnia Ugna, que ad prefatam donium in
eadeni silua incidenda sunt cum islo manso, incidantur el per *) euni *)
ad litus dalucautur, ut infirmi fratres oo rertiu? atque celcrius
balneis dum. . . . r( creantur ipsi pro eodeni Hue|)erto deum dili')genter
deprecentur. Fla^Mtauit etiam prefalus nuc*)i)ertus, ut liccat sibi
supradiclis fralribus in eadeiu domo lamulari et eorum elemosinis
deinceps sustentari. Vt autem donatio Hucperti firma maneat et
*) Diese lind die rolgendeii Pinikte Itezeichnnn LQckeiif in denen man unter
Kasuren bie und da Spuren alter Schrin gewahtl.
') Die hiemit bezeichneten Worte, Silben und Buchstaben sind Ober der
ZeOe von anscheinend denetben Hand nachgetragen.
*) In munt ein c Strich zu wenig.
*) In der Zeile: Flagita, darüber: tauit.
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Kais«rurkunüen.
279
iniefragabiüs, iussimus ipsius * rogatu hoc testamenlum inde scribi
et anulo noatio insigniri., Insuper iubemus et predpimiu, ut laigitio
magni Karoli *) imperatoris augusti robusta perduret et inoonuulsa et,
sicut ipse in suo priuilegio antiquitus disposuit , ita perseueret ; sin
autem quipquam iiifeodando alienaiierit, ut donatio illa, uolunius,
dcficiat rt [i iriter uilla lioraagn (sie) cum piscatorum süua in nostrum
fiscuni reileant. (L. S.)
: Signum donini Arnolfi ini{)Cia{ori> (Arnulfs Monogramm)
augusti inuictissinii, Ego LanttVidu< ;id uicrin arkicapellani Delt-
mari scribsi et confirmaui. l (Suh^crilJliun:^zeIcilen.)
Data kalendas Mai anno incarnationte domni dcccxcvi.
indictione xuu. anno regni domni Arnolfi Tini. imperii autem dos i.
Actum Sinna curte regia fdidter in dei nomine amen.
Die auf Pergament geschriebene Urkunde darf nur zum kleinsten
Theile als echtes Original bezeichnet werden und weist einen eigen»
thümlichen Fall von Fälschunpr auf. Echt sind nämlich nur das
Siegel, das Monogramm und ilie letzte, mit der Daluinsfonnel be-
ginnende Zeile der Urkunde. In dieser Zeile obi iiso wii- in diTii
Monogramm ist die alle Schrift, wclilie eine jetzt geiblielie Tinte
autvveist, mit einer schwarzen Tinte zart überfahren, so dass ilire
Deutlichkeit dadurch kdne Einbusse «rlitten hat Der übrige Theil
der Urkunde zeigt eine bald mehr, bald weniger schwarze, überall
aber entschieden dunklere Tinte, als die genannten echten Theile.
Die steifen und gezwungenen Züge Terrathen, dass eine jüngere Hand
die ihr ungewohnte karolingische Schrift künstlich nachzuahmen
versucht hat. Dabei schlüpfen ihr jedoch innner wieder nuchstaben
unt«r, die den ausgesprochenen Charakter des 12. Jahrhunderts
zeigen. Von einer Hand dieses Jahrhunderts, vielleicht derselben,
welche die Urkunde lalschte, steht auf der Rückseite: piaeceptum
Arnoin imi>eratüris ad Hupertum de Hornang. Der gitissere Tlieil
der Urkunde, nämlich der bis zum Zeichen * reichende Text, dann
wieder ein Theil der letzten Zeile des Textes und die Zeile der Siegei-
•) Urkunde: Kaü.
•) Zwei Bruchstücke des aufgedrflcktcn Siegels von der gewötinlicti als Matlha
bezeichneten Masse lassen ein nach 1. gerirlitftes , wio scheint, Itekrünztes
Haupt uud darOlier r. ubeu die Buchstaben: ULFV erkennen tnid gestatten
UonH nkht »i «ntwbdden, ob «ioM und wdehes d«r vier bd H«fh«r (Deutwbe
Kaisernegel, Nr. 8—11) abgebildeten oder beschriebenen Siegel Arnulfe vorliegt.
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280
Rieiler:
und Gonfirmationsfoniiel sind über oder zwischen radirten Zeilen,
wahrscheinlich sieben an der Zahl, geschrieben, von deren älterer
Beschreibang sich an einigen Luclccn sehr schwache Spuren noch
erkennen lassen. Ein Ueberfahren ällorer Züge ist in diesem Theile
nirgend, weder in dem auf Rasur noch in dem auf das unbesehä-
di;,'fe l'eifjament flcsclirielienen , zu bemerken. An die.se formellen
(i runde der Unechtiieil reilien sich inhaltliche, die bereits von
Dümmler, Gesch. des oslfränk. ileiches, Ii, 678, geltend gemacht
wurden.
Hienach ergibt flieh mit Sicfaerbeit soviel, dass ein Reichenauer
Mönch im 12. Jahrhmidert eine echte Urkunde, welche Kaiser Ar-
nulf am 27. April 896 zu Stnna ausstellte, als Grundlage einer Fäl-
schung benützte, indem er die fOr seinen Zweck brauchbarai Theile
derselben wesentlich unverftudert in seinem Machworke bestehen liess.
Er überzo[,' dieselben nur zart mit schwarzer Tinte, um ihre Farbe
mit seiner eigenen Schrift in Ueijereinstimmung zu bringen. Dass
die Zersförtmpr des oberen Theiles der Urkunde erst zum Zwecke
der Anfi rti^rung ("ines neuen Textes erfolgte, darf wohl als wahr-
.SLhcinlich betrachtet werden. Fraglich bleibt über, ob sich die echte
Urkunde Arnulfs auf Rührnarig oder einen anderen Gegenstand be-
zog. Will man das ersterc auni'luncn , so kann man es docli nur
unter der Modification, dass die echte Urkunde für die Reiclienauer
nicht so günstig lautete wie die gefälschte; sonst würde es an einem
Motive zur Zerstörung des echten Textes gefehlt haben. Dass dieser
sorgsam radirt, nicht etwa durch zuffillige Beschädigung zerstört
wurde, macht der Augenschein unwiderleglich. Der echte Text
schemt kürzer gewesen zu sein, hat jedenfalls weniger Raum bean-
sprucht. Daher kömmt es, dass das aufgedrückte Siegel nun, nach
Entstehung der FiUsoiiung, in ungewöhnlicher Weise die letzten vier
Zeilen des Textes unterbricht, während es sich in der echten T^rkunde
unterhalb des Textes auf ireiem Räume befand. Schreibfehler wie
Amofüs statt Amolfus, Odaricum statt Odahicum und uobis iudi-
cibus, wofür man nostris iudicibus erwartet, können beim Copiren
eines echten oder doch fdteren Textes entstanden sein, stellen jedoch
das Bestehen einer solchen Vorlage keineswegs sicher. Dagegen
machen einige von Dümmler a. a. 0. hervorgehobenen Umstände
wahrscheinlich, dass dem Fälscher wenigstens eine Notiz über eine
eciile Urkunde ähnlichen, doch kaum gleichen Inhaltes den Stoff
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Kaiserurkunüen. 2äi
lieferte. Ueber äne ebenfiEüls in Reichenau gefälschte Urkunde
Kaiser Karls HI. t. 886, wodurch Röhrnang und Ansiedelung und
Wald der Fischer am See als altes Eigenthum des Klosters nachge-
wiesen werden sollten, vergL DGmg^, Regesta Badensia, S. 78 zu
Nr. 13, und über weitere Reichenauer Fälschungen ebendaselbst
S. 74 IT. Rornnng ist Rjöhmangr, Hof bei Liggeringen, B.A. Constanz.
Dem Drucke unsef^r Urkunde bei Fickler, Quollen und For-
schungen zur Gesch. Srhwahens und der Oslscliweiz. Urk. S. 8,
der unter manchen anderen Fehlern durcli Weglassung von v. vor
kaleiidas ein falsches Dutum bietet, lag eine von un>;crer Vorlage
entnommene Copie des Freiherrn v. Lassberg zu Grunde. Fickler,
der, wie es scheint, das Original nicht gesehen hat, spricht der Ur-
kunde »in Foim und Inhalt alle Merkmale der Echtheit« zu und
findet die letztere durch die Rasuren, deren Veifafiltniss er übrigens
falsch darstellt, nur bestätigt. Dagegen musste Dfimroler, der die
Urkunde, wie erwfihnt, aus inhaltlichen Gründen bereits für unecht
erklärte, in sein VerwerfungSUrtheO, da ihm das Docunient nur aus
Ficklers Drucke tekannt war, natürlich auch die Datum?- und
Actumsformel einschliessen. Dieselben seien hiemit in iiu- Recht
wieder eingesetzt mit dem Hinweise darauf, dass sie eine Stütze
t)ieten für die von Dümmler a. u. O. 677 ff. vnrgr\sch!agene, von
Röhniers Regesleii abweichende chronologische Anordnung von Ar-
nulfs Kaiserkrönuiig und Rückzug aus Italien. Denn wie bereits
DOnmiltt unter Hhiweis auf Urkunden Berengars bem^kt, ist der
Ausstellungsort Sinna weder in Siena, noch in Segni, sondern in
einem Orte der Lombardei zu suchen; vergl. Dämmler, Gesta Beren-
garü, Veneichniss der Urk. Nr. 63, 77, 88.
Aehnliehe Fälle von Fälschung sind nicht häufig, immerhin aber
bereits nachgewiesen. So sind in der in München befindlichen Ur-
kunde Kaiser Heinrichs TTT. vom 28. Dez. 1053 für die Kirche von
Krems Monogramm, Kanzlciuntorfertigung und Siegel echt, das übrige
getaLschl; vgl. Stumpf, Reichsi<aiizler \r. 2447. Weitere Beispiele aus
jüngerer Zeit verzeichnet Watlenbacli, Schriftwe.sen im Mittelalter, 183.
Eine uhnliche Reichenauer Fälschung mit Beibehaltung des echten
Datum und Actum liegt nach Dünige, Reg. Bad. p. 96, auch vor in
dem Briefe Otto's IB. an den Abt Alawich von Reichenau von 998,
April 23. Dfimgä bat also Recht dieses Ver&hren als em m Reichenau
After geliandhabtes zu bezeichnen.
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X. iragmeütai'ische Eriuueruageu eines alten
Archiyar&
Von
Dr. Lüuis Spach,
Bczirk.^^archivdireklur in Slrassburg.
In der zweiten Iliillte des Dezembermonats 1839 traf mich in
Pari?, durch Vermittlung des Maires von Strassburg ein Vorschlag
des Prätecten des Niederrheins, als Departomontalarciiivar einzu-
ti-cten, nebeiiiier aucli die Geschäfte des Kabinets des hohen Beam-
ten zu besorgen. Icli war damals in der französischen Hauptstadt
gerade nicht unbeschäftigt, doch auf Uterarische Arbeiten beschränkt ;
eine naheU^gende Aussicht auf eine BibliothekarssteUe in Pttris sehieii
zwar erwänscht ... ich zog die Heunatb Tor, nach kurzer Uebei^
legung. Der fieberhaft aufregenden Existenz war ich voiderhand
wenigstens überdrössig; m derHeiniath, so dachte ich, erwarten mich
sonnige, ruhige Tage; zum voraus fühlte ich mich angewdit und
abgekühlt von dem Balsamduft der Tannenwälder der Vogesen und
des Schwarzwaldes ; wissenscliaflliclie Verbindungen mit Paris blieben
ja zu Recht bestehen. Ich schnürte meinen kleinen Reisebündel,
bestieg den Courier de la malle, und am Ötephanstage war ich in
der lieben Vaterstadt.
Es sollte Vieles ganz anders kommen, als ich mir vorgespiegelt
Die Tage des Scfakialfenldliene TetimeB sich bald m weiter Feme.
Es wfire auch etwas TerfrOht gewesen, mit neununddieiss^ Jahren
schliesst man sich noch nicht vom thätigen Leben ab.
Einige Ruhetage gOnnte ich mir; am Dreilcdnigsabend 1840 be-
sprach ich mich zum ersten Mal nut mehiem künftigen Chef und
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FragmentariMhe ürinnmutgea eines alten Arcbivafs.
283
Gönner, kli fand micli einem bereits liücli in den ViLTzig- stehenden
gut conservirten Manne gegenüber, dessen Vater mit den Girondins
in Bordeaux verbrüdert, in seiner Heimat eine Rolle gespielt, und
dessen Geist auf seine Söhne übergegangen war. Herr Louis Sers,
der dritte Sohn, hatte als Präfect der Loire 1834 einen Arbeiter^
aufetand bewältigt Autorität und Gewohnheit des Befehlens stand
auf seiner Stime geschrieben; um seine Lippen spielte, wenn es ihm
genehm, ein wohlwollendes Lächeln.
»Ich habe Sie als Archivar hieher berufen,« so begann er; »der
Departementabrath tiat die Fonds dazu voriges Jahr bewilligt. Es
ist eine Misere; ich muss Ihren massigen Gehalt aus meinem Abon-
nement ') er^'änzen. Don Augiasstall des Archivs hrinpion Sie in
ihren Xachmiltagsstunden so viel als möglich in Ordnung: viel un-
nützen Plunder schaflen Sie wog in nlTentliclier Versteigoning; lassen
Sie die Schreibereien nicht anwac hsen, in meinem Kaiiinet concen-
trire ich die wichtigsten, die anziehendsten Geschäfte ; hnde ich Sie,
wie mir der Mahre von Strassburg die Zusicherung giebt, dazu tüchtig,
80 werden Sie nur zur Hand gehen. Der Maire Schfitzenberger ist
Ihr Jugendfireund; wir smd bisweilen hi Gonflikt; da kftnnen Sie
vermittehi. Dann haben die Gonservateurs hier eine Zeitung ge-
gründet, dazu liefern Sie archivaüsehe Beiträge, interessante, ge-
schichtliche Doicumentc. Die Elsasscr sind eingefleischte Lokalpatrioten;
sie lieben, mit vollem Recht, ihre schöne Provinz; das wird Ihnen,
Herr Archivar, zu Gute kommen, Ihnen Freunde zuwenden, uns
Freude machen. Dann habe ich einen zwan/.igjidirigen Sohn; er
verlies^- unlängst die iiolytechnische Schule; ich i)estiinmo ihn zum
Verwaltungsfacli, er sieht sich um, arbeitet alternative in den ver-
schiedenen Bureaux; auch bei Ihnen wird er sich einstellen. Seien
Sie ihm ein guter Freund und brüderlicher Lehrer; er ist Irisweiloi
leidenschaftlieh, aber ein grundehrlicher Junge. Sie haben sich, wie
ich Temehme, auch im Privaterziefaungsfache Tersuchi«
So sah ich mich, ab ovo, nicht nur als Archivar einge-
fOhrt; ich mochte wollen oder nicht, laufende Geschäfte, Zeitungs-
beiträge wurden mir /.u Theil, keineswegs zu meinem Leidwesen. Je
mehr eui Archivbeamter Einsicht erhält in die Tagesinteressen, desto
mehr wird er zur Würdigung der modernen Akten befähigt. Auch
*) So wunln Summe benannt , welche die Regierung ztir Besolihing der
PrBfekturbeainten anwies; */• derselben war der Präfekt anzuwenden verptlichtet.
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284
ypach :
auf die Vergangenheit wirft das Verständniss der Gegenwart leuch-
tende Reflexe.
Vorerst galt es jedoch, eine Rundschau zu halten in meinem
künftigen officiellen Gebiet Das Archiv selber, seinen aUgemeinen
Inhalt mosste ich flbersehen, wissen, wer vor mir dort gewaltet, was
gethan, was zu thun erübrigte.
In den ersten Jahren nach der Revolution von 1789 hatten
geistliclio nnd weltliche Behörden des Elsas» auf Befehl der Hogierung
ilire Dokumente in Sirassburg hinterlegt. So war das ehe inalij.'o
Archiv des Bislhunis , so waren die Kollektaneen aller A])t('if n,
Klöster, geistlicher Orden des Niederrheins, so die Aklen der lierr-
schafllichen deutsclien Regierungen, die nach dem westphälischen
Frieden im ESsass zu Redit bestand^, In Strassburg aufgestapelt 0-
Man wies diese Masse von Documenten vorläufig In eine Lokalität,
welcher eine geschichtliche Bedeutsamkeit zukam. Nordwestlich von
dem palastähnlichen Gebäude der firuheren königlichen Ihtendance
d'Alsace lag der niitlelaltrige Kornspeicher der Stadt, ein von
Udiien, kümmerlichen Ogival-Fensterlucken durchbrochener, kaser-
nenartiger Bau. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts erhob sich
dieses Magazin auf derselben Stelle, wo hundert Jahre zuvor (1349)
während der schamllichen Judeiilielze der revolutiouäi'e Mord von
zweitausend Israeliten vollzogen wurde. Eines geschiclillielieM Unter-
grundes, eines verkohlten Scheiterhaufens ermangelte somit die be-
deutsame Localität nicht. Mit der Innern Einrichtung war es nicht
geradezu schlecht bestellt ; doch für comfortable Arbeit in Winters-
und Sommerszelt wenig gesorgt. Ueberdies störte das nördlich
gegenüberliegende Sehauspielhaus durch seine musikalischen Uebun-
gen die zu stiller, emster Sammlung angehaltenen Beamten. Der
Gontrast war schreiend; drfiben die Welt mit ihrer Lust, diesseits
der Esplanade die ge&ignissfihnlichen Räume mit gelsttödtender
Arbeit.
Die zwei Stockwerke fand ich für die bereits angeschwollene
Materie sehr enge; nach kurzer Zeit sollte ich inne werden , mit
welch' sparsamer Genauigkeit ein bedrängter Archivist verfahren
muss, wenn er nicht unter der Wucht der Papiere und der Oblie-
genheiten ersticken will.
*) Tbeilungen mit dem Ob«rrhein fanden, zu wiederholten Malen, etwas
spUer atatL
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Fngmentarische Erinnenuigen eines alten Aicbivan.
285
Im bir^cliüfliclion Archiv halle vor tUr Hovolulion ein jetzl all-
gemein bekannter Gelehrter, ein junger Priester gewaltet, Abbe
Gnmdidier, eine liebenswürdige Eischeinung, fast ein Wunderkind
zo neimen. Stand er dodi ber^, kaum neunzehn Jahre alt, im
Amte, Towichnete unermüdlich die geschichtlichen Schätze der kirch-
lichen Vergangenheit des Elsass wid huterliess, als er im 35. Jahre
Ton dem Schauplatz seiner Irdischen Wirksamkeit schied, in 36
kalligraphirten FoIiohAnden das analystische Repertorium der damals
vorliegenden Dokumente. Durch eine seltne providwiiiello Vergünsti-
gung blieb, inmitten der über Strassburg ergangenen Katastrophen,
diese unschätzbare Sammlung in ihren Ilauptbestandlheilen erhallen.
^Veit ausgedehnter war in(kss fJrandidier's Wirkungskreis; er
bililrto sich zum Geschichtsschroiber und Antiquar. Die ersten Jaln-
hinulirle der cbassischen literarischen, geistlichen uiul weltlichen
Annalen, auf Originalien fussend, an der Quelle schöpfend, erziUille
er in degantem, französischem Style. Leider unterbrach sein früher
Tod die weiischichtig angelegte Arbeit Seine Beschreibung der
Strassburger Kathedrale, ia einem Bande, l&sst auf dem jetzigen
Standpunkt der Wissenschaft manches zu wünschen übrig, ist hidess
nach Schadens Münsterhüchlein als bahnbrechend zu betrachten. Zum
historischen Kritiker war «r vielleicht berufen, aber durch seinen
Stand eingeengt, im Herzensgnmde freisinnig, gegen Neid und Ver-
lästening ankämpfend. Von einem der Kardinalbischöfe von Strass-
burg beschützt, verfiel er bei dessen Naclifolger, dem berüchtigten
Rohan, in Ungnade. Sein plötzliches Hinscheiden, wälirend einer
gelehrten Inspectionsreise in einem Kloster an der Grenze der Frei-
grafschafl Burgund, konnte man seiner übermrissigen Arbeitsamkeit,
zum Theil dem nagenden Kummer zuschreiben; der Verdacht von
Vergiftung blieb nicht aus.
Hur wurde Grandidier*s Gestalt von allem AniiEmg an sympa-
thisch. Obgleich er nie in denselben Räumen gewandelt und gear>
beitet hatte, schien mir seine Gegenwart zweifdk». Er ward mir
zum erwünschten Vorbilde.
Bedauemswerth fand ich einen andern Vorgänger, Abbe Brendel,
der, zum constitutione! len Bischof im ersten Rcvolutionsjalire beför-
dert, neben dem Maire Fritz von Dietrich, von ihm unterstützt, einige
Zeit sich gegen den Hass der rechtgläubigen Klerisei aufrecht hielt,
darauf von dem Terroristen Eulogius Schneider bei Seite geschoben,
seine ephemere Würde in einem obscuren Beamtenleben abbüsste.
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28t>
Spucb :
Er wurde nach hergestellter Ordnung zum Distriktsarchivar ernannt,
und bezog einen höchst geringen GehaJt.
Während des ersten Kaiserreiehs versahen Beamte des Prfifecten
das völlig unbeachtete Bureau des Archivs. So schlecht waren sie
besoldet, dass unter der Re5;tauration sich einige zum Missbrauch
ihrer Stellung verleilen litssen. Das Wachs vieler Pei^amentsiegel
hatten ?ie ;ib,rpsclinitten und als gemeine Waare verhandelt. Einer
der ncsrhulditrten war durchaus nicht imboirabt: er schrieb Iranzö-
sischo Prosa und dichtoto in dcutsclicn Versen, siorlito hin, brust-
kratik, da er sich in seiner Elire und Existenz bedroht sah, und
starb im Bürgerhospital.
Eine vorläufige, nach Materien geordnete und in Kartons ver>
theilte ESnreihnng der Kloster-Ardiivalieii wurde rtwas später <kirch
einen tflchtigen Arlwiter, Lauth« unternommen; vollständig war nichts,
und von einer chronologischen Inventarisirung keine Rede. Mir kam
jedoch diese Vorarbeit zu gute. Gegen Ende des ersten Jahres meiner
Einbärgerung konnte ich mü der Analyse dieser unbekannten Schätze
beginnen und durch jrdnüche Berichte an Präferten und Generalrath
den jedesmaligen Stand der fortsciu-eitenden Arbeit bezeichnen.
So stellt sich bei der Art Benedictinerarbeil immer der Eine
iezwnnjron auf die Schultern des Andern; ^dücklich sind die Ab-
gesclüedenen oder zu ilen Invaliden Geschobenen, wenn der Nach-
folger ihrem Streben gereclit wird.
Bei meinem Eintritt in s Amt fand ich zwei Angestellte vor, die
aussciilicsslich mit dem Laufenden, dem Nachsuchen und womöglich
AuCRnden sich beschäftigten. Der Eine war nicht klassisch gebildet,
aber ein zuverlässiger, diskreter Charakter. Ich hatte das Glück,
nach etwa dritthalb Jahren ihm zu einer Anstellung in der Kanzlei
dw französischen Gesandtsdiaft zu Bon zu verhelfen. Es war &a
für ihn passenderes Ami, das er jahrdang zu Bern, spätor in
Dresden versah.
Der andere Archivbeamte hatte von der Pike auf gedient, liatte
nicht die gerinpr^^tc Erziehung oder Bildunfr von Haus aus erhalten,
aber sich so gut in die tä;,dichen Vorkommnisse hineingeai beitet, dass
er, besonders den ländlichen Kunden und Nachfrajjen gegenüber, sich
als trefflicher Vermittler t)ewülirte. Der letzte französische Präfect
verabschiedete ihn trotz meiner Einrede; versagt wm*de mir sogar
dieGenugthuung, dem ergrauten Diener eine Denkmünze für fünfidg-
jährige Leistung vor dem Personal der Präfectur zu Überreichen.
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Fragmentarische Erinnerungen eines alten Archivan.
287
Es siinl mir nacli und na< h mehrere verdienstvolle, auch mittel-
missige Mitarbtiter zur Seite gestanden. Ich unterliess es nie, das
Geleistete Öffentlich anzuerkennen; hftafig that ich darin des Guten
ZD viel, bereue aber mein Verfohren keineswegs, obgleich, einige Be-
thel]^ ihre Leistungen über den reellen Werth anzuschlagen
nicht ermangelten. Im menschlichen Herzen liegt nun einmal die
Sdbstüberschätzung.
Meiner doppelten und dreifachen Verpflichtung gejron meinen
günstip gesinnten Obern suchte ich , so viel in meinen Kräflen lag,
nachzukommen. Begonnen wurde mif der Veröfientlichung einiger
laleini:«cher und deutscher Urkunden, wolx-i icli an Stätten an-
knüpfte, die mir ?cliün früher lieb waren. Hie Vorsuchc fielen nicht
ungünsti» aus. So wurde ein Rundschreiben des liischofs von Stras>-
burg, zum Bau tler Münslerfai^ade auffortlernd (a. 1275), herausgege-
ben, so eine das Hospiz von Eschau betreffende Urkunde (778), eine
Liga elsassischer Dynasten gegen die Armagnaken (1436), eine päpst-
liche Bulle Alexanders IIL zu Gunsten der Probstei Ittenwiler
(1179). Hatte ich doch in den Elostergftrten, die man jetzt zum
pittoresken Landsitz umgewandelt, mehrere genussreiche Herbst-
ferion verlebt! Seitdem laperte sich der Ton 1870 aufgewirbelte
Staub über die schöne Erinnerung und trttbte sogar den Räckblick
auf längst vergangene Geschichte.
Tn des Prfifecten näherer Umgebung befreundete ich mirh mit
den Hauptinteressen des unterelsassischen Landstrichs. Die Rhein-
korrektion und Eindämmung des launenhaften Flusses, die Innung
der RheinschifTer , die Kanalbauten, das Unterriclitswesen, die Ge-
fangnisse, die Einleitung zum Bau der Pariser Eisenbahn wurden
mir, 80 wdt ^ die Departemoitalverwaltung angingen, nadi mid
nach anvertraut Auf dfeson mobilen Tagesgebiet fand ich, ohne
das Archiv zu Teraachttssgen, eine oft erwünschte Zerstreuung, ein
Gegengewicht gegen die spezifische Schwere veralteter Scriptuien
und Gonvohite.
Bereits im Frühjahr 1841 erliess Herr SäPS «ne Verfügung, es
sollten die ländlichen Archive besichtigt werden, und übertrug mir,
noch ein Jahr vor dem ministeriellen Erlass derse]l)en Richtung, die
Inspicirung dieser ganz verwahrlosten Gemeinderegi.straturen. Ein
giftiger junger Pamphletscribent schimpfte auf diese Initiative, die
nur darauf berechnet sei, »dem Archivar einige Ferienreisen zu be-
zahlenc. Ich liess mich durch den knabenliaüen Angriff nicht an-
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288
Spach:
fechten und besuchte zunächst die in der Umgeljung der Stadt und
im Bereich der nunmehr eröffneten Basler Eisenbahn gelegenen
Dorfscbafteo. In den Terschiedenartigsten Lokalen waren die Doch-
mente und. Register aufbewahrt oder verzettelt; selten in den Ge-
meindehSusem, meist ia Kammern oder Kisten der Pfarreien, der
Scbdgeb&ude oder bei den jeweiligen fifaires. Da sich die Besuche
Afters auf dem oder jenem Punkte wiederholten und auf Ordnung
gedrungen wurde, so befiel den betheiligten Beamten etwas Furcht
vor der Verantwortlichkeit. Gerade das war ge\vünscht. Einmal
wurde mir Ijeim Beginn dieser Umzüge meine Befugnis? bestritten.
Ich hatte die wohlhabenden Dörfer am Fusse der Hausijergerlnigel
besucht und war nach AMundolsheim gelangt. Hier war der prote-
stantische Schullehrer zugleich Sekretär der Gemeinde, eine gethun-
gene, markige Gestalt. Er fragte ziemlich unwirsch: »1^ and doch
mit einem legalen Auffarag Yersehen^c Ich trug dem berechtigten,
aber etwas groben Frager die Ausfertigung des Dekrets vor; er fugte
sich willig und zeigte mir eine in gutem Stande gehaltene Registratur*
Ich war nidit karg in der Belobung, und die Figur des alten vierzig-
jährigen, liraven Schulmannes blieb mir im Gedächtniss: ihn selbst
sollte ich nicht mehr sehen. Im Jahre 1863 besuchte ich die iiocli-
gelegone Kirche von Mundelsheim und fand auf dem anstossenden
Friedliol ein Kreuz auf frischem Urai)e, vom Jahre vorher. Der Arme
liatte das Zeitliche gesegnet und Hess mir gewissemiassen einen
Stachel in der Brust und eine ernste Mahnung obendrein. Stand
doch der Abgeschiedene mit mir ungefähr in gleichem Alter.
Als im Jahre 1842 die mfaiisteridle Verordnung über Gommu-
nal- und Hospizarctüve erschien, hatten wir schon bedeutenden Vor-
sprung gewonnen und konnten sogleich durch gedruckte fVnnulare
den Maires die Inventarisirung ilirer Akten anbefdilen. Nach drei
Jahrai bli^ nur eine kleine Zahl von Gemeinden im Rückstand.
Das verhängnissvolle Jahr 1848 brachte leider anarchische Zustände
mit sich: in vielen Lokalitäten wurden die Schriften und Bücher
verschleudert . es musste von neuem an das Ergänzen der lücken-
haften Sammlungen gedacht werden. Die gleiche Thatsache wieder-
holte sich theilweise in den letzten Kriegsjahren. So hatte auch der
dreissigjährige Religionskrieg — nur in weit stärkerem Masse —
aufgeräumt Vor 1648 finden sich auf dem Lande nur wenige
Arcfaivalien, welche die Agrarverhältnisse betreffen.
Das Archiv des Strassburger Givfltribunals kam schon 1842 an
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FtagintnUriaehe Erinnerui^n eine« alten Archivars. 2S9
die Reihe. Bei EiöfTnuii? des Ocneralratlis iin Spätsommer wurde
eine Bittschrifl der Advokaten vorgelegt mit der Anfrage: Wa« au^s
dor im lalir 1838 iK'fürwortetcn Einordnung der Justizarcliivaücn
gcw oKifü? <s sei l>ereits eine, wemi auch unbodrutende Summe
darauf angewiesen . . . Die Petition setzte tlie Ver\v;dlung in einige
Verl^nheit ; jene Summe ward, wie ich erfuhr, auf der Stelle zu
anderen dringenden Zwecken verau^abt, und dar Zustand der Justiz-
archivalien so kläglich, dass Niemand mehr die Hand an da? chao-
tische Wesen legen wollte. Mir war bei anderwSrt!geA)escfafiftigung
sogar die Existenz der ungeordneten, in Gewölbe, Speichern, Erd-
geschossen zerstreuten Sammlung ttnbdcannt geblieben. Nun wurde
ich mitten in der Sitzung mit der Einsicht der verwitterten Akten
und Register beauftragt und stattete im Laufe von wenig Tagen
einen vorläufigen Fiericht ab, der auf eine mehrjährige, materiell
sehr beschwerliche Arbeit liindeutete. Der improvisirte Bericht wurde
vom Generalrath günstig aufgenonnnen, die nr'Uhigen Kreiiite auf der
Stelle bewilligt und sofort mit dem undankbaren fieselirdlc lie^-'onni-n.
Binnen drei Jahren war diese Nebenarbeit l)eendigt und die geord-
neten Dokumente in drei dazu hergerichteten Sälen untergebracht.
Es bot die gel&uterte Sammlung eine Reihenfolge wichtiger Prozesse,
bescmders aus der Revolutionszelt, dann viele in das ältere Gerichts-
wesen von Strassburg und Hagenau einschlagende Sachen. Das
Feuer einer Augustnacht 1870 vernichtete diese Archivalien.
ESner der mir zugegebenen Arbeiter hatte während dem Sichten
der vermoderten Akten gleich zu Anfang den Grund zu einem Ner*
ventieber gelegt und starb eines verfrühten Todes. Ich erwähne
diesen Unfall, wenn auch schon mehr denn dreis<:ig Jnhre vergangen
sind, nm dem Einwurfe vorzubeugen, es sei snlrlic obscure Arbeit
gefahrlos. Noch jetzt erschüttert mich die Hückerinnerung.
Mit elsassischen und auswintigen Kollegen kam idi hin und
wieder schon in den ersten Jahren meines Amtes in Berührung. Der
ausgezeielinete Gelehrte Mone, welcher Director des grossherzc^lichen
Karlsruher Archivs, besuchte mich zum ersten Male im Sommer
1843 auf längere Zeit; er notirte im aUen Archive die auf badische
Grundsteuer bezuglichen Pergamente und begehrte deren Auslieferung
gegen mehrfache für den Unterrhein nicht unwichtige Schriften.
Seinem Wunsche wurde erst viel spfttor gewillfahrt. Herr Sers war
Gesuchen dieser Art durchaus ungünstig; er legte denselben mit
Unrecht andere Zwecke unter, — Jedenfalls erfreute ich mich der Ge-
. Archivalisohe Zeitschrift I. 19
Diqitizcd by Google
290
Spaeh:
genwarl des encyklopädisclien, seit einem Vierteljahrhundert berühm-
ten Archivars und verdankte ihm mannigfache Belehrung und Auf-
munterung. Dienste zu leisten war er stets bereit; ich bewahre dem
hochverdienten Ehrenmann ein danidwres Andenken.
Ein benachbarter Kollege, Louis Hugot, Stadtarchivar von Kol-
mar, besuchte mich kurze Zeit nach meiner Installirung. Ein eigen-
tbdmlicher, origineller Charakter, etwas räthselhaft. Er erzeigte sich
mir als das seltsame Exemplar eines leidenschaftlichen Sammlers,
der bei allzu %'cit gestecktem Ziele die Gegenwart aus den Augen
verliert und mit den besten Absichten, hei strengster Ehrlichkeit, dein
Tadel auswärts Stehender einige Blösien bietet. Hugot ist einer der
Ilauptgründer des Museums von Kolmar; in dieser Beziehung bleibt
sein Lob ungeschiufderf. Icli habe bei anderer Gelegenheit seine
Verdienste um diese Lokalschöpfung auseinandergesetzt und berichtet,
wie er opferfaliige Gönner, z. B. Herrn Fritz Hartmann, den Pair
Ton Frankreich, fOr seine Plftne einzunehmen verstand. Dass die
Gem&Idegallerie der alten ebassiseben Malerschule in die schönen
Räume des ehemaligen Klosters Unterlinden übergeführt, dass andiere
Sammlungen — die chinesische, die zansibarische u. a. — damit ver^
bunden wurden, ist grösstentheils Hugot's Werk. Dorthin bai|^ er
die gallo-keltischen Alterthümer, die er in Nacht und Nebel an der
lothringischen Gränze auf einen Ochsenkarren lud und beinahe ver-
stohlen nach Kolmar brachte. Mit naiver Selbstgenugthuung erzählte
er diesen antiquarischen Feldzug. Die Stadtbibliothek von Kolmar,
denn Incunabeln und Manuskripte, vernichrte er bedeutend durch
Ankäulc, Austausch und freiwillig eliirgcliotene Gaben.
Mit mir suchte er anzuknüpfen, aus ungebornem Trieb zu kollegia-
lischer Freundlichkeit, und weil er mich für seinm Plan der Aus-
beutung und wissenschaftlichen Benfltzung des Gemeindearchives von
Hagenau gewinnen wollte. Es war dasselbe reich an kaiserlichen
Urkunden und geschichtlkdien Dokumenten aller Art Zur Heraus-
gabe emes Codex diplomaticus hatte er sich mit d«n Have von
Hagenau verstanden: ein Kontrakt lag bereit; der Druck sollte in
einem bestimmten, ziemlich engbegränzten Zeilraum beendet sein;
allein die Zustimmung des Präfekten, seine Unterschrift, war noch
keineswegs gesichert.
Hugot wendete sich an mich. Der Bescheid des Präfekten
lautete erst ausweichend, dann abschlagig. Meine Unterhandlung mit
dem Departementsclief artete aus in halbkomische Szenen. Ich
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Fragmentarische Erinnerungeu eiuea allen Archivars.
2dl
stellte Herrn Sers mit all' mir zu üebote stehender Eindringliclikeit
▼or, dass meine' BeachSiftigiiog in dem mir zugewiesenen Arcliiv auf
Jahre hinaus all meine Kräfte in Anspruch ndune, dass meine
Pflidit mir gebiete einem gewiegten KoDegen, dnem Schüler der
£cole des CSiartes (!) die Mittel rar Veröffentlichung der geschicht-
lidien Sdifttze Hagenau*s su schaffen.
»Lassen Sie niemals,« erwiderte mir der Präfekt abweisend,
»lassen Sie nie einen Fremden Fuss fassen in Ihrer Domäne; kein
auswärtiger Archivar soll sich herüber schleichen über den Land-
graben zwischen Ober- und Unter-Elsass. Sie haben jetzt nicht
Zeit, behaupten Sie; ich lasse es gelten: sagen sie Ihrem werthen
CoUegen: ich behalte mir diese Arljeit \oy auf spätere Tage.«
»Er wird mir's nicht glauben.« — »Glauben oder nicht, gleichviel !«
Ich bestand Iiartnäddg auf meiner Empfehlung.
»Sie wollen es durchaus; nun, ich setie meine Untenchrift unter
den Kontrakt; Sie werden es bereuen.«
Ich bereute nicht im Geringsten mdne Dienstleistung; aber
Louis Hugot kam durch sein Unternehmen später in grosse Verlegen-
heit. Er Iconnte die zugestandene Frist nicht einhalten, seinem ge-
schriebenen und mündlichen Versprechen nicht nachkommen, die
Kredite waren aufgezehrt, bevor die weitläufige, gewissenhafte, schön
durchgeführte Arbeit völlig zu Ende; sie zog sich hin bis in die mitt-
leren Jahre des zweiten Kaiserreichs. Da versagte eirn'ni Na( hrül*,MT
des früheren Maire's die Geduld; er drang in die Ablieferung tler
Arbeit und die Herausgabe der Pergamente. Hugot zögerte; zwei-
mal erbat umi erhielt icli Aulsciiub; der Präfekt Herr Migneret, wie
frfiher Herr Louis Sers, belächelte mein Zutrauen. Zuletzt erging
vom betheiligten Maire ein Drohen mit gerichtlicher Belangung. Ein-
gescbficfatert brachte der Kolmarer Stadtarchivar seine Kisten nach
Hagenau. Gleiche Szenen wiederholten sich einige Jahre später mit
unbedeutenden Archivalien der Stadt Tdrkheim, die in einem Um>
zUge von Hugot verlegt worden. Einen unmässigen KosU nf rsatz
wussten die gerichtlich ernannten Experten, der verstorbene Bibliothekar
von Strassburf; (Prof. Jung), der Archivar von Pruntrutt (Trouillat)
und der Archivar des Niederrheins, abzumindern. Hugots Gesund-
heit war durch den Aerger und die Unruhe erschüttert; er ging
bald darauf mit Tode ab, nachdem die vermissleii Dokumente sich
in einem Winkel wieder vorgefunden. — Der verdienstvolle Forscher,
Sammler und Antiquar, der liebenswürdige Freund und Kollege
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292
Spuch :
halte sich selb.sl seine letzten Tage verkQmmert, und sein Andenken
wurde noeh durdb dm harten Ausspruch eines Generalinspektcws
der Archive bemftkeU: »Hugot,c so liess sich der Hochgestellte aus,
»habe seiner Pflicht als Stadtarchiirar nicht genligtc Freilich hatte
der Anne, von Sammeleifer anl^eben, sich nicht viel um die seden-
lose Inventarisirung nach vorgeschriebenem Fonnolar, gleich anderen,
bereitwillig ents« lilnssen.
Von verschicilonen Punklen Fr:inkroichs und Deutschlands be-
suchten bereits in den ersten Jahren meiner Amt-führunj: mehrere
Gclebitc das Kl>ässi>cli(> IIau{)larchiv und nahmen Einsiclit in die
Ihcilwiisi- vcrlVit igten Invenlarc. Unter die.se ersten i^esudier zfdile
if^h Dom Pitra (di'n späteren Kardinal Pitra). der den Wejr, so ich
cingesclilagen, zu beloben geruhte, wie ich mir denn, von allem An-
fange an, ein streng objektives Verfi|hren zur Pflicht gemacht, und
in unsrer von konfessionellen Zwistigkeiten au%ewühlten Provinz
unverbrächlich die historische Mittellinie einhieR. Es sollte mir etwa
zehn oder zwölf Jahre später diese selbstv^tändliche Unpartheilidi-
keit zu Gute kommen; die un^ublichen Zwistigkeiten über die
proleslantisrhen Stiftungen von St. Thomä üblen eine Rückwirkung
bis in die finslern Räume des Archivs; der Departementalarehivar
lialle ganz unsinnige Verdächtigungen zu Ix'stehen , und noch
unter der Verwaltnng des sehr gemässigten und vermittelnden Vii\-
feklen Migneret dureiislöljerte iler Vertraute einer sehr einflussreicheri
geistlichen (iesellsrliafl meine vorgerückten Inventare, deren Redak-
tion er indess rcgelrcclit, und jedes unliebsumen Ausdruckes bar
und ledig zu erklären sich bemüssigt fand.
Ich halte mit fieberhaftem Eifer den Vorschriften des Ministeriums
des Innern Ober Klassificirung und Analyse des Departementalarchivs
nachzukommen mich bemCiht. Vom Ende des Jahres 1839 bis 1844
war eine Reihe von trefitlid^, mustergültigen ArrStäs und Rund-
schreiben erschienen, welche dem Arb^trar eine nützliche Handhabe
boten, und für 'j-.wv/. Frankreich eine nur etwa.s allzuschrc^e Gleich-
Ibrmigkoit anordneten. Bis in die kleinsten Einzelheiten wurden die
Verpflichtungen der Präfekten, dei- (leneralräthe, der Archivare ge-
regelt, und in den meisten Di partements bereitwilligst Iland an das
umfassend«' Werk der Sichtung und des Ver/.eichnens aller aufge-
häuften historischen, bis zum Jahr 1790 reichenden Si hätze gelegt.
Für alle und moderne Skripturen waren rationelle Formulare vor-
gesehrtdjen, die Aib^tflnethode, die Eventualität des Verimufe werth-
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Fragmentarische Enimeronven eines alten Archivars. 293
loser Papiere vorgezeichnet; für da^ persünliclie Loos der Archiv-
beunten und deren Pensionirung Vorkehrung getrofireQ. Es liess
dieaes zugleich refonnatoriadie und halb legldatorisehe Terfilliren
wenig zu wünschen übrig. Erst spfiter, einige Jahre nach der
Febmairerdution erfolgte cm pedantischer Umschlag, es war als
ob die Bureaux des Ministeriums ihren massgebenden Einfiuas wieder
in frische Erinnerang und die nur halbwegs ▼ortheidigtcn Provinaal-
beamten zur Verzwettlnng bringen wollten. — Doch ich eile einem
fatalen Zeitpunkte voraus; er trat ein, bei der definitiven Abfassung
der Inventare, besonders der kurzgefassten Inventaires sommaires
und deren Auslieferung zum Drucke. — Diese unsäglich sinn-
widrige Plackerei darf nicht zur Ungerechtigkeit verleiten gegen
das ursprüngliche Programm dieser archivalischen Arbeit. Theorie
und Absiebt waren goldwerth, die endgültige Ausführung der
gewissenhaften Beamten, die skh dem Wüten der Gentralv^rwaltang
unterwarfen, war eme mit nichts vergleichbare Gedolc^nrobe. DafOr
liefert die beibehaltene Korrespondenz miwiderlegliche Bdege.
Unter die froheren ilhistren Besocher des ArdÜTS zähte ich
Herrn Giraud« llfitglied des Instituts, der als Inspektor der Rechts-
schulcn nach Sirassburg kam, und beiläufig auf dem Archive sich
umsah. Der grundgelehrte Jurist und Forscher nahm Einsicht in
die gedruckten »Rapporte«, die ich seit 1840 jährlich dem Präfekten
vorgelegt und stand nicht an, sie so wie die schon vorgeschrittenen
Inventare zu beloben ; er ermunterte mich fortzufahren auf dem
eingeschlagenen Wege.
Solche günstige Aeusserungen waren durchaus nicht überflüssig,
denn bereits unter der wohlwollenden Verwaltung des Herrn Sers
wurden mir peinliche Erfehmngen zu TheH. So beschied man mich
einmal un Laufe des Jahres 1846 in das mitere Geschoss des AidiiTs;
ich fimd dort den Präfekten und ehie ans etwa acht oder zehn
Mitgliedern bestehende »Gommission mixte«. Ich erkannte darunter
Munizipah-äthe und Architekten. Uan bedeutete mir, dass ein Theil
der Räumlichkeit für Versteigerungen und andere Zwecke bestimmt
sei, und mir die innenliegenden Skripturen auf die Speicher zu
übertragen sofort obliege. Auf meine obligate, gewissenhafte, leiden-
schat'liiclic Einwendung wurde nicht geachtet; mein Gönner verkün-
ilcte miv eine bestimnite Frist; in wenig Tagen war die Ausräumung
bewerkstelligt. Damit begann der erste Einbruch in die Unverletz-
lichkeit des Departementalarchivs, ein Verfahren, das sich unter einem
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294
Sptich:
sjjfiteren kaiserlichen Nachfolger des Herrn Sers zweimal in weit
grösserem Massstabe wiederholte. Mit diesem Unfug kamen die noch
ungeordneten Akten der ehemaligen weltlichen Herrschaften in*s
Gedrftnge. Die Speicher wurden besonders fOr die Eommmialredi-
nungen zugerichtet, nach und nach sduroll aber die Fhith dieser
unerlSflBikhen Belege, und erretchte zuletzt die höchsten Dachziegel;
im Sommer bei einer Senegalshitie, im Winter bei sibirischer IQUte
fanden die Recherchen statt; mit welchem Schaden für die Gesund-
heit der betreffenden Arbeiter, ist leicht zu ermessen.
Mit dem verhängnissvollen Jahre 1H48 eröffnete sich für mich
eine ungeahnte, in manchem Sinn orwünschle Thätigkeit; aliein die
unausbleiblichen Folgen einer Doppelstellung blieben nicht aus, und
erprobten, mir zum Nachtheil, ein altes vulgäres Sprichwort: »dass
man nicht zwei Herren zugleich dienen könne.« Seit meinem Ein-
tritt in die Präfektur hatte ich mich, con amore, mit Kultusange-
legenheiten befosst, die Organisation der protestantischen Khrehe im
Elsass studirt; durah eine innere Prifafrevolution im protestantischen
Dbektoriwn wurde ich zu aktiver Mitwirkung gezogen. Ich spielte
mir ehi erwünschtes, nützliches Enigreifen vor, bereitete mir jedoch
binnen wenig Jahren unsäglichen Verdruss. Das nm' aus fünf Mit-
gliedern bestehende Direktorium war veraltet; durdi Krankheit, Ab-
wesenheit einiger Persönliclikeiten auf ein Nichts zusammengeschmolzen.
Die städti-chon Gonsistorien verlangten eine ausgedehntere Vertretung
der kirchlichen Interessen, eine grössere Zulassung des Laienelenients
im Oberconsistorium und setzten proprio motu, durch die anarchische
Atmosphäre in Paris begünstigt und ernmthigt, einen Verwaltungs-
Ausschuss von zehn Mitgliedern ein, der sich mit der Revision des
seit dem Anfimge des neunzehnten Jahriranderts bestehenden orga-
nischen Gesetzes befassen sollte. Diese GommMm ernannte mich
zu ihrem SchriftfiShrer.
Der bifliierige GeneralsekretSr des Direktoriums, dn gewiegter
Geschäftsmann, blid> für Laufendes im Amte; allein er hatte per-
sönliche Gegner in dem neuen freisinnigen Ck>mite, man beschnitt
im Laufe des Jahres 1849 seinen Gehalt, er fOhlte sich beleidigt und
gah, so sehr ich ihm aufrichtig zuredete, den momentanen Sturm zu
überdauern, seine Entlassung.
Man bot mir die Stelle an. Ich besprach mich mit dem da-
maligen republikanischen Präfekten, Herrn Renauldon, der bereitwillig
seine Erlaubniss dazu liergab. Unter seinem ersten Naciifolger,
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Fragmentavifldie Erinnerungen eines alten Arcbivun.
295
Herrn Ghanal, kam es nicht zur geringsten Reibung zwischen den
zirei Behörden; anders stellte sich die Sache etwa zwei Jahre nach
seinem Ahtietcn. Es wurden in Strassburg und in Paris formelle
AngriiTe gegen die Stiftungen von Si Thomä geplant Da ich, zwar
nur als passiver, untergeordneter Sttibent mit der vollen Wucht
meiner Ueberzeugungstreue dag^n einkarn, inissflel dem jugendlich
heftigen, ultramontanen Deparlementschef die Stellung eines Beamten,
der sich in zwei nunmehr feindlichoii Lagern befand. Er war dazu
von seinem Standpunkt aus vollauf l)orechtigt, so sehr ich eine Zeit-
lang durch ein naiv aufrichtiges Behaben an den Tag legte, wie sehr
ich über jeclen Verdacht eines partheiischen Eingreifens, oder des
herüber und hinüber Schwankens stände. Eine Zeitlang war sogar
dem Zweifelnden meine Doppelstellung als eine vermittelnde erwünscht
geblieben.
Allein die eigentliche Stunde der Krisis schlug im Laufe des
Jahres 1864. Dem eindringlichen Ansinnen mehier Glaubensgenossen
zuwider, entschloss ich mich, dem Archiv ausschliesslich meine Erftfte
zu weihen und mit verdoppelter Anstrengung dem vor vierzehn
Jahren begonnenen Inhaltsverzeiehniss wieder obzuliegen.
Ich schlug diesen Weg ein, nach reifli(hcr Ucberlegung; aber
noch jetzt, ich darf es behaupten, mit wundein Herzen. Durch mein
Verbleiben im Direktorium hätte ich wo nicht wolkenlose, doch relativ
ruhige Tage für das hereinbrechende Alter gewonnon: durch mein
Verweilen im Archiv ging ich einem beständigen Kampfe niil den
Pariser Bureaux entgegen, und beharrle in einer wahrlicli oft undank-
baren Danaidenarbeit.
Während den Whitermonaten 1854—1865 hatte mir der Prifekt
zuvorkommend eine zur Erholung nöthlge Frist gestattet Er wurde
im Mai nach Toulouse versetzt, und von Paris, in sftmmtlicfaeu De-
partementen, die Inventarisirung betrieben; ich konnte und wollte
nicht der Letzte sein in diesem Wettlauf nach einem obskuren,
aber för die Betheiligten wichtigen Ziele. Die Lücken in meiner
früheren Arbeit auszufüllen, griff ich Uiätig ein: deutlich vorgezeichnet
hatte ich meinen Weg; ich wollte durchaus, in möglichster Zeitfrist,
die ganze mir zugewiesene Sammlung bewältigen zu Nutz und
Frommen auswärtiger und inländischer Forscher; einzelne Unrichtig-
keiten, Uebereilungen mochten bei diesem Bestreben mit unterlaufen,
in der Hauptsache bin ich noch heutigen Tags, das Rechte gewählt
zu haben, überzeugt.
2ü6
Spach:
In Paris griff man mir nicht unter die Arme. Mit pedantischer
Strenge wurde ich auf jedem Schritt und Tritt gehemmt Zu-
fbrdersl konnte ich nur mit Mühe zum Vcrsfrindniss der burcau-
kratischen Diktatoren bringra, dass die Elsassische Gescliichte eine
ganz cigenlhQmliche, von allen Tlieilen des innern Frankreichs total
verschiedene sei. Die so^renaniito Landvogtei von Hagenau z. B.,
schlug in mehrere der vorgeschriebenen Serien oder Plädier des
olTiziellen Progi-amms. Der Landvogt hatte zugleicli militiirisclie, ge-
richtliclie, fhian/.iclle, administrative Befugnisse. Nicht spalten, nicht
auseinanderreissen konnte man die auf seine Verwaltung bezügliclien
Schriften; fOr die eine oder die andere Serie musste man sich ent-
scheiden. Nur nach lang\veiligem Aus^nandersetzmif nach unerqoick-
lichen Debatten, nach dem Unterbraten einer von mir gewissenhaft
verfassten geschichtlichen Monograidue Ober die ▼erwidcelten
hältnisse wurden solche unumgänglichen Streitpanicte beigelegt oder
erobert, die Zu«reständni<se wie ein Gnadenakl betrachtet, und der
eigensinnige Deutsche gleiih einem widerhaarigen Gegner, einem
untrelehrigen Schüler, behandelt. »II est fou, il est au moins mono-
mane, votre archiviste«, sagte man dem wohlgesinnten Präfekten.
Der Provinzialbeamte musste oft jeder sell).-lberechtigten Ansicht
entsagen, nur froli sein, wenn er hinreichendes Feld gewann, seiner
Pflicht genug zu thun. Widersinnige Versetzung ganzer geschicht-
licher Complexe wurden von obenher erzwungen. So kam eine mit
»Gdlege de Ifoldieimc harmlos dl>a8cliriebeiie Gruppe, ans den
Serien des geistlichen Archivs herausgerissen, in das GiTQaichiv zu
stehen, weil dieselbe in den Augen der entscheidenden Beamten als
»GoUöge« in das Öffentliche ünterrichtswesen gehöre. Benannte Gruppe
enthielt aber durchweg historische, geistliche, auf das Sankt Marien-
hospital in Molsheini bezügliche Dokumente und diese mittelaltrigen
Urkunden waren im Jahre 1580 den Jesuiten als Erlien jenes lokalen
Vereins verblieben. Keine Einrede half.
Einem Laien inuss eine sukhe Debatte unerquicklich, fast lächer-
lich erschoinen. Für den Ix^lheiiigten Archivar ist oder war dies
nicht ganz derselbe Fall. Es Ijrachten solche gezwungene, willkühr-
liche Ueberführungou eine unberechenbare Störung in die tägliche
Arbeit. Das gesanmite ältere, gcscliichtliche Archiv ist in zwei
') Rapport au prüfet du bas Rhin äur la prefecture de Haguenau. Strass-
bwf 1867. Ein Bftndchen in 6*.
Fragmentarische Erinnerungen einen alten Archivare.
297
Hauptabschnitte, das Qtü- und das geistUcbe Arehiv geschie-
den. Jede dieser Abthdlungen mit ihren sogeoannten Fonds oder
einzelnen Complexen war nach Vorschrift dqrcb eine ununter-
brochene Ziflerzah) alter Urininden und Bi&nde versehen. Zieht man
nun in Erwfi|fung, dass sich eine solcbe Folgenreihe in die Tausende
Jjeäffert und dass durch ein Einschieben ach die ganze Nunierirung
verschiebt, die veränderten Namen auf Umschläge und Faszikel in die
Tnvonlare eingetragen werden müssen, da lässt sich leicht ermessen,
wie gewissoiihafle Beamte zur Verzweiflung getrieben wurden.
War denn kein Heicurs, keine Abliilfe möglich? In der für
mich arteitrcichsten Zeit, etwa von 1855 — 1801, nahm der intelli-
gente und wohlgewogene Chef des Departements meine Klagen an, gab
mir an Ort und Stelle, nach abgegebener Erklärung, völlig Rech' ;
aber der Endausspruch lautete immer: »Halten Sie um jeden Preis
Frieden mit den Bureauz! Ich bevoUmSchtige Sie, ihren Protest in
einem Plakat an die betroffene Serie zu heften.« ~ Das Idang dann
wieder wie eine halbe Ironie. Liebenswdrdig zuvorkommend war m
jener Epoche ein Generalinspektor, der mich mehrmals gewissenhaft
besuchte und zu allem Anfang treffliche Anweisungen über die in
Paris verlangte Arbeitsmetbode gab. Sein Name klang deutsch:
Herr von Stadler; allein er war ein Stockfranzose und bewährte
sich, neben seinem ol'liziellen Amte, als Literat und historischer
Forscher. Klagte ich ihm meine Noth, da gab er alle Einwürfe
gegen die SchrofTlieit der Gentraibehörde zu; doch stimmte am Ende
sein Rath genau mit dem I'räfekten überein : »Halten Sie um jeden
Preis Frieden mit den Bureaux.«
Wie bdeidigend das Verfiihien dieser autokratisehen Pariser
Bureauz, erhellt aus emer Thatsache, die sich mehrmal in der ersten
Zelt der von mir untemoaunenen Redaktion der Inventare wieder-
holte. — Die am Rande der Hefte angebrachten Vorschriften wider-
sprachen och oft in kleinen Zwischmräumen, je nachdem die Be-
krittelung von dem oder jenem Unterbeamlen ausgieng; — denn
ich würde mir auch jetzt, nach vielen Jahren, niclit erlauben, solche
dpiii verdienstvollen Chef des Archives, Herrn von Champollion-Figeac,
deiji XefTen des unsterblichen Egyptologen, aufzubürden. — Nun,
dieser schreiende empörende. Missbrauch des Examinatorenrechtes
iiörte doch am Ende auf.
Neuen UngelegeiiheilLii ging ich mit der Abfassung der soge-
nannten Inventaires somroaircs und deren Beförderung zum Druck
2d8
Spauh :
entgegen. Man hatte für dieses weitläufige Unternehmen und dessen
Uebemahme auf eine Pariser Buchdniekeiflnna, Dupont, desaeD Chd
zugleich in der Depatirtenkammer sass, hingewiesen; in Strassbnrg
war die PrftfelLtur nicht gesonnen, der trefflichen Firma Berger-
Levrault diese Arbeit zu entziehen. Die eigenmfichtigen Pariser
Korrekturen verschlangen systematisch eine köstliche Zeit, der ge>
inassregelte Text konnte immer nur nach langem Hin- und Herziehen
die Examinatoren befriedigen; eine gewisse Zeilenzahl durfte in den
einzelnen Artikeln nicht ül>erschritten werden. Dos Zusammen- und
Auseinanderziehens war kein Ende. Selbst dem mit Archivwosen
nicht vertrauten L-^ien lässt sich leicht begreiflich iiiaclieti. welch ein
barokes Aussehen dergleichen chablonenhall verfassli- Artikel oft er-
halten. — Interessante, reichhaltige Materien mussten abgekürat,
gleichgültige, zwar nicht ausführlich behandelt, doch jedenfalls berührt
werden; denn nicht nur die Zeilen, auch der numeriscbe Inhalt
dieser Absätze blieb festgesetzt und beschrankt Bereits in der Ab-
fassung des endgültigen analytischen Inventars (1854—1861) hatte
sich diese Unbequendichkdt för den Redaktor erwiesen. — hnmer-
hin mag das Ganze, — da ich mir angelegen sein Hess, so weit
es angewiesener Kredit und Bevormundung der hauptstädtischen
Bureaux gestatteten, voranzuschreitMi, — als ein nutzbarer Ueber-
blick gelten. Nirr konnte ich , nachdem mir durch Austausch die
Inventaires sonunaires anderer Departemente zukamen, wohl be-
merken, dass l>evorzugte oder widerspenstige Kollegen sich dem
strengen Kommando durchaus nicht unterwarfen und ihre erste eigene
Redaktion beibehielten. Die trostlose Arbeit zog sich, — nach Mass-
gabe der dazu ausgeworfenen Kredite — während dem letzten Decennium
des Kaisorridis hin, und wurde erst unter der deutsdien Verwal-
tung noch in französischem Texte geschlossen.
In dieser letzten Periode des französischen Regimes voUzog sich
flQr das DepartemenialarchiT em ^ir erwünschter, aber doch sehr
beschwerlicher Umzug, Seit zehn oder zwölf Jahren hatte sich, trotz
Öffentlicher Versteigerungen, der Vorrath bwlenklich angehäuft; er
war wohl, seit meinem Eintritt ins Amt, auf das Drei- oder Vier-
fache gestiegen: sogar das ältere Archiv war in immerwährendem
Zuwachs begriffen; nach Beendigung des grossen analytischen In-
ventars kam u. a. noch Zufluss aus den Tribunalen von Weissen-
burg und Zabcrn. Im Jahre 1857 hatte man dem Archivar ausser-
halb des Hauptgebäudes eine feuclilc, ehemalige Stallung zugestanden ;
Fragmentarische Ennmraiifen eines alten Archivars. 299
sehr bald war sie aufgebraucht und angefüllt. — Herr Mignerel
kaufte, im Namen der Verwaltung, ein ehemaliges, südlich von der
Präfektur gelegenes Tabaksmagazin , eine nicht freistehende Räum-
liehkeil; alleiii dfe innem Gelasse erwiesen sieb bedeutend grOeaer,
als das bisherige Archiv deren zu bieten liatte and im Sinne des
PMfekten sollte das Ganze zur ausschliesslichen BenQtzong dem
Archivar äberanhrortet werden. Aof einige Deoennien hinaus schien
wenigstens die AulhahmsfMiigkeit gesichert. — Der Nachfolger des
Herrn Migneret entwarf andere Plftne. Sobald die Gebäulichkeit, dem
Kaufkontrakt zufolge, verfügbar geworden (1866), beschloss Herr
Baron Fron, gegen jede Einrede gewappnet, den I^räfekturrath mit
dessen Tribunal, den Architekten des Departements, den Wog:ebau-
direktor mit ihren sämmtlichen Bureaux dorthin unter Dach und
Fach zu bringen. Vorlfinfig waren schon, auf höheren Befehl, ex
abrupto, die au.sserarcliivalischen Räume geleert und die zahllosen
Alrten in den Gängoi des alten Archivs binnen wenig Tagen auf-
gespeidiert. — Der deflni^ Umzug begann in den FrOhUngsmcma-
ten 1867, bevor die geringste Vorltehrung fOr Repositorien im neuen
»Magazine getroffen, wfthrend Schreiner, Zimmerleute, Maurer noch
ihr Wesen trieben und die Bureaux mit feuchten Gypswänden zum
Winkomm ihre Thüre öflheten. Es war eine trostlose Zeit. Ein
unbiegsamer Charakter hatte diese unsinnige Eile befohlen. Es
widersteht mir durchaus, in das Einzelne weiter einzugehen und
einem ehemalip^n Obern, einem geistreichen Manne, von dessen blen-
denden Eigenschaften ich nichts abmarkten will, im Interesse todter
Papiere, einen unliebsamen Nachruf zu halten.
Als providenticlles Gegengewicht darf ich es wohl ansehen, dass
fest um dieselbe Zeit, nach kaum nothdürftig vollzogenem Einruuuieii,
män erstes Beg^en mit dem bayrischen Rddisarcfaivdbdctor,
Franz von Uber, fiel. Er kam wfllvend der Sommermonate 1867
nach Strassburg, zum Anknüpfen einer Unterhandlung Aber gegen-
seitigen Austausch von Arehivalien; er, von bayerischer Seite, die
Audieferung zahlreicher historischer RappoUsteinischer Urkunden und
dagegen aus dem Departementalarchiv eine nbenfall? ansehnliche
Folgenreihe von Urkunden aus der ehemaligen Grafschaft Sponheim
wünschend. Diese Pergamente hatten für das WitteU)achische Fürsten-
haus ein Kabinets- und Familieninteresse.
Es dehnton sich die benöthigten Vorbesprechungen mit dem
Präfekten, dem Generalratli , dem Ministerium des Innern und der
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300
Spach :
auswärtigen Angelegenheiten auf Jahreslänge aus. Im Sommer 1868
Icam LDher zum zweitenmal hierher und der Austausch wurde offi-
ziell vollzQgen. Die an mich hinterlassenen Dokumente sandte ich
pflichtgemäss sogleich an das Archiv des Oberrheins, denn es lag
die ehemalige Rappoltsteinische Herrschaft in jenon Bozirko ; it Ii
wollte sofort den Beweis führen, dass ich nicht für eigene Uterarische
Zwecke die Sache angelenrentlich beirieb.
Das erwünschteste Hesultat «lifses höchst complirirten Geschäfts
war für mich die erworbene Freundschaft Herrn von Löiu'r'>;: it hatte
mehr als ich, mit Beiziohung des Pfarrer Lohmann von Nusadorf, das
(uui/.f betrieben und mit seiner jugendlichen Arbeitskraft mir, dem
Alternden, viele Beschwerlichkeiten erspart. Es waren mir von
München aus auch mehrfache Auszeichnungen beschieden, fSr die
ich noch jetzt dem neuerworbenen Freunde und unbekannten Gdnnem
innigen Dank schulde.
Die drohendeZukunft hatte ich mitLäier frank und frei damab schon
besprochen; aber das Unglück sollte noch früher und schwerer herein-
brechen, als mein angeborner Pessimismus befürchtete. Nicht uner-
wartet trafen mich die Hiobsposten der benachbarten Schlachtfelder
vom 4. und 6. August 1870. Ohne die Instruktionen des Prätekten
ab'/.uwnrten, fhlchlete ich die kostbarsten Archivalien in eiserne Be-
hältnisse des unter dem Archiv befindlichen Geschosses. Allein an
das Ausräumen des ganzen Departementalarchives war nicht mehr
zu denken, um so weniger, da mil oberer Genehmigung gegen meinen
unbeachteten Protest die Intendanz mehrere mit Weingeist gefällte
Fässer in die unterirdischen Gewölbe beigen Hess. Auch andere
Verwaltungen hinterlegten dort ihre Register und Papiere. Das'
Bombardement zerstfirte gleich in den ersten Tagen unsere Bureauz
und die Speicher, jedoch ohne zu zünden. An irgoid eine Arbeit
in den verheerten und stündlich bedrohten Räumen war nicht zu
denken. — Mir wurde nicht gestattet, mich In den untern Räumen
des Archivs einzurichten: in der Folge der sich überstürzenden Un-
• talle, besonders in der Nacht des Präfekturbrandes, rettete man dort-
hin das Mobiliar und fanden Obdachlose und Verwundete eine tem-
poräre Unterkunft, man behauptet sogar, es iiabe ein Sterbefall sich
dort ereignet. Der Chef der Vicinahvege alx^r wohnte sich ein so
gut es ging mit Frau und extemporirter Küche. Ein wahres Wun-
der, dass nicht grössere Lücken in den Akten selbst entstanden.
In den allerletzten Tagen vor der Kapitulation räumte mein
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Flngmentariache Erinnerungen «nes alten ÄrchivarB.
301
Adjunkt mit Lel)ensge{ahr und mit llfilfi' /alilroichcr Arbeiter die
obersten Stockwerke. Um dieselbe Zeit hatte icii inicli, aufgerieben
durch sechswödientliches Wachen, mit einem von Freunde zuge-
schickten sichem Geleit nach Bad&a. geflüchtet, wo ich zerrüttet am
23. S^tember ankam. Vier Tage nachher ging Strassbnrg über,
mid ich 8&umte nicht, nach kurzer Zwischennihe, den 6. Oktol)er
mich den deutschen Behörden zur Verfügung zu stellen.
Noch war Alles in der grössten Unordnung; es erforderte keine
geringe Arbeit, nach oberflächlicher Ausbesserung der alten Räume
die j^eflfichteten Kisten, die geborgenen Register und Büdier, den
beinah ganzen archivalischen Apparat wieder in die ehoin.iligi'
Stellung 7,u bringen. Die Kommandantur gab dazu bereitwilligst
die Mittel an die Hand; nicht weniger als vier/ig Soldaten — Land-
wehnnünner — vollbrachten, bei strenger Winterkfdte, unter des
Adjunkten Faslingcr unermüdlicher Anleitung das erste, Unentbehr-
lichste; nach und nach konnte man die Arbelterzahl auf fünf be-
scfarfinken. Ich denke an die Hülfeleistung dieser uitdligenten Kum-
pane mit Freuden zurück; im Laufe Januars gingen sie nach BeUbrt
ab; ich ho£fe setmlichst, dass sie im hohen Norden unversehrt ihren
Angehörigen wiedergesciienkt smd.
Manches bleibt für die künftige Unt« rlningung des Archivs ZU
wünschen übrig. Die jetzigen Räume sind Ix i immer mehr sich
anhäufendem Stoff total ungenügend; die Beamten sehen sich be-
fangen in täglicher Verlegenheit; sie mn«sien einem elementaren ge-
sehnftliehen Prin'/ij) entsagen; die gleiijiartigen Materien können sie
nicht mehr, wie früher, in fortlaufenden Uepositorien unterbringen.
Zurückzukehren ist für's erste zur Idee des französischen Prä-
fekten Migneret, der beim Ankaufe der jetzigen Gebftulichkeit die Udler-
lieferung derselben, in ihrer Totalitat, an den Arcfairdienst beschlossen.
Diesem augensch»nlichen Erfovdemiss stellen sich Inder grosse —
doch nicht unüberwindliche — Schwierigkeiten en^egen. Im jetdgen
Zustande der Stadt und Festung Stmssbmg hält es schwer, fSr die
Beamten ^es Theils des Bezirks, welche gastlich im Arcliivgebäude
aufgenommen wurden , andere Räumliehkeilen aufzufinden. Man
vertröstet sieh auf die bevorstehende Erweiterung der Stadt. Dann
wird wohl der Bau eines neuen Archivs , auf völlig freistehendem
Torrain befürwortet; durch dicht anstossende und gegenüberliegende
Häuser bleibt das jetzige hei jcdeni ausbrechenden Feuer gefährdet;
die schon so ungünstigen Verhältnisse gestalten sidi dann noch un-
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302
Si>ach:
SlQnstiger. Mit dem künftigen Distriktsarchiv wfire wohl das geschicht-
lich höchst bedentende Stadtarchiv unter demselben Dache unterm-
bringen; denn in seiner jetzigen Lage ist auch das letztere, wieseine
zwanzigfach umfierngsreichere Schwestersammlung, denselben Gefahren
ausgesetzt.
Sol( he weitausstehenden Pläne gehören indess für den beküm-
merten gealterten Archivar in das Reich der pia desideria, wofür
sein persönlicher Einfluss nicht um einen Gran scliwer in die
Wagschale lallt.
Bei diesen rasch und abgebrochen über mein Amtsleben liin-
eilenden Erinnerongen liabe ich den hdudt der mir anvertrauten
Ardiivalien ganz oder fast ganz unberOcksichtigt bei Seite gelassen.
Ich erlaube mir nun, auch hier eine oberflichlicfae Rundschau zu
hatten. Es findet sich wohl einmal, für mich oder meinen Nach-
folger, Zeit und Gelegenheit, mehr in's Einzelne einzugehen und dabei
die vorliegenden Inventare zu benützon.
Bereits oben niaclile ich auf die schon in der Natur der Sache
begründeten Ilaiiptabthcilungen aufmerksam. Wir befroten zuerst
den Raum der wclllichen, der Civilarchive. Das Proj^Tanim des
Ministers des Innern hatte vorerst das für Frankreich kritische Jahr
1790 als Sclieideputikl antj:enoiiinien; bis dorthin und nicht weiter
sollte sich die Reperlorisirung der geschichtlichen Dokumente er-
strecken. Mit dem Revolutionsdecennium war ein neuer Zeitabschnitt
festgesetzt, und von dort an kdne Linie mehr zwischen weltlicfaem
und geistlichem Archiv gezogen. Von 1800 an bis in die laufenden
Jahre fiel alles in die modernen Gartcms.
Für Unterelsass gehört in dies Givilarcfaiv die Reihenfolge der
elioinaligen Landvogtei Hagenau,
der französischen Intendance d'AIsace,
der deutschen unter französischer 01)erherrlichkeit verbUebonen
deutschen Herrschallen :
von Hanau-Lichtenberg, d.h. das Darmstädtische Gebiet;
die Zweibrückischen , d. h. churpHilzischen Gebielstheüe;
die Herrschati Oberbronn, den Leiningen zuständig;
das Unterelsassische Adelsdirektoriuui ;
und einige, durch nicht aulgekttrte Zuf&lle in dem Bereleii des
Distriktsarchiv zurückgelassene Sammlungen; z. B. die Mömpelgarder
Akten; der Grafischaft Sponheim zugdiörige geschichtüche Perga-
mente, mit Prozessakten, Kommunalangelegenheit, Forstwesen u. a. m.
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Fragmentariocbe Erinnerungen eines alten Archivars. 303
Unter diesen Rubriken nimmt für mich die Hanau-Liehten-
beigisdie den enten Rang ein. Leugnen will ich nicht, dass neben
dem reichhaltigen, ausgedehnten Stoif, persönliche Beziehmigen be-
stimmt einwirlcten. Nicht allein die hohe Gestalt des BischolB Kon-
rad TOQ Lichtenberg, Termuthlichen Beschützers Erwins, nicht allein
die Brüder I.udw und Jalcob von Lichtenberg mit des Letzteren
Konkubine, der als Hexe hingerichteten Barbara von Ottenheim,
nicht allein die Hanauischen Grafen der Reformationszeit in ihrer
Residenz von Buchsweiler und iliru Xachlolger, die Prinzen, von
Hes.sen-Darinstadt, zopen mich an, seit Jahren, unwiderstehlich ...
Ein Beamter, ein elsa^:sischer Verwalter ilie^^er unter franz(>sischer
Hoiieit im Elsass begüterten Dynasten , war mir ein mütterlicher
Grossohm, und bezahlte seine Treue, seine rührende Anhängüphkeit
an Sehlen Herrn auf der Guillotine. In meiner frOhesten Kindheit
wurde ich Tcrtraut mit dieser tragischen Familienszene; sie li^ in
memem Gemfith unvertilg^Mure Spuren znrOck. Als ich spAter die
lokale Geschichte bis in's Einselne durchnahm, hob sich die Figur
des schmihlich Hingerichteten, Heinrich Rausch, des darmstädtischen
Einnduners, von dem Gewitter-Horizont ab, welcher die letzten
Jahre der Darmstädter Prinzen im Elsass verfinsterte. Man verdenke
mir's nicht, dass ich, mit ernsten Studien solche vielleicht egoistischen
Erinnerungen verband; sie ermuthigten mich zur geisttödtenden Arbeit
des Repertorisirens.
Bereits mit dem Jahr 1790, vielleicht schon 178ü, waren die
confidentiellen Privatdepeschen von Buchsweiler nach Darmstadt
geflüchtet; die zurückgebliebenoi Verwaltungsakten, die in Strass-
burg untergebracht wurden, enthalten indess üi üirem jetzigen Be-
stände viel Anziehendes und Belehrendes. Sie geben direkte und
mdirekte Auskunft über den Regierungsrath von Buchsweiler, dessen
gnstliehe und weltliche Kollegien, ein kleiner Staat im Staate, d. h.
eine Anomalie, ein fünftes Rad in der französischen Verwaltungs-
maschine; doch mit hinreichender Selbstständigkeit au^;estattet zum
Nutzen und Gedeihen der etwa hunderttausend in einem Dutzend
Amteyen zerstreuten Einwohner.
Der blühende Ackerhau in diesen landgräflich Hanauischen Be-
zirken, d. h. in der Umgehung von Buchsweiler, Brumath, West-
hofen, Stnissburg, der Lichtenau sprang in die Augen; und der
patriarchalische Charakter dieser Duodezverwaltung wurde nicht ver-
mischt durch die Etikette, die sich in der nächsten Umgebung des
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304 Spach :
regierenden lienn, im Scliloss zu Buclisweiler oder im darmstädti>ch(.'n
Hof m Strassburg, festsetzte. Es waren eben nur angeerbte Formeln,
wodurch der innere Werth der Persönlichkeiten und ihrer Regienings*
methode keinen Eintrag erlitt.
Was nun den eigentlichen Inhalt der Hanao-Liehtenbergisch-
Dannstädtischen Dokumente betrifft % so ist deren Charakterisirung,
\v\c man es nimmt, leicht oder schwer; sie umfassen die Totalität
des Lebens und Treibens einor Provinzialbehörde. Am zahlreichsten
sind «die Anlagen von Renten, die mannigfaltigen Schriften, die heul-
zutafe Xotariatsakton bilden. Zahlreich sind die Rolege der öflent-
lichen Arboiten , der Stra?^<('n- und Was^^orbanteri : /.;ililrricli die
Pergarnenfo und Papiere, welche für die pittoresken .Nhililen des
mittleren Elsasses fdeiclisam zur fortlaufenthm Privathistorie werden.
Selb.stver&tiindlicli treten die Namen der gräflichen Lehensherron vor
Allen, hervor; auch andre herrschaftliche Familien ndmien Rang
und Stellung und bOden für die erwähnten Oberherren ein nicht
zu verschrofthendes Geleite. Zu mancher Dorfechaft, Geudertheim,
Brumath z. B., wfiren kleine Monographien herausnischreiben, und
da man in Elsass för solche mikroskopische , bequeme Forschung
vielen Sinn bewahrt, so mag dies mit der Zdt ausgeführt und dann
in den unterschiedlichen Gemeindearchiven solche pietätvolle Erin-
nerungen ad aofernam rei mcmoriam hinterlegt werden.
In todten Akten nicht allein, nicht allein in ilen restaurir-
ten rjebänlichkciten der jetzi^'en Strassburpor Bürgermeisterei ^) wird
das Andenken an die Darmstädter aufbewalirt. Die Orangerie in
der Rupredilsau verdankt dem Buchsweiler Scliloss ihre hundert-
jährigen Goldäpfelbäume. Nie verlieren sich meine Schritte in diese
würsreidien, balsamduftenden Alleen, dass nicht die Erinnerung an
die herrschafUichoi Gftrten der »Darmstädter« üher mich käme*).
Die herrliche, fkrbenieiche Archivgruppe der kaiserlichen Land-
vogtei von Hagenau bot mir ebenfalls peisönliche Anziehungspunkte;
aus dem historischen Gebiete dieser Verwaltung hohenstauflscher,
•) Etua 170.000 Stück.
') Dem Dann«*tä(llcr Hof.
') S. o. nieiue bistoire du Coiute de Hanau-Liclitenl>ei'g. Strassburg 1858
in 8". Dasselbe in meinen Oeuvres eboiflies Tome III p. 889 u. — 887 oder
in den liullelins de I i ^ütit'-lr pour la CouHfivatiün des monumcntü hislorique
d'AI:^are. Ire serie. Tome UI. p. 1 u. s. f. Meine »Modernen Kultuszustfindo
im Elsass, passim.«
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Ftagmentarische Eriimenuigen eines alten Archivars;
306
luxemburgischer, slavischer, pfalzgräflicher, österreicliischer Herren
taueUoi sie aof , in ganz eigner Betenditung. War mir doch die
Sihra sacra von Hagenau als die dichterische Domfine Gottfrieds von
Strassborg and anderer hagenaniscfaer Sfinger an's Hen gewachsen;
lockte mich doch die blosse Erinnerung an die Baiharossische Schloss-
heirlichkeit auf einer In-ol der Moder in ihren niy:^teriOsen Bann!
War doch der sdige Hugot mein Introduktor in die Schätze des
Kommiinalarchivs gewesen ! Neben ihm machte ein modester Arbeiter
sich geltend, der sich an die vergilbten Blätter des el^enfalls an die
Hohenstaufen hinaufreichenden Hospitalarchivs wagte und dieselben
aus dem Staube zog. Wenker's, des Hospitalschreibers Figur, ist
eine ungemein rülirejule ... ein betagter, naiver Mann, der beinah
ganz autodidaktisch das freiwillig unternommene archivalische Tage-
werk angriff, fortführte, mir periodisch von der vorschreitenden In-
Standesetzung berichtete und erzflhlte, weldiermassen er sehien
Meinstadtisehen erstaunten Kompatrioten Uber die grosse 7orzeit ihrer
Heimath Auskunft ertheilte. — Der Name Wenker's ist patronlmisch;
er knflpft sich an patrizische und gelehrte Persönlichkeiten Strass-
burgs. Inwiefern der einfache Hagenauer Schreiber mit denselben
zusammenhing, wüs>te ich nicht zu sagen; jedenfalls schliesst er
sich durch sein lokalpatriolisches Unternehmen ganz würdig an die-
selben. Als man mir vor bald siebzehn Jahren seinen phitzürh er-
folgten Tod ankündii-'te , fühlte ich mich tief ergriffen, denn selten
ist eine so uneigennützige Erscheinung.
In den Kartons der ehemaiigen Intendanz liegt noch für die
heutige Verwaltung viel brauclibarer, oft unentbehrlicher Vorrath.
Die historische Wichtigkeit des Verwaltungsmecbanismus von Richelieu
springt in die Augen. Hier wurde derselbe zum Werkzeug der mehr
und mehr angebahnten Yeiscfamelzung der Nationalitftten. Diese
Bemerkung gilt vorzfigHdi den oberen Klassen der Stftdte, weniger
oder gar nicht dem Lande. In Kolmar operirte überdies, in dieser
Beziehung, der Appellhof; in Strassburg trug die einheimische Gi'-
lehrtenwelt dazu bei. Die Dokumente der Intendanz sind von durch-
greifender Wichtigkeit für die öffentlichen Arbt-iten, den Strassen-
und Wasserbau, den Kataster — die Bannplime vieler Ortschaften
finden sich vor u. s. f. Das Lehenswesen bildet einen merkwürdigen
Abschnitt. Es erscheinen die einzelnen adligen Familien in ihrem
Verhältniss zur Regierung, wenn sie um Erneuerung ihrer Lehen bei
der Regierung einkommen und zu diesem Zwecke die benöthigten
ArahlTAÜtdi« KaUiehrlfl. I. 20
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S06
Spacb:
Titel einliefem. So greift diese Abtheilung sehr hoch in frühere
historisefae Zeit hinauf; ein Umstand, der sieh in dem Abschnitt
des hohen Hfinsterstifts wiederholt, wo die Kandidatur flQr äe
KanonikalswQrde im fllrstliehen Kollegium nnr durch genealogisefae
Belege anzubringen war. in diesen Bewerbungen kommen aber meist
Fremdländische von deutscher und franzfleischer Abstammung vor.
Der Empfang königlicher Häupter oder fürstlicher Persönlidi-
keiten lilssl ebenfalls in den offiziellen Papieren der Intendanz Spuren
zurück. Welch trübe Aussichten vemnlasst doch Maria Antoinettens
Durchzujr! Wie vergegenwärtigt der mit Goethe?cher Literatur Ver-
traute sich dabei unwillkürlich die ahnungsvollen Gobelins auf der
Rheininsel !
Die Reihenfolge der Iniendanten von de Lagrange ab bis auf
La Galaiziere ist mehr oder weniger in dieser Archivgruppe vertreten.
Interessant und Idirreich ist eine fan Jahr 1866 unter der Verwal-
tung des Präfekten Baron Fron angekaufte Eonespondenz des Inten-
danten d'Angerviüiers (1716—1724) mit den Pariser Behörden Ober
die verschiedenen Verwaltongszweige des Elsasses und eme damit
zusammenhängende Serie von ausfährlichen Hänoires, die aus spi-
terer Zeit (vermnthlich von 1730—1751) stammen. Sie berichten
Aber die Zustände der Klerisei, des Adels, der Magistratur, des
Kriegswesens, der Finanzen, des For?twf^?ens, des Handels. Auf den
berüchtigleii Finzes-s Klinglin bezieht sich ein koniidentielles Schrei-
ben, vennuthlich aus dem Jahre 1751.
Schreiber dieser Zeilen übersendete an das Ministerium des
öilentlichen Unterricht.':, durch Vermittlung des Rektors der Akademie
von Strassburg, im Laufe des ersten Semesters von 1870 eine sorg-
fiUtige eigenhändige Abschrift obig«* Korrespondenz mit zahlreichen
historischen Noten. Der Druck dieser Briefe mit Kommentar war
Ton dem historischen Pariser Gomit^ genehmigt und faeachkjssen,
▼erfiel aber, mit dem Kriege, hi Vergessenheit. Mein summarischer
Bericht an den Präfekten über den hihalt des Ankaufs liegt noch
vor *); jedenfalls war die Kaufsumme der sieben Foliobände (Fr. 216)
gut angewendet ; sie ist einzureihen in eine der besten Massregeln des
letzten französischen Präfekten.
^ Rapport k M. le prtfet da Bas-Rhin sur un aehat de 7 voIoiimb in 8^. se
rattachaiit an romb de llntendance Strassbourg 1866. choz ß.L. in 12*. — Das
Manuskript kam aus der Verla?spn:-'rh:in einer Dame de Serilly, Tochter eines
Intendanten aus dem mitlägliclien Frankreich.
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Fngmenttriidi« Erinnerungen eines alten Archivars. 307
Die auf »Zwdbruckenc bezQglicben Akten sind nicht sehr
xafalreicb; der Inhalt ist eben&Ita nicht ausnehmend merkwürdig,
nur IMak sie für Strassburg besonderes Interesse durch dne hohe
damit verknüpfte Persönlichkeit; ich njeine den Prinzen Max Josqih
von Zweibrücken-Birkeiifeld, den späteren König Max I. von Bayern.
Es hiesse hier Eulen nach Athen fiapren, wollte ich bis m
Otto von \Vitlel>bacli und dann zur Abzweigung der kurpfiilzischen
Linie hinaufsteigen, darauf die vielen Abzweigungen der letzteren
verfolgen und endlich zu einem letzten Xebenzweige gelangen, der
in der Person des Prinzen Max die Rechte aller ausgestorbenen
Linien zusatmnenfassend, im Jahr 1799 zur (theil weisen) HerrsciiaÜ
gelangte.
In dem letzten Dezennium vor der fhmzOsischen Revohition
war Obrist Max von Zweibracken, Inhaber des franzfisischen Regi-
mentB Royal Alsaee, eine in Strassburg sehr beliebte populäre Per^
stoUchkeit; seine Apanage war vermuthlich sehr mässig; er liatte
nur seine Epauletten und seinen Degen auf^weisen; allein er prangte
in voller Jugendkraft, war von den Damen wohlgelilten; die Blicke
folgten ihm, wenn er durch die Strassen schritt. — In seinem Motel
— der Jetzigen Kommandantur — ist sein Sohn Ludwig der erste
geboren.
Ich kannte in meiner ersten Lebenshälfte mehrere Personen,
die mit dem Prinzen Max in pcrsünliclier Verbindung gestanden.
Unter diesen darf ich die Familie des Generals v. Cochorn bezeicii-
nen; es war dn frenmdschaftliches Verhiltniss, das noch spfitor dem
zweiteil Sohne des französischen Generals zu Gute kam, da er als
Attache der bourbonischen Gesandtschaft in München bei Hofe gute
Aufiiahme fimd.
Auch von anderer Seite kamen mir mehrfadie auf den kOnf-
tlgen König von Bayern bezügliche Anekdoten zu; sie stellen den
chevaleresken Charakter des Mannes und des Militärs in blendendes
Licht. Welch günstigen Eindruck er hintcrliess, erhellt noch aus
einem spätem wenig beachteten Xebenuinstande. Mehr als ein De-
cennium nach seiner Erhebung auf den Thron widmete ihm Moritz
Engelhard, der Verfasser eines jet/.t kostbar gewordenen Auszugs
aus dem hortus deliciaruni der Herrad von Landsber?, dieses mit
Abbildungen versehene Werk, Wohl dachte der Herausgeber nicht,
daBS er seinem fürstlichen Gönner und sich selber ein Denkmal
stiftete, welches durch die letzte Kriegskatastrophe emen doppelten
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308
Spach :
Werth erhfilt. Bei dieser Gelegenheit bewahrheitet sich wieder das
Sprichwort: habent sua fata libelli.
Strassburg und der Elsasa hafteten fest im Gedachtniss und im
Herzen des Königs von Bayern. Wohl mancher gebildete Strass-
bunroi , (1( r sirli in München eine Audioiz bei dem ehemaligen Gdonel
de Royal Al.<acc erbat, mochte dies erproben.
Was nun die Skripturen der ehemaligen rhurp(Tdzisfhcn und
z\viü)i ückific lien Linie anbelangt, muss ich mich kurz fassen. — Die
Vogtt.'i Bischweiit-r bildet den merkwürdigsten Punkt in diesem Be-
reiche, und hier tritt selbstverständlich die Einführung der Zwingli-
schen Reform im 16. Jahrhundert und die Einwanderung französischer
kalvinistischer Hugenotten un 17. Jahrhundert hervor. In unseren
Alcten bietet der Streit beider Nationalitäten im Schooss beider so
nahe verwandten Kirchen und beider Pfarrer ein unerquickliches
Schiusfuel. ^ Von den Schrecken des drtissigjflhrigen Eri^ blieb
Bischweilcr nicht verschont. — Uebo* diese inncrn ofl widerwärtigen
Ereignisse heb! sich immer wieder die herzgewinnende Gestalt des
Prinzen Max und einiger ihm innig verbundenen Wo^en. Geschichte
und Knman berühren sich in dieser privilegirlen Existenz; über-
wuchern wird beide einmal die Legende; sie wird meist zur psycho-
logischen Wahrheit, wenn man von Verwallungsakten gar niclit
melir spricht
Zeit und Raum gebieten mir peremtorisch, andere Fächer
des CSvilaichiTes — z. B. das Adelsdirektorium, die Graftcbaft Möm-
pelgard, die Grafschaft ^nhebn geradezu aufiEUgeben, und mich,
leider ebenfolls cursorisch der zweiten HauptabtheUung, dem getet-
lichen Archiv zuzuwenden. Um vieles bedeutender, mit inhaltschweren
Pergamenten überladen, bietet sie sich unsenn Blick; nicht einmal
in ihren Hauptzügen lässl sie sich zusammenfassen. Meine für das
grössere Publikum des Elsass berechnete l^ebersicht über die ein-
zelnen Gruppen behandelt die weitschichlige Sammlung nur in
ihren Hauptbestandtheilen '); und selbst aus diesem Extrakt darf
ich es hier nicht wagen die allgemeinen Lineamente zu zeiclmen.
Finden sich jetzt noch ba«itwillige Leset (Qr die halb wissenschaft-
liche, halb gemeinfassliche Abhandlung, worin ich Ucht und
Schatten soviel m(iglich unpartheüsch vertheiUe, so darf Idi ein
■) Lettre« «ur lei AtcUtw dq^artementales du Bas-Rhin. Stnarituig 1M2.
ebes Piton. in S*. 9. Asugab^.
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fVaginentanBehe Eriimeningen eines allen Archivars. 309
nachsichtiges UrUieil über den damals beabsichtigten Zweck er-
warten.
Den Eingang in das Sanktuariiun bilden selbstverständlich die
Hauptpergamente des vormaligen Bisthums Strassburg; das jetzige
amfiisst bekaimtlich nfa^t mdir denselben Sprengel, Ifisst einen Theil
auf dem rechten Rheinufer liegen, fUIt nCrdlich vom Selzbach ab
bis an die Lauter, und umfasst dagegen sfidüch noch den Sandgau.
Grandidier stdlte in seinem sogenannten Träordes Charles, Armoire
des Charles, Ärmoire historiqne die vorzüglichsten Pergamente auf.
Da bot sich denn gleich zu allem Anfang das schon durch Schoepflin
apokrj'phisch erklärte Testament der heiligen Ottilie, angeblich aus
dem 8. JahrhundiTf sfarnincnd, in der Realität eine dem 11 Ion zu-
kommende Fäl-chung. Ich konnte, bei einigen Gelegenheiten, nicht
die Frage über die ge.schi' litHclie Existenz der Heiligen umgehen
und fand mich eingekkinnit zwischen den Lagern der Strenggläubigen
und der kritischen Schule, welche letztere, durch Professor Roth in
Basel vertreten, sich am Anfang der fünfziger Jalure unbarmherzig
gegen die Legende erklärte. Zum Vertheidiger der Persönlichkeit
OttiMens hatte sich Louis Leviault % in seiner Geschichte und Be-
scbreibiing des Berges au^worfen; zu Oberehnheim, fost am Fusse
des pittoresken Hohenburgs ansSssig, vertraut mit jedem Fusspfod,
mit jedem alterthümlichen Steine, von der gallokeltischen Umwallung
der Bergeskuppe, den Römerstrasson ab, bis zu den byzanlischen
Kirchen, Klöstern und Kapellen, in den Tlialschluchten und am Abhang
der Vorhügel, mu.-ste er sich zu seiner Advokatur von Hause aus
benifen ffdilen, und da.^ lliat er auch, mit all' dem Apparate,
den ultranionlane üelehrsamkeit seit Jahrhunderten aufgehäuft.
Der konfe-ssionelle Streit im Elsa.ss übertrug sich ebenfalls auf das
archäologische Gebiet; in dem Conute der historisclien Gescllscliaft
Iknd Louis Levrault befreundete, warme Anhänger. Andrerseits
war es schwer, den Kritizismus, der jede Udl>erlieferung abläugnete,
nicht m mehrerem berechtigt zu finden: Schreiber dieser Zeilen
stellte sich auf den Standpunkt, dass Papst Leo IX., als er
Ottiliens Heiligsprechung genau m der Mitte des 11. Jahrhunderts
vollzog, nachdem von den Karolingern ab ehie fortlaufende Tradition
über die heilige Aehlissin von Hohenburg sich erhalten , nicht alles
aus der Lufl gegriffen habe; dass von Ottilien, die an den Stamm-
') Gestorben den 4. Mai 1870.
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I
310 Spa«h:
bäum der Ahnen des heiUgen Patetes sich anknfipfte, vvslleicht Familien-
urkunden sich erhallen hatte n. Der Vermittler konnte es selbstver-
ständlich nicht beiden Theilen zu Recht machen; er liess einiges
fallen, anderes stehen. Es haben wohl im Bereich der archäologisclien
lokalen Forschung keine Streit frapon die Kämpfer so leiden>c1iafl-
lich erregt. Nur für den .slrongcn Kritiker ist die Saciie beigelo^'t
und gegen Ottilien entscliiedon. Nach wie vor werden indess Pilger
iiundeitweise ü;u dem apükryi)licii Grabe di-r Heiligen liinaufsleigen,
unbekümmert um die Angrifle der Freidenker; die Kritiker werden
mitleidig heruntersehen auf den »blinden Aberglaubenc und dem
miberafenen Friedensrichter die Thüre weisen.
• Es ist mir vrohX gestattet, dem Panegyriker des OttOienberges
und dessen Legenden emige Zeilen zu widmen. liDt ihm ging eine
der Uebenswfirdigslen PtersdnlichkeiteQ des Elsass zu Grabe. Unbe-
stritte sind seine Verdienste um das MOnzwesen von Strassburg,
das er in einem gehallreichen, beschreibenden und geschichtliclien
Werke behandeile. Hatte er doch jahrelang an dem >hotel de la
monnaic«, als königlicher Controleur gewaltet '). Vielseitige gediegene
Beiträge zu dem Bulletin der historisch-archäologisrben Gesellschaft
und der Revue d'Alsaco hat er geliefert , den Ausgrabungen in der
Umgegend von Oberclmlieini vorgestanden. Im Jahre 1856 führte
ich ilim den berühmten Archäologen Eduard Gerhard zu. Sein
gastfreundlidies, patriarchalisches Haa» bot mhr mdirmais bd meinoi
sonntäglichen Ausflügen ein willkommenes Asyl
Unter den ältesten, im Tr^or des Ghartes bewahrten Urkunden
finden sich einige von Ludwig dem Frommen. Sie wurden einmal,
auf Befdd der Regierung, zur Abschrift an die Acadänie des inscrip-
tions versendet. Den Auftrag besorgte Präfekt I\Iignerot itor^fmlich
und nahm bei seiner RQckkdir die Dokumente wieder in Empfang,
einem langen Zurückhalten vorzubeugen, wie dies dem liortus de-
liciarum der Herrad beim Grafen Basfard widci-fubr. Wer konnte
damals ahnen, dass gerade dieses pllichtgetreue Zurückfordern durch
Prof. Jung dem köstliclien Bande nach Jahren verderblich werden sollte!
Nach meiner Ansicht bezieht sich eine der merkwürdigsten
dieser karolingischen Urkunden nicht auf das Elsass, sondern auf
die Insel Rechenau.
*) EsBu sur rhistoire de la monnaie de Strassbourg. — Strassbourg 1842.
OH v<d. in 8^. — > chei Baiger-LemulU
i^iyiu^cü üy Google
FragmenUrische Erinnerungen eines alten Archivars.
311
Dessen Inhalt besteht io einer einfachen Bestätigung der Privi-
legien der Abtei, und ist an den Abt Heddon gerichtet, der m-
glddi ab Bischof die Basier DiOoese verwaltete. Was meioe Vor-
liebe entsdinkUgeD mag, ist wobl die chranologiiclie tausendjährige
Goinddaa von 817 und 1817. In letzterem Jahre hao$ die Nichte
Napoleon I., die ehemalige Ednigln von Hdland mit ihiem Sohne
Louis &m der Reichenau gegenüber gdegenen Villen. Die Jugend-
jahre des nachherigen französischen Kaisers Napoleon III. ver-
flossen theilweiso in dem romantischen Aufenthalt. Dass er und
seine Mutler Hortensia öfters, von Arenonberg aus, die Insel mit
ihren Kirchen besucht, ist durch gleichzeitige Memoires bestätigt.
J. J. Gouhnann in .seinen »Reniinisccnses« weiss sehr viel Anziehendes
von einem Aufenthalt, den er, der wohlgelittene Freund der ehe-
maligen kaiserlichen Grössen auf Arenenberg nahm, zu berichten. Die
Giifin von SL Leu ^ nannte sieb Hortense) und die Grossbenogin
von Baden, Steiibanie, fidiren nach Rrichenan. Von selbst bieten
sieh die Berfifanrngspunkte zwischen beiden Epochen und den lOrst-
• liehen PeraOnlichlnItai — Karl, der Entttuonte, der seine letzte Rnhe-
sfatto in der Abteikirche fand — und der künftige Herrscher Frank-
reichs, dessen ehrgeizige Pläne vielleicht damals schon in seinem
fatalistischen Geiste schluninierten, — Coulmann, der geistreiche
Rlsa-ser. Ix'suchtc noch weniL' Monate vor ihrem Tode die hin-
sieclii Ilde Grälin von St. Leu nach dem veningiücklon Napoloonischen
Aul-stand in Strassburg. War doch der ailgeiiiein besiKillelte Unter-
nehmer dieser prätorianischen Schilderhebung keineswegs entniuthigt
durch seinen verfrühten Fehlgriff und wiederholte schon vier Jahre
später seinen zweiten noch toUkäfaneren Versuch, bevor er noch ein-
mal nach der Krone grüF, um sie wieder, nadi längerer Frist, wie
Kail der Dicke, zu verlieren.
Ein anderes dieser Eardlmgischen Pergamente (v. 817) bestätigt
den Strassburger Bischof Adelodi im Besitz eines weitlAofigm Be-
zirks des Breuschthals. Hier ist das elsa-si rlu Lokalinteresse über-
wiegend. Der Sarkophag des Bischofs, der in der Set. Thomaskirche
in nächster Nähe des Grabmals des Marschalls von Saehson aufge-
stellt ist, ver^'c;:c'nwrtrti^'t die Gestalt dieses vom Kaiser Ludwig dem
Frommen reichlich bedachten Würdenträgers.
Selbst verständlicli sind in der langen Reihenfolge der Strassburger
Bischöfe, von dem Augenblick an, da sie unter ilen Karolingern zu
persönUchert historischer Existenz gelangen, bis auf das aclitzehnte
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312 Sp«*:
Jahrhonderl herab, fest alle durch mehrfache Dokumente Tertieten.
Ausgezeichnete Staatsmftmier und Krieger, ehrwürdige Prälaten, auch
einige Terrufenc Charaktere treten auf in dieser Bildergalerie. Es gibt
wohl wenig Bisthümer, die unter ihren ersten Würdenträgern so viel
scharf ausgeprägte Physiognomien und thätig eingreifende Männer
aufweisen, als die Strassburger Diözese. Wir trefTcn da auf die \umen
von Eddo, Karl Martels Freunde, auf Erciianbold, den Freund
dreier sächsischer Kaiser und zweier Kaiserinnen, auf seinen Nach-
folger Wiederhold, welciien die Legende so grausam behandeile, auf
Werinhar, den Freund Heinrich des Heiligen, den Erbauer der
romanischen Kathedrale, auf Otto von Hohenstauibo, den freisinnigen
Geeetcgeber, auf Konrad vcm Lichtenberg, den Freund Ruddf^ von
Habsburg, auf Johannes von Mandenchdd, den stramme Verthd-
diger der katholischen Kkche in der xweiten Hälfte desReformations-
zeitaltcrs — und dann mit diesen bevorzugten Gestallen in sdmei-
dondeni Kontrasie, auf einen Friedrich von Blanckenheim, den Ver- *
bündoton des heuchlerischen Rillers Braun von Rappollslein , auf
den ver<eli\venderischen Wilhelm von Diest, auf den leisten Aohan,*
Cagliostru's; Besehülzer.
Besclieiden müssen wir uns mit diesen wenigen Giid'en in die
Naiuenreihe der Strassburger Prälaten. Der Raum ist zugemessen,
und der sorüdaulegende W eg verliert sidi hl weiter Feme.
Auf welchen Grad die gegenseitige Anfanodtät und Erbitterung
der reDgiÖsen Partheien zu Strassburg und fan Elsass gediehen, er-
wies sich mir deutlich bei meiner VerQlfentiichung der Korrespondenz
des Bis(hüf.s Johann von Manderscheid mit seinen Feudallrägem,
aus den Jatiren 1570— 75. Es besteht dieselbe aus einer Reihenfolge
von Briefen, worin der Bischof seine adligen Lehenshaller mm Ge-
leite der Priuzes.-in ElisalK'th von Oeslerreich dringlich einladel.
Die unglückiiclie Tociiter Kaiser Maximilian II. durchzog nämlich
zweimal das Elsass, zuerst auf der verhängnissvollcn Reise nach
Meziures und Paris, wohin sie als Braut des Königs Kail IX. be-
schieden war, und dann, fOnf Jalire später, nachdem sie die BkA-
hochzeit vom 24. Aqgust 1574 miterlebt und als verwittwete Kflnigin
zu ihrem Vater nach Wien zurückkehrte. Die anziehende, rührende,
melancholiscfae Gestalt der jungen Fürsthi erschemt nur Torüber-
gehend im Briefwechsel, den der Bischof mit seinen Vasallen bei
diesem Anlasse führte ; sie spricht in einem lateinischen Empfelilungs-
schreiben den Kiichenfüisten um seinen Beistand an fit eine hi
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fVagmentariaelie ErimMrangen eines alten Ardiivan.
SIS
Strassburg gefangonc Wittwe, Maria Kis; es fäDt , wie gesagt, nur
ein Streiflicht auf die gebeugte Elisabetli; d(xli reidit es hin, ihitT
Herzensgüte ein ZfU^iniss auszustellen. Der Hauptinhalt der ange-
regten Korrespondenz besteht meist aus Entschuldigungsschreiben der
Mitglieder des hohen elsassischen Adels, die sich der unbequemen,
kostspieligen, Terdriesslieben Mahnung des geistlichen Obeihaupts
entziehen. Schreiber dieser ZeOeh edirte im Jahr 1866 (zuvOrderst
in der Revue d'Akace) diese zaUreichen fliegenden, unleaerlichen,
hässlicfa stylisirten Blätter; gefwahrten sie doch einen Ueberblick Cto
die Bestandtheile des damaligen einheimischen Adels und dessen z»-
rüttete Finanzen. Ich konnte mich dabei nicht der Verpflichtung
entziehen, die gräulichen Szenen der Rluthochzeit zu brandmarken,
deren Einfluss auf" das zarte Geraüth der jungen Königin hervorzu-
heben, zu betonen, wie sie gebrochenen Herzens in die theure Heiniath
zurückkehrte, jeden fürstlichen lleirathsantrag fürderhin ausschlug,
ihr Dusein ganz in Werken tkr 1 Barmherzigkeit aufgehen Hess, und
zuletzt in einem von iln- gestifteten Kloster ihre Tage sdiloss.
Diese rein historische, in massigen Ausdrücken gebaltoie Publi-
kation wurde nur von alten Freunden aus dem katholischoi Lager
sehr Obel angerechnet: »an solche Ereignisse solle man nicht die
Hand legent. Ich zog mir das französische Sprichwort zuGemäthe:
»im Hause eines Erdrossdten sprich nicht vom Stricke«.
Eän Zweitesmal, wenig Jahre darauf, sollte ich durch eigene
Erfahrung erhärten, wie sehr die Gt inüther in Aufregung befangen!
Der Präfekt Migneret ersuchte mu h um einen historischen Ueber-
blick der Geschichte des Unterelsa.-?;, zur Einleitung in das grös:sere
von ihm geplante Werk einer umfassenden statistischen und geogra-
phischen Beschreibung des Niederrheinisclu n Departements. Für ein
confessionell gemischtes Publikum bestimmt, war mir selbstverständ-
lieh ein rein objektiver Aufsatz geboten. Auf engen Raum be-
schrankt, die Pflicht der strengsten Unpartheflichkeit im Auge behal-
tend, faaste ich, wie Strobel vor mir gethan, die Gefchichte der Re-
formation in Strassburg möglichst knrz zusanunen, und betonte vor
allem das Unerquickliche, Tragische der kvchlichen Trennung. Dies
eine wurde mir von protestantischen Freunden und Widersachern
in hohem Grad übel genommen. Eines Abfalls wagte man mich
geradezu anzuklagen ; auf der Kanzel von St. Thomä kam es zu un-
liebsamen , deutlichen Anspielungen. Idi erfuhr bei dieser und an-
derwärtiger üelegenheit, dass absonderlich zu lokaler Geschichts-
314
Spach:
schreibimg ein LOfweoherz nicht fiberflussig wäre. Musste sieh doch
Johannes von Müller von jedem über die Existenz Teils oder Gess-
lers angeregten Zweifel ferne halten und in verba magistri, d. h.
T^udrs schwören; er hfttte sich persönlichen Beleidigongeii ai^ge-
setzt, wäre er auch nur schöchtem der gddirten Kritik des lau-
fenden Jahrhunderts vorausgeeilt.
Als ich im Verlauf meiner übersichtlichen Excurse in den Lettres
sur les archives departementalcs auf die Karthriu?er und andere
geistlichen Orden zu sprechen kam und zu verstehen gab, dass solche
Institute auf psychologische Bt-dürfnisse reuiger Sünder oder Lebens-
müder gegründet seien, bekam ich zwar keine direkten Vorwürfe;
man wandte sich indess an den Redakteur des Nieder rheinischen
Kuriers und bedeutete ihm , dass protestantische Abonnenten sich
fiba solche Aeusserungen in einem liberalen Blatte wunderten. Doch
hielt — ich muss retrospektive dies Verßihren bebben — Charles
Boersch an seinem Rechte fest und behielt dem freiwilligen Korre-
spondenten ein freies Terrain tot.
Ich^berührc die Kleinigkeiten zum Belege, dass die hiesige Atmo-
sphäre, jetzt wie damals, für diese Art Polemik mit feindlichen
Elementen gescliwfmgert ist.
Im Bii^tbuni von Stra^sbnrg bleibt wiederum durch die Sach-
lage, dem hohen Münsterstiltc (grand cliapilre de Strassbourg) und
hohen (Ibor (grand chocur) ein l>et rächt lieber Plal/, anberaumt. Diese
ünterabthcilung, die Geschichte und der Inhalt der Dokumente wurden
von mir gebührend beräcksichtigt; die hervorragendsten Kapitelherm,
die nur aus fürstlichen oder hochadligen Familien gewählt «rurden,
erwähnt, und diesem kirchlichen, bis auf die Karolmger lunauf-
reichenden Senat, dem eigentlichen Vertreter der kirchlichen Inter-
essen gegen jeden bischöflichen Emgriff , die erforderliche Stelle an-
gewiesen; da bot dch denn die natürliche Gelegenheit, von einem
der ältesten Dokumente zu sprechen, welches Amulph der deutsche
König im klimakterischen Jahre 888 erliess, auf die illustrirten Stamm-
bäiunc der Würdenträger hinzuweisen , und bei den Prozessakten
gef.'en zwei arme als Hexen angeklagte Hauernwoiber (a. 1642) die
sclieusslichen (iericbtsfrevel jener fanatischen Zeit zu besprechen, —
Ob niciit insgelieim der Aei ger über meinen Liberalismus sich kund-
gab, wüsste ich nicht zu bestimmen.
Der hohe Chor mit seinen für Bürgerliche berechneten Statuten
führte mich auf den bereite gefeierten Grandidier zurück. Der Ge-
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Fnigiiieiitaiiadie Erinnerungen efaies alten Arehivan.
315
scinchtschreiber und Archivar des Elsasses hatte in dieser geistlichen
Korporation ein A?yl und anständige Versorgung gefunden, und sich
dun h diese Gunsl des Zufalls einen Thell seiner Unabhängigkeit
bewahrt.
Die zahlreirlicn, auf Kaiser, Könige, Her/Ofre, Grafen, L!is( Imfo
und andere geistlichen Würdenträger bezügliche Dutcunieiile iconnten
nur im Fluge berührt vmiißa. Ich oiusste darauf bedacht sein, cben-
faHs den stAdtischen Kapiteln (zum alten und Jungen Set. Peter etc.)
gerecht zu werden. Für das Set Thomasstift konnte ich mich auf
das Hauptwerk Karl Schmidt's berufen, dasselbe historisch be-
nfitzen und aufHchtig beklagen, dass die Akademie der inscriptlons
et helles lettres es nicht mit einem Hauptpreis bedachte.
Die Gcscliirl'to des alten Set. Pelcrstifles war von Strobel in einer
gehaltreichen Monographie behandelt worden. Ich erinnerte an die
Ent.stehuMp de? Knjjocriatstifis durch die Erb-scliaft der ländlichen
Kapitel von Muiiau und Kh^'nau. Wie der launenliafte HheinsUom
da» let/.leie mit dabei gelegener Oertlichkeit verschlungen, ist ein
bekanntes Faktum. Sagen, wie bei versunkenen Städten an der
Ostsee, knüpften sich an die unglückliche Lokalität. Für die ältere
Set Peterkirche war der Zuwachs erwünscht, denn sie hatte sich
seit ihrer Gründung keiner bedeutenden Glficksgüter erfreut Unsere
Gruppe besteht hauptsächlich aus Prozessakten, bn Zeitalter der
Ref<Mmiaticm wurde sie zum S^kapfd beider Konfessionen. — Das
junge Set. Peterstift reicht wie das andre Schwesterstift hoch in die
Elsassische Geschichte hinaut Seine Hauptakten beziehen sich auf
das Oratorium Allerheiligen, und dieses steht wiederum mit Aller-
heiligen im Schwarzwald in unterwürfiger Verbindung. Die Go-
sciiichte und die Dokumente all' dieser Stifter sind eng miteinander
verknü|)ft und verdienten ei^jentlich, wie die andern Complexe. die wir
alsbald nälier in*s Auge lässten. eine ausführlichere Analyse.
(Schluss folgt.)
XI. Literaturbericht
1. Hand- und Adre«sbuch der deutschen Archive
im Gebiete des deutschen Reiches, der Osterr. Ungar. Ifo-
narchie, der russischen Ostseeprovinzen und der deutschen
Schweiz. Begründet und nach amtlichen Quellen bearbeitet
von C. A. H. Burkhardt, Dr. ph., Archivar und Vorstand
des Geh. IIau|)t- und Staatsarchiv.-^, des säclis. Ernestinischen
Gesammtarchivs, Gro.^slierzoglich Sächsischer Archivrath in
Weimar. Leipzig 1875. Gruuow. Xlll und 208 Seiten.
Ein höchst vt'r(lien.sllichf>s Wnk, weil sehr niilhevoll, nlu-r aurli sehr nütz-
lich , daher längst vermissl und erwünscht. Wie viele von den zahll<js*;n Ar-
chiven, die noch zu Ende vorigen Jahrhunderts auf deutschem Boden blQheten,
sind in den RevohilionssUlmien in olle Winde verweht! Was noeh Obrigt das
zeigt uns zum erstenmal in einem Ucberbliek dieses Buch, und wir freuen uns,
dass doch noch so Vieles und Wesentliches erhalten blieb. Der Verfasser suchte
durch literarische Studien und durch Korrespondenzen zu erforschen, wo noch
alte Archive oder wenigstens Bestandtheile derselben übrig sein Mnnten, und
obwohl — es bezeichnet das recht da.s Leidwesen vieler deutscher Archive und
«lie Vorurtbfile oder Glficli^'ülti^fkeit ihrer Rcamten — sieben Zwülftr! .s< i?i( r l»rief-
lichen Gesuche unbeantwortet blieben, stellte er gleicliwohl eine Fuigereihe von
469 ArcbiToi heraus.
Dieselben vertheilen sich auf 87 grSssere Staatsanhive» 68 Afstliebe oder
Kantons-Archive, 171 städtische Archive, 66 Ordens- Stifts- und Kloster-Archive,
26 Schloss- und Adels-Archive, 15 Archivo von kirchlichen Behörden, 20 Archive
von Justiz- und Verwaltungsbehörden, 22 Archive von wistienschaftUchen Instituten
und Vereinen.
Es sind in dem Hand- und Adressbucb zu jedem Archive sein jetziger Titel,
das Gebilude, worin es sich beflndet, die Geschäftsstunden, dann sämmtliche
Beamte und Angestellte augezeigt, — femer etwas über die Organisation, und
insbesondere die Art und Weise der BenQtsung, von wem die Erlaobniss daiu
abhSngt, ob Versendung von Aichivalien stattfindet, — dann folgt die Idteratur
Aber das Archiv, und welche niiellenwerke aii'^ ihm hervorgegangen sindt ~
endlich die Beslandtbeiie, aus welchen es zusammengesetzt ist.
i^iyiu^cü üy Google
Literaturi>ericht.
317
alm IntercMe der Verwaltong," heisst es, „man man wAnachen, dm du
gelehrte PaUiJcum einigermassen mit den VerfaUtnisaen ' d«i tu beniilaenden
Archiv? Y.^rt rauf sfi. um nicht iirihfr^chtigte Forderungen oder unerfüllharp Hoff-
nungen au dasselbe geknüpft sehen zu mOssen. Der Maiig(>l an Örientirung
pflegt den Archivvorstand in eine xum Theil zeitraubende Korrespondenz zu ver-
wickeln, die mit Rfldnieht anf dfe wichtigem Geeehlfle beaaw nnterbläM. Jeden-
falls rcduciren sich diese Mühen, wenn wir selbst durrh Begrfindung eines Or-
ganes dem Bittenden und Suchenden entgegenkommen und in prÄciser Weise
feststellen, was wir als Vorstände können und — dürfen." Welcher Vorstand
irgend eine« Idthafter beeitehton Arehivs danlct nicht dem Verheeer fBr diese
Vereinfachung des Gescliäfl'^paii^'os!
Derselbe hatto ^schon llii'^'er die Idee gefasst, dass die Hebung des gesajimilen
deutschen Archivwesens vun einem innig wissenschaftlichen Zusammen-
wirken der Mlttner abhängt, die es sieh nr LebensaufKahe gestellt haben, an
unsem Taterlindisehen Archiven su arbeiten. Er regte ein persönliches Begegnen
dpiit-rlior Arrhivheamten an, «uul wenn «elbstvorständlich liicfür ein l)estimmf»-i
Programm ilin leitete, und ihm die mancherlei Schäden auf deutscharchivalischem
Gebiete ziemlich beliannt sind: so fehlte doch immer noch dn auf amtlichen
Quellen mhendcs Material, mit dessen HOlfe die wahre Lage der Dinge in cha-
rakterisirpn und über das, was Noth thttt, Vorachllge SO machen waren." Sein
Buch ist eine der Vorarbeiten dasn: es hcgittut nnd fördert den Bau von
unten anf.
Indem man aber auch die Literatur Aber die einseinen Archive und die Werke
and Sclirlfleii. die aus ihnen hervorgingen, hier beisammen angezeigt findet, ist
man des Umhertastens und Suchens enthoben. Burkhardt denkt hierin allmählig
so weil zu gehen, dass er die gesaromte historische Läleratur, die mit Hülfe der
deutschen Archive entstanden ist, in das Handbuch aufndimen will. Ob das
aber nicht ein zu weit gestecktes Ziel ist?
Verpflichtet uns die« alles schon 7u wJSrmstem Dankf '^'»'vfon diMi Vcrfa^er.
so kommt nun noch hinzu, dass dieses Buch zuerst dem Geschicht^iforscher wie
dem iUdiivbeamten offen legt, wo dia Hange der einvetkibten Archive rtcekt.
Bnrkhardt hatte sein Buch (Iberall auf die sorgfUtlgsten Naehweisongen der «in-
veildbten und fremden Arrhivlheile berechnet, allein es wurden ihm statt dessen
gar hSnfig von den Pi aiiiten nur Archivsysteme geboten, welche die fremden
Bestandtbeile des ursprünglichen Archivs nicht erkennen Hessen. Mit vollstem
Rechte sagt er aber: »Die deutsche Geschichtsforschung hat durch die Terri-
torialverändemngen unendlich viel an sichcrem Boden verloren, und es gibt
noch heute eine ganze Reihe von früher selhststftndigen Archiven, welche nun-
mehr in grösseren aufgegangen sind, ohne dass wir den Aufbewahrungsort fest-
stellen können." Hoffentlieh wird gerade in dieser Besiehnng dem Handbndi
die Archivalische Zeitschrift reichlich vorarbeiten, indem sie nach und nach die
historisclifn Bestandtbeile deutscher Archive, dabei auch unbekannte Samm-
langen von besonderem Wertbe, darlegt. Burkhardt aber darf mit dem Resultat
sdner allhindringuiden, aussenmlentlidi laXOmmm ÜBehfefBcbung wohl m»
Aieden sein. Ist es ihm dodi gehmgen, gMch im ersten Aalauf nicht weniger
als 471 einverleibte Archive n.arh7i]woi<;f>n.
Was schliesslich die Form und Eintheilung des Buches angeht, so ist es
318
Literaturbericht.
ein wahres Master seiner Art, so vollständig, praktisch geseheidt und wohl-
geordnet, dass man überall den feinkunfligen Arcliivbeamlen merkt. Das Haupl-
register ist das Buch selbst: es bringt die Archive je nach Staaten geordnet,
Staaten und Archivorte selbst aber nach dem Alphabet, so dass man ncfa Incht
zurechtihidet. Hiesu kommen nun drei Nsch8eh]ag»*Register. Das erste f&hrt»
ebenfalls nach don Alphabet, die einverleibten Archive neben den selbststSn«
digen auf. und weiset an, wo darüber im Buche Näheres zu finden. Das zweite
Register nennt die son^l itn Uuche vurl^uiuuienUen Orte, Personen, Sachen, jedoch
natflilich mit Amsehlnss der Literatur. Hier ist z. B. angeseigt, wo sieh An-
hallff und Anslj;irher Archivalien, Kolmarer Stadl> und v. Berlfpsche Familien-
Urkunden, Urkunden zur (Jeschichto des Bodensees, und Kölner Stiflsarchivalien
beßnden. Das dritte Register stellt die Namen der Archivbeaitzer, überaufaiclits-
und AnthiVfaeamten zusammen.
HOge nun dieses vortrefliiche Hand- und Adressbuch, — dessen Gebiet, wie
•leder (,'ern zugestehen wird, sich so weit erstrecken musste, als dir deutsche
Kulturboden geht , und de$<halb künftig auch die Niederlande aulnehmen wird,
— gefördert und getragen von der Gesammtheit deutscher Archivare, Geschieht»»
forscher, und Staatsbeamten sieh von Jahr zu Jahr grosserer Ausdehnung erfreuen,
bis es drei- oder fünfmal so stark, als jetst, vor uns Hegt und alsdann seine
bedeutende Aufgabe vollständig gelSst hat L»
2. Das ArchiTwesen in Elsass-Lothringen und der
Organismus de.s französischen Departemental- Commanal-
und Hosftttal-Arcliivwesens. Mit 7 Beilagen. Von Dr. Heinr.
Pfannenschiuid, Bczirksaichivar des Oberelsass. Kd-
mar 1875. Lang und Hasch. XVÜ und 194 Seiten.
Es ist Iceineswega hKa6g in Deutschland, dass geschulte und denkende Be-
amte Aber Archivwesen sehreilwn. Um so fireudiger begrOssen wir ein Wok.
das, wie das vorliegende, gegründet auf ^rediegene historische und vergleichende
Studien, so viel des Belehrenden und Anrogcn<len enthält. ..Wie es beim Hecht-
sprecheu", sagt sein Verfasser, „nicht die Aufgabe ist, nach dem Wurtlaut des
Gesetxes gleichsam in mechanischer Weise zu urtheilen, sondern das w^re ma-
teridle Recht zu flndeni so ^< Löi t auch auf dem Gebiete der Vorwaltung zur
Ein- und .Ausführung gesetzlicher und anderer Bestimmungen in das }>raktische
Leben wesentlich jene Kunst, welche nicht dem Buchstaben nach schablüneu-
missif verfährt; sondern den materiellen Bedflrfhissen Rechnung tragend irgend
einen angemessenen Ausgleich zu finden weiss zwischen Forderung und erfflU*
barer Leistiui^'." Der kais. Bezirksarcliivar zu Kulrnar tmternahm es 711m ersten-
mal, die geschichtliche Kntwicklung des Archivdiensles in Elsa.ss-Li)lliringen, der
zur Zeit noch nach französischer Art geführt win^i. Schritt für Schritt darzu-
stellen, indnn er als konkretes Beispiel die Entwicklung des jetzigen Beiirks-
archivs des Oberelsas-s in's Auge fasste.
In fünf Kapiteln zeichnet er. theils aus den Verwaltungsakten theils ans der
flranzösischen reichlichen Verwaltuugsliteratur, die früheren Administrativbehörden,
LiteraturbehchU
319
dann die EnMefaany und datf aDmahHge Aiiwaeheen der DepartementsarehiTe,
dann die Art und Weise ihrer Unterhaltung, und ihren Charakter in rermögens«
rechtlirtiir TJraehimg. Wir erfahren, welche iin):p!ii'ure Menge von Archivalien
Kit 178^ aus den Registraturen der Behörden, noch mehr aus den aogenannten
Ihliaiwlgütern , den CHttaam der reüglOMB KlhpMnehtftea und dce gtAflehteten
Adeb, und um den Hospitilem mMmiwngeraflt and tlieilwdn Tenebleudert
wurde. Den ZentialisationfigrundsAtzeii des mcMlemen franzAsischen Stnats gemätt
wurden die einKbien Archivdepots in den Departements nur als Theile des
Nationalarchivs tu Paris, nur der Staat als Eigenthümer betrachtet Lediglich
im Interesse der DmnlnenTerwaltang moseten denn auch die Departamental-
▼erwaltungen die Archive von eigenen Beamten besorgen lassen, und das Archiv-
wesen fristete, einem elternlosen Findling vergleichbar, den Niemand haben will,
sein kümmerliches Dasein, das sich erst in den letzten 36 Jahren besserte. Seit
dem Jehre 1881 kamen noch die modernen Prtfektur^Akten hintu. Am ScUum
seine r I i ! rsuchung kommt der Verfasser zu dem Resultat : dass die der Regierung
dienemieii Archive zwar Departements- oder jotzl Bezirksarchive hei>-iii, jeciorh öfTi-nt-
liches und unverjährbares Eigenthum des Staats sind, obgleich die Departements
die Unterhaltungskosten ahlen munleii. Es enMuid denus ein „merkwürdiges
Verhältnis.«:, an dessen Ordnung der Seharfirinn der franzfisischen Regierungskunst
sich fast erschöpft hat. In He-icjjuiig fast unilberwindlicher fchwieriglceifen. in
Konsequenz der genialen Ausfülirung klar erkannter Ziele, in der ausserordent-
lichen GescbickUchkeit und Geschmeidigkeit l>ei dem Wechsel verschiedener
Regierungeeyeteroe, namentlich bei den dorehgefDhrten sogenannten Deeenttali-
sationen, dennoch, unter scheinbarer Anbetpiemung an die neui n Pi incipien
nichts Wesentliches von dem tnAliHam gesrliafTenen Organismus aiilzugehen. was
zu seinem dauernden Bestände heilsam und unumgänglich nothwendig war, hat
die ftanafieisefae Arehirverwaltirag AunerordentUches geleistet, das in Tielbcher
Hinsicht höchst belehrend ist.**
Nach diesen grümlliclien T'iiter-juchungen folgt der HaupKheil dfs Werks,
die Darstellung der Einzelheiten der französischen Organisation sowohl der Depar-
tements«, als der Gemeinde- nnd det Hospitalarehive. Hinsiehtlich A«t Axthäm in
Elease-Lothringen werden dabei durchweg di^enigen Punkte bezeichnet, bei denen
eine Aendening unter der deutschen Verwaltung bereits epfil^'t i-t oder noch
einzutreten hat. Ausser andern nützlichen Beilagen ist eine Uehersicht des In-
halts der drei Bezirksarchire ni Kolmar Strassburg und Metz, ein Schema fflr
die Ordnung historiseher Arehivalien in den Oemeindearchiven« ein Schema Ittr
die Anordnung in den Hnspitalnrchiveii Iieigegeben. Fflr das Reichslnnd ist da-
durch ein vortrelTliches Hand- iiiiti Naclischlagebuch geschaflen, welches mit Aus-
schluss des rein Technischen Alles enthält, was sicli auf sein Archivwesen bezieht.
Die Beamten der Staats- und Gemeindererwaltong, die Mitglieder der Betirkstage
und des Landesausschiisses. endlieh dieArchivbeafflteD selbst haben alle Ursache,
dem Verfasser lebhaft Dank zu sagen.
FQr uns Andere aber diesseits des Rheins liegt eben soviel Vergnügen als
Belehnmg darin, den feinen ZOgoi der fransOsisehen Staatskonst m folgen nnd
ra sehen, wie geschickt sie flberall die Interessen des Staats and der Wissen-
schaft zu handhaben weiss. Wenn dabei der Ver?leich mit dem Archivieren
io deutschen Staaten — der Verfasser selbst regt wiederholt diesen Vergleich
*
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320
Literatorberieht.
an — zu ihren Ungunsten ausfällt, so „mag der Hauptgrund hiervon theils in den
früli'T lit^solirSriktt'n Geldmill<'Iii ^"•!i';:eii lialton, wrlrli*' zur riitfrhalliini? iler
Archive ausgeworfen waren, dereu Werth für den all^eineineu VerwaUung^i^dicnst
aus Unbekanntschaft mH den in den Archiven berührenden Bestftndeu und der
LebUmgsAhigkeit der Archivare seitens da* mittleren Verwaltungsbeliflcdcn inuner
noch niclif pMuip ^-fwürdi^'t ist, — flitils mag er in dorn Umstände zu finden
sein, dass die Direktion sich nicht in den Händen eines fachmSssijj pes<^huUen
Arcbivbeamten hefunden hat. Die Leitung eines Fachmannes inl nach alter Er-
fahrung, die aueh in andern technischen Dienstsweigen, s. B. in dem Bihliotheks-
wesen ^'etnaclil worden ist, die erste Bedingung zur gedeihlii hen Entwicklung
des Archivwesons", — es sei denn, setzen wir hinzu, ein entschieden organisS'
toriscbes Talent da, das sich nüt geduldigem Fieiss hineinarbeiten will. L,
8. Ueber die Ordnung der Urkunden am Archive des
steiermärkischen landschaftlichen Joanneum in
Graz. Als Mitlheilung an Freunde dos Arcliivwesens von
J.Zahn. Graz 1867. Leuschner und Lubensky. 37 Seiten.
Die Schrift Inetet — abgesehen von dem Gesammteinhlirke, welchen sie
in die Ordnung der Urkunden des Archive« des Joanneums zu Graz ermöglicht
— eine Menge beherzigenswerther Winke, namentlich wo es auf die Befriedigung
äer praktischen BedQrfliisae kleinerer, wie insbesondere neu lu ordnender Archive
ankommt. Was hierbei gleich vor Allem die Hauptfrage betrifft, ob nach der
Zeitfolge der Gesammtbeit der Urkunden oder in anderer Weise
geordnet werden soll, versteht sich von selbst, dass die besonderen Verhältnisse
eines jeden' ArehiTes hiefBr massgebend sein mflssen. So wenig ein ArehiT,
uelrlicn» verschiedene grössere Ocb-r klinnere Urkundengruppen einverleibt wor-
den, der- n Bestand aus bestimmten Ornndcn soweit nur immer möglich unbe-
rührt erhalten werden soll, an eine Ordnung seines ganzen Urkundenscbatzcs
in rein chrondogischer Folge denken kann, in eben so hohem Grade mnas sich
diese schon ihrer Einfkehheit wegen fQr Archive empfehlen, deren Urkunden
einem einheitlichen Ganzen entwachsen sind, mag ihr finfang nur ein peringer.
oder mag er auch ein bedeutender sein. Je künstlicher man sich ein System
ausklOgelt, desto schwieriger wird die Benützung, desto weniger sind die Auf-
gaben des Areliives gefürdert. BetriCe eine Urkunde wiiUicb immer nor den
Gepenstand, unter welchen sie hier ein^'ereiht ist. so wSrc die Sache am Ende
ziemlich gleichgiltig. Wie aber, wetm sie ausserdem noch verschiedene andere
Bestimmungen enthält, die dahin und dorthin eint^chlagen , während sie seUist
doch nur einmal vorhanden ist, nur einmal da oder dort gelagert werden kam?
Was sodann die von S. 9— ll behandelte Aufbewahrung beziehungs-
weise T-agerung der Urkunden betrifft, in verschliessbaren Kistrhen und
KäüteQ, wovon erstere in die letzteren in der Weise hmeiugeslellt werden,
dass ihr Deekel sieb gegen die KastenOflhung kehrt und bei der Oeflbung sieh
herablegt, so vereinigt sie die Sicherheit mit der bequemen Uebertra^Mrkeit, nnd
erleichtert rasches Fiii(!f'ii mu\ Au«be!>tMi iler cin/i-Ine?! Stflcke.
Für die Ermöglichung allseitiger Benützl»arkeit der Urkunden kommt auf
die Regestirung und Registrirnng ausieroirdentUdi viel an. Die Resoltate
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Literatur beriebt.
321
beider bilden zusammen die doppelten Repertorien, welche an jedon Ardiiva
bestehen sollten, das eine als amtliches Inventar des Urkundenschnlzns , dns
andere als Index dtt» Urkundeninhaltes für wissende hafllicbe vne sonsU^'o Be-
nfltzung nach jeder Richtung desselben. Es mag sich wohl fragen, ob nicht
TO» VmAumot hier nnd dort des Goten doch gar zu viel geschehon, and ob
nicht in dieser und jener Beziehung auf einfacherem Wege zu Werk gegangen
werden könnte V Jedenfalls aber verdient es in vollstem Masse Dank , dass in
der betreffendeu Darstellung ein Hauptgewicht auf die Ueigabc von Beispielen aus
dem arehiralisehen Apparate des Joanneums gelegt ist R.
4. UeberSphragistik. Beiträge zum Aufbau der Urkun-
denwissenschaft von Dr. H. Grotefend. Breslau 1876.
Max und Comp.
Das Sohriflclien behandelt in drei Absehnil Icii Hftrrifr und Hegrenzung dieser
Wiasenscbaft, ihre Terminologie und Technik, endlich die SiegelOJschungen.
Dnaaelbe mflefate fSr den Sphragistiker aelbet wenig Neues bieten, mehr fOr die
Dipiomatiker. Mit Recht wird hervorgehoben, dass gerade diese den Siegeln
bisher treringe Berücksichlij^ung schenkten, rnil Ausnahme von Sickel und Slimiiif.
Die Siegellehre selbst aber ist zur Zeil, insbesondere nach den Uohenlohc'scben
Arbeiten, wohl niefat nefar bkwse Gehfllfin der Diptomatik m nennen.
Onheetiitlen ist der sehr ftthUnre llniigd nn dner gemdnsamen Beieieh-
nung der bei den Siegeln vorkommenden Erscheinungen, »md hier will der
Verfasser nun helfend einschreiten, indem er eine bestimmte Reihenfolge und he-
stimmte Bezeichnungen vorschlägL Für den Anfang möchten seine Vorschläge
jedenhlls genOgen. Das Hohoilehe'adie System ist vielMeht nicht so daatiseh,
jedoch nicht bloss, wie audi der Verf. zugibt, vortrefriich in materidler Bedräng,
sondern auch durcii praktische Kürze ausgezeichnet.
bei den Arten der Siegelbefestigungeu kommt bei (jrotefend die Bezeich-
mmg* »eing»hlngt« we. kh gestehe ehrKdi, dass ohne die auf Seite 19 beflnd-
Üche Erliutening ich die hierunter gemeinte Art der Befestigung mir nicht klar
zu machen vermocht hätle. Hier dflrfle dnfji wohl die Uezeiehnung »röckwflrts auf
Schlinge gedrückt« noch eher verständlich sein. Hinsichtlich des Befestigung»-
materiaies sind acht verschiedene Arten aufgefahrt Um diese alle genaa
antersehelden beeehrdben und verstehen su kflonen, konnte die Beiaehong
eines Posamentiers nOthig werden. Welcher Unterschied besteht zwischen
Schnur und geflochtener Schnur? Ol» nlierhaupt eine solche minulifw Resohrei-
iNing nöthig ist, dürfte um so mehr fraglich sein, als viele dieser Befesligungs-
mittel Wold nur sehr -verdnaelt fan Gebnuiehe waren. Bei ErOrterang des
Stoffes der Siegel hat der Verfasser der seinerzeit vom Professor Dr. v. Zahn
geschilderten »gemodelten« Schflsseln mit dem Anfügen gedarbt, dass sie in
Norddeutschland erst später und weniger formell ausgebildet vorkommen. Ich
kann dem anfQgen, dass sie auch in Bayern nur sehr selten und ebenfitlls nicht
so SttsgabUdet vorkommen. Gelegentlich der Besdireihung der einzelnen For*
men sagt der Verfasser, dass eiförmig für oval zu sagen falsch sei, da es den
Begriff des Eies näher lege, als die vulgäre Bezeichnung oval. Ist da« wirklich
der Fall? Ob die Siegel mehr mler weniger dem vollkommenen Dreieck gleich-
AnhMHiahe Setts^rUt 1. 31
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322
Uteraturberieht.
komnit'n , ist für HciMldiki r wie Diploinalikcr wolil /iemlirh t,'k'icl)j,M"illi<,' , Wfun
es eitle ullgonieiiie llezi;iciiiiuii)f (jilt, uiid dürt'lt.'u desshaJb uiibeüüigt die Fuiiueit
unter 5, 7, 9 und 10 einfach als Draecksiegel zu beieiclmen smo, und bei
10 CM genflgen »gestOrlztcs« Dreieck zu sa^n. HinsiebUicb der Bewiefaniing
der B csleni pe I u ng Iiiii ic-li mit deiti VerfasstT vollslündig einverstanden,
den allgeniein<-n Ausdruck »liruksic^'el« zu wählen, bei deu Bezeichnungen
der Typen nemil der Verfasser die im Sie|$eifelde vorkommendeu Scliridea
»Aubchriften«, »Inecbrillen« mOchle ricbliger sein. Ob die weiter vorgesehla-
gene Uezeiclinung »links- und rcrhlsumc für links und rechts jeden Zweifel
Ijeiiinuiil, üherlasse ich der Erwriguiig Anderer. Wenn rdH-rhaupt Siegeiahdrücke
belegt wurden, geschah es in der Kegel uiillelst eines Stückes Papier: ich
meine denbalb, es sei die Anftlbrung des Stoffes, mit dem ein Siegel belegt ist,
nur dann nOtbig, wenn es mit anderem Matcriule als I'apii r ^'t^t lichen ist. Auf
Seile 18 ln-i-st vn: »Die Siepol mit l i o f I i e ^'e n d oui Hücksiegel nuVlile ich
alle aU der Fäl!»chuiig verdächtig bezeichnen.« Es liesse sich ul)er eine gaiue
Reibe von Bdegen dafür nur im Hflnefaener ReiclisarebiTe alldn liefern, dass
vOnig Uber Jeden Verdacht der FIbelning eriiabene Siegel sehr tieffiegende RQcfc«
s\c^p\ haben. Von S i e o 1 fä 1 s r h u n po n , die ja den meisten Foi-srhern zur
Genüge bekannt sind, sei hier noch eines Heis|iielH gedacht. An einer Urkunde
aus dem Jahre 1S83, durch welche ein Graf von Bugen dem Kloster Windherg
nattkilieh ngend eine Vergabung madit, — die Urkunde selbst ist auf den ersten
]t1i(k als geflUsebt zu erkennen, ~ hängt ein Münzsicgel — um eines alten
Ausdruckes mich ausnahmsweise zu liedicnen: der Avers ist der Zeit entsprechend
und ächteu Siegeln der G rufen von Bogen entsprechend Reitersiegel, der Kevös
seigl efaien in allem Ueberfluase noch gestOrlzt gravirten Schild aus dem Ende
des 16« Jahrfannderts mit dnem Harktdegel. P.
5. Aus einigen Slatllaichi ven WestlaUns. Ka'pb-
tiii^«' ;iiiilli(li('r liisjH'klionon , auf ViöIkmo Veranlasst in*.; Vfi-
ülTeiiirKliI von |{n<[er Wilinaiis. .Seile (il —84 in i'ick's
Motialsschrift für rlieln.- wusKiU. CJcscliichUiürächiing und
In htVhsl ilaiikeusweifher Weise Iheilt hier der Direklur des kouiirlichen
Staatsarchivs zu Münster die Wahruehmungeu mit, die er iu den Jahreu 1Ö72
vnä \^ in \i bedeutenderen Stfldten bei Inspektion ihrer Arehive machte. Im
Allgemeinen braclite er keuie befriedigenden Eindrücke von diesen Reisen zurück.
Namentlich fanden sieh ilie iTkuiiden ülierall, tiiir Stje-.l aiis^renominen , in sehr
verwahrlostem Zustande. Weil die städtischen Archive bisher einer ger^ellen
Aufsicht entbehrten, ist ein nicht unbedeutender Theil von wichtigen Dokum«!*
ten Tetschleppt und verloren. Nur in den seltensten FUlen duid sieh bei den
Mitgliedern der städtischen Verwaltungskörpcr ein lebendiges Interesse für Er-
haltung der schriniichoii Denkmäler. Also aurh in Westfalen, dem Laude der
bistorischeu Eichen, zeigt sich in den Städten dieselbe Geringscbülzung der
alten Uritunden und Schriften, wie »e ans Burkhardra Hand- und Adrssdnieh
für die mdsten diemaligen RdebasUdte unschwer horausailflsen. Wibnans
AHertliuniskundc. 1876, 1.— 3. llefU
Utecaturbericbt
823
«Ulrt: es man für die städtischen Arcliive eine technische Behörde |.'eik-liafTen
wpr(!eti , lind omiirirlilt es sich daher, *Vu' Arnlsbefu^nisse der Vorstande der
Staatsarchive zu erweitern, ihnen die unter Leitung der Oberpräsidien aii8zuüt>ende
ObenuMcht aber die sUdtiaehen Aithive ihres Berirks, sowie das Reeiit su
fliierlnfeii» dk sn deren Konsernruiig und Nutzbarmachung nölhigen Massregeln
und Anordnungen treffen m dilrfcu. Sflhstverstilndhcli wilre liierinit eine Aflere
Inspizirung verbunden, sowie die zeitweise Abforderung von Dokumenten, die zu
publiziren, niebt auBgeschlos(>en. Auch mdssten die Ärchiworatände Ardai Sbi-
tritl itt allen ArcbiTen und reponiiten Registraturen der Behörden und das Recht
halKfn , davon Einsicht zu nehmen , daniit historisch Wichtiges nicht unwieder-
bringlich verloren gehe. Weicher Archivar möchte nicht diesen VorschlJlgen
des um unsere hüttoriachen Denkmäler hochverdienten Verfassers, deren er
aadi «nf sefaien areUvaUsduo Rdsen in WesUUen sorgftltif wieder täm Hen^e
— lomaHo^ Miliaft bsistiiDnien! Ih
6. Ueber deutsches Archivwesen. Seite 266 bis 2dl
in der deutschen Viertel jahrschrift. 1867, Hcfl 3.
7. Ueber Ordnung und Einrichtung der Archive
von Karl Menzel. Seite 225 bis 256 in v. Sylwl's histo- '
rischer Zeitschritt. 1869, Band XXII.
8. Archive und ßibliothoken in Franlcreich und
Deutschland von II. Baumgarten. Seite 626 bis 654
in den Preussiscben Jahrbüchern. 1875, Band XXXVI.
Drei vortreffliche iJihandlungen, die wir Jedna, insbesondere auch angehenden
Archivbeamten, zum Lesen und Wiedcrli gcn omjifchlpn. Die erste — vom Vor-
stand der forstlich Löwenstein-Wertheim'scheu Archive, Archivrath Kaufmann —
tiigl das Hatto: »War ainArehiv besitst, sollte stols daranf idn; denn wtf efai
ArehiT bedtil, hat «ueh eine GeschiehtetC giabt eine Menge beiieirigenswerther
Winke iitul Wiilirlieiten, und schOpfl in den Noten auch Goldk?^rnchen aus
fleissigem Durcharbeiten der älteren Literatur über Archive. Die gediegene Ab-
handlung von Menzel lässt erkennen, vfie sich das geschärfte Auge des Historikers
mit der praktisehen Erfehrong und Rfldcsiehtnahme des Archivars vereint: man
kannte fast jedes Wort unterschreiben. Baumgarten hat eine Gegenflherstellung
der französischen und deutschen Leistungen in der Ordnung der Archive und
VeröCTentlichung ihrer Kepertorien, wobei Deutäcliland tief in Schatten tritt,
gllniend dorehgefOhrt, und mit tlbeneugender Beredtsamkelt , mit firiner Wflr*
digung der Sachlage Stellt er dar» daaa endlich den reichsstfidtischen Archiven
geholfen werden muss und zwar von Reichswegen. Alle Drei fassen ihren
Gegenstand mit einer gewissen edlen Wärme, die wohlthuend wirkt nach allen
Seiten. L.
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324 Kleinei« llitUieiluiig«ii.
XII. Kleinere Mittheilungen.
1. Böcki'ache Hamtnlung von Siegel- und Medailkn-AbgüsaeH, Durch Fün»orge
dar baden Minlaterien dM Inneni vaaA Kultus wurden im Laufe dieses Som-
men dem kiBniglichen allgemeinen ReiehsanhiTe InlfQnelien sowohl die berahmle
Sammlung RrK-kl'scher MetalKibpflsse , dif witlipr bei der kAnigrIichon AkadcTuie
der bildeuden Künste sich befand . al.s auch die Sammlung von Gipsformen
übereignet, welche — bisher Privateigentbum des Chemikers Herrn Mdü —
Ton diesem vertragam&saig an dm Staat abzutreten waren. Vet Metallabgdase,
theib von Siegeln theils von Medaillen genommen, sind 638 StQck. Die Siegd
vertreten fast all»* Länder, alle Stände und alle Zeiten, und sind namentlich die
Kaiütfrsiegcl fast vollständig vorhanden. Die Gipsformen — 4000 au der Zahl —
gehören anm Tbeil sn diesen Abgflssen, theib sind sie nodi gar ideht benfltCL
Die Fonnensaimulun^' ist namentlich für Künstler und Kunslgewerker ein wahrer
Schatz, während ilie Siegehibj-Mis.«' mehr den Diplomatiker und Sphragistiker an-
ziehen, wobei aber auch die Künstler nicht leer ausgehen. Den reichen Samm-
lungen des Retehsarehives ist mit diesen zwei Abtheihnigen ein neuer Sehatz
hihzugefOgt, <Uwr dessen Gehalt mid Benfltiimg imsen Zeitsdirift Niheres
hitngen wird. P.
2. Bre^ilauer ütmäsarclüp. Dieses bat im Oktober sein neues Geb&ude be-
logen, und soU dessen Einrichtung noch n&her dargestdlt werden.
S. Venommbmg dtuttdkr Arthivare. Zar Naehrieht! Hehilhehen An-
fragen zu genügen, henarlirichtige ich die Herren Kollegen, dass die in Aus-
sicht genommene Versanunlung deutlicher Arcbivbeaniten keineswegs aufgegeben
ist, sondern sich in dem Stadium der Vorbereitung befindet. Weitere Mit-
theihmgen Aber die Durehfllhrung des Planes werden fai dieser Zsltaebiift folgen.
Weimar, den «. Juni 187C. ür. Burkhardt.
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Zu Seile 200 - 209.
Archivgebäude.
ErdgescTioss des Archivgebäude
a GeJtchlofstJUS t niw .
Ä Vesühul, ( Cpmmunieu/limsrrtum hiureh
daa Trtp/tfnÄaus frl/uekut,
c Jhenenimnur and. ßoAbtnJfrti- .
cL. Treffe < clraarmt^J
e. Vorstandsummer
f. IhssageJt>oml'ftubtdnidiitlur<ftThürtn. n. Aufxü^f
getrennt) Tr^tnaui^tunf.
g ArheUsxünmrr ßtr J BeamU tmd \ J„^„juf auf dm Jhr
ArchoJohenütxtr. - » iit/n C/oset I
h. Jhhliothet, ^im Satnmer qtifm Jn* Jrttii*wn
mtrfff^iui- nMkiifm/alls iwrh Raum
fiirjrihwbfnütxrr.)
i. Kartm -Jrrhio.
l. für l'tmsiJtm
m Jrchivsaal .
JfL beiden Oeschofse/L 330 cuhtnlr. Raum für ArchmuUerv.
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Inhalt de« ersten Uandes:
1. W.is wir l>i.tiii uml liitti-ii. Vuiii Ik-rausgebfi ...
II. Vom Beruf uiist-rrr Archiv«' in Jer Goyt-nwart. Vom Mt-Mn
III. Diis bayeri.s4^he Art-hivwesen. Vom HenmsgelM'i"
IV. Di»» rn'ii.i«ic n 'ion .!»>r Slaalsarchiw in Ii.uuii, \"n .. /.lim.
V. l'i ! \ : ; ! Eiiiriclitiiii;^'-'!!. Viui It
VI. Kl. i>icht «les Illli:il!s (l»?r 1
VII. Aus sLIiIlischeii .\rcliiwn Allhayorus. Von
VIII. L'.'licr SrhreibfilulVL« in Bayern. Von Uiti-khui
IX. Eiiio ilrhl«' rrkinwlo Kais»»r Karl lit - '» i •
Kaiser Arnulfs. Von Ilitzfn-
\. I'ragnicntaris4'hf Knnnt'r'uig-n > •
XI. Literat iirbfrirlii
.MI. Ktcinorn .Mitlli'-ili.i;;:. i
I{EPl-:iiTORIl'.AI
t'.ir
KüNSTAMSSENSrnAFT.
FRANZ SCHKSTAC.
' II K K. < »(««fcrr. Mii*'
. 1 • »l.ii .u •
I I i-. \
Gebiete der Kunstlilcratur in irgend einer Sprache '
I' ; ••• il '1 i" i|i:i. Ii iMit!l.i!ti-li
I' ikI .MiIIIpmI
M_ v,,ri •. - I
D.lr ..Iii
l i'iri<Mi "
ARCHIVALISCHE
ZEITSCHRIFT.
11J:H AUSGEGEBEN
V<IN
FKANZ VON LÖHER,
■ EliKlüCX KATU, BKiaDaHCHIT-PIKICroX, VXtVBfliUTi're-PaOKCffliOH, OBU. UmiMD DI U
AKAtlKNUN DER WIBüENüCHArTEX IN aCKClIKM. ttKCKSlU. 1c
II. HAXli.
STUTTGAirr.
.LAG V si^KMA
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ABOHIYALISCHE
ZEITSCHRIFT.
HERAUSGEGEBEN
VON
D«- FRANZ vm LÖHER.
I. BAVi«. Bvoaun ratb. BUCBMitcHnr-omicroa. innTiun-iT»rw»ri8MB, oio. motno dik
AZADUiin DU wnurocaArmi » amamMX. beohu. eta.
II. BAND.
STUTTGART.
VERLAG VON W. SPEMAJS'K.
1877.
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Tiarrard Colle)*« Library
H anT Co.:>M'ti..n
B«iu7 LilUo Plorce Fuad
ütij f. im.
Dfa«k von OaMIder Rrtaar la ttatlnart.
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L Zur Orieotirutig.
Vom Herausgeber.
Da> loblmflo Inicrcsso, welches der Archivalisdicii Zcitsclirif!
In-i An iiivarcii und (Ics< liiclitsfor?clicrn und Inn und wieder auch bei
Beamten enlgegoiikam, und die Verbreilung, welche sie in Folge dessen
weit über Erwarten geftanden, dürften wohl beweisen, dass das
Unternehmen ein zeitgemässes.
Der Archivar hat nirgends in die Aktion des Staates einzu-
greifen; sein nächster Beruf liegt auch nicht im Anbau der Wissen-
schaft: er soll nur die alten Schriftmassen für die ESnen wie die
Andern Ixiwahrcn, In lichtvolle Ordnung bringen, vorlegen und er-
läutern. Mit einem Wort — zu dienen hat das Archiv der Verwaltung,
dem Rechlspro( hcn, der Geschiclilsforschung. Da diese drei grossen
Zwei^'o der (ilTi ntliclion Thatigkeit ihre vielartif!:cn Gebiete haben,
so darl' der Archivar auf ihnen allen nicht «ran/ fremd sein. Wenig-
stens muss er verstehen, hei (icliTrcnlicil die rechten Ilülfsmittel zu
ergi-eifen und /u lienut/.en, um sii h ra>ch so weil 7,u orientiren, dass er
die Fragen, auf welche es aukoniml, verstehe und seine Akten und
Urkunden in Bezug auf diese Fragen weiss sprechen zu lassen.
Weil dor Arehivbeamte nicht seine besondem Gruppen im Ardiive,
in denen allein er arbeiten will, auswählen kann, weil insbesondere
der Vorstand jedes grosseren Archivs gar mannigflUtigen Anfor-
derungen dienen muss, so ist es kaum anders möglich, als dass ein
vielbeschäftigter Archivar sich nachgerade der verrufenen polyhisto-
rischen Klasse wenigstens von Weitem nähert
ArehlTallwhe ZvItMhrift. IL 1
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2
Löher:
Wenngleich nun der Archivar der Aecker viele bestellen mass
und zwar in der Regel nur zum Theil, wenngleich Sämann und
Gärtner erst nach ihm kommen, — grünen die Saaten, gedeiht die
Frucht, so freuet es ihn doch im Hmen, denn etwas Verdienst
hatte er auch dabei.
So soll auch unsere Zeitschrift Dienste leisten, eineri^oit^; der
Wissenschaft, andererseits den politischen, vermögensrechtlichen
und Faniilien-Iiilerossen, indoni sio fllo Wcj^o weist und Ix^reitet zu
den firrhivalischcii Quellen. T)a sich ahor panz von selbst die Ilin-
dcutung daran schliosst, wie und wo/.u der arciiivahsrhc StolT zu
verwertlien, so ist damit schon ein Anfhoil an der praktischen, wie
der wissonschafflichiMi Wirksamkeit frcpchc'n.
In diese liichtung fallt nun insbtsondere der Inhalt vom zueilen
Bande unserer Zeitschrift
Die erste Abhandlung betrifft A rch i v ben ützu ng überhaupt und
sucht einer zarten und doch etwas domigen Frage näher zu treten,
indem die eigenthümliche Natur von Archivalien und was noth-
waldig daraus folgt erörtert wird. Auf den dritten Band der
Archivalischen Zeitschrift, da der erste über Oi^anisation von Archiven
vielleicht schon zu viel braclile, verscliirbcri wir eine Darlegung der
Archivbenützuntrsweise in den Nachbarländern Deutschlands.
Wir srlilicssin liirr daran, was Leibniz über Einrichlunp
und Ansammlung der Archive» anriofh. Es stimmt das im Wes(>ul-
üchen mit dem nberein, was im ersten JJande der Zeitschrift illier
den Ijeruf unserer Aniiive jresagt wui'de. Soviel auch seit jener
Zeit gebessert worden, noch inuner scheint Leibniz für die Gt^^'en-
wart geschrieben zu haben. Lebte er noch und sähe, wie ausserordenl-
lieb Vieles und Treffliches jetzt an Editionen — auch das gewünschte
Urkundenbuch der Hohenzoliem findet sich längst darunter — und
wie noch mehr in der Geschichtsforschung nach jener gründlich und
allseitig erwagenden Weise, wie er sie anbahnte, geleistet wird,
gewiss, sehr freundlich wurde er der verdienstvollen Menge unserer
rieschichls- und Urkunden forscher zunicken. Wenn Leibniz aber
heutzutage in unsere Archive hinein träte, so würde er fast aller
Orten bekhifren, wie viel des archivalisciien Stoffs, zu dessen Samni-
liiii^' er mit kln^'em Wort und r>ei<piel atire^'te, seitdem unwieder-
bringlich veiloreri ^'egangen, und geradiv.u unbegreiflich würde es ihm
sein, wie trotz jener ^'lanzvollen Menge unserer fJescIiichts- und
Urkunden forscher man noch lieulzulage so viel werlhvolle Arcbivalicn
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Zar OrienUrung.
3
rullig der Zerstroiiunpr und dom Verderben übcrlassl und sclion
ganz zufrieden sclieint, wenn man einmal obenlün daraut aufmerk-
sam gemacht hat.
Die beiden nächsten Aufsätze zeigen, wie zwei Gruppen, die
in den Landesarchiven einen grOesem Raum einnehmen, zu Tei>
wertben sind.
Der Urbarien ist von den ältesten Breviarien und Polyptichen
bb zn vollständigen und wohlgeordneten Zins- Gült- und Dioast-
rcgistern, TToborollon, Gutsinventaren, Flurbüchern, Stand- und Lager-
büchern, Volksbeschreibungen und wie immer der Name sein mag
und wozu auch theilweise die Lelienbücher zu rechnen , eine lan^ire
und inanni^fralti;.'e Reihe. Ohne Zweifel giebt es ihrer in allen
Archiven nodi eine Menge der interessantesten Art, vnii denen
Kieniand sonst etwas wei-s. Für die ganze Zeil vom zehnten bis
zum Ende des zwöUlcn Jahrhunderts sind nur etwa 30 Stücke ver-
öffentlicht, und mehrere davon müssen erst, namentlicli was ihre
Entstebmigszeit betrifft, noch gründlicher untersuefat werdeo. Möge
die hier gegebene Anregung und Lehre, üi welcher Weise und zu
welchem Zwecke die Urbarien zu veröffentlichen, dazu beitragen,
dass dieser Archivaliengruppe grössere Aufoierksamkeit zugewendet
werde. Erst auf der Grundlage, welche die Grundbucher mit ihren
Zahlen geben, ist eine wirkliche Geschichte der Volkswirthschaft
möglieh, diese aber ist ebenfalls »eine Darlegung des Entwicklungs-
ganges von Ideen, welche ein Volk erzeugt und gehegt und in seinen
Einrichtungen und seinen Thaten zum Ausdruck gebracht hat«. Die
Enlwickelung aber der Grundherrschaf't , die nur aus den ril)ai len
möglich ist, giebt auch über die Anlange des städtischen Lebens
im Mittelalter reichlichen Aufschluss.
Im Jvreisarclüv fOi' Oberbayern berulit eine Folgereihe von
Hofrechnungen aus den l^zten drd Jahrhunderten, und es wird
daran em Beiqtiel gegeben, wie todte Akten lebendig zu machen.
Denn die döiren Zahlenreihen erweisen sich für die veischiedensten
Fragen firuchtbar, wenn man sie nur auf sachkundigen Wegen be-
iragen will.
Die beiden folgenden Abhandlungen werden ohne Zweifel an-
regend wirken.
Welcher Archivar und Geschichtsforscher halle nicht schon
längst nach einem vollständigen und /nvorlässigon ITaridluich der
deutschen Bischol'sreihen verlangt! Das grosse Verdienst der
4
Loher:
vorliegenden Leistungen ist gewiss hoch zu schützen. Jedoch an einem
hervorragenden Beispiel wird hier gezeigt, wie sehr Kritik noth thut,
tind wo bedurfte man Ubier vielleicht nicht mehr? Unerlässlich
aber ist die Benützung sämmtlicher in den Archiven vorhandenen
Urkunden und Eodizes, die noch gar nicht oder nicht soigfUtig edirl
worden. Wer weiss nun besser unter all solchen Hülfsmittteln Be-
scheid, als die Archivbeamten selbst? Von ihnen wird daher mit
Recht eine r>(<n ieili<:ung un tliescr Auf;,'alx! erwartet. Nur durdi ge-
meinsame Arbeil lässt sie sich in /.ufriedehstellender Weise lösen.
Die Sache hat für die älteren Zeiten ihre ganz eigene Dornen.
»Habe icli.' so schrei])! uns ein Mitarbeiter, »einmal eine kritische
Schwicri^'kcit überwumlcii und will mich dessen freuen, bei dem
nächsti u Schritte werfen sich allsogleich ein Dutzend neuer über
den Weg.«
Die Archivalische Zeitschrift stellt für kritische Beiträge zu den
deutschen Bischofereihen gern ihren Raum zu Diensten, und wird
bereits im nächsten Bande einen Beitrag liefern. Das Würzburger
Bisthum gehört zu den geschichtlich wichtigsten in Deutschland, aber
selbst für spatere Zeiten des Mittdalters giebt es dafür keinen zuver-
Iftssigen Bischofekatalog: aus Urkunden und Annalen muss er erst
hergestellt werden. Noch schwieriger ist dies Unternehmen für die
früheren Jahrhunderle. Bis zum Jahr 1104 hat aber der ICreis»
archivar für tJnterfranken und AschalTenburg, Dr. Schäffier zu
Würzbur;.', die Biscliofsreiho bereits fest^^estellt.
»Ii c^'-c s t (>n müssti'ii wir von allen Histhümern haben.«
Mit (licsiii Wurti'ii .loli. Fiicdr. Böhmers werden die sach^'eniä.ssen
Vorschlät^e und W ünsche auf eine llegestensauuulung in Bezug des
grössten deulsclien Bisthums kundgegeben.
Es folgen nun zwei Archivgeschichten, .die eine von einem
Stadtarchhr, die andere von einem Landesarchiv.
Die Bildung des städtischen Archivs zu Köln folgt der Ge-
schichte dner Stadt, welche auf Deutschland, namentlich Niederdeutsch-
land, in jeder rechts- kultur- und handel^geschichtlichen Richtung den
allorgrössien Einfluss üble. Wir sehen, wie sich in Köln die archivalischen
Beslandtheile nach und nach ansetzten, und welche Schicksale das
Archiv erlitt, mid erhalten dabei Einblick in die Prinzipien, von
denen die Ordnungsarbeiten in diesem Archiv in verschiedenen Jahr-
hunderten geleitet waren. Trotz aller Sorj^lalt für Hereiclierung und
sichere Aufbewahrung konnte sich aber selbst in der vielbew^en
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Zur Orientinmg.
5
Hiu'instadl der Statllratli nur sehr schwer enlschliessen , eint ti Be-
amten bloss für das Archiv anzustellen. Wunderbar genug ist jedoch
das Kölnische Archiv beinahe ganz erhalten, und hat m neuerer
Zeit noch dnrch Gruppen Zuwachs tiekommen, die ihm ursprünglich
fl«ind waren. Unter ihnen ist die wichtigste das Antweirpener Archiv
der Hanse.
Eui ganz anderes Bild bietet uns die Geschichte des Archivs
der Rhein pfalz. Dort im mächtigen Köln ein einziger bleibender
Mittelpunkt, hier in der jetzigen Rheinpfalz 44 Mittelpunkte für
Archivbildung. Die liebliche Pfalz war ja das allerzerstückteste Land
im dout-< hi'ii Reiche, und ist ihro rJrscliichto ein rechtes Spiegelbild
alles deulsciien Elends, so waren auch die idVilzischen Archive den
Irauiig-sten Schlrksalen unterworfen. Das Treiben lier tranzö^isi iien
Generale und Zivilk(Mnmissäre tritt uns dabei lebendig vor Anpon. Nach
Vertreibung der Franzosen werden endlich die Hoste der 44 Archive
zusammen gebracht, und wir erhalten eine bis in's Einzelnste ge-
zeichnete Sdiildorang von dem Hergang bei Vertheihing der Archivalien
und dem hartnackigen Zurfickhalteo der Franzosen. Hieran schliesst
sich die in den letzten zehn Jahren methodisch betriebene Zufährung
von AichivlMstandtheilen, die theils im Lande selbst, noch mehr
aber in Nachbarstaaten umhersteckten.
Hoffentlich findet sein^ Zeit das rhein-pfalzisdie Archiv noch
mehr BereicheninL' dorn Metzer Bezirksarchive und zwar aus
den Akten und Urkunden der berüchtigten Rounions-
kammer Lndwi? XIV. I ieljcr diese höchst wcrth volle Sammlung,
die längst verloren ^'e^Haubl wurde und aus welcher noch andere
Staaten .schöpfen können, möge hier eine .Miltlieilung folgen.
Als ich im Juli 1807 die französisclien Gränzarchive besuchte,
um nach Archivalien bayerischen Interesses zu forschen, fand ich
auch in Metz bei den französischen Behörden die zuvorkommendste
Aufnahme. Unter Anderm suchte ich hier nach Archivalien, über
welche der Zweibräcken*sche Regierungsrath Bachmann, der be-
kannte Archivar, emen Bericht aus dem Jahre 1755 hinterlassen
hatte. Man hatte in ZweibrQeken erfahren, es Ugen zu Metz auf
einem grenier des palais de justice wichtige Zweibrücker Akten, die
in Kriegszeiten durch Raub oder Flüchtung dorthin gekommen.
Bachmann wurde hingescliickt und fand sie in zwei grossen Schränken,
die auf dem obersten und zwar schlecht verwahrten Speicher des
Appellationsgerichis standen. Kings umher lagen viele alte lothringische
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6 Löber:
Akten in Unordnung auf den Tischen und auf dem Boden umher.
In Hast und Eile, da er sich fortwährend beobachtet sah, notirte
Bachmann sich einige Stücke. Als er nun si^b darum bemühete,
sie zu bekommen, wurde es ihm rundweg abgeschlagen. Auch
der Zweibrückon'schc Gesandte in Paris konnte nicht das Mindeste
ausricliten. Nicht einmal die erbetenen Abschriflefi kamen zu
Stande.
Als ich nun in Metz nacli jenen Akten und Urkunden fragte,
die vor hundert Jahren sich auf dem .histizspeicher b'fariden, hiess
es alli^'cuiein: alles sei in ih^r Revolutionszeit zu (!run<io jregangen,
das alle i»alai.s de justice selbst niedergerissen. Ich hotitc, wenigstens
einige interessante Kudizes und Urkunden müssten doch gerettet sein,
und fragte danach im Präfekturarchiv, im stftdtischen Ardiiv, und
in der Stadtbibliothek, die eine schöne Sammlung von Handschriften
besass. Doch die Beamten ▼ersicherten: die Schriftstücke, die ich
ihnen aus Bachmann's Aufzeichnungen nennen konnte, seien ihnen
unhekannt, und ihre Repertorien Hessen keine Spur davon auffinden.
Um noch ein Uebriges zu thun, bat icli den Präfekturarchivar Herrn
Sauer, mich in's Archiv des jetzigen Appellationsgerichls zu filhren;
denn möp-lidier Weise waren Akten aus dem alten Gebäude dorlliin
gekommen. Ilerr Sauer hatte, obgleich mit laufenden Dieiistgeschäflen
ulM'rhruift, die Güte, mich hinzuführen. Da wir unten niciits fanden,
alxr erfuliren, es lägen alte Akten auf dem Sjieicher, so erstiegen
wir diese Höhe. In vier grossen Gelassen standen und lagen hier
Akten umher, theüs In Gestellen, theils auf dem Boden, mit Staub
Überzogen und in wilder Unordnung. Bald sah ich, dass Gerichts-
akten des 17. und 18. Jahrhunderts darunter waren, die ohne
Zweifel einst zu den Akten gehörten, die auf dem Grenier des ab-
gerissenen Gebäudes sich befanden. Hatte man diese unbedeutenderen
Akten der Aufbewahrung werlh gefunden, so war das gewiss auch
mit den werthvolleren geschehen, die Bachmann in den beiden
Scliränken g(>fundon. Wo aber konnte was noch übrig war seinV
Niemand wollte von einem andern Depot alter Akten in Metz, als
den vier geseiienen, etwas wissen.
Wir gingen zum Präfekturarchiv zurück und ich fragte, ob noch
Akten der Keunionskammer Ludwig XIV. vorhanden seien? Denn
ich meinte mich zu mtmesUf dass man in Paris damals dem Zwd-
brücker Gesandten erwiedert hatte: die verlangten Dokumente hätten
zur Registratur der Reunionskammer gefaM. Herrn Sau» warm
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Zur Orienüruiig.
7
Akten der Art vorgekommen. Noch am selben Abend wurde ün
Präfekturarchhr eifrig danadi gesucht, und siehe da, es fanden sich
nicht nur eine grosse Menge Reunionsakten, sondern auch in vier
Foliobänden das Rej)crtoriuni wietler, das 1698 von Honorä Gaille
verfasst war und die Inschrift hat : »Inventairc des titres appartenans
au roi de France concernant li'.s ancion^; evfVlir.s de Metz, Toul,
Verdun et autros lioux, qiii avaicnt ctc remis an S' Ravaulx, I'ro-
cureur ^'« titTal en la dianibre de reiinion ou cliambrc royalle »'labile
par le |iarlainent de Metz«. Wenn ich nicht irre, ontliiclt das Re-
pertorium gegen 7000 Numnurn. Davon waren aber bedeutende
Theile, wie die Vermerke zeigten, 1769 an die Kaiserin Maria
Theresia ausliefert, andere auf Befehl des Königs aus der Samm-
lung herausgezogen, und das Ganze bereits sdir dezunirt Offenbar
waren dies die von Bachmann im Jahr 1755 in den beiden Schr&nken
gesdienen Akten. Hin und wieder schienen sogar die Nummern
der von ihm bezeichneten Liassen mit denen des Rept rtoriums zu
stimmen. Gewiss wäre es sehr zu wünschen, wenn zu näheren Auf-
schlüssen die Arcliivalische Zeitschrift in Stand presci/.t würde.
Uollentlich werden am ii die Zusagen, wclclie der lu'daivtion ge-
macht sind, sidi bald ertüllen, und wird dieselbe noth mehr Ge-
schichten der Bildung und Scliicksale von Archiven bringen.
Einem jeden zeichnet seine Eigenart uucli die eigenthümliche Dar-
stellung seiner Geschichte vor. Der grosse Nntzoi aber, welcher allen
folgenden Beamten des Archivs selbst wie den Landesangehfirigen
und Oberhaupt den deutschen Geschichtsforschern durch solche
historisch-archivalische Skizzen erwächst, liegt reichlich zu Tage.
Die Reihe der Hitiheilungen, was an archivaKschen SiofTen
hier und dort vorhanden, eröffnen in sehr willkommener Weise zwei
Sammlungen, über deren Entstehung, Inhalt, und Schicksale sich
ein Gespinnst von allerlei Sagen und (ieschichten gebildet hat.
Uober die berühmte und berüchtigte Bodmann-Ilabersche
Sammlung crhaltrn wir hier zum erstenmal Licht. Der letzte
Besitzer hatte sie Jahrzehnte lang mit Argusmigen gehütet, Niemand
bekauj Zutritt. Vielleicht mochte ihn aucli die herbe Erfahrung
bitter stimmen, dass sich bei vaterländischen Regierungen nicht
einmal so viel Verständniss von dem Werthe der Sammlung fond,
dass man den Six)ttpreis von 500 fl., sage fünfhundert Gulden, da-
ran wagen wollte. Von edleren patrk»tischen Gesichtspunkten ge-
leitet liess der jetzige Besitzer auf die liberalste Weise von dem
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8
LSher:
Vorhandenen Kennlniss nehmen, und man wird staunen über den
Umfang und die Bedeutung dieser Schätze. Leider, so sein Inf es,
hat ohcmals ein Sachkundiger ^oratio ächte Stüclic von lioliera
Allerthum daraus an sich prebradit. Wo mö^ron diese Urkunden
und Kodizes jetzt stecken? Wolil ril)ertrio})eii hcis^l (>> in rinoin
Briefe des l^eiclisarchivsratlis Kiellialxi- vom "JS. Ik/.eiiibcr IS'iU
ballt nach iloihiiatni's Tode: »Ein sehr j;ul» r I H'kannlt'r tles Ohrr-
konsistoriah'aths Heinz dahier, u clclier früher rium r unit Trofrs-or
in Zweibrücken war, i^agle mir, duss der Selige gegen ilin sich ge
äussert hat, dass er im Besitz von fa^t 20,ÜÜ0 wichtigen Original-
urkunden sei, wovon noch keine gedruckt sei, und hat ihm selbst
6 Stfick abgenötliigt, welche er abzuschreiben und ihm wieder zu-
rOckzugeben heilig versprach, sein Wort aber nicht erfüllte.«')
MOge man wenigstens jetzt strenge Obacht haben, dass nicht das
Geringste mehr aus dieser grossen Sammlung unsere Geschichts-
quellen verloren gehe!
Eine wohlthuende Beruhigung ab(>r liegt darin, dass ein deutscher
Gelehrter, wie Codniann, der »bis zum letzten Athemzug« für
deiilsiiie (irs( hi( hie in ihrem ganzen l'mfang samnirlle und arbeitele.
hier von der iSclimach enllasfet wird, die auf .seinem .Niunen rubele.
Auch in den Aklen (U'> lieich.sarchivs linden sieh Spuren, wie ganz
versciiieden dieser Mann schon bei Lebzeilen beurlhiill wurde. Von
Interesse ist ein Bericht von iluii über die nülteirheinisclien Arcliivalieu,
der eine Eriäutemng bildet zu dem, was in diesem Bande umercr
Zeitschrift bei der Geschichte des rheinpfälzischen Archivs, wo auch
Bodmann's wieder Erwähnung geschieht, darüber gesagt ist, wie
man unter den Franzosen und nach ihrem Wegzug die Archivalien
rein historischen Werthcs behandelte. Bodmann schreibt im Juli 1814
Folgendes :
»1) Das grosse Deparlenicntalarchiv zu Mainz besitzt äusserst
wenig an interessanten Urkunden, und ist inil allen fleridiLsprotokollen,
Gciueindsrechniui^ren, Akten u. s. w. überladen. Alle Urkunden
felilen liist gänzlich, weil sie diu-eh tlie Triage an jene auswärtige
Fürsten al)gegeben worden, in deren I.ändeni die abirelrelene (Inier
lagen, und weil umgekehrt jene ungeheure viele alU' Urkumleti,
welche die auswärtigen Fürsten nach Mainz hällen abzuliefern ge-
habt, von dem französischen Gouvernement gar nicht reklamirl
*) Aus Akten des Retchsardiivs in Hänchen.
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Zur Orlen liruiig.
9
wurden, — ja sogar da, wo sie ihnen wollten zugesendet werden,
zur ErsparuDg der Transpodkosten vor der Hand abgewiesen wur-
den. Dieses war der Fall mit den zu Mergentheim in vielen Eisten
bereits eingepackten Urkunden der Mainzer Gommende des teutscfaen
Ordens, Itmi aller Urkunden, wdclir d'w vi» !r im Departemente ge-
legenen Maltbeserordens-Gommenden (Ueimbach ausgenommen) Joe-
treffen.
2) Von den zalilreiclien Main/.er Sliltern kam das Meiste zum
Archiv, — abtn* auch wiL'drr davon, weil viele tausend Zentner als
unnütze I*a|ii»'H' und Perjjamenle an Sj»e/.eri'ikrämer, Leinisieder elc.
abgegeben wurden, aus deren Händen ich mit Gelde iiocli iiiuatl»
historiscli Brauclibares rettete.
3) Die kUMeriichen Archive wurden theils gar nicht, tlieils sehr
schwach eingeliefert; das Augenmerk war nur auf Rechnungen,
Güter, Kapitalien und laufende Revenüen gerichtet; — daher alle
Titres primitifis durchgehende fehlen.
4) Das domkapitlische Archiv zu Aschaffenburg enthält alle
erzstifliscben Urkunden von A. 800 bis 1200 in Reichs-, Land- u. a.
Gegenständen, ist noch jranz unl)enni/t. ]\iH'hs\ reiclilialfig und eine
walire Fundgrube. Nach Mainz wurde davon äusserst weni^r zurück-
geschickt, da das Donikapiti l dieses Archiv noch wirklich uider seiner
eigenen Gewahrsame hat, so ist, wenn (\'^ nicht bereits niitor Si^rel
gele}.'t worden ist, höchlich zu besorgen, dass es aus Leidenschan
geplündert und zerstreut werden wird, ich bitte, die ileliörde auf-
merksam zu machen.
5) Die vielen kurfürstlichen mainz. Archive, als: das Reichs-
das grosse Land- das Lehens- das Kammer- das Generalvikariats-
das Hofgerichls- u. a. — Nebst den damit vereinten bischöf. worms.
und constant., item der fiberaus vielen alten und neuen stiftischen
und klösterlichen Archiven sind ein wahres Meer für Geschichts-
und Alterthums-Kultur.
Der bei weitem grössto Theil dieser schätzbaren Archive li^
bereits viele Jahre lang im Keller des Schlosses zu Aschaffenburg;
wird nicht zcilit,' Rath geschaHt, so geht Alles zu Grunde.
Nach Mainz wurden meist lauter unbrauchbare Papiere und
Akten, ohne alte Urkunden aus diesen Archiven zurückgeschicket,
6) Keiner der T. Fürsten hat vollstän<lig ausgeliefert, was er
zu thiui schuldig war; — die Archive zu Darmsladt, Itstein, Mann-
heim, Heidelberg elc. besitzen fast noch Alles ungeschmälert. Was
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10
Löher :
auf dem linken Rheinufer davon noch übrig war, ist inmiltelsl zu
Grund gegangen, z. B. die Archive von Leiningen, Rheingrafen; die
Abteiarehive Schwabenheini etc. etc. Doch sind in Speier, Worms etc.
noch reichhaltige Stadtarchive. Das reunions-Geschäft der zerstreuten
Archive dieses eliernal, Departements würde eine eigene, hiezu «er-
nannte Commission wolil länger als Jahr und Tag beschäftigen, um
die sehlumpigo franzns. Triage ZU rektifiziren, und diese gleichsam
ab ovo wieder anzufangen.«
Ob es richtig, was Bodniann über den hihail des As( hallen-
burger Schlosskeliers sagt, — in wciclieni, wie es in (Mneni aiidi-rn
Berichte von ihm hoisst, all diese Archive seil sechszolm Jahnii
lageil, — lassen wir dahin gestellt. Gewiss ist aber, dass sowolil das
kurfuFstlid] Mainzer als das reichserzkanzler'sche Archiv nach Wien
kamen, wo sie noch jetzt im k. k. Haus- Hof- und Staatsarchiv
sich befinden
Der bekannte Göttinger Professor der Diplomatik, Gatterer,
hatte einen sehr reichen Lehrapparat an Urkunden, Schriftproben,
Siegeln, und Aulographen angesammelt, welchen der Abt von St, Ur-
ban, ein gebildeter Mann, für 2700 fl. von den Erben Galterer's
ankaufte. Als nun bei Aulhebung des St. Urbanklosters dessen
Bibliothek mit jenem rikmidrnpchalze an den Kanton Luzern kam,
dachten Er/ielmnfrsratli uiul lleiiiernngsrafh sogleich daran, wie sie
die reiche Sammlung' für 12.000 fl. an (las britlische Äluseum ver-
kaufen knmden, um mit dem Krl(")s Staats.^clmlden zu tilgen. So
geschehen im Jahre des Heils 1850. Zum Glück landen die Eng-
länder und Andere den Preis zu hoch, die Sammlung blieb in der
Schweiz, und wie hoch ihr Werth für die deutsche Reichsgeschichte,
namentlich auch fdr die Geschichte der Rheinpfalz und Rheinhessens,
zu schätzen, zeigt em Blick in die Reihen wichtiger Urkunden, welche
die Sammlung enthält, die jetzt mit dem Staatsarchive in Luzern
verdnigt und in zuvorkommend» Weise jedem wissenschafUidien
Forscher geöffhet ist.
Sehr erwünscht sind, wie hier über die Archivo zu Konstanz,
A 1 1 e n b u r g und E g e r , Mittheilungen über Einrichtung und Inhalt
kleinerer Archive, die selten besucht werden und daher w'enig be-
kannt sind, gleichwohl so häufig Serien von Akten und Urkunden
enthalten, wie man sie selbst in grösseren Archiven nicht in solcher
') Burkhardl Hand- und Adrei^äbuch der deubclien Archive Seite Ö6.
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Zur Orientirung.
11
Vollsländigki'il antrilU. Wir haben iiocli oinij;o ncitiapo diosor Art im
Pulle, andere sind uns zugtsaijl, und wir richleii an unsere Kollegen,
die solchen Ardiiveii vorstehen, die Bitte, uns mit Mittheilungen zu
erfreuen. Gerade in dieser Beziehung könnte sich die Archlvallsche
2Seitung nach mancher Seite hin nätzUch machen.
Das Geschlechterbuch der Haller zu Nürnberg ist ein
Beispiel von Kodizes Url^undengruppen und Aktenreihen, wie sie
hundert- und tausendfach noch in Deutschland vorlianden sind, je-
doch der öffenllichen Besprechung bedürfen, um die Aufmerksanikeil
der Gcschichlschreiber Genealogen und Ileraldiker auf sich zu lenken.
Die grosse und in ihrer Art einzige Sammlun^r von Siegol-
und M ed a il 1 en a bg üs.sen bildet — Dank der liberalen Fürsorge
des k. Kullusniinisteriums — eine der jüngsten nereiclieruiigen des
bayerischen Zeiitralarchivs. Ihr Werth wurde schon jetzt vielfach
anerkannt, intleni lüi' Lehr- und Saninielzwecke Abgüsse verlangt
wurden, welche anzufertigen ein eigener Formator aufgestellt ist
Aber auch die KflnsUer würden h&ufiga* zum grossen Wappensaal
des Hünchener Reichsarchi?s, in welchem die Sammhing ihren Platz
fand, pilgern, wenn sie nur einmal wüssten, wie sehr ihnen die
prächtigen Siegel und Medaillen helfen können, um getreu in Stil
und Tracht der verschiedenen Jahrhunderte zu arbdten.
Eän paar kleinere lehrreiche Mitlheilungen , über den Breslauer
Neubau, und über dieMittel, verblichene Schriltzüge wieiler deutlich zu
machen, werden den meisten Lesern der Archivalischcn Zeitschrift nicht
minder willkoinnien sein, als die Fortsetzungen der Artikel des ersten
Handes, die vielfache Zustimmung gelunden. Unzweifelhaft von allen
linsern Beiträgen zur Archivalischcn Zeitschrift gefielen am meisten
die fragmentarischen Erinnerungen des Nestors der deutschen Archivare,
der mit tapferem Jünglingsherzen, als einer der Ersten, des Elsasses
Rückkehr zu Deutschland für eine historische Nothwcndigkeit erkannte,
und dessen Feder gleichen Goldschein aus seinem französischen «rie
aus seinem deutschen Stil schinunem ISsst.
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II. Ueber Verkaueu bei Archiv benützung.
Vom Herausgeber.
Eines Archivs Urkunden Kodizes Amtsböcher und Aleten sind,
was die allgemeine B^ützung betrilR, mit g:edniGkteD Werken nicht
in VVrgleich zu sfellon. Von diesen, selbst wenn sie Inkunalieln
sind, giebt es doch wenigstens ein paar Exemplare. Geht eines zu
Grunde, «o ist das Buch oder Blatt noch nicht aus der Welt: es
lasst sich durch Abschriften lierstellon, uiul um so treuer herstellen,
als der Druek ja selbst nur eine Abschrift war. Gerade das Um-
gekehrte ist die Regel bei Schriftwerken und Schriftstücken der
Archive. Einzelne Protokolle VertrSge und Gerichtsurtel aufgenom-
men, sind sie sämmtlich nur einmal vorlianden.
Daraus ergiebt sich fOr sie ein elgenthflmlicher Werth, und noth-
wendiger Weise auch eine eigenthümliche Art der Benützung.
Wir wollra, um das klar zu machen, an ein trauriges Beispiel
erinnern. Etwa um das Jahr 1170 hatte eine vielkundige und
liebenswürdige Aobtissin im Elsass, Herrade von Landsbei^, mit
Bienenlleiss den ])eston Wissenshonig ihrer Zeit, soweit üterhaupt
Damen daian (uschniark finden konnten, cImmi für die Damen ihres
Zeitalters: in o\n Buch zusammen getragen mid mit vielerlei guten
und schlechten Bildern erläutert. Das kostbare Buch lag in der
Stadtbibliothek zu Strassburg, und diese war im Chor der Neuen Kirche
aufteilt. Als nun siebenhundert Jahre später die Deutschen gar
vernehmlich an die Thore des halbverwälschten Strassburg anklopften,
beeilten sich die Vorstände, aawdtä des Strassburger Landes- oder
Präfdcturaichivs als des eigentlichen Stadtarchivs, ihre historischen
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Udler Vertrauen bei ArchivbenäUung.
13
Schätze TOT den Bomben zu sichern. Dank allein ihrer kundigen
und dfrigen FSrsorge, hdde Archive wurden voUstindig gerettet,
wenn audi unter mancherlei sonderbaren Gefehren. Auch der Vor-
stand der Stadtbibliothek, der g^ien achttausend Manuskripte zu
Terwahren hatte, dachte wohl an Bergung derselben, fand aber,
dass der Bürgermeister sich den Kukuk scheerte um die alten Bücher
und Handschriften. Nun hätte der Bibliothekar dringend bei dem
Stadlbauaiiito anklopfen, hätte selbst das Vorzüglichste in die Keller
retten sollen, ja er konnte die Hauptsachen, wenn er ihren grossen
Werth kannte, unter dem Arme forttragen. Nichts geschah, und
das Unglück wollte, dass gerade die Sladtbibliolliek eines der ersten
Opfer der Beschiessurig werden sollte. An einem Montag war diese
angekündigt, in der Dienstagnaciit nahm sie den Anfang, und schon in
der nächsten Mittemacht, als man in Strassburg noch immer glaubte,
es sei wohl nicht so sdilhnm gemeint mit dem Bombardement, M
das zündende Brandgeschoss auf die Neue Kirche, und in einem
Augenbüdc stand das ganze Gebäude von ohm bis unten m Flam-
men. An Rettung war jetzt nicht mehr zu denkra, und nach ehi
paar Stunden war von den achttausend handschriftlichmi VITerken
nichts als Asche und Kohle übrig ').
Auch das kostbare Manuskript der Heriadc war für immer
verloren gegangen. Dieser Verlust ist niiersel/.lich, aber nicht bloss
das, er macht sich auch in jedem Jahrzehnt emplindlich geltend, und
noch nach mehreren hundert Jahren wird man das Fehlen dieses
Kodex als einen wirklichen Mangel wahrnehmen. Jedermann, der
bezüglich der Kullui^escliichte des zwölften Jalirhuiiderts sich auf
eigene Studien verlassen will, möchte den Kodex von innen und
aussen sähst besichtigen, und hätte vielleicht ans dem Schriftcharakter
und aus dem Linienzug der Abbildungen eine besondere Anregung
emp&ngen. Denn bei längerer Betrachtung solcher Schriftwerke,
die aus entlegenoi Jahrhundarten herstammen, regt sich ja darin
etwas wie geheimes Leben, das mit den Gesichtszägen jener Zeit
aus ihrer Handschrift hervorblickt. Eine ganz getreue und ganz
vollständige Faksimilirnng hätte uns das Buch der ]( hi reichen Aeb-
tissin vielleicht ersetzen können, und dennoch wünle die sorgfältigste
Nachbildung immer noch g^nüber dem alterthümUchen Reiz des
') F. \ . L n Ii er Aus Nalur und Geschichte von Elsass-Lothringoi. Leipzig 1871.
Seite 96 und 9Ü.
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14
Loher:
Originals etwa den Werth haben, welchen eine photographlrte
Unterschrift für einen Autographoisaminler statt ursprfinglichen
Handschrift besitzt.
Nun hat jodos grosse Archiv und jede alto Bibliothek wohl
Cinidien dieser Art , und alle andern Archivalien , w emi sie sich
auch an "Wicht ii^'kejt nicht entfernt damit messen können, nehmen
doch an Natur und Eigenschaft jorier Kleinode Theil.
Weil sie überliaupt nui' einmal vorhanden sind, so liegt darin
sclion ein Werth, welchen der Eine höher, der Andere niedriger
schätzt. Jedes Stüde ist auch ein Aulograph, sei es einer bestimmten
Persönlichkeit oder seines Zeitalters überhaupt. Doch das sind
Nebensachen. Es erscheinen aber die Archivalien auch für Staat, Ge-
meinden und andere Genossenschaften, für Familien und Private als
die einzigen s( hrifUidien Zeugen und Behelfe für vermögensrechtliche
und sonstige Interessen. Jede spätere Regierung, jedes nachfolgende
Geschlecht muss immer wieder darauf SEUrück greifen können. Je
weiter sodann sich die Menschenalter von der Entstehungszeit dieser
Archivalicn entfernen, um so mehr verringert sich zwar ihre prak-
tische IJodculung, desto höher aber steigt ihr gescliichtlicher Werth.
Die WisseMschafl hat ein Recht darauf, dass diese Schriften un-
zorstört und unvertalscht den folgenden Jahrhundcrtini l>c\vahrt
bleiben. Manche Forscher meinen zwar, wenn sie einmal gewisse
Seri^i von Akten und Urkunden durcligearbeitet hätten, so sei
deren Werth in der Ifouptsachc erschöpft, der Gehalt sei ja jetzt in
Bfichern niedergelegt Allein müssen die Dokumente nicht noch be-
ständig da sein, um die Richtigkeit und Vollständigkeit dessen zu
pröfen, was ein Gesduchtsforsdier herausgezogen hat? Wie oft
wird erst später die richtige Lesart entdeckt! Sattsam liegen Be-
weise vor, dass gleich geseheidte und gleich sorgtültige Forscher aus
ganz denselben Akten und Korrespondenzen nicht nur die Gründe
eines Hergangs, sondern auch die Ereignisse selbst ganz verschieden
herauslasen.
Der Archivar niuss also handschriftliche Werke und Stücke,
wenn sie überhaupt einen Platz im Archive verdienen, nun aucli in
ihrer vollen Integrität bewahren. Sie dürfen weder verdorben, zer-
rissen odw besclunutzl, noch besclirieben oder durch einen Strich
gefälscht werden.
Die dne Art der Archivboiützung, die dnzige, weidie man
früher zuliess, lautete in loco archivi ooram archivario. Allerdings
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üdter Verinuen bei ArehiTbenflUunf.
15
bietet sie am meisten Garantie, und Viele meinen, da sei Icein Miss-
branch mO|^ich: der Arcbivbeamte kOnne ja selbst darauf achten,
dass den Scliriflstücken nichts Uebles widerfatire. Allein abgesehen
davon, dass mit dem Misstrauen, selbst wenn das Ami es 7.ut
Pflicht macht, sich stets eine widrige Empfiruhm^' verbindet, bleibt
immer noch ein guter Tlieil Vertranens nöthip, das man wohl oder
übel dem Archivbesnclier schenken mnss. Wer mö( hte das un-
angenehme Amt ausführen, einem anerkannten Geschichtsforscher
oder einem ehrenhaften Mann, der nach Famihennoti/.en fijisclit.
oder einem Heraldiker oder Sliagistiker , der Siegel auf Siegel ver-
langt, bei ihrer Arbeit sorgfältig auf die Finger zu sehen! Wie
leicht werden alte halb schon zerfallende Scbriftstticke noch mehr
zerstört, oder Urkunden unsanft hingelegt, so dass die alten brOdiigen
Siegel noch mehr leiden, oder lose AktenstQcke unter einander ge-
mengt, daas man sie nur mit Muhe und Zeitverlust wieder in die
richtige Folgereihe bringen kann!
Die Vorsieht rath, alle Schriftstücke, ehe sie dem Benützer über-
geben werden, wohl durchzusehen, — Akten mögli<hsf zu heften
und zu paginiren, — die Archivalien nur in wohl übersehbaren
Partien voi7nle(.'en, — die Benützer auf Defekte aufmerksam ZU
maehen uinl /.u iK'hiitsamem (lebrauch zu mahnen.
Allein grosse Archive spotten aller solcher N'orsii lilsmassregeln,
Wtnn der Andrang von Forschern sich veriiietirt, wvim man nicht
rasch genug die gewünschten Archivalien in den Sälen zusauujien-
suchen und herbeischleppen kann, warn die Menge laufender Dienst-
gescfaftfte keinm Au&chub leidet. Da verUetet es sich von selbst,
vor der Uebergabe und bei der ZurOcknahme all die vielen Schrift-
stficko und jedes dnzeln genau durchzusehen. Wird dann später
ehi Maugel entdeckt, so ist in der Regel der Nachweis, dass er
einem bestimmten ArchivbenQtzer zur Last fiUlt, unmöglich.
Archivbenülzung ist und bleibt Vertrauenssache. Die
Haupfgewähr, dass dem Archiv und der Wissenschaft kein Verlust
und den Archivbeamten nicht Aerger und Unannelmilichkeit er-
wachse, liegt in der Ehrenhaftigkeit und Sorgfalt der Archivbenützer
selbst. Der Archivar mö^'e deshali) bei l'jibekannten erst genau
sich nach Charakter und Zweck erkundigten , und giebt eins oder
das andere nur entfernt Anlass zu Ar^'woliii, so ist das Beste,
Jenen nur ein Stück nach dem andern anzuvertrauen, so dass man
jedes bequem vorher und nachher durchprüfen kann.
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16
LAher:
FOr die bayerischen Landesarchive smd folgende Vorscluiften
in Uebung:
Die umsichtigste Wfirdigung erheischt die Frage nach der
Persönlichkeit des Archivbenützers. Wo es steh irgend um
wissenschaftliche, oder auch nur — die blosse Befriedigung
der Neugier oder Eitelkeit ausgesehlossen — um eine genea-
logische Forschung handelt, da ist jeder k. Archivbeanile ver*
pflichtet, alle sachdienlichen Arciiivalicn nicht bloss durch Stu-
dien der Hoj>ortorien, sondern auch durch RcLherchon am
Fache sclljst hervor zu suchen und dem Archivbenüt/.or in liberal-
ster Weise vorzulegen, seiner Forschung mil Hatli und Thal
zur 1 hind zu gehen, sich dabei keine Mühe und Zeit verdriessen
zu lassen.
Je nach den Z\ve< ken und der Persönlichkeit des Forschers
ist zu ermessen, in welcher Ausddmung sein Gesuch anzu-
nehmen. In der Regel aber ist darauf zu halten, dass das
Gesuch sich auf eine durch Inhalt oder Entstdiungszdt be-
stimmte und beschrfinkte Gruppe von ArchiTalien erstreckt,
nach deren Durcharbeitung ein neues Gesuch erforderlich, und
dass von den k. Archivbeamlen nicht ein Mitarbeiten in den
betreiTenden Archivalien zum Besten des ArchivhenQtzers ge-
währt werde.
Personen dagegen, deren Charakter nach vorliegenden Tliat-
sachen oder Erfahrungen für die Inti ;,'! liät der /.wr Kinsiciil
erbetenen Archivalien die nrilhigc (iaianfif nicht bieti l. müssen
unnachsichtlich von der Benützung aus;_'c.sclilossen, be/icliungs-
wcise der sorgfTdtigsten Ueberwachung unterslellt, und bei
Walirnehmungen, die irgendwie Bedenken erregen, sofort ent-
fernt werden. Jeder k. ÄrchiTlwamte ist verpflichtet, in dieser
Beziehung dasjenige, was ihm etwa zur Kenntniss gekommen,
seinem Vorstande sofort anzuvertrauen.
Von Erfolg würde es sein, wenn jedes Archiv, an welchem •
durch das Benehmen von Benützem Unordnungen herbeigeführt
worden, darüber andern Archiven, welche derselbe Gast wahr-
scheinlich noch besuchen könnte, Mitlheiluii^ machte. PYdle er-
wiesen» Untreue aber sollten ohne Schonung öffentlich bekannt
gemacht werden.
In iitiherem Masse nehmrii niejcnig^-n das Vertrauen in An-
sprucii, welciie Akten eins(.'heu wollen, die ihrer iNulur puch sich
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Udler Vertrauen bei ArehiTbenfitaiof .
17
der OefTentlichkeit entziehen, sei es, das> fiir Rffriernnpon oder Staats-
bürger eine politische oder vcrniögcn.srechtliclie oder konfessionelle oder
sittliche oder sonst eine Rücksicht ernsterer Art es als wünschens-
werth erscheinen lässt, dass nicht Alles preisgegeben werde, hn
ersten Bande der Archivalischen Zeitschrift wurden Seite 64 bis 70
solche Fälle nfiher besprochen und hervorgehoben, dass, wo es sich
um wissenschaftliche Fragen handele, man möglichst liberal ver-
&hren und alle Weitläufigkeiten abschneiden soHe, jedoch berechtigte
Interessen zu schützen habe. Reverse, die man vom Archivbenützer
vor der Archivalienvorlage unterschreiben lässt, oder die Durchsicht
dessen, was er aufgezeichnet hat, sind Vorsichtsmassregeln, die ihren
Zweck leicht verfehlen können. Die Hauptsache ist, sich zu ver-
gewissem, ob der Archivbenützer eine vertrauenswürdige Person
sei. Wo man über Letzteres nicht klar und gewiss ist, oder
wo der Inhalt gewisser Archivalien sich nicht für die Oeirentlich-
kelt eignet, da ist es des Archivars amtliche Pflicht, sie zurück
zu halten.
Es kommt wcdd vor, dass für irgend einen vagen Zweck gleich
um die FVeiheit, das ganze Archiv beliebig zu benfitzen, gebeten
wird. Solche Gesuche verrathra in der Regel Unbdumntsdiaft mit
archivalischen Studioi, und der Beamte wie der Benfitzer im Archiv
kommen viel rascher zum Ziel, wenn Letzterer so bestimmt als
möglich bezeichnet, worauf seine Absicht geiit.
Auch mehren sich in neuerer Zeit Gesuche, das Innere des
Archivs ansehen, oder am Fache selbst nachsuchen zu dürfen. Eine
nocli voi handene Tafel, welche vor dem (Gewölbe des alten Archivs
zu Stuttgart auli^us teilt war, zeigte folgende Reime:
Wenn Da IQr klug und wds
Gern will gehalten sein.
So warte in der Stub
Und gehe nicht hinein.
Das fflntliehe Avdihr
Ist kein gemeines Hau»,
Was Dil von NöÜieii hast.
Bringt man Dir schon heraus.
Niemand beschwerlich sey,
Zuwi l, r rnicht und Ayd.
Das ist .ior Horrsrhnft Will
Und endlicher Bescheid.
Anno Domini 167S.
AicUvallMto ZsttMiwlll. lt. 2
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18
L5her:
Da>^clbo wird man wohl allor Ortrn niif Anliegen antworten,
deren Erlüllung gar U'ichl kfinnto unrin^^enelnue Folfren nach sich
ziehen, jedenfalls aber den Dieiisl stciren würde. Etwas Anderes ist
es, den Kollfj/en von einem andern Archiv durch die Arcliivsäle und
Geschällszimmer zu füiiren, um ihm alle Einrichtungen zu zeigen.
Dies zu thun, wird wohl kein Archivar in Deutschland Ocstreich der
Schweiz und den Niederlanden sich sträuben, es sei denn, dass in
ganz besondem AusnahmsßUlen die Vorsiebt davon abmahne.
Noch in anderer Beziehung muss volles Vertrauen zwischen
Archivar und Benfitzer Statt finden. Der Archivar muss vernchert
sein, dass nie und unter keinen Umständen der Benutzer etwas
NachtheiUges über die innere Ordnung im Archive und dessen Reper-
torien- und Regestenwesen veröffentliche, es sei denn, dass ein Archiv
durch offenbare Fahrlässigkeit in Unordnung bleibe oder gerathe. Der-
gleichen kann (jfrenllich gerügt werden. Auch mag ein Benützer, der
sich auf Rege>ten und Verzeichnisse im Archive verläset und dadurch
irre geführt wird, sich damit entschuldigen. Im Uebrigcn aber wird die
Anklage fast jedesmal für einen Archivbeamten unverdiente Kränkung,
für spätere Archivlienützer grössm Vorsicht und damit Zögerung in der
Bedienung herbdfähren. Es ist nämlich bei jedem grösseren Archiv
geradezu unmöglich, dass der Archivfremde nicht in seinem UrUieil
fehlgreife. Erst wenn er selbst Jahre lang als Beamter in diesem
Archiv gearbeitet, wenn er dabei den kufenden Dienst wie den
ganzen Inhalt der Säle h:\ttc kennen gelernt, wenn er daho'i alle
Bej>erforien durchstudirt und vergliclien iiätte, erst dann würde ihm
die volle Einsicht über dio Entstehung und das System der Lagerung
und Ordnung der (iruppcn und Serien aufgehen. Erst dann würde
er wissen, warum man die eine früher, die andere später b«virbeiten
musste, — warum bei diT einen die Repertorisirung auf den ersten
Stufen hat sti hen bleiben und wieder bei andern Gruppen hat gründ-
lich durchgeführt werden können, — warum man gewisse Partien
in der Art und Weise, wie sie einmal von Alters her überliefert
sind, beisammen lassen muss, selbst wenn sie nicht streng richtig
ist, — ob früheren oder späteren Archivaren oder Archivbenfitzem
zur Last fällt, dass sich em Schriflstfick in den unrichtigen Faszikel
verirrt hat, und dergleichen mehr. Jeder Archiworstand wird gern
und dankbar die Ansichten eines Archivbenützers, der eine Serie
Akten und Urkunden näher durchgearkitet hat, über Mängel und
Vorzüge in deren Repertorisirung und Kegestirung anhören und
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üeber Vertrauen hd AnhiirtMiifltaaDg.
19
wördigen: tritt der Aichi^fremde aber ohne Ermächtigimg damit
vor die Oeffentfichkeit, so begdit er einen aigen Vertrouensbriich.
Ganz besonderes Vertrauen beweist ein ArcluT einem Benützcr,
wenn es ihm Arcliivalien nach seinem Wolmorl sctuclct, um die
Kosten und Mülieii der Roisc und eines vielleicht längeren Aufenthalts
in fremder Stadt ilirii 7,11 er?|)aron. Selbstvorständlich kann ein solches
Entgegenkommen nur als Ausnahme <,'e]ti'n. und diese nur dann slatt-
(inden, wenn es sich um die Förderung entweder eines verdienst vollen
Gelehrten, oder eines nationalen wissenschaftlichen Unternehmens han-
delt, an welchem aller Wahrscheinlichkeit nach nur vertrauenswürdige
Gelehrte betheiligt sind. Wälirend aber das Archiv seine Schrift-
werke draossen hat, muss es zweifellose Gewälir haben, dass sie erstens
gesichert seien gegen Unteigang Beschädigung and Verschleppung
durch Feuer Didw Kinder Dienstboten und andere frevele Hände,
und dass sie zweitens zu bestimmter Zeit woUverpackt und versorgt
in voller Integrität zurückkommen.
Der Archivbeamte wird also zunächst darauf S^n, ob die ZU
versendenden Schriftwerke reisefähig? Sie müssen, wo sie es noch
nicht sind, gebunden oder doch geheftet worden und unter festen
Deckel kommen. Dabei muss an ihnen selbst durcii Stempel und
Inschrift kenntlich sein, wo sie hergekommen und wohin -ie wieder
gehören. Urkunden, deren Siegel selbst bei behutsamer Verpackung
leicht nothlciden, werden sich selten zur Versendung eignen.
Das Zweite ist, dass der Archivbeamte sich in den Stand setzt,
das Arduvale, wenn es von dar Rdse zurückkommt, prüfen zu kön-
nen, ob es noch seine volle Integrität habe. Es ist also vor der
Absendung eine sorgfältige Durchsicht und Beschreibung unter Vei^
meik aller etwaigen Mängel und besondera EigenthfimUchkeiten nfithig.
Wenn man nun Kodizes oder Urkunden oder Aktenbündd
dem Benutzer in seine Privatwohnung schicken würde, wäre dann
die erforderliche Sicherheit g^benV Auch der gewissenhafteste
Gelehrte kann einmal vergessen, beim Weggehen einen Kodex, der
offen auf seinem Arbeitstische liegt, wegzusiierren, und Kinder und
Dienstboten können darüber konunen. Wie aber, wenn er auf
Reisen geht, oder wemi ihm plötzlich ein Unfall zustösstV Wer
sorgt dann am fremden Orte gleich für das anvertraute Gut und
lässt es an das Archiv zurückgehen? Es ist also unumgänglich,
dass eine aifoitliehe Anstalt, bei welcher, wenn der ehie Beamte
fehlt, sogleich der nSchste als sein Vertreter handelt, das Aichivgut
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20
Udler Tertnuen bei ArduTbenCttzang.
überoebme nnd Terwahre, es in ihrem eigenen Lokal dem Benutzer
vorlege, darfiber wache, dass seine Integritöt nicht verletzt werde,
zu bestimmter Zeit und es dem Archiv zurücksende.
In dieser Beziehung bostohon nun für din bayerischen Landes-
archive seit dorn Jahre 18G9 folgondo Vorsciirifton:
1) Archivalien werden nur in bosondern Ausnahnisnilloii und
nur für verdiente (iesrhiehtsforschor nacli auswärts versandt.
2) Empfänger und vorantwoillirh für sorgfiUtigo Aufi>ewalirung,
wie für Rücksendung darf niclil bloss eine physische Person
sein, sondern in erster Linie ein Archiv oder eine Bibliothek.
3) Die Vorstandschaft dieser Behörde hat sich in ihrer amtfich
ausgestalten Empfangsbestätigung zugleich zu verpfliditen, dass
die Benützung nur in ihrem Amtslokal geschehen soll, und
dass das Archivale binnen einer bestimmten Frist in voller
Int^ität zurückgesendet wird.
4) Nur fest geheftete Akten oder fest gebundene Kodizes werden
verschickt.
5) Dieselben sind vor der Absendung zu foliircn und auf dem
ersten und letzton Blall nnl dorn Archivstcmpel zu ver-
sehen. Sodann wird naeli sorrrfTdtigcr Durchsicht über den
gesammten Inhalt sowie über die äussere BescliafTeniieit eine
genaue Beschreiljung vert'assl, welche der von der auswärtigen
Archivs- oder Bibliothekbehörde zu vollziehenden Empfangs-
bestAtlgung einverleibt, und zugleich auf der Röckseite des vor-
dem Deckels des Kodex (Bandes oder Heftes) aufgeschridien
oder aufgeklebt wird, während Kopie dieser Beschreibung als
Beleg bei den Akten bleibt
6) Die Benülzungsfrist erstreckt sich nur auf kurze Zeit, höchstens
2 bis 3 Monate.
7) Bei dem Rück<>mpfang wird das Archivale, um seine Integrität
zu untersui hen, sofort mit der Beschreibung verglichen.
Vielleieiit möchte es an der Zeit sein, dass über ähnliche ge-
meinsame Massregeln sicii die Arcliivc in Mitteleuropa und zwar
zunächst im deutschen Reich Oesterreich und der Schweiz verstän-
digen, damit die Archivalienforschung sowohl zu wissenschaftliciien
als vermögensrechtlichen als auch genealogischen Zwecken mö^ichst
erleichtert und gesichert werde.
u kju,^ jd by Google
IIL Leibniz aber Archiywesen,
Im handsdurifUicIien Nachlasse des grossen Leibniz, der sidi
auf der k. BibUothek in Hannover befindet, kommen auch zwei kurze
Denkschriften Tor, welche bezeugen, wie sehr Leibniz das Archiv-
wesen am Hmen lag.
Die erste, verfasst gegen den Schlus? des siebzehnten Jahr^
hunderls, war bestimmt, dem Kabinet des Kurfürsten vor^'ologl zu
werden, damit Leipniz zum Oberarchivar und Geheimen Hdth er-
nannt werde. Dio zwoito ist vom 20. Januar 1706 und wurde auf
Dog' hron des Ministers von Ilgen niedei^eschrieben und ihm zu-
geschickt.
Erste Denkschrift >).
Chmfarstliche Durchtt. zu Brandenburg sind in Teutschland der
grSste potmtat nächst dem Kayser, also dass kein Ghur- und Fürst
mdir bey dem publko thut, und also mehr an det UniTersal Iiistori
dieser zeit theil nimmt als Chur-Brandenburg.
Und weilen ich längst auch auff Historiam recontissiniani nostri
temporis bedacht gewesen, auch vor diesem von Johanne Philippe
Churf-'t. 7,u M.iynz l>oroit^; dazu destinii-el wordon und daher Iceinen
geringen ai)i»aratuin gesanilot, so habe dafür ffohalton, dass der Grund
dazu am besten aus den Giiur-Brandenb. memoires zu legen, zumahlen
*) Entnommen aus »Dio Werke von Leibniz gemaj^s seinem handschriftlichen
Nachlasse iu der Köiiiglicbea Bibliothek zu Hannover herausgegeben von Unno
Klopp«. Reihe I, Band 10. Hannover 1877. S. 88—86^
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22
Lnbnis:
nach des seel. H. Puffendorffs abgang Yielleicht noch niemand dazu
destiniret.
Man köndte solche anstalt machon, dass alle jahr die Ilistoria
uiini praeteriti abgefasset würde, nicht dass solche sofort zu publiciren,
sondom nur recrate rerum mancnria zn ^twerfifen, dann honach
unter dar hand zu revidiren, und ex erentibus nach gclegenheit zu
suppliren und zu corrigiren. Zumahlen auch bekand, dass ofihnahls
die nachricbtungen der consiliorum anderer potentaten, und zumahl
gegentheils erst nach verfliessung ehiiger Zeit sich zu tage legen.
Ich habe aber noch andere absehen, welche zu glori Churfl.
Durchlt. und aufnehmen des jtniilici gerichtet, und von mir gar wohl
zugleich mit heslriltcn werden können, so tiieils gehen aufT die ein-
richtunpr der Archivomm, darauff Ilii^tniin der hohen Häuser, auch
deren Interessen und jura zum öfffcicn LTunündet ; theils auf he-
förderung der nuzharen Kiinsfo und Wissenschaften, daran
boy Ooconomicis und Mililaribus, Conuuercien, bergwerckssachen und
anderen fürfallenden gelegenheiten ein grosses hafftet.
Was die Einrichtungen der Archiven und Registraturen betrifft,
so kan ich mit vielen Ezemplen anweisen was daran gelegen. Es
ist gewiss dass zum Exempel das haus Braunschweig viel bey dem
Mfinsteriscfaen Friedensschluss negligiret, weil dessen damahUge
Mmistri, als Lampadius und andere, zwar wadcere Leute in nutitüs
generalibus, aber der specialitäten, selbst eigener gerechtsame nicht
genugsam informirct gewesen. Ich habe in meinem Codice diplo-
matico solche Dinge ad illustranda jura imperü herfür geben, der-
gleichen nicht gesellen, und da Conringius in seinem opnre de finibus
sich mit allerhand testimoiiiis der Scribenten bcbelfVen müssen, und
offlmahls das beste nicht gewust, liat)e ich gewiesen, dass der Kuyser
ein grösseres recht circa Episcopatuum et Abbatum Electiones krafft
der Concoi'daten halje als man insgemein vermeinet, dass die ver-
meinten Exemtiones principum et civitalum Italiae niclits als privi-
legia und keine renuntiationes juris supremi in sich halten, wie ich
denn unterschiedene solcher privilegiorum in forma habe. Item dass
der delpliinat salvis juribus Imperii an Fhmkreich kommen und mit
der aussdrQcklichen oondition de non uniendo coronae; dass der
Eayser noch lange die jura supremae potestatis über den Ck)mitatum
ProTindae ^«rciret Item ich habe ein protocoll in forma producircl,
daraus die rechte grenzen zwischen dem Reich und der Grone Frank-
reich zu sehen de ao tausend vier hundert und etliche neunzig.
L.idui^cü uy Google
Ueber ArehifirMeii.
23
Weil nun Chur-Brandonburg so weitläufTligo laiuli' uiul so viel
Rct'icnmgen und Archive hat, ist leicht zu erachten was.s für ein
grosses alda zu thun, und wie dienlich seyn würde solche in eine
Ilarmoniam und Inventaria Generalia zu bringen.
£s finden sich auch offtmahls hto und wieder ivichtige Mscpta,
wdcbe zu conserviren dienlich. Ich erinnere mich in meiner jugend
ein Ifanuscript des ad. Weinmans Glevischen Ganilers gesehen zu
haben, so von präcedenz der R Ghuifet. -vor der Republic Venedig
gehandelt, und kan ich auch bey dieser gelegenhdt wohl erwelmen,
dass ich ein rares Manuscript eines Magistri caerancmiarum ponti-
ücii zu Zeiten Alexandri VI papae habe, darauss man siebet, dass
der Venetus dorn primario Electorali in Capolla pontificis weichen
müssen. Habe auch unter andern ein IrcfTlich diplonia gefunden,
welches aus den Ghur-Brandenburg. landen konit, daraus etwas
der weit heut zu tage unljekandtes zu erweisen, dass nehmlich
Chur-Maynz, Chui- Trier und Chui-Güilen, nicht nur von iiechts
w^n den Gardinälen vorgehen, ohngeacht sie solch ihr recht nicht
genugsam beobachtet, sondern selbst Gardhuales nati, oder Gardinales
ipso jure seyn, und zwar, quod notandum, Gardinales Archiepiscopi,
da sonst die andern alle nur Gaidlnales Episcopi, Gardinales pres-
byteri, und Gardhiales diaconi seyn, und bilde ich nur ein, das
Originale oder doch uralte Copien werden sich in den Chur-Brandenbg.
landen finden, dadurch GhurCsiL Durchlt ihre Mit-Ghurförsten ob-
ligiren l^önnen.
Stünde demnach dahin, ob Churfstl. Durchlt. guth finden wür-
den einer gewissen ptM'son unter der (jualilät dero gelieimen Ralhes
das Ober Archivariat und einricliluiig aller regislraturen deren lan-
den zu committiren, damit solche in eine Universal-IIarmoni und
zusammen lauil'ende Inventaria zu nachriclil dero Minislrorum Status
gebracht werden köndten. Mit deaen Registraturen und Archivoi
hat nicht nur die Hisloria, sondern an sich selbst Res Studiorum
eine grosse connezion. Es haben Ghur£st DureUt vier Universitäten
und vid vwndmie gymnasia in dero landen; fibwdiess so mflssen
in so weitlflufftigen landen viel wackere ingenia begriff seyn,
welche thdis in GhurfsU. und andem bedienungen, theils für sich.
Wie wann nun 8Ub Auspiciis Friderici eine societas Electoralis
Branden burgica exemplo Regiarum Londinensis et Parisiensis ein-
gerichtet würde? Da gelehrte leuto in omni studiorum genere,
sonderlich aber in Physicis et Malkematicis nüzliclie gedanken, in-
ÜiyitiZüü by GoOgle
24
Leibniz:
vonta et Expcrinienta /.nsaminentrügon, dass ich zu guter einrichtung
eines solchen Vorhabens etwas beytragen köndte.
Eondte vielleicht ohne rahm Termelden, wie dann diessfals
judicia exterorum, und der applausus einiger meiner bisherigen ent-
deckongen vor mich sprechen lönnen.
Vomefamltdi k&me es darauf an, wie ein solches zu fiussen,
dass es ohne CaiurÜBil. Duichlt. Kosten gescbebn kfindte. Deswegen
ich denn verhoffentlidi sehr angenehme Vorschläge zu Ihun wüste,
und mich deswegen femer nach erfordern und befehl wieder zu
vemehmen zu lassen nicht ermangdn werde.
Zweite Denkschrift *).
Zu ergänzung dos Archivi, Verbesserung der zollerisdien, bran-
denburgischen und preussischcn Hisluri und crhaUun<r allerhand
dienlicher naclirichtungen , die jura, grenzen und andere geschrillle
betr^end, wQrde dienlich seyn, dass von wegen Eönigl. Mt. anstalt
gemachet wtfarde, die in dero Landen, oder sonst bey dero Hause,
auch wohl anderwerts befindliche scriptnren, dazu man gelangen
und dabey man etwas nüzliches vennuthen kan, genauer als bisher
geschehen seyn mag, untersuchen zu lassen, da dann nach gelegen-
heit Repertoria, Rubriquen oder Argumenta und Copial-Bücher, zu
Zeiten auch die Copeyen gewisser stück, wo nicht die originaüen
selbst an band zu schaffen.
Solche Scripluron in König!. Mt. landen befinden sich: 1) bey
denen Regierungen oder Canztoyen der provinzcn; dann 3) olTlnialils bey
denen Atnts-Registraturcn, .sonderlich wenn die äinlcr vor diesem eigene
Herrschafllen, oder auch die anilhäuser castra doniinantia gewesen;
3) bey den hohen und niedrigen Stifftern; auch
4) Klöstern und zwar nicht allein bey denen so noch in ihrem
wesen stehn, sondern auch zu seit«! bey denen, die secularisirt, da
doch die Scripturen noch bey der Verwaltung blieben.
Es wäre auch 5) nachzuforschen und zuzusehen, wo die scrip-
turen der aussgestorbenen gräflichen und ander fitmOien, deren
lande Knigl. Mt. und deren Vorfahren zugewachsen, hinbracht
worden, wie dann die docuincnta ofll durch Allodial-£rben, auch
wohl durch detentores abhanden kommen.
Item 6) ob nicht zu alten und item jüngeren Zeiten durch kriege
') Daselbst 892—394.
i^iyiu^cü üy Google
lieber Arehivwesen.
25
oder andere revolulioiu s allerhand Scripturen sowolil der Lande und
R^ierungen, als der Stiflter und Clösler ausser Landes bracht
worden, und wo diesdbigen hinkommen seyn m^en, wfe man dann
venneynet, dass zn der zeit, da die Haick in der KOnige zu Böhmen
hSnden gewesen, gar viel documenta iiaeher Prag transfisriret worden
wfiren, auch bey denen Stftdten^ deren einige zu gewissen zeiten in
der Hanse und andern Bündnissen gewesen und sonst vid freyheit
exercirt, nach denen briefschafften zu sehen, weil offt aUda nicht
wenig guthes anzutreffen.
Und lezlich 8) weil viel documenta darauss liecht zu schöpfen,
in manus privatorinii kommen, hätte man auch so viel tbunlich
deswegen Kumlsi hafH cinz.iiziehfn.
Ausser Laiules wäre durdi bequeme Personen in Franken und
iScjiwaben naclizusiiclien, was vor Scri|)turen und monumonta sich
linden, davon die IJistori, geschäflte und reclite der grafon und
Fürstra zu hohenzollcrn und Burggrafen zu Nürnberg zu erleulern,
nachdem bekand dass wenig tüchtiges bissher davon zum Torsehein
kommen. Es wäre auch vielleicht nfizlich und rühmfieb, wofern
auss den vorhandenen documentis selectis ein eigner codex diplo-
maticus Prutenico-Brandenburgico-Auriacus ad perpetuam rei me-
rooriam zusammen bracht würde.
Wozu denn auch 9) die Chronica inedita zu weisen, die sich
ofTl bei privatis finden, wie ich dann selbst solche alle vor etliche
100 jähren gemachte Chroniken, welche von alters her den Urkunden
fast gleich, bissweilen auch höher geachtet werden, und die iiönig-
lichen lande angehen, beschafft h&be.
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lY. Uober Urbarieo uod Urbarialaufzeichnimgeiu
WirthtcbtfttgeMhiehtlicho Bemirkungen
von
Dr. Karl Theodor von Inama-Sternegg,
Pn>r«flMnr m Iniulirack.
Urbarialaufzeichnungen haben sich zwar schon seit geraumer
Zeit einiger Aufinerksamkeit von Seiten der Historiker (Kopp, Gfrörer,
Hone, Lorenz, Droysen u. a.), der Sprachforscher (Pfeiffer, Zingerle)
und der Juristen ^enaud, Manier, Gengier) zu erfreuen. Dagegen
haben sich, soviel mir bekannt, die Nationalökonomen, die doch aus
dem Gesichtspunkte der Wirtlischaftsgosrhichte bes<Miders dazu be-
rufen gewesen waren, dem Gegenstande noch kaum genähert, ge-
schweige denn, dass sie angefangen hätten, sich cnii^tlich dem Studium
dieser Quellen ^u widmen Es wird mir daher wohl gestattet sein,
vom Standpunkte der WirtlischafLsgesehichte aus diese hoeh wichtige
Quelle der Erkenntniss älterer VVirtliscliaflszustände etwas zu be-
leuchten *).
Ich erblicke eine besondere Berechtigung hiezu auch in dem
Umstände, dass bei allem Interesse, wekhes den Uibaiieo und ver-
*) In der Geschichte der lAndwbthachaft haben Anton md Langethal »rar
aur die Urharien nficksicht genommen, sich aber do<Ji im Wesentlidien auf eine
Reproduction einzelner Güterlieschroibun^'cii In-schränkt.
') Vgl. im Allgemeiueu meine Abhandlung über die Quellen der deulscben
Whrtbflchaftsgewhichte, in den Stamigiberiehten der kais. Akademie der Wissen-
Bchaften in Wien, phil. hial. dawe, Bd. 84.
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Ueber Uibarian nocl ürtwialiMftdchnnngwi, 27
wandten Quellen bis nun entgegengebracht wurde, dennoch sowohl
der Stand der Publikationen als auch die Bearbeitung und Ver-
wcrlhung dersüU)cn für die verschiedensten Gebiete der Geschichts-
wissenschaft durchaus ungenügend genannt werden niuss.
Vielleicht liegt die Erklärung dieser Erscheinung gerade in der
bisiier aigen Vernachlässigung wirthschaflsgesdiiclitfidier Forschung.
Ffir die geschichtliche Rechtswissenschaft shid und bleiben die Ur-
barien doch immer nar Quellen zweiten Ranges, zur Erkenntniss
eines l)estimmten Rechtsznstandes alierdfaigs sehr geeignet, aber doch
keine Rechtsquellen im engeren Sinne.
IMe Sprachforschung hat an ihnen ohnehin ein sehr einseitiges
Interesse. Sie berücksiehUgt zwar, soweit es die Durchforschung
der alten Formen von Orts-, Flur- und Personennamen gilt, alle
Urbare, le^rt aber doch das Schwergewicht ihrer Arbeit nur auf
die deutschen Redactionen , die vielfach früher als Urkunden in
deutscher Sprache sind, du sie auch Ungelehrten (Meiern, Vögten,
Laienbrüdern etc.) zu jeder Zeit zugänglich und verständlich sein
mussten. Die Historiker endlich legen den Ton entweder auf die
Kunde alter Topographie — den historischen Atlas — , der doch
immer nur ein lokales Interesse beanspruchen kann, oder sie ver^
werlhen vorzugsweise die in den Urlxurien eingestreuten Daten von
allgemeinen Interesse für die politische Geschichte; veremzelt freilich
haben sie diese Quellen auch schon b«ifltzt, um ein Gulturbild
&Dßr bestimmten Landschaft in bestimmter Zeit zu entwerfen
wenn ihnen dabei auch die nationalökonomischen Gesichtspunkte
nicht geläufig waren, unter denen sich erst der volle W'ertli
dieser urkundlichen Schilderungen mittelalterlicher Grundherrschaflen
enthüllt.
Es liegt darin die entschiedenste Autfortlerung an National-
Ökonomen historischer Richtung, das Studium der Urbarien selbst in
Angriff zu nehmen, um aucli an ihrem Theil Anregung und För-
derung einer erschöpfenden Ausbeutung dioer werthvdlen Denkmäl»
unsrer Vorzeit zu geben, wie sie durch die verschiedensten historischen
') Po z. R. Kopp in seiner GcHoliiclit«' der eidp:. Bündt' II nach »iorn I'ihar
der Gral'eu von Kiburg und dem habshurgiachen Urbar, Lorenz in seiner deut-
when Geschichte I meh den OUokar'seben ÜTbaren von Oesterreich und Steyer-
mark, Drojsen in seiner Geschichte der pieiissisch«! Politik I nach dem neih
jnirkisehen und dem Lendbuehe Karl IV.
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28
Inama-Steraef^:
Disciplinen bisher schon in ihren eignen Slutlien und Beslicbungeu
angeregt und gefördert worden sind.
UeborbUcken wir nun zunächst den ganzen QudMcreis, welcher
unter der g«ndnsamen Bezeichnung »Uibarialau&eichnungen« ver^
standen werden muss, so gehören hierher:
1) Die Invenlarien einer Grundherrschafl oder dner Gutswirth-
seliaft über den liesitzstaiui . die Renten und vermögenswerthen
Rechte, niciit sclton auch ühw di-n Stand der Gutshörigen und Leib-
eigenen, Vieh?fand und VorräUio. Solciic Inventarien begegnen uns
bald ah Heiln^'ein.^lrunicnlc yai Traditions-. SchiTikniigs- udtT Testa-
meutsuikunden, bald als Grundlage der Gul.srechnungen, aber doch
auch als Vorbereitung für grössere, eigentliche Urbarien. Ja die
iiltcsten vollständigen Urbare wenigstens scheinen in der Regel auf
Grund einer vorangegangenen Inyentarisirung des Besitzstandes, der
, Renten und Leistungen, welche eine Gutsherrschaft beanspruchen
konnte, unter ISnTemehmen der Pflichtigen angelegt worden zu
sein
2) Die Manuale, Coneepte, Leitfaden und sonstige fragmentarische
Notizen über den Gulsbestand und die Einnahmsquellen der Wirtb-
schafl, welclie sicli die Gutsherrn selbst oder ihre Verwalter an-
legten, bald nur als Gedächtnisshilfe, bald als eigentliche Vorbe-
reitung für ein vollständiges Urbar der Grundherrschafl Auch
die suuunarische Vorschreibung oiler Zusaniiiienlassung der Traditio-
nen , dunh welche der Bestand der Grundherrschafl sieh gebildet
hat, niuss hieiier gerechnet werden, da sich aus ihnen nicht selten
sp&tcr Urbare herausgebildet haben.
3) IMe Zins-, Gölte- und IM«istregister, Heberollen, Pfand-
rotehi und alle Arten von Einhebungsregistem, welche zum Hand-
giebrauche der V(Sgte und Verwalter bei dem Einzug der Steuern
und GeflUle, sowie zur Gontrole der geleisteten Frohndienste gebraucht
wurden. Sie gehören bald zu den Vorstufen des eigentlichen Uriiars,
') Die wichti^'sleu nclcge «ind: Caroli M. cap. de villis c. 3, Pitlyitl. Trniinonis
(ed. Guörard) 11 S45, notitia tesüuin 813 (?), ca. 820, 825 bei Wartinann Ur-
kundenboeh von SL Galleii n 898— 887. Aber auch noch im ürbw jou
S. Emmeram (Pes thes. L 8. 67 f) heisst «s: amio 1081 fratram eoetu fluni-
liaque probanle prao>;enf fl-srr!ptin facta est.
*J Vgl. Zahn im Archiv für Kunde österr. GMchichtwjuellen Bd. 27. S. 280 O,
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Ueber UilMrien und Urbarialauteicbnungen.
29
wo die Uebersicfat des Besitzstandes und des grundherrlicheii Ein-
kommens nur auf ihnen beruhte, bald sind sio Anszü;/o aus dem
Urbar selbst, wo sie dann nur den handlichen Gebianch desselben,
insbesondere auch an den verschiedenen Einhebungsstellen der Ab-
gaben, den Officien, erloichlom snllton
4) Die eigentlichen TTrharion oder ninndbüclier, tleron AulgalK?
in einer erscliöpfcndcn , «yslematisch und froogi-aphi?ch ^'eordnclen
Darstellung der Besit/.unj,'en, Dienste und Einlvünlte, vorniügens-
werthen Rechte und Leistungen einer Grundherrschafl bestand. Sie
sind Tom Standpunkte der Wirthschaftsgeschichte natfirlich bei weitem
die wichtigsten Quellen dieser Art; denn indem sie sich über ein
grosses Gebiet erstrecken, wird die Znstandsschilderung, welche sich
aus ihnen gewhmen Ifisst, typisch für eine ganze Gegend, in der die
Verhältnisse dner gössen Grundherrschafl immer massgebend gewesen
sein w crdon ; und indem sie nait grösster Vollständigkeit alle wirtli-
sdiafllich bedeutsamen Beziehungen der einzelnen Theile der Grund-
herrschafl, der herrschenden und der dienenden Güter, der Erträgnisse
und ihrer Quellen zahlenniässig tiurstellen, wird nicht bloss ein Urtheil
über die wahre Bedeutung aller Anfjaben wesentlich erleichert, son-
dern OS wird üherhauj>t er.-t die Anwendung der statistischen Methode
zur Gewinnung nalionalökonomischcr Resultate möglich. Denn nur
in Durchschnitten, welche aus genügend grossen Zahlenreiben ge-
wonnen werden, manifestirt sidi das Gewicht und die Tragweite
Ökonomischer und socialer Zustände für das ganze Gniturleben eines
Volkes.
Wir dfirfen aber desswcgen den Werth und die Bedeutung un-
▼oHkommener Urbarialau&eichnungen doch durchaus nicht unter-
schätzen. Niclit bloss sind uns aus der älteren Zeit des deutschen
Mittelalters fast nur solche fragmentarische Urbare zur Verfügung,
so dass wir schon desshalb jedes für sich im höchsten Masse will-
kommen heissen müssen. Auch noch für .spätere Zeiten, wo schon
die eigentlichen Urbare häufiger zu werden beginnen, sind alle sie
ergänzenden Quellen von grössler Wichtigkeit, theils um geographisch
die Lücken auszufüllen, welche die vollständigen Urbare noch übrig
*) Vgl. hiezu Fr. PfcinVr das liabHbiirp i'i^jtprrfirhische Urbarbuch (BiMinUick
des lit. Vereins in Stuttgart üd. XI\ 1850 S. IX f. Weitere Beispiele bei Maurer
FimnhOfiB II S. 607. Horawits in Zeitseh. t deutsehe Culturgeschichte 1872
a 491 c.
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30
V, loama-Stemegg:
lassen, theOs um da«; statistische Verfahren der Massenbeobaclitiing
und dar groP?on Durchschnitte noch vollkommener nnd zuverlässiger
anwenden zu können. Mit jedem Inventar, Concept odor Rodel,
welrho aus dem Dunkel der Archivo hervortreten, steigert sich die
Ilotlriung, die nationale Wirtlischaflsgoschichtc eines Tages auf voll-
konuneti exakter Grundlage herzustellen und damit auch der nalional-
ukotioiiiischen Theorie die so lang schon vermissle Sicherheil des
wissenschatl liehen Verfahrens zu erringen.
Der Zeit nach lassen sich die Urharien in drei grosse Perioden
cintheileii, von denen die erste von der ältesten Zeit bis zum Ende
der KaroUnger-Herrsdialt reicht, die iweite das 10.— 12. Jahiirandert
unifasst und die dritte im WesentUehen dem 13.— 15. Jahrhundert
angehdrt
1) Aus der ersten Periode besitzen wir von Deutschland aller-
dings nur wenige Stücke, und es ist sehr m besweifehi, ob eine
noch so emsige Nachforschung in den Archiven ihre Zahl erheblich
zu vermehren im Stande sein werde. Abv es ist andrerseits wohl
nicht zu bezweifeln, dass eine Anlegung von Urbarien auch in dieser
Zeit srhon häufig erfolgt ist. Dafür sprechen einerseits die Anord-
nungen Pipins, Karls il. Gr. und seiner Nachfolger, Güterverzeichnisse
über die Penefi( ien der Bischöfe, Aebte und Aebtissinen, Grafen
und Vasallen anzufertigen ^) und die Muster solcher Verzeichnisse,
welche uns als Breviarium rerum fiscalium aus der Zeit Karls des
Grossoti erhalten sind ; anderseits die zahlreichen schönen und
reichhaltigen Polyptichia fhmzösischer Stifte und Klöster*), deren
') Annal. Alnni. a. 751. — Cap. Af|iir>iis. 807 §, 7. — Gap. Aquisgr. 812
c. 6 und 7 Pertz LL. 1, 149, 174. — Erni. iNigell, Carmen v. 521—624 PerU
SS. n, 488. >- Gap. 846 in villa Spamaeo e. 20. Gapit. 868 sjnod. Saeas. miaals
dominicis data c. 1—8. Cap. Cumpend. a. 867 c. 1 f. Pertz LL. I, 389—418.
Kino Anweisung K. Lotbars 8fi9, ein Polypticiion der Abtei Lobbes bersu»
stellen nacli d'Achery Spicilcgium (1728) II, S. 735.
*) Bei Peru LL. I, 176 ff.
•) Z. B. Pdyptichion Irminonis (St. Germain), Polypl. Silliicnse, S. Remigii
Hemenria, monast. Fo?sntfn«i?. \^\, i. A. Guerard l'olyptifjno de rabbr Irminon
00 denomtiremeut des muni>et>, des serfs et des revenues de l'abliaye de
8L Germain-des-Prfs sous le regne da Qiarlemagne pubM avee des proiegomeiiM»
2 T. Paris 1844. Das voUsUUidigste Werk fiber diese Qnellen.
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Ueber ürbarien mid Uifaftrialaulkdeliiningeiu 31
Vorbild sicherlich auch auf die verwandten doiitpchen Anstalten zu
gleicher Thätigkeit anregend gewirkt haben (lüilte. Die Urbarial-
aufzeichnungen, welche wir von deutscljcii Landen aus diesem Zeit-
raum besitzen, geliören zum Theil in die Klasse der Inventarien,
wie die Mustor von Breviarien von StafTclsee, Asnapium und Treola
aus der Zeil Karls des Grossen (Pertz LL. I, 176 ff.) und das
Breve commemoratonum des Bischofs Erchambert von Freising (836
bis 864) bei Meicfaelbeck bist Frising. 1, 1. 126» welches sich jedoch
nur auf das Gut Perechirichuin besieht und auch biefÜr nicht voll-
stfindig zu sein scheint Wenigstens deutet darauf der Scbhisssatz
Meicbelbeidcs »haec et plura bis quam dmilia« und der Umstand hin,
dass er das Stück überhaupt nur als Beispiel anführt, was zu jener
Zeit bei den Visitationen der Kirchen beobachtet wurde.
Auch die Güterverzeichnisse im Testament des Diacons Grimino
von G36 (Beyer, mittelrh. Urk.-B. I, S. 5 f.) und des Bischofs Tello
von Chur von 766 (Mohr cod. dipl. Cur. I, S. 10 — 19) können
einigcrmassen den Inventarien zugezählt werden.
Andere Urbarialaufzeichnungen dieser Zeit sind als summarische
Vorschreibungen oder Zusammenfassungen von Traditionen und andern
Gotserwerbungen au&u&ssen und ersclieinen als eine Vorlsereilung
ÜQr ein vollständiges Urbar; so vor allen der beröhmte hidiculus
Amonis und die breves notitiae, welche der Enknschof Arno von
Salzburg znr Sicherung und Icdniglichen Bestätigung des bisher er-
worbenen Besitztbums angelegt hat^). Dmsäben Ghandcter trftgt
das Breviarium Sancti Lulli, in welchem die Güter verzeichnet sind,
welche die Abtei Hersfeld zur Zeit ihres Stifters, des Abtes Lullus er-
worben hat, und welche bald nach seinem Toile (786) hinzugekommen
sind. *) Auch das Breviarium Urolfi Abbatis (788-— 814) de coenobio qui
vocatur Altalia (Mon. Boic. XI, S. 14 f.), eine summarische Aufzählung
der Mansen, welche der Abtei unter den Herzogen Odilo und Tassilo
geschenkt wurden, hat mit dem Congestum Arnonis viel Aehnlichkeit,
wenn es dasselbe auch an Reichhaltigkeit bei weitem nicht erreicht.
Ebenso gehört hieilier äas Yerzeichniss von Götem des Klosters
Weissenburg im Wonnsgau, welches einen Bestandtheil des sogenann-
ten Breviarium rerum fiscalium bildet (Pertz LL. I, 177 f.)
'} Neu herausgegeben von Keinz, München 1869; ergänzende Bemerkungen
von Waltenhacb in den Heidelberger Jahrbflchem 1870.
*) Dandbe bei Wenk Urkundenbneh mm II. Buide der heaslflchen 6e-
schichte, S. 16 fL
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32
V. Inania-Stornegg:
Die kurze Aufzählung' von Kirchen, Gütern und Hörigen dos
Klostors St. fJallon aus der 2. Hälfte dos 8. Jahrhundort> (Wart-
mann, Urkuiidoiihuc Ii der Ahtoi .St. fiailtni I, 16) und dio zwei
ältesten GiUervor/.cichuisse di'S Klostors Lors< h aus der Zeit Karls des
Grossen (Cod. Lauresh. 1, 5 und fast ganz gleichlautend II, 346)
sind wohl nur Notizen für den Dienst der Gutsvcr waltung, weder
Fragmente eigentlicher Urbari<»i noch Excerpte ans solchen oder
Heberollen; und ebenso wird auch das Einkänfteverzelchniss des
Klosters Wessobrunn sub Abbate Jlsungo ca. 760 (Mod. Boic Vn,
837) zu beurtheilen sein, wenn es äberhaupt dieser Zeit angehört >)•
Dagegen haben wir in dem Registrum antiquum bonorum
ecclesiae Prumiensis ein ungemein reichhaltiges und vollständiges
Urbar, das Caesarius, Exabt von Prüm, nach seiner Angahe im
Jahre 1222 aus einer Handschrift des Jahres 893 abgeschriohon
und mit einem ausführlichen Gommentar vcrsclieu hat (Beyer,
mitlelrh. ürkundenbuch I, S. 142—201). Es reiht sich würdig an
dio grossen Polyptichia französischer Abteien an und ist überhaupt
das älteste Beispiel eines vollständigen Grundbuchs einer deutschen
Grundherrschaft. Ob es freilich in allen Theilen vor der Kritik,
welche auch die Präm'schen Archivaren durchaus nicht als un-
bedenklich erfünden hat, wird bestehen können, bin ich zu be-
urtheilen vorlfiufig ausser Stande.
Diese Anfange von Urbarialaufzeichnungen in der ersten Periode
deutscher Wirthschaftsgeschichte können wir mehr oder weniger alle
auf den mit Bewusstsein ordnenden Sinn und dio politische Ge-
staltungskraft der tüchtigen Herrscher aus don KaroUngerhausc und
auf die mächtige Anregung zurückführen, welche von ihren Anord-
nungen und Einrichtungen auf die Ordnung des öffentlichen Lebens
der Nation ausging.
2) Dio zweite Periode, im Wesentlichen das 10., 11. und 12. Jahr-
hundert umfassend, zeigt nur wenig von dieser tüchtigen und
energischen Thäligkeit der Reichsverwaltung. Viehnehr war es nun
mehr die centrifugale Tendenz aller kleineren Gewalten im Reiche,
welche zur Pflege des Urbarialwesens einen neuen Anstoss gab. Die
möglichste Ansammlung eines grossoi Gfitenrermögens und die
Auch das kurze Verzeichniss der Waid- und Weideberechtigungen, welche
der Abtei Werden n Hdaing«!! und OeA ngestanden (bei Laeomblet Uiknnden-
Inich I n nun Jahre 848X mag hier erwAhnt werden.
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Ueber Urbarien und Urbarialau£zeicbnungen. 33
imzweifelhafte GonstaUning und rechfliche Sichenmg des Besitzstandes
drSngte die GnixidlieiTn za solchen Arbdten. In einem m<)g1jchst
Tddien Urbar ward i^eichsam der legitimste Titel zur Inanqvucb-
nafame jeglicher Selbstftndigkeit und Immmut&t von der Reichagewalt
erUicIct. Darum sind audi die Urbare dieser Zeit viel mehr auf den
Besitzstand und die Eänkfinfle, als auf die administrative und
ökonomische Benützung derselben gerichtet; viel mehr eine Quelle
Pur die Geschichte der Gütcrvertheilung, als der Güterlaenützung, des
Productions- und Erwerhslebens der Bevölkerung.
Die Anzahl der IJrbarialaufzeichnungen, welche aus dieser Zeit
bekannt geworden sind, ist eine relativ nicht unbodoutcnde. Der
Versuch eines Ueberblicks über das gedruckte Material wobei
allerdings die von den Herausgebern festgestellten Altersangaben als
Grundlage dienen mussten, ergab 21 Stäcke Yon geistlichen und 2 von
wetUiehen Grundherrschaften; es sind Urbarialaul^Eeichnungen von
Ghur, Maurusmänster und Sindeisberg, Si Alban bei Mainz, Lorsdi,
Fulda, Retters in Nassau, Werden a. d. Ruhr, Hetlach, Trier,
Rupertsberg a. Rhein, (üorvey, Freckenhorst, St. Ludger in Helm-
stedt, Osnabrück, Augsburg, Tegernsee, Benediktbeuern, Freising,
St Emmeram in Regensburg und Reichersberg am Inn einerseits,
▼on den Grafen von Dale und von Falkenslein anderseits*).
Es kann wohl mit Bestimn)thei( angenommen werden, dass
dieses Verzeichniss go(h'U(:kter Crbare aus dieser Periode noch un-
vollständig ist; denn lu i der prrossen Zerstreutlioit und viellarh sogar
Verborgenheil der eiii/t hien Stücke ist eine vollständige Bekannt-
schaft mit allen Publikationen dieser Art von einem ersten Versuche
In den Sitzungsberichten der kais. Akademie Wien, 1876. Bd. 84.
a 198 ft
*) Hinzuzufügen ist noch «in Seh«iikaiig8Kgi8tffir des Klosters Helmerdiftiuen
an der Dirnicl, ^'escli riehen um das Jahr 1120, bei Wenk Urkundenbuch zum
2. Bande der hessischen Landesgesctiichte, S. 60 (T. Dasselbe isl ein summarischer
TtaditioQSOodex, ähnlich dem von Lorsch {Cod. Lauresh. Iii, 231 ff.). An das«
sdbe aehUesst nch bei Wenk S. 72—76 «In Vemiehnist der dni«]n«n OeOlle,
von dem jedoch der Anfang fehlt, — Auch das Urbarialfragment des Domcapitels
in Passau, Mon. Hole XXIX t>, '2*;4— 2GG und Urk.-Buch des Landes o. d. Enns
I. 51Ö — 520, gehört noch dem 12. Jalirhundert an. — Eine Urbarialauf Zeichnung
Aber den Hof ta bigeaheim (dem Domcapitel von Stnssbaig gehörig) aus dem
II. JahrhuiHlcrt, smvie ein Ertragsverzeicbniss der Cohmie Willegoltbeim im
Elsass (1101) hei Hannurr los conititations des campagnes de TAlsace au
moyen age 1864 S. 11 und 14.
AroUTsUMh« ZcUtohrtft. IL 8
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34
V. Inama-Stemegg:
der Sammlung kaum zu erwarten. Ebenso werden sicher manche
der angefahrten Urbare bei genauerer, besonders auf archhralisdie
Studien begründeter Kritili wieder ausgeschieden und einer sp&tem
Zeit zugewiesen, vieilelcht gar als unecht erlclärt werden mössen.
dem bekannten Bestreben der Klöster und Stifte, Besitz und
Rechte aus möglichst frülier oder gar iinvordt nklit lu r Zeit licrzuleiten,
wie bei dem nicht minder l^ekannten Bestreben älterer Herausgeber,
dor von ihnen pul)li( irten Quelle ein rn()i,'lichst ehrwürdiges Alter zu
vindirin n , wird die Ghronolou'ie der Url)arion allerdings noch ein
weites Feld ihrer Thätigkeit olTen haben und die Kritik überhaupt
nicht so bald jeder Mülu' iiberhohen sein
Aber es darf doch anderseits nicht überselien werden, dass die
Reihe der Urbarien aus dieser Periode noch einer erliebliclien Er-
weiterung f&hig ist, wenn nur erst die reichen archlvalischen Schätze
gehoben sdn werden, von deren Esstenz bis jetzt noch kaum eine
Kunde geworden ist.
Ich will diese Annahme mit zwei Beispielen wenigstens etwas
rechtfertigen.
a. Für einen Codex traditionum Westfalensium, der vorzugsweise
eine Sammlung aller Urbarien dieses Gebietes enthalten soll, sind
neun meistens sehr werthvolle Stücke ver/oichnet, von denen nur
einige bi>her durch den Druck liekannt geworden sind. Ich er-
wähne sie hier nach der Einleitung zu dem I. Bande dieses Traditions-
codex *). 1, Ein umfangreiches ungedruckles Ileberegister des Stifts
Werden aus dem IX. Jahrhundert. Original im K. Staatsarchiv
zu Dässeldorf A. 89. 2. Ein ebenfalls sehr ausgedehntes Werdener
Heberegister sec DL und X. Original ebend. A. 88. 3. Das Freeken-
horster Heberegtster sec. XI. 4. u. 5. Zwei Heberollen des Stifts
Herzebrock sec. XI. Depositum des Fürsten Bentheim-Tecklenburg-
Rheda im K. Staatsarchiv zu Münster. 6. Ehi sehr ausführliches
Heberegistcr sec. XII. 7. Das Heberegister des Grafoi von Dale.
1188. 8. Eine Heberegister des St. Mauritzstifts von Münster aus
dem 12. Jahrhundert 9. Ein Heberegister des Stifts Ueberwasser
*) Es ist hier nur beispielsweise au das früher berühmte, jetzt als Fälschung
«ICBniite Registram bonorum et proventumn Abb. Corbeiens. des Abts Saraclio,
angeblieh aus den Jahren 1068—71 bei Falice Codex tradit Gorbeiens., ni er>
innern. Vgl auch die Bemerkungen von Hundt za den Urfcarien des Eloeters
Altomünster (Ob.bair. Archiv XXI. S. 203).
*J Herausgegeben von E. Friedläiider 1872.
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Ueber Urbarien und UiiwrialBufiwiehniingen.
35
zu Münster aus dem Anfang des 12., vielleicht Ende des 11. Jahr-
hunderts.
Aus späterer Zeit sind dann nocli für die Herausgabo ver-
zeichnet: das goldene LjucIi von Freckenhorst, der sog. über catenatus
Vredensis und ein Cappenberger Güterverzeichniss aus dem XIV. Jahr-
hundert, ein Verzeichniss der einer Reihe von Klöstern des Münster-
landes gAiXSanigea Etixsa, und dn registrum decimarum des Stifte
UdlMTwasser aus dem 15. Jahrtiundert
b. Ein flachtiger Besuch im k. bair. allgemeinen Reiehsarebiv hat
mir eine Reihe noch ganz unbenutzter Urbarien in die Hände ge-
führtt von denen dieser Periode zugehören dflrft^:
a. ein Urbar (k>s Klosters Baumburg in dem Cod. membr.
Fol., 12. Bl., Archiv Nr. 2 Seite 5—14 (Seile 1-4 fehlen)
nach einer alten Archivnotiz aus dem Jahre 1166. Ein sehr
vollständiges Urbar desselben Klosters, beendet 1245 (die Jjihres-
zahl des Beginns ist unleserlich, aber von derselben Hand)
enthält ein Pergainentcodex Nr. 17, ib. auf 63 beschriebenen
Blättern.
b. ein Urbar im Salbuch von St. Mang in Stadt am Ilof
Nr. 1, Perg. Codex, Fol., 32 beschriebene Blätter, nach alten
Copien aus dem 12. Jalurbundert, jedenfolls aber, wegen der
Schrift und wegen der darin verzeichneten Umwandlung von
Naturalabgaben in Geldleistungen nicht vor Ende des 12., eher
sogar an den Anfang des 13. Jabriinnderts zu setzen.
c. der Liber decimarum, subditomm et prestandorum ab
eis sive ad granarium sive ad culinam, conscriplus anno 1206
des Klosters Au, beigegeben dem Traditionsoodex, gr. 4',
33 Bl., der im Jahre 1113 geschrieben ist.
d. eine alte Abschrift eines deutschen thliars des Klosters
Nonberg bei Salzburg, Arch. No. 3, Anno Domini 1212 das
ist meiner Frowen der Abtessin von Nunbereh Urbari)nech, dar
in verschrieben alli di Gab und Urbar, das das Gotshaus ze
Nunbereh hat*).
Dagegen schdnt mehie hi den Sitzungsberichten der lods. Aka-
donfe (I. c. S. 195) ausg^prochene Vermuthung von &.n&a UriNur des
') Ich erwähne die letzten beiden Urbare in diesem Zusammenbaii'p'e , da
flie, dem Anfange den 13. Jahrhunderts augehörig, im Wesentlichen noch Zu-
stinde aehiMern, wdehe ton den wirUMditlUieheii Reftmneu des 18. Jahi^
honderts nicht berflhrt encbdnen.
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V. Inaiiia*8t«niegg:
Klosters Aspach aus dem 12. Jahrliundort auf einem Irrthum zu
beruhen; denn das bei Grimm Woislhümor VI, 131 enthaUone
Weislhum von A.^parh, — wolflios in § 12 l)cstimmt : sollen des gots-
haiis lout fuotor und liuener darbringen als von alter> horkömmen
ist nuch Inhalt des urbaipueths, — gehört wohl selbst erst dem Ende
des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts an ; ja ein ungefähr glnch-
lautencter Text dieses Weisthams im Salbocb tchi Äspach, Perg.
Codex, klein 4o, 69 B1., alte Nr. 20, aus dem Ende des 13. Jahr-
hunderts enthält an der betreffenden Stelle keine Verweisung auf das
Urbaibuch. Der Codex selbst enthält jedoch auf Fol. 38—43 und
Fol 52—62 UiiMrialaufzeiehnungen.
3) Dio dritte Periode der Urbarion endlich, wolcho ungofTdir
mit dem 13. Jahrhunderte beginnt uiul 1)!:^ trogen Ende dos Mittel-
alters im Wesentlichen mit unverändertem Charakter sich crlirdt,
trägt in Bezu^ auf unsere Quollen wietlor einige ganz besondere,
charakteristische Zuge. Ihr goli()ron vor Allem jene grossartigen
Urbaro an, welche mächtige Grundherrn gloiclisatn als Abschluss
eines langen Processes dor Bildung ihrer Territorialmacht anlegen
liessen, um dann auf dieser breiten und festen Unterlage den Bau
einer staatlichen Ordnung, eine eigentliche Landesherrsdutft zn be-
gründen. Hierher gehören in seitlicher Anordnung das älteste herzog-
lich beirische Urbar (cc. 1240)^), das Ottokar'sche Urbar von
Oesterreich*) (1247—1262 nach Lorenz, 1275 nach Ghmel) und
▼on Steiermark (1265—1267) *)« die spätem bairischen Urbare von
Ober- und Niederbaiem (cc. 1280), ein weiteres Urbar von Oester-
rdch bald nach Uebernahme der Länder durch Rudolf von Habs-
burg 1283 verfasst*), das Urbar der Grafschaft Tirol unter Mein-
hard n. (1286 — 1295 geschrieben^), das h;ib«hiir?-österreichische
Urbarbuch aus dem Anfangs <le> t4. Jahrhunderts '^), die bairischen
Urbare von Ober- und Niederlfaiern theils aus dem Anfang des
14. Jahrhunderts, theils etwas später verfas:>t, und endlich das
\) Mon. Roic, Band XXXVI a und b, wo alle benogL bairiscben Urliare
gesammelt sind.
") Herausgeg. von Cbmel Im Notim^att (Beil. z. Archiv fQr öst. Geschichte)
1866^ 8, 888 tt. Lorenz deatsehe Geiebidite I, 867. ^
*) Helwici Thuringi mtionaiium Stiriae 1866—1887 bei Ranch rer. Austr.
Script. II.
*) Rauch I. c. II, S, 3 ff., vgl. Lorenz I. c. und GeschichtsqueUen S. 235.
*) Hanusoript der icais. Hofbibliothek in Wien. HAehit wathvolll
HmmgegdMn von Fr. Ptäkr 1660.
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üebcr UriMrien tnul ürbarialanAteiehniiiigeD. 37
r.andbuch der Neumark Brandenburg vom Jahre 1337, und Karl IV.
Laiidbuch der Mark Brandenburg vom Jahre 1375
Neben ihnen gibt es dann eine stattliche Reihe sehr vollständiger
Urbarien vorzugsweise von geistlichen Grundherrschaflen, für deren
Anlegung sichtlich die gesteigerten Anfoiderungen massgebend waren,
welche die voik.swirths(h;iftlich vorgeschrittene Zeit an den Betrieb
der Bodenwirthschafl und an eine intensivere Verwerthung der vor-
handenen Productivmittel stdlte. Es soll damit keinesw^ gesagt
sein, dass nicht auch die frfiher massgebenden Motive auch jetzt
noch auf die Anlegung von Urbarien emgewirkt hatten; in einBelnen
Fällen ist das sogar ausdrücklich bezeugt").
Aber doch gibt es seit dem 13. Jahrhundert ein unverkennbarer
Fortschritt in der Ausbildung des ganzen Grimdbuchwesens des
Mittelalters zu verzeichnen, der sich nicht bloss in der bedeutenden
Vermehrung der Anzahl, sondern auch in einem ungleich reich-
haltigeren, besonders auch wirthschaflsgeschichtlicb mannigfaltigeren
und interessanteren Inhalte kundgibt.
Der V^crsuch eines Uebcrblicks über die gedruckten Urbarien
dieses Zeitraums, unter vorzugsweiser Berücksichtigung der älteren,
ergab auf den ersten Wurf 37 Stücke von weltlichen und geist-
lichen Grundherrn, neben denen mir aus dem 13. Jahrhunderte
alldn von angedruckten hervorragenden Urbarien die von Seheym,
Benediktbeuern, Tegernsee, Seeon, Geisenfdd, Weihenstephan und
Aspach in Baiem*)» die Mehihard'schen Urbare der Gra&cfaaft Tirol,
die Kknterurbarien von Neustift und Stams m Tirol sowie das
Urbarium Fridoidanum Gremlfimense % ans dem Anfiuig det via>>
zehnten Jahrhunderls drei Ebersberger (Baiem) Sal-, Gilt- und Lehen-
bücher bekannt sind. Dabei sind die späteren Urbare (besonders
des 15. Jahrhunderts) noch fast gar nicht berücksichtigt und ebenso
ist von den einfachen Heberollen und ManualauCzeichnungen d^
') Das erstere herausgeg. vonGollmert 1862, das letztere von Fldicln 1866—^
') Vgl. aucli 0. Loronz dputschf (iesohiclils(jupll<ni S. 236.
*) Sänuntlich im k. bair. allg. Reichsarcbiv zu München«
*) Die efsteren in der ünitenitiltsbibliothek lu hmstmiek, die andern im
Stiftsarchiv von Stams.
') Vgl. Sailer Gcschictite der Treisbcwegung in Niedorrislerreich im 14. .Tahrli.
(Blätler des Vereins für Landeskunde von NiederOsterreich 1870 f.) und A. Horawitz
tnr Qeechidiie dar Klosterwirthsebaft in der ZeiteebrUt fOr deutsche CuUur-
geedriehte 1871 t
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88
T. iDKiiia-StMniegg:
Gutsverwaltungen abgesehen, welche in den früheren Perioden unier
den Urbarialaufzeicbnungen überwi^pen.
Mit diesem Matpi ial kann voriaiitig beruhigt an die Ausarbeitung
einer Wirthschaftsslatislik des früheren deulsclien Mittelalters ge-
schritten werden, und gestützt auf diese solide Grundlage exader
Forschung braucht dann die Wirthschaltsgeschicfate nicht länger
zwischen einer unzusaninienh&ngenden Sammlung curioser Anek-
doten und einer »philosophischen« Geschichtsconstruction mit un-
historischer schablonenhafter Kategwisirung der dnzelnen Epochen
haltlos hin und her zu schwanken.
I. Der Wirthschaflsstalislik QUli dabei vor Allem die Auf-
gabe zu, für die verschiedonon Perioden ein möglichst exactes und voll-
ständiges Bild der Thatsachen zu entwerfen, für welches die Urbarial-
aufzeiehuungen glcichsaui das Urmalerial bieten. Sie hat auch iiier,
wie überliaupt in der Wissenschaft, zunächst als Methode quanti-
tativer Messung socialer Erscheinungen zu dienen. Sie hat nach den
Gesichtspunkten der Wirthschaflslehre die elementaren Zahlen zu
sammeln, zu sichten und zu ordnen, um auf diese Weise eine syste-
matische Massenbeobachtung anstellen, und das H^lmässige von
dem Ausnahmsweiaen, das Typische von dem scheiden zu kOnnen,
was als Besonderheit des einzehien Falles erscheint.
1. Die erste Au^abe, welche die Wirthschaftastatistik mit Hilfe
der Urbare zu erfüllen versuchen muss, ist die Herstellung eines
vollständigen Bildes von der Vertheilung von Grund und Boden in
den verschiedenen Gegenden und Geschichtsperioden. Denn er war ja
während des frühen Mittelalters nicht nur das hervorragendste Mittel
der nationalen Production , sondern es bildete sieh auch die sociale
Schichtung vorneiulich auf der Grundlage der Bodenvertheihmg aus.
Zu diesem Behüte ist vor allem die räumliche Ausilchnung
der im Urbar beschriebenen Grundherrschart, die zusammenhängende
oder zerstreute Lage der einzelnen zu ihr gehörenden Besitzungen
und Wohnplätze fiestzustellen, eme Arbeit, welche als vorbereitend
für jedes weitere Verständniss, strenggenommen inuner von den
Herau^iebem solcher Quellen übernommen werden sollte. Daran
reiht sieb bei nicht arrondirtem Gutsbestande zunächst die möglichst
genaue Feststellung der Grösse der duzehiea Besitzungen und Län-
dereien, um zu einem GesammtausAnick der Grösse der ganzen
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U«ber ürbarioi und UrbarialaufMelmnnBni.
39
Grundhemchaft m gdangen. Diese Au^jabe wird nun allerdings
dadurch oft sehr schwierig, dass die Urbare nicht die Anzahl der
Morgen oder Tagwerke anführe, aus denen die einzelnen Güter
bestellen. Es wird sich aber aus der Hohe des Lastenstandes der-
selben, oft auch aus der Zahl der aul denselben lebenden Colonen
und aus manchen anderen Anhaltspunkten die Durchschnittsgrössc
mei?t ermitteln lassen, welche für solche GutsÜieile in Ansatz ge-
bracht werden muss.
Die ganze Masse des grundherrscli;inii( ben Besilzthums ist dann
nach dem Eigenthumsrerhältnisse zu scheiden in die Eigengüter und
in die Beneficien, Precarien und Lehengüter, welche dieselbe von
fremden Eigenthfimem besitzt; ebenso ni sondern ist, was die Grond-
henschaft als Lehen oder Afteilehen, Beneficium, Zinsgut n. dgl.
aus ihrem Besitze hinausgethan hat, wodurch im Allgemeinen der
Intensitätsgrad ersichtlich wird, mit welchem die Herrschaft Ober Grund
und Boden an den einzelnen Theilen des ganzen Besitzthums geübt
wird. Zur volkswirthschaftlichen Messung der Landgüter ist dann
noch eine weitere Unterscheidung durchzuführen, welche die Grösse
und Gruppirun«: des Sallandes, das die Herrschaft in eigener Be-
wirthscliaftung bült, und des Beneficial- und Zinslandes betrilll,
von dem die Herrschaft nur bestimmte Arbeits- und Güterleistungen
empfangt.
Aus dieser statistischen Bearbeitung der Urbare müssen sich
dann, vorausgesetzt, dass sie in genügend» Anzahl und Vdbtän*
digkeit vorhanden sind, fiOr ehi bestimmtes grösseres Gdiiet Durch-
schnittsgrössen des grossen, mittleren und kleinen Besitzthums er-
mitteln und die s&nuntlidien Grundbesitzer dieser Gegend darnach
classiflciren lassen; daraus wird zunächst die Vertheilung des Grund-
bedtzes als sociales und wirthschaflliches Machtmittel ersichtlich.
Ebenso werden für die Wirlhschaflseinhcitcn, für den von einem
Landwirth l)ewirthschafleten Grundbesitz, Durchschnittsgrössen des
grossen, mittleren und kleinen Wirthsrhaftsbctriebes festzustellen sein,
welche dann mehr als Anhaltspunkte für die Beurtheilung des Pro-
ductionsvermögens der Landwirthschaft geeignet sind.
Solche Durchschnitlsgrössen, welche sich wohl nur aus den
Urbaren gewinnen lassen, haben dann aber auch über die national-
ökonomische Analyse derselben hinaus einen allgemeinen Werth; es
können an ihrer Hand alle vereinzelten Angaben dieser Art, wie
sie uns in Traditionsurkunden und sonst begegnen, viel besser ver-
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40
standen, richtiger beurtheilt und mit dem sonst Bekannten in genauere
Vei^leichung gesetzt werden.
\ach den Culturarton i^'md dann weiter am ganzen Areale der
Grundhcrrschaft zu unfeischeiden und in iliren Grössenverlmltnissen
festzustellen das Ackerland, die Wiesen und AVcinborpe, das Weide-
und Waldland, und es können nach der herrschenden Cnltur die
Güter uidersciiieden werden in Feldgilter, Wald^'ilter, Vieh;.'üler etc.
Tiieils sind hiefur die Angaben der Urbare unmittelbar zu verwenden,
theils wird sich aus der Art der Ab{:aben ein Schluss auf die Cultur-
arten ziehen lassen. Dabei ist es nicht unwichtig auch festzustellen,
ob sich diese Unterschiede des Hauptcharakt^rs der einzelnen seHn
ständigen Wirthschaften mit den Grössenverhältnissen derselben
irgendwie berühren, ob z. B. die Feldguter vorwiegend der Glasse
mittelgrosser Wirthschaften, die Wald- und Viehgfittf den grossen,
die Weingüter etwa den Parzellenwirthschaften angehören.
Auch das Verhältniss der Culturarten zu einander und ihr
relativer Antheil am Gesammtareal der Grundherrschafl verdient
statistisch ermittelt zu werden, und ist sehr geeignet, das Bild des
ganzen Cultnr/ustandes einer Gegend zu beleben.
2) Einen anderen für die Beurtheilung der Wirthschaft und des
ganzen Gulturzustandes sehr wichtigen Punkt, welcher gleichfalls
einer statistischen Darstellung zugiingliih und bidürflig ist, bildet
der hitensitälsgrad der Bodenbewirlhscliaflung. Sowohl zur Ver-
gleichung der Zustande vorschfedener Gegraden, als insbesondere
zur Beobachtung der Fortschritte, welche die Wirthschaft im Laufe
der Zeit gemacht hat, ist diese Untersuchung unerlässlich, wenn auch
bei der nn Ganzen dnfachen Betriebsweise des frfiheren Mittelalters
etfaebiiche Verschiedenheiten des Intensitätsgrades bei den einzelnen
Wirthschaften derselben Grundherrschaft nicht hervortreten werden.
Um auf diesem Punkte zu befriedigenden und sicheren Ergeb-
nissen zu gelangen, wäre nun allerdings in erster Linie die Intensität
der Bevölkerung und l)esonders die Zahl der verfügbaren Arheits-
krällo zu ermitteln. Nur wenige Urbare aber geben darüber unmittel-
bar befriedigende Aufschlüsse. Dagegen lässt sich doch auch hier
Vieles durch (lomhination und Anwendung der statistischen Methode
gewinnen. Manche Urbare verzeichnen wenigstens die Anzahl der
auf dem Herrenhofe und dem Sallande beschäftigten Arbeiter. Aas
ihrer Zahl im Verhältniss zur GrGsse des Sallandes lässt sich unmer-
hin eme DurchschnittsgrOsse des Acker- und Wiesenlandes finden.
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Ueber UriMrion and PrbmriahqfceichnnngeB. 4S,
für dessen Bestellang eine Arbeitskraft nothwendig war. Dass ffir das
Herrenland Iheilweise auch noch die Arbeitskraft der Colonen verfügbar
war, darf hier nicht allzusehr beirren. Denn einerseits sind die mancipia
und servi dorninici auch durch häusliche V^errichtungen in Anspruch
genommen, und anderseits hat doch gerade das Ilerrenland im Allge-
meinen einen grösseren Intensitätsgrad der Bewirthschaftung aufzu-
weisen. Und die Vermelinnig der ArbeilskrÜfle, welihe von den
Colonengülern gestellt wckIch, ist doch auch in der Regel nicht so
bedeutend, als dass sie niclit durch eben diese Umstände aufgewogen
werden könnte. Andere Urbare geben uns dann manche Daten über
die Bewohnung der an Gobnen ansgethanen Mansen und Hofen, und wir
kfionen darana, unter Anwendung der nöthigen Vorsichf, Immerhin
brauchbare Durchschnitte der gesammten ArbeitsbeTÖlkerung der
hSiigen GOter berechnen, welche mit den am Herrenhofe geftmdenen Be-
Völkerungszahlen verglichen und mit ihnen richtig gestellt werden können.
Einen weiteren Anhaltspunkt für die I?eurtheilung des Intensitäts-
grades der Wirlhschafl. bietet der Viehstand der einzelnen Wirth-
schaften, welcher natürlich in seinen Vcihältnissen zum bebauten
Areale und zu den menschlichen Arb itskräften dargestellt werden
muss. Auch die Anzahl der Ackerwerk/.euge und Geräthscliaften,
welclie sich dann und wann verzeichnet findet, bildet hiefür eine
erwünschte Hilfe, wie nicht minder das Verhältniss der einzelnen
Fruchtgattungen dazu ver wert bei werden kann.
JMe Feststellung der Ertragsfuliigkdt des Bodens und des wirk-
lichen mittleren Ertrags der Guts- und Golonenwirthschaft, wdche
als das Resultat einer gewissen Betriebsintensität den Ahechluss
dieser statistischen Untersuchungen bilden sollte, unterliegt jedoch,
auch wo die erwähnten Factoren ziemlich sicher gesteDt werden
können, erheblichen Schwierigkeiten.
Für das Salland wird die Ertragsgrösse unmittelbar nur dann
berechnet werden können, wenn die Einkünfte im Urbar verzeichnet
sind, welche die Gutswirthschaft aus demselben zieht; aber auch
dann ist sie zunächst nur eine Productennienge, deren Verkehrswerth
erst durch [genügend reichliche und wohlgesicblete Preisangaben ge-
wonnen werden kann.
In den älteren Urbaren sind diese allerdings selten und auch
dann fast immer nur vage Werthschätzungen (z. B. bei Schweinen
lind aiMlnan Vidi), um Qualitätsunterschiede zu einem kurzen und
verständlichen Ausdrucke zu bringen. Aber schon im t2'., noch
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foanttFSteniiegg:
mehr im 13. Jahrhunderte sind Reluitionspreise häufig, die dann
über den Geldwerth des Krtrags wenigstens so weit Aufschlüsse
geben, als dieser für den Grundherrn selbst in Betracht kam. Daneben
finden wir ahor in späteren IVbaron auch schon Marktpreise, be-
sonders wo das städtische Lohen eine Grundherrschaft näher berührt.
Die Erlraps;:rö<s(' für d\e dienenden Colonen;:üter einfach nach den
Krträgnissen des Sallands zu biTerbnen. wird kaum entsprechend
sein. Es sind eben die Bedingungen der Wirthschaft bei diesen beiden
Kategorien von Gütern doch allzuverschieden; der Intensitätsgrad
der Golonenwirthscfaaft wegen der unTollkommenen Verfügung Ober
die eigenen Arbeltskräfte und des Mangels an Betriebskapital im
Ganzen ein niedrigerer. Es sind daher zu diesem Zwecke weitere
Anhaltspunkte zu Hilfe zu nehmen, mit denen die fQr das Salland
gewonnene Ertragsgrösse immerhin zusammen gehalten werden kann.
Hiefür sind die Zinse, Abgaben und Lieferungen ganz vornehmlich
gedgnet, welche die einzelnen dienenden Güter za tragen haben;
(eine gewisse Verhältnissmässigkeit derselben zu ihrem mittleren Ertrage
Ist unverkennbar.
3) Es \<i ah(T in der Feststellung der gesamniten Einkünfte,
welche die Grundlierrsclialt aus den verschiedenen Formen ilires
ßesitzthums zieht, eine weitere Hauptaufgabe der statistischen Bear-
beitung der Urbarien zu erblicken. Zu diesem Eiehufe sind die
sämnit liehen Abgaben und Leistungen der Pflichtigen Güter zu
summiren, die gefundenen Grössen zur Gontrole der häufig unrichti-
gen Summen äet Urbarien zu verwenden; die gegODständllchen und
qualitativen Unterschiede sind dabei selbstverständlich auf das Voll-
ständigste zu boröcksichtigen und zur Endelung der Hauplsommen
sind die verschiedenen Masse, Gewichte, Geld- und Mänzsorten auf
gemeinsame Ausdrücke zu bringen, wozu in daa. Urbarien nicht seltm
selbst genügende Anhaltspunkte gegeben sind.
Die wichtigsten Unterscheidungen, welche dabei für die statistische
Bearbeitung jedenfalls festgehalten werden müssen, beziehen sich theils
auf das berechtigte und das verpflichtete Subjekt, beziehungsweise
auf den Rechtet ilel der Abgabe oder Leistung, und theils auf das
Objekt der rilicht. Darnach sind bei den Abgaben die landesherr-
lichen, grundherrliohen und die aus besonderen privatreclillichcn
Verhältnissen (z. B. Pacht, Miethe, Darlehen) hervorgegangenen, die
dinglichen und die perscMiliclieti Lasten, die Natural- und die Geld-
abgaben auseinander zu halten; bei den Leistungen sind die persön-
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üeber Urbtrieo and Urbwitktt&^lmiiiigai.
43
liehen Dienste von den Leistungen de?; Betriebskapitals der Pflichtigen
Wirthschaft (z. B. mit Arbeitsvieh, Aufzucht von Vieh des Grund-
herrn) auseinander zu halten; und immer werden auch die Gegen-
leistungen zu berücicsichti^'en sein, welche den rflichligcn von der
Herrschaft gereicht werden, sei es als wahre Aeijuivalonle, oder nur
aus Gefälligkeit, oder zur Erleichterung des l)ien^^les. Auch eine
Unterscheidung der Abgaben je nach ihrem Charakter als Ertrags-
quoten (z. B. Zehenten), Vermögensleistungen (z. B. nach der Grösse
des Besitztbums, des Viehstands) oder Personalsleuern lässt sieb an
manchen Uribarien mit Erfolg duiehführen. Im Allgemeinen aber
mass die statistiscbe Anordnung sich begreiflicberweise nacb dem
concreten Inhalte der Urbare richten, und können allgemein gflitige
Regeln oder Schemata nicht aa%estdtt weiden.
Damit werden im WesentKcben die Aufgaben bezeichnet seui,
welche die statistische Bearbeitung des einzelnen Urbars zu erfüllen
hat. In formeller Hinsicht wird ihr letztes Resultat die vollständige
Umwandlung des Urbars in ein Tabellcnwerk sein müssen; denn
nur in dieser Form lassen sich längere Zahlenreihen übersichtlich
lesen und zu Rechnungen verwenden, wie ?ie eben für jede tiefere
Forschung unentbehrlich sind. In materieller Hinsicht hat diese
statistische Arbeit ihr Ziel mit der Feststellung der volkswirth'schafl-
lich wichtigen absoluten und relativen Zahlen, besonders mit der
Gewinnung der Durchsthnittsgrössen erreicht, in welchen die Ver-
hältnisse der Grundlicrrschuft und der GutswirLhschaft sich be>
wegen.
n. Es beginnt nunmehr eine zweite nicht minder wichtige Auf-
gabe, welche wir die yergleichende Statistik nennen können.
Die Veigleicbung bat in Bezog auf die Urbare bauptsSchlich
zwei Objekte; Sie muss angestellt werden an den mehreräi, zeit-
lich auf einander folgenden UrtMrien einer Gnmdherrscfaafl, mid an
den gleichzeitigen Urbarien verschiedener Gegenden. Als Frucht
dieser zwei&dien Arbeit erwächst sodann die Vergleichung des
Entwicklungsganges verschiedener Gebiete, womit jedoch schon das
Feld der eigentlichen Wirthschafl>ge.«chichte betreten wird.
Die vergleichende Statistik hat ihr Augenmerk vor Allem wieder
dem grundherrschaftlichen Besitze zuzuwenden , dessen allmälige
Bildung und Vereinigung, dessen Ausdehnung in verschiednen /fiten,
dessen weciisclnde Formen und Bestandtheile sie zu constatiren und
übersichtlich daizustelleu hat. Sie hat die langsam sich umgestal-
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V. Inama-Stemegg:
tcnde Gliederung des Besitzes in Ortschaften und Einzelgüter zu
berür-ksichtipren und damit der Wirth.<chaflspe>chiclitc dieses wichtigste
Material für die Beurtlieiiunj.' der jeweili;.'<'n BedeulUJlg und Macht
der Gnindlierrscliaft eiitsprerliciid vorziibereiU-n.
Ihre Auf^'abe ist es ferner, die eharakteristii^clieii Veränderungen
aulzusuchen, welche im Laufe der Zeil mit den Gütern der (Jrund-
holden und Zinsleute, sowie überliaupt mit dem Beneficiul- und
Lefaenswesen vor sich gegangen sind. Das Mass und die Ausbreitung
derHufeotheilung, wie anderseits die Neubildung grösserer Güter aus
][Ieineren, selbständigen Gutwirthschaften innerhalb der Grunde
herrschaft, die damit im Gefolge auftretende Aendenmg in der An-
siedlongsweisef die Fortschritte der Golonisation und alle dwartigra
Verhältnisse erhalten durch die Tergleichende Statistik ihre besten
und zuverlässigsten Aiifschln>se.
Nicht minder sind die Veränderungen der Wirlhschaftsfülu-ung
auf solche Weise zu constatiren. Das wechselnde Verhält iii«^ des
Sallands zum hinauspetlianen Lande, die wechselnden Rechtsfornien
des abgeleiteten Besitzes, bcs^onders auch da-^ alhnäliKe Vordringen
der Erbjja« lit, s|)äler der Zeitpachf, <l:is Zurücktreten des Theilbaues
und der llalfenwirlhschaft : der Wechsel der Culturarten und ilir
Verhältniss zu einandfT, dw an^jobanten Fruchtgaltungen und üb-
lichen Fruchtfoigcn, die wechselnde Slöike der einzelnen Viehzuchts-
zweige, schliesslich auch die Veränderungen in den Erträgnissen, den
Preisen und Lölmen bedürfen des vergleichenden statistischen Stu-
diums der Urbare. Und endlich lässt sich an einer sorglältigen Vei^
gleichung der Höhe von Abgaben und Leistungen, der HOrigen,
Zins- und Vogteipflicbtigen das wechselnde Mass der Selbständigkeit
oder Abhängli^it der dioienden Wirthschaften erkennen und daraus
der relative Werth dieses Theils der Grundherrschaft fÖr die herr-
schaftliche Wirthschaft selbst unschwer berechnen.
III. In dieser vei^leichenden Statistik verschiedner Zeiträume
ist selbst schon ein gutes Stück Wirtli?rhaftsgcschichte enthalten;
aber docii sind c- zunäclist innner luu- Reihen von einzelnen That-
saehen, welche uns vor^'i'lührl werden. Es fehlt udch das geistige
Band, an dem sie alle aut^/ereilit sind, ohne dessen Kunde sie nie
in ihrem wahren Werthe verstanden werden können. Iiier hat
denn die Wirthschatlsgeschichle einzusetzen, die sich nie und
nimmermehr mit der blossen geordneten Mittheilung urkundlich be-
glaubigter Thatsachen begnfigen kann. ABe GescfaiehtflBchreibung ist
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Ueber Urtitrien and Urbarialanbciehniiiigeii. 45
in letzter Linie doch immer eine Darlo^rnng des Entwicklungsjranfrf^s
von Ideen: nicht d»>r Ideen, welche im Kopfe Ix'vorzuKter Denker
entsprungen und in iliren Schriflen niedergelegt sind; denn sie ge-
hiiren der Literarpeschichte an; wohl aber der Ideen, welche ein
Volk meugt und gehegt und in seinen Einrichtungen und seinen
Thaten zum Ausdruck gebracht bat
Es würde bier zu weit führen, und Hesse si€h auch mit dem *
Gegenstande, den wir behandeln, nicht hinlänglich rechtfertigen,
wenn wir des Näheren auf das Wesen und die Zide der Wirth-
schaftsgesehichte eingäben wollten. Aber was sich aus den Urbarien
unmittdbar iOr die Wtrthschaftsgeschicbte ergibt, verdient hier doch
eine kurze Andeutung.
Es braucht nach dem Vorhergehenden nicht mehr besonders
gesagt zu werden, dass in erster Reihe die Geschichte der Grundherr-
sehafl in den Urbarien ihre vorzüglichste Quelle zu erblicken hat.
Bei der hervorragenden Rolle aber, welche die Grundherrschaft im
Colonisations- und Organisalionsprocesse des deutschen Wirthschafts-
lebens gespielt hat, werden die Urburien dadurch für die Wirth-
schaftsgeschichte der fdteren Zeit überhau|)t zu Quellen ersten Ranges.
Denn, soweit wir sehen, lial die (irundherrschalt ein eigent-
liches wirlhschaftliches Leben in Deutschland erst erzeugt. Die alten
FamUien- und Geschlechtergenossenschaflen, von denen die Besied-
hing des Landes ausging und die sich im Laufe des 7. und 8. Jahr-
hunderts zur Mark- und Dor^nossenschaft oder zur Bauerschaft
Terflüchtigten, waren nach keiner Seite hin im Stande, eine sociale
und whrthschaflliche Organisation zu bilden, oder auch nur grösseren
volkswirthschafllichen Bedürfnissen die Mittel einer Befriedigung zu
bietm. In dem losen Verbände, den sie bildeten und auf dem werth-
losen Lande, das sie als Gemeingut besassen, herrschte eine weit-
gehende Isolirung der einzelnen Wirthschaflen, die in sich kaum die
Kraft der Erhaltung, gewiss nicht jene überschüssige Kraft besassen,
wie sie zni- Hcrslcliiuig von Gesainmtleistungen für hrilicr geartete
Bedüitiüs.-c dt's natidiialon Wirtlischaflslcbens noth wendig war.
Da war es die Grundlierrschatt, welche in derselben Zeit durch
Erweiterung ihres Besitzes theils aus der Markgenossenschaft heraus,
tlieils in dieselbe hineinwuchs. Und indem sie zugleich über fremde
Arbeitskraft in grösserem Massstabe rerfügte, wurde sie befähigt,
eine neue Ordnung der Dinge im wirthschaftUchen und socialen
Leben des Volkes herbeizuflilbren.
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46
Inama<Steraegg:
Ilioi' bedarf nun die Wirllischaflsgeschichto dos g:an7r'n statisti-
schen Mulerials, welches die Urbarien im weilern Sinne bieten, be-
sonders jener riütervcrzcichnisso, welche aus den Tradilionsurkunden
hergestellt sind, um zu sehen, wie sich dieser Umschwung vollzog
und wie die Idee der Herrschaft über die Produetionsfactoren,
Bodenkapital und Ari>eil, an die Stdle da* Genoaaouchdl glächer
nnd freier Einzelwirthschaften trat
Aus den Verzeichnissen der Benefiden, Lehen- nnd Zinsgüter,
sowie aus den Zins-, Gült- und Dienstregistem wird es dann ersicht-
lich, wie die Grundherrschafit auf eine steigende Ergiebigkeit der
productiTen Anwendung dieser Erftfte hinwirkte durch passende
GliedOTing, Arrondirung und Abtheilung ihres Besitzes wie durch
entsprechende Theilung und Gliederung der Arbeitsleistungen. Aus
der Vei^fleichung Insbesondere der Jüngern mit den altern Urbaren
wird es ersichtlich, wie mit diesen so vervollkommneten Mitteln der
Wirthschaft höhere Ziele der Colonisation und l'roduction und eine
früher nicht gekannte Pflege des Verkehrswesens in Angrift' genom-
men wurde, indem die Grundherrschaft anregend, leitend und be-
stinanend, nölhigenfalls auch zwingend auf die Wirthschaft der
Colonen einwirkte, und als letztes Ergebniss eine sociale Organisation
fertig brachte, bei der gleichzeitig die Existenzbedingungen der Einzel-
wirthschaften, die eigne Macht der Herrschaft und die nationale
GesanuntlelBtung in der Wvthschafl gesteigert und gebessert wurden.
Aber auch die Schattenseiten dieser Entwickelung verhällen
uns die ürbarien nicht, sobald wir ehunal diese Quelle in grosserem
Umfange ausbeuten.
Die viettacfa gewaltthätige und brutale Weise, m der sich die
Gfundherrschaft m fremden Besitz und besonders in die widerstands-
unföhige Markgenossenschaft eindrängte; die zunehmenden Uebel-
stftnde, welche eintreten mussten, indem die Masse des Volkes mit
dem Verluste der Freiheit des wichtigsten sittlichen hnpulses der
Selbstvcrantwortlichkoit und Selbständigkeit der Schaffens beraubt
wurde: die rücksichtslose Steigerung der Dienste und Abgaben und
die mannigfache Redrücknii^' der hcirigen Leute durch Vögte und
Verwalter; die nothgedrun^j-ene und durch eigene Kraft nicht zu
beseitigende Stagnation endlich, welche aus all diesen Ursachen in
die ganze Wirthschaft der dienenden Klassen, ihr verfügbares Ein-
kommen und damit in die Entfaltung ihres Bedürfnisskreiaes kam:
Das alles klmgt deutlich und vemehmlich aus den Urbarien an,
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üdMi Urbaricn und Urbarialanfiteiehnungen.
47
obschon die ausdrückliche Hervorhebung von Misssländen in der
Regel von der Grundherrschafl bei Anlegung ihrer Urbarien absicht-
lich vermindert wurde.
Ge^'fnühcr diesem eisten . wichtigsten Probleme der älteren
deutschen Wiitlischaft>gesciiielite, welches sich mit der Enlwickelung
der Grundlierrscliafl bef'asst, tritt dann freilich alles, was sonst noch
aus den Urbarien für die Wirthschaftsgeschiclite zu lernen ist, in
den Hintergrund. Aber es muss doch erwähnt werden, dass sie
auch über die Anfliiige des städtischen Lebens, und besonders der
st&dtisdien Gewerbeverfassung, sowie des städtischen Haiktverkehrs
manches ScUaglicht werfen und damit 2um Verständniss der grossen
Veränderungen des Wirthsehaftslebens beitragen, welche wü* durch
die Ausbildung dner nationalen Goncurrenz auf dem Markte und
danüt der Factoren der Preis- und Rentenbildung entstehen sehen.
Wir ;/!rmben, dass mit dieser kurzen, durchaus nicht erschöpfen-
den Uebersicht über die entscheidende Mitwirkung der Urbarien bei
der Ausarbeitung einer deutschen WirthschafL=:geschichte der Wunsch
hinlänglich gercchtlertigt ist, es möge denselben eine grössere Auf-
merksamkeit als bi.slier geschenkt werden, und besonders ein regerer
Eifer und ein grösseres Verständniss bei der Herausgabe sich geltend
machen. Es wird diese Aufgabe nun allerdings in erster Reihe
immer den Archivaren und Historikern im engeren Sinne zufallen
und es steht mir nicht zu, über die Grundsätze, welche bei der
Edition von Urbarien massgebend sein sollen, efai entscheiden-
des Wort zu sprachen. Alier es wird verstattet sehi, einersdts vom
Standpunkte des Nationaldkonomen aus diejenigen Postulate zu
fbrmuliren, welche die wirthschaftsgescfaichtlidie Forschung stellen
muss, und anderseits auf emige ganz offenbare Udielstände aufinerk-
sam zu machen, welche bei der Publikation dieser Quellen nicht
selten hervorgetreten sind. Der Werth der Urbarien für die wirth-
schaftsgeschichtliche Forschung besteht vornehmlich darin, dass sie
uns den thatsächlichen Zustand einer grossen Gutswirthschaft, ihre
eignen Productivkräfle, sowie die ihr zufliessenden Arbeits- und
Sachgüterleistungen anderer Wirthschaften in denkbar grösster Voll-
, ständigkeil und in der denkbar präcisesten Fassung statistischer
Daten darlegen. Dem Wirlhschaftshistoriker scheint es daher auch
selbstverständlich, dass jede Publikation eines Urbars eine vollslün-
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V. Inama-Steniegg:
dige sei; er muss es durchaus verwerfen, dass etwa wegen der
Monotonie der einzelnen Einträge Sprünge im Text gemacht, oder
gar nur die nach der subjekUveii Meinung des Herausgebers merk-
würdigsten Angaben veröffentlicht werden, besonders muss er sich
hier verwahren gegen die vielfach verbreitete Auffassung, als seien
die (Jrborien nur ffir die historische Topographie, Namens- und
Spradiforschung von Werth und Bedeutung und eine beliebige Untere
dräckung des statistischen Inhalts zulässig. Viehnehr muss mit aller
Entschiedenheit betont werden, dass der Haupt- und wesentlichste
Inhalt der Urbarien obon dic^^o »Irncknen« statistischen Daten ^d,
dass wir Werth und Bedeutung derselben in erster Reihe immw
nach eben diesem statistischen Inhalte ermessen, und dass eine ver-
stümmelte und lückenhafte Wicdorpahe eines I^rhars den Werth der
ganzen Publikation geiadezu aufhebt, da ja nun jedes Urtheil über
den tn sammizustand und die Verhiillnisse der einzelnen Thoilo dieser
GutswiiUischaft [zu cinandtT unmöj,dich ;,'oinacht ist. Niciil so last
im Detail der einzelnen Anfiabon als vidiiu lir in ihrer Massenhaflig-
keit liegt die grosse Bedeutnn;^ der Urbarien; nur durch vollständige
Wiedergabe wird es möglich, sie als einen theilweisen Ersatz der
modernen statistischen Bletfaode systematischer Haasenbeobachtung
betrachten und benötzen zu können.
Den oft massgebenden Rücksichten der Raumersparung kann
theOs durch Abbrevürung der regelmässig wiederkehrenden Mass-,
Gewichts- und Geldbezeichnungen, sowie der gangbarsten Dienst-
leistungen und Al^^abearten, theils wohl auch dadurch entsprochen
werden, dass häufig unmittelbar auf einander fnlpcnde vollkommen
gleiche Abgaben und Leistungen einzelner Pfliciitiger nach den
Namen der Güter oder Zinspflichtigen nur einmal, mit erklärendem
Heisatze »je« vorgetragen werden. i\ur dürfen derartige Abkürzungen
nicht so kühn werden, dass darunter die Deutlichkeit, und nicht so
häufig, dass darunter die Lesbarkeit des Texlis leidet; wie denn
auch aus diesem Gesichtspunkte die durcligiingiize Ersetzung der
römischen Zahlen durch arabische als wünschenswerth erscheint
Es ist ferner vielleicht ein nirht unl>ercchtigter Wunsch, dass jedem
Urbar eine Einleitung beigegeben werde, in welcher der Herausgeber
eine geographische Ueberacht des gesdiDderten Gutsbestandes gibt
■) FriedUnder*« Auagabe der Fraekeiihorrter Heberollen (Cod. tnid. WestM. I)
ist in dicea wie in maneher andern Hinsieht ein vortrefllichee Toriiild.
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Udler Urbuiaii nnd üibuiakuhmeliDimBm.
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und mindestens die Summen der Höfe und Grundslücke, der Dienste
und Abgaben zieht, welche zu einer Grundherrschaft gehören. Die Aus-
scheidung^ des- Sallandes und des Zinslandes, der Culturarton, der Arbeit-s-
und Saciilpistungen, der Natural- und der Geldabgaben wäre dabei ein
weiteres Postulat, dessen Berechtigung sich gewiss mit dem Hinweise
auf analoge, moderne statistische Publikationen rechtfertigt, bei denen es
sich von selbst versteht, dass wenigstens allgemeine Uebersichtcn über
die Hasse der Urzahlen schon von den Herausgebern hergestellt wer-
den Dem Forscher, der solche Quellen flQr die Wissenschaft ver^
werthen soll, bleibt immerhin doch die Hauptarbeit der stofflichen
Anordnung und Untersuchung der Urbarien vorbdialten. Auch das
Verhmgen nach einer Karte der Grundherrschaft scheint uns die
Grenze der berechtigten Forderungen durchaus nicht zu überschrei-
ten*). Wie die graphische Methode zur bessern Veranschaulichung
von Zuständen in unsem modernen statistischen Publikationen sich
bereits eingebürgert und insbesondere das statistische Karlenwesen
erzeugt hat, so kann gleicher Werth und gleiche Förderung der
Forschung' uucli den gleichen Hilfsmitteln wirthschaftsgeschichtlicher
Studien ziigt!S{)rochen werden. Und überdiess sind in der Regel nur die
mit den Oertlit hkeiten nahe vertrauten Herausgeber dieser Quellen in der
Lage, die Schwierigkeiten mittelalterlicher Topographie zu überwinden
und dadurch ein erschöpfendes Studium dieser Quellen vorzubereiten.
Neben dieser einen Seite des Werthes der Urbarien, den that-
saddichen Zustand einer grossen Grundherrschaft m ein^ gegebenen
Zei^unkte darzulegen, besteht aber die zweite Seite Ihres Werthes
darin, dass sie uns zumeist auch die VerSnderungen erkennen husen,
welche der Gutsbestand, die Bevölkerung und ihre Leistungen, sowie
die ganze Wirthschaft der Grundherrschaft m Laufe der Zdt er-
fahren haben. Wir schöpfen diese Eenntniss theils aus den späteren
Einträgen und Correcturen, welche ein Urbar im Laufe der Zeit
im Interesse der vollen Evidenzhaltung des Besitz- und Lasten-
standes erfahren hat, theils aus mehreren Urbaren derselben Grund-
herrschafl aus verschiedncT Zeit. Diese letzteren sind wohl meistens
nur Abschriften der älteren corrigirten und vermehrten Urbare, im
■) Das voUkommeinte Muster für solche Arbeiten bleibt noch immer
Gudrard's Ausgabe des Polyptichium Jmiinonis Paris 1844.
') Der Vorgang des Cod. trad. Wcstfnl. 1, welchem tniic ^nile Karte des
fVeckenhorster Göterbesilzes nach den Heberollen dieses Klosters aus dem
II. Jabrbundert beigegeben ist, verdient «St Nacbahmung empfohlen zu werden.
AnhhraUMke ZeltMlizIft U. 4
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50
V. Inuna-Sternegg:
Interesse einer bessern LesbariEeit und Anordnung des Textes her-
gestellt^); nicht selten hat aber doch auch eine spätere Nenanlegung
eines Urbars stattgefunden, wenn entweder die stoffliche Anordnung
des ftltorn ganz verlassen werden sollte, oder das ältere Urbar aus
irgend einem Grunde unbrauchbar geworden war.
Auf diese Umstände muss nun bei der Edition von Urbarien be-
sondre Rücksielit jronommen werdon. Die Herausgeber niüs>on sicli
bcwusst sein, das< «lio Vorfrloirlinng mplireier zpitllch ausoinander-
liegender Zusland^^scliilderungen eines unii de>>oll>on Objekts min-
destens ebenso wicbtig ist , wie die Vergleichun^' ^'leicli/.eitiger Zu-
standsschilderungi'n verscbiedner Objekte. Denn nur ilurch die
Vergleichung gewinnen wir ja überhaupt einen Massstab l'ür die
Beurtheilung von Zuständen, für den Werth und die Bedeutung ge-
wisser Thatsachen in bestimmter Zeit und fQr bestimmte GeHete.
Wie sich die moderne Statistik immer mehr bemüht, lange Zahlenreihen
zu gewinnen und dadurch die Massenbeobachtung socialer Zustände
und Vorgänge über einen möglichst langen Zeitraum zu erstrecken,
so hat auch die historische Finrschung auf dieson Gebiete genau
dasselbe Interesse. Geschichte und Statistik haben eben im Grunde
nicht nur das Objekt, sondern auch das Verfahren gemeinsam.
Die Aufgabe des Herausgebers ist Iii« r nun allerdings eine
zienilicli schwierige. Bei tTrbarien, welelie viellach corrigirt und er-
gänzt sind, wird er die Waid haben zwischen einer Wiedergabe des
ursprünglichen Textes und anmerkungsweiser Beilügung aller spä-
teren Zusätze oder einer vollständigen Textesredaetinn des ganzen
Urbars mit allen späteren Eintiägen und blossem Vurmerk der Cor-
rectur und des spätem Eintrags unter dem Striche").
*) So ist auch das in mancher Beziehung den Urbaren verwandte Grund*
buch der Almendgenossenschaft «i Siniing 1894 an die Stelle der alten Ittrkcr-
tafel getreten, welche vernichtet werden musste, weil die vielen Veränderungen
des Besitzstandes nicht melir daraur eingetragen Werden konnten. Mone Zeil-
schriR f. d. üeschichle des Überrhein V, 417.
*) In dieser Wdse hat SISngerle das Urbarbuch des Kioslers Sonnrabuiv
(14. Jahrhundert) herausgegeben und damit dem Bedflrfnisse wirthschaflsgeschicbl-
Ilcher Foi-schung in eminentem Sinne entsprochen (Archiv f. Kunde tetecr.
Geschicht.s(iiielh'i), I^d. 40).
*) So hat beispielsweise unter den neuesten Urbareditoren Winter an dem
Urbar des possauisehen Domeapitels (um 1S80) seine Auf^jabe geAissl, ohne
jedoch ein deutliches Bild der vorgetragenen Veränderungen damit /u schaffen
(Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquelien, Bd, 68, & 258 ff.).
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Ueber Urbanen und Ürburiahnlkeiclinungen. 51
Das letztere Verfiihren entspricht vielldcht mehr den allgemem
gültigen Grundsätzen der ürkundonodition; vom Standpunkte des
Wirthsehaflshistorikers entsteht dabei aber das Bedenken, dass die
Chronologie des Urbars getrübt wird, da nun doch strenggenommen
nur das Alter des jüngsten Eintraj^s, nicht mehr die Zeit dor ursprüng-
lichen Niederschrift des Codex als gültige Zoilljc^linunung für diese
Gestalt dos Urbars gelten kann. Im Intcnsso der Roinhcit der
Quellen scheint iinnierliin das crslere Vt'rfahren gewisse Vorzüge
zu besitzen. Eine besonder«' Reclitferli^nuig aber findet es in dem
Falle, wenn von einer Grundlicrr.sciialt mehrere vollständige Urbare
aus verschiedner Zeit vorli^n. Das ältere Urbar mit allen seinen
Gorrecturen nnd Nachtrftgen wird hier in der Regel das Goncept
für das jüngere Urbar gebildet haben. Durch eine Anfnahme dieser
Zusätze in den Text des filtern Urbars werden aber dieVerschieden-
hdten verwischt, welche zwischen diesem und dem jfingeren be-
stehen, und dem Forscher ist es unmöglich, die Veränderungen,
welche ein Gutsbestand in einer längern Periode erfohren hat, aus
einer solchen Publikation zu ersehen. Wenn dagegen von jedem
Urbar nur der ur8|irüngliche Text beibehalten, alles Spätere aber in
die Anmerkungen ver\viesen wird, so ist es sehr gut möglich, die
Zustände einer Grnndherrschafl in verschiednen weiter aus einander
liegenden Perioden übersichtlirli 7.u vergleichen und zugleich das
allmaligc Werden dieser Veränderungen zu verfolgen
Besonders erleichtert wird diese Verpleichung nocli dadurch, dass
fortwährende Hinweise von einein Toxi auf den andern gemacht, oder die
melücren Texte gleich mehrspaltig neben einander gedruckt werden *).
Nie aber mögen die Herausgeber meinen, dass das Interesse
der Forscher an jüngeren Urbaren, wo ältere vorliegen, ein zu ge-
ringes sei, als dass die Herauagabe auch dieses jfingeren sidi recht-
fertigen könne. Yiefanehr wird gerade durch die Vergleichbarkeit
eines ältem Urbars mit einem jöngem derselben Grundherrscfaaft
die Bedeutung dieser Quelle wesentlich gesteigert.
') Die fleissige Bearbeitung des indiculus Amonis und der breves notiliae
durch Keiiiz verdient in dieser Hinsicht hesonders erwähnt zu werden, obgleich
hier bei dem gänzlicbeu Hangel von Originalien die Ausscheidung den Urtextes
und d«r q>Uer«i ZttsBtse unmöglich, die HerTorhebmig der Ntcbtrftge in die
(spiteren) Abschriften wirthschaftsgescbichtlich weniger werthTdl war.
') Wie z. B. die Freisinger Urbare bei Zahn in den Fontes renun Auskriaca-
rum, Diplom, et acta, Bd. 86.
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52 V* btama-Stemegf : Udber Urbuieo imd üibariaUmlkrichiningwi.
Was dann endlich die Concepte und Manuale einerseits, die Rodel
und Einhebungsre^'ister aruirerseits betrififl, so ist ihre selbständige
VeröfTcntliehung natürlich nur da von Werth, wo die Urbare fehlen, die
aus ihnen hergestellt oder aus denen sie gezogen sind. Im Uebrigen
aber Ist ihre BerQcksichtigung bei der Edition der Urbarien dennoch
in 80 weit empfohlen, als sie charakteristische Verschiedenheiten
gegenüber dem Tote des Urbars zeigen; auch ist es unter allen
Umständen wichtig von ihrer Existenz und Beschaffenheit Notiz zu
gdien, wenn sie auch im Uebrigen durch das Urbar sdbst für die
Forschung gegenstandslos geworden sein sollten
*) Fr. Pfeifer 's Einleiiun;,' zum liabsbiirg - (isterreichiachefi Urbarbach
kann auch in dieser Hinsicht als Muster aufgesteUt werden.
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V. üeber die Hofzublamtsrechnungen im K. Kreis-
Archiv für Oberbayem.
Von
Emil Roth,
K. Azchiv^SekreUr in MOneben.
In dem Kreisarchive Hänchen befinden sich unter dssa General-
best&nden sab rubro »Rechnimgswesenc die Ho&ahlamtsrechnungen,
welche mit Recht als dne ArchiTafien - Serie von besonderer Bedeu-
tung für administrative und historisdi-statistisdie Forschungen gelten.
Sie enthaltm ncmlich alle Einnahmen und Ausgaben der sog. »alten
Zalstube«, — zugleich der höchsten Kassa der bayrischen Landes-
fürsten — , welche der heutigen Gentralstaatskassa ähnlich bis zum
Eintritte der i. J. 1762 durchgeführten Recbnungs- und Kassen-
Reform die Ilauptkassa führte.
Diese Ilofzahlamtsrechnungen lagen vurdcm auf einem Speiclit r
des alten Hofes (oberhalb dos Uechnungshofes) und wurden i. Jahre
1816 sammt Besoldungs- (Quotember) Büchern und Rechnungs-
belegen durch den Reiebsaichivar y. Samet von der Ptovinzial-
hauplkasse flbemommen, unter Ueberweisung ersterer an das da-
malige Reichsarduvs-Konservatorhim (jetzt Kreisarcbiv in München)
und letzterer an das Archiv - Konaoiratadnm Landshut
Diese Rechnungsgattung beginnt mit dem Jahre 1551 und
endigt als solche mit 1802. Im Jahre 1803 tritt sodann in Folge
einer Reform im Rechnungswesen die Provinzialhauptkassa des
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Roth:
Kurfürslenthums Bayern, und demnach die Hauptkassa für die allen
Provinzen, an ihre Stelle. Dabei ist aber nicht zu übersehen, dass
sie mit dem Jahre 1763 nur mehr sog. Ausgabsbficherslnd, weil
von da an die Einnahmen bei der neu errichteten Hanptkassa ein-
iliessen. Leider mOssen wir auch einige AbgSnge bezeichnen.
fehlen n&mfich die Jahrgänge: 1652, 1553, 1565, 1656 imd 1559,
1601, 1649, 1670, sodann von 1714 bis 1749 und 1777. Alle
Mühe, sie ausfindig zu machen, war bis jetzt erfolglos; vielleicht
regt gecronwärti^'o Publikation dazu an, sie an's Tageslicht zu fördern.
Diose Rechnungen alle sind Foliaiilen in Srlnvcinsloder go-
bundon, viele Jalir^ränge aus zwei Bünden bestehend, einige, von 1618
boLniniond, foliirl und mit alphabetischen Registern versehen. Doch
sind die Register manclmial sehr unpraktisch angelegt, und er-
scheint z. B. unter B das Schlagwort »Bezahlter Amtsrest hin-
aus« etc. Die Rechnung von 1551 ist die erste, welche das Hof*
zahlamt, als solches, stellte. Die Errichtung dieses Amts erfolgte
gleichzeitig mit der Hofl»mmer. Herzog Albrecfat V. bestellte znr
Verwaltung des Kammergates »in allen nnsern rentambten auch
ausserhalb lands« drei R&the mit Namen Georg Baumgartner zum
Frauonstein, Eustachius von Lichtenslein und Karl Köekh. Vorha
lag die Verwaltung des gesammlen Kammerguts in den lliindcn des
Kamniermei>fcrs Kaspar Perndorfer. Diesen drei Ratlien nun,
wekho üi)ri<,'ens je nach Zeit und Unisfändpn auch den Geschäften
im llofrathe obzuliegen hatten, wunlc eine Kasse — das in Rede
stellende Ilofzahlamt — beigeordnet. Zum Zahlmeister bestimmte
der Herzog eine »geschikte person .... seinen diener« Conrad Zeller,
welchem »alles ordentlichs und anders einnemen« in seine »ver-
warmig und Verantwortung« auf »orbere jfirliche redmung zugestdH
und eingepunden« wurde, »ausser unseren camerrfti vorwiss^«
nichts zu bezahlm, und »dass sonst niemand mit einn^nen und
anderer faandlung unserer camergueter zu thnn . . . dan allain un^
9Ne camerrät und derselben verordneter zalmaisterc (Instruction vom
2. April 1565). Der Verwaltung des gesamraten Kammei^tes
wurde aber bald wieder eine andere Organisation gegeben, indem
an Stelle des Vorigen der bisherige Zahlmei-ter Conrad Zeller als
ein Kammermeister trat und »sein zugebner und mitverwandter
unser rat und haushofmeisl er Georg Taufkirrher sein solle«, weichen
beiden noch die Riithe W'iliioim Lesch, Seifrid v. Zillenhart, Georg
V. Gumppcnberg, Dr. Onoffer Perbinger und Stephan Trainer, »die
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üeber die Hofiuhlamtsrechnungen im K. Kreisarchiv für Oberbayeni. 55
sonsten, wan sie auf der camer nichts zehandlen haben, unsern
bofrat besueehen soUenc, adjungiii winden.
Nachdem aber auch diese Einrichtmig, womach die Ratbe heute
im Hbfrath, morgen in der Hoftammer amtirtent sich nicht be-
wfibrte, eirichtete der Herzog unterm 4. Dezonber 1572 ein eigenes
Hofkammer-Gollegram, wobd dem Zahhneister der frühere Wirkmigs-
krci.s verblieb mid ihm nur noch aufgegebra wurde, stets für einen
Kassabestand von wenigstens 20,000 fl. zu sorgen.
So ist es denn nicht zweifelhaft, dass das Hofzahlamt die eigent-
liche Kas.>a der Hofkammor und, wie erwälint, bis« zu dorn angege-
benen Zeitpunkte von 17()2 die hürhsle Kassaslello der altbayrischen
Provinzen war. Und da das Hofznblamt in seinen Rechnungen die
Verwaltung des gesammten Kamnierguts darstelll mit den Ausgal)en,
welche für die Lande.sfür.sten und die einzelnen Faniilienglieder der-
selben auf persönliche Bedürfnisse, Kunstgenüsse und Ilofhaitung,
sowie auch auf die gesammie Landesverwaltung erwachsen sind: so
glauben wir nur ehi dankbares Feld zu behreten» indem wir den
Inhalt der Recfanmigdificher nfiher beleuchtea
Wie es schon der Ordnungssinn verlangt, sind den Rechnungen
auch ehedem die Emnahmen Torangestdü und gruppenwelae auf-
gefShrt Der vorerwähnte Zahhneister Eonr. Zeller fOhrt uns zwar
in seiner ersten Rechnung (1551) die Einnahmen nur m chrono-
logischer Reihenfolge vor, schon in der darauffolgenden Rechnung
aber gebraucht er zur Einordnung seiner Positionen förmliche Rech-
nungstitel. Da erscheinen nun die Kammergutsgefalle, — das eigent-
liche Ordinariuni — sowie die extraordinären Einnahmen in Titel wie
folgt zergliedert. Den Reigen eröffnet das Rentamt München mil seinen
sämmtliclien Aenitern, als: GrosszolP), EchezoU*, Umgcid^) und
Kasten München*, Pfundzoll von der Wag, Fischmeisterarat München,
Lehenprobstamt München , Hofhanunorschmiede in München , Ein-
nalmi von Einlass in München, Gericht Au und Untergiesing, Hof-
mark Taufkirchen*, die Pfleg und das Kasteuamt Kranzbei^*, Pileg,
Kasten und Zoll PfofEisnhofen Pfleg, Kasten und Umgeld Hain-
^ Die mit * markirten Aemter äbaä adun in den enten Rechnungen ver^
txeten, während die andern nach und nach hinzutraten.
*) Das ünipi'ld in der Stadt München war länirere Zi it hindurcli (noch
1570) an die Stadt München verpfändet, so dass nur die bezüglichen Vor-
merkungen, weleiie dies komtotiien, angeRlgt dnd. Spftter, x.B. 1007, enclieint
dieses GdUl als eine nicht unbedeutende EinnehmequeMe.
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Roth:
irarg'", Landgoriclit Abon^perg und Altmannsstein*, Pfleg und Maut
zur Neustadt Vorst Dnrnpuch*, Pfleg, Kasten und Zoll zu Rieden-
burg*, Zoll zu Schamliaupl *, Gericht und Kasten Vohburg*, Pfleg,
Zoll und ümgeld Ingolstadt*, Kösching* und Gerolfing* mit dem
Köschinger Vorst*, Pflog, Kasten und Zoll zuWeniding*, Pfleg,
Kasten , Zoll und Umgeld zu Rain * , Pflege , dann Moosgericht
Schrobenhausen *, Pfleg, Kasten, Umgeld und Vorslamt Aichach*,
Ga^cht, Umgeld, Zoll, Kasten und Fischerei zu Dachau*, Gericht,
'Kasten, Hbcliaoll und Umgeld zu Friedberg*, Zoll zu LodihauseQ^
Pfleg und Umgeld Uebring*, Gericht, KasteD und Umgeld Schon-
gau*, Zoll Mittenwald*, Zoll Escbenkich*, Pfleg, Kasten und Um-
geld Weüheim*, Bräuamt Weflhdm, Gericht und Vorstamt Dienoi*,
Gericht Starnberg*, Pfleg und Umgeld Wolfratshausen ♦, Pfleg Tölz*,
Zoll im Kreuth*, Pfleg, Kasten und Umgeld Aibling*, Zoll Fisch-
bachau*, Pfleg Aurburg*, Pfleg, Kasten und Maut Rosenheim*,
Pfleg und Kasten Marquartstein, Pfleg. Kastenamt, Salzmaieramt
und Zoll zu Reichcnhall *, Zoll Mathausen *, Zoll Siegsdorf *, Pfleg,
Kasten und Zoll zu Traunstein*, Pfleg, Kasten, Zoll und Umgeld
Wasserburg*, Kasten Kling*, Pfleg, Kasten, Wein- und Viehumgeld
Schwaben*, Zoll Grünwald*, Pfleg Rauhenlechsberg * , Hofmark
Karlstein, Hemcbatt Lichtenberg, Hoftnark Haldenberg, Kasten und
HoDmaiksgericht Berg und Aufkirehen, Zoll Gmund, Zoll von dem
ungemachten Weg auf der Kieferau, Hofinark Razenhofen, Herr-
schaft Wolnzach, Herrschaft Wackerstein, Pfleg Stamham und Oet-
ting, Vorst Hagenau, Schwaig Schieissheim, Schwaig Anger, Sdiwa^
Grasslfing, Hofmark Forstenried , Schwaig Fürstenried, Wörnbrunn,
Schwaig Nymphenburg, Sitz Uedlding, Reichsherrschaft Hohenwaldeck,
Vogteigericht Schliersee, Grafschaft Haag (von 1507 an) und Stadt-
und I{oiclis|ifle^'o Donauwörth (von 1608 beginnend).
Diese, sowie die auswärtigen Herrschaften liefern an das Hof-
zahlamt die verbleibenden Reste ab, so dass das reine Erträgniss
eines jeilen Amtes übersichtlich dargestellt erscheint. Die hieher
gehörigen auswärtigen Herrschaften sind folgende: Minddheim, Wie-
sensteig, Reichsrittergut DGmau und Gameltshausen, Herrschaft Wer-
tingen und Hdhenreichen, LandgraCschaft Lenchtenberg, Reichsherr-
schaft SuMmrg und Pyrbaum, wie auch das heimgefallene, ▼orhin Graf
TUly'a^ Stadtrichferamt Fteystadt mit Ehischluss der ▼orbehaltenen
Lehengefrdle von den übrigen Tilly'schen Herrschaften Holnstein,
Hohenfels und Helfienberg, femer die Heraog Max'schen Güter, näm-
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Ueber die HofzabiamLsrecbnungeii im K. Kreisarchiv für Oberbayern. 57
Uch das Pflegamt, Kasten und Brftuhaus ete. za Hohenschwangau,
das Pflegamt Törkheim, Herrschaft Angelberg, Henscfaaft Schwab-
eck mit der Hofmark Ämberg, Schwaig ete. Ostorettringen und
Herrschaft Hatsieas.
Bei den Rentämtern Landsbut, Bocgbausen und Straubing war
ein Anderes in Uebung; diese nämlich Hessen ihre Unterämter nicht
direkt an das Ho&ahlamt abliefern, sondern häuften die Reste bei
dch an, um sie am Schlüsse eines jeden Rechnungsjahres an die
Hanptkassa — das Hofzahlarat — zu übergeben.
Nur für die Renten der von dorn Grafen Joachim von Orten-
burg in der Fehde mit ihm neu erworbenen Horrschaflen Neudeck
und Mattigkofen , welche im Rentamte Burghausen situirl waren,
wurden von 156Ö an auf längere Zeit gesonderte Kechnungstitel
geführU
Ausserdem tauchen noch manche Einnalunstitel bald auf bald
unter, welche wir mit Stillschweigen nicht flbergehen kflnnoi. Die
HaupthilfsqueUen des Landes waren immer die Saltgef&lle, wekshe
nach den Aemtem eingetheitt äbersichtlich ▼ereinnahmt sind; auch
der ErlSs Aber verkauftes Getraid und die BraugefSUe erscheben
m stetiger Zunahme. Von den Aocis- und Au&cblagsgattungen
smd jene aus den Venafien und Kaufiaaannsgfltem zum Hofealilamte
— aber erst seit dem XVm. Jahrhundert — , von den Steuern hhü-
gegen nur die Konditions- und Besoldungs-, dann Stadtsteuem zu
nennen, aus welch letzterer Gattung wir ersehen, dass es nur die
Städte München (mit 600 ff), Ingolstadt (1738 fl.). Wasserburg
(200 8), Traunstein und Pfaffenhofen sind, welche mit dieser Steuer
angelegt^ waren.
Das Tabakswesen (Apaldo) wurde längere Zeit (von 1675 an)
im grossen Schw^ungo erlialten und lüeraus niciit unerhebliche Ein-
nahmen erzielt; auch das Sciiarwerkswesen und die Herdtstattanlag
hatten eigene Einnahmstitel.
Die Einnahmsrubrik endlich »auf veikanftie liegende stuck« ge-
währt (Ür den Verwaltungs- und Fiskaldienst ebenso werthTolle als
ftlr den Historiker hiteressante Aufschlfisse, z. B.:
1558 Fd. 119 den etc. Octobris empfangen und eingenommen
▼on hem Ottheinrichen Fteyfaemi zu Schwartzenberg umb den
drittail und desselben eho- und zugdiönmgen der Henscliaft
Winzer so meinem gned. fOrsten und hem zugehörig' gewest
und J. t gn. seinen gnaden auf ewig verkauft ÖOOO iL
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Roth:
1562 It. empf. von Hansen und Harquard von Stain zu Tettingen
um den zehent zu obern und nidem Ramingen wekber ime
▼erkauft worden 6000 11.
Diese zwei Positionen ^d nur h^u^egnffen und lassen sidi
aus den Hofzahlamtsrecbnungen derlei Verftusserungen bis in die
neuere Zdt verfolgen.
Hieran reiht sich als ständige Einnahmsquelle das »Jägergddc.
Die bayerischen Landosffirsten hatten bei den Klöstern und Pfarrern
(wie bei vielen Ilüffrülorn) das Recht hergebraclit, ihre Jäger sammt
Pferden, Falken und Hunden atzen oder bcwirlhen zulassen; diese
Last wurde reluirt und das Poichniss >Jäfrergeld<!: genannt. Dasselbe
ertrug z. B. nach der Ret iiiiung v. 1570 für das Rentamt München
737 fl. 3 kr, 10 hlr. Bei dem 1 lofzahlamte wurde dieses Reichniss
bis incl. 1616 cinnahmlich verrechnet; eine Vormerkung zur Rech-
nung d. 1617 Fol. 147 besagt jedoch, dass es von da an bei den
Süssem Aemtem eingebracht vraide. Bei den übrigen Rentämtern
dfirfte es unter den Ablieferungssummen begriifen sein.
VorObergehend war dagegen das »Eantoreigeldc, welches eine
zur Erhaltung der furstl. Kapelle von dem Pr&Iatenstand bewilligte
Steuer von jährlich 3000 fl. war und nach einer aktenmässig^ Notiz
sdion mit dem Jahre 1430 erhoben wurde, nach Ausweis der Rech-
nungen aber mit dem Jahre 1575, bzw. 1579 endigte.
Ebenso nur eine Zeitlang finden sich in den Hofzahlamtsrech-
nun?en von 1557 an GefTdle verrechnet, welche von den sog. vacirenden
Kiristcrn und Probsteien, als Probstei Peler.sberg, Kloster Päring,
Schamhaupten und Biburg zum Zwecke der »underhallungr geist-
licher pcrsonen« eingeflossen sind. «
Ferner hatten nur ganz vorübeigelu iule Zwecke die Einnahms-
titel »zur aufriclitung eines neuen spitals in München zur under-
haltung des kranken hofgesindsc und »baufalligkeiten bei dem
closter Attel«. Den ersteren waren die Einnahme der verfallenen
Gfiter, der Strafen und »fiskalische Geldert gewidmet, und verschwindet
dieser Einnahmstitel, der i. J. 1564 erscheint, schon nn Jahre 1567
wieder; für den zweiten aber wurde ehie eigene Kontribution (von
1608—11) erhoben.
Der Einnahmsütel »eingebracht heuratguet wegen J. Dt unser
gn. Fürstin und Frauen«: wird von Fall zu Fall dazu benützt, um,
was für die landesfürstiiche Hausgeschichte interessant, die ange-
deuteten Heuratgüter einnahmlich zu verrechnen.
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Vebet di« HohahlamUrechnungen im K. Kmmrchiv für Oberbayem. 59
Die ibergwerchs- Ausbeute« ist nicht bedeutend; i. J. 1617
z. B. beträgt sie im Ganzen nur 1029 fl. 34 kr. und die »münze
alhiec, welche gtetchfaDs im Allgemeinen nur Geringes eintrflgt, bbs
514 fl. 17 kr. 6 hlr.
Die Reichs- oder Törkenhilf und die sftnmiUichen landschaft-
lichen Bewilligungen sind gleichfalls vom Hofzablamte eingdhracht
und verrechnet.
Im »Triflwesen« absorbiren ISIRiet die ungeheuren Baukosten
die Einnahmen völlig, und ist diess namentlicli in den Jahren 1605,
1612, 1621, 1627, 1628, 1630 etc. der Fall, ais auf neue Tria-
bauten grosse Summen verwendet wurden.
Geschiciitliches in Bezug auf Städte und Märkte bietet besonders
die Rubrik »auf gegebne Freiheiten«, in denen die Gegcnreiclinisse
enthalten sind, welche dieselben an das Ilofzahlamt für empfangene
Privilegien entrichteten. Die Stadt Landsberg z. B. aUte für das
i. J. 1565 fai Juiisdlktionssachen verliebene Privilegium zehn Jahre
nach einander 120
Eine weitere sich dem vorigen Titel anschliessende Buchauf-
schrift: »Particular straffen« (Ohrt die einzelnen Geldhiissai nament-
lich auf. Im Jahre 1617 hezaUt z. B. : »herr Hans Wilhelm Hundt
zu Lautterbach die ime wegen holzausreuttung aufo'legte strafiT«
mit 200 n. — und »herr Ghristo|)h Schrenk die ime wegen gemachten
neucngereuts und aufgeworfener graben 7A1 Aufhausen« 2000 fl. —
welche beide Positionen für die Geschichte der Land- und Forst-
wirtlischaft nicht ohne Bedeutung sind.
In gleicher Weise sind die »Ehcbiuclisstran'en« in l)esonderer
Rubrik specialisirt, und nicht selten stossen wir darunter auf distin-
guirle Namen.
Das »pferdtgeldt«, welches gleich darauf folgt, war eine Abgabe,
womit die sämmtlichen Pfleger für jedes Pferd, welches sie hielten,
angelegt waren; je ein Pferd war mit jfthrlich 70 fl. besteuert Diese
Rubrik fiihrt die Pfleger einzeln auf und leistet tOr Personaliecherchen
gute Dienste.
Auffallend hoch beziffern sich die Einnahmen von dw ^nzigen
SUdt Donauwörth; i. J. 1617 z. B. betrug sie 11,289 fl.
Die Positionen zur Rubrik »aufgebrachtes geld« , unter den
Herzogen Albrccht V. und Wilhelm V. ungemein zahlreich, sind
*) Vgl. Frejberg's Geschichte der bayr. Ueset2gebuiig, Bd. II, 174.
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60
Roth:
ganz entgegen der jetzigen Rechnungsmanipulation in effektive Ein-
nahme inmitten den eigentliclien Kammergutsrenten aufgeführt, was
uns veranlasst am Schlüsse auf den Eintluss aufmerksam zu machen,
den dieser Umstand auf den Abschluss der Rechnungen ausübt.
Unter den Staatsgläubigern, welche darin aufgeführt sind, finden
wir manchen berühmten Mann, wie Philipp Apian, Orlando di
Lasso etc., welche sich mit demUch hohen Sammen betheüigteii.
Unter den »gemainen einnahmenc endlfeh fond alles dasjenige
Platz, was sich fai die übrigen Recfanongstitel nicht einfügen Hess,
und smd darunter manche merkwürdige Positionen zu finden. Die
Rechnung Tom Jahre 1562 z. B. enthält :
den 30. Juli anno 62 empfangen von Pangratzn von Frcybeig
einen Überrest an seinen empfang des f. salpaues alhie in der
neuen vest 494 ü. 5 ß S pf.
Damit sehliepsen die Einnahmen, deren Hauptsummen ohne
Ueberblick der einzelnen Titel, wie diess die jolzige Rechnungs-
stellung erfordert, jedesmal auf einem eigenen Foüum, wie folgt,
dargestellt ist :
Suniina Sumarum aller und yeder voi^schribner Einnamb
sambt den Zalmaisterl«" rest ... 1,441,153. 33. 5^).
Ein weiteres Folium kündigt die ausgabliche Rechnungsstellung
mit den Worten: »Voigt die ausgab« an.
Die Ausgaben beginnen mit doi Positionen auf die Deputate,
welche die LandesfOrsten und FamiUenglieder des fOrstlichen Hauses
aus dem Eammergute schöpften, denen sich noch besondere ausgab-
liche Verrechnungen auf persönliche Bedärfkiisse, Anschafltang von
Eunstgegenstftnden etc., wie nachstehend herausgegriffene Posten
zeigen, anreihen:
1551. Item den 24. Martij durch hem Karl Köckhen meiner gnä-
digen Fürstin und Frauen zum spiln mit J. gnaden Schwester
zuegestelt 50 cronen darunter 20 goldtcronen 5 Französisch
cronen per 92 kreuzer thun 75 tl. 1 ß 5 pf.
. . . . hab ich meinem gnd. fürsten und hcin gesandt als J. f. gnd.
bei selben frau nmettor mit hertzog Hainrichen von Braun-
schwcipg spilet 50 taler thun 50 H. 4 13 30 pf.
bez. Christüüen Zwykhopf umb ein ring so man meinem gnd.
fürsten etc. von Augspm-g pracht, darum 100 taller thun
113 Ü.2ßi0 pt
•) HofinUamtsraehiniDg 1617 Fol. 328.
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Ucber Hcftablaintarocfanungwi im K. Krdsaichiv IDr Obobayern. gl
1568 .... den 19. Mai uberschikt m«nem gnd. fOrsten und bem
herzog Ferdinand als J. f. g. zum ring gm^t 100 goldcroiion.
* . . . bez. Abrahamen Lotter und Marxen Kraus goldschmidn
in Aogspuig umb dainotter (iür herzog Wilhelm)
6142 fl. 6 /? — pf.
mer bez. auslosung wegen h. Eberharden von Wiertemberg
am her und haimraisen 1496 fl. 1 ^ 26 pf.
hem von Mächslrain und ritter Preisingor zerung in lierbelait-
tung meines gnd. iursten und hern herzog Wilhelms praud
865 ü. A ß 2 pf.
1600. (Aus bevelch herzog Wilhelms) mer hechstgemelt J. D. für
ain wasserwerck so von dem Iser berg berein gefiert und von
. . h. MazimBiaii hieramben zu erlegen bewOUgt weiden
8000 fl.
1812. Item haben J. f. D. unser gnd. herr dero geUehten h. brae-
dem henog Albrechten in Bahn wegen deroeelben YermShmg
und dabei anflanffenden uncostens tnhalt d^ anscbalfhng ver-
wiDigt 70,000 fl.
Schon unter der Ahtheilmig für Einnahmen »aufigebrachtes
Geld« und igemaine einnahmen« ist dargethan, dass darunter
manche Positionen Stoff und Winke für genealogische Forschungen
bieten. Neimen diesen Einnahmstiteln aber sind nicht nur Anhalts-
punkte für Beschreibung der Lebensgeschichten hervorragender
Märmer, sondern auch vielfach aufklärende Momente über das Ent-
slehen und Aufblühen vaterländischer Institute für Kunst und Wis-
senschaft ganz besonders in den nachstehenden Ausgabstiteln zu
finden, als: Verelirungen , Leibgeding und Gnadengeld, Provisioner,
Geistlich Ausgaben, Archiv und Bibliothek, Tapezerey, Gartoi und
Malerei, bewilligte Hauszhis, Zehrungen, Abfertigung und f. Gnaden-
schankungen, Gantorekusgaben , Eanstkammer , Erkauftes Silber-
geschirr, Auqgab auf Besbignisse, Eomedie, BaUet und Toumier,
»Ainzige« oder gemeine und allerld Amgaben, und endfich das qW
temberbueh. Zum Beweise dessen reihen wir hier einige unausgesuehte
Positbnen an:
1558. Au^ab wegen translation der cronica Aventini den etc. VI.
februarü a. 58 bezalt Jeromiusen Ziegler (Archiv und Biblio*
thek) 34 gld.
„ Ausgab so über aufirichtung der l»yer. mappen gangen auf
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62 RoU»)
ledmung und Terrichtong obrennetts opus bessalt PhOqiipo
Apiano (Verehnmg) 30 gld.
1562. bezalt umb &n silberne gurÜ der der Oriandin in die kind-
pett veiert worden 13 fl.
156a. doctor Johann Ulrich Zasij halbjirigs dienstgeld Georgi 200 fl.,
Miehaeli 200 fl.
Andreas FaJnicias herzog Emstens preceptor 150 ialcr
170 fl.
. liorn grafen Eitl Fridertchen von ZoUem auf den 22. Jul^
und 22. Januarij (Provisionär) 210 fl.
„ den 28. Junij dem Maximo Troiano Verehrung wegen einer
gehaltenen Conied 20 fl.
„ dem Surio historico von Cöln wellicher meinem g. fürsten
und liern lateinische und teutsche buccher zuegeschribcn
147 fl.
1570. Philipp Apiano leibgeding und gnadenj?elt GeoriJ^i 75 fl.
1599. Paulusen Sartorio, niusico, so J. Dt. ain mess von 8 stim-
men presentieri J2 fl.
1610. liern Johann T'/erclas von Tilly obristen Generallouttnnaml)t
zu seinem auszug und aus gnaden vermug schein so under
einer urldiundt von lO/m fl. begrifien, welche hne furgelihen
worden und beim Schuldenlast sefindesi 2000 fl.
„ Wolfen Hamerthaler gastgeben per auslosung hera Symon
von Myon Lottring'schen abgesandten 10 fl.
„ Raphaeln Satler kupferstechem abermals vor 3 stuck bayer.
heflügen zn verfertigen 30 fl.
1611. Wilhebn Franckhen maller den nnser g. firan beim Petem
Gandido lernen lassen auf vorhabende vranderscbaft aus gna-
den 100 fl.
„ Petem de Gandido f. mallem umb gelaister vleissigor dienst
, willen aus gnaden lOOo fl.
„ Der clif. Dt. zu Cöln liorzog Ferdinanden in Baim das jerlich
dppntal 1200 11. und dann noch so J. Dt. zu anstellung einer
neuen bauss- oder hoflialtung geschenkt worden 10,000 fl.
1612. Alexander de Crotta zeugmei?ter zerung und uncosten als
er hem Marfros etc. Spmola auf der post entgegen geritten
denselben einzeladen 288 fl. 50 kr.
1613. J. f. D. vermälung und ausferttigung so J. f. g. hem Wolfen
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Uefaer 4i« Hotehkoitsnchnuiigen im K. Maurcfaiv IBr Oberbayem. 63
WQhelm p&hgraven von Neubuig zu selbsi handen gdilfert
J. D. faersogin Magdalena 30,000 fl.
1613. J. t D. hern WoU|g;ang Wilhelm pfalzgraven von Neuburg
das ▼ersprochene henratgut J. fl D. henogiii Magdalena
50,000 iL
1614. Dem de Harselles obr. Leuttenambt p. zerung und uncosten
als er J. Dt. stat 2 jungen herrn von Wallstain die fürm-
binden zu Freysing eingepunden 6 H, 58 kr.
1614 hem\[ und abgelegte st'huldon Feier de Candito f. caninier-
niallern p. Cap. 2/m fl. abgelest 2100 fl.
1617 hern d. Christoph Gewoki per zerung und uncosten als er
w^n verenderung des archivs liieher beschrieben wor-
den 59 n. 41 kr.
1617. Tobiasen Volkamer xnatematico per zening als er die giaf-
schaft Haag in grünt gelegt 125 fl. 5 kr. 3 pf.
1778 Dem äussern arcbivario Sedelmayer als ein gratification wegen
transport des äussern archivs in das herzog Wilhelmi-
nische haus 50 fl.
Vniesr der Menge adeliger Personen, die in den Rechnungen
vorkommen, stossen wir auch auf viele ausländisc he^ und ist dabei Ver-
anlassung und Zweck der Berufung an den bayer. Hof nicht selten
angegeben. Sehr viele Hessen unter den Herzogen Albredit, WUhelni V.,
Max I. und Max Einanuel in Bayern sich l)leibend nieder.
Audi für Naturkunde, Landwirthschafl und Gärtnerei, nament-
lich was den hnporl ausländischer Sämereien und IMlan/en, dann
Einführung fremder l{assenpfeide betrifft, finden sich hie und da
unter diesen Ausgabslitelii, sowie unter der Rubrik »auf die Schwaigen«,
verwerthbare Positionen.
Für das Jagdgebiet Mumau merkwürdig ist die Position
1580. Ainlf pawm aus Mumauer gericht, so den bem, der aldort
ge&ngen wurde, alber gebracht haben, zur vererung 32 fl.
Ausgaben, welche in Folge der politischen Ereignisse noth-
wendig wurden, sind besonders zahhreicb unter den Titebi lauf
audosungen«, »Verehrungen« und »zehrungen« vertreten. Unter
»auslosung« ist bekanntlich die Bezalilung dessen, was man in einem
Gasthause verzehrt hat, verstanden. Es war nämlich an den Höfen
Sitte, dass die bei Hofe Erscliienenen, seien es auswärtige oder ver-
wandte Fürsten, Abgesandte, Curiere etc. gewesen, in den Gasthöfen
und bei Privaten auf Dach, Fach und Verpflegung einlogirt, und
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64 Roth:
dass den Wirthen die Zechen hiefOr auf henschafUiche Rechnung
vergütet worden. Diese Art Gastfreundschaft kostete dem Landes-
forsten fai mandien Jahren erhebliche Sammen. Im Jahre 1599
erreichte der Gesammtbetrag die Höhe von 32,561 fl., worunter
allerdings eine bedeutende Ausgabe auf den Durchzug fremden Kriegs-
Tolks begriiten ist und auch die Anwesenheit der Erzherzogin Maria
zu Oeslorreich »als sie di?s jars widerumbon aus Hispania kommen«
und die des Duca di Mercurio grössere Suninien erforderto.
Unter diesen Vorrechriungsposten finden sich mancherlei Winke
über politische Verhandlungen, und werden dem Forscher genaue
Daten der Anwesenheit auswärtiger Fürsten und Gesandten am
bayer. Hofe geliefert.
Ebenso beiiielien sich die Ausgabstitel »auf vererungent und
»auf erluufte damotter« viel&di auf politische Ereignisse. Die nicht
ganz seltenen PrSsente an die kaiserlichen geheimen R&the, wie
z. B. die folgenden Positionen zeigen:
1609 .... Widerumen der Uaria Wagnerin per ahi güldene kfltten,
so dem hem Yon Strallendorf nach» Prag Terert worden
410 fl. 51 kr.
1610 .... und dann dem Franz Filln handdsmann alhie p. silber
und vergult pöckh und Kandten, so der Rom. kai: Mt. rat
hem d. Hegemüller verert worden 149 fl. 22 kr. 4 pf.
1612 .... Paulussen Krueger alhie p. ain einsatz von silbernen
schislen tellern pöckh und Kantten, auch löfl, leichter und
flaschen, so der päpstl. Heilt. Nuntii, welcher der Salzburgi-
schen Sachen iialb, herausgeschickt worden, verert
2053 fl. 53 kr.
berechtigen zu Schlussfoigerungen in der Donauwörther Reichs-
exekutions» und saizburg^chen Sache.
Auch unter don Titel »verdirungenc finden sich hohe Summen.
Im Jahr 1597, in welchem Herzog Wilhelm V. die Regierung nieder-
gelegt, betrug die Gesammtsumme 10,436 fl. 22 kr.4hlr. Ausgaben,
welche yorzüglich die goldenen Gnadenketten erheischten, die damals
▼erehrt wurden.
Hit den politischen Erdgnissen stehen endlich hie und da auch
die Ausgaben »auf zolirungen« in Beziehung. Wie die »auslosungen«
die Fürsten und Gesandten von auswärts aufführen, so lassen die
Positionen auf »zehningen« ersehen, wohin und welche G^
sandte, Agenten etc. vom bayer. Hofe abgeordnet wurden.
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U«lwr die Hoftahlamtsreehnungen im K. Knisurdüv fOr Oberf»yeni. ^
Im Jahre 1598 z. B. erroichto die Gesammtsumme der Aus-
gabspositionen dieses Titels die Höhe von 18,618 fl. 43 kr., voran
mehrere besonders kostspielige Gosandtsciiaflen Schuld trugen.
Für das Donauwörther, Gilchische, Salzburgische und Mindel-
ht'im'scho Wesen, dann »auf unterhalt der Ilaydelberg'schen ainigung
Ijestelten diener« (1554) und »Fränkische ainigung« , »was auf
punts-, craiss- und ainigungstagen verzert« (1554), endlicli über den
»Laudsberg'schcn schirm verein« sind eigene Buchaufsthrillun, doch
nur auf so lange, als hierauf Kosten anfielen, angebracht.
Für Militär- und Kriegszwecke lauteten die Buchaufechriften in
den filtern Rechnungen lediglich »gemaine Kriegsausgabenc, »Kriegs-
sachen betreffSendc und »archebusier«. Diese Kriegsauqgaben sind
aber auffiülend geringfügig und betrugen z. B. i. J. 1568 nur 1038 fl.,
worunter 264 fl. »auf die Gottisch extoitianshilfc inbegrUTen sind:
dann jene auf die »Quardi zu Ingolstadt« 4697 fl.
Im Jahre lö96 erscheint eine besondere Rubrik »Haag'sche
uncostcn wegen der aufruhrer« mit einer Ausgabspost von 1046 fl.
58 kr. Später sind die Ausgabstitel für Kriegszwecke geändert
und lieissen »Quardi Ingolstadt und anderer orten«, »Harnisch-
ka Himer«, »Zeughäuser zuMünclien, Ingolstadt undLandshut«, »arche-
busier« etc.
hn Jalirc lülÜ wurde die Bundeskriegskasse errichtet, deren
Rechnungen die Kriegsausgaben auf den 30jährigen Kri^ enthalten.
In administrativ-fidEalischer Hinsicht, hezvf. für spezialgeschfeht-
Udie F<nrschungen dfenlich dagegen ist die Ausgabspost »auf er-
kaufte stttck und güterc, weil hieraus die sfimmtlichen Acquisitionen
daigestellt werden kflnnen. So z. B.:
1560 mer ausgeben und bezahlt dem hem able von Admundt aus
Khemdten urob die erkaufte probstei EJsendorf 2S272 fl.
1560 mehr ausgeben um das erkaufte pferrlefaen und zehent zu
Turkheim und Ramnüngen 5210 ü, ± ß S pf.
1596. An den 17/m. fl. kauüschilling für die henrschafl und das
schloss Randegg 5000 fl.
1622 hern Lorenz von Wensin pfl^r zu Vohburg für die erkaufte
Schwaig Griblsschwaig 5600 fl.
AnhlnaiaelM SsIlMlulfL D.
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66 Roth:
1641 hern Joacliiin von Donnersperg au der ihm abgekauften hof-
mark Kaufringen lOiOOO fl.
Ein für den fiskalisch-administrativen Archivdiensl gleich wich-
tiger Rechnungslitc) ist: »auf güllen so auf den heusern verschrieben«
oder »bezalte ewige gülten so am unsers genedigislen fürsten und
hem heusern und denen so zu dem f. neuen kirchen- und coUegien
paw erkhaufl worden, verschrieben seien.« Herzog Wilhdm kaufte
nfimUcfa mehrere Häuser in der Engen- und Eireuzgasse zum Zwecke
eines Neubaues — der Herzogmaxburg — , sowie des Baues der
Jesuitenkvche und des Ctollegiums unter Uebemahme der sftmmt-
lichen hierauf ruhenden Ewiggelder. Einige dieser Schuldposten
wurden allmälig abgelöst, andere sind unter jener Million Golden
begriffen, we lche die Landschaft i. J. 1605 auf ihre Schullern nahm,
wesshalb schon die Rechnung von 1606 diese Ewi^lten nicht
mehr aufTührt. Neuanfälle von Ewiggüllen kommen später nur zer-
streut vor. Noch in einer vor nicht langer Zeit hethätigten Recherche,
worin der Staat nahezu mit einer Million Gulden betheiligt erschien,
hat man sich zum Nachweise der wirklichen Ablösung von Ewiggeld-
poslen dieses Rechnungstitels mit Erfolg bedient.
Zur besondern Zierde Allbayerns entstanden, namentlich unter
dem kunstsinnigen Herzoge Albrecht V., eine Menge von Schlössern,
welche theilweise später den Pflegern und Kästnern ab Amtsgebäude
dienten. Für den Bau und Untertialt »der fürstlichen geb&u« fibeiliaupt,
dann der SchtOsser Starnberg, Dachau, Krandsperg, Mehring, Iflenzing,
Schliersee, Burkhausen, Rauhenlecbsbeig, Grünwald, Marquartstein,
Hammendorf, Schongau, Friedheig, Maittbarg, Altmulslein, Neuen-
Stadt, Riedenbm'g, Wemding, Tölz, Aibling, daim für den »salpau
der neuen vestc, das Jägerhaus zu Wildenroth, Amthaus zu Perlach,
»Payerpronner gepeut, Jägerhaus in der Riss, Wachthaus zu Neu-
stadt, Tendelgarten 7.u Grünwald, Vogellierdt im Altlauf bei Höchen-
kirchen, die Gebäude zu Ingolstadt, das Zollhaus in Lechhausen, den
Salzbrunnen in lleichenhall , das Jaidhaus am Thann bei Ilartpcn-
ning — sind in den Hufzahlaintsrechnungen von 1554 bis 1500 be-
sondere Rechnungstitel eingefügt. Herzog und Kurfürst Ma.ximilian
hat wäluend seiner Regierung allein auf die HofgeJ>äude in München
1,689,508 fl. verausgabt, worunter für die Jahre 1602 111,580 fl.,
1604 116,589 fl., 1621 180,964 fl. und 1627 126,500 fl. be-
griflbn sind.
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Ueber dk Hoftahlamtarachniiiifeii im K. KreinrebiT fflr Obertmyern. 67
Ebenso f^llt in diese Zeit (1560) eine eigene Rechnungsrubrik
»ausgab aur etliche schiff so zu Ingolstadt und Starnberg stehen«,
noch mehr in die Zeil Max Emanuels, in welrhor die grossen Lust-
schifffahrten auf dem Würmsoe abgehallen Av urden.
Inmilt(>n dieser Rechiiungslilol finden wir auch »auf den Wasser-
bau des Lechs« und »wassergebau bei Allel« sowohl in dieser als in
späterer Zeil Rechnungspositionen eingescliallet , für welche der
Herzog (1609) eine besondere Kontributton (s. unter Einnahmen)
Der Recbniingstitel »graf^chaft Haag« (1568) ist bestimmt, die
Positionen auf die Abfindungen in AusfiQhning des Haag^scben Ver-
trags, nämlich an Eitl Friedrich Graf von Hohenzollem und Hart-
mann von Liechtenstein flQr ihre Gemahlinnen, in deren Namen sie
auf aOe Ansprüche«an und in der Crafschafl Haag verzichten, so-
wie an die von Closen'schcn Erben, die Grafen von Tenngen, den
Hans Kaspar von Pienzenau , Hans Christoph und Erasmus von
Laiming, Christoph von Pienzenau, Albrecht von Schenk und Adolf
von Schwarzenstein, aufzunehmen.
Mit Uebergehung von Ausgabstiteln minderen Interesses, wie
z. B. Hofkücbe, Weinkauf, Habericauf, Jagdausgaben, Pfisterei, Hof-
sdmeideKi, Hobcfaosterei etc. nennen wir schliesslich noch einige
Bochaofschriften gteicbfaHs als TorObeigeiiende Püsten, wie »gottes-
hau8 Neodeck« , wolülr in der Rechnung de 1640 der Betrag von
1760 fl. 27 kr. eingestellt, ferner »die hmschaft Heldenheimt, welche
i. J. 1638 lediglich eine Ausgabe von 60 fl. 36 kr. erheischte, dann
»die Paradeische Behausung« wofür im J. 1627 661 fl. 47 kr. ver-
ausgabt, >bauausgaben zu Oeting<t mit 2000 fl. i. J. 1605, »aus-
gaben auf des alten herzogs von Lothringen hicherkunfl«, welche
anno 1603 eine Ausgabe von 19,189 fl. 5 kr. 6 hl. ergab, >L f. D.
der heiv.ogin Maria Anna hochzeitfest zu Graz« mit 49,983 fl. 10 kr.
Kosten pro 1600, und cmliich die »Lothring, hoclizcit« mit den Be-
trägen anno 1596 mit 51,448 fl. 57 kr. 1 hl. und anno lüOO mit
8285 fl. —
In einer eigenen Abtheflmig folgt hieraof das Besoldnngs- oder
»Quatembcrbochc. Dasselbe führt das gesammte statnsmMge Per-
sonal des geheimen Raths, des Hofraths, der Hofkammer, der ober-
sten Hofstellen und Stfibe etc. mit den Haupt- und Nebenbezügen,
D|aastesantritten, Beförderungen, Entlassungen und Todesfallen des
gesammten Personals vom Grosshofineister bis herab snm Einheitzer
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68
Roth:
auf, und da hierunter nicht allein Staatsmänner, Hofbeamte und
Geehrte, sondern auch die Münner der iHkienden und Tonkunst be-
griffen sind, .«o ist diese Abtheilung — was wir bereits oben be-
Micrki haben — für Forschungen über hervorragende Männer
äusserst werlhvoll.
Den Schkiss der gesamrnleii Rechnunysslellung bildet selbstver-
ständlich der Rechnungsabäcliluss , welcher den »Zalmeiäterischen
amtsresic ergibt.
Der erste Zahlmeistersrest znr Rechnung pro 1&51 beträgt nur
1012 fl. 6 ^ 1 hL; aber schon im Jahre 1559 entzUSert derselbe
75,879 fl. and im Jahre 1598 sogar 1,655,087 fl. 58 jl 4 hl Zur
Erklärung des Anwachsens dieser ^dümeisters Amtsreste messen wir
wiederholt n, das? dieselben hauptsächlich durch die »aufgebrach-
ten gelder« und durch Uebertragung resp. 'Vereinnahmung
von dereinen auf die andere Rechnung entstanden sind,
daher gerade zur Zeit als die meisten Anlehen aufgebracht wurden,
die Zuhlmeisterischen Reste ata bedeutendsten sind.
Dabei ist ganz unerlieblicii, das.s die Landseliall zeitenweisc die
Schuldenlust auf sich nahm, da sie nur die Verzinsung besorgte,
ohne damit auch die Anlehenskapitalien selbst zu berühren, welche
fort und fort hi Zahhneistersresten stecken blieben. Gleichwohl
findet sich Ui Dr. Schreibers Buch Haiimilian L (S. 38 über die
Uahenden Fbanzzustfinde) die auffUlende Angabe, dass die Ge-
sammtzahl der jährlichen Aktivreste — wie er sfe nennt — 100
Millionen betrage, zu welcher Berechnung der Verfasser aber nur
dadurch gekommen sein mödlte, dass er die Zahlmeisterreste ein-
fach als I7eber?chüsse nahm, und gänzlich unberücksichtigt liess,
dass diese Reste keine abgelieferten Aktivreste sind, sondern durch
Vereinnahmung in den nächstfolgenden Rechnungen immer ihre Ver-
wendung fanden.
Unsere gewissenhafte Berechnung aus den Hofzahlamtsrechimn-
gen gibt folgendes Bild auf den finanzzustand von 1598 bis 1651 :
Die Gesammtsmnme der Zahlmeisters Amtsreste entziffert 97,060,336 fl.
Dieselben sind nun, weil sie, wie vorhin erwähnt, als Einnahmen
ihre Verwendung fonden, von der Gesammteinnahmssumme zu
158,565,486 in Abnig zu bringen, verbleibt sodann wirkliche Em-
nahme 61,505,100, welche durch die Gesammtau^abssnmme mit
61,505,100 absorbirt wird, so dass an Erflbrigungen statt der
angeblichen 100 MUUonea Nichts verbleibt.
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üeber die Hoficahlamtsrechnungen im K. Kreisarchiv für Oberbayem. 69
Udberfaaupt müssen wir zum Schlosse nocih bemeiten, dass die
Abschlüsse, durch welche sich die Zahlmeisters Amtsreste ergeben,
kaneswegs geeignet sind, die Finanzzustände eines Jahres oder l&n-
gerer Perioden ganz getreu darzustellen; denn bei der Systemlosig-
keit des damaligen Rechnungswesens, welches sich nirgends auf eine
staatswirthschaflliche und nationalökonomische Basis stützt, ist dies
ohne mühevolle Vorarbeiten absolut unmögUcb.
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VI. Zur „Series Episcoporum**,
WUm eh» und Vortohllg».
VOD
Dr. K. II. Frhr. Roth von Schrockenstein
Direktor des Grbz. bad. Generallandesarcbivs.
Die Nfitztichkeit, ja Nothwendigkeit eines die Zeitfolge der
deutschen BischOfe, in möglichst zarerlfissiger Weise, jedoch unter
Vermeidung überflüssiger Weitschweifigkeiten, kurz und bündig nach-
weisenden Handbuches kann nicht bestritten werden. Eine aus-
führliche Aufziiiilung der sich in der archivalischen Praxis ein-
stellenden, zahlreichen Veranlassungen, in denen man auf die Vcr-
gleichung von liischofskatalogen angewiesen ist und mithin auch
der Fälle, in denen sich der jetzt vorhandene literarische Apparat
als ungenügend erweist, so zwar, dass nicht nur der Archivbeamte,
sondern jeder nach urkundlichen Vorlagen arbeilende, sorgfTdtige
Forscher, ein ganz exactes Hilfsmitlei zur Stunde nodi entbehren
muss, wird füglich unterbleiben dürfen, denn sie würde den an die
kleinen Leiden des Benifes gewöhnten Lesern dieser ZeÜsehitft
kaum etwas Neues darbieten kOnnen.
Dagegen sind wir denselben, nach einer anderen Richtung hm,
zuerst Rechenschaft schuldig, bevor von Wtlnschen und yoiachlSgen,
und wiren diesdben audi noch so besdieiden und voisiditig gesteOt,
die Rede sein darf.
Kann es sich denn überhaupt darum handehi, zur Series Epi-
scoporum reden oder schreiben zu wollen, nachdem ja, bereits seit
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Zar »SenAm Epiacoponinit.
71
Deccnnien, violbcmitzto Druckwerke vorhanden sind, in welchen, wie
man glauben sollte, alles Erforderliche dargeboten wird?
Und wenn nun auch den bekannten Hilfsmitteln, deren wir
uns beinahe täglich bedienen, kleine Ungenauigkeiten vorgeworfen
werden müssten, sind denn in der That die denselben man möchte
sagen nothwendig zur Last faHenden H&ngel und GMiredien fibeiv
hanpt so eftiebUch, dass die Herstellung tines genügenden Hand-
buches erst von der Zukunft zu erwarten stfindef
Ich glaube aUerdings, dass wir eine abschliessende Bearbntung
des genannten, wichtigen Gegenstandes noch nicht besitzen, aUein
nichts liegt femer, als eine lieblase Untersdi&tsnmg des uns bereits
Daigdiotenen. Leider konnte der zu Ausgang des 18. Jahrhunderts
von den gelehrten Sanblasianem gehegte Plan, uns mit einer Ger-
mania Sacra zu beschenken, nur für wenige Sprengel ausgeführt
werden. Aber auch ohne eine solche bahnbrechende, allgemeine
Vorarbeit für richtige Bischofsreihen, kam doch recht Brauchbares
zu Stande. Das sciion im Jahre 1855, freilich in kleiner Auflage,
zu Minden erschienene Onomasticon TTierarchiae Germanicae
von E. F. Mooyer, welches sich bekanntlich auf Mitlheiinngen des
gelehrten Nuraismatikers Dr. Grote stützt, war eine für ihre Zeit
überaus tflcfatige Leistung, und auch die von A. Potthast, im
Supplementbande zur Bibliotheca Historica, Berlin 1868, ge-
gebenen Bischobreihen verdienen es nicht absprechend bemingelt
za werden, obgleich sie den einen und anderen Wunsch allerdings
uneifQllt lassen. Ein gleiches gilt von F. B. Garns Serles Epis-
coporum Ecclesiae Gatholicae, Regensburg 1873, einer, da sie
sich auf sämmtliche Bisthflmer der katholischen Kirche auf dem
ganzen Erdbälle einlässt, von erstaunlichem Fleisse Zeugniss gebenden
Ucbersicht, die voraussichtlich für lange Zeit das Beste in ihrer Art
bleiben wird. In magnis voluisse sat est. An einem tüchtigen,
vor grossen Schwierigkeiten nicht zurücklx;benden Wollen hat es
dabei sicherlich nicht gefehlt, während eine vollständige Beherrschung
des in seiner Massenhaftigkeit geradezu erdrückenden Details, schon
durch den Plan des die Kräfte eines Einzelnen beinahe übersteigen-
den Werkes ausgeschlossen war.
Wenn es nun, was ich als erwiesen annehmen darf, kemem
Zweifd unterliegt, dass die genannten Hilbmittel, bei vielen uns ob-
liegenden Arbeiten, gute Dienste leisten kOnnen, so durfte es dagegen
dwnfiills unbesweifelt sefai, dass eine hi der Regel nur die Resultate
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72
Roth V. Schreckenstein:
der benfitzten Einzelfonchungen angebende, nackte ZusanunensteUung
▼on Namen und Zahlen nur dann von bleibendein Werthe sein
kann, wenn die betreffenden einzelnen Angaben in hohem Grade
zuverlässig sind, während mil einer gewissen Autorität auftretende,
in letzter Instanz aber doch niclit jj;chörig verbürgte Listen, dem
auf wissenschafllichem Gebiete mit Recht verpönten Probabiliemus
Thür und Thor öfTncn.
Nun kann man sidi aber, abgesehen von jenen inneren Grün-
den, durdi welche eine völlige Ucbereinstiiiiniuiig der übiilieferlen,
chi'onologischen Nachrichten vielfach ausgeschlossen wird, schon auf den
ersten Blick davon überzeugen, dass, um bei dem genannten Apparat
zu bleiben, die bei Hooycr, Potthast und Garns sidienden Namen
und Jahrzahlen keineswegs ganz harmonlren, ohne dass uns in der
betrefSsnden, neueren liste, durch eine genügende Hinweisung auf
die bevorzugten Quellen, die Ursachen jener thatsichlich vorhande-
nen Abweichungen angaben würden. Potthast hat zwar ziemlich
häufig, jedoch nicht immor, seine Quellen für einzelne Positionen
genannt, während Gams nur am Ende jeder Liste ganz im Allge-
meinen die Literatur verzeichnet. Sucht man nun die erforderliche Aus-
kunft in anderen, bewälirlcn Autoren, so slössl man violleicht auf
weitere, völlig abwcicliendc Ansichten und Meinunp^en, uiul in allen
Fällen, bei denen es sich um stringente Beweisführung iiandelt, muss
man wohl die ganze Controverse quellenuiässig selbst durcharbeiten,
bevor man um ehien Schritt weiter gehen kann. Niemand wird
aber behaupten wollen, dass es ehi sonderlich lohnendes Ergdmiss
mfihsamo' Nachforschungen sei, wenn man einer Reihe von positi-
ven, aber achwach oder gar nicht begründeten Angaben ein lako-
nisches »non liquet« beifügen darf.
Das erste Erforderniss eines genügenden Handbuches wäre mit-
hin die exacte Angabe der einer jeden einzelnen Position ihr Dasein
sichernden Quelle oder Quellen.
Den hereifs vorhandenen, alle doulschon Sprengel, oder gar die
ganze katholisthe Christenheit ins Auge fassenden Listen soll, wie
gesagt, kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie auch in vielen Fällen
die nöthige Genauigkeit vermissen lassen; schon desshalb nicht, weil
eue wirklich kritische Revision der in bekannten Druckwerken
stehenden deutschen Bischofoeihen die Kräfte eines Ebizebien bis
zur Erschöpfhng in Anspruch nehmen wfirde, sogar unter der kebies-
wegß zutreffenden Voraussetzung, dass man sich bei dieser Prfifling
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Zur »SeriM Epbcqxffum«.
73
gar nicht auf unedirte Archivalien einzulassen habe. Ist doch die
Zahl der eigentlichen Urkundeiibücher (Codices diploniatici) und jener
Regesten werke, welche nothwtndig in Betracht kommen müssen,
eiiie entamiliefa gnxne, abgesehen von den geradem zahlloBeii
Werken, welche im Texte serstreute, oder in den Anmerfcimgen und
BeSagen enthaltene Regesten geben. Ich will nur an die selten
mit genügenden Registern versdienen Vereinsschriften erinnern, die
uns sogar m grossen Bibliotheken nicht immer m erfccderlicher Voll-
stftndigkeit zu Gebot stehen. Da die sehr verdienstlkhen Repertorien
von Walther und Kon er leider nicht fortgesetzt worden sind, kann
man sogar wichtige Beiträge übersehen, ohne gerade flüchtig zu ar-
beiten. Wer sich in eingehender Weise auch nur mit einem ein-
zigen Sprengel beschäftigt hat, der weiss auch, dass er zuweilen ganz
brauchbare urkundliche Aufsi hlüsse, walue Perlen in der betreflen-
den Bischofsreihe, in Bürliern fand, deren Titel keineswegs auf das
ihn zuniuiist beschäfligende Forschungsobject hinweisen.
Wird man nun aber, so fragt man billiger Weise, bei der Be-
nutzung von Druckwerken stehen bleiben können? Vollständige, dem
gegenwärtigen Standpimkte der historischen Forschung auch nur
emigermassen entsprechende BischoCsreihen kfinnen, meines Erach-
tens, ohne Beizidiung von handschriftlichoi QueDen nur dort her-
gestdlt werden, wo, durch eine vorhergegangene Publication der
überhaupt vorhandenen ArcbivaUen, dermassen vorgearbeitet ist,
dass die Gefahr, gerade das Wichtigste zu fibnsdien, wenigstens für
Fleissige und Kundige nicht mehr besteht. In dieser Weise ist aber
gewiss nur für die wenigsten deutschen Sprengel gesorgt worden.
Aber auch in jenen Diöcesen, welche sich einer hinreichenden Menge
von guten, älteren Publicationen zu erfreuen haben, so dass man
Aho, ohne Beiziehung- noch ungedruckter Archivalien, eine genügende
Bisciiofsreilie herstellen kann, ist doch sicherlich die Vergleichung
neuerer Abdrücke nicht überflüssig.
Oder trollte es vielleicht erlaubt sein, bei Ghronikstellcn die so
vielfach borichligeuden Texte der Monumenta Germaniae
historica und anderer kritischen AusgaJsen, bei Urkunden die in*
neueren Urkundenbflchem gegdienen zahlreichen Berichtigungen und
Nachträge zu ignoriren, und seine Eenntnissnahme von Necrologien
auf veraltete und unzuveriässige Abdrücke zu beschränken? Ich
glaube mich al>er nicht zu irren, wenn ich annehme, dass man
bei der MdmaU der deutschen Sprengel, zum Behufe der Beschaf-
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74
Roth V* Schreokenstein:
fung richli^'er und zuverlässiger Bischofskataloge, noch immer auf
mühsame, archivalische Forschungen angewiesen ist. Hieraus folgere
ich,' dass ein solches Handbuch, wie wir es eigentlich besitzen soll-
ten, erst dann aosgeartieitet werden kann, wenn zneist dnreh fleissige
Einzelfiorachungen das erforderliche Material giesammelt und zugäng-
lich gemacht worden ist und also, wenn auch nicht YöUig mfihek»,
so doch ohne öbenn&ssige Anstrengung, zur Herstellung eines für
uns unerlässHchen HQ&mitiels benützt werden kann. Es handelt
sich oflfonbar noch darum, die Bischofsreihen der einzehien DiOcesen
genau zu revidiren, wobei es sich natCbrlich von selbst ergeben wird,
dass jeder zu einer solchen Arbeit Berufene alles darbietet, was Ton
seiner Seite durch Sainmelfleiss und Kritik beigebracht werden kann.
Bei P o 1 1 Ii a s t B i b 1 i o t h e c a H i s t o r i c a sind 93 Listen gog'obon,
freilich mit Einsehluss von einigen Sprengein, welche nur ganz kurze
Zeil, oder vielleicht gar nicht bestanden. Schon durch diese be-
trächtliche Zahl dürfte darauf hingewiesen sein, dass eine zu wirk-
lich stichhaltigeü Resultaten führende Revision nur unter Anwen-
dung des erjnoblen Gesetzes der Arbeitstheilung möglich ist. Wer
sollte sich etwa zutrauen, das ganze Arbeitsgebiet gehörig zu über-
sehen?
Ich muss nun, zur Begründung meiner Andcfatffli, Vorschlige
und Wünsche, obgleich ehie KriUk des vorhandenen Apparates, so-
weit ich eine solche zu geben vermüchte, nicht in meiner Absicht
liegt, auf die Bischofsreihe eines bestimmten Sprengeis und zwar
des un Jahre 1821 aufj^ehobenen Bisthnms Gonstanz, nfiher ein-
gehen.
Bekanntlich besitzen wir für eine Series Episcoporum Gonstan-
tiensium eine ganze Reihe von mehr oder minder trefflichen Vor-
arbeiten. Nachdem durch das bei Pistorius-Struve stehende Ghro-
nicon Episcopatus Constantiensis des J a c. M a n 1 i u s das Eis
gebrochen war und der geschäftige P. Gabr. Bucolin, freilich
in seiner bekannten, compilatorischen Weise, das Seinige hinzugefügt
hatte, war es zuerst der G a 11 i a C h r i s t i a n a beschieden, eine nach
richtigen Principien aufgestellte Bischofsreihe zu veröffentlichen. Die
damals vorhandenen Quellen und Hilfsmittel wurden mit Umsicht
benützL Namentlich gilt dieses von der zweiten, wesentlich ver-
mehrten Ausgabe des berühmten Werkes, welche wir der rühmlichst
bekannten Gongregatio S. Hauri verdanken. An diese heute noch
sehr achtbare Arbeit der Mauriner schliessen sich nun die ebenfUls
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Zur »SeriflB Epiieoporamc.
75
sehr geschätzten Werke des P. Trud. Neu gart an, welche für
den Gonstanzer Sprengel, von ältesten Zeiten bis zum Jahre 1306,
&Dß bahnbrechende und allen späteren Forschungen zugutkommende
Untfiriage bOdeii, Weniger exact, aber imoMrUii niebt ganz nnver-
diensUifih ist die Liste, welche J. B. Eolb in seiDem Leiioon des
GiQssheizogttniins Baden (1813) gegeben hat. Als verfehlt dagegen
wird der bei J. Eiselein, Geschichte der Stadt Gonstanz (1851X
stehende Bis^holiilMtakuf beieicfanet werden mflssen, denn das Neue,
welches derselbe bietet, ist in dßt Regel falsch.
nun durch die genannten Werke tüchtig vorgearbeitet
worden war, gab Chr. Fr. v. Stalin, in seiner trefflichen Württem-
bergischen Geschichte (1841—1856), nicht nur für Gonstanz, sondern
auch für Augsburg, Würzburg und Speier sorgfältig gearbeitete
Bischüfsreihen , selbstverständlich auf Grundlage jener umfassenden
Kunde primitiver Quellen, durch welche sich das in seiner Art einzige
Werk des unvergcsslichen Mannes auszeichnet. Die Stälin'schen
nidit unerheblidien Verbesserungen sind dann in die Helvetia
Sacra des Herrn Fr. Egb. von Mülinen (1858), ebenfalls eine
anerkannt tüchtige Arbeit, fibergegangen, und man konnte m der
That mit E. F. Gelpke, Kirchengesehichte der Schweis (DL Bd. 1861),
fibereinsthnmend sagen: den besten Biscfao&katolog hat Ftiedrich
von Mfilinen in der Hehetia sacra.
Sehen whr nun, wie s&cb nadi soktei Vorarbeiten die bei Gkuns
stdiende Bischofsreihe gestaltet hat ! Soll nämlich, wie ich behaupte,
em neues Handbuch d« deutschen ^schofereihen nicht nur erwünscht
sondern sogar nofhwendig sein, so mässen natürlich m den jüngsten
Listen solche Positionen nachgewiesen werdoi, welche deum doch
als bedenklich bezeichnet werden können.
Da. ich mich seit Jahren eingehend mit den im Generallandes-
archive zu Karlsruhe belindlichen Urkunden des Bisthums Gonstanz
beschäftige, ohne indessen beanspruchen zu wollen, dass es mir
bereits gelungen sei, die ganze, erstaunlich grosse Masse völlig zu
Übersehen, bin ich doch schon in der Lage, manches noch unedirte
Sehriftetfidc beliehen zu können. Auch darf ich mich wohl auf
meine, sdt dem Jahre 1869 to den Bfindm XXII— XXIX der Zeit^
Schrift für Geschichte des Obenhems gegebenen PoUicationen be-
ziehen. Eme Ton mir ausgearbdtete, mit den erforderlichen Quellen-
angaben belegte Bischo&liste, von Bnbulcus 517 bis Thomas Ber-
lower 1 1496, Kegt als druckreifes Mannscript vor. Hier werde ich
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76 Roth T. £Selmdtmiat«iii:
aber nur jene Pniikte berObren, die ich zur Begrfindung meiner De-
siderien nicht Terschweigen darf. Ich gebe den betreffenden Eintrag
bei Garns mit Anführungszeichen und lasse darauf meine Bemer-
Icungen folgen. Die Torangestellten Ordnungszahlen sind die von
Gams gpgohonon.
3. »552. Maximus. Sedom tran?foi-t Constantiam c. 553 — 561.€
Es ist sehr fnif^licli, ob jornals ein liischof dioscs Namens ge-
leljt habe. \er<^]. Colpko II, 250 ff. Auch die Zeit, in welcher
die Verlegunfr des Bislhums von Windisch nach Constanz er-
folgte, Ifisst sich nicht sicher angeben, was auch Gams an-
erlcannt hat. In solchen Fällen verlange ich nun von dem
betreffenden Handbuch, dass es die beim gegenwärtigen Stand-
punkte der Forschung yorhandenen Zweifel in Kürze angäte.
Ist es etwa erlaubt apokryphen Namen, dadurch dass man
sie TöDig unbeanstandet nennt, neuerdings guten Klang zu
verleihen?
4. »583. sed. Rudilo (RudoH) 589.« EbenfaDs ehie ganz zweifd-
hafte Persönlichkeit, welche Pntthast gar nicht fai seine liste
auftaahm. Will man den leeren Namen retten, so mnss man
sich auf die fragliche Autorität einer erst im 14. Jahrhundert
aufgezeichneten, von Neugart Episc. Gonst. I, 18 mltgetheilten
I.isle l)eziehen. Das Handbuch sollte, nach meinem Dafür-
hallen, keineswoL's mit der bisherigen Tradition völlig brechen,
aber wohlberechli^'ten Zweifeln Ausdruck verlciiien. Apokryphe
Namen konnten in Klammer gestellt, oder mit einem Frage-
zeichen versehen werden. Sie ohne allen Vorbehalt zu nennen
halte ich nicht für statthaft.
5. »589. Ursinus.« Die Jahre 589 — 606, welche man diesem
Namen beii^ufügen pflegt, gründen sich lediglich auf Ver-
muthung. VergL Neugart Episc. I, 20. Gdpke n, 252.
6. >606. Gaudentins 613.« Neugart setzt 60i5— 615. Potthast
614^618. Mälhien stimmt mit Gams fiberehi. Die iMttMste
Nennung dieses sonst nicht bekannten Bischöfe verdanken
wir der Vita S. Galli (Blon. Germ. SS. U, 10), welche Neu-
gart nur in der Ueberarbeitung des Walafrid Strabo kannte.
Das Todesjahr lässt sich nicht ermittdn; diensowenig der Be-
ginn des Pontificats. Vcrgl. G. Meyer von Knonau Anm.
85 zu seiner Ausgabe der Vita, in den St. Galler Mittheilungen
XII, 20. hu Handbuche dürfte also ein den Jahreszahlen
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»
Zur »Series Episcoporumc. 'J^
beigefügtes c(irca) nicht fehlen. Dasselbe durch reichliche
Gitate zu Oberladfin, m^ldite ich keineswegs befüirwortffli. Da-
gegen ist es doch wohl unbezweifelt, dass eine bündige Nach-
weisung der neuesten und zuverlässigsten Erläuterungsschriften
nur erwünscht sein kSnnte.
7. »615. Johannes.« Bei diesem Bischöfe, für welchen die im
8. Jahrhunderl abgefasste Vita S. Galli einzige Quelle ist, und
dessen Zeil nicht mit Sicherheit ermitteil werden kann, —
v^'l. Meyer von Knonau a. a. 0. Anni. SO und 120 — zeigt
unser Apparat einen geradezu bedenklidien Keichthum von
Ang:aben. Herr von Mülinen und Ganis begnügen sich mit
615. Neugart hat 615 bis 632, Pottliast 621 bis nach 650?.
Fär ^e solche, gänzlich in die Luft gestellte Position können
mt unmöglich dankbar sein.
d. »Hartianus 682.« Ebenfküs eine ganz unsichere Zahl.
Ud}er die Nennung dieses Bisdic^ in der vie]beq>rocheiien
Urkunde K. Friedrichs L, Gonstanz 1155, Not. 27., kann ich
mich hier nicht ausführlich äussern, doch will ich es niclit
versäumen zu constatiren, dass das Original im Generallandes-
archiv vorhanden ist und dass daher die, in dieser Hinsicht,
in den Schriften des Bodenseevereines IV, 104 ff. ausge-
sprochenen Zweifel, welche indessen sciion durch Dümge Regg.
Bad. Nro. 92 und Wirlemberg. Urkundenbuch II, 95 ff. er-
ledigt waren, nicht melu- bestehen. Näheres werde icli im
3. Hefte des XXIX. Bandes der Zeitschrift für die Geschichte
des Oberrfaeins geben , woselbst die von mir revi&te Gon-
stan2er Bischo&reihe zum Abdrucke kommen soll.
9. »642. B0S0.C Nur aus Vita S. Galli bekannt Meyer Knonau
a. a. 0. Anm. 173 verzichtet, gewiss mit Fug und Redit, vOQig*
darauf, die Zeit dieses Bischoft zu bestimmen.
10. »676. Gangulphus.«
11. »681. Fidelis, c
12. »698. Tlieobald.c Neugart versieht die von ihm mit den
Jahreszalilen 676 — 708 bezeichnete Lücke, welche von Boso
bis Audoin klafft, ebenfalls mit diesen Namen. Garns hat sich
ilim, wie wir sehen, angeschlossen, setzt aber zu jedem ein-
zelnen Namen eine Zalil, was ich unmöglich billigen kann.
Wo solche Unsicherheit henscht, darf der Schein der Sichet^
heit nicht gegeben werden. Pottbast geht noch um einen
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78
Roth T. SehraekoMtMns
I
Schritt weiter als Neugart, denn ihm sind Qangolfi FIddis,
Theobald, Aodoin und Rudolf leere Namen, die eine Lflcke
von 687 bis 739 ausfüllen sollen.
13. »708. Aüdoiniis (Ausonius).« Genannt wird das Todesjahr
Aud(Nns, nämlich 736, übereinslimmend von Anna). Lauresbam.
u. Alamann. (Mon. Germ. SS. I, 26), Annal. S. Gall. brev.
(ibid. 64), Annal. Quedlinburg. (SS. III, 34) und Herimannus
Augiensis. Die Annal. Heremi pag. 138 setzen 735. Ein
Grund, diesen Bischof mit Potthast zu verwerfen, liegt also
gewiss nicht vor.
14. »736. Rudolf II. 739.« Gelpke U, 290 protestirt lebhaft
gegen die Existenz dieses Bischofs und auch Sauter Eirchen-
geschichte Sehwabens bis zur Zeit der Hohenstaufen (1864),
S. 82, hegt Zweifel, was sonst nicht seine Art ist. Beruft
man sich darauf, dass Bischof Emfrid, ▼on 736-^746, durch
Herimannus Augiensis gehörig nachgewiesen und dass mithin
fiGbr einen Bischof Rudolf oder Rudolt nicht Raum sei, so fibei^
schätzt man offenbar die chronolo^sche Zuverlässigkeit des
1054 gestorbenen, trefflichen Chronisten. Wer den Bischof
Rudolf II. festzuhalten sucht, beruft sich auf ein Schreiben des
Papstes Gregor III. vom Jahre 739. Jaffö Regg. Pontif.
nr. 1731. Der in demselben, olme Angabe eines Sprengeis,
aber mit bestimmter Ilinweisung auf Baiern und Alemannien
genannte Bischof Rudolt wird für Rudolf II. von Constanz
gehalten. So von Neueren: JafftS v. Stidin, v. Mülincn. Im
Handbuch dürfte die urkundliche Form Rudolt nicht fehlen,
auch wäre auf die bestehende Gontroverse in Kürze hinzu-
weisen.
15. »789. Ehrenfried 748.€ Völlige Sicherheit f^t, da es auf
die, wie ich glaube rielittge, biteipretation ankflmmt, welche
Neugart von Heriro. Aug. (SS. V. d8) gegeben hat Gelpke D,
290, Meyer yon Knooau a. a. 0. Amn. 231, entschieden
sich für 746 als Todesjahr.
16. »748. Sidonius.« Nach Meyer von Enonau unterliegt es
wohl keinem Zweifel mehr, dass Sidonius, sowohl als Bischof
von Constanz, als auch als Abt von Reichenau, 746 auf Ern-
fricd folgte. Herim. Aug. setzt ebenfalls 746 als Anfang des
Episcopals von Sidonius und fügt bei: praefuit annis 13. Das
Todesjahr gibt er zu 759. Der bei Potthast stehende Todes«
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Zur »Sorias Episcoponim«.
79
tag 16. Not. 759 vA wohl nur eme üsttale Verwechselung
mit dem toh Sidcmius verfolgten heOigeii Ottmar. Das Necrol.
Augiense, Ton H. Keller in den Mitthdlmigen der Züricher
antiquar. Gesellschaft als Facsimile herausgegeben und trefflich
erläutert, sichert den 4. Juli als Todestag des Sidonius.
17. »760. Johannes II. f ex. VII. 781.« Hier erlaube ich mir vor
Allem die Bemerkung, dass ich für das Handbucli, die Be-
zeichnung der Monate durch römische Zahlen nicht empfehlen
möchte. Johann II. ist der erste Gonstanzer Bischof, der uns
Urkunden zurückgelassen hat, die sich freilich mehr auf sein
Amt als Abt von St. Gallen beziehen. Im liaiidbuche würde
dieser Umstand zu erwähnen sein. Die älteste Urkunde des
AbtpBischofii Johannes wird von Wärtmaim, ün Uifamdenbuch
der Abtd St. GaUen, — dessen AufeUhlong ich miter den
Ton Garns benützten Quellen ungeme vermisse, — znm
20. Aug. 760 gesetzt; die letzte^ bei etwas zwdfelhafier Reduo-
tlon, zum 18. Mai 781. Herim. Aug. hat 781 als Todesjahr.
Dass Johannes im ausgehenden Monate Juli (ex. Tü) starbt ist
nur Vermutbung. Das Necrol. Aug. bei Keller, pag. 59, hat
zum 9. Febr. Johannes Sps (Gonstantiensis). Der in Klammer
gestellte Sprengel von späterer Hand, Bezieht sich das auf
Johannes II.V und wenn dieses der Fall ist, kann dann 781
das Todesjahr sein ?
18. »781. Egino 811.« Das Todesjahr 811 ist richtig, trotz
Annal. Alamann. und Ilerimannus Aug., welche 813 geben,
da Wolfleoz schon am 19. Sept. 811 urkundlich ist, Wart-
mann Urkb. der Abtei St. GaUen I, 196. Wesshalb hat wohl
Garns den Todestag, 26. Aug., nach Necrol. Aug. nicht auf-
geführt? Im Handbudi würde dieser nicht li^en. Auch die
urkundliche Form Agmo wftre anzugeben.
19. »811. Wolfleoz t 15. HL 839.« Den Todestag sichern
die Necrol. Aug. und S. Galli. VergL Dümmler-Wartmann
in den St. Gall Hittheihmgen XI, 70. Das Todesjahr dagegen
ist unermittelt.
2a »839. Salomon L t 3. 1. 871.« Hier ist der Tag zweifelhaft.
Vergl. Dümmler-Wartmann a. a. 0.
21. >871. Patecho, f 4. XII. 873.« Leider ist in diesem Falle
das Jahr unsicher, der Tag dagegen nachweisbar aus Necr.
S. GalL VergL Mon. Germ. SS. V, 71. n. 67.
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80
ftolh T. Selireekenstetn:
22. »873. Gebhard I.« Das Todegjahr (875 ?) ist zwar ungewiss,
allein den Tcxlestag, Apr. 17, sicliert Necr. Aug. bei Keller S. 58,
Kebehart eps. Neugart nennt bereits den Todestag, welchen
V. Mülinen und Ganis wieder hinweglassen.
23. »875. Salomen II. f 23. XII. 890.« Der von Neugart, von
Mülinen, Potth;ipt und Garns ühereinstitiimend angenommene
Todestag ist ^'It ii liwolil nicht ^»-anz sicher, indem die durch
NicTül. Aug. gc^'clx^^nt'n 23. Doc. und 2. April sicii sowohl
auf Salomon I., als auch auf Salonion II. beziehen können.
Nach Dümmler-Wartmann starb Salomon II. entweder 889
Dec. 23., oder 890 April 2. Im Handlmche wfirde nodi auf
Regino zum Jahre 89p (Mon. Genn. SS. I, 602) und Dflmmler
Ostfirfink. Gesdi. II, 344 lunzuweisen
24. »891. Salomon DL f 5. 1. 920.c Endlich bin ich bei einem
Bischöfe angekommen, hhisichtUch dessen ich der neuesten
Liste unbedenklich ganz beipflichten kann. Ganz? Doch ver^
gessoii wir nicht, dass das Todesjahr des Voi^iftngeis nicht
vollständig sichergestellt ist und dass wir uns sogar, für 919
als Tode^ahr Salomons III., auf Annal. S. Gall. maj. und
Herimannus Aug. beziehen könnten.
25. »920. Notingus.« Weiter reicht allerdings die crforderliehe
Sicherheit nicht, während im Handbuch noch Allerlei zu er-
wähnen wäre. Vergl. Annal. Weingart. (SS. I, 67) Annal.
S. Galli (ibid. 73) Üüinniler- Wartmann a. a. O. S. 71. Die
hinsichtlich dos Todesjahres zu berücksichtigenden Angaben
schwanken zwischen 934 mid 935. Als Todestag nennt man
den 21. Nov., nach NecroL S. GaUi, während das Necrol.
Aug. und das Necrol. Guriense^ zum 12. Aug., eben&Ils einen
Bischof Noting haben, — wahrscheinlich den von Verona.
26. »935. S. Conrad US, von Altdorf. 1224 inter sanclos rclatus.
Patrom» episcopatus. f 26. XL 976.« Das Jahr 1224 wird
ein Druckfehler sein, denn das betreffende Breve des Papstes
Galutus n. (1123 Uftrz 28.) steht bei Dämge Regg. Bad.
pag. 127. Das allgemein redpirte Todesgahr 976 gründet
sich nur auf Vita S. Chunradi Mon. Oerm. SS. IV, 430,
welche ungefähr 150 Jahre nach dem Tode des Heiligen ge-
schrieben und als Geschichtsquello sehr unbedeutend ist. Herim.
Aug., hinsichtlich des Todestages (6. kal. Dec.) mit der Vita
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Zur »Scrics Episcoporumc. 3^
öbereinstimmend, nennt 974 als Todesjahr. Das Necrol. Fuld.
hat 975. Vergl. DOmmter^Wartmami S. 71.
Ich kfinnte, in dieser Weise fortfahrend, so ziemUeh bei
jedem Bischöfe meine Bedenken aussprechen, wenn mich nicht
Rücksichten auf die Gedukl der Leser abhalten mflssten, um-
somehr als ich die Resultate meiner bis auf den Bischof Thomas
- Bertower (f 1496) fortgesetzten Revision der bisher publicirten
Gonstanzer Bischofsrcilion im Or^'iinc des GenerallandesarchiTS
zu T^ffentiiciien gedenke. Nur einige mir besonders wesent-
lich scheinende Einwände will ich hier noch beifügen, ohne
Angabo der Ouelien, die aber in der Zeitschrifl für Ge^^chichte
des Oberrheins XXIX, 260 IT. pünktlicli ange^reben worden sind.
40. Ulrich I. Graf von Dillingeii wurde sicher erst Uli Bischof,
nicht 1110.
42. Hermann I. f llüü, nicht 11(56. Weder bei Hermann L
noch bei Hermaiin II. kann man den Todestag sicher an-
geben', wie schon t. Mfilinen ganz richtig bemerkt hat. Der
Familienname von Arbon ist nur Vermuthung.
43. Otto n. Es ist gar kein Grund vorhanden, ihn einen
Grafen von Habsburg zu nennen. Schon Trudpert Neugart
sagt: de prosapia Ottonis nil oerti habetur; neuere Nach-
Weisungen febtou Das wahrscheinliche Todesjahr ist 1174.
44. Bert hold (vielleicht von Bussnang) kann nicht 1179 ge-
storben sein, (hl er 1180 und 1181 sicher urkundet und auch
noch zu 1182 mit vieler Wahrscheinlichkeit als lebend nach-
zuweisen ist.
45. Hermann II. von Fridingen. Hinsiclitlich des Todestages
wurde ()b<'n, unter I Irrmann I., das Nöliiige gesagt; aber auch
der Beginn des I*onLilirals kann nnmöglidi 1182 (1179) ge-
setzt werden. Die in melirercn Urkuniien angegebenen Ponti-
fical.sjahre weisen auf 1183.
4G. Dieihelm von Krenkingen, schon 1189, nicht erst 1190.
Der Todestag April 12 ist so wohlverbürgt, dass der 10. April
nicht mehr m Betracht kommen dürfte.
48. Konrad von Tegerfeld. D^ Familienname ist so wohl-
bezeugt, dass es nicht einmal als Vermuthung zulässig sein
dürfte, den Bischof einen von Andechs zu nennen.
49. Heinrich von Tanne, nicht erst c pentecosten 1233.
ArehtvallMh« Zdtaebiin. U. 6
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82
Hoth V. Schreckensteiu :
Pfingslsonnlag fiel auf den 22. iMai, über K. Heinrich VII.
urkondet schon 1233 April 23. für Bischof Heinrich.
53. Gerhard von Benars. Fflr den 18. Sept. 1318, als Todes-
tag, gibt es keine gleichzeitige Quelle.
54. Rudolf n. Graf von Montfort kann nicht 27. HI. 1333 ge-
storben sein, da E. Ludwig der Baier noch am 6. Sept. 1333,
auf seine Bitte, für die bischöflich Gonstanziscbe Stadt Meers-
liurg geurkundet hat.
Ö8. Heinrich von Brandis wurde am 15. Mai 1367, nicht
1356, durch Papst Innocenz VI. boslfitigt.
63. ' M a r (I u a r d von H a n d e c k f 28. Dcc. 1 400 , nicht 1407,
wie schon durcii v. Stalin und v. Mülinen ermittelt ist.
64. Alb recht Blarer urkundet bcrdls im Januar 1407 als
Bischof.
Die geprebcnon Ilci.sj)ielG werden, wenigstens für den Coiistanzer
Sprengel, die absolute Xolliwendigkeit einer Revision der Hischofs-
reihe sattsam nachweisen, allein auch für andere Sprengel ist sicher-
lich die gleiche Arbeit nothwendig. Wer etwa daran zweifehi sollte,
der vergleiche die im 9. Bande der Chroniken deutscher Städte
S. 1051 fll, im Jahre 1871, gegebene, wie es scheint, sehr exact
gearbeitete Strassburger Bischofsreihe, welche Ton Garns leider nicht
benützt worden ist.
Bestimmte Vorschlage hinsichtlich der Ausarbeitung eines exacten
Handbuches können selbstverständlich nidit von einem Einzelnen
ausgdken, aber über die BeschalTenheit der erforderlichen V^orarbeilen
wird man sich doch verständigen können, und ich glaube nicht, mir
den Vorwurf der Unbcscheidenlieit zuzuziehen, wenn ich mir er-
laube, den verehrten Herren Fach^'enossen einige Satze zur Beur-
tlieilung zu unterbreiten. In erster Linie sind es denn doch die
Archive, welche für die Beschaflung richtiger Bischofsreihen das
Meiste tluiu können. Auch kann man in Wahrheit behau] )len, dass
dieselben dazu verpflichtet seien, zur Vervollständigung des für sie
selbst erforderlichen, literarischen Apparats, nach Kräften beizutragen.
In jedem grösseren Archive einzefaie Sprengel dermassen ver^
treten, dass man, ohne desshalb der Arbeitstheilung in irgend einer
Weise vorgreifen zu wollen, allerdhigs die Erwartung hegen darf, es
werde gerade dort, wo sich füta* ein bestimmtes Bisthum das meiste
urkundliche Ifaterial befindet, auch am Bleisten die Nothwendigkeit
erkannt werden, sich, durch eine entsprechende Leistung auf dem
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Zur »Seiies Cpiscoporutn«,
83
beseichneten Gebiete, vor dem sonst verdienten Vorwurfe der Gleieli-
gultigkeit zu schätzen. Ohne Zweifel existiren bereits da und dort
tächtige Vorarbeiten zu wirklidi ezacten, durch quellenmässige Be-
le^ng der einzelnen Positionen den berechtigten Anforderungen
dar historischen Wissenschaft Genüge leistenden I]is( hof^reihen. Man
gebe also bald, was man zu geben vermag. Das Bedenken etwas
Unvollständiges zu veröfTontlichen , kann nicht massgebend sein.
Möge es gestattet sein an liaiike's schönes Wort m erinnern: »Wenn
man nur mit ernstem und wahrheitsbeflissenem Sinne in den ächten
Denkmalen eini^'ermassen umfassende Forschungen anj^'estellt hat,
so werden spätere Entdeckungen zwar wohl tlas Einzelne näher be-
stimmen kömien, aber die Grundwaluuielmmngen doch zuletzt be-
stätigen müssen«.
Was die Zeitgrenze betrifft, so wird man wohl, zu archtvaliscben
Zwecken, mit dem Ende des 15. Jahrhunderts abschliessen Itttnnen.
Hinsichtlich der äusseren Form der zu veröffentlichoiden einzelnen
Biscfaofsreihen glaube ich kaum auf Widerspruch zu stossen, wenn
ich tabellarische Uebersichten filr weniger zweckmässig halte, als
das schon in der Gallia Christiana und neuerdmgs auch in den
Städtechroniken zur Anwendung gebrachte Verfahren, vermöge dessen
unter dem im Drucke hervorgeliobenen Namen eines jeden Bischofes
die einzelnen Zeitangaben, immer unter Nennung der betreffenden
Quelle, zusammengestellt werden. Zuweilen werden wenige Zeilen
genügen, zuweilen wird es nothwendig sein, über einen, bei Tabellen
fehlenden, grösseren ilaum verfügen zu können.
Karlsruhe im Januar 1877.
Roth von Schreckenstein.
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yil. Begesten der Bischöfe von Constanz.
Von
Dr. K. II. Frlir. Roth von Schreckenstein
Dircctur des Grhz. bad. GenerallaudesarchiTS.
Regesten müssten wir von allen Bislhilmem haben:
Job. Friedrich Böhmer 1862. Jan. 31. an Roth
von Schreckenstein in Nürnberg, bei Janssen
BOhmei^ Briefe Nr. 681.
Der Unterzeichnete sammelt seit geraumer Zeit Regesten der
Bischöfe von Cbustanz und gedenkt «Bewlben, nadi Abselihus seiner
Toraossichtlicb noch 2^8 lahre in Anspruch nehmenden Vorail)eiten,
in sachgemässer Weise, das heisst in engem Anschhisse an die,
durch Böhmer, Jaff^, Ficicer und andere Autoritftten zuerst zur
Anwendung gebrachte, jetzt sbet allgemdn als bewährt anerkannte
Methode, der OelTentlichkeit zu übergeben. Kr erlaubt sich daher,
alle Freunde und Förderer solcher sicherlich nicht lucrativen, sondern
im Gegentheile nur unter der Voraussetzung der Hingebung an die Sache
ül>erhaiipt möglichen Publicalionen, insbesondere aber seine geehrten
Fa( ligenossen und auch alle jene Forscher, denen, bei mannigfaltigen
Studien, vereinzelte Urkunden von Constanzer Bischöfen, sei es nun
in Originalausfertigungen oder auch nur in brauchbaren Abschriften,
unter die Hand kommen können, um gefallige Mittheilungen zu
bitten.
Jeder Beitrag wSre erwünscht und würde seiner Zeit, unter
gebührender Nennung des Gebers, gewissenhaft benfitzt werden.
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Hegesten der Bischöfe von Ck)n8tanz. g5
Auch die liinwcisung auf solche gedruckte Urkunden, welche viel-
leicht an Orten stehen, wo man sie zwar gelegentlich finden, nicht
aber systematisch suchen Icann, würde mit Dank anericannt werden.
Auf die NützUchlceit ja Nothwendigkeit der Biscfao®esten im
Allgemeinen, sowohl fOr Reichs- als auch fiürSpecialgeschichte, ist schon
so oft und in so äbenengender Weise hingewiesen worden, dass jede
weitere AusfOhnmg dieses Themas hier ganz iiberflässig sein durfte.
Was nun aber insbesondere die zu beschaffenden Regesien der
Bisdiöfe von Constanz betrifft, so fürchte ich niclit auf berechtigte
Widerspruch zu Stessen, wenn ich die beabsichtigte Ausarbeitung
und Publication eines Verzeiclinisscs der bisher bekannt gewordonon,
aber sehr zerstreuten Urkunden der Oberhirten eines frühzeitig
cultivirten Sprengels als wünschenswerlh bezeichne. Das im Jahre
1821, durch die linllo Provida solcrsque, von Papst Pins VII. auf-
gehobene Bisthum Constanz galt ja bis zur Reformation für das
grösste in Deutschland, Es war begrenzt durch die Bisthünicr
Strassburg, Speier, Würzburg, Augsburg, Chur, Lausanne und Basd
und erstreckte sich demgemfiss über Thdle des jetzigen Baden, Wir^
temberg, Bayern, Preussen (HohenzoUem), Oesterreich (Vorarlbeig)
und der Schweiz.
Der Umstand, dass das Grossheizoglich Badische Generallandes-
arcfaiv zu Karlsruhe, welchem der Unterzeichnete seit dem Jahre 1868
als Direclor vorzustdien die Ehre hat, eine grosse Anzahl von Original-
urkunden der Constanzer Bischöfe und, besonders in seinen vielen
und werthvoUen Copialbüchem, auch eine Menge von ganz zuver^
lässigen, sonst wenig bekannten Copien enthält, legte b(^(]rrein icher
Weise die Idee nahe, nicht nur jene im Hause selbst belindlichen
Archivalien zu bearbeiten , sondern auch, unter Benützung der ex
officio bekannten, gan^'baren Druckwerke, etwas Vollständigeres her-
zustellen. Auch die Benützung auswärtiger Arcluve und Bibliotheken
wurde frühzeitig in's Auge gefasst.
Absolute Vollständigkeit, oder was derseUben wirklich nahekommt, -
kann bekanntlich nicht erreicht werden, am Allerwenigsten dann,
wenn man durch Berafearbeitesi in Anspruch genommen ist und
daher darauf verzichten muss, entlegene Sammhmgen l)ereisen zu
kdnnen.
Gleichwohl bin ich der Meinung, dass es mir, unter der Vor-
aussetzung, dass meine hier vorgetragene ffitte nicht ganz unbo^ck-
sichtigt bleibe, allerdings gelingen könne, wenn auch nicht etwas
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86
RoLh V. Scbreckeostein:
Voll st findiges, po doch etwas Brauchbares zu Staiul hriupon zu
können ; eine Unniiun^', welclie sich hauptsächlich auf die mir hin-
reichend bekannte Ausgiebigkeit der älteren und neueren Druck-
schriften und der Copialbücher gründet.
Dass ieh mich seit Jahren mK der Geschichte des ehemaligen
Bisthums Gonstanz eingehend beschäftige, $^vbe ich, durch mehrere
Aufsätze in der Zeitschrift for die Geschichte des Obenheins, nach-
gewiesen zu haben.
Um nun aber die Förderer meines Vorhabens in die Lage zu
versetzen, mir, ohne zu gipssen Zeitverlust, in wirldich nutzbringender
Weise unter die Arme greifen zu können, erlaube icli mir noch
einige meine Absichten näher angeliende Punlcte in aller Kürze her-
vorzuheben, wobei icli zugleich zur Aeusserung elwaignr Bedenken
Veranlassung geben möchte.
1) Es werden nur solche Urkunden eingereiht, welche von
Bischöfen seihst aus;^M\stellt sind, nicht aber die von ihren zeitweiligen
Stellvertretern gegebenen Stücke, nbcrleich es allerdings von Nutzen
sein kann, sich auch die »sede vaciuitc'^ gegebenen Urkunden genau
zu notiren. Ich benutze diesen Anlass dazu, um zu bemerken, dass
meine bisher gemachten Aufzeichnungen manche Einzelnheiten ent-
halten, welche bei der endgültigen Redaetion der betr^enden Zettel,
zum Bchufe der Drucklegung, nicht stehen bleiben können. Dem-
gemäss habe ich auch solche Mittheilungen, welche mir bereits zu
Theil geworden sind, nach jenen Grundsätzen behandelt, welche ich
im gegebenen Falle für die richtigen halte,
2) Die wichtigeren, von Päpsten, Kaisern, Königen, Fürsten u. s. w.
fflr das Bisthuni Gonstanz, beziehungsweise für einzelne Bischöfe
gegebenen Urkunden werde ich in einer besonderen Abtheilung als
Anhang verzeichnen. Sie gar nicht zu berücksichtigen, beziehungs-
weise deren Aufsuchung in mehr oder minder bekannten Hand-
büchern dem L(^?er zu überlassen, halte ich für ebenso ungerecht-
fertigt, als es die das Itinerar störende Einverleibung dersell)en in
die Reilie der von den Bischöfen selbst gegebenen Urkunden wäre.
■) Bd. XnV. Den {Haebof Cbriatoph betr. Bd. XXV. Ueber die Ermordung
des Biseboib Johann Windlodb imd «inen angeblichen BiachoT Gerbard. Bd. XXVL
Ueher Bisdiof Eborlianl II. Bd. XXVII. Uober Bischof Albert Blarer. Bd. XXVIU.
Bischof Dietholm von Krenkingen mn1 Untersuebmigfn fibor «Ion (lebiirtslaiul der
Conslanzer Uumbcrrn. Bd. XXIX. Der Coik>lunzer Biscbotskalalog von öl 7 — 1496.
Bd. XXX. Zur Gesehiehle des Bischöfe Konrad IL
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Regeslen der Ui»(-höfu vuii Ckjnslanz.
87
Insoferne es sich in diesem Anhange um gedruckte Stücke handelt,
kann wohl die maglichste Kürze angestrebt werden.
3) Wo. die Bischöfe in Gemeinschaft mit anderen Personen Ur-
kunden (also besonders In Buudbriefen und VertrSgen), smd die
betreffenden Stficke, unter Nonnung der Mitcontrahenten, ihren Rc-
gesten einzureihen. Die den Hang bezeichnende Reihenfolge der die
gemeinsame Urkunde ausstellenden Personen ist zu beachten.
4) Die Zeitgrenze bilden die Episcopate der Bischöfe Bubulcus
(von Windiscli), der 517 auf dem Kirchentage zu Epaona sub-
sf-ribirte (Labb. Conc. IV. 1573), und Thomas Berlower f 1496.
Eigentliclie Urkunden h ibcn wir indessen erst von Biscliof Jobannes II.
(f 781), der zugleich Abt von St. Gallen war.
5) Wo die Bischöfe nur Zeugen in Kaiser- und Königsurkunden
sind, oder bei Goncilien, Reichstagen u. s. w. nachgewiesen werden
können, genügt eine kurze Verweisung auf Böhmer Regg. Imp., die
CSoncUiensammlungen, oder die betreffenden Scriptores der Mon« Germ,
und andere zurerlSssigen Sammehverke.
6) Bei Hittheilung unedirter Stficke wäre mir der ganze Zeugen-
katalog erwünscht; doch würde ich mir vorbehalten, bei der Redaction
des Regestes zum Behufe der Drucklegung die etwa erforderlichen
Kürzungen vorzunehmen. Hinsichtlich der Auswahl der Zeugen lasse
ich mich von der Erwägung leiten, dass die Regesten der Bischöfe
von Cionstanz ihren Schwerpunkt in specialgeschichtlichen Bedürf-
nis=:en finden dürften, weil nur wenige Bischöfe dos besagten Sprengeis
gewaltig in die Roiclisliandel cingegrifien haben. Dcnigcmä.ss werden
also die niitzutheileiuicn Zougenkataloge zur Vervollständigung unserer
Konntnissnabme des Personalstandcs des in einigerniassen hervor-
ragender Weise auftretenden Glems (Dignilare des Domstifts, Kano-
niker, Mitglieder geistlicher Hitterorden, Aebte, Aebtissinnen, Pfarr-
herren u. s. w.), sowie auch der Mitglieder des weltlichen Herren-
standes, der Ritterschaft, der städtischen Magistratspersonen und
Geschlechter, zu dienen haben. Die UeberfQllung der Regesten
durch Einzebiheiten, welche den Ueberblick stOren, muss jedenfalls
vermieden werden. Was sich, von noch unedirten Urkunden, zum
vollständigen Abdrucke eignet, sollte womöglich zuerst in extenso
publicirt werden. Ich halse, im Hintrficke auf die in Aussicht ge-
nommenen Regesten, eine Reihe von Constanzer Bischofsurkunden
d^ 12. und 13. Jahrhunderts nach und nach in der Zeitschrift für
Geschichte des Oberrheins abdrucken lassen und gedenke auch femer-
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88 V. SchNckenitdii! RegMtm der Bischöfe von Gonetans.
hin in dieser Welse fortzufahren, eingedenic der Worte Böhmers:
»Statt par zu weitläufiger Regestcn würde ich von vornen liorvin
ein Urkundcnbuch vorziehen. — Da immerhin die meisten Urkunden
gedruckt sind, kann man sich die Gosammthoil dieser Abdrücke
auch als ein in der Idee exislircndes rrkundcjibuch denken, das
man etwa nur niit den Ineditis zu vervollständigen hätte. c
7) Personen und Orte werde icli, wo Sicherheit vorhandi-ii ist,
im Conlcxte in jetziger Schreiljung geben, also z. B. nicht Ciiunrat
grave von Vriburc, sondern Graf Konrad von Freibui^. Im Zeugen-
kataloge dagegen gehe ich ui der R^jel die Sehrelbiing der Vorlage,
jedoch mit entsprechender, jedes Missr^^tändniss ausschliessender
Kürzung, also z. B. fOr presentihus: Peregrino preposito majoris
ecdesie, nur: Peregrino prep. maj. eoci., od&r CQr: Magisier Ortdfbs
soolasticus, nur: mag. Ortolfus scolast. Bin ich aber in der Lage,
bei gedruckt vorliegenden Urkundoi zwischen verschiedenen Sclirei-
bungen wfdilen zu müssen, so werde ich im Regeste die mir das
meiste V' ertrauen einfHissende Form berücksichtigen, Varianten aber
nur dann angeben, wenn die Sache lünreichend wichtig zu sein
scheint.
8) Ich gel)e und erbitte mir nicht nur das reducirte Datum,
sondern auch, in entsprechender Kürzung, das Originaldatum, also
z. B. nidht: an dem nechsten zinstag nach d^ suntage da man
singet oculi in dem jar nach gottes geburt drdzehnhundert jar und
Tünf und drissig jar, sondern nur: unstag nach Oculi 1835. Wo,
bei combinirten Zeitangaben, Incongruoizen vorkommen, also wo
etwa das Incarnationsjahr zur b^;efugten Indiction, oder den
Kaiser- und Königsjahren, eigenen Episcopalsjahrwi, Gydus decem-
novalis, Sonntagsbuchstaben, Epacten und Concurrenten u. s. w.
nicht stinunen will, Fälle, die ja in unverdächti^reii Originalen vor-
konniK'ii. tnnss uucli im Uegeste auf diese Incongrui rr/, der Vorlage
iiingt.'wiesen wcnli ii, namentlich weini es sich um Inedita handelt.
9) Bei Abschriften bitte ich um die Angabe des Jahrhunderts
der Copie.
Karls rulie im Juni 1877.
Roth von Schreckenstein.
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VÜL Geschichte des Eöhier Stadtarchivs.
Von
Dr. L. En nun,
Sladlarrliivar.
Der Werth des noch ziemlich vollstAndig erhaltenen Kölner
Stadtarchivs hat seinen Massstab an der politischen, commeniellen,
wissenschaftlichen, kirchlichen und socialen Bedeutung der Stadt
Köln selbst.
Bis hinauf in die vorrömisclio Zeit reicht die Geschichte dieses
(lerneinwesen.^. Die Ubior hatten hier selion eine Ansiedelung, als
(he Hrtiiicr in den nietlcri liciiiischen (lobielen fo.slen Fuss fasslen.
Jn di'ii Tagen ihrer Macht und BKitlie hat diese Stadt bei den
meisten politischen, wissenschalllichen und kinhliclicn Zeitfragen,
bei den meisten weltgesehiehtlichen Wendepunkten eine melir oder
weniger bedeutungsvolle Holle gespielt. Köln, das zweite Rom,
einst das Abbild und ^das Auge dieser ehemaligen Weltbeherrscherin,
zeigt von Augustus bis zum Zusammmenbrechen des gewaltigen
Römerreiches den blendenden Glanz, aber auch die Schwache und
Hohlheit des Römerthums. In Köhl feierte der Glaubenskampr des
ersten Ghristenthums seine Triumphe, bi engster Beziehung zu
Köln sldit die Geschichte des nach den Römern auf die Weltböhne
tretenden fränicischen Volkes. Köhl erzählt uns von der SchlafDieit
des merovingischen Stammes, von den brudermörderischen Zwislig-
keiten in den fränkischen Fürsten-Familien, von der Schlauheit der
fränkischen Hausmeier, von den elenden Intriguen in dem neu auf-
geschossenen Königshause. Von Köhl aus wurde ein Hauptanstoss
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90
Ennen:
zur Entwicklung und Pflege jenes Geistes gegeben, der dem ganzen
deutschen Leben im Mittelalter einen unsern Anschauungen so
frcmdartifrcn Charakter aufdrückte, der sich in Wissenschaft, Poesie,
Malerei, Sculptur und Baukunst die herrlichsten Donkniale gesetzt
und der in so vielen Instituten des Gewerbefleisse?, der Gultur, der
Frömmigkeit und der Wohltliritigkeit so schöne Früchte zur Reife
gebracht hat. Was Rom für die Wissenschaften in Italien, was
Pari? für Frankreich, das war Köln für das niedere und mittlere
Deutsciilanii. Hier wurde ein wissenschaftlicher und kirchlicher Sa-
men gelegt und gepflegt , aus dem bald eine reiche Krnte sich
entwickelte. Die ersten Heroen auf dem Gebiete der Wissen-
schaft, Albertus Magnus und Thomas von Aquin, Hessen an der
Kölner Schule ihr glänzendes Licht leuchten. Albert und Thomas
erhoben Köhl zu einem wissenschaftlichen Stern erster Grösse. Die
Kölner Bischöfe legten den Grand zu jenem gewaltigen Ehifluss, den
die deutsche Geistlichkeit im Mittelalter auf die Geschicke des deut-
schen ReKhes gewann. Köln war, bis HoDand den Vorrang in
Handelssachen an sich riss, die erste und grösste Stadt für den un*
mittelbaren Torkehr mit England, Italien, Spanien, Frankreich, Grie-
chenland. Von Köln gingen die wdtverzweiglen Handelsverbindun-
gen aus, die der deutschen Hanse so viel Macht, Einfluss und Reich-
thum errungen haben. Köln stellte sich hin als die Schützerin des
ganzen freislädtischen Handels und des niederrheinischen mercan-
tilen Löbens. In Kfiln ist der Knotenpunkt jener gewaltigen Kämpfe,
die im Mittelalter Fürsten, Adel und Bürger in dauernder Bewegung
und Erregung liieit. Alle Kämpfe, die in jener Zeit Hand und Kopf
in Bewegung set/.ten, halten hier ihren Vorgang, ihren Typus, ihre
Triebfeder: der Kampf des zur Matlit gelangenden Bürgerthuras
gegen die hochmüthigen Geschlechter, die Erliobung der Städte gegen
ihre Ffirsten, die Opposition der neu entstdienden Territorial-Hohcit
gegen die kaiserliche Macht. In Stadt und Kurstaat Köln verschlin-
gen, sich die Rivalitäten zu einem fortdauernden Kampfe, der manche
Jahrhunderte hindurch die Aufinerksamkeit der Welt beschäftigte.
Hier sei nur erinnert an die MTiiren, in denen das Kölner BCbfger-
thum sich eine selbständige politische Laufbahn und eine gesicherte
Verfassung erkämpfte, an die Streitigkeiten, in deosm die Erzbischöfe
fortwährend mit der auf ihre Macht, ihren Anhang und ihre Volks-
zahl stolzen Stadt verwickelt waren, an die hei vorragende Stellung,
welche sich die Kölner Crabischöfe unter den deutschen Reichsfursten
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Geschichte des Kölner Stadtarchivs.
91
errangen. Audi als Stadt und Kurslaat ihre gosondorlen Jialnion
gingen, blieb die kölnische Geschichte bedeutungsvoll. Auch das Hür-
gertlium ertrotzte sich hier eine seU)ständige politische Stellung und
eine gesiebwte Yerfaflsung, und hier entwickele sich inmitten der
bhitigsten innem und äussmi Kämpfe eine unabhängige Stadt, die
in Bezug auf Pracht, Reichthum und politische Macht jede andere
Stadt des deutschen Reiches weit hinter sich zurQcIdiess. üi socia-
ler, kOnstkrischer, kirchlicher, wissenschaftlicher und staatüeher Be-
ziehung hat Köln bis zum Untergang des deutschen Reiches eine
Stellung behauptet, wie solche der Yergangenhät und Einwohner-
zahl der Stadt entsprach.
Alles nun, was geeignet ist, Licht über die Entstehung, das
Wachsthum, die Krafl. don Roiclithum, die Cullur und die Kunst
einer solchen Stadt zu verbreiten, niuss als eine willkotuniene Berei-
clierung der historisclien Wissenschaft mit Freuden bef^rüsst worden.
Nichts aber kann bezüglich solcher Beleuchlungf,Tössere Bedeutung
beanspruchen, als die Urkunden und Aktenstücke des städtischen Archivs.
Diese Archivalien sind im Stande, uns die vergangenen Jahr-
hunderte zur lebendigen Gegenwart zu gestalten und die untrüglich-
sten Zeugen der Mheren Sitten und Zustände uns vor Augen zu
hihren. Je höher wir in das Alterthum unserer Stadt hinaufeteigen,
desto spärlicher fliessen solche schriftliche Quellen und Zeugm'sse.
Wie gering auch die Zahl der Schriftstöcke sem mag, durch welche
in der römischen und fränkischen Periode öifentllche oder Privat-
handlungen documentirt wurden, so konnte auf dem Gebiete dar
Gesdiichte nach mancher Richtunjr noch helles Licht verbreitet
werden, wenn solche Aktenstücke der Zerstörung, Verwüstung und
dem Moder entgangen wären.
Das Kölner Stadt nrcliiv besitzt kein einziges Docunient, welches
über das zwölfte Jahrhundert iiinaufrciclile. Was aus der Rönicr-
zcit an Selirit'tstQcken sich vorl'antl, A\nirde von den Frankrn ver-
nichtet. Die Franken braehen mit dem römischen Wesen ; neue,
aus germanischen Keimen entsi)rossene Verhältnisse wollten sie ge-
stalten; darum durflen in der Zeil, wo Schriftstücke nur praktischen
Werth halten, solche Stücke nicht bleiben.
Ein ähnliches Schicksal hatte die Stadt im neunten Jahrhundert
bei den ▼erderblichen RaubzQgen der Normannen. Als diese in schreck-
licher Wildheit auf ihrem zwehnaügen Raubzuge mit Feuer und
Schwert die reiche Stadt heimsuchten, Tod, Verderben und Verwü-
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92 Ennen :
stung fiber das blühende Gemein^vesen brachten, die Einwohner^
Schaft in schrecklichem Bhitbade mdir als decimirten, die Ring-
mauern, die Kirchen, die öffentlichen Gebäude, die Privatwohnun-
gen und Kunstdenkmale fiast sämmtlich in Schutt und Trümmer
legten, werden auch die meisten in den Arcliiven der Klöster, Kir^
eben und öfft nllichen Gebäude aufbewahrten Schriftstücke in dem
allgemeinen Vcideiben zu Grunde gegangen sein.
Langsam be^'aim die Stailt wieder aus der grausigen Verwü-
stung eni|>or zu wachsen. Das Geniciiiwe.';en erhob sich zu rüstiger
ivraft, das bürgerliche und kirchliche Leben entfaltete sich zu glän-
zender Blülhe. Köln dehnte seinen Rering nach aussen immer weiter
aus und zog die um die alten Mauerresle liegenden Dörfchen und
Vorstädte in den sUidtisclien Bezirk. Eine Centralisation der llethls-
püege und bürgerlichen Verwaltung widersprach den damaligen V^-
hältnissen und Zustftnden. Jeder PfarrbsBirk hatte seine besondere
Verwaltung, und die einzehien Gerichte waren mit der Rechtspflege
der in ihrem Bezirke eingesessenen Einwohner betraut. Darum gab
es auch kehien Sammelpunkt für die öffentlichen Urkunden und
Schriftstücke; diese waren zerstreut in den GerichtsbSuseni, Schreinen
und Stiftern. Nur in Sachen, die unter den Gerichtsbann des
Burggrafen oder unter die geistliche Jurisdiction des Bischofs
fielen, hatten sunimtliche Gemeinden der Vorstädte wie der Altstadt
gemeinschaftliches Forum. Im erzbischöflichen Saale befand sich
das Archiv für die Schriftstücke dieses Gerichts. Fin drittes gemein-
schaftliches Band waren <las[ Srhut/verliällniss, in welchem die Köl-
ner Einwohnerschart zum edlen Vogt stand. Der Vogt hatte die
PIlicht, die Hecbfe der Stadt zu .schützen und ihre Privilegien zu
conserviren. Er hatte seinen Sitz in einem festuiigsartigen, mit
Thürmen versehenen Hofe ani Lorenzplatz, dem späteren Hause
»zur Stessec. In dem Gewölbe dies^ Burg hielt er die städtischen
Freibriefe bewahrt.
Anders stellte sich die Sache, als die eigentliche Vowaltui^
sich immer mehr den Amtleuten und Schöffen der einzehien Bur-
häuser entzog und in die Hände des allmählich sich zu einer Gen-
Iralbehörde gestaltenden Rathes überging. Die Stadt schüttelte jetzt
die Abhängigkeit vom Erzbisdiofe ab, und der Rath übernahm die
selbständige Leitung des ganzen grossen bhihendcn Geroeinwesens.
Die Freiheiten und Privilegien der Sladt mehrten sich. In einer
Zeit, wo die Erzbischöfe Alles aufboten, um die Stadt wieder in
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Geächiclite des Kölner SludUrchivs.
93
das frühere Abh&ngigkeitsverhältniss zurückzudrSngen, musste dem
Rathe Alles daran liegen, den bestehenden Znstand möglichst durch
bündige Urkunden zu legalisiren. Er musste grossen Werth darauf
legen, diese Briefe, Privilegien, Vergleiche, Priedschlüsse, Recbtsge-
brftncfae u. s. w. an einem sicheren Orte aufzubewahren. Im Rath-
haas selbst, welches im vierzehnten Jahtfaundert erbaut wurde und
anfönglich nur aus dem Erdgeschosse, dem grossen hansisdien
Saale, und dem als Capelle dienenden Nebenzimmer bestand, war
für ein festes Archivlokal nicht gesorgt. Die Archivalicn, päpstliche
und kaiserliche Bricfo, Vorträge mit Fürston, StätUrn und Herron,
Pfandschreiben, Lolion-, .Sold- und Cieleitbrielc liatlon bis dahin
wohlverwiUirt in dem Archivlokal dos Hofes »7.ur Ste.-sen« geruht.
Diese Urkunden waren hier geblieben, audi als die Herren von der
Stessen diesen Hof im Jahre 1262 durch Kauf an sich brachten. Von
Seiten der Stadt wurden dem Besitzer des genannten Hofes jährlich
vier Mark fOr Fische als Recognition gegeben Durch drei
Schlosser waren die städtischen Freiheitsbiiefe verschlossen; emen
Schlüssel hatte em Hitglied des engen, den zweiten ein Mitglied des
weiten Rathes und den dritten an zum Rathe gehörender SchOffe,
»also dass die drei nicht aufschliessen und hingehen sollen, um ein
Aktenstück zu lesen oder hierauszunelunen, es seien dann alle drei
zusammen«
Jn dem Tliurme aber, den der Rath am Anfange des fünf-
zehnten Jahrhunderts aus dem confiscirten Vermögen der vertriebenen
Geschlechter »zur Ehre der Stadt und zum gemeinen Besten« auf
dem Hofrannio hinter dein Balhliauso v.ur Aufbewahnmg der Sladt-
weine und für Abhaltung der Rathsversammlungon bauen lioss,
wurde auch ein Ijesonderes Gewölbe zur Auflx^nvahrung der städtisclion
Urkunden hergerichtet. Das Gewölbe, in welches man nun die
Original - Urkunden und Privilegien brachte, war mit mehreren
Schlössern versehm» Die Schlüssel dazu wurden von drei Mitgliedern
des Rathes, den sogenannten GewOlbsherren, aufbewahrt Die Ge-
wOIbsherren mussten tot der Uebemahme der Archi?schlässel einen
In camiiuita inferiori curiae apellatae zu der Stessen sitae in puTOchia
Sancti Laureniii (Frlc. von 1354). — Ada sunt liacr in domo zu der Stesson
G)lomae, ubi litterae et privilegia civitatis Colonienslä spccialiter sunt recoudita
(Urk. TOD 1881). Das Haus zur Stessen kam im Ift. Jahrhimilert in den BesiU
des kaiserL Tisekanzlers NiooUuis 29egler.
*) Quellen u. Urk. mr Gesch. der Stadt Sfifai I, SO.
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94
Enncn:
leiblichen Eid sdiwören, die ihnen anvertrautoi GewölbescblOssel
fleissig, Iren und dormassen zu verwahren, so das? dior^elben nicht
in Oremde Hände kommen könnten und dem Rath dadurch Schaden
entstehe. Bei OeiTnung des Archivs mussten sie mit den Schlüsseln
in Person zugegen sein; nie durften sie das Gcwülbe öfl'nen, ohne
dass wenigstens zwei (iewölbsherren, ein Syndikus und ein Sekretär,
zugegen wai'en. Die »secreta archivii« mussten sie »iieiilbar« halten
und durften nichts otTeiibaren, daraus dem ehrbaren Ratli Präjudiz,
Nachtheil otler Schaden erfolgen oder verursacht werden möchte.
Gleich nach der Uehertiagung der Urkunden wurde auch mit
der Repertorisirung begonnen. Das filteste Repertorium, ein Per-
gamraitband von 26 BOlttero, wdst in dreizehn nodi «halloien
Holzhiden im Ganzen 183 Urkunden nach. Em zweites, nur geringe
Zeit später angelegtes Repertorium ist ein zierlich und sorgflUtig
geschriebener Pergament -Codex in Folio. In 48 hölzernen Laden
weist er etwa 1400 inhaltlich angegebene Urkunden nach, in acht
andern Laden ist eine unbestimmte Anzalil von Quittungen, Mann-
briefen, Söldnerbriefen, Schuldbriefen, Copien u. s. w. summarisch
aufgezeichnet. Ausserdem waren noch einige Kisten mit Geleits-
brii fen und mannigfachen Schiviben an den Rath verzeichnet. Der
Zuwachs von Urkunden wiude in diesem Katalog stets nachgetragen*).
Die Urkunden seU>st waren nach englisclier Art meist aufgerollt
aufbewahrt.
Im Laufe der Zeit schwand die anfiinglich so schOne Ordnung.
Darum befkhl der Rath während des sechszehnlen Jahrhunderts
wiederholt, eine grOndliche RerisioE und Visitation des Archivs tot-
zunehmen. Die Arbeit konnte aber nie in rechten Fortgang kommen.
Die bei solchen Revisionen niedergeschriebenen Protokolle beweisen
recht klar, mit welcher Oberflächlichkeit und welchem Widerwillen
diese wichti^rc Arbeit l)ctrieben wurde. Je mehr man visitirte, desto
klarer wurde man über die eingerissene Unordnung und über die
Unzulänglichkeit der bestehenden Archiv-Verwaltnnf^^ Die Stimraen,
welche die Anstellung eines eigenen gekhitoii An hivaiius verlangten,
brachen sich an der Aengstlichkeit, mit der die (Jewölbsherren an
ihren traditionellen Rechten festhielten. Man glaubte dem so vid*
foch laut werdenden Wunsche noch einer gröndlichen Reorganisation
des Archivwesens lunreichend gerecht werden zu können, wenn man
*) Soll spfttar nAhcr beichridMO werden.
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Geschicble des Kölner Stadtarchivs.
95
für eine leidliche Ordnung in den Original-Urkunden sowohl « wie
in dem immer masseidtafter anwachsenden Voirath der andern
AktenstädLe sorgte.
Dieses Äktenarchiv bestand neben dem Gewölbe als ein be-
sonderes Institut Es umfasste sowohl die Schriftstücke der laufen-
den städtischen Verwaltung, als die Abschriften, die von *im
Gewölbe aufbewahrten Urkunden, den expedirten städtischen Schreiben
und den wichtigsten Processal^^ genommen waren. Schon im
Jahre 1326 liatto man binnen, die Stadtprivilegien in besondere
Bücher absclirilHich einzutragen. In gleiclior Weise wurden die
mannigfaciien Statuten, Gesetze, Woistliümer, IMebiscile, Mojjgen-
sprachen u. s. w, in Pcrganicnlbände zusammenlast liricljcn.
Im Anfange des siebeiizehnlen Jahrhunderts sullk- dieses Ord-
nungsgescliäft zu Knde geführt werden. Nieniatid s( hien für diese
schwieri^'e Aufgabe tauglicher, als der Syndicus Dr. Michel Cronen-
berg. Er wurde am 7. Dez. 1609 beauftragt, »neben seinen andern
Arbeiten die ganze städtische Registratur, Briefe, Siegel, Register,
Abschiede, Protokolle und Registrationsbücfaer und der Stadtprivilegien
in eine richtige Ordnung zu bringen, zu verflBSsen, zu extrahiren,
und darüber mit Hülfe und Znthun des Secretarii und Registratoris
sichere indices, inyentaria und Register oufiBurichten und zu ver-
fertigen. Und damit dieses alles desto flirderlicher Terrichtet und
zu Ende gelnracht werde, soll er nicht allein aller andern Rechts-
sachen hinführo entschlagen und bemüssiget sein und bleiben, sondern
auch keine weitern Advocaiiones annehmen und mit äusserstem
Fleiss unablässig daran sein, damit die Registration in sechs Jahren
völlig zu Ende gebracht werde. In Massen er dann solches alles
bei {.geleistetem Eide, sofern er durch Gottes Gewalt daran nicht
verhindert, getreulich und ohne Gcrährde zu vollziehen gesichert,
und daneben geloben und vcr.s|irochen, alle (leheininisse und Secrete,
so er hierbei vernehmen und erfahren müchle, geheim und ver-
schwiegen zu behalten. Dagegen hat wohlgedachter Ratii dem
Dr. Gronenberg neben seinem jetzigen jährikdien Salario alle Viertel-
jahre em hundert Thaler, thut das ganze Jahr 400 Tbaler kOfaiischer
laufender gemehier Währung, liefern und handreichen zu lassen ver-
sprochen«^).
Blit dieser Registration konnte Gronenberg aber erst im Jahre
■) Ans den Rathi^rolokotten.
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96
Enuen :
1620 beginnen. Er unternahm seine Arl>eit mit Fleiss, Liebe und
Sachkemitniss. Vom Feste St. Johannis 1620 bis in das Jahr 1623
war er unausgesetzt mit dieser schwierigen, mühevoUen Arbeit be-
schäftigt. Im Jahre 1623 berichtete er an den Rath: »Bei der
ganzen Registratur hat sich sowoU in dem Rathsgewölbe und grossen
Archiv, als denjenigen Schriften, welche vor etlichen Jahren aus der
Kanzlei oben hinauf transferirt worden, eine solche Weitläufigkeit,
CSonfiision und Unordnung befünden, wie noch guten Theils zu
sehen, dass es unmöglich gewesen, solches in den dreien ersten Jahren,
so lange mir das erhöhte Salär gereicht worden, neben vorgemelten
und andern tägli( Ii aufgetragenen Rathsgeschäflen, Reisen und andern
zufälligen Verhinderungen in eine Hichtigkeit zu bringen, obgleich
ich viehnal ganze Wochen Vor- und Nachiniltags dainil zugebrachi,
wie ich durch diejenigen, welclie mich viehnal Abends um 7 Uhr,
zur Sommerzeit um 8 Uhr nach Ilau^^e haben geben sehen, be-
zeugen kann. Was icii gleidiwoiil darin venichlel, habe ich bei
den abgegangenen Herrn Bürgermostem augenscheinlich und viel
dcmonstrirt:
»Dass ich un grossen Rathsgewölbe vorerst alle kaiserlichen
Privilegien und Gonfirmationen, dann auch die mit den Erzbiscböfen
aufg^chteten Unionen, Ck>ncordata, Votrfige und andere dazu ge-
hörige Briefe und Si^l, welche hin und wieder m den Gapsein
confos durcheinander gelegen, so dass man schwerlich etwas hat
findoi können, in verschiedene grosse Laden nach den Regierungs-
jahTNi der Kaiser und Bischöfe (per annn> imperatorum et epi-
scoporum) von vielen 100 Jahren vertlieilt, guten Tbeils in Bücher
copiren lassen, darüber dopjH Ue universales et particulares indices
gefertigt und pummarie extraliiit.
Zweitens lialK>n sich im obersten kleinen Uewölbe befunden:
60 alte und neue grosse Registralionsbüclier, 122 Kanzleiprotbokollc,
18 grosse (Inpiciibücher von allerhand Ratbshandlungen, Stadlsachen, «
\'eiträgen, Coinitositionen, Morgensprachen, Rollen, Amtsbriefen etc.
Darin sind nirgendwo indices gewesen, sodass man mit grosser
Mühe und Zeitverlust Alles hat au&uchen müssen. So ist vorerst
ein Generalindex für etliche gefertigt, femer sind die Inhaltsangaben
aus den Registrations- und einigen andern Bfichem zu eztrahiren
angefangen worden.
Drittens habe ich die alten, in der Kanzlei früher aufbewahrten
Schriften und oben auf beiden Gemächern gewesenen Akten, Pro-
»
«
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Geschichte des Kölner Stadtajrcbivs.
.97
tliokollo, Briefe, Rc^Mster, Abseliiede und andere Verfol;.'e, sowohl
publica als privala von Reichs-, Depulations-, Visitalions-, Stadl-, Kreis-,
Münz- und Probationstagen, dann was die gemeine Stadt, ihre
KanMoseri Rentkammern, Mflhlentafel, Hospitäler, KUSster, Univer-
sitftt und andere politische Sachen betrifft, und Alles oonfüs durch-
einander getegen hat, in sichere Klassen und Eapsehi ▼ertheOt und
ein Jedes .an seinen Ort registrirt.
Endlich habe ich aus Torgenannten Schriften, Protokollen und
Handlungen, was sich vor etlichen 100 Jahren zwischen den zeit-
lichen Erzbischöfen, der Glerisei, dem hohen Gericht und Scheflen-
stühlen einestheils und dieser Stadt anderntheils für Geschichten,
Streitigkeiten und Handlungen unter einem jeden Erzbischofe begeben
und verlaufen haben, zusamnicngebracht und zu 31 verschiedenen
neuen Banden verfassen lassen, darüber auch universales et parü-
culares indices und exlraclus zum Tlieil verfertigt.
Es geschieht mir also grosses Unreclit, dass ich ein grösseres
Salar empfangen, die Rentkammer bc-schwert und Nichts dafür gc-
than haben sollte, da mir doch soldics länger nicht, als bis in das
dritte Jahr bezahlt und toi dem Jahre 1623 Us an heutige Stunde
Nidits gegeben worden, da ich doch nichts destoweniger eine gute
Zeit darnach die Arbeit fortgesetzt habe.c
Gesundheitsrücksichten und anderweitige Amtsgeschäfte nöthigten
(äonenberg, die Arbeit auf einige Jahre zu unterbrechen. Erst am
12. Februar 1627 ubergab er dem Rathe ȟber seine expedirten
Stuck und Verrichtung ein Verzeichniss und Relation.« Das Raths-
protokoll vom 4. Juli 1629 sagt hierüber: »Herr Bürgermeister Lies-
kirchcn hat referirt: Nachdem dem Herrn Dr. Cronenberg vor
etlichen Jahren unter Gewährung ein^ höheren Gehaltes aufgegeben
und anbefohlen worden, eines ehrbaren Ralhes Archiv und die
weitläufig zerstreute Registratur in eine bequeme Ordnung zu
# bringen, hat derselbe solchen Befehl, so viel ilun möglich war, aus-
geführt und über die vom Feste St. Johannis 1620 bis in das
Jahr 1623 expedirten Stücke und seine sonstigen Vorrichtungen am
12. Fdmiar 1627' einem wohlgenannten Rath dn Verzeidmiss und
Relation prftsenthren und vorlesen lassen; und obitohl ehegenannter
Herr Dr. Groneniierg dieses Werk, woran einem dummen Rath
merklich viel gelegen ist, gern fortsetzen und bis zu Ende ausführen
Wollte, habe er sich dennoch iMklagt, dass bei der Durehsdiung
ArahlraliMlM ZeUaehfift. II. 7
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98
Ennen:
und EzamiiiaUon der alten Schriften, Briefe und Privilegien sein
Gesiebt dcrmassen abgenommen mid blöde geworden sei, so dass
es ihm, wie gerne er auch wollte, unmfiglidi sei, das Werk zu
vollenden, habe sich aber dabei erklärt, wenn ein wohlgemddeter
Rath Jemand anders dazu verordnen würde, dass er alsdann
gerne die Hand daran halten und sdn Bestes dabei anwenden
wolle; indessen hat er begehrt und gebeten, ihn mit Parllieion
und andern Rathssachon unbeschwert zu lassen. Als darauf der
neu gewühlte Registratur Adam Weiss vorgeschlagen und dabei an-
gezeigt worden, dass derselbe bereits vorbeschieden und gefragt
worden sei, ob er diese Arbeit übernehmen wolle und was er dafür
als Vergütung (loco sakirii) boaiisiiruclie, hat derselbe sich dazu
willig erboten, wegen der Belohnung aber, weil er nicht wissen
konnte, wie gross die Mühe urul Arbeit ausfallen möchte, hat er
sich nicht erklären oder resolviren ktinnen; es würde also ein elir-
samer Rath hierüber, was ihm geÜUlig sei, zu verordnen wissen.
Darauf wurde beschlossen, dass Herr Dr. Gronenberg über die
Gontinuation, Fortsetzung und Vollfübrung der Registratur und was
derselben anklebt, das Direktorium behalten und während dessen
vermöge obgemelten Rathes Recess vom 19. Juni 1620 mit Reisen,
Partheien und andern Rathssacben verschont, auch nicht verpflichtet
sein solle, so präcise zu den Rathsstunden an allen Rathstagen
zu ersdieinen], mdaui Weiss aber zu der Registratur förderlich zu-
gezogen werden solle , dergestalt , dass er ein viertel Jahr lang
die Arbeit versehen, deren Belinden einem ehrsamen Rath zu er-
kennen geben und darauf wegen des Gehalts feruern Bescheids ge-
wärtig sein solle.
Mit der gewünschten Beihülfe brachte Cronenberg über die Do-
cuniente des ArchivgewrdlK's ein Reperlorium • zu Stande, welches
den ganzen Urkundenschatz inhaltlich kurz zusammenlassle, aber
zum Zwecke einer bequemen Uebeisicht ein alphabetisches Namen-
register sehr vermissen liess. Mit der Registratur der im Syndikats-
archiv reponirtm Schriftstücke hatte Gronenbeig auch begonnen,
aber die Arbeit blieb dürftig mid unvollendet Je mehr die Aden-
stfisse hier sich anhäuften, desto grösser wurde die Unordnung und
desto schwieriger die Möglichkeit einer Orientirung. 1634 wurde
durch einige vom Rathe besonders hiezu commitirte Connuissarien
der Inhalt des Archives mit den von Gi-onenbei^ und Weiss aufge-
nommenen Invenlarien verglichen und die weitere Fcnrlführung der
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Gescbichta des Kölner Stadtarchivs.
99
Inventare dem Secretfir Scbulgen übertragen Im siebenzehnten
Jahiliundert decretirte der Rath zu wiederhoHen Malen, die Reper-
tfirien mit dem Inhalt der Archive sorgfiUtig zu collationiren und
die Aufiedchnung und Gopirung der hmzugdEommenen Documenta
fraizusetzen. Diese Arbeiten behielten stets lediglich den Charakter
von blossen Registrationen. Von einer wissenschaRlichen Benutzung
zeigt sich nirgends eine Spur. Praktisch wurde die Benutzung nur
dann, wenn irgend ein Prozess zu führen, eine schwebendo Reclits-
fragc zu erledigen, ein Anspruch zu. begründen oder eine Forderung
abzuweisen war.
Diese praktische Wichtigkeil de.s Archivs trat während des sie-
benzehnten Jahriiundorts in den Streitig' keilen zwischen der Sladl
und dem Erzbisclioie in klarer Weise zu Tage, liier allein waren
die Documente zu finden, durch welche der Rath die Prätentionen
der erzbischOfl. Staatschriften abzuschlagen hoffen iH>nnte. Nament-
lich waren es der 1683 in Folge eines wahren Justizmordes hinge-
richtete Notar Gereon Hesselmann und der Helmst&dter Professor
Gonnng, wdche für die im Interesse der Stadt ausgearbeiteten
Streitschriften die Uikunden und Akten des Archivs in ergiebigster
Weise ausnutzten.
Im achtzehnten Jalirhundert bmutzte der Syndikus Hamm die
Schätze des städtischen Archivs, um die noch handschriftlich in
drei Bänden erhaltene Sammlnng von historischen Nachrichten und
Urkunden, wf^lche sich auf die Geschichte der Stadt KcHn beziehen,
zusatnnipn/.ustt'lion. Die beiden erslini Hände führen die Titel:
Herum Agripitincn-ium historiographia, chronoiogia diploiiudica nohi-
lis, liberae, iunnedialae ac imperialis civitatis Colonicnsis, der dritte:
Tomus diplomaticus nobilis etc. civitatis CSoloniensis.
Je mehr aber die Urkumkn im Thurm und die AMenstacke
im Syndikatsarchiv sich hftuften, desto dringender stellte sich das
Bedürfiiiss dnes eigenen Archivars heraus. Im Rathsprotocolle vom
17. Juni 1724 heisst es: »Als Gesprich vorgefallen, dass dem Pu-
blico vortheilig, wann zur Einrichtung des Archivs ein Subjectum
ausgesehen würde, hat man gesammte Herren Bürgermeister aner^
suchen zu lassen heschtossen, um zu solchem Endzweck auf einen
Archivar bedacht zu sein, mit selbigem über die Gonditionen
Aus den HalbsprotokoUen.
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100
Ennen:
schriftlich zu tradiren und daranter ad Senatum die Relation und
Gutachten einzuschicken« *). Auf Grand dieses Gutachtens wurde
der Syndicus Uaxim. Ley am 21. Juni auf sechs Jahre zum Archi-
var ernannt. Das Protokoll der ausserordentlichen Rathssitzung
vom 22. Juni sagt: »Indem bei allen wohlregulirten Kanzleien und
Archiven ein besonderer Archivar verordnet zu sein pflegt, welcher
vorab die Documente, welche die öffontlichon Angelegenheiten bo-
trofTon, /,ur beständigen Nachricht in izulor Verwahrung und Ord-
nung halten und darübi'r ordcntlicho Ho^nstor führen muss, bei hie-
siger freier Reii lisstatll aljer nach dem 'l'ode des vormaligen Syn-
dicus Herrn Johann Michael Gronenberg fast seit 100 Jahren zu
solcher Verrichtung Niemand besonders verordnet gewesen ist, da-
her auch von wegen dessen Ermangelung die ad pubfiea einschla*
genden Fortsetzungen und Briefschaften theils unvollständig, theils
unter andere gemeine Partheisachen vermischt, und oft für den be-
dürftigen Fan nicht zu finden sind, daran aber einem hochweisen
Rath und der gemeinen BfUgerschaft viel gdegen ist, daram hat
derselbe nöthig erachtet, seinen Syndicus Herrn Adam Maximilian Ley
zum Archivar auf sechs Jahre folgendor Weise zu bestellen: Dass
derselbe alle mit den benaclibarten Chur- und Fürsten, Städten und
Herrschaften, auch Ahteien und Klöstern vorhandene Briefschafton
und Verfölcher durchlesen, so viel imiiior möglich, mit Beihülfe der
Regist ratoren und Kanzlislon vervollständigen und in alphabetischer >
Ordnung (iuxta aliiluibeta) mit dem summarischen Inhalt, über
welche Materie darin vcrliandelt werde, in besondere indices ver-
zeichnen, demnächst von andern Partheisachen absondern und in
die vorhandenen Laden i*egistriren solle.
Da auch zweitens bei dieser Registrirung solche Originale sich
finden würden, welche zu dem Hauptarchiv ins Gewölb gehörig
wftron, solle derselbe davon vidimirte Gopien theils zu den ebvchla-
genden VerfÖlchern, theils in die Gopienbucher verfertigen lassen,
nachher aber die solcher Weise geftindenen Originale zu gehöriger
Aufbewahrung ins Gewölb bringen.
Nicht weniger soll derselbe drittens diejenigen Stücke, welche
ad librum ceremonianmi einschlagen, dazufügeu und darüber einen
index verfertigen.
Und weil ausserdem viertens viele Schriften, Handlungen und
') HathsprolokoUe.
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Geächicble des Kölner Stadtarchivs.
101
VorflSldier von alten nnd jüngeren Zeiten her halb verscblissen,
gftnzlieh ungeheftet, durcheinander zerstreut liegen, so wird dem
Ärchi?ar abgetragen, darauf besondere Sorge und Fleiss zu wenden,
auf dass sothane Papiere ToQkommen gemacht, demnichst nach einer
jeden Materie zusammen gebunden, und also fernerhin, so oft eine
Sache wieder bis zu einem neuoi Faszikel oder Bande angewachsen
Ist, fortgefahren werde.
Ferner hat fünflens der Herr Archivar daran zu sein, dass die
abgeschickten Schreiben, Berichte, Deduktionen und Noihdurfle zu
jeder Sache hingelegt, die darin angezogenen Beilagen, so oft und
viel es vonnöthen ist, dazu ab- und beigeschrieben, mithin dadurch
verhütet werde, dass es nicht bedürfe mehrere Verfölcher verdriess-
lich durchzusehen, aus einem jeglichen, was iliensani, herauszunelimen
und eins mit dem andern mangelhaft zu machen.
Um solches nun sechstens desto füglicher zu befördern, will
ein hochweiser Rath noch einen Kanzlisten in Gnaden ernennen
und besolden, wdcher dem Archivar und lObllcben Syndikat untere
stellt und davon seine Anweisungen unmittelbar zu empfangen
haben soll.
Imgleichen soll der Herr Archivar siebentens die vorhandene
Bibliothek in bessere Ordnung setzen und solch» gemSss den mdex
verändern.
Damit aber achtens derselbe solchen publicis desto besser ob-
lie'^en und wöchentlich liierzu besondere Tage anwenden möge, soll
er angeloben, in Zukunft neue Partheien, Advokatie und neue Ver-
fölcher oder Akte ausser demjenigen, was von löblichem Syndikat
. herkommt, ad referendum et decidendum nicht mehr anzunehmen,
sondern sich solcher zu cntschlagen, anbei aucii die noch vorhan-
denen in kurzer Zeit so weil von sich abzulhun, womit eines lioch-
weisen Magistrats hierunter führendes heilsames Abseben allent-
halben befolgt werden und derentwegen nirgendwo einige Yersltum-
niss entstehen möge.
Dahingegen neuntens* zur Eragtzung solchen in dnr Advokatie
abgehenden Verdienstes,'* auch zur Belohnung dieser zu übernehmen-
den extraoirdinftren Bemühung dem Herrn Syndikus Ley über sein
gewöhnliches Gehalt vierteljährlich noch einhundert RtUr. aus der
Freüags-Rentkammer ansgeiahlt werden soUec *).
*) Akt im SUdUrcbiv.
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102
EmiMi:
Die erste dor Hauptarbeiten, welclie Ley mit Hülfe des Rcgi-
slrators Rüdesheim unternahm und vollendete, war eine .sorglällige
Kalalogisirung des Hauptarchivs. Er ordnete sämmtliche Urkunden
in 94 Laden nach den Materien: Pontificalia, Episcopalia, Ordines,
Parochialia, ScabinaUa, Pollerwerth, Gonventus, Abbatiae, Imperialia,
Cionfoederationes, Juliacensia, Montensia, GÜTensia et Marcana,
Gelrensia, Limburgensia, Aqacnsia, Tuitlensia, Erbrogtei, Novedensia,
Verbund- und Transfixbriefe, Mann-, Bärger^, BestaUungs- nnd
Urpfedebriefe, Moguntina, TVevirensia, Hürlher Bachflups, Hassica,
diversae Civitates, Processus Muisgin, Deutsch -Ordenshäuser, Jura
üniversitatis, Münzsachen, Stapel und Commercia, geistlicher Wein-
schank, Kurpfalz, Sühnbriefe, Instrumenta caplivorum Clcriconim,
betreffond Seestädle, Varia GalUicana, Judaei, Hermann von Goch,
Hilger von der SlelTen. An 2000 Urkunden sind in diesem Reper-
torium speciell verzeichnet. Gegen 500, namentlich Quittungen,
Mannbriet'e, Söhnbriefe u. s. \v, sind nur paketweise aufgenonnnen.
Etwa 10,000 bis 12,000 Stück Quittungen und Mannbriefe, die in
dem ersten Pergamcnt-Repertorium summarisch aufgenommen waren,
sind hier ganz übergangen und wahrscheinlich als werthlos reponirt
worden. Einen nicht geringeren Fleias als auf das HauptarcfaiT
wandte Ley auch dem kleinen wie dem grossen SyndikatsansliiT zu.
Die Arebive der Mittwochs- und Freitags-Rentkammer gehörten nicht
zu seinen Ressort. Er sorgte dafür, dass die bunt durcheinander
liegenden Gonvolute des SyndikatsarcbiTs ordentlich bezeichnet und
registrirt wurden.
Nach Ley's Tode, 1745, blieb die Stelle eines Archivars wieder
unbesetzt bis zum Jahre 1788, »Am 18. August des genannttm
Jahres wurde auf ein^'elegte Erinnerung, die Bo)^tellung eines hier-
ortigen An hivarii nötliig zu sein, Hr. Syndikus von Bianco ernannt« ').
Als Renmneratiüii wurden ihm zu .meinem Syndikus-Gehalte jrdirlich
400 Gulden zugesetzt, v. Bianco besass Titel und Gehalt, dabei
blieb es aber auch. Der Rath hatte es versäumt, ihn auf eine
besondere Instruction zu verpflichten; darum begnügte sich v. Bianco
damit, das Ardüv sorgfaltig unter Scbk»s und Riegel zu halten, und
die eingehenden Schrißetficke in der Registratur zu reponiren.
Das städtische Archiv g^eth in grosse Gefahr, als im Jahre
>) Rathsprotokoll
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Gflaohiehte des KMner Stadtaiebin. 103
1797 in Köln mit der allen Zeit völlig gebrochen und die rt iclis-
städlische Verfassunpr 7.u Grabe getragen wurde. Am 9. September
1797 versiegelten die nrirgormeister von Ililgers, Klespe und Wittgen-
stein in Beisein eini^:or Dojnilirlen des vormaligen Halbes die eiserne
Eingaiigslbür zum Gewölbe und deponirten die Schlüssel auf der
Mittwotlis-Renlkamnier.
Einige Tage nacbbcr nahm die neue Verwaltung die Scblüssel
an sich, und das Gewölbe ward wieder geöffnet In einem amt-
liehen Referat an den fransQeischen Minister des Innern vom Jahre
1810 über das städtische Arcfaiv heisst es: »Das städtische Haupt-
aichhr befindet sich sehr wohlverwahrt und gewdibt unten un Raths-
thurm, woneben sich auch ebenfalls sehr wohlgewölbt das städtische
ehemalige Freitagsrentkammer^Archiv befindet; das städtische ehe-
malige Mittwochsrentkammer-Archiv nimmt neben dem bureau d'etat
civil einen wohlgewölbten Platz ein; jenes des ehemaligen Stadt-
Syndikats, auch wohl verwahrt und gewölbt, liegt oben neben dem
ehemaligen Rathssaale, wobei sich auch das grosse Syndikalsarchiv
und die Ropi-tratur in zwei zwar nicht gewölbten, doch wohl ver-
wahrten besüiulern Zimmern befinden ; schliesslich ist da> .sofrenannle
laufende Mairiearchiv in dem Ziainier des Hauptsekretariats in vier
verschlossenen Schränken aufjtrestellt.«
»Das Hauptarchiv enthält nur w ichtige, die Stadt Köln betreffende
in Kapseln verwahrte Originalurkunden und Priviiegienbriefe. Die
ehemaligen Hittwochs- und Freitagsraitkammer-Archive enthatten
die auf das Finanz- und Bauwesen, sowie die sonstigen öffentlichen
Stadtarbeiten bezöglicben Register, ProthokoDe, VerfÖlger, Belege,
Briefschaften u. s. w. Das eh^alige kleine gewölbte städtische
Syndikatsarchiv enthätt die ältesten Reichs- und Rathsverhandlungen
und Prothokolle, die Tdtesten Rathsprothokolle und Register, die
Handschriften des Gelenius u. s. w. Das sogenannte grosse Stadt-
und Syndikalsarchiv enthält die jungem Reiclisverhandlungen, die
Wetzlarischen Kammer- Visitationsaklen, die Jüngern Rathsprothokolle,
die Hanseversammlungen-Prothokolle, die den Sta])el, die Rhein-
schifl"falirl , die Handlung Ix^trefienden Schriftstücke, weiter die auf
die Sladtpolizei überhaupt, die hiesigen ehemaligen Stifter, Abteien,
Klöster, Pfarreien, Si)itälei', die rnivcrsität, das Postwesen bezüg-
lichen Aktenfascikel, endlich die sämmtlichen mit den ehemaligen
Kurfürsten von Köhl, Trier und Pfalz bei den allerhöchsten
Reichsgerichten über verschiedene Gegenstände geführten Piocesse
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104
Eimen:
und die daselbst darüber verbanddten Akten. Die sogenannte
Stadt» und Syndikats-Registratur enthält die beim vonnaligen Syn-
dikat verbanddten Prozesssacben, wie auch die bei den ehemaligen
Zünften und Bauerbänken vorgefallenen Zwistigkeiten betreffenden
Akten«.
Mit dem Sturze der alten Staats- und Rechtsverhältnisse, inil
dem Beginne einer neuen Zeit und völlip neuer Zustände verlor das
• Archiv soincn praktischen Wcrlli und seine rechtliche Wichtigkeit. Der
bei Weitem grüsste Theil aller I^-kunden und Schrillstücke wurde plötz-
lich aus der Gegenwart in die Vergangenheit gesclioben. Es ist zu
verwundern, das> der gesammte Inhalt des Arcliivs, wie an so
vielen Orten, nicht auch in Köln der Revolution, die so sorgsam
jede Erinnerung an die alte Zelt zu v^ichten suchte, zum Opfer
gefallen ist. Der einzige bedeutende Verlust, den das Arehly zu
beklagen hat« sind die früher in der Mlttwochs-Rentkammer au(>
bewahrten Rechnungen und Quittungen über die vom dreizehnten
bis achtzehnten Jahrhundert angeführten städtischen Bauten. Diese
Papiere waren beim Sturz der reichsstädtlsdien Verfassung in die
obem Räume de? Rathhauses gebracht worden. Iiier lagen sie
unvci-sclilosscn, dem Muthwillen der Jugend und dem Eigennutz der
Trödler leicht zugänglich. Es ging ilinen wie dem Rest der alt^
Rilstkainmer, sie waren verschwunden, ehe man daran dachte, sie
unter Verschluss zu legen.
Wie gering !nan auch die Sorge anschlagen mag, mit welcher
der Rath sich um die Ordnung des Archivs bemühte, so muss doch
seine Bereitwilligkeit, das Archiv durch neue Schätze zu bereichern,
rühmend hervorgehoben werden. Es lag Ihm stets viel daran, alles
dem Untergange zu entrelssen, was im Stande sein konnte, die Ge-
schichte der .Stadt Kfiln in heDes Licht zu stellen. Darum liess er
dem auf dem Gebiete der Archäologie und K%er Lokalgeschicbte
sehr bewanderten Syndikus Stephan Brülmann, der d&a Entachluss
zu erkennen gab, eine »Gronkac der Stadt Köln abzu&ssen, seine
kräftige Unterstützung angedeihen. hn Jahre 1662 liess er durch
eine eigens hierzu < mannte Commission das Mann rrii t mil den im
Archiv ruhenden Urkunden und Literalien vergleichen und Hröl-
mann's Gewissenhaftigkeit und Wissenschattlichkeit bei dieser Arlx'it
conslatiren. liirtlniann wurde vom Tode übereilt, ehe er sein Werk
dem Druck übcrgeh'n konnte. Der Jc^^iiiliTipater Ileruiann Crom-
baeh fasste den Plan, das Werk Brölmaun's zum Absciiluss zu
Geschichte des Kölner Stadtarchive.
105
bringen, der Rath crtheilte ihm die Erlaubnis?, 7.n diesem Zwecke
von den städtischen Archivalien Einsicht zu nehmen. Durch den
Präsidenten und die Assessoren der Mittwochs-Rentkammcr Hess er
Brölmaim's GoOeeUneen von den BrUiiiaiiii'flclMii Erben erhandeln
und dem Pater Gronibach zu freiem Gebiauclie zur Disposition
steDen. Am 26. November 1674 esM sich Pater Crombach eine
Zulage von 60 Rthlr. für den Druck seiner CSironik« Den Stimm- <
meistern wurde anfj^etragen, sich über den Werth dieses Werkes
beim Bürgermeister von Wedig, der dasselbe revidirt haben sollte,
Erkundigungen einzuziehen und dann weiter zu referiren. Auf
Grund dieses Referats wurde der gewünschte Zuschuss bewilligt,
aber es wurde auch zugleich bestimmt, dass der Druck nicht eher
beginnen dürfe, »als bis der Magistrat die fragliche Schrift in lolum
approbirt habe«
Das Werk »Aniialo!^ occiesiaptici et civiles Metrop. Ub. Col.
Agripp.« fand die gewünschte Approbation nicht. Es wurde zuerst
in der IJiblioliick des Jesuiten-Collegiums reponirt, und später kam
• es in das Archiv der Stadt Köhl.
Eine andere Aoquisitton ffir das Archiv waren die Halvereik*sehe%
und Groncnberg*8cfaen Literallen. 9 Auf verlesene schrifUkhe Relation'—
eilf von »dem Strassburger Ganzler Halveren seel. h^kommend« und
ebedessen auf dem Rekdistag zu Regensburg lieschriebene, die mün-
ster'schen Friedenstractate ond andere Hiscellanea enthaltende Vo-
lumina betreffend — wird, solche ez aequo et bono vor Magistratum
zu erhandeln, sodann die in dem Gronenberg'schmi Sterlsehause vor-
handenen Nachri< hien ebenmässig, so es tliunbar, an sich zu bringen
besclilossen«. Der Bürgermeister von Krufft erstand die Ilalveren'sche
Sammlung für den Pieis von GOO Florin; sie ist jetzt dem Stadt-
archiv eingereiht. Halveren war im Stande, das Treiben auf dem
Friedenscoiigress /,u Münster richtig zu beurlheilen, weil er 1G46
die Stadt Köln und s{)äter auch den Erzbischof von Mainz auf die-
sem Gongress vertreten hatte.
Die Unterhandtongen mit den Gronenberg'schen Erben scheinen,
auch ein günstiges Ergcbniss gehabt zu '.haben. »Zur Erhandlung
deines in. mehr denn 600 Bogei/ beschriebenen vollständigen Pro-
tocolli eleAoralis super novissima electione caesarea, wird löblicher
>) RathaprotokoU.
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lOQ Eanen:
•
Milwoclis-Rcnlkanimor aufgetragen, 85 Reidislhuler, welche dafür
in Frankfurt bedungen worden, fürdersamst auszuzahlen. €
Von den 6elen*schen Erben wurden die fanragines Gelet^anae,
eine äusserst schätzenswerthe Sammlung von Urkunden und Akten^
stücken, welche die mannigfachsten Verhältnisse der Eöhier Erzdiö-
zese betreffen, durch Kauf erwortien. Diese Sammlung hatten der
Generalvikar Johannes und sein Bruder Aegidius Gelenius als Uaterial
zur Ausarbeitung einer quellenmässigen Geschichte der Kölner Erz-
diözese angelegt. Nach des Generalvikars allzufrühem Tode gingen
diese CoUektaneen in den Besitz des Bruders Aegidius übw. Dieser
kam nicht dazu, das von dem Verstorbenen geplante Werk auszuführen;
nur theil weise wurde die Sammlung zur Ausarbeitung des bekann-
ten Buches de adinirantla magnitudino Coloniae benutzt. Im Jahre
1658 wurden die farragines vom Käthe angekauft. Beim Ankauf
bestand die Sammlung aus dreissig Folianten , jetzt fehlen der 19.
und der 23. Band. Jener enthielt: chronicon Goloniensimn antistitum,
dieser: vita Brunonis, vita reginae Mathildis, Klöster und Stifte in
Westfalen, Besdireibung der Eifel, Urkunden betreflTend das Eirzstift,
die Grafen von Altena, die Statuten des Londen'schen Gomtors,
Morgensprachen, Ifflnzabschiede u. s. w.
Nicht als Zuwachs des Archivs, sondern led^ch als Depositum
waren schon am Ende des sechszdmten Jahrhunderts die meisten
Urkunden und Schriftstücke des hansischen Gomtors zu Antw^pen
in das Kölner Stadtarchiv ül)prgeführt worden. In einem Roricht
an die Stadt Lübeck vom 25. Februar 1594 schrieb der Kölner
Rath: »Folgends geschieht bei der Relation Meldung der Original-
privilegienbriefe und Siegel, weiter des Gomtors Hechnungs- und
Rcgistraturbüchcr. Weil nun das Alles Inhalts der Relation unver-
letzt durch die Gesandten hierher gebracht, wie auch die Orignial-
l)rivilegienbriefe und Siegel nach Inhalt des Inventars, so Magister
Adolf Osnabrück anno 1591 darüber aufgerichtet, mit Ausnahme
von etlichen Stücken, die zu nöthigem täglichen Gebrauche auf dem
Gomtor gelassen, sammt den gemeldeten Büchern allhier auf unser
Gewölbe in Verwahrsam empfangen und gel^c Und in dem sum-
marischen Bericht dtit Herren HiUebrand Sndermann und Dr. Pteter
Crantz auf dem Drittelstag zu Duisbui^ am 20. Februar 1695 hdsst
es: »Es haben die anno 1591 vom Hansetage bi Lfibeck mit der
Visitation der Häuser in Antwerpm und Brö^ betrauten. Bevoll-
mächtigten nicht allem die Gomtorischen Bflcher, Register, Rech-
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Getebiebte des KOliwr Stadtarchivs.
107
nungcn und andere dem zugehörige tapfere Monumenta, Schriften
und Bescheide, sondern auch die originalia Anglicana und sänimt-
licho daselbst vorhandenen ansolmlichen Privilegien in grosser An-
zahl aus der Gefalir nach Köln zur verwahrlichen Sicherheit ver-
möge jüngsten hansischen Beschlusses eingebracht, daselbst sie non-
mdur bei änem dirbaren Rath, ifarai Henea und Oberen, in ver-
traollcher Hut bis auf weitere Anordnung verbleiben soUen, so dass
jetzo der Originalprivilegien Inspektion desto fertiger an der Hand,
auch durch dnen Jeden dem so viel Jahren gddagten Veriauf femer
auf den nOthigen Fall nachgesehen werdoi, und sich dessen alles
grOndlich informiren und berichten konntest
All diese Arclii Valien des Antwerpener Comtors wurden in
Köln im Rathhause deponirt, wo sie sich zur Stunde noch in dem-
selben Zustande l>ofinden, in welchem sie 1593 herubergeschafll
wurden. Üer jetzige Bestand stimmt ziemlich genau mit dem vom
Sekretär Osnabrück 1591 aufgenommenen Inventar; nur die auf
England bezüglichen Urkunden und Akten fehlen. Bezüglich dieser
englischen Sachen heisst es in dem genannten Inventarium : in einer
langwürfigen mit schwai'zem Leder übci-zogenen, schlüssigen, doch
unverschlossenen Kapsel befanden sich 42 Nummern englischer Privi-
legien und Aktenstücke, unter andern Pergamente von Heinrich IIL,
Eduard L, Eduard 0., Eduard m., Richard IL, Heinrich IV„ Hein-
rich V., Heinrich VL, Eduard IV., VertrSge mit der Stadt London.
Der fitnige Bestand dieses Gomtorarchivs umfasst etwa 500 Original-
uikunden von 1253 bis 1590, Privilegien, EVeibriefe, FriedscUässe,
ßündnissbriefe, GeMtbriefe, Volhnachten, Zollrollen, MicthvertiSge,
Kaufakte u. s. w., dann eine Reihe v<m Privilegienbüchern, von
welchen eines eine Kostbarkeit ersten Ranges ist. Von den äbrigen
Akten und gebundenen Schriftstücken sind zu nennen : eine lange
Hcihe Bände hanseatischer Recesse und Rechnungsbücher, dann
Briefe aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert, Ordonanzen, Zoll-
tafeln, Schossbücher, Statutenbüc her, Prozessliandlungen, Klagschrif-
ten, Reglements, Diarien, Vertrüge, Anglicana u. s. w.
Einen andern fremdartigen Beslandtiieil des Stadlarchivs bilden
die bis in das 12. Jahrhundert hineinreichenden die polnische Abtei
Landen betrefÜBuden UriLunden. Kfilnisdie SOhne hatten süftungs-
mässig ein Anrecht auf die Stellen in dieser Abtei; als das Kkister
aufgehol)en wurde, brachte man die Urkunden desselben nach Eflbi
in Sicheiheit.
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108
Ennen:
Als durch den Bau der stthondcn Schiffbrücke (1822) das
Privilegium der Falirgenossen arlosch, entschlossen sich die Fahr-
berechtigten ihr Archiv dem Stadtarchiv einzaverleibeii. Eine andeie
Bereicberung erhielt das Stadtarchiv durch Ueberweisung einer nicht
unbeträchtlichen ÄnzaM von Urlninden aus den Ärchivoi des Klosters
Steinfeld und der Ganonie in Weidenbach.
In der firanzOsischen Yerwaltungsperiode erhielt das Archiv
wieder einen IxKleutendMi Zuwachs. Als Köln unter preussiscfae
Tlci rscliaft kam, fielen auch diese Aklenslüdte der Goschichle an-
heim. Die Akten, Urkunden und Protokolle wurden im Jahre 1819
vom Registrator Imhof geordnet, in ein besonderes Inventar einge-
tragen und im Syndikatsarchiv aufgestellt.
Nach dem Abgänge Imhofs erhielt das Archiv einen im hohen
Grade fieissigcn und gewissenhaften Bewahrer in dem Obersecrelär
Fuc hs. Derselbe fand den gesammten Urkunden- und Aktenvorralh
in sieben verschiedenen Abtheilungen :
1) Das Hauptarchiv im Erdgeschosse des Rathliausthurmes.
2) Das kleine Syndikatsarchiv, Un Gewölbe neben der Wendel-
treppe im ersten Stocke des Rathhauses.
3) Das Syndikatsarchiv Aber dem grossen Saale.
4) Das Archiv der französischen Verwaltungq)Qriode, in dem-
selben Räume.
5) Das Archiv im Winterzimmer des Syndikats.
6) Das Archiv der Freitags-Rentkammer im Erdgeschosse des
Thurmes, neben dem Hauptarchiv, und
7) Das Anhiv der Mittwochs-Rentkammer nelien der goldenen
Kainnun- im Erd^'eschosse des Rathhauses.
In den Jahren 1828 und 1829 stellte er übersichtliche Verzeich-
nisse der im Syndikatssaale, im kleinen Syndikatsgewt31be, im Winler-
zimmer, in der Freitags - Rcntkannncr und in der Mitlwochs-Rent-
kannner aulbewalu-ten Archivalien zusammen. Er.sL 1832 kam das
Verzeichniss der Akten aus der französischen Verwaltungperiode zu
Stande.
Diese verschiedenen, völlig von einander unabhängigen Repertorien
konnten nur dazu dienen, jede Orientirung zu erschweren und eme
klare Uebersicht unmöglich- zu machip.. Als im Jahre 1857 eia
eigener Archim ffir die Hfltung und neue Repertorisirung des ge-
sammten aus der rcichsstädtischen Zeit stammenden UrkuoÜen- und
Aktenvorraths lierufen wurde und sämmtMche Archivstucke beim
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GeKhichto d«i Kdlner SUdtarehivs.
109
Umbau 'des Rathhauses in einen einzigen Archivraum zusammen-
frcbrachl wurden, cnlscliloss sich der neue Archivar die Urkunden so-
wohl, wie die gebundenen Schriflslücke, Akloii und Briefe, nacli
einem neuen System zu rubrizireii und /u ropei lurisiren. Diese mülie-
voUe Arbeit ist jetzt bald vollendet, und werden in Kurzem die Ar-
cbivalien ihre bleibende Stalle in dem neugebauten prächtigen Biblio-
thekbau am Rathhausplatz eriialten« Nfiheres Aber Inhalt ünd Re-
pertorisiraiig des Archivs wird später folgen.
IX. Geschichte des Kreisarchivs in Speier.
Von
Ludwig Schandein,
Ic KndBarehiTar der RhdnpfUx.
Kntstelmnf,' und Ausbildmigsgesciiklilc riiirs Archivcs aus voU-
zaligom Schriftwerk darlegen zu köinicn, ist wol v'm Glück, welches
selten oder niemals cinlrifll. Freilich wäre es eine Freude, dem
Archivbenützer, der da kommt, sagen zu können: hier in diesem
stattltdien Bau, in diesen feuerfesten, lichten Gewölben findest du
das ganze, volle, geschichtlieh enifoltete Leben der Rheinpfalz, wenn
auch abgespiegelt in Tetgilbender Tinte; ja selbst die E^tstehweise
eines jeden Ärchivteiles kannst du eigrönden sowie die Wege, auf
wdcfa«! all' diese Dinge zusammengekammen. In diesem Sale xdge
ich dir reichhaltigen Archivalienstoff Ober Abstammung, Herkunft,
Siedelung und Verbreitung des pfälzischen Volkstammes, über den
Gang seiner Geschichte und sein Verhältniss zu benachbarten
Staaten ; ein folgender Raum bietet Belehrung über jedes der vor-
maligen Herrschaftsgebiete, über Verzweigung und Schicksal der
alten Geschlechter, Jene Gelasse um fassen die Ortschaften der
Pfalz in ihrer SoMdergescliichto : diese Akfenhündel erschliessen das
Recht der Gemeinde auf Wald uiul Weide und Wasser, jene das be-
wegte kirchliche Leljcn, wieder andere er/iUen von Sitte und Brauch
und alter Gewohnheit. Aus all diesen Blättern erwächst dir end-
lieh ein treues, vollausgestaltetes Bild des pfälzischen Volkes hi Ge-
schichte und eigenartigem Wesen. Hier liegt das Rcpertoriuro, eine
Digiti/Oü by C
GMehiehte des Krasarehivs in Speier.
III
wolgegliederfo Uebersicht des ganzen Archives: schlage nur auf, und
alles, wonach dich gelüstet, ist au^'enblicklich zur Hand. Willst du
aber der Urkunden Inhalt in gediiingtem, erschöpfendem Ausdruck,
nun — hier sind örtlich und zeilfulglit h peordnel unsere Regesten. . , .
Also nähme sich aus das Mu>leibild eines Archives. Allein
so weit sind wir in Wirkliclikeit nicht, werden so wTit auch nicht
kommen. Denn wo in einem Archive ist alles so schön und so
vonkomm^ beisammen? Hier fdilt das, dort wieder jenes. Audi
nicht jederzdt und jedenorts hat man besondere Handakten gebildet
fiber die Bildung eines Arehives. Und vSre des Stoffes die sattsamste
Fülle Toihanden, auch dann hat dw Archivgeschichtschreiber noch
Immer seine archivalische Not: denn wie leicht entzieht sich seinem
Blicke ein wichtiges Blatt, wie schnell entwischt ihm — oft zwischen
den Zeilen — ein unscheinbarer Vermerk, der aber neues und «che-
res sagt über das Schicksal des zu behandelnden Archivteils! In»
dessen reicht auch in der Regel nicht aus das eigene Archiv: hei-
mische wie fremde Archivalienlager, Amts- und Ortsregistraturen
müssen durchsucht, selbst Privatbesitz muss ausgeforscht werden.
Air dieser Belielfc jedoch habhaft zu sein, dazu gehört umsichtiger
Blick, ja sogar — eine glückliche Hand. Dem gewissenhaften For-
scher entgehen diese Schwierigkeiten nicht, er empfindet sie umso-
mehr bei einem lückenhaften Archiva ^
Wir sind in diese Lage fersetzt: das Kreisaichiv der Rhehi-
pfalz zeigt empfindliche LOcken. Wo auf deutscher Erde gibt es
ein Stock Landes, das In kurzen Zeitl&ufen so viel schweres erlitten '
als am Rhein die schöne, gottgesegnete E*falz? Wer wfisste nicht
was hier alles geschah seit dem Ein&Il der Franken — die Zeiten
der Mcrovingen, Karlingen, rhehusdien Pfalzgrafen, Staufer, Weifen
und Willeisbacher hindurch — bis zu der Neufranken letzter Be-
. Setzung ? Abgesehen von alter Not und Bedrängniss, was haben in
der Pfalz nicht alles gethan der Bauernkrieg, die Reformation mit
ihrer inneren Wandlung der Geister, der dreissigjärige Krieg mit
seinen tiefeingreifenden äusseren Folgen? Was nicht alles vernich-
tet die französischen Kriege bis zur gänzlichen Verwüstung der Pfalz
im Jare 1089? Besitz oder Vernichtung der Pfalz! das war des aller-
christlichsten Königs unchrislliche Losung — und seine Franzosen,
des Anstandes gepriesene Muster, zeigten sich des Machtgebotes Toll-
konunen wOrdig. Die herrlichsten Baudenkmäler, der Dom, die
Kirchen, — die Bilder, die alten Handschriften — Zeugnisse pfölzi-
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112
Sehanddn:
sehen SthafTcns, der Ruhm unscror Vorzeit — das alles wurde zer-
trümmert, zorsclilagon, oder geraubt und nach Frankreich vcrsrliloppt..
Kein lierrschaltlichcs, kein Stifts- oder Klosterarcliiv war vor Be-
schädigung siciier. So wurden die Schriften des Kammergerichtes
in Speier, dann das Stadtarchiv in 138 Kisten nach Strassburg ver-
bracht; das Archiv des Domstifles, seine Bücherei, seine Kleinodien
u. s. w. aus Zeitmangel nicht geflüchtet nach Mainz, sondmi nach
PhQippsburg bei Bruchsal. Anderes Schriftweik fi^ vielleicht heute
noch in Frankreich an unbekannten Orten als uneikanntes ver-
borgen. Endlich nach hundert Jaien, ein Nachhall dieser Gteoel, hat
die französische Revolution in ihrer Weise die Verwüstung vollendet.
Was noch gerettet dastand, erlitt jetzt beträchtlichen Schaden, vor^ -
nämlich die herrschaftlichen Archive vonwegen der altüberkommenen
Rechte des Adels. Auch hier vielfache Vernichtung oder Raulx
Noch vor wenigen Jaren sei, so hörte man, zu Paris in der kaiser-
liclicn Bibliothek gelegen eine ganze Reihe rheinpfälzischer, insbescm-
dere auf die Grafschaft Leinitigen bezüglicher Urkunden. —
Wie überall in Deutschland war auch auf pfälzischem Boden
die Hechtspflege in erster Zeit mündlich. Das besagt uns die grosse
Reihe pftdzischer Weis- und RcH^hlsaltertümer, deren Inhalt, an be-
stimmten Dingtagen verlautbart, erst späterhin zu schriftlicher Auf-
zeichnung kam. Mit der zunehmenden Bildung des Volkes, mit dem
mebrbewegten Verkehre, mit der hieraus entsprungenen VervielMigung
nicht nur der Rechtsbedflrfoisse, sondern aller Lebensanliegenheiten
musste sich unausbleiblich verbinden die schriftliche Fassung der
Rechtsvertrige, mochten diese Grund und Boden betreffen oder per-
sönliche Ltistung. Also entstand nach und nach eine Masse von
Urkunden vielföltigsten Inhalts. Als verbriefte Zeugnisse des Rechtes,
zugleich als treue Schriftmaler des Zeitlel)ens Wurden diese Urkunden
zunächst von Stiftern und Klöstern , dann voif den Rechtsbeteiligten «
gesammelt — und in un zu jrän glichen Räumen niedergelegt.
Archive als Sondoranstalten haben in der Pfalz sich erst aus- -
• . gebildet mit dem Beginne des 15. Jarhunderts. Durch König
Ruprecht's Teilungsvertrag entstehen seit 1410 die beiden Ilaupt-
gebiete der rheinischen Pfalz : Kur|)falz und Herzogtum Zweibriicken,
ein jedes unter eigener Landeshoheit. Es konnte nicht fehlen —
die Familienzwiste wurden unvermeidlich. Sie arteten aber aus in
gegenseitige heftige Befehdmig um Erweiterung der Landesgränzen,
um Stärkung der fOtstUchen Hausmacht', lyn Einfluss auf Deutscfa-
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Geschieht« des Kreinrehivs in ^>eier.
113
lands politische Lage. Bald war das eine, bald das andere Adds-
geschlecht , bald diese oder jene Grfinzberrscfaaft, bald wieder ein
* auswärtiger Staat mit in diese Fehden verwickelt. Daher eine unauf- .
liörliche Verrückini«,' des Besitzstandes, demzufolge auch die jedes-
malige urkundliche Sicherung der eingeräumten Rechte wie der ein-
gegangenen Pnichton. Somit mehrten sich auch in der Pfalz die
Archive an Zal wie an Umfang, und kaum eine hervorragende
geistliche oder weltliche Herrschaft, die nicht ein eigenes Archiv
unter Verwaltung eines eigenen Heamten aufzeigen konnte.
In den wechsclvollen Stürmen der Zeit wurden bekanntlich
unsere Archive oft und hart mitgenonunen. Nicht aber von allen
gdit bestimmte Nachricht Eines der beklagwertesten Beispiele liefert
das schöne, sehr umf&n|^icbe herzoglicb-sweibrüclLener Aidüv.
Von dessen Schicksalen sind wir veiMltnissmSssig noch am besten
uiterrichtet. Nach J. H. Bachmann's Angaben umfasste dassdbe:
die gräflich-zweibrücl^ener Haasurkunden, deren grMer Teil
— da Im hanau-lichtenberger Archive ta Buchsweiler hieron niefafts
befindlich — vermutlich in Bitsch vi^blieben und dann in das
lothringen'scbe Archiv zu Metz gelangt ist;
die Urkunden der oberen und unteren Grafschaft Veldenz
auf dem Schlosse Lichtenberg (bei Kusel), auf dem Schlosse Veldenz,
dann in Meisenheim : nach der V'ercinigung der ganzen Grafschaft
kamen die Archivalien an Herzog Ludwig den Schwarzen, gingen
inzwischen aber teilweise verloren;
die sponheimer l'rkiuuien der vordem und hintern Grafschaft
wurden vervvart auf Schloss Kauzelberg (bei Kreuznach) und auf
Schloss Gräfenburg (bei Trarbach), jedoch mehrmals getrennt und
wieder vereinigt Die luntergrafschafOtdie Urkundengruppc, zur Zeit
der firanzfisischen Reunion von Gräfenburg wcggeflfichtet, gelangte
nach siebenzig Jaren nach Zweibrficken und winde geteilt zwischen
* PCedz-Zweibrficken und der HarkgraDschaft Baden;
das Archiv der erkMchenen pfalz-veldenzer Linie lag zu
Strassburg im Hotel des 1694 daselbst verstorbenen Grafen Leopold
Ludwig unter dem Siegel des Königs. Durch Teilung vom Jare
1737 erliielt Kurpfalz die Urkunden der Oberämter Veldenz und
Lauterecken, das übrige gelangte 1742 nach Zweibrücken.
Das eigentliche herzogli ch-zweibrücken'sche Archiv begann
mit der Teilung des Königs Ruprecht. Au? dem kurpfülzischen Archive
erhielt Herzog Stephan die Haupturkunden über die ihm zugefallenen
AreMvallMli« SaHtPlirin. II. 8
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114
Schandein:
Lande. Alles übrige, was das pfote-baierische Gesammthaus oder
den pfUaschen Hanptast betraf, blieb im Ärcbive zu München.
Schon frühor, "[op'i^n Kiido des 16. Jarhunderl.-^ orlilf d:is zwd-
brüekener Archiv vielfachen Verlust. Herzog Johannes 1., der wissen-
sciiafllicli strebsame Fürst, der mit eigener Hand eine Reihe von Ver-
zeichnisshändeii niodorge>rhriebL'n . war utii de.-^ Vrrmissten Wioder-
pewinmitik' eitrig bemülil. Doch da^^ rnfrhu k wollte nicht enden. 1014
wurde dii' im Kloster Wörschweiler vorwarte l'rkundenmasse ein Wanh
der Flaiiiiuen ; die Urkunden de? Klosters Marienstein, von einem
zweibrückener Superintendenten verwaltet, sind im dreissigjärigen
Kriege spurlos verschwunden; und Kloster Hornbach ging durch
dahin abgesandte Mdnche seiner Urkundenscbfttze Terlustig. Viele
zweibrückener Archivalien hatten nach Hetz sich verirrt, allein auch
hier war sp&terhin nicht viel zu finden. Wie der zweibrückener
Eammerdirektor König (1683) berichtet, standen im dreissigjängen
Kriege (1636) die Pferde der Kaiserlichen hn Gemache der »Rechen-
kammerc auf den kniehoch auf dem Boden umherliegenden Akten,
Registern und Rechnungen. Im Jare 1677 wurden von hier aus alle
Akten in die Bibliothek geflüchtet, ist jedoch in diesem »Heumagazin
der Kaiserlichen« das meiste verdorben. Wol hatte die schwetlische
Regierung manches, zumal das nach Frankfurt geflüchtete Material
wieder gerettet, allein zu dessen Ordnung fehlte es an Raum wie an
sachverstandigen Leuten. Uebrigens begann unter Herzog (iustav's
Regierung die Aufstellung der Akten mit Ausnahme der Urschriften.
Erst unter Glu-istian IV'. erhob sich ein eigener Archivbau, der in
sich auftmhm alle bisher zerstreuten Archivalien, nämlich die aus dem
KirchengewOlbe, dem alten Schlosse, dem alten Münzbau, und etlichen
Privathftusem; tetnep die Ardiivalien aus Bischweier, Strassbnrg,
Rapolzweiler, Tsenburg; nicht minder den pfiaüz-zweibrückener Uikun-
denanteil an Sponhehn und Veldenz. Endlich wurden diese Schrift-
sachen vom herzoglidi-zweibräcken'schen I. Archivarius und Geheim-
rath J. H. Bachmann in planmässige Ordnung gebracht. Verschie-
dene in Metz auf der Zitadelle gelegene, dann in das »Palais« ge-
brachte zweibrückener Akten, zu deren Aufnatime Bachmann im
Jare 17r)5 abgeordnet worden, scheinen trotz aller Bemühung nicht
zuriick^^ekoinnien zu sein.
Das kurpfälzische Archiv hat sich gebildet zunächst aus den
Urkunden der Pfalzgrafen am Rhein und der die Pfalz besitzenden
baierischen Fürsten. Doch erst nach 1410 beginnt unter Ludwig HI.
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Geaehiehte d«s Knisarchivs in Speier.
115
ein eigenes Archiv der Kurpfalz. Nach der Kurlinie Aussterben fiel die
Rheinpfalz an die simmern'sche Linie und wurde endlich (1777) mit
den baierisc'lien Landen wieder vereinigt. Je nach Wechsel und
Wichtigkeit dieser Vorgänge richtet sich auch der Umfang dieses
Archives. Doch über Entstehun<(, Warhstniii, Lagerung und Ein-
richtung, wie endlich über die nälieren Schicksale kurjifälzischer
Archive Hiessen «lic Nachrichten nicht so reichlicii wie bei dem von
m
Zweibrücken. Gleichwol haben aucii jene nur allzuvielen Scliaden
genommen. Mehrmais und arg verwüstet wurde das Schloss zu
Heideiberg wie die Stadl; der späteren kurfürstlichen Residenz in
Ma?mhftim erging es nieht beesor. bi Heidelberg befknd skii das Jarchhr
der »GeisUichenGütenrerwaliangc mit ihren anegeddmteii Bezidimigen
im ganzen Umfang der Pfelz, sowie das der am linken Rhemufer
reichbegüterten UniTersit&t; in Mannheim der kurpftlasebe Lehen-
hof, sowie eme ausserordentliche Menge tod Verwaltungs- und Justi-
zialakten. Gleiche Verwüstung traf auch Frankenihal, die dritte kur-
pfalzische Flauptstadt, nicht minder verschiedene Ober- und Unterämter
der Pfalz. Und dennoch ist zu verwundern, dass angesichts einer
so allgemeinen Bedrangniss des Archivmateriais nicht noch mehr
zugrunde gegangen.
Was nun die anderen kleineren Hcrrschaftsarchivc betrifft,
so hatten sie fast sänmitlich ein gleiches Geschick. iSdion in früheren
Kriegen verstreut wurden sie noch weiter geschädigt — teilweise
vernichtet teilweise gellüclitet, und das Gellüehtete selbst verlor
seine Spur. All' diese Vorgänge vereinzelt zu schildern, würde als
unansweichbare Wiederholung den Leser ecmüden. Allein unerlftsslicfa
erscheint es, jetzund sfimmtlicbe Herrschaftsgebiete der Pfalz, wie
sie bis zum Jare 1792 bestanden, in emem Uefaerblicke wenigstens
namhaft zu machen. Sie heissen:
A. BdcliBstSndische Territorialliemchafton.
1. Kurfürst von der Pfalz. Oberämter: Neustadt, Gav
mershcim, Lautern; Teile zu Alzei, Kreuznach, Lauterecken; —
Stadl Frankenlhal. Hiczu noch die mittelbar ritterschaftlichen und
andere Herrschaften : von Reibeidt, von Wieser, von Oberndorf, von
ilundlieim, von Dalberg, Domprobstei Worms, Universität Heidelberg,
geistliche Administration Heidelberg, St. Martinsstift in Worms.
2. Herzog von Zweibrücken. Oberämter: Zweibrücken,
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il6
Sehandon:
Homburg, Bergzabern, T<üt' zu Lichlcnl}crp (Kupol), Moiponbeim.
Aemlor: Guitonberg, Ilnj^enbach. Iliczu die niiltelbar rillorschafl-
lichen Herrscbaflen : von (latbcart. von Scbnrrenburg, von Kolknbacli.
3. Hoclistift Spei er. ÜljtTanit Kirrweiler und Teil von
Lauterburg. Aenilur: Edesbeini. Deideslieiin , Marieniraut. Maden-
burg, Dabn, Teile von Allcnstatil und Sl. Reniy. iiiezu Doinkapilel
Speier und St. Guidostift in Spcier.
4. Landgraf von Hessen -Darmstadt Amt Lemberg
(zur Grafschaft Hanau-Licfatenbeii;).
5. Markgraf von Baden. Herrschaft Grävenstein, Amt
Rhodt, ein Teil zum Oberamt Karlsruhe.
6. Fürst Ton Nassau-Weilburg. Aemter: Kirchheim
und Alsenz.
7. Fürst von N as sau - Sar h rüclten. Teile zur Abtei Wad-
gassen und zur Ilerrsrbafl ( Utweiler.
8. Fürst von Lein in gen (Daf!:?])nrg) — Harten bürg.
Herrschaften Harteribuig utui Liiidelbrunn (Fiilkenburg). 9. (Jraf
von Lein ingen (Dagsbu rg) - G untersb lu m. 10. Graf von
Leiningen (Dag sb urg) - Hei deshe im. 11. Graf tou Lei-
ningen-Westerburg-Altleiningen. 12. Graf von Lei-
ningen-Westerburg-Neuleiningen. 13. Graf Yon Fal-
kenstein. 14. Wild- und Rheingrafen von Grumbach.
15. Hochstift Worms. Amtskellereien Dirmstein und Neuhau-
sen. 16. Freie Reichsstadt Speier.
B. Bfliehsminiitlelbare Tenitorialliflimchaftea.
17. Grafen von der Leyen. Herrscbaften Bliesl(aslel (Ober-
amt), Münciiweiler (am (ihm), Olterbacii, Burweiler. 18. Grafen
von S i c k i n g e n - S i c k i n g e n. Landstul (Kleingericht) , Ami
Sehalodenbadi; EHerstadt und Asdibacher Hof. 19. Grafen von
Sick in gen -Hohenburg. Landstul (Grossgericht). 20. Herren
von Reipoldskirchen. (Färstin und Fürst von Ysenburg mit
Grafen Hillesheim). 21. Ffirst von Ysenburg. 22. Graf von
LAwenstein- Wcrthcim. 23. Freiherr von Haacke. 24.
Grafen von Wartenberg. 25. Freiherren Schenck von
Waldenburg. Herrschaft Barbelstetn. 26. Grafen von Sayn-
Wittgenstein.
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Gesdiicbie des Kreisarchivs in i>i>eier.
117
C. Isolirie unmittelbare Besitzungen
a. reiciigritlerschaftlicber und anderer adeliger Dynastien.
27. Freiherren von Dalberg. 28. Grafen von Degen feld-
Schomburg. 29. Freiherren von Esebeck. 80. Freiherren Yon
Färstenwärther. 31. Freiherren von Gemmingen. 32. Frei-
herren von Hallberg. 33. Freiherren Vogt von Hunoltstein.
34. Freiherren von Kerpen. 35. Freiherren von (Handeck) I^oi^'ers-
berg. 36. Freiherren Kckebrecht von Türkheim, 37. Frei-
lumn von Wallbrunn. 38. Freiherren von Wambel d. 39. Grafen
von Wieser.
b. geistlicher und weltlicher Korporationen.
40. Deu t sch herr en - Orde n. 41. Johann Ii er -Orden.
42. St. Sebastiansstift in Blitskaslel. 43. Geraidegenossen-
schaften (Dorfgemeinden aus verschiedenen ^rrschaftsgdDieten).
44. Fremde Souverfinitäten : König von Franicreich.
Hier sind miter Gemeinherrschaften die Nummern:
1 . 2 (Schiersfeld); 1 . 8 (Pflege Hassloch); 1 . 8 . 37 (Franken-
stein, Hochspeier, Horschbach); 1.3 (Duchroth und Obtthaasen);
1 . 35 (Hannweiler); 2 . 13 (Stolzenbergerthal); 3 . 25 (Herrschaft
Dahn); 4.18 (Hoclieinöd und Thaleischweiler, jedoch 1791 wieder ge-
teilt); 6 . 8 . 10 (Steinbach); 7 . 17 . 40 . 42 (Eschringen); 11 . 12
Orünsfadl): 14 . 21 (Niederkirchen); 17 . 42 (BUesmengen-Bolchen) ;
18.19 (Liindstu)): 20.21 (Rudolfskirchen).
Warlicli auf oinem Raiiino von etwas über 100 Geviertmeilen eine
überraschende Hoiho vuii grossen, kleinen und kleinsten Herrschafts-
jrobieten! Und jedes Gebiet nicht einmal in umschlossener Hcgränzung,
nein — sie liegen vielmehr in lauter Trümmern wirr durciieinander
gewürfelt. Trägt mithin ein jeder Gebietsteil die ihn kennzeichnende,
selbeigene Farbe, so wird die geschichtliche Karte der Pfolz der bunt-
scheckigste Teppich. Aus solchem vielarUgran Bruchwerk hat die
heutige Rheinpfals sich zusammengelegt, und jedes Landesstfick hat
wiederum seine eigene Geschichte, mehrenteOs seine eigenen Gesetze
und Vm)rdnungen, seine eigene Lebenskultur. Eine »Geschichte der
Rheinpfalz« also zu schreiben, eine Geschiclite, welche über dem
besondem nicht das hervortretende einlieitliclie Wesen des ganzen
Volkstammes veri^t — das ist Ireilicb eine Aufgabe, welche tiefein-
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118
Schaitdein:
gdicnder Studien bedarf — eine Aufgabe, wclclie auch niciil sobald
und so leicht gdfist werden dfirfte.
Diese viel- und feinverzweigte Gliederung des Udnen Landes,
ob für die Forschung auch rdzend, wurde am Ende doch etwas
Iftstig fOr den freien Verkehr. Milich und mfichtig regte sich Im
Vollme der Zug nach politisclier Einheit, all' diese Hemmnisse einmal
fallen zu sehen ward allgemeiner, einziger Wunsch . . . Und sie
fielen diese Sohra nkon — sie fielen urplötzlich im Strudel der fran-
zösischen Revolution
Seit 1792 wurde dio Pfalz von den Franzosen stückweise er-
obert. Die Häupter dos iifrd/,is<'lien Adels hallen, -oweit es noch
ging, das Wertvollste ihrer An luve geflüchtet. Die bekannte »Gripp-
kommissionc liess plündern, fast niclits blieb unverschont. Archiv-
material wurde zum Feueranlegen verwendet, ein um das andere
Archiv stand alsheld in Flammen. Heben wir nur einiges heraus.
Das läningen^sche Archiv in Dürkheim, welches sdion vor 1700
nach Frankreich verschleppt, jedoch wieder zuräckgeleitet worden, hatte
anfangs 1704 durch die Franzosen unendlich zu leiden. Fürst Karl
flüchtete über den Rhein — und seinem Archiv ist es übel ergangen —
fast alle herrschaftlichen Pajiiere wurden im Hofe verbrannt, ein
anderer Teil nach Sfrassburg uus^'cliefert. Ein gleiches geschah dem
leiningen'schen Archive zu Ilartenburg. — hi Grünstadt, dem Wohn-
sitze der Grafen von Leiningcn-Weslerburg, hausten im Runde mit
einlieiuiischeni Gesindel die Republikaner noch ärger. Trotz ilircs
va?8öhnlidieo Sim^ wurden die anwesoiden Grafen fcstgenommm,
nicht aber voigemachtmnassen über dea Rhein, sondern über Landau
und Strassburg nach Paris abgefOhrt, und kamen erst 1796 wieder zu-
rück. Em leiningen'scher Verwalter namens Parcus beraubte das Archiv
und nahm die in der Kanzleiregistratur hinterlegten Gelder hinweg.
Wiedci-um wurden viele Archivalien nach Frankreich vpr^^clilepitf . —
Nicht anders in Leiningen-Heidesheim u. s. w, — Mit dem Archive
dos Grafen Wilhelm von Sickingen-Sickingen ging es jedoch nicht so
leicht. Dieser, wol das hartnäckigste der adeligen Häupter, übergab
seine Besitzungen nur gegen entsiirochondo Entschädigung. S(Mn sehr
reiches Archiv ülxM-siedolte der Graf, in Mannheim unbedeutende
Kanzleiakten zurücklassend, anfangs der neunziger Jarc nach Wien,
und schwerlich gelangte, wie man vermutet, dasselbe 1798 wieder nach
Mannheim zurück, wo es verblieben sein soll bis 1828. Sicherlich
kamen sickingen'sche Archivallen nicht nach Mainz in das Depar-
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Geschieht« des Krdtwrchivs in Speier. 119
■
temcntalarchiv, und ist heute unser Kreisaicbiv mit solchen nur
sehr spftrlich bedacht. Das Archiv der Linie Sickingen-Hohenburg
befiuid sich hingegen in Freiburg im Breisgau und wurde ohne
Zweifel mit dem dortigen Archive der vorderösterreichischen Regie-
rung geflüchtet nach Wien. — Ein sehr hartes Schicksal traf auch das
Archiv der Grafen von Falkenstein am Donnersberg; es wurde
grösstenteils auf der Strasse verstreut und nur weniges wurde ge-
rettet. Weiteres werden wir später erlaren.
Das eroberte Land stand anfanglich pranz unter rnilitiirisclier
Herrschaft: bald deutsche, bald französische Beselzun«,^ einzelner Ort-
schaften. Daher auch die Behörden noch gemisclite, jedoch mit
Beseitigung der bisherigen Fürsten. Erst i797 ist die Pfalz fest-
eing(^liedet in das stramme französische Regierungssystem. Nach
einander wurde die Landeseinteilung geändert unter verschiedener
Form der Verwaltung bis (1801) zur endgiltigen Veretoigungr der vier
rheinischen Departemente mit Frankreich. Jeder amtlichen Behörde
ist nunmehr Kreis, Richtung und Weise ihres Wirkens durch Gesetz
genau vorgezeicbnet.
Auch des A r c Ii i v w e s e n s wird Vorsorglichermassen gedacht.
Seit 1789 bis 1813 eine fast ununterbrochene Reihe von Gesetzen
und Verordnungen über Errichtung, Einrichtung und Verwaltung
der öffentlichen Aktendepots, sowie über Gattung und hihalt der
aufzubewarenden Dokumente. Neue Gesetze indessen werden Be-
dürfniss für die Verwaltung der Departemente oder Distrikte, deren
Archive die Feinde der Republik beschädigt oder eingestampft liaben.
Lange jedoch bedurfte es nicht dieser französischen Vorsorglichkeit
für Archivwesen, denn nach der Schlacht bei Leipzig (Oktober 1813)
rückten die verbündeten deutschen Truppen (anfangs 1814) über
den Rhein und besetzten das von den Franzoeen eroberte deutsche
Landesgebiet. Mit diesem überraschenden Wechsel der Dinge nimmt
auch der Stand unserer archivalischen Angelegenheit dne andere
Wendung.
Inhaltlich der l)eiden pariser Friedensverträge vom 30. Mai 1814
und vom 20. November 1815 sind mit den ero})erte!) Landesj^ebieten,
welche Frankreich an Deutscliland zurück^'ibt, zugleich auszuliefern
auch die dazu gehörigen Archive und Aklendepots. Zur Vertretung
der deulsclien Interessen wurde geeignete Vorkehr gelroilen. Für
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120
Schandein :
das Land, welches vom Generalgouvernement des Milteliiieines los-
gelfist wiMrden — nämlich fOr das ganee Donnosbergdepaiiement
und die auf dem rechten Hoselufer gelegenen Teile der Departemente
der Sar, wie des Rheins- und der Mos« 1 — bestand seit 16. Juni
1814 in Kreuznach die »Gemeinschafllitli osterroichische und baierische
Landesadminislratioru. Zu diesen Landesfcilon sind noch später
gpkoniincn der ganze Kanton Dahn, einige Genieinden aus den
Kantonen Landau und Bitscli und ?ol( lic aus dem niederrheinischen
Departement. Endlich — nach Zuteilung einiger preussischen
Landesstücke an das Generalgouvernement des Niedmfaeines —
übersiedäte die Landesadministratlon (5. Juni 1815) von Kreuznach
nach Worms.
Der Vollzug dieser massenhaften Archivahenruckgabe war in
der Thai dn schweres Siöck Arbeit Dem ganzen langen Verlauf
dieser Archivalienbewegung bis in die feinsten Gänge zu folgen ist
niclit wol Ihunllch, gewi?- am h dem Leser nicht besonders genehm.
Und dennoch orsrhoinl dieses Getriebe nicht ganz ohne Reiz; gowärt
es ja neuen flinlilirk in die Verhältnisse der Zeit, aucli in die Kunst
und die Feinheiten einer mit sich rechnenden fremden Verwaltung.
Nun als zuniich>t und vorwiegend bei dem Gang der GeschatXe
beteiligt kommen in Betracht:
A. Die Dcpartementspräfekturen: L des Donnersberges
zu Mainz; II. der Mosel zu Metz — nebenbei der Sar zu Trier,
sowie des Rheins- und der Mosel zu Koblenz; in. des Niedeirheines
zu Strassburg. B. Archive und Registraturen in Baiern, in
der Pfalz und im übrigen Deutschland.
Zur Vollzugsüberwachung wurde in Paris aufgestellt eine eigene
deutsche Kommission, bei welcher Baiern vertrat der Liiiui lations-
kommissär van Recum. zugleich boanflragf mit den Anlicgenlieiten
des Grosslierzoglunis Hessen. Zudem waren um Rücklcitung der
sonst noch entkommenen Archivalien unablässig bemüht die inlän-
dischen Aemter mid Stellen.
A. Departementspräfekturen.
I. malnz.
bei weitem grössere Teil der heutigen Rheinpfalz gehörte
zum Donnersbergdepartement. Den HauptknotenpunlLt dieser Archi*
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Geschichte des Kraiaarehivs in Speier« 121
valiciilxnvogung bildet Mainz. Doch zuvor einen Rrickl)rK k auf diMi
Stand des dortigen Arcliivwesens. Neben den Departeiiientsarcliivalien
fanden sich auch noch sonstwie verirrte Archivleile. Archivar war
ein idtercr, kränkelnder Mann, der or>t später aus höherem Auf-
trage eine bloss allgemeine Verzeichnuu«: dieser grossarligen Masse
zustande brachte. Gleichermassen geschali es mit des Präfektur-
archives Verzeidmung. Ordnung und Aufsicht, überhaupt die ganze
ArdüTteitung war gerade so musterhaft nicht: denn alle Parteien
hatten fast zwangtosen Zutritt.
Hierüber berichtet ans Mainz der RheinschifEeurtskcinmissir
T. Nau: es seien nach E^nkfbrt a/M. grosse Aktenstösse zentner-
weise gewandert, hierunter allerdhigs- auch unbrauchbares Papier.
Eine Masse von Archivalakten eni(^ng der Rechtsanwalt Dufour
in Mainz; ob alles wieder zurückkam, wer will es behaupten? Völlig
freien Eintritt in das Archiv liatte vor allen Professor Fr. J. Bod-
mann, der bekannte Geschichtsforschor und AHertumsfreund, zugleich
befreuiidot mit dem Üepai temeiitspräfekten Jcanhon St. Andree:
was gefiel wurde mit nach Hause genommen und zwar oiine Empfang-
schein. Das Wenige was wieder kam war aber vel^^tümmeit, öfter
seiner Siegel entledigt. Von seinem Schutzherrn empfolilen reiste Bod-
mann über Spcier nach Strassburg und brachte von hier aus einige
grosse fisten mit Urkunden nach Mainz. Das alles hat eidlich be-
stätigt der dortmalige pflichttreue Archivwärter 6. Ludwig Pfeifer,
wekher sodann auch m Speier als emm ebenso treuen wie teauch-
baren AichiTdlener sich bewärt hat. Der von der baierischen
Regierung desshalb angestrebte Prozess wurde aber dadurch ge-
schlichtet, dass Bodmann's Erben freien Verzicht thaten auf ihren
reichlichen, mitunter sehr kostbaren Urkundenschatz. Dies nur ein
Beispiel von dortmaliger Sorglosigkeit.
Noch 1824 beklagt Ix^richtüch Archivar Gayer in Speier den
vernachlässigten Zustand der mainzer Archive, woher auch im Kreis-
archive der Pfalz die vielerlei Lücken, zumal in den herrschaftlichen
Gruppen. Auch die unter französischer Verwaltung vollfnhrten Aus-
sclieidungen in den rechtsrheinischen Archiven waren äusserst unvoll-
ständig. Die Konmiissäre, lediglich Domänenlxii inten, hatten bei
all' ihrer Fachkundigkeit doch nur den augenblicklichen Vorteil ihrer
Verwaltung im Auge, nicht einmal den des Verwalteten selbst
Was aber galt ihnen geschichtlicher Wert der Dokumente? Dann
wurde das Ausscheidungsgeschäft zu sehr übereilt, an die Sicherung
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122
Schandein:
selbst der ausgcliändigtcii Archivleile dadilc man niciil. Das er-
klärte tncb schon aus der uurmeOilkdieii ZugängHchkeit des Depar>
tementalarchWes, nicht minder aus den öfteren sehr bedeutenden
AktenabUeferungen an das ArtUlerielaboratoriimi! . . .
Im Juni 1814 wurde Mr. Lafare, direetav des ponts et cfaans-
s^ au^ordert die von ihm zur Mitnahme eingepackten banamt-
liehen Akten und Pläne zurückzugoben an die gemeinsame Lande»-
verwallunp- zu Kreuznacli. i Oberbaudirdctor Oberst Geigens voll-
zog im Augu-t (lio Ausscheidung der vermengten Papiere, Pläne
und Scliriflstücke der '^'erneinschafllirli österreichischen und preussi-
sclu n Fcstunpsverwalluug. Unter den Franzosen zu Mainz entstand
nun grosse Verwirrung. Schon vor dem Einmärsche deutscher Truj)pen
hallen einzelne Beamten das Weite gesucht, zugleich aber mitge-
nommen und in Sicherheit gebracht alle Manualien, Register und
soostigm Dokumente der franzfisiscben Resepturra, n&mlich alle jene
Schriftstficke, von wdchen für Frankreich etwa noch Vorteile zu
hoffen. Nach Uebergabe der Festung Mainz an die Deutschen fehlten
die Raster zur Herstellung eines Gesammtnadiweiaes vAtet aus-
stehende Pacht- und andere Schulden, über Kapitalien , Erb- und
Grundzinse, Holz- und Strafgelder, über verheimlichte Staatsarfälle
U. s. w. Zalunffdiigkeit mancher Schuldner, desgleichen bevorstehende
Verjärungen machten die sofortige Rückgabe dieser Verzeichnisse
besonders erwünscht.
Nach Landau, der noch französischen Festung, hatte man eine
grosse Kei he von Registern und Manualien eiligst gellüchtet, und von
hier aus wieder vieles nach Sirassburg. Diese Schriftsachen ver-
traten vomämlich Torderpf&lzische Kantone. In Metz, der Moseldeparte-
mentsstadt, lag eine bunte Hasse von alten und neuen Schrift-
stflcken aus vielen Teilen der Pfalz; desgleichen in Sargemund, auch
in Sarbrficken. Allein schon auf dem Transport nach Metz hatten
französische Truppentröramer ihre nachträglichen Ileldenthalen an
unschuldigem Papiere verrichtet: Säcke wurden aufgeschnitten und
entleert, der Inhalt verslrent oder verbrannt. Der gerettete Rest,
na< Ii Zweibrücken verbracht, kann dann an die bezüglichen Aemter
zurück.
Immerhin verblieb in Mainz die Mehrzal clor Akten. In letzterer
2!eil wurden wegen verlichiter Slaatsgefälle und anderer Domanial-
sachen solche häufig und nicht ohne wechadseitigen Widerspruch
verlangt, sogar auch verpackt. Zur Teilung des mahizer Archives
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Geschichte des RreisorcbiTS in Speier.
123
(infolge Verl nipos vom 1. Mai 1816) wurdf eine eigene Koniniission
von Prcussen. Baieiii und Hcsson-Damisladl aufgestellt: baierisclier-
seils zur Leitung der Ausliererungsaugelefjonhoit, zugleich zur Behand-
lung der staatsrechtlichen Fragen berufen Juslizrath Schleiiiiner
aus Speier. Unterstützt war derselbe durch den Domänen Inspektor
Alwens, welcher in fiskalischen Anliegenheiten sich bereits eine reiche
Erfarung gesammelt. Das DepartementalardiiT umftisste hauptsädi-
lich ArdiiTaliengruppen der genannten drei Staaten; denn was von
den eliemals henschaftliclien Archiven — sofweit sie nicht Aber den
Rhein geflüchtet oder sonstwo verwart werden konnten — in der
Pfiüz noch vorhanden, und was von Amts-, Orts- und anderen
Akten sich geeignet erwiesen — das alles musste nach und nach
zur Bildung des neuen Dcpartementalarchives nach Mainz. Auch
auf Grund des lüneviller Friedens sollten die auf das rediie Rhcin-
ufer geflüchteten herrschaftlichen Archivalien nach Mainz ausgeliefert
werden. Es geschah dieses unter der Oberleitung des StaatÄralhes
Jollivet, der zugleich mit der Ausgleichung aller fiskalischen For-
derungen zwischen der neuen französischen R^ierung und den
früheren Herrschaften betraut war.
Das Ausscheidungsgeschafl w arte vom 7. September bis 20. Novem-
ber 1816. Eine nach Verliältniss des wenigen Personals nur sehr kurze
Zeit ADdn es Ist zu bewundern die Arbeitskraft, die Hingebung,
die Ausdauer, der in jeder Beziehung schnell und sicher treffende
praktische Blick dortmaliger nicht zum Arddvdienst erzogener Be-
amten. Kurz — etwa 100 Kisten voll Archivalien gelangten als-
bald zur Regierung nach Speier. Ihr Inhalt umfassle nachbenannte
Herrschaftsgebiete :
1. Kuriifal;.. 2. Geistliche Administration. 3. Universität Heidel-
berg. 4. Herzogtum Pfalz -Zweibrücken. 5. Grafschaft Hanau-
Lichtenberg. 6. Bistum, Domkapitel, geistliche Stifter zu Speier.
7. Bistum Worms. S. Herrscliafl Scharfeneck (Löwenstein). 9. Mal-
teser Orden. 10. GralVcliall Falkenstein. 11. Nassau'sche Herr-
schafl Kirchheimbolanden und Stauf. 12. Fürstlich- und gräflich-
leiningen"schc Häuser. 13. Rheingrälliches Haus (Salm-drunibach).
14. Markgräflich - baden' sehe Herrschaft Rhodt und Grävenstein.
16. Ysenburg - Hillesheim (Gemeinherrschaft). 16. Präfektur des
Donnersbergdepartements. 17. Reiehskammeigerichtsakt^.
Diese Archivaliengruppen gaben den Grandstock des Kreisarchives
der Pfalz. War auch nicht alles in erwünschter Vollstfindigkeit, so
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124
Schandein:
lap: die SlIiuIiI kciiiL'sweg.s an unserer AiissclieidiingskoiMiiiission, (lifse
iialle ilas Ilu c geleislel. Doch die zu sehr beschlcunigle Arbeit, 'die
Unruhen der Zeil, der damals noch niclit ganz und klar erschlossene
Sinn für das Schrift wesen der Vorzeit — haben der I^iluiilun^' ur-
kundlicher Scliätzc namhaft geschadet. Alles was nur aussah wie
»altes Papia>c war eben wertlos, insbesondere unlesbare alte Hand-
schriften, selbst auf Pergamenk Der durch die französische Staats-
nmwälzung entzündete Geist lebte noch fort im Volk wie in gebil-
deten Kreisen — jener sOTglose Geist, der über Gegoiwart und
allernächster Zukunft so gerne der Vonseit Tergisst. Also ging
manches schöne Schriftrnal unwiederbringlich Twloren — aus Un-
kenntniss und Gleichgiltigkeit.
Vieles der Pfalz zuständi^je Arcliivmaterial geriet von Mainz aus
irripermassen nach Metz, nach SIrassburp: und weiter liinauf; anderes
wieder nach Nanzig, nach Paris und selbst in das hiiioic von
Frankreich, wo es in der Hc^vl verschwand. Selbst der Gewissen-
liafli^'koit unserer Kommission inoclitc ctwelches entgehen, was
spater ein Zufall entdeckte. Doch die unablässigen Reklamationen
brachten des Vermisslen wiederum vieles zui'ück.
II. Metz.
Mitbeteiligt bei der Auslieferung sind zunächst die Unlerpräfektur
SargemOnd (Sarguemines); ferner die Präfekturen der Sar und der
Mosel, erstere mit Ottweiler und St. Wendel; dann baierischMseits
Blieskastel, St. Ingbert, Pirmasens, Zweibrücken u. s. w.
Schon anfangs Juni 1814 waren aus Sargemünd zwei Kommis-
säre — Untcrpräfekt Jac(iuinol und Domaneninspektor Lacroix —
in Sarbrücken erschienen, um Siegel zu logen an die hier befind-
liclien Akten. Selbst die Registratur der chcnialigeii t'orstinsjiektion,
welche nach Blieskastel (sarbrückener Kreis) verabfolgt werden sollte,
wurde nicht verschont. Gegen solilion IJebergrifl' half nur die eid-
liche Versidierung : deutsclierseits würde nidits unternommen ohne
eine zur Ausscheidung bestellte Kommission. Dessenungeachtet legte
Jacquinot — wärend der militärische Besetzung Sarbrfickens —
am 19. Juni Beschlag auf die forstamtliche Registratur, welche die
mit Deutschland vereinigten Wälder urofasste. Durch diesen ein-
seitigen Vollzug des Friedensparagrai^en — zumal noch vor Zu-
sammensetzung einer gemeinsamen Gränzregulinmgskomrolssion —
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Geschichte des KieisarehiTB in Speier.
125
wurde der deutsche Dienst vielfach gelähmt: deutsche Waldungen
standen unter eigenmächtiger französischer Varwaliung, es fehlten
uns die Auszüge aus denjenigen Ueliersichten , Protokollen und
sonstigen Aktenstücken, welche die ehemalige Forstmeisterei Sar»
brücken belrafon.
Diesei^ unbilligo Gelü.slo der Franzosen wies die Adniinislration
in Kreuznach durcli Zuschrift an die Deparlenientaldireklion in Trier
entschieden zurück : keine Lande^;{ta^zelle soll übergeben werden vor
der CJränzreguliruii?, die Grundlage des Friedens soll unverrückbar
gewart sein, die altfranzösische Gränze soll bleiben. Alle zu Sar-
hrficken befindlichen Deutschland betreffenden Papiere sollen —
unter Vorbehalt diplomatischer Entscheidung — unverzüglich au»-
geantworlet; die Gemeinde und Waldungen, deren Landesverhält-
niss der Friedensvertrag deutlich bestimmt, von den Franzosen ge-
räumt oder doch wenigstens beiderseitig besetzt; jede Vereinnahmung,
jede Holz- oder Materialienabfuhr abgestellt werden. Ein Kommissär,
unterstützt durch einen forst- wie sprachkundigen Mann, sei abzu-
ordnen nach Sarbrücken, gegebenenfalls an den Sitz der einschlägigen
französischen Präfektur. Bezüglich des nötigen Aktenmaterials seien
auf gemeinsame Kosten Auszüge und beglaubigte Abschriften zu neh-
nien, der Bedarf von Spezial- und Generalakten zu erholen. Hievon
wurde zugleich der baierische Divisionsgeneral Delaniotte in Mainz
verständigt. Wegen der geiiieinsanien militärischen Besetzung habe
man sich an das Brigadenkonmianüo in Zweibrücken zu wenden.
Unaufliörlich waren die Vorbehalte seitens der Franzosen —
und fruchtlos blieben die Reklamationen unserer Gemeinden. Den
15. August 1814 erbat sich die Landesverwaltung in Kreuznach
von den Präfekturen Strassburg und Hetz die Auslieferung der nach
Frankreich (Landau und Metz) verschleppten Domanialpapiere (Donners-
hergdepartemeni): jedoch erneuerte Zögerung, besonders von Säten des
Departementalpräfekten in Metz, und zwar aus nur schdnbar gerecht-
fotigten Gründen.
Infolge »Ordonnance du Roi« vom 18. August 1814 wurde die
Unterpräfektur Sarbrücken aufgehoben und die Kantone Sarbrücken
und Ameval dem Arrondissement Sarguemines einverleibt: etwas
über dreiviertel der Gemeinden (lel an Deutschland , der liest ver-
blieb bei Frankreich. Und (lennoch wurde trotz entschiedener
Mahnung deutscher Behörden die Rückgabe des deutschen Akten-
materials regelmässig hingehalten oder vielmehr in der llolVnung
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126
Sehandein :
vereitelt, durch Venntttlung des gewandten französischen Diplomaten
in Wien wo nicht das linke Rheinufer zdrfickzugewinnen , so doch
das Vorrücken der Grunze bis zur Blies zu erwirken. Viele der
französischen Beanilcn hatten sogar ihre Registraturen eiligst aus
der Pfalz nach Frankreicli geflüclitet , um deren Hückgabe schliess-
lich nur gegen ein Lösegeld sich abzwingen zu lassen. So u. a.
wollte Mr. Ceillier, der VorgängiT dos K<>ntltearnteri in Pirmasens,
seine Registratur vorwiiiidlich nach Metz gerettet hahm — man fand
sie aber in Büsch. Gerichtlich zu deren Auslict'cniDg aiif<,M"fordert
erklärt Mr. aus Bilsch: dass auf des Domänendircktors Guyon Be-
fehl gleich seinen Kollegen auch er seine Registratur und zwar der
Stdierheit wegen in der Festung Bitsch deponirt hatte, und dass
nur auf seiner eigenen Behörde Gefaeiss er zur Herausgabe gewillt
sei. Was tbun? Endlich auf höheren Befehl lieferte der Bürger-
meister von Purmasens die dort hinterlegten Papiere nodi aus.
Die Abgräns- und Aktenaustauschverhandlungen werden nun-
mehr dngddtet Gleichwol verlangt 1fr. Jacquinot die Abführung
sämratllcher Schriftsachen Jiach Sargemünd. Deshalb wendet sich
mit Beschwerden der Spezialkommissär — Steueruispelctor Schmelzer
aus Trier — an die Gcneralkommission in Paris, bei welcher zur
TJeberwachung des Vertragsvollzuges österreichischerseits der Marquis
de Bombelles aufgestellt war.
Endlich muss Mr. Jacquinot sich zur Ausscheidung becjuemen.
Auch Herr Saal, der hiezu eigens abgeordnete Steuerkontroleur aus
Sarbrücken, hat fortwärend zu kämpfen. Erst nach vier Tagen
sind die französischen Siegel gelöst. Mittlerweile war alles hinweg-
genommen: die Bretter und Gestelle, die Tribunalsgcrätc, wovon
dreiviertel den Deutschen gehört, alle Schreibsachen, ja selbst das
Eigentum der Stadt Sarbrüdcen ~ der Ofen!
In Sargemünd hatte der Unterprftfekt bereits seme eigenmächtige
Ausscheidung beendigt. Hier war gelagert das angebliche »Eigentum
der Bewarungsbeamten«, hier fanden sich auch die sarbrückener
Amtsmobilien! Kommissär Saal bestand auf einer »kontradiktorischenc
Absonderung der nach Deutschland bestimmten Papiere, wogegen
unter Anrufung des GeneralstaaLsprokurators zu Metz der Staats-
prokurator in Sargemünd Einspruch erhebt. Abgetreten an Saal
wurden die Bergwerksakten, nach St. Ingbert Ijesthiunt, sowie nach-
träglich 30 Kisten mit Gemeindeakten: dessenungeachtet wird
im Kellerthale, das sicher zu Ueutscliland gelangt, Holz von <len
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Oesehiehte des Kreisarehivs in Speier. i27
FYanzosen gel&llt, die Gemeinde besetzt, ihr Bannbucli hinweg-
genonimon n. w.
Srhlie>slich verständigt sich Saal. Die französischen V^'crwun-
dolen und Krankon worden von Sarhrückon ans in das Spifal zu
Sf. Avold vorbracht, ancli die deutschf^ewordenen Geiiioindon hin-
rcichond oiitst hüdigt bezüglich ihrer Zakingen, welche Mr. (joinir-conrl
l)eini Einiücken der Verbündeten im Juli niitfortgenonmien, jedocli
bei der neuen Besetzung Sarbrückens durcli die Franzosen wieder
zurückgebracht hatte.
Indessen erfireute Herr Saal sich doch nicht des gehofllen Er-
folges. AOerdings standen nach St Wendel und Oltweiler zalreiche
Kisten bereit, und waren für BliedEastel 8 Kisten UnterfHrftfditur-
und 29 Kisten TribunaJsachen eriedigt: aUein es stockte der
Geschäftsgang in allen Ecken und Enden, immer noch wurden wich-
tige Akten, vomämlich Hypothekenbücher und dergleichen vermisst.
Dr. SiebonpfeifTer, Kommissär bei der Landesadministration, erklärt
(Oltweiler, 23. Juli 1815) das Abgelieferte als unerheblich: deshalb soll
ein neuer Spezialkommissär nach Sargeinünd und Sarbrücken. Jodo( Ii
alle Vorkehr will nicht recht fruchten: was noch immer beiseite
gescliallt werden kann, das wird versucht. Unter anderni verlangt
Dr. Siet>enpfeiiTer wegen vorenthaltener 4000 Franken die Verhaftung
des jetzigen Haire Rupied in SarMcken und wendet sich zuguter-
lelzt an den russischen General Wächter daselbst, um sich Recht
zu TOrechaffni geg«i den nach Frankreich entflohenen Maire.
Zur Empfiuignahme der m Metz verwartoi Domanialpapiere
u. s. w. für die Kreisdirektionen Kaiserslautern und Zweibräcken
ist Rentmeister Hul>er aus Winnweiler beauftragt; auch waren bis
dorthin die Akten aus Winnweiler verschleppt. Aus Bitsch berichtet
Hr. Huber an die Rhcinkroisregierun^' über seinen guten Erfolg
unter Anschluss eines »Hauiitinventurium über sännntliche in Metz
und in Ritsch vorgefundenen Urkunden und Akten«.
Auch in Paris lagen viele und nianigfaltige, dabei wichtige
Akten an höchsten Stellen verstreut. Ursprünglich nach Mainz ge-
sandt hatten sich dieselben verlauren nach SarlnNIcken, Sargemünd,
Hetz, Trier u. s. w., dann nach Weissenburg, Strassburg, vieles
davon nach Paris. Auf v. Recum's Veranlassung wurden selbige von
vielen Aemtem reUamirt, und kamen 1817 hievon wieder zurflck:
gememdliebe Stiftungsakten, Rhein- und Dammkarten, Domanial-
sachen u. s. w. Weil mit preussischen Archivteilen untermischt,
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128
Sehandein :
kam manches Stfick vorerst nach Trier, dann nach Koblenz, und von
hieraus an die zuständige, zumeist baierische Behörde. Auch 1819
und später wurden aui^liefi^ die vtm den Erebdirektitmen er-
betenen Forst-, Bergwerks-, Strassen- und Brückenbauakten. Der
unermüdlidie v. Recum musste viele Einwendungen besiegen, und
bald konnte er wieder ausliefern eine ganze iMasse teilweise sehr
anziolionder Arrliivsaclien, welclie dio vlalisfisclien VorliäIlni?;se ein-
zelner CJcmeinden, ihre Bevölkerung', Wohnung', Lebensmittel etc. be-
greifen. V. Recum's aintlichc llricfschaflen, vor seinem Weg|_'ange
von Paris am 20. Se|)leml)er 1818 der Rheinkreisregierung übersandt,
geben niUieren Auf5('hlus.s.
Desgleichen besasscn die Präfckturen Trier und Koblenz unzu-
ständiges Material: erster« die Akten der vom Sardepartemoit los-
gerissenen Kantone Kusel, Waldmohr und Blieskastel; letztere hatte
den Aktenverschleuss an die zuständigen Bdiörden. Hievon kamen
an den b. Rheinkreis die wichtigen »Akten der Koblenzer Forstkonseiv
vation« u. s. w. Ausserdem lagen hiw auch Urkunden und gesdbldil-
liche Dokumente. Sie wurden neuester Zeit an Baiem ausgeliefert
III. Strastburg.
Mit Slrassbui'g standen in lebhaf'ler Beziehung die Unlerpndektnr
Woissenburg. dann Laiitorbiirg und Landau. Ein Teil des niainzer
Prüfekturarchives war gleich anfangs nach Landau geflüchtet, hier-
unter auch für Metz hcstinunte Papiere. Anderes lag in Strassburg,
WeissiMil)urg und anderorts im Elsass. Unterm 30. Juli 1814 er-
suchte die gemeinschaftliche Adniinislralion in Kreuznach den 01>er-
präfekten in Strassburg um Aushändigung der vorerst nötigsten
Domanialakten, namentlich jener, die sich beziehen auf dte dem
Donnersbergdepartemeni zugefallenen, nunmehr der KreisdirekiioD in
Speier unterstellten Gemeinden. Auch hier im Elsass bei allen
Behörden viel Rfkkhaltigkeit — zumeist in Betreff der etwa noch
finanziellen Vorteil verheissenden Papiere — doch nicht in dem
starken Grade wie bei den Auslieferungsbeamten zu Metz, Sargemfind
und Sarbrücken.
Die zu Landau bestehende »österreichische Ziviladministration«
trat mit Strassburg und Weissenburg in Verhandlung wegen Rück-
antwortung jener Akten, welche das dui c Ii den zweiten pariser Pried«>n
von der Queich bis zur Lauter ausgetlehnte Stück Landes lietreffen.
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Geschichte des Kreisarcbivs in Speier.
129
Aii.^^clu'idiingskoinniissür war Dr. Lobsteiii, Sckrolür bei der Kriegs-
schuldenkoinmission. Seiner Vertrautheit mit den dortigen Verhält-
nissen, seiner angestrengten Bemühung ist zu y^tianto die
beschleunigte Aushändigung einer Blasse sehr erwfinschler Zivil-
standsakten , Rechnungen u. s. w. Auch in Strassborg war die
Unordnung eine sehr grosse. Gleicbwol hatte Dr. Lobstein etwa
30 nach Landau bestimmte Kisten mit Akten vorbereitet und hier-
Qber Inventarien zusammengtetellt. Lobstein aber, seit 1. Juli 1816
Gerichtsbeamter in Landau, wurde ersetzt durch Herrn Stenner,
Sekretär der k. k. Administration.
Sämmtliche für die Rentämter, Gemeinden ii. 5. w. aus^eschie-
(lono Dioristakfon liier namlinfl zu machen, würde ermüden. Bo-
srhiänkcn wir uns daher nur auf das, was seiner Natur nach (icm
Kreisarchive in Speicr zustellt.
Nach Strassburg waren gelangt sehr viele Archivahen über das
Bistum Speier und die Güter der ehemaligen Kon;^regationoii; Phiiie
und Akten des Hheindammes ; ein grosser Hauptplan des Bien-
Waldes in blechemer Kapsel; die wichtigsten auf die ehemaligen
zweibrücken*sche Lande bezüglichen Urkunden, Rechnungen und
Belege, sowie da Dcmanialakten cüe Menge, wdche nebst anderem
zu eiholen Inspektor Alwens den Auftrag erhielt Am 25. November
1816 kam dieser über Landau nach Strassbuig, am 28. erfolgte die
Ausscheidung und seine ZurCtekkunft am 12. Januar 1817. Laut
Berichtes vom 28. Februar wurden ihm extradirt :
Judizialakten der ehemaligen kaiserlichen Kammer zu
Speier — warscheinlich zur Zeit Königs Ludwig XiV. durch die
Franzosen nach Strassburg verbracht;
Urkiirulcn und Akten, rührend von den Stiftern in Siioicr,
naiMcntlich von din fürstlich -spoier'schen Oboränitern Lauterhiirg
und Kirrweiler, den Aemtern Dahn und Magdenburg und dem
weissenburger Kapitel. VMele dieser Akten , von den Franzosen als
völlig werllos beui'teilt, blieben ganz unangetai^tet. Hierunter solche die
den herrschaftlichen Bienwald sowie die Pfarreien und deren Einkünfte
betreffen. Die Beilagen zu den lauterburger Oberamtsrechnungen,
wol dem mainzer Archive entstammend, konnten — da sie auch
das jenseitige Lautergebiet umfassen ~ nicht zur Abgabe gelangen ;
Malteser Orden (Haus Halmbach). Nm* weniges dem
Aerare von Nutzen, indessen von Belang für des Ordens Rechts-
streit igkeiten aus dem Ende des vorigm Jartiunderts;
ArohiTAllMhe Zaltochrtft. II. g
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130 Schandein:
zweibrücken'sche Akten waren in jene von Speier
gemischt und konnten an Dr. Lobslein, welcher zur Zeil sünimt-
iiche zweibrückener Papiere übernommen, nicht ausgeliefert werden;
kurpfäUisehe und Geistliche Adiiiinistrations-
alcten. Diese rQhion teils ans dem inainzer Archir, teils wurden sie
von den Beamten der ehemaligen Geistlichen Administration in Heidel-
berg nach Strassbnrg ausgeliefert. (Behufs Untersuchung der durch
die französische Regierang in den niederrheinischen Kantonen yer-
äusserten Renten von wesentlichem Vorteil).
Ferner :
Inventarium fler ehemaligen Intendanz des Elsasses.
Vor der französisrhon Revolution waren ilie fiemeinden Landau, Nuss-
dorf, Queicliheim und Dannidieitn bei Frankreich; lüjer verschie<lene
andere Gemeinden, abgetreten durch die beiden [)ari?er Frie<lens-
verträge, hatte die Intendanz tlie Oberhoheit. Von diesen insbeson-
dere auf diesseitiges GelMet bezüglichen Alctm sind von hohem In-
teresse die Verhandlungen Uber die Geraidewaldungen, welche
die gegenseitigen Rechte und Ansprüche der genossoischaftlichen
Gemeinden vollstfindig «läutern.
Prfifekturakten. Nach Ausscheidung der älteren Archive
wurde begonnen mit den neueren:
I. Division: >A llgemeine Verwallun pft. Trotz der Un-
ordnung bliel) kaum etwas für Gemeinden oder Privaten be-
deutsames zurück :
n. Division: »Bureaux des «''migres et des domainesc.
Die Aus?(lifi(]iing unifasstc 1. die von der Zenlralverwallung,
dem Präfekturrathe und den» Präfcktcn gegebenen Entschei-
dungen und Beschlüsse in administrativen Justiziullen; 2. Ori-
ginalprotokolle über Veräusserongen der Staatsgüter jeder
Art; Arr6tds et IMcIskms behielt man jedoch ttilwdse
zurück. Die Verkau6protokolle der Nationalgüter worden
fk-anzOsischerseits sehr genau untersucht; auch die Hermagabe
der ProtokdDe über den Verkauf der Gemeindegütcr, welche
die für das ganze Departement vereinigten Verkäufe berassen,
wurde trotz des Friedensvertrages verweigert bis zur Entschei-
dung des frati/,(isischen F"'in[inzministers, und zwar ans llr-
saciie der in ijciden Landesgebieten wohnhaften Steigerer, um die
allenfalls noch diesseits ausständigen Kaufschillinge mit Nach-
druck Ijeanspruchen zu können. Sie wurden 1818 reklumirt.
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6«9chiehte des Kreimrehivs in Spder.
131
Akten und Papiere dci D üniänendircktion. Nicht voll-
ständig ausgolieforl und zu rcklaniimi bliGlx}n :
1. die amtliche Korrespondenz mit den Ober- und Untep-
behörden und
2. die Abschriften der Verkaufskontrakte von Staatsgütern,
die der Arr^t^ und IMcteions des PrtfdEtumflies. Nach der
schriftlichen Erklftmog des Domänendlrektors Labarre war die
Korrespondenz im Dienste noch nötig und konnten die Ab-
schriften, als Belege bei den Dominenbureauz, nicht auf-
gefünden werden;
3. Aassflge aus dem Sommie^gäiM der »Prix de ventes des
biens nationaux etc.c;
4. die von Verifikator Bruncment zurückbehaltenen Register
von Gemeindegütern. (Von der Rentei Kandel am 15. Dezember
1816 nach Speier gesandt.)
Akten der Forstkonser v al ion und dos Krcisinpronicur.s.
Der Domäneninspektion mit doni Bomorkcii ziipcstclll: das noch
Vermisstc habe seinen Grund im bösen Willen wie in der mangeln-
den Umsicht französischer Behörden.
Dem Alwens'schen Berichte ist angefügt das ausführliche »In-
vcntaire des iitres, papiers, pieces etc. provenant de la chambrc
imperiale de Spire et autres, dont la ränise doit £tre efliecluce en
vertu du traitä de paiz de 20. Novembre 1816 au gouvemement
Bavarois sur la rive gauche du Rhin«.
Die Strom- und Deichkarten fiir das Gebiet zwischen Queich
und Lauter, bestehend in minutvten Ueberscblfigen, Auihahmsproto-
kollen über Wasser- und Wegbauarbeiten auf Rechnung des Staates,
des Departementes und der Gemeinden, waren — letztere an diese —
ausgehändigt. Uebrigens war eine Stromkarte von Daxland ii. s. w.
aus dem Jare 1811 vorhanden; von einer andern Rheinkaile. —
Urs()rung bis zur (Iränze des Donnersbergdeparlenients — Einsicht
lind Abzciclmung ^'estallel. Ks wurde iK'inorkl : seit 1792 sei eine
Kurte des Riieines iVanzösischcrseits nicht aufgeno: innen wordon.
Infolge vielfacher Reklamationen mehrt sich die Akteiiauslii fei ung.
Anfangs ISltJ wurde in Paris zurückgefordert eine Reihe 1760 auf-
genommener, auf sudplalzische Gemeinden bezüglicher Forslplüne,
welche das »Annuaiie politique du Bas-Rhinc vom Jarc Vill ver^
zeichnet.
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'l32
Schandein:
Kalmar.
Nach der Hauptstadt des Obcrrlioincs liatton — wie Dr. Cotta,
k. Sokrelär und chomaliger Aicliivar zu Sliasshuig, aus Landau
untorni 23. Seplruibcr 1819 berichtet — Forslpläne von unler-
el.süssischcn Gemeinden sich durch werhselseitige.s Versehen verirrt:
er fand diese in einer Kanuner der ehemaligen Intendanz. Hio^
unter einzelne ?on Entscheidung für die bevorstdiende Gränzberich-
tigung. Umgekehrt lagen Staatswaldpiftne des oberrheinischen Depar>
tementes in Strassburg.
Unterm 14. November 1829 wurden auf Antrag des Ic. b. Staats-
ministeriums des Innern aus dem Dcparfoiiientalarchlve des Obet'
rhemes ausliefert die die ehenialigtn llausangelegenheilen von
Zweibrückon und Rapollstoin (nilx^iuiiit rip) betreffenden Archival-
akten mit Vcr/t'icliniss : Kxtrail de I liivcntaire-Sonmiaire dos titres,
pit'ct'S et papirrs i(<lam«'> par la rour de Munidi, faisanf iiartic
du dcpöl f.'<'ii('ral «ics arcliivos d(''|)arteMienl du Haul-liliiu, « t notuui-
ment des archives de Ftiboauville.
Weissenburg.
Von Qouvemcmentssekretlr Dr. Siebcnpfelffer schon am 3. März
1816 beauftragt Qbemahm Herr SIenner die zu Weissenburg (Unter-
pr&fektur) gelagerten Akten, betreffend das Steuer- und Reclmungs-
wesen der Gemeinden zwischen LAuter und Queich. Sonst noch
vorhanden war eine grosse Menge von Verwaltungs- und andmn
Akten.
Bereits im Au[;usl 1816 war Domancninspoktnr Alwons orscliioiion.
Ausser den Douianialpapieren hatte er hauptsächliciies Anponinrrk
auf solche Schriflsathen, welche die Forderungen der Gemeinden und
Stiftungen an die französische Regierung begründen. Alwens bezeugt
berichtlicb die auch hier faiWeinenburg entstandene, sehr unangenehme
Aktenverwirrung, die 61eichgHli|^t der Beamten» so dass das Ans-
scheidongagesehSfl grösstenteils ihm selber zufiel. Gleichwol eriangte
A. einige sehr wesenükhe Aktenstücke und in einem betendem Lokale
gleichfaUa auf dem Boden verstreut »die Akten der ehemaligen Di-
strikte des weissenburger Bezirkes«. Von Forstinspelrtor Lorenz
kamen /nrück Forstakten und Pläne; unorlangbar war aber ein »Plan
der Obern Mundal« wegen ihrer noch zu Frankrdch geh&«nden
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G«Bcbichte des Kietiarcbm in Speier. 133
Ttilo. In .sciiiciu Narlitragshericlite vom 'J8. Februar 1,S17 boiiiorkl
Alwens noch: die französischen B^'honlen liiiUen hclräclilliche Suni-
men nicht nur nach der Ablrctun^x (30. November 1815), soiideni
aucii nach der Besitznahme des Landes dun h die provisorische Re-
gierung (10. Dezember 1815) je nach Unislunden sogar zwangsweise
an sich gezogen. Eine Reklamation der dem Aerar gehörigen Gelder
sei geboten, wenn auch — da die Mehizal der Schuldner In f>ank-
reich wohne — durch Sequestrirung ihrer diesseitigen Gfiter und
GeQlle.
Lauterburg.
Uober Pläne und Akten bezü^rlirh der Waldungen gab der Forst-
insj)ektor Oerlei nur unvollsländip« Auskunft: seine wichtigsten
Anitspaj)iore und ein Teil seiner .Mobihen seien ilim geraubt oder
auch verbrannt worden auf der Bienwaldmühle bei Laulerburg, und
zwar beim Uebergang der verbündeten Ilcere. Indessen wurde davon
das Meiste, wenn aucli mit Widerstreben ausgehändigt und gelangte
dasselbe nebst ' »Verzeiehniss der mit dem Forstbureau förstlich
speier'scher Kameralakten zu Lauterbarg gewesenen Forstaktenc u. s. w.
zum Oberforstamte m Speier.
Landau.
Landau wurde der Hauptsammelplatz der niederrhemischen
Aktenbewegung. Die grössere Ifasse der übeihaupt dabin geflöch-
leten, wie der aus Strassburg und anderseitsher zuruckgd^tetra
Akten, zumal jener finanziellen Belangs, sollten von hiesiger Kreis-
direktion verteilt werden an die Regierung und übrigen Aemler.
Dass bei solchem fast unübei selil»areii Papiorzusammenlauf eine be-
dauerliche Verwirrung eingetreten, wird leicl.t erklärlich.
Zur Ausscheidung und Empfangnahme der anfangs eingelaufenen
Akten erschien deutscherseits als Konunissär Voiifikator Hepp, ihm
gegenüber Mr. Jaconiin, der fran/ösisciie I)omüncninst)ektor, der jedoch
auf sein Landgut nach Glciswcili i' zieht und endlich abgelöst, otler
vielmehr erlöst wird durch Mr. Brunement aus Strassburg. Mr. Ja-
comin, dessen Wohnsitz eigentlich in Zweibrücken sein sollte, war
, im ganzen dn leutseliger, zutraumdo* Hern hatte er ja seine Effekten
und all' seine Siebensachen, mit diesen aber auch die amtlichen
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134
Sebandein!
iVklenkisl( n in seines Schwicgervalers (des Garde-maga/in Mr. Dnr-
llu'Ieiiiy) ÜL'luui-Junj: untorgebrachl. Allein welch' eine Verwirrung!
Eechls und links standen die Kisten herum, unter der Stiege und
liochoben auf dem Speitlier, in allen Winkeln dos Hauses — manche
sogar waren geöffnet. Slenipelblättcr wnnl« n onlnornmen , wichtige
renlauitlicht' Akten zu Tüten und /.um Einwickeln verbraucht — der
Verlust ward beträchtlich.
Die Gränzrcgulirung war noch nicht vollzogen. Hepp arbeitete
mit grossem Befleis, mit Geschick mid Erfolg. Schon Ende Desembers
1814 — unter Vorbdialt der für Franlveich nötigen Aktenauszöge
a s. w. — gingen drei Fuhren mit Rentamtsakten an die t^trefBendm
Adressm; ^e Kiste war nach Mainz gerichtet für die Domänen-
direktion.
Von Strassburg und andercHrtsher, sowie unter der kaiserlichen
Zivilverwaltung aus Mainz, war nach Landau allmälich eine grosse
Menge von Urkunden und Akten gekommen. Schon 1816 halte
Ür. Lobslein eine Reiiie von Protokollen, Hauakten u. s, w. an
Deutschland übergeben ; sie waren unter entsprechenden Rubriken
in ein Verzeichniss aufgenonuiieu. Indessen all' diese verschieden-
artigen Aktenstücke gehörig zu sichern, zu sichten, zu ordnen, dann
den hezOgUchen Behörden richtig zuzuteilen und mit Glück zu ver-
senden — das war eine Aufgabe, deren Bewältigung die dortmafigen
Zeitrerhältnisse unendlich erschwerten. Hehr als einmal musste
Stras^uif von Landau, mehr als mehrmal Landau von der R^ie-
rung in Speier ermahnt woden zur Ahsmdung der Ifingsterwarteten
Archivalioigruppen. So war unter anderm die 1816 m Strassburg
übernommene, für das Archiv bestimmte Abteilung von pfalz-zwei-
brückener Kameral- und sonstigen Akten nach etlichen Jaren noch
nicht vollständig oingetroflen in Speier. Dann wurde der angebliche
Aktenempfang auch öflers bezweifelt und deshalb wiederholte Nach-
forschung im Archive. Das aber lag gewiss nicht in etwaiger (ileich-
gilligkeit der Behörden — sondern es hat sich zur Zeit eben nicht
anders gemacht
Aus der Kreisdirektion Landau wurde 1816 em k. baierisehes
Landkommissariat Schoo der häufige Verwaltungs Wechsel hatte diesem
Amte viele Arbeit verursacht Diese wuchs immer mehr mit der wach-
senden Akteneinsepdung. Der obwaltende IGssstand wbd von der
Behörde in Landau spilter damit entschuldigt: ÄeT Aktenversendung
selbst sei nicht immer die richtige gewesen. Zum Transporte
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Gewhichte des Kreiuiehivs in Spder. 135
nach Spoior nainn man nicht eigene Fuhren. So wurden die sämml-
li(ht'n l'apiere der vormaligen österreichischen Ziviladmiiiistralion,
jene der dann eiligst organisirleri Kreisdireklion Landau , sowie die
vielerseit.sher eingelieferten Akten, welche ohnehin nicht alle zumal
aufgestellt waren, nur zeitweise und dann nur gelegentlich nach
Speier versandt. Hiexu der schnelle Wechsel des für solclie Arbeit
nicht immer geeigneten Dienstpersonals ; die übergrosse Geschaflslast
des Amtes, dessen Vorstand ohne die dringenden auswärtigen Auf-
gaben in einem einzigen Jare an 20,000 Gescbfiftsnummeni au&eigen
iconnte! In Strassbnrg selbst waren die Auslieferungspapiere nicht
geordnet. Die beladenen Aktenfuhren mussten aber von Landau
über Gennersheim nach Speier, und ging auf diesem Wege bei der
ohnedies sorglosen Ueberwachung gar manches verloren. Wd auf
Immer verloren : denn in Landau, wo sj^iec alle jene Verwarungs-
räume eine bedeutende bauliehe Veränderung erlitten, wird jetzt nach
bisheriger Erfaning die Nachforschung eine vergebliche bleiben.
Auch in Speier hatio sich die vSuche nach Vermisstem vielfach
erschwert: die V'ergleichung eines ursprünglich nur in Eile gefertigten
Inventariums mit den später ganz anders aufgestellten Akten, welche
anders rubrizirt unil anders bezill'ert werden mussten, ist nicht wol
zulässig: darum die Verluste auch nicht in der vermeintlichen Grösse.
Der verantwortliche Amtsvorstand in Landau, wiederholt von der
Kreisregierung in Speier erinnert, berichtet unterm 12. Juli 1826:
auch eine erneuerte ArdiivaliamachforBchung in Pirmasens sei erfolg-
los geblieben. Zudem noch versichert der Landkommiss&r in Berg-
zabern, welcher bei der Auflösung der Kreisdirelition Landau als
Assessor mit der Aktenausscfaeidung beschäftigt gewesen, inbesthnm-
tester Form: der Archivallen und Akten aus Strassburg habe nichts
sich verloren wed^ in die landauer Registratur, noch m die einer
Gemeinde. Kin gross« Teil des Papiermaterials sei abgegangen mit
Fuhren, welche die im Revolutionskriege nach der Festung Landau
geflüchtete spoiorer Dombibliothek, die unter dem nämlichen Dache
verborgen, abgeholt hätten: ein anderer Teil sei fortgeschalTl worden
durch die Fuhren nach ( Jermersheim. Uebrigcns — zur Berichligmig
eines Irrtumes — seien 1816 nicht die Akten aus Strassbui-g, son-
dern jene der Österreichischen Ziviladmiiiistration nach Speier gelangt. —
Am Regierungssitze iu Speier war man längst schon bedacht
auf Errichtung eines Archives für den baierischen Rheinkr«s.
Ermangelung einer passenden R¨icfakeit wurde hiem ausersebep
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136
Schandein:
• i'in filliTcs Hans, tias 'l'riliuiialvfliiiiuir. zuletzt auch zu umli-mi Zwcrkon
verwciidol : rs bot im Kr(l;.'rsrli(>-sc jcducli nur zwei bis drei Ziiiuiitr.
Juslizralli Scliloiiinicr, von -filier Seiidunp aus Mainz zuituk, üljer-
iialini von 1817 an die Verwaltung. Sein Schlussbericht über seine
Iilrfolge in Mainz schildert ebenfall? die Unordnung in den dortigen
Arelitven. Die Altten der vor 1793 bestandenen Verfassungen waren
mit Ausnahme der zweibröckener Abteilung völlig ▼erwirrt, selbst
nach der Verpackung fanden sich noch viele Akten, Karten and
Pläne verstreut in den Archivsälen. An Präfekturarchivalakten erhioll
er über 200 Kisten. Schlemmer war nur etwa 37 Tajre in Mainz.
Wol bestanden Veraeiehnisse des Deiiarlementalarchives , die eine
Grundgruppe war in sieben IIaui)tableilun'ron frobracht. die andere
uuilasste auch aus^erpfalzisclie IIorrschafls;xel)iete: allein zu Si)eier
bedurfte das einer anderen Ordnung'. Im Archivbau wurden zunächst
untergebracht die Ar« liivalienheshiiide aus Mainz, daim das wärend
1817 aus Stru.ssburg eiugelangle .Material. Mit der Ausscliuidung
der für die Kreisregierung zum Amtsgebrauch dienenden Stücke wird
begonnen. Der bewärte L. Pfeifer aus Mainz wird Diener und Dimv
nist mit 400 Gulden. Des Archives Aufstellung (in die Packkisten
aus Blainz) geschieht vorläufig nach den geschichtlichen Zeitabschnitten
des Landes, innerhalb dieser wird sie nach Gegenständen geschieden.
Immer neuer Zuwachs, allein des Hauses oberes Stockwerk bleibt besetzt
durch das Medizinalkollegium, sowie später durch das Katasterpersonal.
Ein ständiger Archiv^'eliilfe wird nun erstes Btnlürfniss: der Kalkulator
J. N. Fischer als solcher l)erassl sich mit der i'rsten Aufstellung und
einer nur olKTtlächIi( li(>n Verzeichuunf/ uml Hepertorisirung zunötigst
des französischen, dann des plalz-zweibrückener Aieliivleils, Anfangs
1818 besorgt der I. Regislrator P. Gayer die Ordnung der militärischen
Sachen und Justizrath Schlemmer, zum Fiskalrathe berufen, wird
vorläufig vertreten durch den Regierungssekretär Sonntag. Gleksfa
nach 1819 beginnt die erste planmässige Archivalienaufstellung und
leistet hierin Regierungskonzipist Lacher in den fip^n Nachmittags-
und Abendstunden in der That aussergewöhnliche Dienste. Auf>
gestellt werden weiter 3B Verschlage mit Kameralakten aus dem
Domänenbureau, und ein Generalrepertorium ist in Angriff ge-
nommen.
Indessen eri/ibt sicii als dringendes Bedürlniss die Anstellung
eines eigenen, selbständigen Archivvorstandos, und unterm 23. März
1820 erhält die Verwaltung der vortrefliich bewärte Regierung»-
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Geschieht« des Krasarcliivs in Speier. 137
lofrislralor Fötor Gayor mit einem NoIm/hIk'/ii^m' von ;j(MJ (liildm.
Erst iiacli wanncr Vorwendunp wiiil (k'i.sclbi- uiilonn 17. boiiti-ialjor
1823 zum wiiklichiii »Kroisaiciiivar« mit 120U 11. und 2(K> fl.
ilomunoraüon aus dem Kreisfonds ernannt. Gayer orwies alle er-
wünschten Eigenscliaflen zum aichivalischen Berufe: seine geschicht-
iichen und spracUichen Vm-k^intnisse waren unteratfitzt und gefördoi
von unermfidlicher Diensttbätigkeit Bald ist Gayer mit dem Haupt-
inhalte des Archives vertraut und föllt es ihm leicht eine Uare,
zwednntspreehende Archivaliengruppirung zu treffen. Was inzwischen
<lie Krcisregicrung an Amtsakten vermisst, das wird softurt PÄlainirt
in Mainz, Strassburg, Metz, Landau, Trier, Koblenz u. s. w. Bei
der Aktenaufstellunnr wurden aber jetzt um so empfindlicher gefült die
vielen Lücken, worunter der noch nicht eifi[,'elaufeno grössere Teil
der Protokolle (auch AhsrhrifteiiJ über veräusserle Staatsgüter und
ähnliciier .Stücke, welche den Rechtsanlcil des baierischen Staates
näher berühren. Jedoch die Einsendungen versciiiedener Art mehren
sich ersichtlich. Seit 1817 bis 1826 und weiter hinaus liefen von
ähnlichen Ardiivsachen noch ein:
aus Paris: KatasterpISne und dergleichen; — die Verzeichnisse
der in dortigen Archiven und anderorts aurgefiindenen Akten, be-
treffend die routes et chaussto im Donneräiergdepartement;
aus Tri^und Koblenz: Rhdn- und Strassenbaukarten, baiwische
Katasterakten und Pläne;
aus Strassburg: zwei grosse Packe unbestellter Kopien von
Original Verkaufsprotokollen, die der Sekretär Wa^'cner gegen nach-
trägliche Vergütung gefertigt : Akten des Forstinspektors Oertel. dei-
Forstkonseivation in Strassburg, der fürstbischöflicii spcierschen Wal-
dungen, der Aemter Dahn, Magdeburg und AllsUidt ; dann Ur-
kunden und Akten der ehemaligen hitendanz des Elsasses. Nach-
träglich hiezu eine Rahe »Proccs-verbaux de ventes nationales etcc ;
ältere Bergwerkssachen (Konzesstonsverleihungen) und Bauakten, ab-
gegeben bereits 1817 durch den b. Liquidatiooskommissär t. Recum,
und vieles andere.
Im Jare 1830 erstattet der Archivar eigenen Antriebes um-
fassenden Bericht über den Erfolg seiner zebnjärigen Amtswirk-
samkeit.
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138
Schandeiii:
B. Archive und Registraturen
in Uaiern, in der ITuIz und im ührigeu Deiilscliland.
Auch aas dem Innern der Rln ii i falz dureh Behörden und
At'iiiter, aus Lagerstätten jenseitigen Baierns wie aus dem übrigen
DeuLschland erhielt das Kroisarchiv Spoior rasch nacheinander sehr
erfreulichen Zuwachs. Was eingangs der neunziger Jare, auch etwas
später über den Rhein geflüchtet ist worden, da» kam wenigstens
teilweise wieder zurück. Selbst einige Orlschaflon der Pfalz lieferten
ganz mierwai'tet selu* willkommenes Arcliivmaterial.
Die fhmxOdadiß ReTOlution mit ihren hng^ mid tJefiieiGfawiiken-
den Wehen hatte viele Rechtsdolnmiente verschlungen, viel anderes
Schöne nach allen Winden verstreut Schon 1792 wurden von herzogt
lich-2weihrfiekener Regierung aus ihrem Hausarcfaive grosse Be-
standteile hin- und hergeflüchtet, es folgten nach die Olier» und Unter-
aintsregistraturen und die Rezepturen mit don Besten ihres Inhalts.
Von Trarbach, zumal von Meisenheim aus gelangten die wichtigsten
Schriflsachen über den Rhein, zunächst nach Hanau, und mnss diese
Archivaiienllüchtung bei den Unruhen der Zeil sich fortcrstrockl
iiaben bis 1797. Hierüber stimmen verschiedene Naclirichteti so
ziemlich überein. Doch hören wir weiter.
Auf Grund des Friedensvertrages von Lünevilie wurde unlerni
26. Juni 1805 der Regierungsrath Lerse in Ifannheim mit der
Sondemng äsr hier bendiendai zw^brCIdEener Archivalienmasse be-
auftragt, sni^ch mit der Ausscheidung der die flberrheinisdie Pfalz
betreffenden Akten. Wir verbinden hier andere Erhebungen mit henffs
Berichterstattung aus späterer Zeit Nachdem bei den damals noch
in Uannhdm anwesenden zweibrucken'sclien Dienern Erkundigung
eingezogen, schreibt Lerse unter anderm an die Regierung in Speier:
von Hanau gelangle die grosse Anzal von Akten und Papieren 1802
zurück nach Mannheim (in das Kaufhaus). Die Akten, welche für
das französische Gouvernement ausgeschieden worden, übergab der
Koinmissür dem von Jollivet aufgestellten Ins])ecteur de Tenregistro-
ment et des doniaines Mr. Valdcnairc und dem Verilicaleur Mr. Bilder-
t)eck. Der zurückbehaltene Rest wurde der »kurpfalz-baierischen
Spezialkommission in zweibrücker Angelegenheiten« ubergeben; hier-
unter vorzüglich die neueren Rechnungen, welche den französischen
Beamten zur Festsetzung des Rechnuitgs- und Schuldenwesens un-
entbehrlich erschienen. Em anderer grosser Teil dieser Scfailfteii
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Utsjcbicble des Kreüarcbiva iu öpeier.
139
kam iiacli Mainz, 1803 nach Wirzburg, und 18Ü5 von da nach
München in das Haus- und Staalsarclüv.
Zufolge Reskriptes Tom 9. Mi 1804 waren bereits abgeliefert
212 Verschlage, worOber Bericht tooh 21. Mai 1805. Glelcher-
tnassen sind von den kiirpl&lzisehen Behörden ausgeliefert die Ober-
rhänischen »rheinpfiUzischen Aktenc, vorzugsweise die Rechnungen.
Abgegeben war aber noch nicht die zurückgebliebene grosse Masse
»rheinpfälzischer Akten«, welche von den französischen Kommissären
wenig beachtet, jedoch auch niclit reklamirt wurde seitens pfalzischer
Behörden. Dessen ein grosser Teil wurde nun ?on Archivangohörigen
und TOT fürstlichen Dienern um die Summe von 1600 Gulden als
Makulatur verkauft! Vermutlich waren darunter auch Doj^umcnte
archivalischen Wertes. Um 1600 Gulden in selbiger Zeit rauss diese
Papiermas.se schon eine ausserortlentliclie gewesen sein.
Indessen wai- in den Registraturen zu Zweibrürkeii noch zurück-
behalten eine grosse Masse von Akten und Reclmungen, deren
Flüchtung doch zu kostspielig wurde. Sie bestanden hauptsächlich
in Judizial- und Verwaltungsakten verschiedener Art Auf Weisung
des Departementalprftfekten hatte der Dom&neninspektor Mr. Jaconun
diese yerwarloste Aktoisammhing auszusdieiden. Mr. hingegra, der
Sprache und dieser Sachen nicht vollkommen kundig, fltierliess dies
leidige Geschäft dem »Receveur« Gessner, und wurde 1806 der
Ueberflnss versteigert. Dass es auch hier nicht gar so genau her-
g^fangen, lässt sich wol denken. Alles wurde zerstreut, nur die
auf die zweibrückener Anliegenheiien bezüglichen Schriftsachen blieben
zurück und wurden verschiedenenorts aufbewart. Es waren
1. Regiminalaktcn (kamen nach Bamberg); 2. Judizialakten
(niedergelegt beim Appellations^'erichto in Z\veibrück( n) ; 3. Kamcral-
aktcn (unter Aufsicht des Rentamtes) — ein Teil kam wieder nach
München.
Also wurde das Departemenlalarchiv in Mainz allmälich ge-
bildet, und liegen inzwisehen hcmerkwerte Nachrichten weiter nicht vor.
1815 reklamirt bei der Landesadministration in Worms der k. b.
HofkonmiissSr v. Aretin Akten des »FQrstUch Asehaffenburger
Archivesc.
Endlich sehen wir die herzoglich -zweibrQckener Archivalien in
Bamberg: der ScMossverwalter Richard hatte sie dorthin verbracht.
Ardiivar Oesterreicher, welcher bereits 1816 Verschiedenes an die
»k. Hofkommisskni zu Speier« versandt hatte, übermittette ein wich-
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140
Schändern;
tij^'es Archivs! ück lUriinzstivilij,'!«»'!!!'!! zwisclK-n Kiirj)faf/ utn] Baden
belr.« an «Iii- lllieinkreisri'gioiiin^'. Ziijjrl<'i<'li wiinlo bi-mcrkt, ilass
an tk'r ntTsti lluiig der zwi-ibrückcMcr Verzeiclmissc! llcis.sig gcnrbciU'l
werde, viele Gruppen seien schon fertig. Verzeichnisse zur Auswal,
auch Archivalakten folgten wärend 1818.
Ausgangs 1819 erhielt die Regierung' in Speier Verzachniss-
abschrifl über die an die französischen Kommissäre Valdenaire und
Bilderbeclc von der »Icurpfalz-baierischen SpeuaUronunission in swei-
kirficker Angelegenhdtenc ausgelieferten zweibruciLener Aldea dd.
Mannheim, 19. Mai 1805. Dieses die herzoglichen Aemler um-
fassende Verzeidmiss ist ein allgemeines und tragt nur Buchstaben-
bezeichnung. Ferner treffen noch ein unterm 20. Juli 1820 zwei dem
Staatsarchive in München entnommene Verzeidmisse der dort be-
ruhenden zwei brückener Lelienaktcn.
Von 1821 an bis 1828 wurden aus Bamberg nach Speier j.,'e-
liefert ein Band zweibrückener Akten; 1824 die I. Aktenreihe (mit
Ausnahme der von der preussisclien Regierung reklamirten Aliten
der Abtei Wadgaasen); dann folgten in mehreren Liefenmgeii die
übrigen Reginunalakten in 10 Kfisten. Nach Koblenz gelangten
7 grosse Kisten.
Unsere kurpfälzische ArchiTabteilung hatte es hauptsächlich
mit dem Grossherzogtume Baden zu thun, jedoch zeigte sich hier eine
Verschleppun'rT des Geschäftes. Vor 1793 wurden bekanntlich fast
sämmtliche landesherrliche Archive und Registraturen eiligst geflüchtet
nach Mannheim, Heidelberg?, Bruchsal, Rastatt, Ileitersheim und
Frciixirg im Breispau, auch anderwärts hin auf der rechten Seite des
Rheines. Nach der Archivalienauslieferiing an die französischen
Kumniis^äre (1805 und ISOß) verblieb jedoch an diesen Orten noch
ein belruclitlicher Teil, ils stand mithin an Aktivkapitalien, ver-
hüllten Staatsgefällen und dergleichen eine sehr bedeutende Geld-
summe iiOr die b. Rheinpfalz in Frage. 1816 erfolgte durch die
Rheinkreisr^ierung eine entschiedene Reidamation: die betreffenden
* Papiere waren (1805) ausgeliefert von Mannheim nach Mainz, von
Rastatt nach Strassburg. — Inzwischen gelangten (1817) aus dem
Landamle Mosbach 4 Kisten mit Akten des kurpfälzischen Oberamles
Kaiserslautern nach Speier. Wegen der noch ausständigen Aktiv-
kapitalien der Geistlichen Administration in Heidollierp:, der kurfürst-
lichen und Itisdiöfliclien flofkaiiniicrri in Mamdieim inid Speier,
sowie aller Klöster, Stifter und Orden begibt sicli ein Rcgierungs-
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«
Gefichichte des Kreisarchivs in Speier. \J^{
kominissär aus ^ier nach Karlsruhe: allein ungeachtet der beider-
seitig abgeschlossenen »Konvention vom 3. November 1820« sind
die Erfolge nur spärlich. 1821 Icommen aus Karlsruhe 18 Pfickc
mit Rorhnungon der hoidclI)cr{?or Adminislrntion, worunler wortlose
Lehensaclien und etliche Urknndon des TToi hsUflcs Speicr. In Mann-
heim, wollin man schon (1802) von Heidelberg aus eine Aictenmassc
verbracht halle, befand sich ein nmfan?lirli<T Bestand baierij^chon
Aktrnmatoiials. 1821 war dasselbe noch nicht anscrelicforl, Kndlicli
1822 werden hievon abj/cun hon 5 Verscldäge, jedoch von den PapiciiMi
der Depositen und Dienstkaulionen noch nichts. Erst nacli er-
hobener Iieschwerde in München ^'elangt an das Kreisarcliiv eine
lieihe neuer Akten und Ileciuiungen, worunter wiederum viel Un-
brauchbares. Indessen zeigt sich später eine grössere Wilißlrigkcit.
Von Urkunden und Archivalakten des Hochstiftes Speier war
in Baden sehr viel verblieben. 1802 lagen die Rechnungen u. s. w.
nodi in Bruchsal, liiid dürfte Shulicher Sachen ein ans^nlicher Teil
noch in Karlsruhe beruhen. 1810 kamen die Akten des Oberamtes
Kirrweiler, wdche (1790) der 1813 verstorbene Beamte aus Kirrweiler
nach Philippsburg geflüchtet. Den speierer Dom betreffende Ur-
kunden, Karten und Pläne aus Karlsruhe, sowie 5 Arcliivalieiikisten
verschiedenen Inhalts gelangten 1821 nach Speier. Endlich begab
sich Arcliivar Gayer (1830) nach Karlsruhe zur Uebernahnie einer
sehr interessanten Sammlung von Forstakten, vorwiegend den Bicn-
wald lK;trofTend.
Bezüglicli der Aichivalienausliefoningzwischen dem (i rosslierzog-
lum Hessen und IJaiern trafen sich die Kommissäre in Mainz. Das
tlortige Geschäft besorgte Regierungsrath Mossdorf, vormals Präfektur-
rath in Mainz. Ausgeliefert wurden (181 8) die Advokat Dufour'schcn
Papiere, die Konsbiptionsakten aus Mainz; 1823 die Akten des
vormals hanau-lichtenbergischen Amtes Lemberg; 1824 die im Do-
mänenaichive zu Haniz au^fondenen Urkunden und Rechnungen
und anderes mehr.
Auch Preussen, namentlich das Regierungsarchiv in Koblenz,
hatte laut einer Anzeige an den Bürgermeister 'm Kirchheimbolanden
(1816) zalieiche Urkunden und Akten verwart, betreffend die Kellerei
Alzei u. s. w., sowie eine grosse Menge nassau'scher und pfalz-zwei-
brückener Dokumente. 1817 erholte aus Kol)lenz ein Regierungs-
kommissar die ebenso reirhlidien als wichtigen »Akten der 28. Forst -
konservation«. Ferner erfolgten die noch 1817 in St. Wendel
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142
Sehandein:
frelagerten Akten dor Kantone Blieskastel und Waldmohr. 1824 lag
die Registratur des Sardeparteiiionts noch unan;^etastel in Trier,
jedoch gelangten 1825 zurück die Bergwerksakleri , und 1826 eine
Reihe von Ebernburg u. s. w. betrelTenden Archivalien.
Ferner hat die herzoglich nassauische Regierung sehr reichen
Zuwachs besofgt Aus dem Fllialarchive zu Weilbuig, nachdem bereits
das HaupiarchiT zu Idstein dringliche Alcten geliefert, erfolgten 1825
die Archivalien der ehemaligen Aemter Eirchheim und Alsenz In etwa
20 Verschlagen; 1829 Urinmden und Akten des trier'schen Lehen-
hofes; 1830 aus dortigen Archiven die auf die d. Leyen*sehen
Landesteile beziiglichon Schriftsachen, sowie aus Weilburg die Kirch-
heim und Alsenz bctreflenden Originalurkunden.
Eine der schöuslen Archivaliengruppen wäre das Archiv derer von
Leiningen. Es ist aber noch lange nicht vollständig. Von dor ffirstlirli-
leiningonsohen Vormundschan in Amorbach wurden 1812 nach Mainz
ausgelielcrt die Vonvaltungsaklen von 1758— ITG;") : eine uinfängliche
Verzoichni.s.sabschiiit neueren Datums verwart das Kreisarchiv Si)eier.
Was noch zurück, erlolplo in zwei Sendungen 1822 und 1825 durch
Hofralh Lerse in Mannlieim. — Die grafsch.ililich - fa I k en st oin'scho
Abteilung hat sich erweitert. Hei der von Ijaiern übernonnnenen
östeiTeichischen Markgrafschait Burgau wurden auch deren Archive
und Registraturen (1794) nach Gfinzburg a/D. geflüchtet, hierunter
auch hieher bezfigliclie Dokumente und Papiere. In 8 Kisten ver-
packt und dem Veriflkator Bilderbeck übei^ben gelangten diese Akten
nebst Verzeichnissen (1806) warscbeinlieh nach Mataiz. Hiezu folgten
nach in TorderOsteireichischen Archiven noch weilers aufgefundene
Akten, deren Esdradition die franzfisische Regierung seinerzeit nicht
verlangt hatte, u. a. Lebenherrschaft Landstui, Lchensachen zu
Freinsheim, Fusgönnhelm u. w. ; dann eine Aklenreihe von ge-
schichtlicher Bedeutung. Endlich kamen (t822) aus Dillingen, der
Dejwtregistratur, 4 Kisten mit Kameralaklen.
Schliesslich trafen von 1816 bis 1827 noch ein aus Wetzlar
eine Reihe von He ichskammergerichlsakten ; aus HaslatI die
Akten des vormals m a r kgr ä f 1 i ch - bn den'sclien Amtes lUiodt;
aus Mainz durch v. Nau narhträghcli aus<j:e<rliicdcne Akten des
Deuts c bor dens, sowie des J o h a n n i t er ordens aus Freiburg
und Wir/.burg. Von G e m e i n d e n der IMalz haben in diesi>r
Zeil Akten zugesandt : R o d a 1 b e n (1821) die auf der Bürger-
meisterei gelagerte Registratur des Amtes Grävenstein; ferner
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Geschichte des Krdsaichin in Speier.
143
(1826) Freinsheim (ehomaliges kurpfalzi^chcs Unteramt) eine
t)eträchtliehe Ma?se von Judizial-, Aiisfautei- und son?;lifTen Akten, lier-
rülirend aus dem Archive df^ Im llevohitionskriege ausgewanderten
Beamten Weber, in 27 Ki.slen (Uirch Hcntbeanilen Schanberg nacli
Speier verl)rachl. Endlirli infolge nefrieinn^' sauft rapres vom 17. De-
zember 1822 — ErliL'bung der Sal- und Lagerbücher und Uenovationen
betreffend — wurdm von den Rentämtern Edenkoben, Landau,
Pirmasens, GrCbutadt und Kusel eingeliefert Erfobestandsbriefe, Erb-
bestandsreverse und Rechnungen; SItere Ärchivalien; eine Sammlung
Domanialurkunden ; Rechnungen und Manualien der Tormaligen Aemter
Lemberg und Grävenstein; Rechnungen des Oberamtes Lkshtenberg;
schliesslKh (1827) vom Rentamte Kirchheimbolanden 13 Picke
älterer auf Nassau-Weilburg bezuglicher Urkunden und Akten.
Aufgefunden sind diese zu Kirchheimbolanden auf dem Speidur
des vormals fursUich-nassauischen Amtshauses vom dortigen Renl-
beamten.
Auf solche Weise entstanden und zusammengesetzt hatte nun
das rheinpfTdzisrhe Staatsarchiv an seinem Vorstände Gayer einen für
das Gedeihen und die Hebung der ihm anverlrautm Ansialt Ireubeeifer-
len Mann. Die meisten der ebenso verständig aii.Lrriegtcn als g{^
wissenhaft und prakliscli dureligefilhrlen Repertorien rühren von
seiner eigenen Hand, und sie bilden noch lieute die (Jrundlage der
Archivalieneinteilung. Oayer's Anordnungen und Einriclilungen, alle
seine Arbeiten zeugen von unverkennbarer Liebe zu diesem ver-
antwortlichen Amt, von Unisicht und Klarheit des ÜrteÜs, von ehicm
nicht gewöhnlichen Wissen. Hat Gayer seine schätzbaren, aus Schrift
und Erfarung gezogenen Kenntnisse auch nicht literarisch verwertet,
so kamen sie doch seinem Diensie, den Rechtsfoedärfiiissen des
Staates wie der Partelen zu gut. Sein Verdxmst um die fflr jene
Zeit ganz vortreffliche Herstellung des Arehives, um dessen Er-
gänzung der wackere Hann unaufhörlich bemfiht war, whd stets
anerkannt bleiben!
Mit Gayer's Tode, der im August 1836 erfolgte, srhliesst
sich ein Zeitabschnitt in der Geschichte unsers Arehives. Unter dem
21. Januar 1837 wurde es dem k. allgemeinen Reichsarchive in
Münrlien untergeordnet. Doch (»s begann eine niclit besondei-s günstige
Zeit; denn unsere Anstalt geriet rascli von einer in die andere Hand.
Lacher arbeitete gewohnten Eifers nocli als Verweser. Dann er-
schienen wärcnd eines JarzehcnLs der Vorstände, der Verweser und
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144
Sehandein:
selbst der Verwes^Terwcser nur zu vide. Der häufige Wechsel des
Amtspersonals ist nicht von Vorteil ffir ein Archiv, auch nicht für
(lo5J5?cn Benutzer. Doch wer kann bei sonst tauglichen Kräften gegen
Kranlchcit, fio|)ro>to und sonstige Nöten*:' Anrli i^;f niclif joder
zn diesem Ainlo heiiifcn. Der an sich nüchterne Archivdiensl vcr-
lan<rl poradi' neben liejrabnnf? noch eine iDesondere Liebe. Wer diese
iiiclif niilbriii'jf, dem enigebt der Setren der Arbeil. Denn nur di(^
iiiniiT'' l''r('ude an di(VPti <(briflliclien V'ennarhlnissen dfr Vorzeit
bieb't l'-isatz (ur den trcistig und leiblich an>lrent,'enden hinisl.
Aus jener etwa /.ebn- bis zwölfjäri^'en Zeit, einer Art von
Inlenegnuni, bleibt wol niclil selir viel zu bericbten über den inneren
Dienst. Docb wurde inzwiscben der Arcbivalienzuwacbs bedi-uleiul.
Dessen dienstliche Behandlung ist immerhin mit Arl}eit verbunden.
Von grösseren Archivaliensendungen sind bis etwa 1850 eingelangt:
im Jarel837 Ucberreste des ehemaligen zwei brückener Archivcs,
Justizakten aus einem Nebenzimmer des Appellationsgerichtes in Zwei-
brücken. Nach der Untersuchung im Jare 1805 wurden die wich-
tigeren Akten versandt nach Mainz, Trier und Strassburg, wohin
eben der Sprengel des zerstückelten Herzogtums Zweibrücken geteilt
war. Der grössere Teil war niehl besonderen Werte-. — Aus
Bruchsal trafen 1838 ein die auf den Bienwald bezüglicben sehr
belangreichen Forslakten und Pläne in 53 Faszikeln. Nicht minder
willkommen war 1839 eine grosse Pveihe vom FTansarebive in
Darnisfadt abgetretener Originalurkunden, die Grafscbaft Hunan-
Lichlenhorg befrellend — gegen sjudercn Au>lans(b. — Ein sehr
grosser Zuwachs erfolgte 1840: dies war der Aktenuusseliied, wel-
elien der lUiitbi anito K. A. Friek aus den älteren Scbriffsac ben
der ehemaligen gräflicli - vo n der Leyen 'sehen Herrschaft Blies-
kastel infolge Ilcgierungsauflrages gemacht bat. Diese Masse befasst
Verwaltungs- und Domanialakten, herrschaftliche Prozesse, Justiz-
pflege, Kirchen- und Schulgegenstände, Rechnungen; eine grosse
Reihe v. d. Leyen'scher Verordnungen u. a. m. Immerhm eine
dankwerte Archivalienmehrung. — Femer langten an: Justizakten,
betreffend kurpßUzische Aemter 1842--44 aus Mannheim; 1844
aus Wetzlar ein verbliebener Rest von Rdchskamroergericfats-
akten; — dann die in Koblenz beruhenden Aktoi, betreffend . die
diesseitigen Ortschaften des früheren sarbruckener Kreises; — • 1846
aus Fleidelberg die Oberkircbenratlisakten des kurpfalzischen evan-
gelisch-lutherisclicn Konsistoriums. Zu bedauern ist nur, dass nicht
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Gesehiehte des KrriBareidTs in Speier.
145
auch jene des refonnirten Eonsistoriimis — eine sehr empfindliclie
Ldeke — entdeckt oder ausgeliefert sind. Dann kamen endlich
noch Yerschiedene andere kleinere Sendungen aas Koblenz und Karls-
ruhe.
Gegenüber dieser erfreulichen Archivalionzunahme muss doch
schmerzlich borüliren der bedeutende Diebstal, welchen 1841 und
1842 ein pllicbtver{»ossoner Diener in fast allen Archivparzellen za-
wegogobracht. Das Gostolene, worunter eine panze I^oiho von Per-
ganienturkunden, hatte der Dieb nach Frankonthal und Mannheim
zentnerweise verkauft. Km unschuldiges üuuvickelpapier, von einem
k. Regicrungsbeamten in einem Laden zu Mannheim als ein Akt
des Archives erkannt, führte zur Entdeckung des Thäters. Der
gerichtlichen Einsperrung aul sieben Jare entzog sicli dieser durch
Flucht Wurde auch manche noch rechtzeitig gereitet — die
klaffenden JMsea bleiben für hnmer.
Dieser Vorfall hatte natürlich AuGsefaen erregt, und bedurfte
es doppelter Vorsieht, das beraubte Aichiv unter zuverlässige Leitung
zu stellen. Der Dienst, namentlich der laufende Dienst (iOr Regierung
und die Recfatsbedürfiiisse streitender Parteien, wurde genügend ver-
sehen, alldn Aussragewj^liches in Repertorisirung , Regestirung
und dergleichen zu leisten war ein«^ I 'imiö^'Iif hkeil, schon der häufige
Personalwechsel lioss es nicht zu. Endlich kam der politische Sturm
der Jaie 1S48 und 1849. Das Archiv lief mehrmals Gefar einer
Entfernung oder Zerstreuung seines Inhaltes. Gegen den nächsten
Anprall stand es so ziemlich gesichert, und ging zuletzt aus ße-
w^;ung und Wirrwar unangefochten hervor.
Der bisherige Vorstand, der seil 1847 die Anstalt geleitet, liess
1852 sich nach Nürnberg versetzen. Nun beginnt ein neuer Ab-
sclmitt.
(SebluM folgt).
ANhlTnUwIie ZeltaehrifU U.
10
X Die arcliivalischeD Sammlungen auf Schloss
Miltenbeig in Bayern.
Yen
Dr. L. Götze,
k. SUatsarehivar n Idstein.
Die archivalischen Sammlungen auf Schloss Miltenberg ent-
flammen dem Nachlasse des Nassauisclien Archivars Friedrich
Habel (f 18()7) und gehören jetzt dessen Neffen, dem Kreisrichtor
a. D. Wilhelm Gonrady. Haljel erkauf (c den grösslen Tlieil der-
selben von dem vormals kunnainzischen llnivirsitätsprofessor, Biblio-
thekar und Tribunalspräsidenlen Dr. jur. Franz Joseph Bod-
mann (f 1820), und bebanddte ihn während seines ganzen Lebens
— wie er sich ausdrOckte — als sein »litterarisches PHTateigen-
thumc , d. h. er varstattete keinen Einblick in diese reichhaltigen
Samminngen; und da er auch selbst nichts daraus bekannt gab, ja
trcrtz mdirfiidißr dfibutlicher und privater Anregungen nicht efaimal
zur VeröfTenllichung eines Inhaltsverzeichnisses zu bewegen war,
so blieb der Inhalt der Sammlungen fast ganz unbekannt. Ja es
wurde sogar versucht, lediglich auf Grund der Keimtnis dessen,
was andere besessen hatten oder besessen haben sollten, einen
Schluss auf den Inhalt der Milfenberger Sammlungen zu machen
ein Versuch, bei welchem es ohne Irrthümer, ganz abgesehen von
der Vollständigkeit, nicht abgehen konnte.
^ »Habel*« bandsdiriftlieher Nacbhmc, im XL Bande S. 886 %g. dnr An-
nalen de* NaanniaelMn Alterthnma- und Geeehiehbvenin&
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Die arehiTalisehen Sammlungen auf Schloss Miltaaberg in Bayern» 147
Man vermutlieto in Habers Besitz namontlich ein worlhvollcs
Manuscript des 9. nrlor 10. J.ihrliiindoi'ts : die vic'I;,'o.siulileii Tradi-
tion es B Ii dons laden SOS, deron Benutzung »lor Archivar Lan-
dau in Cassel zu wissenschaftlichen Zwecken begehrte, deren Besitz
Ilalx'l nicht in Abrefie stellte, und deren Nichtgewüluung dann in
den Jahren 1859 und 18G0 ein Gorrespondenzblatt des Gesannnt-
vereins der AltorthumsTereine zu einem ziemlich hitzigen Gonilicte
fObrte, wdefaer seiner Zeit grosses Aufisehen erregte Bfan ver-
muthete femer bd Habel eine grosse Anzahl anderer, auf das Gebiet
des Herzogthums Nassaa bezöglicher Arduvalien , und sp wurde
denn, da sein Erbe in dieser Hinsidit durchaus andern Grand-
sätzen huldigt als sein Onkel, schon i. J. 1868 der damalige Vor-
steher des Staatsarchivs zu Idstein Seitens des Directoriums der
Pieussischen Staatsarchive mit einer Untersuchung des »Habel'schen
Nachlassest, wie er gewdnlich genannt wurde, beauftragt.
Mancherlei Hindemisse, deren Anfühning icli als für die Sache
unwesentlich übergehe, stellten sich der Vollziehung des Auftrags ent-
gegen. Von meinen Voi^ngern vererbte derselbe auf niirli, als ich
vor einigen Jahren mein hiesiges Amt antrat ; aber aucli ich ver-
mochte nicht früher dazu zu gelangen als im Juli 1876, wo ich drei
Wochen lang mit der Dun hlbrsciiung dieser Schätze und Abfassung
der unten niitgetheilton Verzeichnisse ausschliesslich beschäftigt war.
Zunächst aber gebe ich hier einige Nachrichten ülier die Ent-
stehung der Sammlungen.
Wenn man von dem »llabersclien Nachlasse« auf Schloss
Miltenberg redet, so würde man im Irrthuni sein, wenn man dabei
bloss an eine Sammlung von Archivalicn denken wollte. Vielmehr
fmden sich dort auch Oelgemälde, Kupferstiche, Ilandzetchnungen
berühmter Meister, Incunabeto, Siegel, Mfinzen, Mineralien, eine
treflniche plastische Darstellung des Pfalgraben-Gastells Salburg bei
Homburg von sehr beträchtlichen Dimensionen (ca. 3 Meter lang)
und viele andere Gegenstände. Habel hat diese Sammlungen theUs
schon von seinem Vater ererbt und erweitert, theils selbst angelegt
und erworben. Die Sammlung von Ardiivalien hat er, wie schon
angegd)en, von den Erben Bodmann's, dessen Schüler er auf dem
') Uorrespondenzlilalt fttr 1859 Nr. l und 1860 Nr. 5. Wieder abgedruckt
in den Annaien des Naamuiaehen Qaehichtsvereins XI, 8S6 fgg.
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148 Götze:
Gebiete der Diplomatik gewesen war, gekauft und im Laufe der
Jahre nur wenig veigrOssert
Jedenfisüls ist der zu Miltenberg befindliche Theil von Bodmann^s
Sanunlungen das bedeutendste Quantum, welches zusammen ge-
blieben ist; denn einen TheQ liat er selbst nach Darmstadt ver-
kauft, ein anderer ist nach seinem Tode verschleppt worden, wieder
ein anderer an die Trierer Stadtbibliothek gelangt '), und noch an-
deres ist schon von Pertz — wenngleich vergeblich — in England
gesucht worden.
Wer aber nclc^'onhcit frchabl hat, auch nur den nach Millen-
berpr gdanglen Tlieil von IJodtnann's Urkunden -Abschrillen und
wissi'iisrhafllichon Ahhan<llunp'on , wchiio slels auf urkundlicher
(Jrundlaijo beruhen, /,u (lurchumslern , wer darauf ♦geachtet hat, wie
die Thätigkeil dieses Mannes selbst da noch ungebrochen blieb, als
sein Kiirper schon gebrochen war, so dass er nur noch mit zitternder
Hand die Feder fähren konnte, der wird dasjenige gerechtfertigt
finden, was Schaab, der Verfosser der CSesdiidite von Mainz, über
ihn urteilt:
»Mit beispiellosem Fleisse und seltener Geduld sass der
gelehrte Mann Tage und Nächte rastlos an seinem Arbeits-
tische, versagte sidi alles VergnOgen und beschfiftq^ sich mit
der Erforschung und Bearbeitung der Geschichte des gesammten
Erzstifts Mainz, das ihm zum zweiten Vaterlande geworden
war. Alle Archive von Mainz standen ihm während vieler
Jahre zu (Jebote: er durciisuchte sie mit Liebe, ausgerüstet
mit allen dazu erforderlichen Vorken ninissen, zu seinem Zwecke»
daraus eine pragmatische Geschichte des Mainzer Kurstaats
zu bearbeiten.«
So anerkennend tlicscs Urteil auch lautet, so sagt es doch noch
zu wenig; denn Bodmann hat nicht bloss alle Archive von Mainz
durchforscht und ausgelx'utet, sondern auch die Stifts- und Stadt-
archive von Worms, Sj>eier, Würzburg, liamberg, Augsburg, Eich-
sledt, Freisingen, Strassburg, Hagenau, Fulda, Trier, Cöüi, Essen,
Mfinster, und von vielen anderen Orten und KlSstem in Säd- und
Westdeutschland, z. B. auch von denen des Rheingaues; er hat
audi die Mainzer und andere Bibliotheken durchforscht und giebt
mehr als eine Abschrift ehies alten Necrologiums, welches er auf
Annalen des Nassaidsehen GcaehichtsTeniiu XI, 880.
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Die arebivaliacluui Sammlmigen auf Sehkiu MUtenbeig in Bayern. 149
einem Buchdixkel erspäht hatte. Auch in die Privatsammlungen
drangt sein forschender Blick; auch hier wussle er das WfM'thvolle
aufzufinden , und bei seinem inuuenseu FK'issc war eine solciic
Auilindung stets gleichbcileutend mit Abschriflnaiime und Aufnahme
in seme SanimluDgen.
Somit ist das obige Urteil von Schaab dahfai zu erweitom, dass
die Bodmann*8chen Saiiiinluiigen noch vieles andere als Maguntiaca
enthalten, daas aber, was besonders seine Arbeiten betrifft, die
Maguntiaca vorwiegen. In der That sind sie so reichhaltig, dass
ohne ilire Durchforschung nichts über Mainzer Geschichte gedruckt
werden sollte. AUecdings bin ich bei dem Mangel eines wissen-
schaftlichen Apparats auf Schloss Miltenberg ausser Stande zu be-
urteilen, wie viele von den in Bodmann's Sammlungen abschriftlich
enthaltenen Urkunden bereits gedruckt sind; audi würden bei deren
Massenhaftigkeit und der Kürze der Zeit dergU ichen Nachforschungen
nur ganz verein/.ell möglich gewesen sein. Wenn man aber ix'denkt,
welche Sciiicksale die Main/er Archive während der französischen
Invasion gehabt iiahen, wie inzwisclien inanrhes archivalisclic Ge-
bäude, z. B. das reichsritterschaflliclie Arciiiv /u Main/, i. J. 1793,
durch die Flammen und sonstig»' äussere (Jcwalt zrrslörl worden
ist, so liegt nichts näher als die Aniialinii', dass in Hodmanii s
Sammlungen sich gar manches vorfinde, was nur noch in dieser
Gestalt erhalten ist.
Wie sehr aber Bodmann darauf bedacht war, das dem Unter-
gang Geweihte möglichst zu erhalten, geht wohl am besten daraus
hervor, dass diejenig«i Idrchlichen Gebäude m Mainz, weldie die
FVanzDsen abzubrechen für gut fanden, vorher abzeich»^ und die
Zeichnungen semen Sammlungen einverleibte, wo sie sich bis heute
erhalten haben.
Aber nicht bloss durch seinen eisernen Fleiss hat Bodmann
seinen Sammlungen einen hohen Werth verliehen, sondern auch,
wie schon Scriba hervorgehoben hat , durch die tiefe Einsicht und
Kenntnis des germanischen Rechts und der vaterländischen (Josclii( hto
und, wie nicht minder betont werden nmss, durcli seine genaue
Kenntnis der Diplomatik und die damit zusammenliüngendu Zuver-
lässigkeit seiner Arbeiten.
Seit 1784 bekleidete er an der Mainzer Universität nc^ben einer
Professur für Jurisprudenz auch die für Diplomatik, und olme Zweifel
zum Gebrauch bei seinen Vorlesungen hat er eine beträchtliche An-
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150
Götze :
zahl ¥m Urkunden, namentlich der früheren Jahrhunderte, mit einer
solchen Genauigkeit ÜBUssimilhl, dass diese Gopien, wenn sie auf
altes Pergament geschrieben wfiren, selbst Kenner täuschen könnten.
Da ist kein mechanisches Nachmalen, sondern ein tiefes Hineinleben
in den Cbarakter der einzelnen Jahrhunderte zu erblicken.
Dasselbe gilt von den Tausenden von Siegelteidmungen, welche
Bodmann theils seinen Urkundenabschriften beigefügt, theils zu be-
sonderen Sammlungen vereinigt hat. Wie jene ohne weiteres dem
Setzer, so könnten diese ohne weiteres dem Lithographen übeigeben
werden.
Ausser diesen Er\verbun<ren, welche Bodmann seinem eipenen
Fleisso verdaniite, vf-rnulirlc er seine Saiiiiiilungen auch durch An-
käufe von Dri^niialien sowie von Sainmlungeii und Arhc^ih^n älterer
Gelehrten. Dahin gehitien die heraldischen und genealogischen Auf-
zeichnungen des Mainzer Donivicars (Jcorg Hei wich (1588 bis
1632 eines sehr lleissigen und zuverlässigen Forschers, die ür-
kundenabschriften des Barons Johann Christoph von Lim-
bach, die handschriftlichen Werke des Propstes Philipp Karl
Freih. von Greifenclau, des Wild- und RheingriLflidien Archi-
vars Christoph Jacob Kremer, des Mainzer Geheimen Raths
J. 6. Reuter (1737 — 1814), des Biamzer Professors Franz
Anton Dflrr (f I80ö), des Fürstlich Kirburgschen Regierungs-
und Archiwaths G eo rg Friedrich Schott (tl823), des Rhein-
gruf liehen Archivars Lichtenberg, sowie noch einige Sammlungm
und Arbeiten von anderen, deren Namen sich nicht fest?tellen Hessen.
In den meisten Fällen findet sich von Bodmann's Hand die An-
gabe, wann, von wem und zu welchem Preise er die Sachen ei>-
standen hat.
In dieser Beziehung ist ihm der V'orwurf witlerreclitlicher An-
eignung gemacht worden. Am weitesten gehl darin Böhmer, welcher
in einem F^riefe an Jacob Grinun vom '23. Oct. 1839 schreibt:
»Bodinann s Sachen sinil zum Theil, wie er sie durch
Diebstalil gewonnen hatte, auch wieder zerronnen. Habel hat
nur den Rest der hiesigen (Frankfiirter) Stadtbibliothek, als
sie ihn eb«a ankaufen wollte, weggeschnappte
Nach meinen Beobachtungen und Ermittelungen kann ich diesen
Biograph. Notizen in der Vorrede von Schaab's Gesch. der Stadt Mains
s. xxn.
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Die archinJischen Saromlangai auf Schlom Miltenberg in Bayern. 151
Behauptungen nicht beistimmen. Ich befinde niioh natürlich nicht
in der Lage, den rechtlichen Erwerb jedes oin/.ehien Slücks von
Bodmann's Sammlungen nachzuweisen. Wenn aber Br)linier be-
hauptet, dass Bodmann deren ganzen Inhalt gestohlen habe, so
beweist er damit nur, dass er die Sammlangen nicht gesehen bat;
denn schon ein flfichtiger Blick genügt , um den immensen Fleiss
zu erkennen, mit welchem Bodmann lausende von Urkunden aus
den Tersdnedensten Archiven zu bestimmten Zweckm «genhfinc^
abgeschrieben, nicht selten auch bearbeitet, mitOnnmentaren vers^ien
und die Siegel abgezeichnet hat; und die oben erwähnten Notizen
über den Kaufpreis so manchen Stückes, -die Bodmann natOriich
nur für sich sdbst darauf geschrieben hat, sprechen auch für das
G^ntheil.
Allerdings sind mir auch anderweitige Nachrichten zu Ohren
gekommen, dass er sich Original -Documentc widerrechtlich ange-
eignet habe, nämlich aus Kiedrich im Rheingau und aus Hagenau
im Elsass. Dort soll er das alte (iorii litsbuch, liier eine grosse An-
zahl Urkunden u. dgl. niitgeiioinmen haben.
Nun ergiebt sich allerdings aus den Miltenberger Sammlungen,
dass Bodmann auch in Kietirich gewesen ist und dort gesammelt,
aber nicht, dass er dort gestohlen hat. Er hat nämlich das Anni-
versar der dortigen Pfarrkirche und mehrere Urkunden des Pfarr-
archivs theils abgeschrieben, theils excerpirt; die Originale befinden
sich aber noch heute m Kiedrich und sind mir aus eigener An-
schauung bekannt. Das Kiedrichs Gerichtsbuch aber ist nicht in
Miltenberg, auch nicht in dem Katalog verzeichnet, auf Grund dessen
Habel den Bodnuum'schen Nachlass gekauft hat (s. unten); über-
haupt ist in Uiltenberg kein einziges Originaldocument aus Kiedrich
vorhanden,
Ueber Hagenau fmden sich allerdings, wie das unten folgende
Verzeichnis Nr. V nachweist, unter dem Ilaberschcn Nachlasse viele
Originaldocumente, und der Bürgermeister dieser Stadt hat i. J. 1876
in Miltenberg persönlich um deren Auslieferung nachgesucht, aber
als Beweis für eine Entwendung durcli Bodmann nichts weiter an-
zuführen vermocht, als dass im Laufe der letzten 70 Jahre kein
Fremder ausser Bodmann in die Räume des Stadtarchivs Zutritt
erlangt habe.
So lange also keine stichhaltigeren Giünde vorliegen, wird es
Pflicht der Pietät sein, das Andenken eines deutschen Gelehrten, der
152
CHHie:
mit deutschem Fleisse bis zum letzten Atliemzuge gearbdtet hat,
von solchen Vorwürfen frei za halten.
Es soll dabei nicht weiter betont werden, dass sich unter den
Sammlungen nur sehr wenige Mainzer Origbialien finden; denn diese
hat die Grossherzoglicfa Hessische Regierung, da Bodmann sie for
semem Tode nicht zurückgegeben, un Jahre 1825 von seinen firben
requirirt und in schönster Ordnung vorgeftmd^; aber auch aus
den zalilrcichen anderen deutschen Hochstiflem und Städten, deren
Archive Bodmann ausgebeutet, und wo eine solche Requisition nichi
stattgefunden hat, ist die Zahl der Originale im Vergleich ZU sonoi
dgenhändigen Abscliriflen nur unbedeutend.
Wenn man aber erwägt, mit welcher Rücksichtslosigkeit noch
bis in die neueste Zeit mit alten Handschriften umgegangen worden
ist wie z, B. in Nassau noch in den dreissiger Jahren die>es
Jahrhunderts die Fergaincnthandschriften der Abtei Arnstein ledig-
lich nach ihrem Perganientwerth an Buchbinder und andere Per-
sonen verkauft worden sind, wie der erste Band des Gopiara der
Abtei Eberbach im Rheingau, ein werthvoller Foliant aus dem An^
fang des Xm. Jahrhunderts (der sogenannte Oculus Memoriae, jetzt
im Staatsarchiv zu Idsteui) durch Dorow im Jahre 1821 einem
Buchbinder entrissen wurde, nachdem dieser schon 5 BIfttter heraus-
geschnitten halte , so muss man zugelwn , dass ein Sammler im
Laufe von 40—50 Jahren, noch dazu iti den WirmisseQ der Fran-
zosenzeit, auf die recht massigste Weise eine weit grossere
Zahl von Originalhandschriflen hätte erwerben können, als Bodmann
je besessen hat.
NMcht minder unrichtig, weil elxufalls ohne Kenntnis der That-
sachen abgegeben, ist das Urleil Böhmers über Habels Erwerbung
von Bothnanns Nacblass. Die Sammlungen des letzteren sind näm- »
Beb von semen Angehörigen nicht mit der Sorgfalt gehütet worden,
die sie verdimten; vides davon ist verschleppt wwden. EndUeh
verstanden sie sich dazu, eme Art Verzeichnis aufteilen zu lassen,
und zwar ein Verzeichnis der mangelhaftesten Art, auf Grund dessen
*) Vgl. Band I dict>«r Zeilächrifl S. 6. — Lenz, Markgräfl. Bruiidenbuiigbche
Urkunden, Vorrede, tbeilt i. B. mit, daw in einer niirkiicben Stadt von dem
obersten Boden des Rathhawes rieh Ute SchiiUmlMn gani naefa BaKeben di«
rrkuixli't) zu rtiischlSgen Tur ilire ExereitienbOchcr hMabgahdl und die Segel
zum bcbubwacbs gebraucht liälteu..
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Die «iclÜT«lisohen Stminliingeii auf SehloM MiUenbetg in Bayern. 153
sie molirerc Jahn- natli Bodmanns Tode den Nachlns.« für 50U0 Oul-
deii der Gio.ssher/oglicli Hessischen Regierung zum Kauf anboten.
Sie eihielten ablehnenden Bescheid, und da inzwischen die Bestände
immer mehr decimirt wurden, so nahm sich Habel i. J. 1828 der
Sache an, drückte den Preis bis auf 2ü00 fl. und riclitcle eine Ein-
gabe an die Na»sao!sche Regierung, worin er die Erwerbung dringend
empfidil. Er empling zur Antwort, daas man nur dasjenige ge-
bniudien könne, was ein »spedeU TaleriändiBeliesc (i. e. Nassaidsclies) '
Interesse darbiete. Auf eine solche Ausscheidung gingen aber die
Erben nicht ein, und mit Recht Hierauf entwarf Habd ein Ver^
zeichnis der »spedeil vaterländisehen« Stficke und richtete dne neue
Eingabe an die Nassauische Regierung mit dem Bemeiken: die Re-
gierung mOge wenigstens diese Stücke ankaufen; er wolle dann den
Rest nehmen. Die Regierung ging aber auf gar nichts ein.
Inzwischen wurden Bodmanns Sammlungen durch Verschleppung '
immer mehr entwerthet Seine Erben sahen ein, dass sie endlich
losschlagen müsslen, wenn sie überhaupt noch einen nerinenswerthen
Preis dafür erzielen wollten. Sie traten also mit Habel abermals
in Verbindung (1830) und ermässigten den Kaufpreis auf 500 fl.
Abermals wandte sich Habel an die Regierung seines engeren Vater-
landes, und als abermals ein ablehnender Bisclicid erfolgte, kaulte
er die Sammlungen selbst, obgleich oüO 11. damals für ihn keine
unbedeut^de Summe waren.
So ist der Verlauf auf Grund der Acten, welche mir in HOten-
heaeg vergelten haben. Von einem »Wegschnappen« gegenfibor der
Frankflirter Stadtbibliothek kann keine Rede sein; denn Habel hat
von dem beabsichtigten Ankauf durch die Bibltotheksverwaltung gar
nichts gewusst, wie Böhmer später (1860) selbst eingeräumt hat
Wenn also Habel in dieser Hinsicht nküit nur TÖHständig Yor-
wur&firei dasidit, sondern auch das Verdienst hat, die Bodmann'schen
Sammlungen mit eigenen Opfern d(>r Wissenschaft erhalten zu
haben, so kann doch der schon bei seinen Lebzeiten gegen ihn er-
') T'cber diese Verschleppungen sollte Habel ikmIi eine eigenthQmliche
Erfahrung machen, ab er schon 34 Jahre lang im liesitz deü Bodmann'schen
Nachlasses war. Unter den von ihm im Jahre 1830 erworbenen Archivalioi
befand sieh auch der 1., 8. und i. Band tod Hei wichs Annales archiepi-
scopnniTii otc. ecolesiae Mngiiiitinac; der 2. Rand fehlte. Derselbe fand sich im
Jaliie 18G4 zu Millenberg im Nadilasse des Bürgermeisters Wirth, woraus Hal»el
ihn dann acquirirte. Wie er dorthin gelangt sei, ist niemak ermittelt worden.
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154
Gfltaet
liobeiie Vorwurf nicht von ihm genommen werden, dass er sie der
Wissenschaft vorenthalten habe. Er mag zunächst die Absicht
gehabt haben, die mit Opfern erworbenen Schätze für sich selbst
nutzbringend zu verwerthen, dne Absicht, gegen welche nicht nur
nichts zu erinnern gewesen wftre, sondern deren AusfQhrung Ihm
auch den Dank aller fVeunde der ▼aterlftndischen Geschichtsforschung
eingetragen b&tte; und bei dem rüstigen Alter, in welchem er zur
Zeit der Erwerbung stand (er war damals 38 Jahre alt), hätte er
gar manches puMiciren können. Aber Bodmanns Studien und Samm-
hmgon galten ausschliesslich dem Mittelalter und der neueren Zeit;
Hal)el vertiefte sich allmrdilich in die Römisclie Zeit und widmete
sicli der Erforschung und Aufdeckung ihrer Reste. So mögen ihm,
unter Hinzutritt vielfacher anderer Heschäfligungen , die Oodmann-
s<iien Heli(juien vielleicht selbst etwas aus den Au^'on gekommen
sein; — wenigstens deutet niclils darauf hin, dass er sie bis ins
Einzelne durchsprdit hat. Hin Jahrzehnt nach dem andern ging
vorüber; und da es uiil einem derartigen Privatbesitz — wie auch
sein Erbe dies ganz richtig betont — wirli:Uch eine andere Bewandtnis
hat als mit einem Besitz, der nur einen Geldwerth repräsentirt, und
dar daher för Gdd ohne weiteres erwwbai werden kann, so h&tte
er, da er selbst zur wissenschaftlichen Verwerthung seines Besitzes
nicht gelangte, competenten Forsdiem — und es haben ledit be-
deutende Gelehrte bei Ihm angekk>pft — den Zutritt erdütaen,
wenigstens aber sie wissen lassen können, was er denn eigentlich
besitze. —
Die Samtnlungen selbst haben, nachdem Habel sie erworben,
im Verhältnis zu ihrem ursprünglichen Bestände keine grosse Ver-
mehrung erfahren; hinzugekommen sind einige Arl)eiten und Samm-
lungen von Schott, dem Mainzer Domcapitular Dahl (f 1833) und
einige Rheingauer Sachen. Entilussert hat sich Habel nachweisbar
nur eines Stückes, nämlich einer Handschrift des XI. Jahrhunderts,
enthaltend die Privilegien des Doms • zu Magdeburg, welche er
i. J. 1833 an die Königliche Bibliothek zu Berlm Terkaufle. Die Acten
darfiber smd in Hiltenberg noch vorhandoi; und da er auch sonst
seine Ck»rrespondenz, die Briefcouverts nicht ausgeschtossen, sorgfiUtig
aufbewahrt hat, so darf man annehmen, dass fiber den sonst noch
fehlenden Stucken aus Bodmanns Sammlung, filier welche keine be-
sondere Corrcspondenz vorhanden ist, irgend ein aboondflriidiei
Schicksal gewaltet hat
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Die arehiraliieheii Sammlonewn auf Sehkm Mfltenbeig In Bayern. 156
So findet sich z. R. in dem auf Veranlassung von Bodmanos
Erben aufgcstelHon Verzeichnisse unter anderm aur^jelührt;
»Matricula IV. et V. universitatis Coloniensis.c
Diese Theile der Gölner Univeisitäls-Mulrikel , deren erster
Band verloren ist, während der /weite und dritte sieh noch in Cöln
befinden, sind in Miltenberg nicht vorhanden, und es lindet sich
auch keinerlei Notiz über ihren Verbleib. Wahrscheinlich hat Habel
»e gar nicht bekommen, sondern sie sind d«n Bodmann'schen
Nachlasse schon vorher entfiremdet worden. Dass Habel sie in dem
Verzeichnisse nicht gestrichen hat, beweist nichts; denn die nach
Berlin rerlnufle Handschrift hat er auch nidit gestrichen, äberfaaupt
Ober seine Bestände niemals Inventar gefährt.
Anders verhfilt es sich nnn mit den vielgesuchten Bleiden-
städter Traditionen, deren Aufßndung auch bei der jetzigen
Durchsicht der Sammlungen nicht gelungen ist.
Unter den ungedruckten Quellenschriften, welche Bodmann für
seine Rheingauischen Alterthümer benutzt hat, führt er folgende an:
1. Indiculus Iraditionum monasterü Blidenstad. aus dem IX.
und [blyenden Jahrhundert
2. Bleidenstädter Traditions-Hotul.*).
3. » Traditionsbuch
4. Summarium et registruin traditionum Bliilenslad.*).
Ob unter diesen Bezeichnungen vier besondere Ilandscluillen
zu verstehen seien, mag für jetzt dahin gestellt bleiben, da keine
emzige davon vorhandoi Ist Fest steht aber, dass Bodmann eine
solche besessen hat; denn anf S. 11 der Rheingaiier AHerthümer
q>richt er ausdrflcidich von seinem Bleidenstadter Thklitionsbache.
Aber in dem Verzeichnisse, auf Grund dessen sein archi-
valischer Nachlass an Habel verkauft worden ist, ist
weder ein Bleidenstädter Traditionsbach noch irgend
eine der oben benannten Handschriften erwähnt.
Wenngleich nun das Verzeichnis höchst mangelhaft ist, so muss
doch das Felilen eines solchen Capitalstücks im höchsten Grade be-
fieiaden, namentlich da Bodmann die hervorragendsten Stücke seiner
*) Rhcingaiilselie Alterthflmer S. 10, 44, 674^ 689.
•) Ebend. S. 130, 891.
») Ebend. S. 11, 86, 97, 100, 116, 591.
*) Ebenda nach S. 92 u. 99 saec IX. u. X. nach S. 120 vuu 1019—1092.
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«
156 CMKae:
Sammlung durch besondere Aufsdirinon als: »Manuscriplum sacculi X.
auro carius« elc. ausgezeichnet hat. So ist dt iii jetzt ältesten Original-
nianuscript in Millcnbei'^' (Dialog,'! Gregorii Papae), einer llandschril't
des IX. oder X. rlahrhunderts, (»iti ganzer Bogen beigelegt, auf
welclieni Bodniann die llundschrift beschreibt und beurteilt. Sollte
er das Bleidensiädter Traditionsbuch weniger rficksichtsvoll be-
handelt haben?
Das Stift Bleidenstadt ist überhaupt in jenem Verzeichnisse nur
durch ein Schriftstfick vertreten, n&mlich:
»No. iSO. Historische Nachricht von dem ehemaligen Kloster
und nunmehrigen Ritterstifle zum h. Ferrutius tu Bleiden-
stadt. 1 Bogen, c
Wegen dieser »Historischen Nachrichtc ist nun Seitens des
Nassauischen Geschichtsvereins schon frCOier bei Herrn CSonrady an-
gefragt und von diesem die Antwort ertheilt worden*), »es hätten
sich m Miltenbetg bis dahin weder diese »Historische Nachricht«
noch die »Bleidenstädter TVadItlonen« auffinden lassen«. Bei der
Durchsicht der Sammlungen im Sommer des Jahres 1876 habe ich
nun diese »Ilistorist ho Narhricht« auigefunden; aber es ist dies nur
eine von Bodniann i. ,1. 1797 au?goarbeitete kurze Geschichte des
Stills r.loi(k'n>tadt auf einoni IJogcn Quart, l'ür welche überdies nur
geihiK kle Ouellcn benutzt sind, und aus welcher mit Sicherheil her-
vorgeht, dass Büdinarni i. J. 1797 noch koins jener alton Manu?crif)te
katuite, die er spätor ijci sciin'ii r>jieingau(M- Alterthüniern benutzte.
Auch i. J. liSOH kann dies nocli nicht der Fall gewesen sein; d(mn
in einem knr/.en Narhlrage aus diesem Jahre wird eine weitere
Quelle für Bleidenstädter Gesihidile angeführt, die aber keine von
jenen alten Handschriften ist. Bodmann kann diese also erst in
den Jahren 1803—20 kennen gelernt und erworben haben.
Aber wo waren sie, als seine Erben jenes Verzeichnis aufstellen
liessen? Sollte dessen Verfisisser nur die verfaältnissmässig un-
bedeutende Abhandlung Bodmanns über Bleidenstadt bemerkt, jene
alten Quellenschriflen aber übersdieii haben?
Sonach wfirde die bisherige Annahme, dass die Bleidenstftdter
Traditionen aus Bodmanns in Habds Beatz übergegangen seien,
auf sehr schwachen Füssen stehen, wenn dieser nicht selbst die ge-
') ^Vunaleii des Nai>sauii>clien GeschichUveruinä XI, S. 381.
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»
Die ardiiTaliscben Sammlungen auf Schlofls Ifittenbeig in Bayern. 157
lehrlo Welt in dem Glauben gelassen und bestärkt hätte, dass er
eine solche Handschrift besitze.
Als er von dem Archivar Landau um Einsichtnahme des »Liber
traditionuiii Blidcnsladensium« und des »Registrum bonorum niona-
sterii Blidenstadcnsis« angegangen worden war, so wurde er, wie
Landau sehnibt, nacfadem er vorher alle Zuschriften unbeantwortet
gelassen hatte, »auf der Versamnilang zu Augsburg im September
1857 durch Herrn Minister Braun deigestaU in die Enge getrieben,
dass er, freilich nur mit sichtbarem Widerstreben, das Versprechen
gab, die bezeicJineten Handschriften ihm im nftchsten Fröh-
jahre mifasuthdlen«*), oder, wie Habel in seiner Erwiderung sich
ausdrückte, »unter Umständen in wahrscheinliche AtHsicht zu stcllenc.
Er hat somit den Hositz der von Landau sijecieil benannten Hand-
schriften nicht in Abrede go?;tcllt, freilich auch niemals direcl
ausgesagt, dass er Handschriften des IX. oder X. Jahrhunderts
über Rleidenstadt bc^it/e; denn in jener KrwidfMung spricht er nur
von »L'iiK.'r iri seinem l'riviitlje.sitz belindliclien lIundschriH über das
Kloster IMeideiistadtc, ohne sie näher zu l)ezei( hnen. Da ihrn ;iber
Nachfragen nai Ii dem Inlialte seiner archivalischcn Sammlungen
stets unangenehm waren, da er darüber weder mundlich noch
sehrifUich Jemals Au^nfl gegeben und selbst Männern wie Böhmer
und Uhland, welche ihn eigens deshalb besuchten, keinen Einblick
in seine Sammlungen verstattet hat, so ist doch wohl anzunehmen,
dass er sich der unbequemen Anfrage Landau's am einfachsten
durch die Erkläning entledigt hätte, dass er die gewünschten Hand-
schriften nicht besitze. Auf keinen Fall aber kann in Abrede ge-
stellt werden, dass die IJngewissheit über den Verbleib der Traditiones
BUdenstadenses durch ihn wesentlich herbeigeführt ist.
Bei dem jetzigen Besitzer von Habels Nachlass ist jeder Ge-
danke an eine geflissentliche Zurückhaltung irgend eines Stückes
unstatthaft. Von dem spociollen Inhalte der Sammlungen hat er
erst nach Habels Tode Kenntnis erhalten; und was insonderheit die
Traditiones Blid(>nsta(lenses anlangt, so weiss er darüber nicht mehr
als jeder andere, würde aber gewiss sehr erfreut sein, wenn er sie
noch auftande und der Geschichtsforschung zur Verfügung stellaa
Landau im Correspondpnzblalt der dcutsclien Allertli ums -Vereine für
1869, Nr. 1 S. 6, wieder abgedruckt in den Annalen des Naasauiscben Geschieht!«
Teidns XI, 886.
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158
Gülze:
könnte. Hoffen wir also, dass die Vermothung, dass Habel der
einstige Besitzer dieser Geediichtsquolle gewesen sei, eine Yennnthung,
welche durch die oben mitgetheOten Thatsachen jedenfalls stark ei^
schüttert wird, sich doch noch bewahiheiten mOge. Wir würden
dann üt>er die eigentliche Beschaffenheit dieser Geschiditsqaelle ebenso
zuverlässigen Aufechluss «langen, als wir jetzt noch darfiber im
Unklaren sind. —
Was nun die Ordnungsverhältnisse der Sammlungen an-
langt, so hat Habel für die Repertorisirung und wissenschaflliche
Nutzbarmachung seiner ar( hivnlisclien Schätze nichts gcthan, ja,
wie schon l)cmorkt, nicht einmal das V^erzeichnii?, welches heim An-
kauf zu rjrnnde gelegen hatte, dem wirklichen Ijcslande angepasst,
EIm'Iiso wenig hat er freilich über seine sonstigen beträchtlichen
Saininiimgen Inventar geführt. Er hatte die Idee, das Schloss Milten-
berg zu einer Art Museum umzugestalten und dort also eine Ord-
nung seiner Bestände zu bewirken. Aber dort mutsten erst Auf-
bewahrungsräume geschaffen werden; denn 1. J. 1859, wo er es
erkaufte, enthielt es nur ein bewohnbares Zimmer, während hi den
übrigen Räumen allerlei Hausthiere logirten. Uefaerdies stand Habel
damals bereits im 68. Leben^ahre. Mitten unter diesen Arbeiten
überraschte ihn der Tod.
Sein Erbe hatte sich zunächst in den verschiedenen Sammlungen
zu orienliren und konnte zu einer systematischen Ordnung und Ver-
zeichnung des archivalisrhen Theils derselben auch noch nicht ge-
langen. Dabei ist IVeiiicii nicht zu übei-sehen, dass die Roi)ertorisirung
jeder einzelnen Urkunde oder Urkundenabschrift, sowie die Fest-
stellung, ob die letzteren nodi im Original ocier nur in dieser Gestalt
vorhanden seien, einen fleissigen Arbeiter auf ein paar Jahre mit
Arbeit versorgen würde, und dass überdies ein wissenschaftlicher
Apparat erforderlich wäre, wie er nur an wichtigeren Gentraipunkten
wissenschaftlichen Lehens zu finden ist, von emem Privatnmnne aber
lediglich ad hoc kaum jemals beschafft worden dürfte.
Wtfklich genau verzeichnet smd nur 337 Originahirkunden, über
welche am Staatsarchive zu Düsseldorf in den Jahren 1870 und 1871
Repotorien aufgestellt wurden. Sie betreffen grossentlieils, aber nidit
ausschllessli( Ii, den dortigen Archivsprengel, dorh auch andere ober-,
mittel- und niederrheinischc wie auch westlalische Gebiete. Mehrere
der Urkunden und Actenstücke von knrkölnischer und westfälischer
Provenienz, besonders die Hebe- und ächatzr^ister Münster'scher
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Die archivaliachen Sammlungen aof Schioss Miltenberg in Bayern. 159
Aemto und Kirchspiele sind auf Umschlägen und Rückseiten mit
Ueberschriflcn und Notizen von der Hand Nicolaus Kindlingers
(1749—1819), des bekannten Essen'schen und Fulda'sehai Archivars
und Sammlers versehen % und aller Wahreebemlichkeit eine Zeit
lang im Besitz dieses Hannes gewesen*). Das eine dieser Re-
pertorien findet sidi abschriftlich auch in Hiltenberg.
Ferner sind am Grosshensoglichen Hans- und Staats-Archive
zu Dannstadt weitere 474 UUtenberger Urkunden repertorisirt wor-
den, von denen aber nur ca. 220 auf Gebietstbeile des Gross-
herzoglhums Hessen, dagegen ca. 60 auf Nassau, 150 auf Elsass-
Lothringen, 42 auf mittel- und niederrheinische, westfälische und
andere Gebiete Bezug haben. Die Original-Regesten-Zotlol (von der
Hand des Arcbivdirectors Geb. Raths Dr. Baur) iinden sich in
Miltenberg.
Ausserdem hatte der Besitzer der Samnilung'en kurz vor meiner
Ankunft in Miltenberg noch ca. 100 Originalurkunden autgefunden,
die sich meist auf Westfalen beziehen. Ich konnte dieselben nur
allgemein nach den Territorien resp. Gegenstünden gruppiren, welche
sie betrafen. Auf eine specielle Repertorisirung einzelner Urkunden
oder Ufkundenabschriften, vrelche letztere nach Tausenden zählen,
konnte ich mich natürlich nicht ehdassen; viehnefar musste ich als
meine Aufj^abe betrachten, die Bestände in ilirer Gesammtheit einer
Revision zu unterziehen, welche bisher durch einen Fachmann nicht
stattgefunden hatte, und einen Ueberblick und Einblick in den
Hauptinhalt der Sammlungen zu eröffnen, welcher bisher nicht mög-
lich gewesen war.
Allerdings halle bereits der Geheime Rath Dr. Baur von Darm-
stadt von dem bibalte diec Sammlungen an Ort und Stelle Kenntnis
genommen ; aber nur so viel, als in zwei Tagen möglich ist. Ferner
war i. J. 18G8 ein Vorstandsmitglied des Nassauischen Geschichts-
vereins, Professor Bernhardt aus Wiesbaden, in Miltenberg gewesen;
aber auch zu Imrze Zeit, als dass die Untersuchung hätte gründlich
') Biograph. Nachrichten über ibu in den Aniialcn des Haas, Geschieht»*
veniiis XI, 366 fgg.
*) Nach geOUliger Mittheilung des Arcfaimtht Dr. Hariess in IXtaaeMorr.
Ich selbst habe von den Miltenberger Archivalieu diejenigen grundsStzIicb von
einer genaueren Untersuchung ausge?chlosscn , welclio srlioii anderweitig ver-
teichnet waren. Des durchzusehenden Maleriaiä blieb doch uuch so viel übrig,
dass es nidit vfllUg bewfihigt werden koante.
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160
GAlie:
sein können. Es crgiebt sich dies nicht allein aus der Gerinf^fügij?-
keit der Milllieilungen, die kaum 10 Druckzeilen füllen*), sondern
auch daraus, dass sie Unrichtiges enthalten. Denn nicht bloss die
Zahl der Originalurkunden ist viel zu gering angegeben (443 statt
900 — 1000); sondern es soll sich auch in Miltenberg eine ToIbtAndige
zweite Auflage von Bodmanns Rbeingauisehen Alterthämern band-
schriftlich Torfinden, während nur ein grosser Pappkasten mit Bod-
mann'sdien Notizzetteln vorhanden ist, welche Zusätze und Nacfalrlge
zu dem genannten Werke, allerdii^ in sehr grosso' Zahl, enthalten.
Die Existenz einer vollständig ausgearbeiteten zweiten Auflage des
Bodmann'schen Buches ist schon an sich unwahrscheinlich, da die
erste Auflage des umfanfrreichen Werkes erst im Februar 1819 die
Presse verlassen hat und Bodmann bereits im October 1820 ge-
storben ist.
In der That war die Zeit von drei Wochen, die mir zur Durch-
forschung der Sammlung' gewährt war, und die doch no<^h um zwei
Tage ül»MS( liril!en wurde, das Minimum, welches aufgewandt werden
musste, um eine Gesamnitübersiclit zu gewinnen, namentlich da
gar manches umfangreiche Schriftstück des Titels entbehrte und
daher erst durch Prüfung des Inhalts ein solcher geschaffen werden
musste.
Eine ganz voUstindige Verzeichnung des gesammtoi archlTali-
schen Materials war aber trotz angestrengtester Thftt^keit mnerhalb
der angegebenen Zeit nicht durchfuhrbar; ich glaubte daher, sobald
sich diese Gewissheit im Laufe der Arbeit herausstellte, als Be-
auftragter der Preussischen Aitüiiwerwaltung mein Augenmerk
darauf richten zu sollen, dass wenigstens alles dasjenige in leidlicher
VoUsländigkeit verzeichnet wurde, was sich auf Preussische Archiv-
sprengel bezieht. Die Collegen in Bayern und Hessen mache ich
daher ausdrücklich darauf aufmerksam, dass sie in Miltenlx^rg noch
verschiedenes vorfinden werden, welches in den nachstehenden Ver-
zeichnissen fehlt, während aus Badischen und Würtember^ischen
Districtcn überhaupt nur weniges dort vorhanden ist. Indessen
glaulx' uml liüfle ich, dass die nachfolgenden Verzeichnisse nicht den
Eindruck einer engherzigen Bt.'S<iiränkung hervorrufen, vielmehr dar-
thun werden, dass trotz der nicht völlig ausreichenden Zeit doch die
Wichtigkeit des Gegenstandes und das allgemeine historische Interesse,
Annalen dis Nm. OesehicfatBvereiiis XI, 887.
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Die arehivaiisehen SammlungHi auf Scbloas Miltenberg in Bayern. l$l
welches er zu gewäliren vermochte, stets in erster Linie von Ent-
scheidung gewesen sind.
Nicht verzeichnet sind auch zahhciche juristische Autsätze, Col-
legicnhefto jnriplischer Üocenten, Rerhtsgutachlen etc. aus dem
vorigen Jahriiundert , die zu Miltcnhcrg vorhanden sind, sofern sie
nicht zugleich ein historisches Interesse beanspruchen und urkund-
Kehes Material absefariftHeh enthaHen. Hier wäre überbanpt erst zu
pröfen, wie Tiel Werth Omen noch beizulegen ist, wie denn über-
haupt nicht zu Tofcennen ist, dass diesoi werthvoUen Sammlungen
durch ihren langen hennetischen Abschluss von der Welt und Oven
nachherigen Transport nadi efaiem Orte, der erst gegen Ende des
Jahres 1876 durch eine Eisenbahnverbindung ohne Schwierigluit
errachbar geworden ist, ein recht schlechter Dienst erwiesen wor-
den. Denn wenn auch wirlUich seit dem Jahre 1830, wo Habel in
den Besitz dieser Sanimlnngen gelangte, Seitens der Besitzer nichts
zur Evidentstolliing des Inhaltes geschehen wäre, so würde dies
doch wenigstens theilweise durch andere geschehen sein.
Manches Stück von der Hand des flcissigon Bodmann würde
vielleicht früher diesem oder jenem Gelehrten die Arbeit erleichtert
haben, während es jetzt bereits anderweitig bekannt geworden ist.
Mögen die folgenden Mittheilungen über den Inhalt der Sammhmgen
dazu beitragen, sie ▼on jetzt an für den IKenst der TaleriSmlisdien
Wissenschaft nutzbarer zu machen.
k ArcMvalleni
welche auf die Geschichte des deutschen Reiches überhaupt
oder grösserer Districte desselben Bezug haben, grössere Werke (Iber
Genealogie, Heraldik u. s. w.
1. Job. Chpii, liber Baro de Limbach, Collectio fundationum,
donationum, immunilatum, privilegiorum alfjue alioruui diplo-
malum. Urkundenabsciiriflen, beginnend mit dem Jahre 591
(Vergleich zwischen den Frankenkönigen Guntram und Gilde-
bert und der Eönigm BrunhOd). 6 sehr dicke Folianten
(ä 12—16 Gtm. Stärke). Absduiflen gut Aufbewahrungsort
der Originale nicht immer angegeben, dagegen kurz bemerkt,
ob damals gedruckt oder nicht.
Band I: 591-^ Bd. Hl. saec. XI.
* U: 901-999. » IV. » Xa
ArehinUlMhe ZeiMchrlft IL 11
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162
Götze:
Band V: saec. Xffl. Bü. VUl. saec. XVI.
» VI und Vn rdden.
2. Lichtenberg (Rheingräflicber Archivar), Regesta diplo-
oiatica de anno 511 — 1616. GrOsstentheils Regesten von
Kaiser- resp. Königsurkunden nach der Zeitfolge mit Angabe
der Zengen. Ein Gonvohd in Quart, ca. 12 Gtm. stark.
3. Georgii Hei wich Moguntini Opus geneakgicum (hmiliarum
Romani Imperii uobilitate perspicuamm ex histonis et manu-
scriptis summo studio ac iabore coUectum ac secundum ordinem
alphabeticum dispositum in tomos VUI. Mit Wappenzeich-
nungen, Stammbäumen, eingeklebten Urkunden in Original
und Abschrift. IIanils( hrift des 17. Jahrhunderts. 8 grosse
Folianten nebst 1 Folianten Index. — Wer dies Werk gesehen
hat, wird das Prädical »summo studio ac labore collectum«
gern untersclueiben. Das Werk wurde verfasst auf Veran-
lassung des Mainzer Kurfürsten Georg Friedrich von Greifen-
clan (1626—1629), und gab die Grundlage m dem folgenden:
4. Manuale genealogicum-heraldicum, d. L historisch und geoealo-
glaches Handbuch der uralt-adeüchen ritterscbafUicheD und
tumiennAssigen, theOs wirklich erfoechenen und afagestorboien,
theils annoch lebend- und florirenden edeln Geschlechter d^
drei römischen Reichscantons und Kreisen des edeln Rhein-
stroms, Franken, Schwaben und Elsass. Durch
Philipp Carl Freiherr vonGreifencIau zu Vollraths,
der Domstifter Mainz, Würzburg, Speyer Domcapitular, auch
Probst zu Unser Liclx'n Frauen zur Groden in Mainz. — Mit
farbigen Wappenzeiciinungen. 4 starke Folianten. Handschrift
des XVII. Jahrhunderts. —
Dieses Werk wurde die Grundlage zu Maximilian v. llum-
brachis Werke: »Die höchste Zierde Deutschlands«, Frank-
fort lt07 >).
5. Zwei Wappcnbächer mit farbigen Zeichnungen, nicht nfiher
bezeichnet, dem KV. Jahrhundert angehflrig. Folio, 3 reep.
6 Gtm. stark.
6. Wilh. Werner Graf v. Zimbern, VieeprSsident des Reicfaa-
kammeigerichts zu Speyer: Chronik der Bisthümer Mains,
Worms, Würzburg, Eichstädt, Speyer, Strass-
■) VgL Schaab, Geschichte von Maini, Band I, Vorrade S. XXUL
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Dia arahivaliflchen Sammlungen auf Schloss Miltenberg in Bajen. 163
bürg. Ms. saec. XVI. Pap. Fol. ca. 400 Blatt. Beendigt
im J. 1538.
7. Vier Scliriftslücke (gleichzeitig) betr. die Ergebung und Gefangen-
nahme des Landgrafen Philipp von Hessen L J. 1547.
»Articnll daiauf die RSm. Kay. IMaj. bewilligt Tnd zu ge-
lassen, das der Landtgnve zu Hessen vor Dürer Kay. Uaj.
endiemen mOge« (2mal vorhanden). In §. 28 werden der
Adel und die Unterthanen des Landgrafen Terpilicbtety »nach
seiner poson zuzugreifen und Ihrer Maj. ihm zu fibcrantwor-
worten, im fal der Landgrave hie zuwider etwas handelt«.
»Der Kay, Mig. lesohitioa vfT die gebettene erderong exten-
sion vnd cndoninp einiger artickelU.
Schreiben des Herzo<;s Moritz von Sachsen an den Land-
grafen Philipp, sich behufs der acceptirten Unterwerfung
schleunig nach dem Kaiserl. Iloflager nach Halle zu begeben,
d.d. Halle 12/6. 1547. Goncept. Schreiben der Gemalin
des Landgrafen und der Brüder desselben betr. dessen Ge-
fangennahme.
8. Us. saec. XVI, 4^ angebunden an die Mainzer Ghionlk von
1460—1526: »Kriegk u. Vehdschaft des Edeln F ranzen von
Sickingen. 1481—1523. ca. 60 BL — Vom Vfflruhr des
gemdnen Volks (Banemkiieg) anno 1525 etc. — Schmalkal-
discher Bundeskrieg. 1546—1555«.
9. Warlicher Bericht, wie von don dr^yen Churfürsten und FOrsten
nämlich Trier, Pfaltz und Hessen weylandt Franz von
Sickingen überzogen, auch was sich mit Eroberung seiner
und anderer Schlösser und sunst von Tag zu Tag begeben,
durch den Erenhaltra verzeichnet. 1623. Abschr. d. 18. Jahrh.
11 Bl. Fol.
10. Gedrucktes Circular des Bischofs von Bamberg, betr. einen
AngrüT des Götz von Berlichingen und des Hans von
Silbitz auf Nürnberger Kaufleute und die Stadt Vilseck. Bam-
berg, Mont. n. S. Leonhardstag. 1512* 1 Bog.
11. Schreiben der zum »Bundestage« in Augsburg versammelten
kurmainzischen Räthe an den Cardinal Albrocht wegen »des
Hessische Handels«. 152& Freit n. Elisabet (Orig.).
12. Instruction was vnser Albrechts von 6. 6. Gardinais vnd
ErdNsdioven zu Mentz . . . verordnete Rcthe, so vff künfltigen
Gesprechstag zu Worms erscheinen werden, von vnnsem
Dlgitizeo Uy v^oogle
Gülze:
wegen handien sollen. Ex. Orig. — Abechr. Bodmannt. 4*.
1 Bog.
13. Goncept eines Schreibens des Erzbischofs von Habiz an die
Bischöfe Bamberg und Wänburg imd die Stadt Nürnbeig
betr. den Markgrafen Albrecht von Brandenbarg.
(1552). 4 Bl.
14. Verschreibangen besagende was vnd wie viel gdts Schuld-
heiss . . . vnd sclicffen , . zu Aschaflfenburg zu erlegung der
Brandst'hatzung, welclie inen Graf Christof v, Oldenburg
und Delmenhorst in der Kriegsempönmg ao. 1552 abgetruogen.
Orig.
15. Schreiben der dcpiitiiten Stände des Rheinisclien Kreises an
die Kurfürsten zu Mainz, Trier, Cöln und den Pfalzgrafen
betr. die Wahl eines Kreisobersten, d. d. Worms 1560,
Mftns 22. — Verzeichnis des von den efausdnen Ständen des
Rheinkreises aufzubringenden Gontingents.
16. Formular vrie Ein Reichstag auszuschreiben, wie es
proponendo, respondendo, consultando, votando et eonclndendo
pflegt gehalten zu werden. Ms. saec. XVL Fol. ^1» Gtm. stark.
17. Sententiae a curiis Imperatorum German, latae. Ab-
schriften Bodmann's; z. B. Friedrich II., 1237 mense Junü,
betr. den Erzb. von Cöln, utrum extra civitatem suam in juris-
dictione possil judicio praosidere. — Rudolf, Mainz 1285,
Marf,'ar('lac: qua pocna pnniri debeant falsarii. — Friedrich I.,
Worms 1153. XVIII. Kai. Julii, betr. die der Cölnischen
Kirche diircli die NachlüSdigkeil üülierer Erzbiscliüfe entfrem-
deten Güter.
Diese beispielsweise notirten Urkunden sind auch anderweitig
bekannt ' Eme emgehende Prüfimg war nicht mfiglich.
1& Kaiser Rudolfs L Tod und Begräbnis. Mit Uikmulen-
abscfariften, Zekshnung der Burg Germershefan und Abschrift
der besfigl. Stellen aus Ottokar Homecks östeneichisdier
Reimchronik. (Bodmann.)
19. De sepulturis Imperatorum aliarumquo personarum tllu-
strium collecta insignia. — Taphographia principum Austriae
p. I, 1. Q, coniplectens monumenta sepulcralia ducum Austriae
* augusta genlu Habsburgica salorum a Rudolpho I. usque Al-
l)ortum II. Handschrift des 18. Jahrh. IG Bogen.
20. Sammlung von Material z. Gesch. des Rheinischen Städte-
Die aKfaivalbeben Sanunluiigen auf Schlow Hiltenberg in Bayern. 165
bundes. Originalaufzeichnungen vom 14. Jahrhundert an,
nauicntlicli aber viele hunderle IJrkundcnabschriften von Bod-
mann's Hand (aus Worms, Mainz, Spoier, Frankfurt, Ha-
genau etc.). Ein Convolut in FoHo, iiljor eine Hand hoch.
21. Arnold Walpode und der Rheinische Bund. 1254 fg.
eine histinisehe SUzie. Tom Domcapitnlar Dahl Ib. 9 Bog.
Fol.
22. Bestalliiiigsbriefe abs etliche Reichsstidt, so sich nisammen
▼erpunden, einige von Adel zu Dienst angenommen. 1383.
Abschrift auf Papier. 14/15 Jahrh. Ueber 1 m. lang.
28. Acta flber die Weigerung des Glerus zu Mainz, TVier und
Cöln , die ihm angesonnone Türkonsteucr zu zahlen.
1522*fg. Nach gleichzeitigen Protokollen abgeschrieben von
Bodmann. 1799. 4^/2 Bog. 4»
24. x\postolatus S. Clementis Willibrord! priini Ultrajectinen-
sium archiepiscopi , . . . autore Joa. Honr, Brandano, ord. S.
Benedieti . ao. 1642. Mit hidox. Ms. Fol. Pap. 286 Blätter. Mit
zahlreic hen Abschriften Fränkischer Urkunden des 7. und 8.
Jahrhunderts.
25. Deduclio historica de regno Bohemiae et ejus nexu cum
imper. Rom. Germanico. Ms. saec. XVIII. 1 Ctm. stark.
26. »Das entwendete Haupt der b. Anna«. Diplomatischer
Beitrag z, Gesch.' des leligiflsen Fanatismus am Schluss des
XV. Jahrb. ans archi?al. Urkunden aufigestellt F. J. Bod^
mann. 1807. Ist kefaie Ausarbeitung, sondern eine Samm-
long von 51 Originalschriftstdcken aus den Jahren 1600 — 1543f
die den genannten Gegenstand betreffen.
27. Notizen über das Besthaupt €k>nvoIut einzelner Notlzzettd,
Aber 2 Ctm. stark, von Bodmann mit dem itmi eigenen Fleisse
aus Urkunden auüs soi^^tigste gesammelt.
28. De obstagio. Sammlung urkundlichen Materials darüber von
Bodmann. 7 Bl. 4°.
29. Processus pelendae confirmationis et s. pallii in Urhe
pro archiepiscopis et episcopis. Ms. saec. XVII. Fol. circa
• 150 Blatt.
30. Juristi.^che Abhanillung von der Ajtpollationsinstanz reichs-
rittorschaftiicher Unterthanen und Hintersassen bei
denen Hitlurdircclorien und Cantousgerichten ihrer Herrschaften.
Von Franz Hennann. 1792. Auszug von Bodmann.
Dlgitlzed by Google
m
GöUe:
31. Entwurf der Ratificatimmfoniiel für den Westfäl. Frieden.
Goneept !*/> Bog.
32. Journal des Gampagnes 1744 et 1745 sous le Roy Lonis XV.
Ms. Fol. 264 S. Genaues Tagebuch mit guten Plftnen von
Schlachten und Belagerungen. —
Plan du combat de Dettingen. 27 juin 1748.
Bataille de Fonlenoy. 1 i inai 17^. Atlaques de la ville de
Toiimay, de la citadelle de Toumay, d'Oudenarde, d'Ostende,
de Nieuport, de Balh. 1745.
33. F. V. V'orstor, Erläuterlo doulsche Alterthümer. Ms.
Fol. 567 S. Boschfiftigt sich vorzugswcisp mit den Franken,
ihrem Ursprung, tloni Ursprung der Gonradinor etc. etc. —
Nicht identisch (wie Annal. des Naas, Geschichtiwereins XI,
372 anfrenoniraen wird) mit dem im Idsteiner Arclüv befindl.
Manuscript.
34. Zeichnungen von Siegeln geistlicher Corporationen, Ritter-
orden, Stifter, Kloster, Kirchen und einzelner Gdstlidien. —
Ehthält Tausende von Siegelzeichnungen, vorzugsweise aus
den sud- und westdeutschen Diöcesen, von Bodmann mit
ausgezeichneter Genauigkeit ausgeffihrt.
35. Der zweiköpfige Adler als ein Zeichen des tentschen Reiefas
. aus neu entdisckten Siegefai K. Ludwigen IV. von Bayern un-
widersprechlich beygelegt v. Frz. Jos. Bodmann. 1802. —
Ms. und Druckschrift, mit zahlreichen Nachträgen auf ein-
zelnen Zetteln, sowie einer grossen Zahl anderer gedruckter
Abhandlungen über denseU)en Gegenstand. Ein Gonvolut von
. ca. 7—8 Ctm. Höbe.
II. Uobertiolit
Aber die auf ScUoss Miltenberg vorhand^ien Chroniken und
verwandten Werke.
Bern. Es erschien angeBeigt, die Chroniken u. s. w. an einem Punkte
Qbersiebtlich zusammenzuslellen. Der Volbtändigkeit wegen wnd sie «her auch
unter den Archivalit'ii der Ix'zfi^rlirhrii Territorien angeführt und dort auch ÜUS
Tilel in exteiiao und sonstige Bemerkungen mitgetheilt worden.
1. Hisioriae Treverenses per Balderieum conscriptae (s. unten
IX, 16).
2. Annales coenobii S. Maxim in i (s. IX, 20).
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Die aiehivaUsdien Sammlungen anf Scfakm HUtenbeig in Beyern. 167
3. Annales monasteriorum drdinis S. Benedict! in
Arduenna sitorum u. s. w, GoDScripti per Henricum Bran-
danum (s. IX, 27).
4. Chronicon arcbiepiscoporum sanctae dvitatis Goloniensis
(s. X, 1).
5. Chronicon Coloniensc a Gcicnio scriptum (s. X, 9).
6. Geschichte der Stadt Geseke (s. XI, 19).
7. Chronicon vndt altes Herkommen der Landtgrafen in
Thfirinf^en vndt Hessen etc. bis 1480 (s. XII, 13).
8. Chronik von Erfurt bis 1587 (s. XII, 4>
9. De origine urbis Erfordiaeaba. 438—1572 (s. XU, 6).
10. Historia Erfurtensis usque ad a. 1665 (s. XU, 7).
11. Rüthen; dessen Nachricht, Ui-sprung u. |. w. (s. XI, 20).
12. Wilh. Werner Graf von Zimbern Chronik der Bisthfimer
Mainz, Worms, Wärzburg, Eichstftdt, Speyer, Straasbtug (s. I,
13. Journal des Gampagnes 1744 et 1745 sons le Roy Louis XT.
(8. a I, 32).
14. Hieronymi Fröschel Hauschronik 1529—1600 (s. IV, 17).
15. Johannes Müllneri Annales Norimbergenses bis 1467
(s. IV, 18).
16. Chronica der Reichsstadt Nürnberg von 1505—1600 (s. IV, 19).
17. Chronik des Risthums Würzbur^ bis 1557 (s. IV, 20).
18. Gründliche und wahre Beschreibung des Stiils Würzburg
(s. IV, 21).
19. Chronik von Franken bis 1520 (s. IV, 22).
20. Von der Abtey Weissen bürg etc. (s. V, 10).
21. Annaliuni Worniatiae fragmenta (s. VII, 3).
22. Gatalogus episcoporum Wormatiensinm bis 1533
(s. vn, 7).
23. De antiquitate Gi?itati8 Vangionum (s. VII, 10).
24. Rhythmische Beschreibung etc. über Streit%kdten zwischen
Geschlechtem und Bürgeischaft zu Mainz (s. VI, 8).
25. Annales archiepisooporom etc. Haguni von Hehrich (s. VI, 34).
26. Mainzer X7niTersii&ts-Ghronik (s. VI, 45).
27. Aurea Maguntia etc. (s. VI, 46).
28. Chronik von Mainz 1460-1505 (s. VI, 9).
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168
G<tt»:
III. RechtsbUcher und Verwandtes.
Hern. Bezri(rlicli diesor Abtlieilung gilt zam Theil dasselbe, was an der
Spitae der vorigen Abtbeilung bemerkt ist.
1. Holländischer Sachsenspiegel. Ms. saec. XVI. 189 Bi. Fol.
(erwfihDt bd Homeyer, Verzeichnis deutscher Rechtsböcher des
Mittelalters, entweder sub Nr. 27 oder 29.)
2. Speculom franconico-belgicum. Ms. saec. XVL Fol
Pap. 84 Bl. — Hyer nae volgen des keyaers rechten die
Goenick Kairl maecten tot vrede enn tot nulte alle der weriL
3. Kaiser Friedrichs Landrecht. Ms. saec. XV. Klein Folia
Pap. ca. 2 Ctm. stark.
4. Statuten der' Stadt Arnstadt 1543. Angeb. vorscliicdene
Polizei- und Kirchenordnungen saec. XVL et XVIL, gedruckt
und geschrieben. Fol. ca. 2 Ctni. stark.
5. Statt-Buech v. Augsbur^r (s. IV. 3).
6. Der Stadt Augsburg Rechtsbuch (s. IV, 4).
7. Augsburgor (Jcrichlsordnung. 1571 (s. IV, 5).
8. Bayerisch Laiidrccht, ornchtcl i. J. 134(j von den lltr/.ü};cn
Ludwig, Markgrafen zu Brandenburg, Stephan, Ludwig und
Willielui, geschrieben duich Leonaid iMünichujuycr, Gerichts-
schreiber zu Ingolstadt, i. J. 1432. Fol Pap. 82 Blatt, (s. IV, 1, 2.)
'9. Jura Bambergensia (s. IV, 8).
lü. Gonsuetudines Principatus Banibergensis (s. IV, 7).
11. Des h. Reichs Stadt Biberach Gesatz etc. (s. IV, 10).
12. Stadtrecbten, welche in dem Königreich 'Böheimb n. Maig-
graffthum Mähren fiblich . . . ai^etzo in die deatBcbe Sprache
übersetzt Ms. fol. saec. XVII. 4—5 Ctm. stark. Mit Register.
13. Statuta reipub]. Bremensis, primum ab Henr. Krefiingio,
quondam consule huius reipulilicae, in novum ordinem redacta,
. . . quibus Job. Almerus suas notas adjeeit, haoc omnia autem
in eum qui in praesenti vohiniine cemitur modum congesta
sunt per Job. Waclunannuui Syndicum. Ms. saec. XVII/XVUL
Gross-Folio. f) Ctm. stark.
14. Dorf Reciii zu Hoffzbaim. 1566 (s. IV, 15).
15. Reglement wie o.s hinfiihro in den Branden bürg- Gulm-
bach. Landen bei Ehe-Verlöhnisseji etc. etc. gehalten werden
soll. Abschr. emes Drucks. Bayreuth 1738. Fol. 1 Ctm. stacL
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Die archinJisehra Sammlungeii «uf Schlon MUteoberg in Bayern« 169
16. Statuta Clivonsia (s. X, 26).
17—23. Cülner Statuten (s. X, 2-8).
24. Dinkelsbilliler Slaluleii und Processordnung (s. IV, 11 u, 12).
20. Eiclistädter Polizei-Ordnung (s. IV, 13).
26. Gräflich Erbachische Ordnungen (s. VII, 16).
27. Essen'sche Statuten (s. X, 25).
28. StatnteQ der Stadt Flensburg. leOO (s. XIV, 1).
29. Statuta d^ Stadt Frankenbausen. 1558 (s. XU, 11).
90. Nöwe Stattrechten vnd Statuten der Stat Fryburg im
Pryssgow gelegen. Ms. Fol. Abschrift eines Druckes 1520.
31. Ordnungen der Grafschaft Gleichen. 1533 (s. Xn, 9).
32. Statutum Glogoviense et Lignicense etc. (s. XV, 3).
33. Büchsenschützen und Kanzlei-Ordnung drar Stadt Goslar.
1749 und 1055 (s. XII, 2).
34. Statuten der Stadt Hagenau. 14. Jahrg. u. fgd. (s. V, 4),
35. Landt-s-Ordnung des Fürstentliumh Hessen. 16. Jahrhundert,
(s. Vn, 16).
36. Von Gottes Gnaden Unser Johann Friedrichs des Ritterlichen
S. Johann-Ordens Obristen Meislers in Tcutsclien Landen etc.
Neugemachte Herrschaft, Ordnung, Statuten und Satzungen etc.
1620. ib. foL 62 S. saec XVQ.
37. Statuta Isnensia (Issny in Wfirtemberg). Ms. saec XVIL
1 Gtm. stark. Folia
38* Polisey und Landts-Ordnung der Landgralbchafll Kleggew.
Aufigericht 1603. Orig. Ms. FoL Erst Register, danach 229
beschridiene Biatt.
39* Ordnungen, Statuta, Articul vnd Satzungen dieser des h. Reichs
freyen Stadt Leutkirch. saec. XVI. Ms. saec. XVIL 1 Gtm.
stark.
40. Weisthum des Dorfes Mauenheim bei Cöln (s. X, 22).
41. Statuten der Reichsstadt Nordhausen. 16. Jahrhundert,
(s. XII, 10).
42. Statuta der Reichs-Sladl Nördlingen etc. (s. IV, lij.
Statuta Dinckelsbuhliana, gedr. 72 S. Folio.
43. GrOndliche Dednction aller der Stadt Nürnberg hergebrachten
Recht etc. (s. IV, 6).
44. Landgericfats-Ordnung der Gra&cbaft Oettingen (s. IV, 14).
45. Orlamfindische Statuta. Aus dem Amtsbuche 1511.
Ms. saec XVHL 4 Bl. FoL
i^iyiu^cü L-y Google
170
Gttae:
46. Ostfriesisches Landrecht (s. XIÜ, 1).
47. Jura et privilegia civitatis Reesensis; sacc. XVI. (s. X, 27).
48. Priviloijria und Statuta der Stadt Remda, im Horzogl^hum
Eisenach, ronnvirt und confirrairt 1635. Ms. Fol. 1 Cm. stark.
49. Statuta Servostana, ex jure doctoribus et observationibus
enucleata a Matthia Kellero. 1693. ~ Ms. Fol. ca. 100 Blatt.
50. Ilie nach volget der statt Strassburg Recht saec. XVI.
(s. V, 9).
51. Stadt Wertheimische Statuten. Ms. Fol. saec. XVni. 2 Hefte,
zus. 1 Cm. stark.
52. Reformation und Ordnmig alten Herkommens und Rechtens,
auch etlicher neugesetzten Statuten der Statt Wimpfen.
1544. 4^ Pap. 1 Gm. stark.
53. Gentgerkfats-Ordnnng im Bisthum Wfirzburg. ca. 1520l
(s. rv, 9).
54. Statuta Zutphaniensia. 1543. Ib. saec. XVIL Fol
Cm. stark.
55. Proces^sordnung in den Nassau Itzsteinischen Landen. 1654.
(s. VIII, 5).
IV. Bayern.
1. Bayerisch Landrecht, errichtet i. J. 1340 von den Herzögen
Ludwig, Markgrafen zu Brandenburg, Stephan, Ludwig und
Wilhelm, geschrieben durch Leonard Münichmayer, Gerichts-
Schreiber zu Ingolstadt i. J. 1432. Fol. Papier. 82 Blatt
2. Dasselbe, Abschrift des Jahrb. cum varOs lectfonibus.
136 Seiten. Folio.
3. Statt- Buech von Augsburg, in welchem eins E. Rahts
vnd gerichts auch andere Polizey Ordnung, so anno 1582 von
Kaiser Rudolpho n. confirmirt worden. Bis. Fol. saec. XVIL
4. Der Stadt Augsburg Rechtboch. Ms. des 16. Jahrhunderts.
11-164. Blatt. Folio.
5. Augsbnrger Gerichtsordnung, durch ein Ehrwürdig Gapitul
des Dhumbstifts zu Augspurg in und an iren Gerirhton zu
halten fürpononmien. 1571. 40 S. Folio. Ms. des 18. Jahrh.
6. Gründliche Üeductioii aller der Stadt Nürnberg]: hergebrachten
Reciit und Gerechti^'koiten, Ursj)nmg und Herkununen etc.,
zusammengetragen von Johaim Müllem, Ratlisschreibem. Ms.
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Die aiehivaliachen Sammhnnen auf Schloss Hittenbeiv Bafon. 171
saec. XVn und XVHI. Ein ungeheurer Foliant, ganz be-
schrieben.
7. Consuetudines Principalus Bambergensis. Ms. FoL saec.
XVIII. 30 Bl.
8. Jura Bambergensia. Ms. saec. XIV/XV. Papier, etwa 1" stark.
9. Gentgeriditsoidnung im Bisthum Wfirzborg. Ms. FoL Papier,
saec XVL (etwa 1520;30) 109 Bl.
10. Des h. Reichs Stadt Biber ach Gesatz Ofdnmig und Stadt-
recht 1697. Us. Fol. Von Bodmann abgesehrieben. 12 Bogen.
11. Statuta der des h. Rdm. Reichs Stadt Nördlingen etc.
1709. Gerichts-Ordnung 1535 etc. Ms. ca. 100 Blatt —
Angebunden: Statuta Dinckelsbuhliana, gedr. 72 S. Fol.
12. Dinkelsbühler Process- und Vonnänder-Ordnung. Ms. saec
XVin. IVü Cm. stark. Fol.
13. Eichstädter Polizeiordnung. 1707. Ms. 98 S. Fol.
14. Landgerichtsordnung der Gra&chaft Oellingen. Ms. saec.
XVn. 70 Bl. fol.
15. Dorfrecht zu Boffzheim in der Herrschaft Kosenberg de
anno 1566. 11 S. Fol. Ms, saec. XVm.
16. Gerichtsprotocolle von Amorbach d. a. 1433—58. Halb Folio.
Papier. 2" stark.
Desgleichen vom Ende des 14. tmd Anfong des 15. Jabih.,
halb Folio, Papier, 1 Vt'* stark.
17. Hieronymi Fröschel J. D. Hanscfaronik. 1529—1600; bezieht
sich hauptsSchlich auf Bayern und Franken. — Ms. saec XVL
FoL 700 Seiten.
18. Johannis Mällneri Annales Norimbergenses bis 1467.
Ms. saec. X\TTT. 3 mächtige Folianten.
19. Chronica der Reichsstadt Nürnberg von 1505—1600. Ms.
Folio, 1366 Seiten, gleichzeitig.
20. Chronik des Bisthums Würzburg bis 1557. Ms. Fol. saec.
XVI. ca. 220 Blatt boschriclicn. Besonders ausführlich be-
haiich^lt der Verfasser die Ereignisse seiner Zeit.
20 a. Dieselbe Chronik bis 1675 fortgeführt. Ms. saec. XVU.
Fol. Starker Band.
21. Gründliche und wahre Beschreibung des hochgefreiten löblichen
Stiftes Wörzburg von Ursprung, Fortpflanzung und Zunahme
desedben bb auf jetzige Zät (1693). Band L bis- Anfang
des 16. Jahih. Ms. FoL saec XVII. Ueber 400 Blatt.
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172
Gdtie:
22. Chronik von Frankon (eher Würzburg). Reicht bis gegen
1Ö20. Bis. 4« 360 Seiten.
23. Spirensia ad augcndam et corrigendam Lehmann! historiam
s. chronicon Spirense, ex archivo civitatis Spiiensis ao 1813
a me Fr. Bodmann Mbg. accuratione suprema deseripta ex
origg. In Bodmann's Exemplar dieser CSuonik die Bemerkung:
C3iartas a Lehmanno in hoc cbronico pleramqae Titiose dataa
contuli cum originalibus archivi civitatis Spirensis menda cor-
rigendo, omissa supplendo; accalunt multo plura diplomata,
qaac ex originalibus ejusdem archivi sedulo descripsi et in
speciale volumen redejri, una cum sigillis deüneatis, quod exslat
in Manuscri])tis meis ei nunquam ab hoc Lehmann! opere
separari debet.
Ms. 3 Cm. starlc. 4«.
24. Colloitanea über die Erzämter des Bisthums Bamberg.
8 Bogen.
25. Kanser Begriff der zwisdien dem Hoehstilte Wfirsbiirg mid
den l)enaclibBrten Städten von Bischof Julius Zeiten geschloaeiien
Yertrtgen und Recesse. Von 1587—1685. 4*. 350 BL
26. Bambergensia et Herbipolensia, die dortigen Stifter und
Klöster lietr. — Absdiriften und schOne Siegebeicbnnngen
V. Bodmann. 4*. 7 — 8 Cm. stark.
27. Urkundenabschriflcn von Bodmann betr. die Bisthümer Frei-
singen, Eichstadt, Speyer und Würzburg. 2" stark.
28. Copialbuch des Klosters Frauenrod in der Diöoeae Würx-
burg. 12—16 Bogen 4«'. Bodmanns Hand.
29. Diploniatarium Olterburgense (bei Kaiserslautern). Bodmann-
sche Urkunden-Abschriften; ca. 300 Urkunden.
30. Gräflich Rieneck'sche Stammtafel nebst Bemericungen dazu,
von Dahl
V. Elsass und Lothringen.
1. 150 Original-Urkunden, meist die Städte Hagenau, Strass-
bnrg und den rheinischen Städlebund betr., a. d. Jahren
1178-1676.
2. »Argentinensia«, ein ConvoJut Urlcundenabschriften Bod-
mann. 4°. 1'/» Cni. stark.
Diese Ueberschrift passt nicht. Der Fascikel enthält zu-
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Die archivaliscben Sammlungen auf Schloss Miltenberg in Bayern. 173
nSdist »CSmitae ineditae, Abbatiam Weissenburg in Alsatia
oonceraentes, descriptae ab origg. aichivi ecdesiae Spirensis
anno 1810«. 6 Bogen 4 ^ Nachher Abschriften ▼on Urkunden
ans dem Sirassborger StadtarchiY, eine Anzahl Eaiser-Uilnm-
den u. s. w.
3. Ein ConTOlut von ürkundonabschriflcn der Praposilur Schiets
Stadt, von 1094 an. Abschrift des 18. Jahrb. »Aus Dürr'schen
Papieren.«
4. Stadtbuch von Hagenau. Ms. Gross- Folio, Pergament.
Holzband. 155 Blatt, fast überall beschrieben, beginnend mit
dem Jahr 1339. Bei weitem die meisten Aufzeichnungen
gehören dem 14. und 15. Jahrliundert an, weniges dem
Anfang des 17. Jahrli. — Enthfdt ein sehr reiclies Material
für die gesammte Verfassung der Stadt, sowie auch chronistische
AufiseichnuDgen.
6. Fragment ebes Gopialbuches saec. XV. des Klosters Weissen-
burg. BL 78—100. Fol. Pap. EnthfiU Urlcundenabschiifien
des 14. und 15. Jahrh.
6. Sammelband mit Handschriften und Drucken des XV. bis An-
fimg des XVIL Jahrh. Enthält: Stadtv^assungen und Polizei^
Ordnungen aller Art von Strassburg, Hagenau, Heidelberg,
• Basel, Ulm, Landgrafschaft Hessen; historische Notizen
über die Besitznahme von Metz durch Frankreich; über Re-
llgionsangelegenlieiten i. J. 1543; Landfrieden zwischen König
Buprecht und der Stadl Sfnr^shiirgr 1408 (Copie .=aec. XV.);
Herzog Ulrichs von Würtmiberg Vertrag mit Kaiser Karl V.
(1547); Bündnisse und Landfrieden zwischen den 7 Kurfürsten
1438 (Abschrift saec. XV.); Gopia der Instruktion und an-
bcfoiüenen Werbung der 4 Städte Zürich, Bern, Basel und
SchafThausen an die 5 Orte Lucern, Uri, Schwitz, Lnterwalden
und Zug, 1588; Artikel, wie dann zwischen unserm h. Vater
dem Papste und dem König von Frankreich vertedinget sind,
1495 (Copie gleichzeitig); das Turnier zu Würzbnrg 1479; Heini
Thuring Bingen, Ritters, und Friedrich Beger t. Geispols-
hehn Schriften gegen .einander 1469, 10 BI. Fol.; Bericht eines
Augenaeugen Aber die Hfairichtung des WOhehn t. Grumbach
und seiner Genossen zu Gotha; der Stadt Strasdmrg Zug hn
Dienst des Kaisers gegen den Herzog von Burpnnd 1475,
4 Bl. Fol. Ms. saec XV; kurtze vnd wahrhaffte Erzehlung,
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174
Götze:
wess gestatt Prinz HoriU Nassaw jungsthin mit einer groBsen
AnzaU Schiffen in Flandern eingefiiUen . . . vnd jetzo die
Stadt 'Sddniss belagert, ein einseitig bedrackler Bogen, oben
mit Karte von Flandria borealis 1604 iL s. w.
7. Acten über Gonflicte der Stadt Hagenau mit der französischen
Regierung wegen Jurisdiction, StadtverHusung etc. 1670. Ifit
Abschriften und Uebersetzungen filterer Urkunden. 1 Gonvolnt
in Folio, 4—5 Gm. starlc.
8. Monasteriorum Gomaniac partis primae Uber continens Mona-
steria urbis ac dioecesis Ar gentinen sis.
Ms. aus dem Nachlasse von Dürr, etwa 1610 — 1620.
Enthält einige Nachrichten uher die Gründung einiger EMsser
Klöster. Fol.
9. Ifie nach volgct der statt Strassburg Recht vnnd Freyheitten.
Ms. saec. XVI. etwa 100 Bl. Fol
10. Von der Abley Weissenburg, so der 4 Gefurslen Closter
des Römischen Reichs eine ist, mitten im Elsas gelegen. Fol.
Pap. 10 Bl. Eine (Chronik, die bis 1581 reicht, vielleicht auch
zu derselben Zeit verfasst und im 17. Jahrh. gesclirieben ist.
11. Vertrag zwischen dem Erzherzog Ferdinand von Oesterreich
als Landvogt von llayonau und dem Rathe der Stadt Hagenau
wegen verschiedener Streitigkeiten. 1578. Juli 26. Gleichzeit,
beglaub. Copie. Pap. Fol. 10 Bl.
12. Ein Convolut von Urkunden- Abschriften des Walpurgis-
klosters bei Hagenau. Abschr. des 15.-18. JahilHBiderts.
2" stark.
13. Zwei Elsässisehe Forslordnungen (Strassburg
und Hagenau). 16. Jahrb. Gleichzeitige Abschrift.
14. Litteralien und Urkundenabscfariften aus dem 14,/15. Jahr-
hundert, darunter Bündnisse der Städte Mainz, Speyer,
Frankfurt, Hagenau, Weissenburg, Strassburg, SdÜettstadt,
Worms etc. mit den Grafim Nassau, Spmiheim, den Pfiilz-
grafen bei Rhein, den Herrn zu Erbach v. 1382/3, und sonstige
den Rheinischen Städtebund betreffende Verhältnisse.
Auch innere Verhältnisse der Stadt H a e n a ii Ijctr.,
Friedensvertrag zwischen Loo|)ol(l v. Oesterreich und Hagenau
von 1324 Mittwoch nach Michael, arcliang.
Ordnung einer Ehrsamen Oberkeit zu Strassburg, wie
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Die arcbivaUsehen Sammlungep auf Schloss lUttiiibaif in Bajern. 175
öffienüiche, Sigeriiclie Laster dasdbsten mit cbriaUichem Emst
gestrafft werden. 25. Aug. 1629. Abschrift des 18. Jahrb.
»Dis sigent der Anloss, Ansprachen, Antwurlen, Wider-
rede und Nachrede, so sich zwuschent der Stat und Peter
Sehriber hergangen und gemacht haben, als er unter ime geben
bt« 1447. Ehi Folioheft mit 27 beschridwnen Blfittem. Pajrier.
Gleichzeitig. — »Abschrift der Stadt Strassburg Schworbrief,
anno 1482.c 6. Bl. Fol 18. Jahrb.
«
VI. Mainz,
Kurfurstentbum und StadL
1. 78 Original-Urkunden des 13. — 17. Jahrhunderts, darunter 24
über das Kloster Mariähauscn.
2. Zalilreiche nach Mainzer Ori^inalien facsilimirte Uikunden
saec. XI. bis XV., von ßodmann mit äusserster Treue nach-
gezeichnet.
3. »Sämmtliche Privilegia der alten Stadt Mainz tem-
pore Consulum, von Erzbischöfen Domcapitel und auswärtigen
Dynasten«.
* »Sol(he sind von mir Fr. Jos. Bodniann, b. Rechte
Dr. und Profes-^or zu Mainz, aus einem uralten, aus der
K. Regierungs-Regislratur mir communicirten Codice pergameno,
so ex incendio sub Adolfo gerettet worden, mit der grässten
Accoratesie oophi worden L J. 1785.c Innere Au&chrift:
Privilegia Moguntma saec. XD. usque XV. 24 Bogen Fol. Der
Faseikel enthält eine grosse Zahl von Urkunden über allerlei
Verfaftltnisse, die zwischen den Erzbischfifen und der Stadt
Ifafaiz hl Frieden und Unfrieden vertianddt smd, daher auch
Reversalen der Stadt, femer Bändnisverträge mit anderen
Städten, namentlich Speyer und Worms, Urkunden fibtf Hftndd
mit denen Ton Falkenstein und Hohenfels etc.
4. Beiträge zur Geschichte der Mainzer Revolutionen im
Mittelalter, der dadurch veränderten städtischen Reginicnts-
verfassungen und des hierdurch veranlassten Verfalls des
Mainzer Patriciats.
Auszug aus einer alten, noch ungedruckten Rathschronik
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176 0M3»t
der Stadt Mainz saec. XIV., welche Herr GHanburg in Frank-
furt bosil7.t. 1332.
Abschrift von Bodmanns Hand, 18 Bogen 4**; reicht bis 1452.
5. Aurea Moguntiu nilrr dos heiligen Stulds zu Mainz Lcdi,
Ruhm und Aiterthunib etc. Ms. Abschrift aus einem älteren
Werke. 4«. 8 Cm. stark.
6. Von ehemaligen Landständen des Erzstifts Mainz,
ihrem Ursprünge, ihren Befugnissen und ihrer Erlöschung.
Abschrift von Bodmann. IV« Bogen stark.
7. De patriciis Moguntinis. Von den Patrieiertamilient Ge-
lehrton und sonst vornehmen Personen zu Mainz.
Ms. Bodmanns, 5 Cm. 4°. Sehr floissi^n^ Sammlung.
8. Rhythmische Beschreibung dessen, so circa a. 1430 zu Mainz
wegen Exauctoralion der alten Geschlechter aus
dorn Ratlie und Erwählung der Büi'gerlichen in denselben vor-
gegangen ist.
Ex Mso. coaevo bibliothecae domini de Glauburg Francofurt.
mihi F* Bodmanno Mog. ao. 1811 benevole coramunicato. Ab-
schrift Bodmann^s. 6 Bogen. 4^ Ist eine Darstdhing der
genannten Ereignisse in Versen.
9. Chronik v. Mainz von 1460—1505, vom defect, ungeflSir
100 Blatt
Kriegk und Vehdschaft des Edebi Franzen Sickingen.
1481—1523, ungeOhr 60 Blatt
Vom Vflhihr des gemeinen Volks (Bauernkrieg), so anno
1525 auss den vlfirahrigen predigen des newen Evangelii ent-
standen. 1525.
Schmalkaldischer Bundeskrieg, ao 1646 — 1555.
Ms. saec XVI. 4°. zusammen 4 Gm. stark.
10. Das entwendete Haupt der h. Anna, Diplomatischer
Beitrag zur Geschichte des religiösen Fanatismus am Schlüsse
des 15. Jahrb., aus archivalisclien Urkunden angestellt und
geliefert von Franz Jos. Bodmann. 1807.
11. De testamentis conjugum reciprocis et jure et more
anti(iuo civitatis Moguntinae.
Gesammelt v. Bodmann. Ms. saec. XYf.
12. »Revision der Stadt Mainz i. J. 1G57 von dem Stadt- und
Rathssclu:eiber Emanuel Kummer verzeichnet.«
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Die «idiivaliMhen Sumnhingen auf Scblms Hiltcnbeif in Bayern. I77
Abschrift von Bodmann. 19 Bof^cn. 4°.
Enthält die genaueste Beschreibung der Stadt Mainz, indem
jedes einzelne • Flaus benannt wird. Zunächst natürlich von
localcm Interesse, würde aber bei entsprechender Bearbeitung
auch von weitergehender Bedeutung sein.
13. Juristische Abhandlung von der Appellationsi 11 stanz
reichsritterschaftlicher Unterthanen und Hinter-
sassen bei denen ttitterdirectorien und Cantonsgerichten ihrer
HenscfaaftoiL Ton Frans Hermann. 1792. Auszug von Bod-
mann.
14. Anecdota Moguntina dvitatem Moguntinam Gonconoitla.
Abschriften Ifainzer Urkunden, ungefähr 200 Bogen FoL
18. Jahrh. Gehörte dem Prot Dörr.
15. Abschriftensammlung von Urkunden und ArchiralaussOgen ver-
schiedener in die froher Kurmainzische Verfassung einschlägiger
Gegenstftnde.
16. »Gdkctanea ad res Hoguntinast, t. Bodmann.
17. »Gollectanea ad historiam antiquam Hoguntinam«; Abschrift
V. Bodmann.
18. >Anecdota ad historiam Moguntinam« ; ebenfalls v. Bodmann.
19. Chartae ineditae ex originalibus diligentissime descriptae a me
Franc. Jos. Bodmann, uiaxime Moguntina. lieber 80 Bogen.
20. Von der ßesthauptsthätigung in den Kurmainztschen
Aemtern. 18 Bogen. Abhandlung Bodmanns.
21. »Varia collectanea ad res MogunLioas spectantia«. Bodm.
3 Fase. 4°.
22. Besitz der Oberherrschaft u. des sogen a n n t on Eigon-
thums an dem Rhein- und Mainstrom, wie solcher
von dem Kurthume Main/, nach Verträgen und Herkommen
von älteren Zeiten bis itzo hergebracht ist; ca. 25 Bogen.
Druckferiige Abhandhmg von Bodmann, 4*, mit zahl-
reicfaen Urkunden-Abschriften. Enthält die Gerechtsame der
llabizer Kurftirsten auf beiden Flössen, deren Verträge mit
Nachbarstaaten über dieselben, hi specle Ober Maiktsdulfbhrt,
LebpfiMte etc.
23. Pronundata et Statuta in concilio provinciali Mogun-
tinenst. Sub anno 1424 die XVUl. Mensis Martn. Qnod
AiditvsIlMbi BdlMlirift n. IS
178
QMae:
hereses WidefT de Anglia et Joh. Ilussonis ac Jeronimi de
Praga reprobate et oondempnale fuerunt in Goncilio Constan-
tinensL Ms, saec. XV. Perg. Folio. 78 Blatt.
24. Häuser und Plätze in Mainz, nach iliren alten Benennungen.
2 stailce Volnmiiia. Sanunhing Bodmanos.
25. Testament des Gardinais Albrecht von Mainz 1640.
Relation über sein Leichenbegängniss. 1546. CHeidi*
zeitig.
26. Wahleapitulation Erzbischo& Johann Friedrich Karl
zu Mainz. 1743. Gleichzeitiges Ms.
27. Wahleapitulation des Erzbischofe Emmerich Joseph
Yon Mainz. 5. Juli 1763.
Abschr. Bodmanns.
28. Processus informativus super (}ualitatibus Eminentissimi
et Revercndissimi Dom in 1 Emmcrici Josephi lib. Bar.
deBreidbach in Bürresheim, archiepiscopi Moguntinensis,
S. R. I. Principis Electoris, electi episcopi Wormatiensis, nec
non super statu ejusdeiii ecciesiae calhedralis Wormatiensis.
Ms. Fol. 22 Blätter.
29. Gapitulatio et Rd^ Archiepiscopi et Electoris Hogantini
Domini Emmerici Josephi sub d. 5. Juli 1763. Danach
die letzten Worte gestrichen nnd statt deier gesetzt: Fndend
Garoli Josephi s. d. 18. Jnlii 1774. Von derselben Hand auch
mdir&cbe Aenderangen und Zusätze im Ms. 22 Bogen Folio.
Dabei: OhnTorgFeiflIche Uonita circa Gapitulationem ekcto-
«ralem. 6 Bogen.
Historie von Erwählung ErzbischofTcns Dietherid y. Is^burg
zum Erzbischof zu Maintz. 1459. 125 Seilen.
Kurtze Relation und Erzehlung, wie die Stadt Mayntz ao. 1552
von Markgraf Alberto v. Brandenburg eingenommen, zum Theil
geplündert, gebrandschatzt und zum Theil verbrandt ward.
20 S. Folio.
30. De perpetua confoederatione inter reges Bohemiae et
Electores Ifognntinos. 3 Bogen.
31. GoUectanea ad vitam, res gestas, mortem, cdtum et rdiiina
Willigisii archlespisoopi Moguntini.
Ms. saec XVH Fol. 2 Gm. starL
32. »Das Domcapitel zu Mainz betr. ad Ghronioon GapitoU
Majoris Moguntini«.
Di« ardiifiliKlNii ftunmlmigm auf Sehloai HUtenberg in Baytra. 179
Enthält u. a. 2 Abschriften von Norrologicn des XI. und
Xn. Jahrb., woraus sich die Todestage der ältesten Eizbischöfe
erflehen, von Bodmann (mit Nr. 508 bezeichnet).
BS. Feldmesserei-Ordnung des Domcapitels zu Mainz für Hoch-
heim. 1600.
34. Annales archiepiscoporum, praelatorum ceterorumque
canonicorom majoris ecciesiae Moguntinae. Tomi IV. Fol
Von Helwieh; circa 1600—1600 Blatt Fol, geschrieben etwa
1620-1680.
Enthtit Stanunbärnne der Domherren, Wappen, biogra-
pfaiacfae Notizen, Grabsefariften, Stiftungen etc. etc. Ein Werk
▼on eminentem Fldase. (Nassauische Annalen XI, S. 364.)
35. Ritualia et statuta ecclosiae Moguntinae. Handschr.
des 15. Jahrh. Pap. Fol. 203 Bl. Enthält auch die sämmt-
lichen Urkunden (mehrere hunderte), durch welche die inneren
Verhältnisse des Hochstifles Mainz geordnet worden sind,
darunter Kaiscrurkunden und päpstliche Urkunden, erstere
bis zu den sächsischen Kaisern hinauf.
Besonders wichtig ist das Ms. für die Geschichte der Erz-
bischöfe Johann IL und Conrad HI.
36. Probationes Genealogicae canonicorum Mogun-
tinenainm ez eqnestri fomiHa natoram, a 16 mgloram
mRninibas ac hisignibos dedactae a Georg. Helwieh. Afanen-
pxoben mit Wappenzeichnimgen fOr 48 Domherren.
Handzekhnmig resp. Iis. Folio.
37. Dioecesis Hoguntina in parochüs. GoUeeta per me
Sebastianum Severum nunc parochum in Wallthüren. Mi.
Pap. 4°. circa 4 Gm. stark, 1773; mit zahlreichen Urkunden-
abschriften.
38. Ck)lIectanoa, die Mainzer Geistlichkeit betreffend (mit Nr. 237
und 495 txjzeichnet); 2 Convolule.
39. Ad chronicon ecciesiae collcgiatae S. J o a n n i s Moguntini.
Handschrift Bodmanns. Zahlreiche Auszüge und Abschriften
Ton Urkunden etc. 4°, über 1 Gm. stark.
40. Necrologium ecciesiae B. M. V. ad gradus. In dnem
Ms. saec. XL Bodmanns Abschr. Qn ehiem Gonvoliit >llo-
gunthiac mit Nr. 613 bezeichneL)
41. Annales monasterÜ S. Jacobi roontis spedori prape Mo-
gontiam extra muros civitatis ordhiis S. Benedkti qöoad fim^
180
dationem, abbatum soriem et auoces^onem, variamque tem-
porum et universorum saeculorum vicissitudinem.
Verfasst und geschriebon von Pater Benedict Gebhart anno
1734. — 30 Ho-en Folio.
42. Diplonuilarium monasterii Moatis S. Jacobi prope
Moguntiani.
Absclir. des 17/18. Jahrh. 28fi Seiten Folio.
43. »Diss ist die Ansprache und Forderungo, die wir Anshelm
Apt und Gonvent zu S. Jacob zu Mcnze (folgen die
fitoigen Hainas» Stifter) han und dun an die Bürger-
meisterei Raidt, die Zunftmeistere., zu Mentzec.
Orig. Ms. saec. XV. Fol. Papier. 6 Bog.
44. Flores spani ad jnra quaedam et privilegia spedaUa archiepi^
scopatus et eledoratus Mogimtlni, quoiB illustris jmis consnl-
torum ordinis anctoritate in alma Moguntina universitate
pfo lieentia summos in utroque jure honores capessendi ezponit
H. L. Q. C. 1 Gonvolut von 7—8 Cm. Bodmanns Ms.
Dabei z. B. von derselben Hand: Extractus actoraai«
hisloriam et jus stapulae Moguntinum exhibentium a tempore
Bertholdi 1484-1788. - 13 Bogen. Urlc-AbschriOen.
45. Mainzer Universitäts-Ghronik. Ms. Fol 1664—1766.
Ungefähr 120 Bogen.
46. Selecta juris privatiMoguntini, spec. I, quod illustris
juris consultonim ordinis auctoritate in alma electorali sludii
Moguntini univorsitate pro suniniis in utro<iue jure lionoribus
capessendis publice eruditorum crisi subraittit H. L. Q. C.
Handschr. Bodmann's mit zahlreichen Urkunden-Abschriften,
betr. die ganze DiOoese Mainz.
47. Samminngen zur Geschichte der Mainzer Universität
Mehrere Handschriften saec. XVIL und XVm Ein Gonfolut
Yon bedeutender Stfirlce (12 Cm.). .
48. Goüectanea ad Ghronicon Gapitufi migoris Hbguntini.
(Von hier bis zu Nr. 71 lauter Sammlungen mid Urkunden-
Abschriften Bodmanns).
49. CoUectanea ad chronicon Ecclesiae Collcg. S. Petri MogunL
50. CoUectanea ad chronicon Carthusiae Moguntinae.
51. Annales Moiia^torii S. Jacobi montis spedosi prope Mogun-
tiam extra muros civitatis.
52. CoUectanea ad chronicon Monasterii S. Jacobi Moguntini.
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IMe aichiTBliaelien Sammlongen anf SchloM Miltenberg in BAjani. 13]
63. Series D. Abbat issarum Vctoris Monasterii Moguntiae a pri-
mitiva cjusdem fundatione anno 656 ad annum usque 1739.
54. Collectanea ad chronicon Monasterii Altemünster Mog.
55. Collectanea Marienborn bei Mainz betr.
56. De origine et anti(iuitate GapcUae S. trium Regum Moguntiae
ad illustrandain historiam Epiphaniae. Mehr als 20 Bogen.
57. GoUecianeft ad chronicon Eccl. ColJeg. S. Mauritii Mog.
68. GoDect ad cfaroo. Eod. GdD. S. Stephan! Mog.
69. » »
60. » »
61. » >
62. » »
63. » »
64. » »
66. » >
66. » >
67. »
68. » »
69. » »
> » S. Vidcris Mog.
» » B. IL V. ad gradus. Mog.
» » St Albaiii Mog.
> > S. Gangdphi Mog.
» » S. Johannis Mqg.
» » S. Crucis Mog.
Collegii et novitiatus S. J, Mag.
Monasterii albarum Domin. Mog.
» S. Agnetis Mog.
» Dalheim prope Mog,
* S. Ciarae Mog.
70. Ueber den Urspnmg und Stiftung des Catharina- und Barbara-
Spitals zu Mainz.
71. Sammhing von Material z. Gesch. der Erfindung der Bucfa-
dmckeitiinst (3 Gonvoliite unter Nr. 801« 344, 494).
72. Instruction für die Gesandten des Erzb. Albrecht von Mainz,
die zum Kaiser geschickt werden sollen betreib der Stadt Er-
fiirt, aus welcher die HerzOge von Sachsen, Kurfürst Friedrich
und seiii Brader Johann 2 Bürger hatten richten lassen,
ca. 1516. Gleichzeit Ms. 4 Bl.
73. Bemerkungen über die verschiedenen Landgerichte in
dem Kurihum Mainz. Enih. Abschriften einer Anzahl
Weisthümer von Gerichten im Hessischen und der jetzigen
Provinz Sachsen, abgaschrieben von Bodmann.
74. At>schriflen und einige Begesten von ungelTdu' 80 l-rkundcn
des Mainzer Erzbischofs (iraf Adolf v. Nassau aus seiner
ganzen Regierungszeit 1382— lölX). Von Bodmanns Hand.
5 Bog. Fol.
75. Abschriften der unter dem Erzbischof Johann IL von Nas-
sau (1397—1419) erschienenen Privilegien und sonstigen Ur-
kunde». Bodmanns Hand. Folio. 7 Bog. (ungefMir 120 Urk.).
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182
76. Ein Convolul in 4® von Bodmanns Hand, welches auf etwa
10 Bogen Urkundcnauszuge aus den Copiattmchern des Victor-
stiftes in Mainz, das Zehnt wesen der einzelnen Orte des
Rlioingauos von den ältesten Zeiten an betr., enthält.
77. Brcvis quaedani riniintatio de transiatione cartusie noslre olim
vallis S. Pelri nuncupati in FAingavia prope Castrum Scharpfen-
stein, circa an. 1308 fundate, ad montcm Michaelis archangeli
ibidem, ao. 1320.
Abschrift Bodmanns.
78. Landsiedelbrief über den Mainzer Earthauserhor zu Marxheim
1472.
79. Die Gemeinde Flfirsheim nimmt 1000 H Capital auf zur Be-
streitmig der Kosten für Hexenprooesse. 1618. Original-Ur-
kunde.
80. Taphographica, ex manuscripta ooDectione Helwichii,
quam ao. 1611—1823 peragrando diversa loca ipsa soa mano
adomavit, excerpta a me F. Bodmannno. Mog. 1802.
Gic])t Grabschriflen und Wappenzeichnungen der (zum Thell
schon längst zerstörten) Kirchen und Kapellm von folgenden
Orten:
Algesheini, Ascliaffenburg, Bechtelsheim, Bingen, Bleidenstadt,
Bodenhcira, Braubacli, Butzbach, Clarenthal, Creuznach, Cron-
berg, Dexheim, Dlsiboilenberg, Ebeibath, Ebernberg, Eltville,
Erbach, Erbenbeim, Eppstein, Geisenheim, Gcispishcim, Gross-
winternlieim , Gottesthal, Guntcrsblum, Hanau, Hallgarten,
Hattenheim, Höchst, Idstein, Ingelheim, Johannisberg, Kiedrich,
Limburg a. d. I^alin, Lorch, Lorsch, LorzweU, Marienthal,
Marifihausen, Mittelheim, Mommenheim, NiederOlm, Nierskein,
Odemheim, Oppenhelm, Osthofen, Oestrich, Otterburg, Parten-
heim, Pfaflbnschwabenheim, Rödchen liei Neudcrf, Rnperts-
berg, Rüdesheim, Sarmsheim, Speyer, Staudernheim, Steinheim,
Seliirenstadt, Tlefenthal, Waldbelnhiheim, WaUhausen, Wdlbacfa,
Wiesbaden, Winkel und Worms. (Original angeblich zu Mainz.)
81. Die Landtbrauch des Rheingaues, so von ohndenk-
lichen Jaliren hero löblich observirt, üblich vndt brauclilich
gewesen , . . durch Entsbemelten begehrtermassen aufgesetzt,
D. 1. December 1643. Nicolaus Itstein, Gewaltsboit im
Rheingau.
Ms. Fol. 38 Seiten. Papier.
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Die uvhivaliscben Sammlungen auf Sehkm Miltenberg in Bayern. 183
62. Ezcmm üterarios ad iOostnitionein sdtamenti provindaHs
pagi Rheni inferioris.
Rheingauer Landweisthum, ope chartanun, monumentornm
fide obsenratis historiae patriae susoqptns. Auctore Franc.
Jos. Bodmann. 1796.
Ein Convolut in 4". G Cm. stark. Enthält Weisthnm
und Recht des Rheingaus, 1487, Abschrift Bodmanns mit
dessen zahlreichen Noten, offenbar eine Sammlung von Jahren,
wie schon die verschiedenartige Handschrift beweist. Beiträge
zur Geschichte der Orte im Rheingau, der edeln Geschlechter,
der üblichen Ab^j^ahen, der ganzen ViTfa.ssung nach allen Rich-
tungen, über letzlere eine besondere Abhandlung von 8 — 10
Bogen.
Dissertatio pradmiinaris de habitn veieie politico pagi Rheni
inlierioris etc. Ueber das yicedomamt im Rheingaa. Heim-
geraide, ZbU der Feuerstätten (1525 und 1781) der einzelneii
Orte des Rheingaues, ümfang und ursprunglidier Erwerbungs-
grund des Rheingauer Harlorechts im dortigen Heimgeiaide.
4 Bogen. Waldmarken, Verhftltnlsse des Adels im Rheingau.
EuRe Geschichte des Klosters IfiBrienthaL Aelteste Khichen-
verfassung des Rheingaues.
83. Urkundensammlung zur Geschichte der geistlichen Gerichts-
barkeit im Rheingau. l^'g Bogen. Von Bodmann,
84. Noten Bodmanns zu seinem Werke über die Rheingauer Alter-
thünier betr. — Besteht aus einem gross<^n Kasten voll einzelner
Zettel mit Nachträgen und Zusätzen, die (oft mit Bleistift und
zitternder Greisenhand geschrieben) durch ihre Ueberschrift
andeuten, zu welchen Stellen von Bodmanns Rheingauischen
Alterthümern die einzelnen Zettel gehören.
85. Urkunden und gerichtliche Erkenntnisse über Pfiunwihte, Zdmten
und Bau der Pfarrhäuser zu Niederwalluf, Hattenheim, Erbach
und Neudorf hn Rheingau. 17. u. 18. Jahrb. 4 Bog. Fol
86. Ein Faseikel Abschriften von Urkunden der Abtei Ebobacfa
?im Bodmann. 1813. 4*, ungeflUur 2 Gm. staifc.
87. Gopiar betr. das Kurmamzische Schloss und Amt Lafanstein.
— Urkunden der Mainzer Erzbischöfe Adolf I., Johann II.,
Conrad, Dietrich I., Dietrich II,, Berthold, Jacob, üriel und
Cardinal Albrecht, mit 1380 l)eginnend, bezüglich der Schlösser
Lahnstein und Lahneck und des Zolles zu Laimstein, Burg-
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184
manosgcldcr, Anleihen der Erzbischöfe mit Anweisung auf den
genannten Zoll, Erbhuldigiingon zu Lahnstein, Berufungen und
Reverse der Amtleule, Altarstiflungen, Exemption von den west-
nilis( hcn (icrlchten, Inventar des Schlosses Lahnstein. Gewährt
Beiträge zur Geschichte der Häuser Virneburg?, Nassau, Wied,
Westerburg, Uuiikd, Isenburg, Dadenberg, Rieneck, Ilurter,
Elz, Dehrn, Stockheim, Leyen, Stein, Eiueiiberg, Liebenstein,
Kesselstadt, Bucbseck, Heidenstorf, Köth von Wanscheidt, Hohen-
stein, Bkertttosen, Landsehaden, Werthetm, Grooberg, Erbach,
ScharfeDsteiii, LahDstein, Gatsenebibogen, Hattwtgiii, Reifbn-
beig, Solms.
Iis. Fol Pftpier. 3-^ Gm. stark. Hdzband.
88. Formnlae homagü praestandi m ardddioeoesi Hoguntiiia, inomte
saeculo XV. Dabei o. A. fSdesformelii fOr den Kdler- mid
Zollschraber in HOcbst, liahnstnin mid Ehrenfels. Abschrift
Bodmanns, 3 Bogen.
89. Historische Nachricht von dem ehemaligen Kloster und nnn-
mdirigen Ritterstifle z. h. Fecmtios m Bleidenstadt 1 Bog. 4*.
Ansatz von Bodmann. 1797. (et Nass. Annaten II, 2, 80.)
90. Ghronicon vndt altes Herkommen der LandtgraHen in Tfaöringen
vndt Hessen, auch deren von Hennebeig vndt der FQrsten
Ton Anhalt Biss Tflb Jahr Christi 1480.. Gonradus Bach-
mannus Ifelsungensis Hassos ao. 1599. Ifs. 4*, ±H» Gm. slariL.
Angdiunden:
Gompendiom ffistoricum de Tburingia et Hassia. (Diess
Gompendium Laurentii PeckensteinU ist aus dnem gedruckten
abgeschrieben.) — Entschuldigung der Diener am Evangelio
Jesu Christi zu Frankfurt a. M. aufT einen Sendbrief Martin
Luthers, im truck aussgangen an die Hhät vnd gemeine der
Stadt Frankfurt. 1553. 10 BI. Gedr. zu Frankfurt bey
Christian Eynolff. — Vergleichung der Predicanten alhte zu
Frankfurt ao. 1542. 2 Bl. — Supj^lication der Feiertage halber
und mehreres die Reformation in Frankfurt Betreffendes, auch
über die franzfieische und fttmisplw» Gemeinde, »so sich alhie
zu Frankftirt, als am das Wort Gottes willen ans ihrem Vater-
landt vertrieben, amm Lutherthmn eriialten«. 1562 etc. etc.
91. J. 6. Reuter, der Albansgulden, nebst «iMrftiqiwwi Znsfttien
und Erläuterungen von Bodmann.
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Die aiehifaliaelMii SunniliiiiBen auf ScUom Miltenbeiv in Bayern. 186
92. Collectio Sgnonim notarialium Moguntinomin; gesammelt iron
BodmamL
VIL IteSMik
1. 1279. IV. Kai. jul. Horn.
Bulle des Papstes Nicolaus IV., worin er dem Kloster Marien-
münster in Worms ein Privil^mii ertheilt. Orig. Bld-
siegel fehlt
2. Wormatiensia. Urkundenabachrifteii Bodmanns, die Stadt
Wonns imd ihr Verhftltnis zu den Bischöfen betr. 4*. l^/i Gm.
stark.
3. Annalium Uberae et imperialis dvitatis Wormatiensis
aive rerum ab antiquissimis temporibus usquc ad finem
saec. XVII. Wonnatiae actarum Ihigmcnta, ipsis coacvorum
diplomatum actommqiie publioomm verbis descripta. Ms. 4^
285 Seiten.
i. Schott, Beytrfige zum alten Wormsgau. Ms. foL Vk"
stark.
5. Centbuch von Heppen lie im an der Bergstrasse. 1502 bis
1549. Fol. Papier, 1" stark.
6. Hals- und Centgerichtsbuch zu Heppenheim. 1558 ff. Fol.
2" stark.
EothfiH die kurzen Protokolle über Bestraftmg schwerer Ver-
brechen.
7. Gatalogus episcoporum Wormätiensium. FoL Ms.
aaec JYl Papier, Aber 1 Gm. stark, bt in Wiiklichkät
eine bis 15S8 rächende Gbronik.
8. Liber animarum ecclesiae Wormatiensis. Fol. Pap.
Beginnt mit dem Ende dos 13. oder Anüang des 14. Jaiirli.
mit Nachträgen bis zum 16. Jahrb.
9* Copia renovationis libri animarum perme Con-
radum Ruuen plebanum in lileynicb (Planig) scripta anno
1528. Fol. Papier. Gute Absciirifl.
10. De anliquitate Civitatis Vangionum etc. Ms. saec. XVI.
Fol. 340 Blatt.
11. Historische Nachrichten ül>er die kircliliche Reformation im
Kloster Hariencron, Oppenheim und Umgegend.
Ms. von 1565—1573, etwa 12 Bogen.
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186
CMM»:
12. Beschreibung von Amt und Stadt Oppenheim. 1643.
13. Reformation und Ordnun;? alten Herkommens und Rechtens,
auch etliclier neugesetzten Statuten der Stadt Wimpfen.
1544. 4». Papier. 1 Cm.
14. Versuch einer iiistorisch-geographischen Beschreibung der Herr-
schaft Neckarsteinach am Odenwald. Von Jos. Willi. Wan-
kauf. 1790.
15. Die Grafschaft Erbach und nerrschafl Breuberg.
Ilistorisch-statistisch-topographisch beschrieben von J. Ck)nrad
Dahl.
16. Ver.schieticnc Ilochpränich Erbachische Ordnungen (Cent-
gericht, Untergericht, Haingericht etc.) aus dem 16. und 17.
Jahrhundert.
Ms. sacc XVIII. 193 Seiten FoKo.
17. Landts-Ordnung des Fürstenthunib Hessen. Handschrift des
16. Jahrh. Schmal-Follo. 253 Seiten.
18. 1488. Gdeitafarief des Enbisehofe Berthold Uainz fiOr die
Stadt Friedberg auf 3 Jahre, prolongirt 1492. Pa^ (Mg,
19. 1557. 17. Man. Johann SchSfer und Elsa mid seine Frua
vericaafen den Angustinem in FHedberg eine Gülte anf be-
nannten Gütern daselbst
20. 1573. Testament des Johann Oyger Brendel von Hondmrg
Burggrafen zu Friedberg. Gleichseitige Abschrift
21. Drei Originalurkunden, betr. den deutschen Orden in Marburg
(1296). Kloster Schiffenbeig (1316) und Hersfeld (1570).
22. Copia instrumenli einer vermeinten kuntschafft über etliche
ansprach, so das Kloster Hayna gegen die Herrschaft Itter
gehabt. 1359. — Gopie des 16. Jahrb.
23. Chronicon vndt altes Herkommen der Landgrafen in
Thüringen vnd Hessen, auch derer von Hennoberg vnd
der Fürsten von Anhalt, biss ufTs Jahr Christi 1480. Gon-
radus Baihmannus Melsungensis Hassus ao. 1599. Ms. 4**.
Cm. slark.
Angebunden :
Compendium Historicum de Thuringia et Hassia. Diess
Gompendium Lanrentü Padunsteinü ist ans einem gedracUen
abgeschrieben.
24. Fuldensia.
i^iyiu^cü üy Google
Die aidiinliieh«n Samnüiiiigeii auf Sehlo« Mütcnlmg in Bajera. 187
Ein Fascikel in 4*, dber 1 Gm. gUrk, toq Bodmamn
Hand >ox origg. archivi Fuldensisc abgeschrieben.
25. Gostheimensia. 3 Bogen Mainzer Urkunden über Kost-
heim, meist saec. XQL Abschriften v. Bodmann.
Bern. Von Areliivalien, die sieh enf GroeBhenofflich Hesrieehe Gebiete
beziehen, dürfte sich bei einer abermaligen Revision der Miltenberger Sammlungen
eine betiftchtlidie Aniahl solcher finden, welche hier nicht veneichnet sind,
VNL NttlM.
1. Kurtze und wahrhaine Erzählung wessgestalt Printz Moritz
T. Nassau jungsthin mit einer grossen Anzahl Schiffen in
Ftandem eingefallen .... und jetio die Stadt Schloiss be-
lagert leOL
Ein einseitig bedruckter grosser Bogen, oben mit Karte ?on
Flandria borealis, in einem Sammelbande, wdcfaer oben unter
Nr. V, 6 angeführt ist.
2. Verzeichnisse der landesherrlichen Gefälle und Besitzungen im
Gericht Schierstein. 1589.
Von Gerichtswegen aufgenommen. Ms. FoL Papier, 1 Gm.
stark.
3. Stockheimer, nachher Köthische Zinsregister zu Frauenstein.
1542— 1G09. 1660.
Ein Convoliit in Folio. 3 Finger stark.
4. Gerichtsbuch von Schierstein. 1558—1607. Fol. Pap. 390 Seilen.
Ein gleiches t. 1506—1599; enthfilt nur Acten der frei-
willigen Gerichtsbarkeit
5. Phnessordnung, womach fai den FQrstl. Nassau-Itzsteinischen
Landen ui lustizsaehen sich zu richten haben sowohl Kantdey,
als Aemter und Unteigericht 1654.
6. Auszug aus einem Ms. von Knoch: Verbesserte Geneakigie des
Hauses Westerburg und Runkel. 1702. 6 Bogen.
7. Entwurf einer Punctatlon zum Vergleich zwischen dem hoch-
fürstl. Oranien- Nassauischen Hauss einer und der Mittel-
Rheinischen freyen Reichs-RittorsrhafI anderer Seiten, puncto
immunilatis, jurisdirtionis et juris coUectandi. 1787. — Aus-
arbeitung V. Bodmann. 3 Bogen.
8. Grafen und Gräfinnen von Nassau, zu Mainz begraben. —
Ms. Fol. 7. Bl. Kurze Lebensbeschreibung der beiden Erz-
üiyiiized by Google
188
GOtie:
hischöfe und Kurfürsten Adolf L und Johann II. von Nassau.
6 Blalt AuMtze muthmasslich von Dahl.
9. Zur Genealogie der Dynasten von Eppstein, von Dalil. Ms.
10. Kin Folioband mit dem Titel: Tabulac (jcnealogicae. Enthält
Ahueiilufeln iiassauischer, hessischer und überhaupt mittel-
rheinischer Geschlechter.
Ms. Fol. Papier. 3" stark.
11. Kurtz gefaste Historie von dem Kloster Ciarenthal, vom Archiv-
rath Molitor. Ms. saec. XVm. 4^ etwa 80 BL Beiliegend
einige UteraBen aus dem 17. lahrfa. und einige Absdhriften
noch voriumdener Original-Urkunden.
12. Topographica Nassoica. Handsdirift von Habd. (Bientadl,
Erbenheim, Nauroth, Auringen, Soonenberg, Frauenalein, Hof
(A. Marienberg) Rotmihan, Liebensefaeid, Marienbetg^
13. Obennftrkerschaft über die HarlE Liedeibacb und derselben Ur-
sprung.
Abhandlung von Bodmann. 4 Seitai. 4°. Beiträge zur
Geschichte der Herrschaft Eppstein.
14. Habel's handschriftliche Sammlungen über das Römercastell
bei Wiesbaden. (Habel's Aufzeichnungen über die Salburg
bei TTonibiuy hat der jetzige Besitzer seines Nachlasses dem
AUfitliuiiisvereine zu Wiesbaden übergeben.)
15. Jus Xassoico-Saraepontanum circa successionem ab intestato
et dütalitium et vidualitium uxoris. — Abhandlung von Bod-
manm. Ms. 5 Bog. 4°.
Bern. Viele Nnwiea nach der Begranamg dieses BegrUb e. anter
Nra. VL Mains.
IX. Mittelrhein.
1. Genealogia Rhingraviana et Wildgraviana. Ms. Folio-
band, wovon aber nur 22 Blfttter beschrieben sind.
2. Georg Friedrieb Schott, Fürstl. Salm-Kyrbiirg^scher Re-
^'ieruns:srath und Archivar etc., Origines domus Rhingravicae,
oder Genealogische Geschichte des Fürstl. Rheingräfiichen
Hauses. Unedirtes druckfertifres Manuscript, Fol 438 S. Mit
genealo'r^. Tafeln und Siegelzeii hnungeii, nebst iVnhang über
die Rlicingräfl. Boland. und Hohenielsischen Siegel. 2ö Seiten.
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Die apchiTaliacheii Sanunlaniai wat SdUo» Miltenberg in Bayern. 189
Nach einer Aufschrift Bodmanns Ton diesem i. J. 1806
für 100 Thaler v. Schott gekauft.
3. Schott, Abschriften Rheingräfl. Urkunden. 6 Fase. Fol.
Bd. I: 284 Nummern; Jahre 772-1350.
Bd. II: 402 » » 1300-1367.
Bd. in: 297 > » 1367—1427.
Bd. IV: 284 » » 1427-1505.
Bd. V: 145 » » 1505—1600.
Bd. VI: 185 > » 813— 1300 (Supplement).
Band I und II enthalten, so weit sie verglichen werden
konnten, keine Doubletten. — Ausser den Abschriften nocli
80 Originale.
4. Schott, ein weiteres Heft von Urkonden-Absdiriften zur
Rheingräfl. Geschichte. 641 Nummern; Jahre 755—1580
(Ifiekenhaft).
5. Chph. Jacob Kremer, Wüd- and Rheingififl. Grambach. Archir-
rath; — Corpus reoessoum Rhingravlcum oder Sammlang
Wild- und Rlieingrftfl. Haussverträge, Kayserlicher Privilegien,
HenachaflUdber Testamente, Landesthoilungen, Verzichten und
andere die gesambte Fürst. Rheingräfl. Hauss- und Landes-
verfassung betr. Urkunden. Von der Mitte des XII. bis zu
Ende des XV. Jahrliuiiderts zusammengetragen und mit Re-
gistern verseilen. Tom. 1. 1760. Fol. 6H8 S., Iheils von Kremer
eigenhändig abgoschrieben, thoils von iiuii eoilationirt. — Enth.
Abschr. v. 130 Urkk. v. 1171—1495. Siegel meist abgezeichnet.
— 5 Register:
1) über die in dem Tomo enth. Siegel.
2) über einige alte teutsche Wfirter.
3) topograpb. Register.
4) Personenregister.
5) Sachregister.
Sdir sorgOUig gearbeitet. — Beginnt mit der »Beschreibang
derer ältesten Rhdngr&fl. Landen und Besitzungen, sowohl
Lehen, als Eigen, unter Rheingraf Embrico and Wolfram,
1171. Nach dem Orig. des Grumbacher Archivs, t p. 1— 41;
die übrigen Abschriften nach den Origg. des Grumbacher,
Dhauns'chen u. Kyrburg'schen Arcliivs; die Regesten und die
Beglaubigung stets eigenhändig von Krenior.
6. Lichtenberg, Rheingräfl. Archivar: Regesta Khingravica.
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190
GAtn:
774—1793. Kurzes chronolog. Inhaltsverzeichnis der Rhein-
grSSl Urkunden, nebst Angabe des Aufbewalirungsorls und
Nachweisung über £ditioa. 4^ Starkes Gonfolut» ca. 12 Gm.
hoch.
7. Frz. Jos. Bodmann, Verbesserte und erläuterte Geschichte
des Raugrufl. Geschlechts von Alten- und Neu-Bäumburg.
Aus ungedrucktoii Ilrkiindüii anj^elejj'el und durch eine fast
vollständige Siegclsainiiilung untcrslülzet. 180G. Ms. ineditum.
4*. ca. 1 Gin. stark. Mit 5(3 Sie^'clzcichnungen (Nr. 407).
8. Bodmann, Näher t)erichtigto und beurkundete Reihe des
B o 1 ä n d. Geschlechts am Donnersberge I. Thl. lioiänd. Ast.
4*. Starker Rand. Mit Urkundenbuch und Siegelreihe. Dabei
viele Raugräfliche Urkunden.
9. Vorlegung derer Wild- und Rheingräfl. Successionsfallen
von denen ältesten bis auf die neuesten Zeiten zur Bestärkung
der denen Herren Hheingrafen zu Grumbach und Rheingrafen-
steiu zustehenden Erb- und Lelienfolge in die Hälfte der Rhein-
gräflich Dhaunischen Landen. Mit Beylagen sub Nr. 1—21.
Ms. saec XVm. Fol. 6 Gm. stark.
• 10. G. F. Schott, Bey träge zur ältesten Gesclüchte des Nahe*
gaues. Ms. 2 Bde. Fol. ca. 200 Bogen.
Bg. 1 — 2Ö cnth. eine geschichtliche Einleitung, worin die
Schicksale der Einwohner unter den Römern, Nomiannen,
Fhmkeii, dtiatscfaen Ibdsem mit Belägen aus Histoilkam «nd
Urkunden beschriebeii werden. — Bis Bg. 33 behandelt der
VC die Paktia za Mainz, Niederingeihdm, Nierstein, Krem-
nacfa, F^reimerslieim, Lautem, Albsheim, Gelheim. — Bis
Bog. 100 folgt die Beschreibung und Geschichte der Berg-
schlSsser und Rittersit» (151) mit Urkunden, der geheltreichsle
Tlieü des Werkes. Danach Geschichte der 34 Klöster, u. a. be-
merkenswerth Disibodenberg. GescMchte der (ca. 200) Städte,
Dörfer, Weiler. Ferner Geschichte der Gaugrafen des Nahe-
gaüs und diplomatische Geschichte des Schlosses Dhaun
a. d. Simmerbach. — Dazu 1 Fase Notizen und Gonoepte
(loses Heft von 2 Cm. Stärke).
11. Schott, Der Hundsrück in seiner Lage, Namen und Umfang.
Aus Annalen und Urkunden erläutert. 1822. Ms. FoL Cm.
stark. In gleicher Weise wie Nr. 10 angelegt»
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Die «rchivmUiehen Sumnhrogm auf SeUon Hiltenberg in Bayern. 191
12. Ein Fascikel Abschriften von Urkunden betr. die Gegend der
Mosel und Nahe. 813—1300 (von Sclioll). 3-4 Cm. stark.
13. Bcyträge z. diplomat. (iesch. des Bergschlosscs und der Vogtey
über das Kloster Ra vangirsburg auf dem Hundsrück. Ms.
von Schott. Fol. 8 ßl.
14. Top(^aphica et Grenealogica v. Lichtenberg, Rheingräfl.
AidüTBr. Gidit Urkunden-Auszüge zur Geschiciite links-
rfaeinischer Ortschaften und Gesehleditor nach alphabetischer
Oidnong. Ein CSonvölut in 4*. ca. 16--18 Gm. starL
16. Historiae Treverenses per Baldericum conscriptae.
Iis. aaec XVL Papier. 199 BL KleinfoL — Reicht bis zum
Tode des EizbischoGi Richaid y. Greifendau (1831) und ist
um dieselbe Zeit geschrieben.
16> Statuta ecclesiae metropolitanae Treverensis. 1595. Ab-
schrift auf Papier. 18. Jahrb.
17. Copialbuch des Maximinstifls zu Trier, M^. saec, XVI. Fol.
Papier. 24 Bl. eng beschrieben. — Enlhrdt vorzugsweise Abechr.
der Urkk, bis zum Anfang des XII. Jahrh.
18. Desgl., Folio, 51 Bog., geschrieben und beglaubigt i. J. 1683.
— Beginnt mit der l'rkunde des Königs Dagotert v. April 634
und reicht bis gegen Ende des 30jährigen Krieges. Die Ur-
Ininden bis zu Ende der R^ierung der sächsischen Kaiser um-
fassen 16 ziemlich eng beschriebene Bogen.
19. Annales eoeoobii S. Maximini. Fragment aus L IV. (Bl. 109
bis 198), Jahre 893->926. Hit Urkundenabschriften, Ifono-
grammen und Siegelzeichnungen. Dazu ein Fragment der
Annotationes (Bl. 293—305), Jahre 910—929. Ms. saec XVIL
Fol. Papier.
20. Ein Gonvolut v. Litteralien und Urkundenabschriflen , z. Th.
auch Originalien des .Maximinstiftes. Handschriften aus
dem 15.— 18. Jahrh. — ca. 5 Cm. stark.
21. »T r e V i r en s i a€ (mit Nr. 460 bezeichnet). Ein Gonvolut
in 4°, ca. 1 Gm. stark. Urkundenabschriflen Bodmanns aus
Trier'schen Archiven, hos. das Maximinstift betr.
22. Gonvolut von Lilteralien, Urkunden- und Statuten-Abschriften
aus dem XV. — XVIII. Jahrb., betr. das I'aulins-, Florins-
und Maximinsstift zu Trier. Fol. 2—3 Gm. stark (mit
Nr. 157 bezeichnet).
33. PraerogatiTarum hisignis ooOegiatae ecclesiae ad S. Paulin um
192
G«lie:
prope TreTiros historica coUectio. Ms. saee. XVin. FoL
10 Bog.
24. Vitae sanctorum ecclcsiae Paulinianae Trevir. Gollectae
per me C. G. L. 1725. xMs. A\ 1 Cm. stark.
25. Copialbuch des Dominikanerklosters zu Coblenz. Ms. saec. XV.,
mit wenigen späteren Nachträgen. Papier. Fol ca. 180 BL
beschrieben.
26. Annales mona.steriorum ordinis S. Benedict! in Arduenna
sitoruni, vidilicet Stabulcnsis et Malmundarie nsis,
Pr u m i e II s i s, Andaniensis s.S. Huberti. Conscripti per
Ilenr. Brandanum, theol. ord. S. Bencd. ao. 1637, quibus
accessit series praesulum Trcvirensium usque ad a. 1640. —
Ms. Fol. Pap. 188 Bl.
27. Beiträge ad historiam coonobii Rommei sdorf.
1) Verzeichnis der zur Gcsciüchte dieses Klosters gehörigen
Urkunden. 8 Bog.
2) Caiartac quaedam ioeditae abbatiae R. Aus eiiieni alten
Gopialbucli. 5 Bog. {mü Nr. 419 beseicbnet).
28. Abschriften Uikk. des Ftanziskaneiklosters ni Ereainach
ans dem 15. und 18. Jahrfa. Uebergabe desselben an die
Jesuiten 1577. — Historia fimdationis ooDegH P. P. Soc lesn
Trevir. 1564—1577, ex cfaartis anthentids. Abeehriften von
der Hand Bodmanns. 16 Bl 4^ (Nr. 429).
29. Ein Foliant, enth. die Gründungsurkunden der Jesoiten-GoOegien
zu Trier, Göln, Hains, Speier, Wfiraburg, Fulda und
Mols heim, sowie Gfiterfiberweisungen und Verwandtes.
Fol. Papier, saec. XVL
30. Ad historiam dissidii inter R ab an um episoopum Trefir. et
Ullricum de Manderscheid ao 1435.
1) Als sich Herr Raban, Erzb. zu Triem, gen myn henen
V. Mentzen, Collon u. v. Worms verschrieben hat von
des Stifts V. Trier w^en. S. Goar, Samstag nach
S. Lucientag. 1435.
2) Als sich Herr Baban verschrieben hat v. d. Sladt Trier
wegen. S. Goar, vff d. h. Wihennacht 1485 etc., und noch
11 andere darauf bt-zügliche Urkunden. Abschriften
von Bodmanns Hand.
31. »Verhandhmgen L des Maziminstifts sn Trier gegen
Digitizec uy ^^oogle
Die arehivaluchen Sammlunfen anf Scblon MUteiüierg ia Bayern. 193
Junker Heinrich Vogt von Hondelstein«. 145Ö fg. Gleichzeit.
Ms. Fol. 24 Blaü Papier.
32. Manuscriptuin confinens orluni ot propressum monaslorii Car-
niditici Thöneslein prope Andeniadi . . . opera P. lleinrici
a. S. Paulo pFocuratoris. Anno 1663. Ms. saec. XVn. 4^
2Vt Gm. stark.
33. Beschreibung des Klosters Spohnheim und wie ein Abt dem
andern gefolget. Ezoerpta aus Job. Trithemii Abbatis Spon-
heimischer Chronik. saec XVn. 4*. 148 S.
34. £in Fascikel Trier*scher Originahrkunden und Abschriften,
mit Nr. 206 bezeichnet. Darin unter anderen:
Copia dreier Urteil i. S. Ghur Trier, ca. die Stadt Trier
1580. Absclir. saec. XVm.
Orig.-Urk. des Erzb. Dietrich (Anfang d. 13. Jahrh.) de
dotatione altaris S. Mauricii et institiitione sollempnizationis in
assum{)t. B. Mar. Virg. Am Schluss defect, daher Datum nicht
ersichtlich.
Orig.- LJrk. : Confederatio ecclesiaruiii Treverensium super
liberlalibus conservandis, 1256.
Orig.-BuUe Sixti iV. concernens universilatem contra capilula
coUegiatarum ecclesianim. 1474. Mai 26.
86. Weisthum des Obeifaofes zu Gröve im Eizstift Trier. 1491.
11 BI. 4*. Abschr. Bodmann*s »ex authentico«. — Desgl.:
»Von der Gesch. des sogenannten GröTer>Reichs: 1491. Weis-
thum, 1492. Abscheydts-Artikel und Puncta im GrOverreich ver-
oidnet.» Abschr. Bodmann's. Fol
36* »Andemacensiac (Nr. 438). Abschr. T. Uikunden, betr. die
Stadt Andernach, von Bodnnann's Hand, beginnend mit d«r
Uric. V. 1181 ^op\. 16 (im Mittelrhein. Urk. Buch II, S. 41).
37. Fundalionsbrief des Fürstlich Salm-Rheingrfifl. Collegiums der
Patres piarum scholarum in Kim. 1765. Pap. Begl. Abschr.
V. 1769.
38. 22 Originalurkunden, mlttelrheinisehe Territorien und Geschlech-
ter betreffend.
X. Niaderrbein.
1. Chronicon archiepiscoporum sanctae civitatis Golonien.sis.
Ms. saec XVL Fol. Pap. 77 Blatt. Reicht bis zum Erzbischof
Axekhnaiwb« ZdtsokrUU IL U
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194
Götze:
Philipp von Obefstein, und zwar bis 1511. Der Sdiluss der
chronistischen Darstelltmg (wahrscheinlich nur 1 Bl) fehlt. Auf
dem letzten Blatte befindet sich ein Raster, dessen Blattzahlen
aber mit den jetzigen, ebenfalls dem 16. Jahrh. angehörigen
Blattnummern nicht stimmen, und noch weniger mit denjenigen
Nummern, welche die lilätter wirklicii beicommen inüsslcii.
Dcndoch gehört dieses Iloij'isler zur vorliegenden I landsdinft,
denn os zeigen sich alte radierte nhitlnummem, welche zu denen
des Re^'isters passen. Da alles von derselben Iland^dirifl her-
rührt, so erficht sich, duss der Selneiher noch spätere Zusätze
getnaeht und mitunter ganze Bogen Papier nachträglich ein-
gehen et hat.
Clesi hriel»cn von Conrad 1 s c r e n h o y f f t von Ratingen,
ca. 1511. An^'ebunden noch mehrere Manusciipte, Werke
des, Thomas de Aquino, Libcr de regimine principum etc., alle
von demselben Schreiber i. J. 1510 geschrieben.
2. Ein Manuscript saec. XV., Pap., Fol 321 Blatt; beghmend:
»Item am irste sali man fynden in diesem Boeche beschreuen
der stat Co Ine Statuten; Item daniae der Stat Recht rand
Burgerfreyheit in Golne; Item das Eidt Boiche, .so ein jeder
Raitzherr vnd beuellhafferm eyns &samen Raitz dene dinerm
zo allen halffen jaren eynen Ersamen Rait dein sollen.
Die Concordaten so tuysehen dein BuyschofT vnd der Geist-
lichkeit vnd Einen Ersamen Raidt gemacht vnd vfigerichtc
etc. etc.
3. Statuta et concordata der heiligen Froyen Reichs Stat Collen
durch P.ni ^'emeister vnd Rath . . . auil'gencht anno 1437. Ms.
saec. XVI. Fol. 4 Cm. stark.
4. Statutarisrlie }5estiiniinui;;cn, chronistisclu^ Aut'zeichnungen etc.
über die inneren N'nhäitnisse v. C(Wn, beginnend:
>Der Vetbunlbriell tien alle Ani|)ter vnd Halleln in Collen
zusammen globl vnd geschworen hanl.c
Auf Bl. 166 lautet eine besondere Ueberschrifl: »Van dem
vplouff der geschiet is in disser Statt Collen 1481.
Gott der alle weit hat geschaffen,
Geistlichkeit, Leyen vnd paiffen« etc.
Hierauf folgt bis Bl. 176 eine gereimte Darstellung der
betr. Ereignisse. — Ms. saec XVL Fol 570 Blatt, davon 834
beschrieben.
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Die arcbivalischen Sainmiuligen auf Schloss Ji Utenberg in Bayern. 195
5. Ein Suniiueü)and von allerlei Slaluton, Ratlissdilü.s^en , chro-
nistischen Aufzeichnungen und sonstigen Schriftstücken des
16. Jahrb. über CO In. — Ms. saec. XVI. Fol. 470 Bl. Hierzu
noch das Register. Das Buch beginnt mit den Worten: »Gopia
Replicae eines Erbam Raths der Statt GoUen. 1587«.
6. fVagment der SUtuten v. Göln. 12 BL Fol. Ms. saec XVI.
7. Statuten der Stadt Göln 1437. Us. saec XV. Papier.
Klein-Fol. 47 Bl. — In demselben Bande: »Dit is dat gesetze
dat vnse hern vom Rade ovmlragen luunt twisdien man vnd
wivc die schüldt samen oflFt besonder machtet. J695«. Einige
and^ Goloniensia.
8. Abdruck vnd gemeiner Begriff der Pollicey-Ordnungen, Plebis-
citen vnnd Statuten der alten löblichen Freyen Reichs Stadt
CöUen. 1562. Fol. 4*, 51 Bl. — Angeb. ein Manuscripl
saec. XV'I. enth. Statuten, Stadtrecht, Gemeinde-Ordnungen etc.
V. Cöln. Der ganze Band zusammen ca. 4 Cm. stark.
9. Chronicon Colonicnse aGelenio scriptum Ms. saec. XVIIL
317 Bl. Fol.
10. Catalofirus abbat um Monasterü S. Marlini in Golonia.
Ms. saec. XVI. 1 Bg. Fol.
11. Bündnisverträge des Glerus in der Stadt und Diike^je Göln
V. 1297, 1366, 1372, 1376, 1388, 1452, 1540 gegen verschie-
dene von Erzbischöfen, Päpsten, Stadtrath etc. ausgegangene
Massregeln. Ms. des 17./18. Jahrfa.
12. Sieben handschriftliche Fascikel in Folio, betr. die Wahlen der
Prilaten und sonstige innere Angelegenheiten des Hochstifts
Göln im 16.— 18. Jahrh.
13. Dissertatio hiauguralis de authentia synodi Goloniensis
de anno 346, antiqul eccleslarum Gennanicarum ex saecuto
IV. monumenti, quam . . in afana univers. Mogunt. i»aeside
Fre. Ant DQrr . . eroditorum crisi submittit A. Wald-
mann 1778. Druckschrift. 44 S. 4*. — Hierzu handschrift-
liche Supplemente von Dürr.
14. Dissertatio juris ecclesiastici de synodis Goloniensibus ceu
praecipuo fönte quo smgularia juris ecclesiastici GobnioMos
capita illustrantur, quam edidit . . D. Paulus Dreesen. Bonn
1780. Druckschr. 4". 28 S.
lö. Relation über das Verhör des sog. Ketzers Johann BurlLard
196
Götze:
von Wesel, Predigers zu Worms (Joh. de Wesalia) 1479.
Ms. saee. XVII. 4". 18 Bl.
cfir. Hontheim, prodr. historiae Trem. ad 1479 p. 1205.
16. Incunabel: Dialogas apologeticus fratris Wigandi Wirt, sacre
theol professoiis, contra Wesalianam perfidiam atque divi
ordinis fratrum predicatorum persecntores. etc. Impr. Oppen-
heym (s. a.) 44 BL 4*. (Fehlt in Haynas Repertorium bililio-
graphicum.)
Beiliegend eine Bulle des Papstes Alexanders VI., worin
eine Schrift eines ung:enannton Verfasseis- frotron die Bettel-
mönclie verurtlicilt wird, ferner ein gleichzeitiges Ms. 8 BL,
4", worin die Bettelinönche verspoltet werden.
17. Onin<iuonnali.s sedilio al(iue rebellio Ubiorum stalns, absqiie
omni passione prout vere exstitit poetioe delineatiis . , . au-
thore Fran. Xaverio Trips, saeellano auiico Coloniensi, biblio-
thecario atque pastore septimontano in Honneff. GleicbzeiL
Handschrift (1686). Gedicht in lateinischen Distichen. 4*.
Pap. ca. 2 C!m. stark.
18. Relazione della cosa segoite durante k Nunciatura dl Golonia
deir ArchivescoTo di Damasco ora Gardinale Tanam (ao. 1687
bis 1690). Orig. Handschrift. Kl. 4". 1 Cm. stark. Sehr
kleine Schrift. (*Ex libris rarioribus Fr. Ant. Dürre).
19. »Mogunlina et Goloniensia«. 17 Bogen. Urkundenabschriften
von der Hand Bodmanns, wohl an die 400. — Die obig'e
(spätere) Aufschrift ist insofern nngenau, als der Fascikel fast
nur Abscliriflen solcher Urkunden enthält, welche das Erz-
slift riöln betrelTcn.
20. »Goloniensia«. Urkundenabsclu Ilten von Bodmann, mit Nr. 459
und 459 a bezeichnet.
21. Michaelis MSrckensi Gartusiensis conatus ad catalogam epi-
scoporum, ardiiespiscoporani, archicancellariorum, et electorom
Goloniae etc. (bis 1688). Ms. sacc. XVII. Fol. 177 &
22. Gopia ex parte capituli Guniberti producirten Weisthiimbs und
Protocolli de anno 1556 über DorlTschaffl Mawenheim. —
Diiferentia inter capitulnm ecclesie S. Guniberti et illustrem
dominum Gunibertum comitem de Newenau et Limpurgk,
ratimie dominii in Mawenheim. ibQö. Jura et consuetu-
dines in Mawenheim. Ms. saec. XVI. et XVII. FoUoheft,
1 Gm. stark.
yiu^jciby Google
Die arcbivaliscben Sammlungen auf Schloss Miltenberg in Uayeru. 197
S3. Nachrichten m Betreff der Herrschaft Hyllendonck.
18. Jahrh. — (Aus den Papieren des Mainzer Pmf. Dürr).
24. Urkundenabecbriften, das Stift Essen betr. ^lEx Archivo
Assindensic von Bodmann geschrieben. Beginnt mit der Urk.
des Königs Zwentebold 898. — Die Originale scheinen nicht
mehr .lUe vorlianden zu sein; eine Kaiser-Urlt. von 974 ist
z. B. bei Stumpf, Reichskanzler, nicht erwähnt.
25. Essen'schc Statuten. Ms. saec. XVII. Fol. 11 Bg.
26. Statuta Clivensia. Ms. saec. XVII. S. 4—146. Fol.
27. Jura et privilegia civitatis Reesensis; saec XVI. Ms. saec.
XVUI. Fol. IVs Gm. stark.
28. Informatio seu instructio generalis super bonis feudalibus im-
perialis abbatiae Werdinensis. — Desgl. super extoris iKiiii?. —
Ad notitiam de primu et antiqua nionasterii Helinsladiensis
cum Werthinensi malrice conjunctione. Handschr. des lö. Jalirlu
10 Bg.
29. Genealogia conütmn de Limbnrgi dominurum de Broch, domi-
norum de Styrum, descendentium a comite de Isenburg ex
stemmate oomitum de Altena. — Mit Rcgesten.
Ms. saee. XVIL exeuntis. Fol. 60 BL
30. Sechs Or^inalurkunden von 1270 bis 1499, betr. das Lieb-
frauenstift in Aachen, die Familien v. Pissenheim und Heintz-
berg, Dfiren und das Erzstift GOIn.
XL Wcttfatofi.
1. Zwölf Schreiben aus Mün>lor v. J. 1489 an den Ei^zbischof
von Cöln. betr. die mit dcinsolben obwaltenden Streitigkeiten.
2. Zehn l'rkunden v. 1406— 155^ betr. verschiedene Freislühle.
3. Ein Oclavlieft des 15. Jahrb., enth. K. Ruprechts »Refor-
mation« der Freist nlile v. 1404, K. Sigismunds (1433) und
K. Friedrichs III. (1442) Verordnungen betr. Handhabung der
GericlitsbariEeit.
4. Zweiundvierzig UrlLunden zur Geschichte adeficher Geschlechter:
Aschebeig 1864-1510 (8); Bemtfeld 14Ö6-1&08 (8); Buch
1484 (1); Eickel zu Kränge 1484 (1); Visbeke 1398 (1);
Galen 1360—1450 (4); Hetterscheid 1545/7 (2); Eetteler 1416
(1); Korf 1396 (1); Ledebur 1446 (1); Lüdinghausen 1868,
s. d. (2); Neyrder 1423 (2); Ossenbroich 1445 (1); d. Reck
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198
1495 (1); Rodenberg 1459 (1); Schdnebetk 1330. 1384 (2);
Senden 1446 (1); Sutebolte 1438 (1); Walfeld 1805 (1); Wulf
1339-1493 (7).
5. Neun Markonspradi) n v. U03— 1533 (Albeiger, Demekamper,
Leiter, Redoifci-, Mark, M. Maure).
6. Sechs Ori<rj,'.-Urkk. bell*, innere Angelegenheiten des Bisthiuns
und Donistifls Münster (1296—1510).
7. Dreizehn Orig.-Urk, betr. einzelne Klöster, ürlschaften etc. in
Westfakn. 1343—1534.
8. Orig.-l'rk. di.- Abts Ilcrenianus v. Corvey für den
Ministerial Heinrich v. Brocbürg, Vo<jl zu >iuclo, der ins gelobte
Lund zu ziehen entschlossen ist. s. d.
9. Protokoll des Gogerichts thon Harkotten, begunnet Donredag
na PhQippi et Jaoobi apost ao. 1543., dorch mi Wesselig Elsoff,
Gogrevcn. Papier, 4*; fiber 1 Cm. st.
10. Protokoll des Holzgerichts za Heek. 1486 Gleicbieit.
Ms. Pap. Kl 8*. ca. 30 Bl
11. Schat Raster der herschap Delmenhorst de verplogeslade
tho Munster Iho belonen, de fülle bouron gesateUi vip enen
Snaphanen, de Kotier up enen schryckenborger na vennoge.
ao. 1537. Orig.
12. Vehe Scliatliinge der ampt Aliui? vnnd vppeme Branche.
Ms. sat-c. XVI. 1 Fa>c. Fol. 2 Cm. stark.
13. Vehe Sciiattunge der herschap van Lembek. 1 Hett. Ualblbl.
G Bl. beschrieben.
14. Rcgistrunj der Landtfolge K. G esc Ii er. Designation der
gantzen Kerspelsschatzung ao 1626. am 17. Juli ufm Landtag
zur Defension gewilliget Orig. 3 Bl. Fol.
15. Scfaatzungsregister Kirchspiels Heider. 1765.
16. Scfaatregister vnd nawysonge des Amptes Bocholt in anno
1534 Orig. 7 BL Fol.
17. Register Ampts thor Gloppenborch der bewilligten Land-
steuer etc. 1534. Halbfol. 12 Bl. beschrieben.
18. Scbatzungsregister paer. XVI. v. Lüdinghausen, Wulfsberg,
Capollor Bifang, Amt Werne, Heese, Westbevern, Albersks
Kinkerode, Dronslenforde, SendonliorsI ifc. 5 Convolute.
19. Gesch. der ijtadt Geseke v. Matthias von £ngers. 1697. Ms.
saec. XVII. Fol. ca. 120 Bl.
20. liütheu; dessen Nachricht, Ursprung, Alterthumb und £in-
i^iyiu^cü üy Google
Die uribivalischen Sammlungen auf Schloss Miltenberg in Bayern. I99
wohner, so viel ans dem Äfdür und der Historie zu ziehen
ist. Ms. saec. XVIL Fol ca. 300 Blatt
21. »Varia Monasteriensiac (mit Nr. 454 bezeichnet). Ein
Gonvolnt Urkcmdenabscfariften von der Hand Bodmanns.
22. ArticuU statutorum reverendi ac praenobilis capitnii cathe-
dralis ecdesiae Paderbornensis aa 1624 In generali
capitulo condus. — Ms. saec. XVIII. Fol.
23. Regulament n. Ordinantz womach Sr. Hochfurstl. Gnaden zu
Mönster und Corvey . . Militz zu Boss und Fuss in Guar-
nisonen, Quartieren, Feldzugen und Märchen zu verpflegen und
ach zu halten haben solle. 1674. Gedruckt 4 Bl. Fol.
24. »Paderborn betr.« Quaestiones (nebst Antworten) ratione
ecdesiae catfaedralis Paderbon. Betr. die innere Verfassung.
Ms. Fasdkd in 4*.
26. Ck>nvolut von Litteralien und Urkundenabsdiriften des 15. Jahrb.,
vorzugsweise das Gesdilecht Westerholt betr.
26. Redditus seu annuac pensiones altaris S. Mauritii In Mona-
sterio» 1511—1612.
27. Eine Handschrift de< 16. Jahrh., 4**, Ober 2 Gm. st., enth.
in ihrer ersten Iliilfto Abschrinen aller statutarischen Verord-
nungen, welche die inneren Verhältnisse des Ilochstifls Osna-
brück betreCFen; danach Verzeichnis der Liindereien, die zu
den einzelnen domherrlichen Präbenden gehören; üemer die
reditus Obedientiae.
28. Ein Convolut von Schriften: Tormini protocollares i. S. des
Herrn Probsten und D(3?ii< ai»itularon v. il. Hii-rb als Exocutoris
weyland Probsten und Dorne ajiiluhirs (ieorg Ludwig v. d. Busch
contra den Domscholaster Freih. v. Haaclce, puncto curiae
canonicalis. 176Ö.
XIL Saditen und Thüringen.
1. Tractat und Vergleich zwischen Einem Erbam Raht der
Reichs Stadt Goslar und denen Ebrw. Sieben Gilden als
Grahmer, Becker, Schuster, Knochenhauer, Schmiede, Schndder
und Körssner etc. unterschrieben 18. Martii 1682. — Eandd-
Ordnung v. 1655. Feuerordnung 1668. BegriUmisordnung
1668 etc. etc. Ms. saec. XVin. 822 S. Fol.
Digitizoü by C3t.)0^lc
200
GOUe:
2. linrliscnschülzcn- uiul Kanzlcinrdriuiipr tl(M- Sludt Goslar 1749
uiui 1655. Erstore f,'eilruckf, lelzterc hantlschriftl. Fol.
3. Wie mein }riuHli<z>tt'r HeiT (seil, der Erzbi.>=(hof Daniel von
Mainz) das Dorf Sleinsliausen mit dessen Maniischall, dem Abt,
Prior und Gonvent zu S. Midiel zu Hüdesheiin zustendig in
dero Erbschutz, Schirmb und Vertheidigong au^enommen 1577.
2 B(^|en. Ck>noept. — Originalschreiben des C!^[>ile1s zu Hildes-
heim an den Bischof Wilhehn Strassburg i. S. des Gapitels
contra Thile v* Hohenstein und Friedrich Wintzingerode
1526.
4. Chronik von Erfurt bis 1587. Fol. Ms. saec. XVI. —
280 Blatt — Dann fol-t (nunierirt als Bl. 346—427) der
Hath von Erfurt v. 1501 — 1659.
5. De origine urbis Erfordiae ab anno 438—1572. Ms. saec.
XVI. 4". 5 Cm. stark. Nur zu *i3 beseliriehen.
6. Ili.storia Erfurtensis usque ad annum 1665. ^is. saec»
XVII. 91 P.l. Fol.
7. »Erfordensia et Duderstadensia.c Convolut von Ab-
schriften mittelalterlicher Urkk. aus Mainzer Archiven von Bod-
mann*s Hand. 4*. 1 Gm. stark.
8. Rechtsspruch zwischen der Stat Erffurt eins vnd Hansen
Kreyenberg des andemtheils. 1455. 1458. Ms. saec. XVL
Fol. 4 Bg.
9. Ordnungen der Grafschaft Gleichen. 1533. 1746. Ms. saec
XVIII. Fol. 10 Bl.
10. Statuten der Kayserl. freyen Reichsstadt Nordhausen.
16. Jalirli. Ms. saec. XVII. Fol. l Cm. stark.
11. Statuta der Stadt Franken hausen, emendirt und pubUcirt
i. J. 1558. — M.<, saec. XVlIl. Fol. l'> Cm. stark.
12. Kursächsische Bergordtiuiig. IT. Jalirh. Ms. Fol. ö — 6 Cm.
stark.
13. Ciironicon vndt alli-s lierkommen der L;i iid t {.trafen in
Thüringen vndt Hessen etc. Bis 1480. Von Conrad
Bachmann aus Melsungen 1599. Ms. 4*, mit verschiedenen
angdiundenen Anlagen.
14. Statuten der Stadt Arnstadt (s. m, 4).
Die «KhiTslisehen SunmlimgeD «if Schkm Hiltenberg in Bayon. 201
XIII. Ostfriesland.
1. Ostfriesisches Landrecht. — Handschrift des XVL Jahrh.
Fol. 175 Blatt. Pergaroentband.
XIV. SebiMwig.
1. Statuten der Stadt Flensburg. 16tK). Gleichzeit. Ms. Fol.
1 Gm. stark.
XV. Schlesien.
1. Gopialbach Schlesischer Urkunden seit dem Anfiuig des
XIV. Jahrh., vorzugsweise das Verhilllnis zur Krone Böhmen
betr. — Die ei-ste: »Homagium Nicolai ducis Oppaviensis,
quod CO absque heredibus decedento is ducatus imniediale ad
coronam rogni Bohemiae debeat devolvi.c 1318. Ms. saec. XVI.
Fol. Pap. Kill Band von 7 Cm. Stärke. Darin auch: >VVr-
zeichnus dcrjeiiiircn Scliiililon , welche ]k'r/.o<i Friedritli zur
Lignitz über die G60(>0 Thaler, so das Land m benehmen
bewilligt, hinterlassen« 1596.
2. Abscliriflen und Auszüge Schlesischer Urkunden des 13.
bis i7. Jahrh. Ms. Fol. saee. XVIL hieuntis, namentlich
besQgl. der Städte Breslau, Neumarkt, Schweidnitz
und Jauer. 6 Gm. stark.
3. Statotum Glogoviense et Lignicense ratione successlonis
oonjugum. Ms. saec. XVIL Fol 8—10 Bg.
4. D. Schindler! a Printzendorf, camerae Gaesareae con-
siliarii, instructio ad praxin juridicani Silesiae, imprimis princi-
paluum J a V o r i e n s i s et S v i d n i c e n s i s. Mit Urkunden-
Abschriften. Ms. Fol. saec. XVIII. 152 Blatf.
Anhan^r: Schweidnitz- unil Jauerische Fürslenlhumb Vor-
uiuudschaills-Ordimng. 20 Bl.
XVL Manuscripte
nicht archlvalischer Natur.
1. Eine Pergament iiandsdirifl des [). oder 10. Jahihunderts:
Dialogi Gregorli Papae, 102 BL Fol. Kxposilio
202
6(Mxe:
S. Evangelii sectindum Marcum. 158 BI. Fol. Das
älteste Stuck der MOtenberger Sammlungen.
2. Hugo Trimberg, der Renner. Bis. saec. XIV. Fol.
Papier. — Aus Panzers Besitz von Bodniann i. J, 1807 an-
gekauft. Anfang und Ende von neuerer Hand ergänzt 157
alte Blätter.
3. Ein maislcrlichs Singbuchlein mit vill >chonen maisterliodorn
maistt'tlicli zu singen ango/aifTt, welche vor vil Jare von dem
hochbeiuiiiten niaislcrsin^'cr Ii a ii iison Folt/.en von Wormbs
narhircr zu Xiirnhcig, podichlct, i^'c-jchrit bon vnd hinter ime
verlasst'H. — K i ^'c ii Ii ä nd i ges Manu?;cript des Meister-
sängers Hans Folz (1447 — 14S2), wie aus zahlreichen
Indicicn, wiederholter eigenhänd. ünlerschrifl etc. unzweideutig
hervorgeht. Kl. 4^ 176 Blatt sind beschrieben.
4. Conrad v. Ammenhausen, Sehadizabelbuch. Ms. v. 1371.
Fol Papier. 114 Blatt. Das letzte Blatt fehlt
»In gottes namcn heb ich an
Wann niemant nut geschaffen kan
On sine hillTe und gimst
Es ist kein wissheit noch kunst.« etc.
5. Breviar aus der Ck>llegiatkirche S. Andreae zu Göln,
von Bodmann gekauft aus der Auction der Jesuiten. Pei^.
saec. XV. Hrillantes Ms. in llnditiuart, ca. 9 Cm. stark, sehr
sclu'm geschrieben; reich mit (jold und Farben verziert.
6. Regiilat liatrum minoruQi. Ms. saec XV. Ki. 4". 1 Gm.
stuik. l'ergament.
Entliält Abschriften von einer Anzahl p«äpstlicher Bullen,
welche den Orden und seine V'erfa-^sung betreffen. Am Schluss
Tractatus b. Uernardi abbatis de pl.inetu dominicae passionis.
7. Explanatio passionis beatissimi Victoris suorumque commilitonum
marttmm de gloriosa legkme Thd)eorum ndlHum in orbe
• Xantens! corporaliter quiescentinm etc. etc. Ms. saec. XV. 4*.
Papier. 105 S.
8. Epistolae Guiberti quondam abbatis Gemblacensts et Florinensis;
mit praemonitio von Heinr. Balth. Blum, kaiserl. Rath. 1743.
Ms. Fol. ca. 142 S.
9. Beschreibung einer Reise nach dem Gdobten Lande. Ms.
saec XV. 4*. Papier. l*/i Cm. stark.
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Die archivaliscben Sauunlungen auf Scliluas Millenberg iii Bayern. 203
Die minder wichtigen Handscbriflen dieser Art konnten nicht
notirt werden.
Nachschrift.
Unterm 12. Juli 1877 ist mir von dem Pfairar L. Conrady,
Bruder des Be<itzei"s der MIHonbergcr Sammlungen, welcher jetzt
ebenfalls in Miltenberg wohnt, folgende Benachrichtigung zugegangen:
»Wir lial)f'n den Entschluss gefas^t, alle ferneren Gesuche um Be-
nutzung d» I liiesigen Archivalien ohne Ausnahme dahin zu bescheiden,
dass ihi e Gewährung so lange anzustehen lialx», bis ein genaues Ver-
zeichnis der Urkunden und Acten aufgestellt sei , damit libei'sehen
werden könne, was von uns hier in Bearbeitung genommen werden
soll und was nicht«.
Damit ist die Sache bis auf Weiteres wieder ebenso weit ge-
diehen, wie zu Habds Zelt; denn um ein »genaues Verzelchiusc
aller Urbrndenahschriften Bodmanns und der verschiedenen anderen
Stücke au&ustellen, würde selbst ein Fachmann verscbiedene Jahre
gd}rauch^ W&an übrigens eine solche Massregel auf alle archi-
Talische Sammlungen Anwendung finden, also jegliche Benutzung
aufhören sollte, so lange nicht genaue Verzeichnisse der sämmtlichen
Bestände vorbanden wären, so mössten eine grosse Zahl öffentlicher
Archive geschlossen werden, manche gleich auf eine Reihe von
Jahren. Indessen weiss jeder, der mit Archivverwallung einigennassen
zu Ihun geha))t hat, dass man sehr wohl einzelne Partien zur Be-
nutzung verslatten kann, ohne dass dadurch der Uang der Urdnungs-
ai'beiten beeinträchtigt wird.
XI. Gatterers Lehrapparat iD Luzem.
Von
Th. Liebenau,
glaatwrdiinar in Luiern.
Der sogenannte Gatlcrer'sche Apparat ist die von dem Göltin^r
Professor Johann Cliristopli Gatterer (-cb. 13. Juli 1727, gest. 1799,
5. April) für seine Vorlesungen über Paläograpliie angelegte Samm-
lung von Urkunden, Hand^^chriftcn, Siegeln u. s. w. Nach ver-
schiedenen Andeutungen war diese Sammlung ursprünglich keineswegs
unbeschränktes Eigenthum des Pixjfessors, sondern es gehörte dieselbe
zum Theile wenigstens dem im Jahre 1704 gegründeten k. historischeu
bistitute in Göttingen. So sclienlcte z. B. den 13. November 1788
Johann Ludwig Aretin in Möndien dem Hofiratli Gatterer in Göt-
Ungen zu Händen des Icöniglichen Institutes Urlnmden und Siegel,
die er bei einer »Vergantung« erstanden hatte. Johann Bender,
Leln«r am Gymnasium zu Hermannstadt, sendete im Auftrage von
Josef Carl Eder, Direlctor der Normalschule daselbst, eine sieben-
bürgische Urkunde von 1603. Zuulrlt h bat er, den Pfarrer Johann
Filtsch in Holiau zum Correspondenten des historischen Institutes zu
ernennen. »Durch eine solche Aufmunterung würde unsere Ver-
l)iniln!ig mit Güttingen, an welcher uns so selir gelegen ist, viel ge-
winnen.« Dieser Anliänglichkeit an die Georgia Augu«ta verdankte
das Institut die Sclienkung vieler andrer Documente. Selbst Pro-
fessoren trugen zur Vermehrung dieser Sammlung l)ei; so /. B.
schenkte der bekannte Philologe F. A. Wolf dem liistorischen in-
Gatterar*« L»hn4>parat in Liuern.
205
stitute eine Sammlung von ^Vaadtli^n(le^-Ul■ku^H^on. deren Signaturen
dafür spreclien, dass dieselben dem Staatsarchive in Bern angehörten.
Der alte Gatterer setzte Ix'sondern Werth darauf, bei seinen
Vorlesungen Originalurkunden aus allen Zeiten und Ländern vor-
legen zu können. Auf vielen Reisen brachte er nach und nach
zahlreiche Urkunden zusammen; einzelne scheint er scholl bei sdnem
AafenthaKe in Nflmberg erworben zu haben — Sehl Sohn, der
Heidelberger Professor Cairistoph Wilhelm Jakob Gatterer (geboren
1759 t 1^8) setzte diese Sammlung fort und erwarb namentlich
bei der S&kularisation der rheinischen Stifte und KUteter die un-
gemein zahlreichen Originalurkunden, welche zu den werthvoUsten
Bestandtheilen der Sammlung gehören.
Als Oberforstrath und Professor Gatterer in Heidelberg ge-
8tort)en war, unterhandelten dessen Wittwe und Tochter zunächst
mit der Universität Heidelberg üt)er den Kauf des sog. diplomatischen
Apparates. Allein die Professoren erklärten, sie könnten die Samm-
lung unmöglich anschaffen, da der Universitätsfond nicht einmal
hinreiche, die angefangenen Werke der Ribüritlirk fortsetzen zu
können. Und da damals an keiner deutschen Universität V^orlesungen
über Paläographie geh.ilteri wurden, blieben die Versuche, die
Sammlung in Deutschland unterzubringen, erfolglos. Um den Ver-
kauf der Sammlung zu erleichtern, schlugen Gatterer's Erben den
Weg ehi, dass sie die Bibfiothelc und M ünzsammhing von dem eigent-
lichen diplomatischen Apparat trennten. Die Bibliothek erstand im
Jahre 1838 ein Antiquar. Hierauf trug Fräulein Glementme Gatterer
dem Luzemer Staatsarchivar Ludwig Keller, zu dem ilir Vater immer
grosse Zuneigung gezeigt hatte, den diplomatischen Apparat zum
Kaufe an und zwar für die Summe von 3000 Gulden. Keller hätte
gern diese ihm wohlbekannte Sammlimg fär sich erwcwben; allein
seine Verm^ensverhältnisse gestatteten ihm das nicht Er wendete
sich an verschiedene schweizerische Bibliotheken, denen er den Kauf
eindringlich empfahl. Allein nirgends fand seine Vorstellung irgend
welche Beachtung. Endlich, den 30. Januar 1839, richtete er an
den Stiftsarchivar in St. Urban. P. l'rbun Winist()rfer, ein längeres
Sdireiben, aus dem wir folgende Stelle hervorheben: »Wäre wohl *
') Die ältfie I.itenitiir Aber Oatterer ist verzeichnet in der EncyklopSdie
von Krsch und Uruber 1, &4, 376—388. Vgl. dazu »Göttinger Professoren«.
Gotha 1872.
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206
Tb. V. Liebenau:
Ihr Kloster hn Stande, dieser kostbaren Sammlung ein Asyl vor
aller Zerstreuung und Zerstörung zu geben? Die BenediktinoilSster
haben sehr viel für die Diplomatik gethan, ob nun auch Ihr Ekwter
hierin etwas thun kann? Es wäre in der Zeit eine wahrliche Ret-
tung eines Schatzes, der später erst noch grdssem Werth erlangen
Wörde. Ich bin sicher, dass zu einer andern ZeSi St. Urban diese
Sammlung aufgenommen haben würde. Ob at>er jetzt dassielbe statt-
findet, wo die Regierung das Ansinnen macht, die Klöster sollen
auf Geld spekuliren V« P. Urban, ein geistig reichbegabter Mann, der
mit grosser Vorliebe liistorische Forschungen betrieb, betürwortete
Keller's Gesuch heim Prälaten von St. Urban, Friedrich Pfluger von
Solothurn. Dieser war rasch entschlossen, die Saminhnig zu w-
werbon, sofern diesell)e wirklich liistorisches Interesse habe, (llemen-
tiiie Gatterer überniillelt.e daher das Ver/.eichniss des sog. diplomatischen
Apparates, begleitet von Gutachten der mit ihrem Vater befreundeten
Herrn l*rofessoren Creutzer, Sthlosser und von Malchus,
Dr. Friedrich Creutzer bezeugt: dass die Urkunden-Sammlung im
höchsten Grade wichtig und werlhvolL F. L. Schlosser äussert sich
also: »Nach einer flüchtigen Einsicht der Galterer'schen Urkunden-
Sammlung bin ich der Meinung, dass sie für den Zweck änes gränd-
liehen Unterrichtes in der Diplomatik, Sphragistik und den verwandten
Fächern ganz vorzüglich geeignet und dazu auch recht vollständig
ist. Eigentlichen historischen Werth würde ich ihr weniger zu-
sdireiben.« (1839, 28. Febr.) Eingehender gab Freiherr v. Malchus,
k. würllembergischer Finanzminislcr a. D., sein Gutachten dahin ab:
»Die diplomatische Sammlung des im IK^rhsti' dos vorigen Jahres
dahier verstorbenen H. Oberfoi-slrathcs und Professor Gatterer zer-
fällt in zwei Ilauptabthoilungen , nämlich a) in einen vollständig
instruirtcii Apparat zum theort'tischen und practischou Ihilerricht in
der Diploniufik und in den mit demselben verbuiuieiu'n Wissen-
schaften, sodann b) in eine bedeutende Anzalil von Originalurkunden,
Urkunden-Siegel, Stempel zu solchen etc. Der Unterzeiclmete, der
sich iti früheren Jahren viel mit dem Studium der Diplomatik be-
schäftigt hat, und eine genaue Kenntniss von dieser Sammlung be-
* sitzt, glaubt mit gutem Fug die Ueberzeugung aussprechen zu
können, dass nirgends ein ähnlicher Apparat besteht, der diesem
an die Seite gesetzt werden könnte, derselbe vielmehr als einzig in
seÜBßC Art zu betrachten, und desshalb in einem hoh^ Grade zu
wünschen ist, dass derselbe nicht durch Verehizelung und Verkauf eln-
Digltized by Google
Gatterer's Lehrapparat in Luzern. 207
zelner ParÜiien oder fiegcnslände zersplittert, in der Acquisition des
Ganzen vielmehr ein Mittel zum Sludiuiu dieser noUiwendigcn , in
der neueren Zeit leider zu sehr veraachlässigten Wissenschaft er-
halten werden möge. In dieser Hinsicht wfirde sich jeder Acquirent
des Ganzen ein wahres Verdienst nicht blos um diesen wissenschaft-
liche Zweig, sondern auch um das Studium der Quellen der Ge-
schichte erwerben, f&r welches jenes der Diplomatik wesentlich ist
Wenn auch die 2. Abtheilung — die Sammlung — die grosse Anzahl
von Original-Urkunden — keine erhebliche Ausbeute für die Ge-
schichtsforschung darbieten dürfte, so bildet sie dennoch nicht minder
eine schätzenswerthe Zugabe, theils wegen der Seltenlieit einer Ver-
einigung einer so grossen Anzahl von Solchen, wie sich, vorzüglich
in dieser Mannigfaltigkeit selbst in grössern Archiven selten eine
tinilii, theils und sodann auch, weil in derselben eine reichhaltige
(n Icgcniicit dargeboten ist, mn sich in der für die diplomatische
Lesekunst und für die Kritik der Aechtheit einer Urkunde wichtigen
Buchstaben-Kenntniss verschallen und üben zu können.« (1. März
1839).
Diese Gutachten theilte Glementine Gatterer den 2. März 1839
an Staatsarchivar Keller mit und beauftragte denselben mit dem
Abschlüsse des Eaufrertrages, der auch den 20. April 1889 zu
Stande kam. Das Kk)ster verpflichtete sich, den Erbai des Professor
Gatterer gleich nach Empfang der Sammlung die Summe von
2700 Florin zu entrichten. Den 8. Juni 1839 traf die ganze Samm-
lung in 7 Kisten verpackt in Si Urban ein. Archivar Keller konnte
dieselbe nicht mehr sehen; schon während der Kaufsverhandlungen
war er erkrankt und starb bald darauf.
In St. Urban wurde Gatterers Sammlung von einlieiinischen
und fremden Gelehrten benutzt. Allein die Abgelegenheit des Ortes
und der Mangel eines brauchbaren Repertoriunis über die Sammlung
hinderten, trotz der freundlichen Aufnahme, welche Gelehrte jeden
Standes, ohne Unterschied der Gonfession, dort fanden, die aus-
giebige Benutzung. Diese wurde erst recht möglich, als nach Auf-
hebung des Klosters (1848, 13. April) mit der Bibliothek von
St Urban auch der Gatberer'sche Apparat nach Luzern kam, wo
derselbe zuerst mit der Kantonsbibliothek vereinigt wurde (1850).
Die Luzemer Regierung at>er, welche die bei der Klosteraufhebung
vorgeftmdenen Kunstschätze und Antiquitäten um em Spottgeld ver-
schleuderte, dachte sofort daran, den Gatterer'schen Apparat zu
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208
Th. T. Liebenau:
vorkaufen. Sie tral zunrulist mit dfin brilti>chen Museum in Unler-
handlunjr. Der Imjjuls ging nicht von ungebildeten Leuten, sondern,
zur Ehre des gesunden Volkssinnes sei es lieiiierkt, vom — Er-
ziehungsratlie aus. Auf den Antrag des Erziehungsrathes beschloss
der Regierungsrath von Luzern unter dem 23. August 1850, gestützt
auf die oben mitgetheilten Gutaditen der Professoren Greoser und
Schlosser, sowie des Herrn von Malchus, die gerade d» werthTollsten
Theil der Sammlung zu wenig gewürdigt hatten, den Gatterer'schen
Apparat zu verluiafen und den Erlös zur TOgung der Staatsschulden
zu verwenden. Nur von den Doublettoi der aus verschiedenen
Werkoi fiber Diplomatik entnommenen Abbildungen von Urkunden,
Ghrismen, Siegeln etc. sollten Exemplare zurückbehalten werden.
Vom britlischen Museum hoffte man 12000 Fr. für die Sammlung zu
erhalten. Der von Gatterer selbst angefertigte Katalog wurde nach
England geschickt und kam — niemals mehr zurück. Die Engländer
fanden den Preis zu hoch. Da versuchte man mit Deutschen das
GlUck; zunächst mit Pcrtz; dann mit Joffe (1858—1863). Letzterer
bot 3000 Fr. für die ganze Sammlung.
Da die Hegiei ung inzwischen wegen Versi hacherung der Kunst-
schätze in der Presse heftig getadelt woiileii war, wollte sie dermalen
doch nicht ohne ein Gutachten von Kennern einen Handel ab-
schliessen. Den 7. Mai 18G3 wurden vom Erziehungsrafhe die
Herrn Professor Dr. J. Eütycfa Kopp, Nationalrath Dr. Anton Philipp von
Segesser und Staatsarchivar Friedrich Bell beauftragt, ein Gutachten
darfiber abzugeben, ob der Gatterer*sche Apparat fOr die Eantons-
bibliothek eine praktische Bedeutung habe und um welchen Preis
man doiselbai verkaufen dürfe? Den 19. Mai 1863 gaben ^Hese
Herrn ihr Gutachten dahin ab, dass diese Sammlung momentan für
die Kantonsbibliotliek alleidings nur einen beschränkten Werth be-
sitze; dass sie aber für eine eidgenössische Universität später vielleicht
Bedeutung erlangen könnte. Jedenfalls solle die Sammlung, schon
aus Rücksicht für den um Luzern hochverdienten Abt Pfluger von
St. Urban, nicht an einen Privaten, sondern nur an eine wisscn-
schal'tliche Anstalt veräussert, und der Erlös, der jedenfalls niciil
unter dem Ankaufs} »reise stehen dürfe, nur zu Gunsten: der Kantons-
bibliotliek verwendet werden.
Da zeitweise Klagen einliefen, dass die Benützung durch Ge-
lehrte auf der Bibliothek etwas schwierig sei, betrieb ich dfe Ver-
einigung dieser Sammlung mit dem Staatsarchive, zuglekfa in der
Digiti/Oü by Cjt.)0^lL
Gatlerer's Lehrappural iu Luzcru.
209
Abdcht, die dauernde EHudtung dersdben zu sichern. 1870 wurde
die Sammlung ins Ardüv yerlegt, worauf ich ein eingehendes Re-
pertorium über dieselbe anfertigte.
Der 6atterer*Mhe Apparat besteht nun aus folgsod^ Ab-
theilungen:
I. Sammlung von Originalurkunden vom Jahre 877 bis 1828.
Dieselbe zählt je 1 Urkunde aus dem IX. und X. Jahr-
hundert; aus dem XI. 6, XII. XIII. 162; XIV. 980, XV.
1322, XVI. 1280; XVII. 956, XVUl. 303 und aus dem XDL.
Jahrhundert 12 Urkunden.
II. Materialien zur Sclu iftkunde und Sciireibgeräthschallen (l^apier-
Sammlung, Wachstafeln etc.).
III. Alphabete und Schriftproben in Kupferstichen (153 Fascikel).
IV. Urkunden in Kupferstichen (v. 480—1815; 447 Nr.).
V. Ghrismen im Kupferstichen.
VL Mönogramme m Kupferstichen.
Vn. Reoognitionszeichen in Kupferstichen und Zdchnungen.
VnL Siegel von Uriomden, theils hi Kupferstichen, theOs in Zeich-
nungen.
IX. Segelsterapel (z. B. vom Domstift Bremen, XIV. Jahrhundert,
histor. Institut Göttingen, Finanzminister des Königreiches
Westphalen etc.).
X. Siegel von Originalurkunden in Wachs.
XL Päpstliche Bleibullen (1243-1447).
XII. Oblaten-Siegel.
XIII. Mit Papier übei präfftc Wachs-Sittel.
XIV. Mit Papier gedruckte Si^el.
XV. Siegelabdrücke in Siegel-Wachs.
XVL Siegel auf Rinde.
XVn. Siegelabdrücke in Gips.
XVm Matrizen aus Gips für Siegdabdrucke.]
XDL Siegelabdrücke aus Wachs und Talg.
XX. Siegelabdrücke aus StanioL
XXL Siegelabdrücke von päpstlichen Bullen.
XXII. Siegelabdrücke in Hausenblase.
XXIII. Manuscripten-Sammlung.
XXIV. Varia: Schriftproben von Handschriften, alte Musikalien, Al>-
bildungen von Monumenten, Autographen-Sammluog, Schriften
der Familie Gatterer etc.
▲reUv&UMhe ZvlUchrlft. U. 14
210
Tb. T. Uebenau:
Von diesen verschiedenen Abtheilungen dürften namentlich zwei
von Interesse sein: die Handschriften-Sammlung (XXUI) und die
Urkunden-Sammlung.
Aus ersterer erwähnen wir folgende Manuscripte:
Apologia recognitionis D. Joh. Brentii de Mai( .state Christi ad
dexloram patris contra omnia cai)ita responsionis Tlieodori Bezae
Vezelii . Auetore Vuilhelmo BidemlxLcbio D. Ecdesiastae Slutgartiano.
Papier. Fol.
Hürpror- und Stonor-Hucli der Sladt Kulssheim von 1415 — 1495«
Gerichtsbiuh des Dorfes Iloilheim von 1451 — ir).{T.
Fra^Miicnt eines Copialbuches des Klosters FrankentbaJ von
circa 1454.
Laureniii Valla Salira de falso credita et ementita ConsLantini
donatione. 24 Bi. XV. Jahrh. Fol.
Sententia Dombii Ludovici de Bavaria Rom. Regis, de Jure
et Justitia imperii. 11 BL Fol. XV. Jahrh. Vgl daräber Böhmer:
Acta Imperii 534 — 535 u. dessen Regesten Kaiser Ludwigs N. 3444.
Abschriften von 78 Uiininden zur Geschichte König Hemrich VH
(Hohenstaufen) von J. Chr. Gatterer.
Briefe von Professor J. 0. Köhler über Urkunden und Hand-
zdchen Kais(M Maximilian I.
Historische Notizen und Correspondonzen von Gaden.
Endlich liej,'en Abschriften von Urkunden vor, die theils von
dem alten Gatterer, theils von dessen Schülern herrühren (z. F.. von
Leichtehi) und zwar nieist von Urkiindi n , die sich norli in der
Sammlung vorlindeii. Kin/.ehie dieser Copien sind mit kritischen
Benierkungen von Gatterer veisehen.
Was die L'rkunderisammlun^^ anlM'laiigt, so hat dieselbe zum
grössern Theil nur einen i)alilogra|)hisclien, kullur- und rechls-
geschichllichen VV^erth; zur Aufliellung der politischen Geschichte
dienen verhältnissmässig nur wenige Documente. Denn die Haupt-
masse der Urkunden bUdele zur Zeit einen Bestandtheil der Ardüve
rheinischer Stifte und Klöster, vorzuglich des Domstiftes Worms, der
in und bei Worms gelegenen Stifte St Victor, St Andreas, St Paul
und Martin; Nenhausen, Nonnenmfinster, Kirschgarten, Hhnmels-
kron hei Hochheim, Liebenau; sodann von Otterberg, Hombach,
Klein- und Gross-Frankentlial , Lorsch, Schönau, Schwabesheim,
Heilsbrück, St. Johann in Alzei, Kaiserslautern etc. Für Lokal-
geschichte Hessens und der Rheinpfalz ist daher allerdings hier
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Qatterer's Lehrapparal in Luzeni.
211
reidie Ausbeute zu finden, wie z. B. der'neueste Band des hessischen
Uricundenbuches von Geh. Rath Dr. Baur zeigt. Daneben liegen einzelne
Urlrondeii aus Norddeutsdiland und Schweden, ausNämberg, Regens-
buig, Oesterreich, der Sdiwolz, Italien. Frankteich und England
▼or, namentlich solche, welche früher einen Bestaridthcil des Schloss-
archives Wolfstein in Oesterreich, des Sinzcndorfischen Aidiivos in
Klam. nnd des Aiiei*?;lx.'rgis(hen Archivs in Krain frebildet liaheii
müssen. Von den österreichischen I'rknnden aus dem XIV. Jahr-
hunderl bi treften nielirere die Familien von Wallsee und Dressidler,
die Grafen von Hardegg, Burggrafen zu Maidburg, und die Herzoge
von Oesten"cich. In mehreren dieser österreichischen Urkunden werden
»Ilagen« erwähnt, die vielleicht mit dem bekannten österreichischen
C«hroni)cschreil)er verwandt sein dürften, z. B. 1370, 17. Bfärz, Sey-
fnd Hagen Ton Woifhardsbrunn; 1371, 15. Aug. 1376, 2. Hai und
24. Juni in Wien Hans Hagen, in letztern Uricunden Bürge des
Rudolf Ton Wallsee, Hauptmann in Steyr, ffOr den Juden David
Steütz hl Wien. »JOrg Hagent ist 1397, 31. Mai, Zeuge bei Vei^
gabung eines Lehens, das von den Herrn von Walsee herrührt
1404, 13. Febr. verkauft Paul Hagen zu Teendorf hi Wien die
Vogtei des (iutes Scbawenpach.
Um dem Leser dieser Blätter ein Urtheil über den Werth der
Gatterer'schen Sammlung zu ermöglichen, theilen wir aus dem Re-
perlorinm einige Urkunden-Auszüge in kürzester Foim mit.
Wir erwähnen zunächst die Urkunden der römischen
Könige und Kaiser.
877, 11. December. Heidebach. König Ludwig ^ciieiikt seinem
getreuen Werinbold für geleistete Dienste zwei Schuppossen im Gau
Wormazfeld. —
973, 1. JulL Worms. Kaiser Otto bestätigt dem Bischof Anno
von Worms den Zoll von Worms und alle fiskalischen GefiUle im
»Penningbanc. Vgl. darüber Sickel: (Jeher Eaiserurknnden m der
Schweiz 52.
1004, 28. December. Dornberg. König Heinrich schenkt der
bischöflichen Kirche in Worms ein Gut in Pipinesdorf im Moselgau.
Sickel 1. c.
1043, 18. Januar. Hesseleveiden. König Heinrich schenkt seinem
Kaplan Arnold ein Gut in Iringeshusen als Eigenlhum. — Ötuuipf:
Reichskanzler No. 2237.
1044, 2. Febr. Ganteresheim. König Heinrich gibt seinem
212
Tb. V. LidMnitt:
• Kunzler Adaiger den dritten Theil der Khrdie in QuistinehnseD in
der Grafschaft Gero's im Gau Hassia als Eigenthum. Stumpf No. 2257.
lOÖl, 4. März. Spire. Kaiser Heinrich vergabt dem Birthttm
Worms ein Gut in Hodcia'skba. Stumpf 2399.
1139, 20. -Mai. Wizinburch. Könif,' Konrad II. bewilligt, dass
Foliiiar, (Uislos zu Fraukenthal, sein vüterliclies Erbe dem Magdalenea-
klostei in Frunkcnliial vergabt*. Slurnpf 338.').
(MST?) 12. Aug. WoriiKuit'. Kaiser Fri»Hinch nimmt das
Kloster Lobenfeld in des Reiches Schutz. Stumpf 4568.
1209. Speier. König Otto IV. nimmt das Kloster Otterbery
in seinen Schirm. Böhmer: lieg. K. Otto*s No. 69.
1222, 16. Mftrz. Wonns. König Heinrich best&tigt dem Kloster
Otterberg die Vergabmig eines Ho^ in Worms. Böhmer: Reg. K.
Heinrichs No. 14.
1232t M^, apud Utinum in Foro Julii. Kaiser Friedrich ächtet
die Atih.itigcr d&e CSommone von Worms. Böhmer: Reg. K. Fri^
drichs .Nu. 725.
123-4, 25. März. Laulhern. König Heinrich bewilligt den
Herrn von Handecken das Schloss Bylenstein zu bauen. Böhmer:
Acta Iniperii I, 287.
1234, Lauthern. König Heinrich nimmt das Kloster Otterburg
in Schutz. Böhmer No. 326.
1274, 10. Sept. Laulhern. König Rudolf bestätigt die Frei-
heiten und Besitzungen des Klosters Otterberg. Frey und Remling:
Otterberg. UrlL-Buch 136—138.
1275, 6. April Weissenberg. König Rudolf bestätigt dem
Kloster Heilslvuck die Ve^abung des Zehntens und Kirchensatzes
von Bubenwiler durch Ritter Johann von Metz.
1282, 15. März. Oppenheim. König Rudolf nimmt das Qsterzer^
Kloster in Kirschgarten bei Worms in des Reiches Schirm.
1282, 22. Juni. Worms. König Rudolf genehmigt die Ver-
gabung von Heich.^gülem an das Kloster Kirschgarten durch Die-
trich von Enziletheim.
1288, Ii). Febr. König Rudolf vidiiiiirt tlie Urkunde Bischof
Simons vuii \\'(M!iis vom 8. Jänner 1288, betrelTeml rebertragung
der Lelieiisrhali \(in Stadt und Sriiloss Heidelberg vuii Herzog lauhvig
von liayein auf dessen Ucmuhlin MeciiLiid. Kopp: Gesch. d. eidgen.
Bünde I, 902.
1293, 30. Juli. Friedberg. König Adolf vergabt den Gistenerinnen
Üiyitizcü by GoOglc
Gatterer's Lebrapparat in Luxem.
213
in Kirschgarten die dem Reiche zuständige Kiiclie in Haseloch.
Scriba: Hessische Reg. m, No. 2092.
1293, 11. September. Strassburg. König Adolf bestätigt dem
Kloster Otterberg alle Besitzmigeii und Rechte. Frey wid RemUng:
ürk. 201—202.
1298, 18. November. Nfimberg. Kfinig Albrecht nimmt das
Kloster Otterberg in seinen Schinn und bestätigt dessen ZoUfkeiheit
In Lauthern und Hoppnrten.
1309. 14. September. Speier. König Heinrich ertheilt dem
Kloster Kirschfrarten Steuer- Und ZoDfreiheit. Baur: Hessische Ur-
kunden V, 191-193.
1310, 9. Auir. Lauthern. König Heinrich bewilligt dorn Meister
Gotlfried Faber in Lauthem den Bau einer Mühle in der Keyserswag
bei Elbriclisberg.
1317, 18. November. Heidelberg. König Ludwig vergabt dem
Kloster Schönau das Patronatrccht der Kirche in Bergheim, wozu
seine Gemahlin und Söhne einwilligen.
1330, 14 März. Weissenburg. Kaiser Ludwig gibt dem
Predigerkkister Hasenphul bei Speier Steueritelheit für den Hof
Muterstatt
1330 , 30. Bfärz. Esslingen. Kaiser Ludwig g«iefamigt die
Schenkung des Patronatsrechtcs zu Xerstein an das Kloster Otter-
berg. Wurdfwcin: Monast. Palat. I, 433.
1339, 28. NovenilxT. S|M?ier. Kaiser Ludwig befreit bis auf
Widerruf das Frauenkloster Heilsbrürk von allen Hastungen und
empfiehlt da^^selbo dem Schulze des Fial/.grafon Hudolf bei Rheine.
1348, 9. .läiiner. Worms. König Karl bestätigt die Privilegien
des Klo>lci's Kirschgarten. F^anr: Ilessisrhe Vrk. V, 339.
1384, 28. Juli. Worms. König Wenzel zeigt den Erzbisthöfeu
von Mainz, den Pfalzgrafen bei Rheine und den Herzogen von Bayern
an, er habe das Stift Worms in seinen Sdiutz genommen. Schannat:
bist Wonnat. H, 192.
1384, 16. October. Lutzenberg. König Wenzel bestätigt dem
Kloster Ingelheim die von Kaiser Karl IV. geschenkten Güter zu
Keysersberg, Doiingbeim und Munster. Wflrdthelm: Monast Palat
n, 207.
130r!. 6. Mai. Mainz. Notar Reinold von Krüfzlnng vidimirt
dem Still Kaisersaal zu Nieder-Ingelnheim im Bisthum .Main/, folgende
Urkunden; 1. den Stiflungsbrief des Betthauses zu Ingelnheim von
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214
Tb. T. Liebenau:
Kaiser Karl IV. vom 14. Januar 1354; 2. den WiUebrief Erzbischols
Gerlach von Mainz vom 25. März 1354 für diese Stiftung; 3. den
Willebrief des Erzbischofe Boemund von Trier gegeben zu Nürnberg
1355, den 30. Dcccmber; 4. den Willebrief des Erzblschofs Guno
von Trior, diiHrl Krenbrechlstein den 9. Juni 1366; 5. den WiUebrief
des Krzbisrhofs Wilhelm von Cüln vom 25. Mära 1354, ausgc.-tellt
in Metz ; G. den Willebrief Pfalzgraf Ruppert des altern bei Rheine,
dalirt Mel/. 25. Mär/ 1354: 7. den WiUebrief Herzog Ludwig's von
H.ivfiii, Markgrafon von Nürnberg, ausgestellt im Januar 1356 in
XiirnlMTg; 8. den Willei)rief Herzog Rudolfs von Sachsen, g^eben
in i\ürid)i rg den 13. Derember 1355.
1401, 1. August. Heidelberg. König Ruprecht gebietet, als
Pfalzgraf bei Rheine, seinem Landschreiber und Kellner zu Alzey,
dem Kloster Liebenau bei Worms wegen der von seinem Vater ge-
machten McssstiAung jährlich 30 Malter Korn und ein Fuder Wein
zu verabfolgen.
1403, 20. Mai. Heidelbeig. König Rupert befreit das Gottes-
haus Bybebiheim von allen Steuern. Ghmel: Reg. K. Ruperts
No. 1485.
1404, 13. Mai. Heidelberg. König Ruix^rt bestätigt dem Cisterzcr-
Icloster Schönau die inserirten Urkunden der Pfalzgrafen Heinrich
bei Rheine von 1190; Herzog Heinrich von Sachsen vom 30. Mai
1208; Pfalzgraf Ludwig v. 1226; Herzog Ludwig v. 7. Docember
1282 und Pfalzgraf Rudolf vom 29. November 1300. Vgl, Chmel
Reg. No. 1740.
UOS, 28. April. Heidelberg. König Rupert ertlu ilt dem Klostor
Himmelski-on bei Hochheim verschiedene Privilegien. Ghmel No. 2549.
1400, 22. August Heidelberg. König Rupert und sein Sohn
Pfalzgraf Ludwig bei Rheine vergaben anTs Stift Neuensbidt zur
Jahrzeitstiftung fOr die Mutter des Königs, die Gemahlin Ludwigs
Blanka von Öigland, den Zdmtai zu Meckenhenn.
1413, 26. November. LodL König Sigismund bestätigt die
Privilegien des Bisthums Worms.
1414, 28. Juli. Speier. König Sigismund nimmt das Kloster
Ilimmelskron bei Hocbheim in seinen Schirm. Arch. f. hessische
Gesch. II, 3, 432.
1437, 15. Juli. Eger. Kaiser Sigisnumd bestätigt die Privilegien
lies Stilb s Mosbach in der Diöcese Würzburg.
1447, 18. Octobec Wien. Kaiser Friedrich ertlieilt dem Bischof
Gatterer*» Lebniipanit in Linem.
215
▼on Worms das PriTfleg de ncm evocando. Schannat: hist. ep.
Worm. n, 239.
1469, 7. August. Gratz. Kaiser FHedricb bestätigt dem Kloster
Otterberg die von seinen Vorgängern ertheilten und inserirten Privi-
legien. Fehlt bei Ghmel.
1497. 1. Decemher. Innsbruck. Kaiser Maximilian ersucht
die Stadt Liit)ock, die Reichssteuer für 3 Jahre an die Herzoge Frie-
drich und Johann von Sachsen zu entrichten,
1512, 9. Juni. Mecbeln. Kaiser Maximilian bestätigt dem von
Kaiser Karl dem Grossen gestiftet en Gotteshause Ingelnheim im Saale
den Zehnten in Koisorsberg, Dürkheim und Münster, die Mühle zu
Keisersberg, den Zoll ZU Keisersberg etc. Würdtwein: Monast
Palat. II, 255.
1551, 23. März. Augsburg. Kaiser Karl V. verkündol auf den
1. Mai die EröfTiiiing des Concils von Trient, verspricht freies
siriieres Geleit zum Besuche desselben und warnt vor Neuerungen
im Glauben.
1552, 14. November. Spcier. Kaiser Karl entscheidet den
Streit zwischen dem Doinslift Worms und der (lemeiude Mutterstadt
wegen Frohndienste nach dem Gutachten des Grafen Johann von
Montfort, des Freiherrn Johann Werner von Zimmern, des Dr. Johann
Hechel und des Kammergerichtes Heidelberg vom Jahre 1551 dahin,
die Gemeinde sei frohndienstpffichtig. — 14 Folio-Seiten.
snie anno et die. Kaiser Karl V. verleiht den Gebrüdem Hans,
Burkard, Wolf, Gregor und Hieronimus Faber das Wappen der aus-
g^torbenen Familie von Randegg. Unvollständig.
1570, 2& October. Speier. Schirmbrief Kaiser Maximilian II.
für das Kloster Seebedi.
1602, 19. August. Prag. Kaiser Rudolf IL nimmt Gottfried
von Hov^, Bürgermeister zu Lübeds, In seinen besonderen Schirm.
1744, 18. September. Frankfürt a. M. Kaiser Karl VII. er-
theilt den Söhnen des verstorbene Prof. Ludwig Christian Ming
von Heidelberg ein PrivU^um gegen den Nachdruck der Schriften
ihres Vaters.
1755, 13. Docember. Wien. Kaiser Franz 1. ernennt Conrad
Josef Osthaus zum Cliorherrn zu St. Johann in Hildesbeim nach
dem Hechte der ersten IJitte.
1794, 24. April. Lager zu Castilione. Kaiser Franz sendet
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216
Th. Liebeiian:
als Gomnuss&r in Sachen der Wahl eines Bisehofs von Basd den
Freyhenm Vogt von Summerau an's Domstift Basel. —
Als Ergänzung zu den trefflichen Regesten Menzel's notiren wir
folgeoile rrkiinden zur Geschichte Friedrichs des Siegreichen,
Pfalzgrafen bei Rheine.
1450, f). Mai. Rom. Fapsl Nikolaus V'. bostäfigt die von
Bischof Reinharfl von Worms u. Pfalzgraf Friedric h bei Rheine ge-
nehmigten Statuten de< Stiftes St. Ciriak bei Worms.
14r)0, 26. Juli. llt'idL'lbt'rg. Pfalzgraf Friedrich gibt als Vornmnd
seines Vetters, des Pfalzgrafen Philipp, dem Jost von Honeck die
Burglelien zu Lautern als Reichslehen.
1451, 23. Juni. Heidelberg. Pfalzgraf FHedrich, Landgraf in
Elsass, tauscht mit Propst u. Gonvent zu Ingelnhetm in dem Saale
den Weinzehnten zu Kaisersüierg gegen 32 Pfd. Heiddberger Pfennig
jährlichen Zinses auf der Bete zu Sels.
1453, 16. Juli. Heidelberg. Pfalzgraf Friedrich erneuert und
t)estätigt dem Kloster Ruschgarten bei Worms die von Herzog Lud-
wig von Bayern unter detn 15. Juli 1443 in Alzey erlheilte Befreiung
von allen herrschaflliciien Lasten, Frohndiensten, Schätzungen etc.
1455, 9. Juni. Heidelberg, l'fal/.praf Friedrich, Reichs-Erz-
tniclise?s, nimmt für sich und Pfalzgraf I- riedrich Abt und Convent
Frankenthal nach dem Vorgange ^^oiner Altvordern in seinen be-
sondern Schirm. Orig. u. Vidinms v. 12. Ortober 1461.
145C, 16. Sej)tember. Heidelberg, Pfalzf^raf Friedrich genehmigt
die durch Dietrich von Sickingen bewerkstelligte Beilegung des
Streites zwischen dem Stift St Andreas in Worms und dem Kloster
Himmelskron bei Hochheim wegen Bezug des Opfergeldes der Kirche
in Hochheim, Bestreitung der Auslage dieser Kirche und Vergabung
der Klause in Hbdiheun an die dortige Kirche. Vidimus vom
11. December 1456.
1457, 4. März. Conrad Wolff von Sponheim erklärt, dass er
siel) mit Pfolzgraf Friedrich, Graden zu Sponheim, für sich und s^ne
EIrben wegen alh'r Anforderungen verglichen habe, so zwar, dass er
niemals mehr, heimlich oder öfTcntlich, zeitlebens eine Absage senden
wolle. Mit Wo] IT <iogeln sein Schwager Peter von Ritenhofen und
Johann von Meremberg, genannt Rubesame.
1450, 8. Juli. Heidelberg. Pfalzgraf Friedrich, Reichs-Erzlruch-
ses.s und Churfürst, l)(^willigl die Errichtung der Pfründe eines
Sängers ani Stifte Neuenstadl durch Meister Frick, Canonicus daselbst.
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Gatterer's Lehrapparal in Luzeni. 217
14G2, 14. Febr. Ilcidelb rg. Pfalzgraf Friedrich verkauft für sieli
und Pfalzgraf Philipp bei Rheine an Abt und Ck)nvent zu Limburg im
ffisUmm Spder das Schloes fViedeldielin bei Wacfaenheim an der
Hard, mit aller Zubehörde, unter Vorbehalt des Oeffiiungsrecfates 'm
Kriegen, um die Summe von 1200 rh. Gulden.
1465, 24. März. Simmem. Pfidzgraf Friedrieb, Herzog in Bayern,
Graf zu Sponheim, stiftet zu seinem und der Pfalzgrftfin Hargüeth,
geb. von Geldern, Seelenheile die Huttergottes-Kaplanei in der
Pforrkirche zu Simmem, wofür er GeßUle von Gütern in Falkenberg
und Liebhusen verschreibt.
1468, 11. April. Heidelberg. Pfalzgraf Friedrich befreit das
Kloster Frankenthal von verschiodonen Lasten, namentlich von
Wagenfnhrton, Frohndiensten, Bethe, Schätzungen und Steuern,
1468, 4. August. Heidelberg. Pfalzgraf Friedrich bezeugt den
Vergleich zwischen Abt und (lonvent von Otterborg und Wolf
Kätnnierer von Dalberg w^en der Atzung und Frohndienste des
Hofes I leseloch etc.
1469, 11. November. Gennersiieim. Pfalzgraf Friedrich befreit
das Kloster der regulierten Augustiner zu Klein-Frankenthal, zwischen
Speier und Worms, fOr den Hof zu Ebstein von allen Steuern und
Lasten, nachdem ihm dasselbe um 900 Gulden die Vogtei und das
Gericht zu Ebstein, wozu Oppauwe und Odikeim gehört, verkauft,
aber von der Kaufsumme 400 Gld. nachgelassen hat
1475, 9. Mai. Germersheim. Pfalzgraf Friedrich nimmt die
Hutto* und die Sdiwestern in der £lause zu Fischbach in seinen
besondem Schirm und empfiehlt dieselben dem Schutze setnet Ämts-
leute in Lautern. —
Besondere Beachtung verdienen die päpstlichen Breven und
Bullen, die in ziemlich grosser Zahl vorhanden sind. Die pia fraus
hat hier zahlreiche Spuren zurückgelassen, die ein gewisses Interesse
gewähren. So liegt /. B. eine Bulle vor, die von Calixt II. herrühren
soll, aber deutlich den Sclirittcharaktcr aus der Milte des XIII. Jalir-
hundorls verriUli. Sie ist datirt Latcrani VII. Idus magi (sie) Anno
doininice itK arnationis MXXXIII. Indictione X., und gerichtet an die
»venerubiles fratres et coepiscopi« Willigis von Mainz (975—1011),
Hartmann von Göhl (der nicht existierte), der apostoUce sedis legatus
titulirt wird, an Adalbert von Trier (1131 erw&hlt), Adalbert Ton
Salzburg, oeterique principes Alimannie, die Bischof Hildebald von
Worms im Besitze von Stiidimhdm, Feldkirch und Prussowin, einer
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Th. V. Liebenau :
Vergabung Kaiser Otto*s, schätzen sollten. An solchen Fälschungen
ist Gatterer's Sammlung keineswegs arm; doch sind die meisten der-
artigen Documente weniger plump. —
Da die wichtigsten Urkunden Klöster betreffen, so finden
wir begreiflicherweise meist Urkunden Ctt>er Vergabungen, Jahrzeit-
Stiftungen, Rent- und LiegenschafLskäufe und Täusche, Erblehen, Zins-
lehen etc. Seltener sind Urkunden, die Vergabungen von Kirchen
und Burgen betreffen, die grösseres Interesse haben. So z. B. liegt
vom Jahre 1144 eine TJrkunde vor, laut welcher Erzbischof Heinrich
von Main/, mit Probsl Horlach zu St. Victor dem Abt von Eberbach
die im Archidiakonat St. Victor f^clogene Kirche im alten Schlosse
zu OllerboriT v.um Raue eines Klostors vorpabt. Vom Jahre 1153
bcsil/on wir oino l ikundo, laut wolchor (Jünther, Vorwesor des
Bisthums Speier, dem Kloster Lindburg die Kirche Fridolnesheim
incorporirl.
1208, 30. Mai, in c aslro Lindenvels, bostätifrt Herzog Heinrich
von Sachsen, Pfal/.i/iar am lUu'ine, dem Kloster Seliönau die Ver-
gabunj,' der Insel M< line durch PfalzgräHu Irmengard.
1214 urkuudet Plalzgraf Ludwitr bei Hlieiue, Herzog in Bayern,
.«;eiue l iitt-ithaneu haben das Kloster Siliönau geschadigt; nach
seiner Rückkehr vom Feldzuge Kimig Friedrichs aus Xieder-Üeutsch-
land habe er sich in die (Jenossenschafl <les Klosters aufnehmen
lassen uml dem Kloster das Fiseherrecht in ( )|>ho\viii bis zur Tilgmig
des Schadens mit Zustimmung der Braut seines Sohnes, Agnes,
überlassen.
Mehrere wichtige Vergabungsurkunden, die lx,'i Schannat, Baur,
fai den Acta Academ. Palatin., bei Frey und Remling etc. gc<lruckt
sind, übergehen wir; wir notiren einige wenige Urkunden, die vielleicht
wen^iper bekannt sind.
1225, 1. April. Heidelberg. Herzog Ludwig von Bayern be-
freit das Kloster Schönau, das in seinen Burgen Schutz zu suchen
und seine Vorräthe dort aufzuspeichern gewohnt ist, vom Zoll, Um-
geld und »Winsrote in Heidelbo^.
1227, 30. April. Heidelberg. Obiger bezeugt den Verkauf eines
Gutes in Sonthoven an das Kk)6ter Schönau durch Dietrich von
Oppowa.
1233, 26. Mai. Laterani. Gregor IX. nimmt das Kloster Hefls-
brOck in Schirm und ertheUt demselben verschiedene Freiheiten.
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Gatterer's Lebrapparat in Luzern.
219
1240 , 23. Juni. Bischof Landolf von Worms vergabt dem
Kloster Frankenthal den Hof Dirmenstem.
1241. Vögte, Schultheissen und Bürger von Soest (Susaoensls
ciTit.) bevoUmfichtigen drei Börger von Lübeck sich mit denjenigen
* absufinden, die ihre BQrger auf den Schiffen geschädigt haben.
1213, & Mai. Bischof Cionrad Ton Speier incorporirt dem Stift
Limbui^ die Kirche Vridoldeslioim.
1254, 28. Juni. Anagnie. Innoconz IV. liestätip't deni Klostor
Schönau die Vergabung der Kirche in Sharren durch Pfalzgraf
Otto und Ludwig bei Rheine: dorselbe bewilligt 1255, 10. Januar,
diesem Kloster lio^'ondc» und fahrende Güter in der Diöceso Worms
vergabunpsweise anzunehmen; 1258, 21. März, betraut Alexander IV.
den 15iscliul von Worms mit dem Schirme dieses Klosters: 1259 ist
Bischof Eb, von Worms Schiodsriditer in einem Streite des Klosters
Frankenthal wegen der Haltung des Zuchtstiers im Dorfe Otenheim.
Selbst kirchliche Verhältnisse des Nordens beleuchtet unsere
Sammlung. 1260, 6. Juli. Vogt, Rath und 6«neinde in Gothland
theilen* an Vogt und Räthe in Lübeck auszCIglich die von den Bischöfen
und pfipstlichen Legaten der Marienku'che in Wisby ertheilten Privi-
legien mit, namentUch diejenigen von H., Bischof Ton*Linkfiping,
Legat Willigis und Bischof B. von Linköping vom Jahre 1225. — Allein
die Hauptmasse dieser Urkunden beschlägt doch das Bisthum Worms
und Speier. — So liegt z. B. von 1201 ein Akt vor, laut welchem
Raugraf Conrad, Graf von Boidienbercii, ( Jrat Friedrich von Hohen-
berg und Florentin von Rosowa dem Kloster Sion (I)iöcese Worms)
den Kinliensatz von (iunderamesheim vergaben. \'iele Urkunden
beleuchten die Thätigkeit des riischofs Eberhard von ^\'orms, z. B.
vom Jalire 12G1 drei: je eine von 12t;2 u. 1263, 12(36, 1269, 1270,
1272, 1275, 127Ü; von Bisehof Friedrich von Speier haben wir Ur-
kunden von 1278 u. 1279, 129 1 . Die Grafen von Leiningen werden
in unsem Urkunden häufig als Zeugen erwähnt, zuweilen auch als
Aussteller von Urkunden so z. B. 1262 im Mai Emicho; mit diesem
1263, den 10. März auch Friedrich (wegen des Gollaturrechtes von
Rorbach); Letzterer 1270, 2. Juli als Kreuzfohrer fdr das Stift Um-
burg; eboiso den 6. Juli 1270; spätere Urkunden sind da von 1316
und 1323. Graf Ludolf von Dassel verkauft 1263, den 11 Aprils
die n ri htsbarkeit über den Hof Holthöfen an das Stift Hikles-
werdesheim.
Urkunden vonErzbischöfen von Mainz sind namentlich aus dem
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Th. V. Liebenau:
XIV. Jahrhundert vorhanden; einzelne gedmckte ana filterer Zeit.
Das Stift EHwangen betrifft eine Urhinde von 1270 u. 1277. Die
Herrn von Hohenfels und Harfenberg werden erwShnt in Uriamden,
die aus Klöstern im Bisthnm Speier stammen (XIII. Jahrhundert);
die Grafen von LOwenstdn finden wir in Udnnden des Alii. Jahr-
hunderts bei Streitigkeiten mit dem Kloster Sion, dem sie den Kirchen-
satz von Spiezheim vergabt hatten; gleichzeitig treten die Grafen
von Baumen berg und die Herren von Wartenberg in Urkunden des
Stiftes Olfcrbernr m]f; die Heichstrucli-<";?en von Bollandon • finden
wir in Urkunden der Cistorzcrinneü von sion mehrfach; ebon>o in
Heziehunpr zu den Grafen von Sponheim. So vcrziclüet Pliiiipp von
IJollanden 1291, 4. Juli, zu Gunsten des Grafen Heinrich auf sein
Zelintrecht in All^isheini. 1305, 8. September nennt sich Otto von
Brüssel »Herr zu Bollanden«.
Die Kämmerer von Dalberg bci,'egnen uns mehrfach als Freunde
des Klosters Heilsbrfick im Xin.~XV. Jahrhundert; sie vergaben
1293, 14. September, die Kirche Winden; die Vergabung geschah
durch Ueberreichung eines Halmes; vgl. dazu die Urkunde vom
März 1294. Auch des Klosters Schönau nehmen sie sich an (1331)
und verkehren mit dem Stift Hochheim (1351). Die Familie von Ber-
lidiingen wird in einer Urkunde von 1351 erwähnt.
Von den Grafen von Zweibrücken sprechen Urkunden vom
10. Juni und 24. Juli 1274, 1340, 26. Sept., 1346, 21. Juli und
18. März 1360; von den Grnfen von Eberstein Documente vom
5. Januar 1397: von den Grafen von Nassau besitzen wir Perga-
mente von 1298 und 1299.
1299 »am Millielien vor sand Wallpurgentafre«, vergabt Pfalz-
graf Rudolf l)ei Rheine dem Frauenkloster Frankenthal die Allmende
zu Hemingsheira etc.
1306 , 2. Blärz, besdurlnkt Papst Clemens V. in Avignon das
Visitationsrecht der Erzbischöfe von Lyon imd Siena, sowie des
Bischofs von Meauz bezöglich des Gisterzerordens.
1312, 8. Njwembcr, inoorporirt Bischof Emmerich von Spder
dem Kloster Schönau die von den Pfolzgrafen Rudolf und Ludwig
bei Rheine vergabte Kirche in Neckerau.
Aus der grossen Zahl der Urkunden des XIV. Jahrhunderts
heben wir nur einige hervor. 1320, 4. September, Sangershausen.
Agnes, Wittwe des Markgrafen Heinrich von Brandenburg, entzieht
sich fär sich, ilu«n Sohn Heinrich den Jüngern, ihre Ritter und
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Gatterer s Lehrapparat üi Luzern.
221
l>iener gegen die Bürger Ton Northeim allen Anspradien wegen
nächtlicber UeberfaUe.
1328, 14. Februar, Lübeck. Herzog Erich von Sachsen, Hein-
rich von Mecklenburg, Johann von Wenden, Jkr. Johann von Wenden,
Herzog Gerde von Jütland, Graf Heinrich von Schwerin, Graf Johann
von Holstein, Jkr. Albert von Sachsen, Graf Alf von Schowenborch,
Klaus und Otto von Witienborch schliessen einen Landfrieden auf
3 Jahre.
1343, 10. .Januar, kaufen die Hor/.oi^e Albrccht, Friedrich,
Leoijold und lUidüll" von Oesterreich von den Brüdern Liecbtenekher
eiü (Jut in Kohntestal um 7 Ptd. Goldes.
1347, 2. November. Kr/bi^chof (lerlach von Mainz incorporirt
dem Fraucnkloster Lieljcnau bei Woinis die von Pfal/.^M'ülin Irmen-
gard bei Rheine, Mutter des Ptalzgruien Adolf, vergällte Kirclie in
Enseltheim.
1349, 31. Mai, bekennt Pfalzgraf Ruprecht bei Rheine, er
schulde dem Heinrich von Utzelingen um seme Dienste 30 Pfd.
Häller, sollte er diese Summe nicht zahlen, so soll Utzelingen das
Recht haben, Land und Leute, mit Ausnahme von Eddleuten, zu
pAnden und anzugreifen »an zorn«.
1356, 11. August. Heidelberg. Rupert der ältere, Pftüzgraf bei
Rheine, vergabt zum Seelenheile seiner Eltern, seiner Gemahlin,
Elisabeth von Namur, und seines Bruders Rudolf der Kirche in Neuen-
stadt das Patronalrecht der Kirchen Gymi Itintrcn und Wintzingen,
wozu Bischof Gerhard von Sf)eier, Propst Conrad von Kerkel, Eber»
hard von Randeck, Dekan, und das Domslifl Speier einwilligen.
Vom 25. Jänner 1.'{6G dalirl das Original drs Vergleiclis wegen
der (Joi iclitsverhrdtnisse etc. in Worms, de>sen Druckausgaben Scriba
in den hessischen Reg. III, 3175 veizeichnet.
1366, 6. .^bü. Philipp von B(jllan(len, Herr zu der allen Beym-
buig, Reichslruchsess, gibt aus Freundschall und zur Til^'ung einer
alten Schuld dem Marschall Reste von Waldecke einen Theil der
atten Beymburg, nämlich die Frauenkammer und den Rittersaal zur
beliebigen Verwendung; doch soll dieselbe nie gegen Herzog Ruprecht
den alten, Pfahqprafen bei Rheine, Graf Walnim von Sponheim, die
Hannen und Burgmannen von Bollanden verwendet werden.
1368, 1. Sept. Neustadt Pfalzgraf Rupert der filtere bei Rheine
vergabt an's Stift Neuenstadt den Kirchensatz von Simmem (deutsch
und latein.).
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222 Th. T. Liebenau:
1375, 28. Aug. Neuenstadt. P&lzgraf Rudolf erthettt dem Stifte
Neuenstadt Zollfreiheit auf dem Neckar fOr den Bezug der EtnkOnfte
der von ihm vergablen Kirclipn Ohcrkoym und Syckonhoim.
1375, 17. November. Fiiinkfurl. Pileus, Gardinalpiesbyler zu
Praxedis, bevollmrichtigt Abt Peter von Schönau w«ihrend de^^ Krieges
um das Bisthuiii Mainz Piiostc r und Ordensbruder, die Papst Ur-
ban VI. anerkennen, zu absolvieren.
1388, 0. Juni. Heidelbeiy. Pfal/.graf llii] »locht der ältere befreit
das Kloster Schönau für den Hof in Lamssliehu von Zoll und Ura-
geld u. s. \v.
1389, 8. April. Michael Groserens von Lutry wird von dem,
von Kaiser Karl IV. zum Comes Palatinus beförderten Florentiner
P^ros Benfivensis de Gorganis zum Notar ernannt.
1417, 23. December, ersucht Pfidzgraf Ludwig bei Rheine den
Grafen Ludwig von Leiningen im Streite zwischen ihm und dem
Grafen Johann von Sponheim wegen des Burgfriedensbruches das
Schiedsrichteramt zu fibernehmen.
1393, 20. Jänner. Heidelberg. Die drei Pfalzgrafen Rupert ver-
kaufen an's Stift Neuenstadt, mit Genehmigung Graf Johanns von
Sponheim, Blickers Landsehaden von Steinacb, WiprecJits von Ilelm-
stadt und Ritter Albrechls von Venningen, Testamentsvollstrecker
Herzog Ruprechts sei., ihres Vettere, den Weinzehnlen zu VVinzingen
und Gytneltingen um 6502 (ild.
1393, 25. Mai. Heidelberg. Pfalzgraf Ruprecht der ältere ur-
kundet, sein seliger Vetter Herzog Rupreilit tler Alto liabe den
Kirchensatz von Oberkeyin mit dem dritten Tlieile dos Zehntens an
das Stift Neuenstadt vergabt; da aber zu befürchten sei, die Stiftung
möchte nicht im Sinne des Testators verwendet werden, so gebe er,
mit Zustimmung der Testamentsvollstrecker und des Stiftes statt des
Kirchensatzes und Zehntens 36 GId. jährlichen Zinses ab dem Dorfe
Neckerau.
1398, 4. Februar. Graf Otto von Holstein-Schauenburg und
sein Sohn Zeisolf verpflichten sich, nach dem Sprudibriefe der Städte
Hamburg und Läbeck, an die Stadt Lüneburg terminweise 5000 Gul-
den zu entrichten.
1399, 7. Mai. Bischof Gerhard von Speier incorporirt dem
Stift Nfuonstadt die von Engelhardt von liirzeshorn zum Seelen-
heil Pfalzgraf Rudolfs bei Rheine vergabte Kirche in Ellerstatt.
Die Schriftzuge weisen einen undatirten Rodel, welcher die
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Galterer^s Lehnpparat in Lmeni.
223
Rechte und Freiheiten der Kaufleute von »Rodenburgb« in Flandern
aufzählt, dem XIV. Jahrhundert zu.
1404, 4. August. Rom. Bonifaz IX. bewilligt auf Bittr» König
Rupert und dor Ileidolborgcr Professoren, dass solche Docenten der
Universitfd Heidelberg, die Cauonicate und Pribenden besitzen, in
den belrcfl'enden Stiften die gleichen Rechte haben wie diejenigen,
welche die Residenz beobachten.
1411, 7. Jünner. Landgraf Hermann von Hessen schreibt an
den Rath ▼on Göttingen wegen Bezahlung einer Schuld von 4000 61d.
1413, 11. September. Markgraf Bernhard von Baden verkauft
an Hans Wagentriber 54 GId. jfthrlichen Zinses von den Städten
Baden, Pforzheim, Ettlingen und Durlach um 800 Goldgulden.
1414, 16. Mai. Stuttgart Graf Eberhard von Württemberg er^
theilt dem Gerin Ton Kaltenthal den vierten Theil des Burgstalls
und Gerichtes Schelkingen als Mannlehen.
1428, 12. Juli. Vertrag zwischen Herzog Philipp von Burgund
und Ilerzc^in Jakobäa von Bayern wegen Abtretung der (Grafschaften
Hennegau, Seeland und Poncien (Holland?) und der Herrscluill
Friesland an F>urgund, Ueberlassnng der Herrschaften Voorn, Zuid-
beveland und 'l'liüleii und der ZölU> von Holland und Seeland zur
lebenslängliciien Henutzung an Jakobäa. (ileicbzeitige Cojtie.
Von der kirchliclien Bewegung des XV'. Jahrhunderts geben
mehrere Akten Zeugnis^, so eine Bulle Marlin V., ausgestellt in
Constanz den 8. April 1418 und ein Erlass des Goncils von Basel
Tom 9. August 1488.
1439, 23. November. Papst Eugen IV. zeigt dem Bischof von
Worms an, dass er denen Ablass ertheile, die an dem Jubü&um,
das wegen VereinigUDg des Kaisers Johann Paläologus und der
Griechen mit der katholischen Kirche veranstaltet werde, sich be-
theiligen; zugleich theilt er ihm das Florentiner Unionsdecret mit
und ersucht um Veranstaltung kirchlicher Festlichkeiten.
üeber die polit ischcn Angelegen heilen aus der Mitte
des XV. Jahrhunderts Hegen mehrere Akten vor, /.. B. zwei
Schieii)en des Rathes von iMülhausen wegen eines Rundes mit dem
Herzog von Sachsen (1445, 17. und 18. Juni).
1447, 7- Juni. Herzog Stephan von Bayern, Eberhard von
Oburstein und Andere schlichten den Streit zwischen Johann Fast
und den Alteristen zu Armsheim wegen des Zehntens in Wymssheim.
1448, 10. August, bestätigt Bischof Reinhard von Worms nach-
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224
Th. ▼. LidMiiftu:
folgende Urkunden des Klosters Frankenttial: 1. den Stiftungsbrief
Biscliof Burkards vom 6. Oclobcr 1125; 2. Bulle Innocenz 0. vom
23. Januar 1134 in Pisa; 3. Bulle desselben vom 9. Juni 1134 aus
Pisa; 4. Privileg desselben vom 5. Juni 1135; 5. Privileg Papst
Victors, gegeben in Speier 11G3; 6. Bulk" Alexander III. vom 5. Juli
1180; 7. Rulle Urban IV. vom 30. Januar 1262; 8. Privileg
Johann XXIII. super uli possidetis.
1463, 8. ()cti)l)or. .Mark;,Maf Albrcdit von Üraiuienburg verleiht,
als Burggraf von NüruberK, an Hans und Anton Detzel von Nürn-
berg und deren Olieim Anton Baumgartner das Gut zu Kor und
Weylem.
1469, 22. Jänner. Ghristofero Mauro, Doge von Venedig, ver-
leiht an Giovanni Longo und llfortino U^no von Aurund das Recht,
lö Jahre lang in Cadubri Gold und Silber zu graben, nach dem in
Oesterreich und Görz geltenden Rechte, gegen eine Taxe von 10^
des Gewinnes in den ersten 10 Jahren.
1471, 24. September. Rom. Papst Sixtus IV. dankt der Stedt
Göttingen für die auf dem Reichstage in Regensburg bewiesene Be-
reitwilligkeil zur Ausrüstung des Reichsheeres gi^n die Türken.
1487, 5. Aug. Herzog Wilhelm von Braunsc hweig-Lünebui^
ertheilt der Stadt Braunschweig verschiedene Privil^ien. Gleich-
zeitige Copie.
1488, 24. Octobcr. liusuin, König Johann von Dänemark be-
stätigt ein rrlheil vom Jahn? 1487, das die Ritter und die I^ule
von Holstein auf dem Rathliause in Schleswig im Streite /wischen
Otto Rantzou\v(^ und Bernliard Krumendyke wegen des Gutes zu
KIekamj>e gefällt hatten.
1503, 17. August. Franz von Krcrad, Vico-Woywode in Sieben-
bürgen, ersucht alle seine Beamten und Unterthanen, die Bewohner
von Wyf^m, Wiresmorth, Dobnan, Katzonorz und Hamostroph,
die sich dem. Woywoden unterworfen haben, frei durch sein Land
passiren zu lassen.
1508, 29. Mai. Cardinal Bemardin, päpstlicher Legat, be-
wi%t die Incorporation des Kirchensatzes von Wachenheun an's
Stift Limburg.
1508, 23. Decomber. Vereinigung zwischen Herzog Heinrich
von Braunschweig-Lüneburg und der Stadt Lübeck zur Aufrecht-
haltung des Landfriedens, abgeschlossen auf Befehl Kaiser Maxi-
milians; £meuerung dieses Bundes 1520, 20. März. — Von der
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ßatterer's Lehrapparat iu Luzern.
225
Zerstörung' der Klö-lt i lliü-lirück und Kir>t ligartcn im ileulsrlicn
ßauornkric^'o mlon die Urkunden vom H. Juni und 15. März 154t>.
Der Hiograpli Frundslierg s, Adam Heyssner von Mindelsheim,
wird in einer von der Stadt Heidelberg besiegelten Uricunde vom
31. Januar 1552 als Verkäurer eines Hauses in Mindelsheim genannt.
Die Säcularisation der pfälzischen Stifte wird durch zahlreiche
Urkunden iUustrirt; so z. B. durch die Convention des Pfahsgrafen
Friedrich und des Markgraren Ludwig von Baden mit dem letzten
Abte von Sponheim (1565, 15. Febr.).
1f)4S. 25. November. Stockholm. Könij.'in Christina von Srlnveden
iM-'fielilt, dem Ilofkanzlor Johann Salvius auf der Heise aus Deutsch-
iuiul nach Schweden Vorspannpferde und Fuhrwerke frei zukommen
zu lassen.
Zur neuern (Jeschicht»' linden sieh mehrere Akfi n-tücke vor,
die ein '^'e\vis>(S Interesse liaben «liiiflen. So erkundi;,'! sitli Künijr
Frieihicb Wilhelm I. von Preussrn (mit .S('lHeil)en vom 9. Mai 1717)
bei Major von Fink, »woher das es korabt, das.s die Leute so zu
desertireii anfangen, da Umen doch an nichts fehletc. Den 16. Nov.
1732 beklagt sieh König Friedrich II. von Preussen bei Major von
Rittberg fiber die Verhaftung seines Werbjuden Joel. »Ich weiss
nichtt, schreibt er, »wie das Dönhofbche Regiment dazu kommt,
dass es meinen Werbjuden Joel arretiren lassen, da er doch das
Geld herausgegeben und idi fiberdem d^ dnen Keri abgdassen;
ja, was noch mehr, so hat er ordre von mir, sogleicli wieder nach
Ungarn zu gehen und die Werbung fortzusetz^, dass mich also
nicht wenig wundem nuis.«, wie man so plump verfahren könne,
sap:e er es man rcciit deüLscli.-i Von Köni«: Friediicli Wilhelm
von Preussen tindet sich hier ein in Zahlen geschriebener Brief an
Herrn Hecht in Mannheim vor, laut welchem dessen jüngerer
Bruder unter dem Titel eines vlngenieur-Lieutenant« zum S|)ion
ernannt wird. »Ihi- müsset Euch aber so wenig dort als sonsten
gegen jemand, wer der auch sey, eussern oder merken lassen, dass
mehrgesagter Efier Brudff in Unsern dinsten stelle, fidmdir habt
ihr vorzugeben, dass Ihr suchtet Ihn dort gelegentlich untmubringen.
Ihr sollt Euch aber seiner gebrauchen, um durch ihn, wann der
GhurÜQrst von Pfaltz mit tode abgehet, und Ihr dessen völlig ver-
sichert seyt. Euren desshalb an Uns afazustatteten boicht sicher und
auf das schieinigste anhero überzubringen, wesshalb auch von unsert
ArehirallMh« ZeilaehrlA. II. 16
22i) ^i>- V. Liebenau: Gattcrers Leiirapfiarat in Luzem.
wegen Ihr den Eyd der treue und Verschwiegenheit von ihm abzu-
nehmen . . . habt (1738, 22. März). —
Der ungemein reichhaltige Inhalt dieser Sammlung war ohne
Zweifel sehr geeignet, die Schüler in das Studium der Paläographie
einzuführra und den Sinn für Kritik zu wecken. Rechtshisforiker
wie Germanisten werden hier immer fOr verschiedoie Studien Material
flnden. Wenn auch dieser Schatz für gewisse Zwecke schon ziem-
lich ausgebeutet worden ist, so lässt doch nocli für Diplomat ik ins-
bc^sondrrc sicli niatidios daraus gewinnen. Als kleine Probe iiiap:
folgendes Beispiel dienen. >Erbessonntag« ist z. B. nach Weidenbach
der Sonntag Reminiscere; nach Zinkernagel der Sonntag nach Invo-
cavit, also wiederum l icminiscere. Dagegen liegt liiei- eitie Urkunde
des fJerichtes Kyniienhi ini vom Jahre vor, woiiii es heisst:
»Geschehen vtT den Erbos Sonntag Invocavit zu Latyn genannte.
9
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XL Das städtische Archiv iu Kuusiauz.
Von
Dr. Mar m r» r,
prakli-Hclicin Arzt und släiUtscbein Archivar in Konstant.
Das städtische Archiv, oder das Neuhaus, wie es früher genannt
wuixle, halte ein aus Stdnen gebautes Haus inne, welches sich
nördlich an das sog. Säclcelamt und sOdlich an das Kaufhaus an-
lehnte. Hier hart am See blieb es bis zum Jahr 183^ in welchem
das Haus abgebrochen wurde. Früher schon, im Jahr 179d, wurde
ein Theil des Archivs In den untern Thell des vordem nordlichen
Kan/]ei<rebflude8, der bescmders zu diesem Zwecke hergestellt ward,
und der Rest in drei Rjuimc des HiMtcr^cbaudes vcibiachl. Zu
seiner Besorgung war ein Arciiivar, unter dem Namen Kegislrator,
angestellt. Der Lvl/Xv starb in den 18.*)()tr Jahren.
Von dieser Zeil an wurde kein I{egi>lraloi' mehr ernannt , und
bis in die neuere Zeil keine Sorglalt mehr aul ila-^ Archiv verwendet.
Es wai ein glücklielier Zulail, dass sich vor tnelir als dreissig Jahren
ein Mann lanci, der sich wenigsten- uneiitgeMlirli /.ui- Ordnung der
Archivalien anerl)ot. Dieser Mann war der Literat Karl Kaiser.
Er begann mit den Urkunden und verzeichnete 901 derselben in
ein Buch. Vielleicht wäre er auch noch an die äbrigen Archivalien
gekommen, wenn er nicht in Folge der tmdischen Revolution im
Jahre 1848 nach Nordamerika fibergesiedelt wäre.
Durch seinen Wegzug war diese Anstalt abermals eilf Jahre
lang verwaist, bis ich im Jahie 1869 zum Archivar ernannt wurde.
Mit Ausnahme des vordem oder nördlichen Archives, waren die
228
Marmor:
droi Iiilnmc des lliiitir^rfhüiKlcs , vor/ii^'licli dio zwei fouerfe^^len
untern, in .sehr vorwalirlo-tem Zustande. FJne Mm^M» Pajiiere lagen
in dichten Haul'en auf blossem FusslxKlen. woduicli die iintei n Lagen
faul wurden, so dass sie niclil mehr j,'ebrau(lit weiden konnten.
Alles war mit einem die liten schwarzen Staub über/.0}?en, der zuerst
entfernt werden musste. Die vielen, nach Hunderten zählenden
pergamenloien und piipiernen Urkunden, hatte ich nun zu lesen,
und deren wesentlichen Inhalt mit grauer Angabe des alten und
neuen Datums, des Betrefik und der Siegel, auf eigene Bogen zu
verzeichnen, die später in ein Urkundenbuch eingeklebt wurden.
Von den Urkunden selbst kam jede einzelne in ein gut schHessendes
Couvert, auf welches det Inhalt abermals geschridjen wurde. Die
ein;i:obnndenen Bficher erhielten alle auf dem Rücken ein papicrnes
Schildchen mit Angabe des Inhalts und des .lahres. Auf fdinliche
Weise wurden die Faseikel behamli !t und die Laden oder Fächer,
in welchen sie sich befanden, mit au%eklebten Zetteln und dem
BetrelT versehen.
Da die I rkundeii von Kaisern wetler sacliliclt noch chronolofri-cli
zusamniengesU'ill waren, und lÜM-rdies kein vollständiges Dalum i'ut-
hielten, so musste ich sie alle wieder nach meinem Systeme durcli-
arbeilen, wobei aueh die Inhaltsan/abe wesentliclie Erweiterungen
und Verbesserungen erhielt, Die übrigen Schriften l'ascikulirte ich,
insoweit dies noch nicht geschehen war, und öt)erschrieb sie deut-
lich. Das Zusammengehörige wurde nach Möglichkeit zusammen-
gestellt und ein Invenlarium darfiber gefertigt, welches mir zur
Grundlage eines allgememen Repertoriums diente. Der Inhalt von
etwa einem Dutzend grösserer und kleinerer Kisten, in welchen sich
▼idföltig eine grosse Menge einzelner I^piere befandm, musste zuNst
nach dem Betreff geordnet und hernach wieder wegen Mangels an
Raum in die gleichen Kisten verpackt werden.
So kam das Jahr 1865 heran und mit ihm eine grosse Verände-
rung des Lokals für die Archivalien. Das Hintergebäude, in welchem
sich diesellK'ii zum grössten Theile befanden, sollte für die Spital-
verwaltung verwendet werden. Dies war aber nur möglich, wenn
sie vorher geleert wurden. Es entstand nun die Frage, wohin man
mit den Akten inid Urkunden ül)ersiedelri sollte. Zwar befand sich
neben dem östlichen Archive im V^irderraum eine el)onso grosse
Lokalität gegen Westen. Diese war aber durch eine .Mauer in zwei
Abtheilungen geschieden, wovon die voidere ein Wachtlokal, die
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Das stSdlische Archiv in Komtaiu.
329
liitilcit (Miirn Ki'llri « ntliiclt. Durch dit? Entfernung der Mauer und
AurrülliHig des Kellers gewann man nun einen grossen Raum, den
eine Thüre mit detn andern verband.
Als dies frcsrliehoii war, jring es an die Ausleeriinp dos IlintiT-
t;ebäudes und an die Einrämnunt,' in die vt'r.«cliiedeiiailip>l( ii Kiisicii
des Vorderbaues. Meine ArU'il b»'giiiiii nun aufs .Xnir, iiiid (>s
glückte mir. im Jahre ISGT damit ferli^^ zu worden. Ein neu hor-
prostolllos nopcrtorium froslaHole d<us Aullinden der Arcliivalion und
soniil wai- ilas Notliwendigsle geschehen. Da nahmen einige Ab-
geordnete des Rathes Einsicht von der Einrichtung und fanden, duss
die Kästen der verschiedensten Art nichts taugten, und dass gleich-
mässige hergestellt werden mussten. Dies wurde ins Werk gesetzt
und die alten ausgeräumt Da dieoieuen KSsten aber an Zahl und
Einthdlung mit den alten nicht fiboeinstimmten, musste jeder Fas-
zikel anders fiberschrieben werden, was gerade keine kleine Mühe
machte. In zwei Jahren wurde ich aber mit dieser Arbeit fertig.
Das Archi? enthält nun 8 gleichförmige offene Kästen mit je drei
Abiheilungen und zwei etwa drei Schuh hohe lange Behältnisse,
▼on beiden Seiten mit drei üi)ereinander stehenden Laden versehen.
Dies ist in Kurzem die äussere Geschichte des Archivs hiesiger
Stadt, zu welcher noch gehört, dass die iTkunden jetzt in fünf
Foliobändon mit einem Hep-isterbande eiitlialten und nach ihrem
Inlialte chronologisch geordnet sind. Iiis heute Ix träprt ihre Zahl
HdTO. Die Rubriken, in weiche sie abgelheill, sind nach dem alpha-
betischen Verzeichniss f(ili:»*nde:
Ablösung von Uodenziiisen — Abschätzung — Abschiede otier
Spruchbriefe — Achtbriefe — Anweisungs- und Einschätzungsbriefe
— AiKseigen — Appellationen — Ausschreiben — Aussdhnungsbriefe
— Befehle — Bestallung — Börgschafl — Gessionen — Gompen-
satlon — Gonsens — Dorfreeht — Ehschatzertheilnng — Ehren-
geschenk — Eidesentlassung — Einzugsbrief — Erbyerzicht —
Erbverzeichniss — Erbentsciieidung — Erbtheilung — Erlaubniss —
Erbzinslehen — Ganten — Geleitsbrief — Gesellenbuch — Gestat-
tung — Ilinterlegungsscheine — Instruktionen — Judenautnahme -
Leheninriefe — I^eitxigenschafls-Auskauf und Entlassung — Leib-
geding — Mahnschreiben — Mandat — Mannrecht — Markoi-
besrhreibung — Münzkon venlion — Münzbrief — Notarialsinstru-
niente, Urkunden und Zeugniss OefTnungen — Ordnunir —
Piandurkunde — Frozess — Quittungen — Reverse — Riciitungen
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230
Marmor:
Stli;ilzuiit:t'n — Scliaiikiirifmi — Spmchbrit'fe — Sfhroil)OM vor-
stthiedener Art — Schuklurkundon — Soldverlräge — Stiflunfrori —
Tap'fahrtpn — Täusche — Testamente — Urfehden — IVtheile —
Vcrjzleiclie — V'erkäiife — V^ersprechnissbriefe — Verwahrung —
Verzeichnisse — Vidimus — Zeugnisse — Zinsbriefe.
Von den ÄrehiTarai oder Registratoren des hiesigen Archivs,
von denen Ich nur noch den letzten vom Sehen kannte, vermag ich
in Bezug auf ihre TQchtigiteit nichts zu sagen. Ein Franz Xaver
Leiner trug aus Archivalurkunden und Raihsbächem das Merk-
würdigste, was nicht schon m Pater Gabriel Bucelins Ck>nstantia
Rhenana und Johann Speths Triacus triumphalis erschienen war,
zusammen. Sonst sind noch viele ^tere Bücher fibrr da? Rejjisfralup-
wesen des Archivs vorhanden , welche jetzt durch neue Arbeilen
ziemHch entbehrlich ^reniacht worden sind. So finden sich z. 0.
eine ziemliche Menfre Repertorien über alle früher im Pfennigthurnie
aufbewahrten Originalurkunden . sowie Repertorien über die (ieist-
lichkcit, über (iie Goltshänser KnMi/.lin^'en, Petorshauseii und Sal-
mansweil, über die Vo^'teien Altuau, IMuh uml F^kardsiiüf, ül)er
Korrespondenzen mit Städten und Flecken, über die im Kanzlei-
haus verwahrten Akten u. s. w.
Die Verwaltung der Archive stand, wie schon gesagt, früher
und bis ins erste Drittel unseres Jahrhunderts unter einem Archivar,
welcher den Titel Registrator hatte. Seit dem Jahre 1859 versehe
ich als Archivar dieses Amt. Meine vorgesetzte Bdiörde ist der
Gemeinderath. Das Archiv kann untor meinor Aufeicht von Jeder-
mann benutzt werden. Nach auswärts werden vom Oemeinderathe,
der überhaupt volUumimen freie llan(i hat, über das Archiv Ver-
fügungen zu treffen, verlangte S(hriflen jregen Scheine ^jbgegeben.
Der Arthivur gehört zu den städtischen Beamten, wird aber nie-
mals zu den Sitzungen des ( ;emeinderaths beigezQgen, sondern Alles
mit ihm schriftlich verhandelt.
Mein Studium war das der Medizin und nur niciue V'orliebe
7X\ geschichtlichen Studien führte mich absichlslos zu der Stelle eines
Archivars, ich musste in dieser Stellung gleichsam von der Pike
auf dienen, da mehie gescfaichtliehen Kemitniase, wie ich wohl selbst
fühlte, sehr ungenügend waren. Hit der Zeit erweiterte sich der
Kreis derselben und die Sache ging besser, als ich mir selbst je
gedacht hatte, da mir jede Anleitung durch Andere zu diesem mir
fremden Geschäfte fehlte. Das von Literat Kaiser befolgte Verfahren
L.idui^cü Uy Google
Das sildtische AtcIüt in KoosUnz.
231
iriil den Urkunden wollte mir nicht gefallen. Er hatte die fort-
laufenden Ürkunden-Nuinmorn auf diese selbst geschrieben und sie
dann ohne weitere Umhüllung in Laden gelegt. Dadurch waren
besonders die Siegel allen Verletzungen preis^'egeben. Ich kam auf
den (Jedankon, die iTkundcn je nach ihrer (i rosse in papierne Um-
schläge /u hi iiigm, die sie vor SUinb iiml rJeschädigungen schützten.
Zugleich schl ich ich den Inhalt, Nvie derselbe in den Urkundenbüchern
enthalten war, auf die Aussenseile de-: Couverts, so dass man nicht
nöthig hatte, die Urkundenbücher zu Iland zu nehmen, wenn man
nicht eine vollkommene Uebersicht über sämmtliche Urkunden zu
erhalten wfinadite.
Das jetzige Archiv hat seine zwei eigenen Räume, welche durch
eine Scheidemauer getrennt, gewölbt und feuerfiest, auch durch eiserne
Gitter und eiserne Drahtgeflechte gegen aussen geschätzt sind. Der
östliche, dessen Eingang ebenfalls gegen diese Himmelsgegend li^
hat gegen Norden und Süden zwei grosse rundbogige Fenster.
Der westliche Raum hat nur ein kleines Fenster, so dass ohne
Oeffhung der Thüre, besonders in den Nachraiftagsstunden, mehr
oder weniger Dunkel herrscht. An den Wänden des östlichen
Archivs befinden sich noch die alten einfachen Büchergestelle, und
ein grosser Tisch zum Ordnen der Archivalien und zum Schreiben.
Im westlichen sind die hilbschern acht neuen Schränke mit zwei,
last durch die ganze Länge des iiaumes durclilaufenden Repositorien
und 82 Laden.
Regelmässige Zuleitungen der Akten aus der (lemeinderaths-
kanzlei erlolgeii nicht. i\ur wenn tiaselbst kein Platz mehr ist, otier
man der Bücher und Schrillen gar nicht oder nur sehr selten bedarf,
werden ste dem Ardiiv übergeben, das aber bald keinen Platz mehr
daför hat. Dasselbe steht auch in keiner organischen Verbindung
mit dem Staatsarchive, und ebenso wenig mit den Archiven der
Gemeinden, Stiftungen und Familien.
Der östliche Theil des Archivs besteht, mit ganz geringen Aus-
nahmen, aus fast lauter eingebundenen Bfichem, theils in Pergament,
theils in Leder, seltener in Pappe. Zu den jxTgamentenen wurden
früher vielfältig Urkunden lu tiutzt. Der Inhalt ist oll auf den Rücken
geschrieben; wo dies nicht der Fall ist, habe ich denselben auf
Zetteln, die auf dem Bücken befestigt sind, angegel)en.
Zu den interessantesten P)tichern gehören die Urkunden zur
Gescliii hle der Kirclienreformation vom Jahre lö23 bis 1548. Sie
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232
Marmor :
biMon 30 F^äruU' und eiiliialli'ii Aklciislikkc zu ciruT vollsländi^'en
(i('S(hi( lit(* (lio'^c^ Zi'itraiitJis in Bc/.tig atil" Konslan/.. VMoUallig kom-
men Stiick«' mit Xametisunterschririen von Kai-^t-i Karl V., von
Fürsten und Helbrnialoion vor, Sie wurden sclion vieltallig von
Forsrliern, wie z, B. von Pressel zu bcincm Ambrosius ßiarer,
benüt/.t.
Ein ähnliches Interesse haben die Missivprotokolle vom Jahr
1461 bis 1779. Sie enthalten Sendschreiben der Stadt Konstanz
nach Aussen an die verschiedensten Stellen und Personen. Ffir eine
Geschichte der Stadt haben die Aemtcrbficher derselben von 1498
bis 1786 1 In welch letzterem Jahre der Rath eine andere Organi-
sation erhielt, immerhin Bedeutung.
Von einigem Werthe sind auch die Rathsbücher, eine reich-
lialtige Quelle der gesichertsten Thatsachen. Sie b^innen mit dem
Jahr 1376, reichen bis 1301, nnd bej^innen nach ^.'rosser Lücke erst
Wiedel- 1 415, wo sie bis 1419 die Zeit des Konzils beliandehi. Wer
alx'r in densellKii etwas nndores als Preise der Lebensmiftol, (to-
sdienke an Köni-r Si^'ismund und an Papst, Schutz der l'ersonen.
die am Konzil Aniheil nahmen, 7.u linden glaubte, würde sich sehr
irren. Von Joiiaunes Hus und Hieronymus von Prag enthalten sie
kein Wort.
Die Sleuei hiichci- von 1401 bis 1810, die Ungeldsi)ücher voti
1435 — 1644, die KinnahnÜHicher von 1435 — 1761, die Schuldbücher
von 1461—1510, die Kaufhausbücher von 1590—1812, die Sarnm*
lungsamtbficher von 1649—1760, und die Säckelamlsböcher von
1476—1814, bilden (Ür die Geschichte des Geldwerths zu verschie-
denen Zeiten reichen Stoff. Von weniger Interesse, weil nur in das
vorige Jahrhundert hinaufrachend, sind die Einnahmsbficher des
Holz-, Korn-, Rheinmühle-, Salz- und Zollamts,
Die Strafböcb^ von 1439—1791 enthalten in kulturhistorischer
Beziehung vieles Ansprechende. Meistens bestand die Busse in (ield-
strafen, welche zum Bauen der Stadl verwendel wurden. Die De-
putationsprotokolle von 1721-^1781 sind gerichtliche Untersuchungen
vor zwei dazu ausgewählten Rafhsherren. Man findet darin Vieles,
was un>rr rechts- oder' kulturhislorisches Interes.^o crre^'t.
Im westlichen Archive ist die An/.ahl der ^-^citniidtiien Bücher eine
verhältnissmassig ^^erin^'t ^'e^^emiiier den Aklm. In f);") pappendei^kelnen
Behältnissen sind die bis jefzl ^'eordnelen 3l)70 l i kunden in ihren C.ou-
verten verwaln t, wie schon gesagt wurde. Die älteste derselben ist vom
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Das stftdtuebe Archiv in Konstant.
238
Kaiser IJeinricli VI. aus dem Jahr liU2 niil angeliangter goldener
Bulle. Sie gibt der Slatit das Kwht, keine Steuern an ihren Bischof
zu zahlen, und bofindcl sirli in der Bosprartcn-Sanniilnn^. Eine
andere Verkünde mit arigchäii^^lrr fidldbullt' vom Kaiser Sigismund,
am St. Tboniastag 1436 /-u WiisMiihuPL^ in Ibingarn ausgrstclll.
ist die IV'stStigiuig aller Freihcilon der Sladt. Kino weitere Urkunde
auf Pergament vom 28. Sejitember ITöO von der Kaiserin Maria
Theresia t)etrifll den nämlichen Gegenstand,
Diese drei Original-Urkunden sind der gar dürftige Rest von
sehr vktlm kaiserlichen und königlichen Urkunden; welche die Stadt
besass, und die im Jahr 1808 von einem landesfürstlichen Kommissär
gegen Ausstellung eines Reverses ausgehoben und nach Karlsruhe
verbracht worden. Von dort sind sie trotz aller Anstrengungen
nicht mehr suräck zu leiten. Auf gleiche Weise soll es mit den
MQnistempeln der Stadt auch ergangen sein, was sehr xu bedauern ist
Von den Urkunden sind bisher mehr oder minder gedrängte
AiH/iige im vierten bi- .sechsten Ilefle (1873 — 1875) d(M- Schriften
des »Vereins für Geschichte des Bodensees und semer Umgebungc
ersclnenen und werden noch mehrere gegeben werden. Ich will einige
der intere-sanbTen anfüliren.
Die ällesle Urkuntle der Sladt vom Jahr 11'")!) isl nicht im
(Original, sondern nur in den »Abgcschrirten« vorhanden. Kaiser
Friedrich 1. ertheill ilarin dem Slifl Konstanz eine Freiheit. Im
Original sind vorhanden eine rrknnde von Franziskus de Calbalo,
Pt)lt'stas y.u Pa<lua vom 12. Mai 1300, worin er dem Bürgermeister,
Ammann und dem Ratiie in Konstanz anzeigt, dass er einen von
den VerlMrechem, welche an den Konstanzer Bfirgem Johannes Paier
und Johannes Holtzer eine That ausgeübt, die kaum mit mensch-
lichen Zungen ausgedrückt werden könne, mit dem Tode bestraft
habe. Unterm V KaL Julii (28. Juni) 1309 fordert der Eizbischof
von Mainz den Konstanzer Bischof Eberhart in. auf, da er wegen
Widersetzlichkeit gegen die reformaloriachen Massregeln von ihm
suspendirt worden, sich zu unterwerfen. Am VI. Id. April. (8. April)
1315 lässt der römische König Friedrich (III.) die Stadl Konstanz
wegen der schreckliclien Verwüstung durch Feuer bis zum hl. Martins-
tapr und von da an die nächstfolgenden fünf Jahre frei von allen
Steuern und kaiserlichen Collektionen. Am 24. .November ir)48
hebt Kai'^er Karl V. die Achtserklärung auf Bitte Königs Ferdinand
g^eti Konstanz auf.
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Marmor:
Am M()nla«r nadi Sonnta^r Oculi in ilor Kasten (15. März)
1406 cntlehiien die ficbrnder Lüpolt und Fiiodoricli . Herzoge zu
Oe>leiTeirh etc. vom Hürgermeisler und Rath dei" Stadt Konstanz
•1000 (inldeii. von wefren des Kriegs mit den A|iiien/.ellern, darin sie
den Herzogen getreulicli und beständig l)eli(»lf( ii Lrcwescn sind.
Am 5. Oktober erhielt lfeinri<b von Hrandi-, Bischof von
Konstanz, vom Kai.ser Karl IV. ein Privilegium, die falsche Karolina
genannt, welches der Stadt Konslimz alle Rechte einer selbständigen
Stadt abspricht, und sie dem Bisehof sothellt, wodurch viel Hader
und Streit entstand.
Eline t)eaonders reiche Fundgrube von Urlcunden ist das Buch
unter dem Titel: »Dis ist die taffel, darinn Abgeschriilten geschriben
stand von dar Statt Fryhaiten, Reformation, och ettlicher richtui^,
och von den Stüren, Dotationes etlicher Pfirund, och wie man
etlichen küngen geschworen und gesclienkt hat, och von der Statt
Zoll und ungelt. Ks stät och von der Süfft Fryhait, orh von der
slalt Stüren und anders.« Im Ganzen enthält der Folioband
173 Pergamentblätter, nebst Registern auf I'apier. Ein für uns
spjir werthvolles Buch, zumal viflc darin aufgeführten l'rkunden
nach KaiNiulic '^'fkrtiniucu sind, alx'r nicht mehr zmuick. Von den
im besaj-'ti ii Bucht- vorziiglicli hi'uierkcnswerthen Urkunden sind
folgend»' zu virzt ichiien, als: 1240. <Milini,' und Rechte der Müirze zu
Konstanz, St. (Jallen, Ratnifzell, Lindau, l'eherlingen und Ravenspurg.
Kerner I2ö5 eine Sühne oder Richtung zwischen Bisdiof Kberhart
und der Stadt Konstanz um den Schaden, den letztere dem erstem
zugefügt half well sie vor 40 Jahren einen eigenen Raili gewählt.
— In Mitte April 1283 macht der Rath Gesetze, welche der Stadt
und Gemeinde Nutz sind und den Leinwandhandel betreffen. — In
gleicher Beziehung treffen am nächsten Mitwoch vor Mitterfasten
(16. März) 1289 der Vogt, der Ammann, der neue und der alte
Rath, sowie die Kaufleute alle von derselben Stadt ein Ueberein*
kommen, wie man die Leinwand auf den Märkten zu Pare (Bar sur
S»Mn<>), zu Trays (Troyes), zu Prülls (Provins) und zu Lani (Lagny
Ix'i Meaux) vcrk.mlen solle. — Am St. .Martins Abend (10. Novom-
bcr) srli alll Herzog Lüpolt von Oesterreich von seines Bruders,
des n'unisi licn K'()iiii,'s Fri(>driclis (III.) wegen, zum Schirm und
Trost einen LandfricHleii . dci- sii Ii ziehr t imd reichet von LaiilTen-
burg die liichte gi'gen Rheinrelden u. >. w. I)i."<er Landfriede soll
währen bis auf die nächstkonimende Sonnenwende, und sind
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Das stadlisehe Archiv in KonsUns. 235
darüber geordnet sieben Ritter und sechs Bürger von den Städten
des Reich-
An ilen Urkunden hängen riil st'Iir wohlorhalterio Sir^'ol von
röraisclien Kaisern, Königen, Fürsten, Grafen, Rillern, Edeln, Bischöfen
von Konstanz, Dompröpsten, Stüdton und Privaten. >fanclio von
diesen Sie-jein mögen wohl selten zu finden Pein. Sie sind im all-
gemeinen V^erzeichniss der Uikumlcn zu IrctVin. nnt<M- dem Titel:
»Alphabetisches Vei-zcic hniss der vorkommenden Urkundeii-Insiogel
von Personen, Städten de.« hi dciiisellM'n sind auch die Nofariats-
zeichen alphabetisch aufgeführt. Mehrere Tafeln von Konslauzer
Siegein, ein Geschenit des verstorbenen Hofraths Issel, befinden sich
gegenwärtig in der Rosgarten-Sammlung.
An Wappen hiesiger Patrizier oder Geschlechter besitzt das Ost-
liche Archiv auf zwei grossen emgerahmten Pergamentblättem einen
nennenswerthen Schatz. Die Wappen sind alle trefflich gemalL
Der Anfang dieser Sammlung dürfte in das 15. Jahrhundert hinaof-
reichen und ihr Ende in das 17. Mit dem letztem wird die Aus-
itihrung schwächer. Diese Blätter waren früher auf dem Gesellschafls-
hause der Geschlechter zur Katze und kamen in diesem Jahrhunderle
nacli Teberlingen, von wo sie Konstanz erhielt. Auf der rechten
Seite ist eine gekrönte weisse Katze, mit insgestreckter rother Zunge
auf blauem Grunde als Wappen dieser (icschlwliterzunfl.
Ausser den Urkunden enthält das westlirho Archiv noch eine
Menge von Aktcti. und flieihvoise auch von cini/ebundencn Srhriltcn.
Da die städtisi ln^ I u',.'i>ti atur nach der Ordiumg der Gciueinde-
r^istratur (Maiiiihciui IS4.H) eingerichtet war, so musste zur Auf-
findung der Arciiivalien das nämliche System beobaclitct werden,
das in der städtischen Kanzlei angenommen worden. Dasselbe be-
steht in folgenden Rubriken: 1) Alte Abgaben. 2) Abgaben an den
Staat (und die Stadt Konstanz). 3) Amtsverband. 4) Begräbnisse.
5) Bürgerannahmen, Heirathen und Wegzug. 6) DIenstbarteiten und
Grundpflichtigkeiten. 7) Forst- und Jagdsachen. 8) (AUgemehie) Ge-
meindesachen. 9) Gemeinde-Aemter. 10) Gemeinde-Bfirgemutzungen
und Dienstleistungen. 11) Gemeindevermfigen. 12) Gememnfitzige
Anstalten. 13) Gewerbe, Handel und SchifTfahrt. 14) Judensachen.
15) Kirchensachen. 16) Kriegs- mid Militärsacheii. 17) Kunst- und
wissenscliaftliche Institute. 18) Landbau und Vit lizucht. 19) Landes-
sachen (allgemeine). 20) Lehen und Krhlx staudssachen. 21) Natur-
ereignisse. 22) Polizeisachen. 23) Kedits-Polizeisachen. 24) Schul-
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236
Marmor:
anslallon, 2;')) Sliflimirssacheii. 26) Slras>(>ri, Wt^gt* und Brücken.
27) rngliK ksHillo. 28) Wasserliau. 29) Bürgerliche HechtspUege.
30) SlrafrcclilspncL'e.
Mit d'M'-cn llubiiki ii iridilc icli aber iiiclil au<, ^oiidoni iniisstr
die Zalil (IcrsrllM'ii veinirlircii, als: 31) (>)rn'.s|H>ii(l(ni7,t'Ji odor Schit'iln'ii
all und von der Stadt Kon«tan/,. :{2) (Jericlilsbarkcilen und Vu^l-
redite von Konstanz und andern Orten. 33) Geschulitliciies, All-
gemeines und Besonderes nebst Chroniken. 34) Münzwesen der
Stadt Konstanz. 35) Privatsachen. 3(3) lU-pertorien oder Aktenver-
zcichntsse, Register. 37) Spital Konstanz. 38) Reformation daselbst
Die Bücher und Aktenstücke wurden auf ihren aufklebten
Zetteln, manche Bücher auch auf ihrem Rücken, folgendennassen
überschridim. Zuvörderst waren sie an ihrem Aufbewalmingsorte
mit W oder 0 (West- oder Ostseite), mit der Nummer des Kastens,
der Abtlipilurifj und dem Fache, z. B. W. VIIL 24. 43 bezeichne!
und eben«) in die Urkuiidsbücher Übergetragen, wodurch das Auf-
linden sehr crlcidil« rt ist.
E> sei erlaubt, liier einifn^s Inlere?:?janfe in kurzen Auszü^'en nach
lien Bubrikcn zn brini/i-n. rnb'i- alten .\l)<,'abeii crseheinl If)!!! lias
Al)zu<;srecli( in Verkäuten und Erbtheiliinj.'in als die wichlijjsle.
Unter Ab^'al)( ii an den Staat diirt'te dies die KTinitrs- oder Heiclw-
sleuer in ilirei- Kntstehunpr und im Vciband mit l im und Srlnväbi-^ch-
Hall von 1430— ll)9'J sein. iXebenbei sind alle Zollakten und Zolloiil-
nungen immer von wesentlichem Interesse. Zum Amtsverbande ge-
hleren als niclit zu überseliende Akten die Regierungserlasse aus dem
16—19. Jahrhundert. — bi den Pestzeiten des 16. Jahrhunderts
spielen die Ausgabt^n und Anleihen an die ärmere Bürgerschaft käne
geringe Rolle. — Die Akten über Bürgerannahmen, Heuathen und
Wegzüge haben mehr persönlichen Werth für die betreffenden
Familien. — Die Dienstbarkeiten betreffen hauptsächlich das Kloster
Salem und die Kommende Hainau. — Die Forst- und Jagdsachen
vom 16.-19. Jahrhundert bestehen meist in Streitigkeiten mit Gott-
]ie))en, Heil igen berir und Mainau. — Beschreibuni' n der Marken auf
der Beich.s- und Schweizerseite bilden die Hauptsaclie der allgemeinen
Gemeinde<ai dien. — Hie verschiedenen (Gemeindeämter mit ilmn
Statuten und Verwaltungsstellen gewähren ein Bild des städUscben
Haushalts. —
Das (Ilf'irlie versdialtl uns di»» Kubrik des Gemeindt vi i nif^ns
mit ihren L'nterubtheilungen: Gebäude- und Gewerbseinrichtun;,'en,
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Das sUdtisehe Archiv in Koiuitaiu.
237
Fahinissvonnögon , (irundgelalle, Ertr.ii: ihh Berechtigungen und
Anstalten, Schuldoristand , endlich das Itei linnnpr^we^cn. — Die
jronioinnnizi^'en Anslalti'n bestanden im 16. Jalirluiiidorf liierorts
vnrzüglicli nur im Fn'iscliicsi^cn. nnd im 17. in d».'ii l'o-^tfn (lOHi
bis 1748j. — Im Mittolalttr und bis in unser .lahrliuudert hinein
gab es zünilige Gewerbe, die nur naeb Kintritt in eine Zunft })e-
trielwn wcrtlen durften. Es batti-n ihre besfinmilen Satzungen und
Ordnungen aber auch <iie niclit/.ünfligen, wozu die Apotheker, Bild-
hauer, Buchdrucker und Buchhändler, Fabrikanten, Goldschmiede,
Maler, Weinschenkoi u. s. w. gehörten. Das Handelsarchiv umfasste die
eigentlichen Handelssachen, die Märkte, Lager- und Kaufhausanstalten,
sowie die Schiffiahrts- und Flosssachen, Moass, Gewicht und Mänzen.
— IMe Juden hatten im 16. bis 19. Jalirhundert einen Zoll für sich
und ihre Waaren zu bezahlen. —
Eine streitende Kohorte bildete die Geistlichkeit, wetehe d^ Stadt
ihre Rechnungen zur Revision gelx'n musste, Sic halte im 17. Jahr-
hundert einen Bestand von acht Klöstern, einem Dornst if!« und vier
Pfarreien. Eine ziemliche Anzahl von Büchern und Akten geben
Zeugniss von Händeln, welehe der Klerus mit dei- Stadt b.'dle. Bi»-
sonders waren Erei[inissc vor und nacli der Reformation eine reicli-
lliessendc Ouelle von Streitigkeiten aller Art. Die Akten geben öfler
in das 14. Jalirhundert zurück und sind für die sozialen Zustände des
Mittelalters sehr belehrend.
So weit reichen die Schriften über Kriegs- und Mililarsacben
nicht zurück. Sie beginnen mit dem 16. Jahrhundert und enden
mit dem ersten Drittheil des 19. In ihren Bereich fallt vorzüglich der
dreissigjührige Krieg. Eine eigenthfimliche Episode bildet später der
Einfall der Tyrolerinsurgenten im Jahre 1809.
Ueber Landbau und Viehzucht sind Archivalien neuem Ur-
sprungs nur die üt)er Rebschau und Rebordnung, die Weinlese-
Ordnung al>er und die Weintaxe gehören in das 16. Jahrhundert.
Von 1730—1769 pflanzte man Maulbeerbäume tCer die Zucht der
Seidenraupen, jedoch mit sehr geringem Erfolge.
Unter den allgemeinen Landessachen spielen die EinzugsfcMer-
lichkeiten der Bi-schril' von Konstanz aus dem 15. und 16. Jalir-
hundert, die Empfangsteierlic likeiten des päpstlichen Nuntius, des
Generals der Kapuziner, des Sladthauptmanns n. s. w., die Trauer-
feierliclikeiten hei Leiclienbegängnissen hoher Personen und die Hul-
digungen keine geringe Rolle.
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238
Mannor:
Die Polizeisachoii «fivilVn in das sozial«- Lcbt-ii ein iin l /.ci^'cii.
wie lau^' t's hraucliti.', bis die Poli/.oi zu vrnuinftigiTOii (irimdsät/.eii
fjpkninnu'ii isl. Sin v«M'l)r('it('ii sich iihrr die Sirlicrlicit , (ü sundhcit.
Arineiisacheii, Uau- und Feuerpolizei, Feldpolizei, Ueinlioiiivrit und
Verschönerung, Sitllicljkeit, das Gesindewesen, kurz über Alles, was
dem Stadtbüi^r votzöglich am Herzen liegt und das Mein und Dein
berührt. Was die gesellschaftlichen Verhältnisse betrifft, so werden
sie hauplsäddich durch die Rechtspolizei geordnet. Da finden wir
denn die Regelung der ErbschaRssachen und deren Rechtsstreite,
das Inventarwesen, die Kaufs- und Verkaufsbridle, die Ot)signationen,
Pflegschaftsrechnungen, Sterbprotokolle, Testamente, Theilungen, Ver-
träge, Vogtsrechnungen, Waisonrechnungen u. s. w. Auch die Lchens-
und Erbbestands.<nrlien Ix lnänken sidi meistens auf die Stadt und
auf d;i< 16. bis 18. .lahrhuiidert
Jedem Sliflor liegt daran, dass seine Stiftung nach seinem aus-
gesprochenen Willen pehandhabl werde. Dies ist rnni freilich durch
die mit der Zeil eintretenden pfesellschaftlichen Veränderuniren off
nirlit mrijüch. Die ineisteu Stiltunj^en wurden zur L'nterlialtuu;.'
armer heule und zu ^'ol lesdienstlichen Zwecken für Kirislt-r und
Kirclu'n, zu Spitälern und Stipendien gemacht. Auf Strassen. AN'e^i^e
und fJrücken wurde voi' der zweiten Hälfte des vorij^en Jahrhunderts
wenig verwendet. Man ritt mehr als man fuhr und zwar auf schlechten
Strassen und Hohlwegen, und bedurfte nur über Flüsse und StrOme
der Brücken, indem man über Bäche zu Ross oder Wagen setzte.
Unglficksfölle sind nur ganz wenige verzeichnet, und zwar nur aus
dem vorigen und jetzigen Jahrhundert, lieber Wassertiauten sind
nur Streitigkeiten aus dem 16. und 17. Jahrhundert mit dem Kloster
Kreuzungen, und eine Tieferlegung des Bodensees und Korrektion
des Rheines aus dem Jahr 1859 überliefert.
Die büi^liche Rechtspflege ist reichlicher vertreten. Da kommen
Forderungssachen, Ganten, Rechtsstreite, Schuldklafren . verhänirte
Arreste über Verni(i;j< i)sf heile, Stadigerichts-Prolokolle über Schuld-
sachen, Vergleiche, \ olislreckungen und Zwangsverkäule vor. Kinesehr
merkwürdige Abtheiluug bildet die Strafrechts|)nege. besonders der
rrülierii /eil. die ohne viel Köpleji, Hangen, Lei)endit-'l)egral>*'n. Aus-
hauen mit Huliien und Landesverweisung gar nicht glaubte lH --l, lu'n zu
küiuien. Wir linden alle tJaunerakten aus dem .lahr l.oiU. .Maleliz-
gerichtsordnungen an< dem 17. Jahrhundert, l'ntersuchungsakten in
schwerern und leichtern F;Ulen von 1584— lHi2 und Verzicht- oder
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Das (tlfidtische Arcbiv in Konstai».
23»
Verhörbiiclier von 1510 — 1G98. Es scliaiidorl Kiiioni iinnM-Iirli, wctiii
man ii) den Akten ubor die Rohheilen gro^'i-n die (iL'iiclit<'li ii und di»-
alten, rnMIich damals zoit^nnässon An>oli;iiiiiiii:i'n dor llii hier liest.
Die Akten der Gericlitsbarkeil und Vt)<.deien hi'^cliiaiiki ii sich auf
ilie Vogicien Kggen, Altnau, Bncli und H^'gaidsliol' und auf eine Menge
von StPelligkeiten mit den Anstössorn. Im Jahr 1417 halte die
Stadt Konstanz von König Sigmund die Landgrufschaft Thurgau
pfandweis erhalten, dieselbe aber dtireh den grossen Schweizerkric^
1499 wieder verloren.
Was die Korrespondenzen betrififl, welche an die Stadt Icamen
und von ihr aosgmgen, so muss man staunen, wie weit sich bei
den hficfast ungenügenden Transportmitteln der Kreis derselben aus-
hroitele. Nicht nur Deutschland, sondern Böhmen, Italien, die
Niedcriande, Oesterreich, Ungarn u. s. w. gaben Nacbrlcbton, oder
empfingen sie. Die sog. Missivprotokolle (mlballen Sendsclireibon der
Stadl Konstanz nacli Aussen, die ofl für die Gesdiichte von Wichtig-
keit sind. Sie umfassen das 15. — 18. Jahrhundert.
Die Chroniken sind von grossem Werthe und enthalten nicht
allein die Stadl Konstanz lierührendes, sondern verhreilen sieh anrh
liber weitere Kreise, wie z. R. iibei' die I.andvoj'tei Schwaben, über
die Landgrafsehafl Nellenburg, über den Sehwäbi-i hen Kreis, über
Thurgau u. s. w. Eine der schätzbarsten Archivalieiigruppen sind
die gebundenen Collektaneen zur (jeschichle der Stadt Konstanz in
acht Kleinfoliobünden von dem Patrizier Christoph Schulthaiss. Der
grüsste Theil der Handschrift ist von ihm selbst geschrieben. Er
b^nnt mit dem vermutheten Anfang deac Stadt Konstanz unter den
Römern und endigt im Jahre 1571. Das Werk ist ungemein fleis^ig
und grOsstentheils aus Quellen geschrieben, die ihm als mehrmaligen
Bfirgermeister und Stadtvogt zu Gebote standen. Wer eine Geschichte
von Konstanz schreiben will, dem wird dieses Werk gute Dienste
leisten. Von Schultheiss ist auch eine Chronik des Bisthnms Konstanz
vorhanden, die aber leider nur bis zum Jahr 1567 reicht. Auch die
Chronik der Stadt in drei Bänden, und die Chronik der Bist böte
von Konstanz in einem Bande, von Doktor Braunegger, enthalten
viel Bemerkenswerthes, sind aber nicht aus archivalischen Quellen
geschrieben. Von Gregor Mangoll ist eine kurze Chronik von 1544
vorhanden, die lesenswertb erscheint.
lieber das Mnnzwesen besitzt das Archiv eine Menge 1 rkunden
bis ins vorige Jahrhundert liinein, welche einen meiner Freunde ver-
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240
Marmor:
anlassten, eine Geschichte des Mönzwesens hiesiger Stadt zu schreiben,
die noch Manusicript ist Ein Münzbuch von 1240 bis 1499 ist das
älteste Dokument — Unter den Privatsachen, die mit dem 15. Jahr^
hundert beginnen und mit dem 18. endigen, sind manche für die
Geschichte nicht werthlos.
Ausser dem slätlfi-dion Archive besteht hier noch ein Spital-
;m-hiv, das an merkwürdigen Urkunden ivich i>l. Seine vorzüg-
liehslen Stucke werden von mir in den Schriften des Vereines für
Geschichte <les Bodensees und seiner Umgebung in nächster 7aA[
erscheinen. Bedrulendere Privalarcliive in Konslanz sind mir ni( lit
bek;nmt , und die l'rkiindon dor vrrsciuedeiien Armenstiftungen
\vur«len mit den spilulisciu n vi it ini-'t.
Von d»'n in das r.c/.irk>aiiil Koiistan/. frehöripren (hischaften
lialten jedenfalls j;an/ sichtr die uliemalige Abtei Rei< lienau und
die Komthurei >hiinau grosse Archive. Wahrscheinlich lieferlen
die ihnen zugehörigen Orte ihre aUen Urkunden an sie ab. Das
Reichenauer Archiv kam, so viel ich weiss, ins Generallandesardiiv
nach Karlsruhe. Das Mainauer soll vor der Auflösung des Ordens
im Anfange unserer» Jahrhunderts nach Oesterreich gerathen sein.
Von den Urkunden der Freiherm von Bodman zu Möggingen
dürften wohl manche im Schlosse der Freiham von Bodman-
Bodman zu fin^n sein.
Xin. Die ArchiTe in Altenburg.
Von
E. von Braun,
Arebimth.
Von den Archiven in Altenburg sind Tornehmlich zu erwähnen:
a. das Geheinie-Archiv (Kunzloiralh Günther), das seit 1826 hier
regierende Herzogliche Haus betreffend,
b. das alte Landesarihiv , die Arcliivo doi' vormalipon Herzog-
Uchen Landesregierung und des Herzoglichen AppelJatioos-
gerichts hier,
c. das Archiv dos Florzoglichen Finan2aninisteriums hier (Mini-
sterial-Secretär Riltei),
d. die Archive des Herzoglichen ErimiDalgerichts (Registrator
May),
e. der beiden Herzoglichen GericbtsSmter L und IL hier, zu
welchen letzteren auch die Archive von 28 von der Herzas-
lichen Staatsregiening hier fibemommenen ehemaligen Patri-
monialgeriditen , die Archive der vormaligen Herzoglichen
Ctorichtsftmter Lucka und Meuselwitz und des ehemaligen Hei^
zoglichen Kreisamtes hier, ind. des Cräheren Deutschordens-
hausamtes, gehören,
f. die Archivo dc> Stadtraths (Kreuziger) und des Uerzoglichoi
Stadtgerichts hier (Heynke).
Die unter b und e genannten Archive stehen unter Verwaltung
des Berichterstatters. Sie i^hnden sich zum grossen Theil im
AMkirallNh« Z«ltwlirltt. II. 16
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242
T. Braiin:
Souternün des Amthauses in steinenien, in jeder Hinsicht wohl
verwahrten Gewölben.
Das alte Landesarchiv bildet den eigentlichen Stamm der Allen-
burger Archive und bietet mit dem sogenannten Hausaicliiv (letz-
leres vornolimlich das mit dem Ableben dos Herzogs Wiliiclin III.
im Jahre 1672 erloschene Fürstcnpcsclilecht von Sachsen-Altenburg
betrefTend) manches hiteressante für die Geschichte Altenburgs.
Im Nachstohenden seien einige Repertorien-Abschnitte aus vor-
gedachlen Aichivcu mitgeUieiit.
L Aus dem alten Landesarchiv,
a. Akten.
Glasse IL A. a. o. Nr. 25. Gapitulation des Kaisers Karl T.
und des Herzogs Morits va Sachsen mit dem Knrf&rst Johann
Friedrich dem Alteren zu Sachsen d. a. 1547.
Nr. 26. Akten, die vom gefangenen Kurffn st Johann Friedrich
EU Sachsen erfolgte Absendung des Dr. Karl Horst auf den Reichstag
nach Passau zur Erledigung der kurfürstlichen Angelegenheiten
betr., d. a. 1552.
Nr. 28. Beglaiibifi:fo Abschrift des Restitutionsbriefs des Kaisers
für den Herzog Johaim Friedrich d. Ä. d. d. Augsbuig den
27. August 1552.
Nr. 29. Naumburgischer Vertrag v. J. 1554, nachdem Johann
Friedrich d. Ä. seine Lande verloren; ingleichen Zeitzer Vertrag
J. 1567 wegen verschiedener Landgebrechen.
Nr. 31b. Schriften, die Erbeinigung zwischen der Krone Böhmen
und dem Hause Sachsen betr., d. a. 1557 — ^1618.
Nr. 57. Akten, die Erb- und LandestheUung zwischen dem
Herzog Johann zu Sachsen und den vom Herzog Friedrich Wilhelm L
zu Sachsen hinterlassenen .^iiliiK n l)etr., d. a; 1603.
Gl. II. Fa. Nr. 6. Absclu-iflen von verschiedenen das Haus
Sachsen betreffenden Verträgen und anderen Urkunden d. a. 1436
bis 1671.
Nr. 18c. Akten, den Priino^'enitur-Streil zwischen Sachsen-
Weimar und Sachsen-Altenbm-g betr., d. a. 1578— 16G8. 5 Vll.
Nr. 84. Erbtlieilungsvertra^ zwischen den Herzögen Friedrich
Wilhelm, WilheUn, Albreclil und Ernst zu Sachsen wegen der beiden
FMenthümfir Eisenach und Coburg d. a. 1640.
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Die Archive in Altenburg.
Nr. 86. Brüderlicher Erbvertrag zwisclien den Herzögen Wil-
helm, Albrecht und Emst zu Sachsen d* d. Gottia den 12. Sep-
tember 1641.
GL m. Nr. 20. CA., das vom Stadtrath zu Nürnberg an die
FOrsUkhe Regierang zu Altenbiug gerichtete Gesuch, die über Alten-
boig zur Messe nach Leipzig reisenden Nürnberger Bürger, Kauf- und
Handelsleute nebst deren Habe und den Ihrigra mit dem nöthigen Ge-
llte und der erforderlichen Sicherheit zu Tersefam, und die darauf von
hier aus getroffenen diesfallsigen Verfügungen betr., d. a. 1736— 1753.
Die alte Handelsstrasso aus dem vormaligen deutschen Reiche
nach l.cip/.ig ging oliemals im l'leissentliale bei dem AHcribuii^-ischen
Dorfe Paditz vorüber, und nmssten die Nüniherger KauHeute damals
die Brücke bei Paditz wegen liruifiger Benutzung von ihrer Seile
unterliallen ; im Volksraunde wurde tlaher diese Brücke bei i'aditz
vielfach die Nümbei^r Brücke genannt.
Gl. IV. Nr. 1. Akten,. die Erbeinigung zwischen den Häusern
Sachsen, Brandenburg und Hessen betr., d. a. 1487—1555.
a. V. Nr. 4. Akten, den fOrstbrüderlichen Haupttheilungs-
Reoess vom 14. Februar 1680, ingleichen die nachherigen mit dem
Fürstlidien Hause Sachsen- Saatfeld abgeschlossenen Verträge aus
den Jahren 1695 und 1717 betreffend.
Nr. 11 b. Akten, die Coburg-Eisenbcrgische Succession und
die deshalb in den Jahren 16f)i)/17(X) errichteten Recesse betr.
Xr. 20. Akten, den vom Herzog Friedrich II. zu Sachsen-Gotha-
Altenburg ertheilten Auftra;: zu Beobachtung aller dem Herzog-
lichen Hause Sachsen- (iotliu-Altcnbnrg nach dem Ableben des
Herzogs Johann Ernst zu Sachsen-Saalfeld t ompetirendeu, iu iiecessen
reservirten Rechte betr., d. a. 1727 — 1730.
Gl. XI. Ba. Nr. 19. Akten, betr. den von Dr. Martin Luther
an den Euiffirat Johann zu Sachsen erstatteten gutachtlichen Bericht
darüber, wozu die erledigten Klostergüter zu gebrauchen sdn mSchten,
d. a. 1526.
Nr. 30. Schriften, das Domcapitel und das St. Georgenstift
zu AJlenburg betreffend, aus den Jahren 1529 — 1539.
Gl. XI. Bb. Diese Serie entludt Ver&ssung, Gerechtsame und
Besitzungen der Laiidts-Universitüt Jena.
Nr. 3. Beglaubigte Abschriften von den vom Kaiser der Uni-
versität Jena im Jahre 1557 ertheilten Privilegien.
GL Xni. Die sogenannten nutzbaren Regalien.
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244
V. Braun:
a. Bergwerk ssachen.
Nr. 13. CA., Postersteinisches Bergwerk im Amte RonneiNng
betr., d. a. 1602 und 1603.
Nr. 14. CA., das Bergwerk zu Saalfeld und die Bergarten
zu Ronnebui^ betr., d. a. 1649 — 1675.
Nr. 18. CA., das Privilegium über die in der Meuselwitzer
Landstrasso und im Amte Bonneburg sich ereigneten Bergarien
betr., d. a. 1671—1682.
b. Satcvrerfcssaelicn.
Xr. 2. Das von Kai-cr Heinrich IV. dem Salzwerk zu Sulza
im Jahre 1064 crtheille Privilo-riuni,
Nr. 4. CA., die Beschaü'enheit des Sulzaer Salzwerks betr.,
d. a. 1553—1571.
ca. XIV. umfasst das Lehnsarchiv.
A. Lehnssachen im Allgemänen.
Nr. 12. Heissnische und Voigtlfindische Lehen, Leibgedinge,
Gonfirmationen und Vertrige d. a. 1492—1504.
Nr. 18. Meissnisches Ldinbuch (angefangen nach dem Nanro-
burgischen Vertrage) d. a. 1554—1570.
Nr. 30. VoipTÜrindische Bolelinnnpon d. a. 1587— IßOO.
Cl. XIV. Ba. Lclinsakten über 63 im Ost- und im Westkreiae
des Iloiv.ogthnms Sach.son-Altenburg ge!o?cne Rittergüter.
Bb. Consens- uud Gontirmatioosakten bezüglich derselben Ritter-
güter.
Gl. XV. Verfassung, Privilegien, Gorochtsanio und Rechnungs-
verwallung der Städte Alleriiiurg, Schmölln, Lucka, Ronneburg,
iSsenberg, Roda, Kahla, Urlaiuünda.
Gl. XVm. umfasst Akten, welche die äussere und innere Ein-
richtung des Regierungsarchivs betreffen.
Nr. 23 a. Akten, die Euirichtung des hiesigen RegierungsarebiTS
betr.. d, a. 1767, 1775. 1776 und 1787.
Nr. 26. CA., die Revision und andere Einrichtung des hiesigen
Regierungsarchivs und der Canzlei-Reposituren, sowie die dem Vice-
Canzler von Trützschler hier übertragene Dircction und specielle
Aufsicht über dieses Geschäa betr., d. a. 1783. 84. 86. 91. und 93*
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Die AicluTe in Altenhurg.
245
b. Copiaibflcher.
Das Landesarehhr besitzt nur die beiden von 1025—1665 und
1200-1441.
c. Urkunden.
Von den in zwei Bänden verzeichneten, in einer dauerhaften
Kiste itn Lokal des Landesarcliivs verwaiirten Urkunden heben wir
naclistehende heraus.
1. (Gop. Buch n. Nr. 4). Kaiser Friedrich n. bestätigt im Mon.
Jali 1226 das Bergerkloster zu Altenburg.
2. (Cop. Buch n. Nr. 45). Kaiser Rudolph L bestätigt dem Beiger-
kloster hier alle Pririlegien und Gerechtsame, welche namentlich
in der betreffenden Urkunde aufgeführt werden, und nimmt
dasselbe in semen Schutz d. d. Altenlrarg den 10. November 1290.
Das' Harienkloster der regulirten Ghoiheim des Augustiner-
Ordens — Bogwkloster, auch das Kloster zu unserer lieben Frau
auf dem Berge vor Altenburg genannt — (vgl. v. Braun >Die Stadt
Altenburg in den Jahren 1350—1525 Seite 329 und 11^'.«) war das
ansehnlich.sto im ^ranzen Altenburjjer Lande; aus-er dem nicht un-
bedeutenden Gruiiiihesitz in der Stadt Altoniiurg selbst bezog es
beträcht liclie Kinküiiflo aus miiidesh n«; 50 Döilcrn. Es wurdi* vom
Kaiser Friedrich I. Burijarossa im Jahre 1172 gestitlet; eine aus-
führliche Geschichte dieses Klosters existirt nicht. Es finden sich
Udierreste'desselben in Altenburg vor; seine zwei stattlichen Thdime
von rotben Backsteben sieht man aus weiter EntiSsmung. Die
noch vorhandenen wenigen R&ume dieses Klosters shid neu restau-
rirt und werden jetzt zu Arehivzwecken benutzt
8. (Ck>p. Buch L Nr. 63). Stiftung des St Georgenstifts auf dem
Schloss zu Altenburg vom 18. Juni 1413.
4. (Cop. Buch I. Nr. 32. 39). Die Mark- und Landgrafen Friedrich
Wilhelm und Friedrich begnadigen das St. Georgenstift zu
Altenburg mit verschiedenen Gero( htsainen und eignen dem-
selben das Patronatrecht über melut-re Kirchen zu (1413).
Ö. (Cop. Buch I. Nr. 38). Kaiser Sigismund bestätigt dem
St. Georgenstift hier seine sänimtlichen Gerechtsamen d. d.
Prag den 22. Juli 1420.
Eine vollständige Geschichte des vom Mark- und Landgraf Wil-
helm JL (dem Rdehen) zu vorerwfthnter Zeit — am 18. Juni 1418 —
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246
r. Bnum:
gegründeten St. Georgcnstifl^ auf dem Schloss zu Altenburg ist niciit
vorhanden, wohl aber sind schälzenswerthe Beiträge zu einer solchen
vom Pfarrer Dr. Löhe in Rasephas in verschiedenen Bänden der
ostorländi^^chen Mittheilungen enthalten. Das Stift war unmitteltHUr
dem päpstlichen Stutil unterworfen.
II. Avt dem Hautarchiv.
Seine Lokalitüten in den ol)eren Räumen des Amthauses enthalten,
ausser den Hausarcbksakten selbst, auch nachstehende Archivalien:
(Gl. I.). Akten, betr. die ehemaligen Verhältnisse des deutschen
Reichs und der Obersächasdioi Krdse.
A. Akten, den Kaiser und die Vikariate betrefifend, aus den
Jahren 1612—1792.
B. Akten, die Reichsgericht o betr., von 1521—1782.
Nr. 6. Rofjistiande über die im Kaiserlichen Kaniniergericht
in den Jahren 1602—1613 anhängig gewesenen Fürstlich Sächsischen
Sachen.
Nr. 10. Akten, Ix-tr. die l'nterhaltung des Kaiserlichon Kammer-
gerichts Seitens der Fürstenthünier Altenburg und Coburg, d. a. 1606
bis 1652:
Nr. 22. Akten, das Kammergericht zu Speyer betr., d. a. 1651
bis 1654;
Nr. 32. Akten, die Kammeigerichts-Ordnung vom Jahre 1663
betrefltend. *
C Nr. 2. Archivsachen, die bei der Terwitweten Herzogm
Anna Maria zu Sachsen-Ahenburg bn Schloss zu Doniburg — ihrem
Witwensitz — aufbewahrten brieflichen Urkunden, insbesondere den
kaiserlichen Consens oder Majestrdsbrief übex die Voigtländischen
Lehen betr., d. a. 1598 und 1614.
D. Ueichstagsakten.
Nr. 7 — 273. Regen.sburger Reichstagsakten aus den Jahren
15!*4 — ISdH, unter denen auch eine gros.se Anzatil von auf die
Ret:oiHl)uiger Keiciistas-'e sich i>eziehenden Tagebüchern aus vorer-
wähnter Zeit sich belinden.
E. VVestphälische Friedenshandlungen aus den Jahren 16tö
Ub 1649.
Vergleiche auch des verstorbenen Geh. Raths von Brami hk
Altenbuig geschtchtlichen Au&atz im 4. Heft des vierten Bandes
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Die Archive in Altenburg. 247
der Hittheiltuigen der Gescfaiebts- und Alterttnmisforschenden Gesell-
schaft des Osterlandes zu Altenburg Seite 387—471 »Skizzen aus
dem dipknnatischen Leben und Wirken des Sachsen- Altenbuigischen
Gesandten am Westphäliscben Friedenscongress, Wd^ang Conrads
roa Thum$:hirn«.
F. Kreissachen, namentlich Akten über die an verschiedenen
Orten d< s deutschen Reichs in den Jahren 1052—1683 abgehaltenen
Jireistagi-.
G. Akten des Corpus evangelicorum.
Nr, 1 . Auszug der vornelun.-ten (tründo. auf welche die evange-
lischen Stünde ihre Behauptung einer notliwendigen Heform der
Klöster etc. etc. stützten.
Nr. 2. Registrande über die Schmalkaldiscben Bondessaehen
d. a. 1524—1546.
Nr. 3. Schriften der PassBuischen Religion^-Friedenshandlungeii
d. a. 1552 und 1553.
Nr. 4. Akten, den auf dem Reichstag zu Augsburg abgeschlos-
senen Religionsfrieden betr., aus den Jahren 1554 und 1555.
Unter Gl. II.— Xi. tinden sich die eigentUchen Hausarchivsakten
verzeichnet, enthaltend u. a. die Succession«-Verliältnisse des Kur-
und Fürstlichen Hauses Sachsen bezüglich der Ilerzogthünier Jülich,
Cleve und Berg (IGOU — 16G9); desgleichen wegen der Henneberg^-
schen Lande; die früheren Rechtsverhältnisse des Fürstlichen Hauses
Sachsen zur Stadt Erfurt, welche in den mittleren Zeiten unter der
Schirmherrschaft der sächsisclien Fürsten auf Urund der von diesen
mit jcno* Stadt diesfalls abgesdilossenen Verträge stand, während
das Erzstift Mainz als der Erbberr angesehen wurde; femer: Ge-
burten, Eheberedungen, Vermächtnisse, Testamente, TodesflUle etc.
in dem Fürstlichen Hause Sachsen -Altenburg, wdches mit dem
Tode des Herzogs Wilhelm HI., als des letzten seines Stammes, im
Jahre 1672 — wie wir bereits benierkfen — erlosch. Das Fürsten-
thum Sachsen-Altenburg ging darauf durch Erbvertrag vom 16. Mai
1672 auf den Herzog Emst (L) den Frommen zu Sachsen-Gotha über.
Hl. km den Dbrigen Areblvm.
Von diesen wollen wir nur noch des für die Geschichte der
Stadt Altenburg reichhaltigen llath.-aichivs mit einigen wenigen
Worten gedenken. Die interessanten Miltheilungen des Pfarrers
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248
Bnumt Die Aiduve in Allflnbiiig.
Dr. Lobe in Rasephas über den Anfang und den Fortgang der Refor-
mation in Altenburg (1522—1525) unter den Kurfürsten Friedrich
dem Weisen und dessen Bruder Jobann dem Beständigen zu
Sachsen im sochston Bande der osterländischen Nachrichten stützen
sich hauptsäciilirh auf die bezüglichen Akten im hiesigen Raths-
archiv. Georg Spalatin (ehemaliger Domherr des St. Georgenstifts zu
Altenburg) war insbesondere derjenige unter den hiesigen Geistlichen,
der sogleich im Anfang der Reformation mit grossem Eifer im Geiste
LuUm der wichtigen kirdiHelieiK nncl SdraWoriDeii im ganzen
Attenljurger Lande rieh annahm. Spalatin führte seinen Namen
▼on seinem Gdxirtsort Spalt, einem im ehemaligen Bistfamn EidutSdt
in Baiem gelegenen Stadtchen, wo er im Jahre 1482 geboren war.
Sein Vater (em Rothgeiber) hiess BurkhaidL
Das hiesige Rathsarchi? besitzt u. m. A. auch die sämmtlichen
Werke Dr. Martin Luthers uid mehrere eigenhändige Schreiben
Philipp Melanchthons an den Stadtrath zu Altenbuig ans den
Jahren 1044—1547.
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XIY. Das Archiy der Stadt
Von
Vinzenz Prökl,
emerit. Archivar und Museunisverweser.
Die Stadt Eger war in der Vorzeit bohenstaufBsch, dann un-
mittelbare Reidisstadt, und besass ein umfangreiches Gebiet, über
welcties sie trotz der Verpfandung des Eaiserrechts an die Krone
Böiimen die wesentlichsten Rejricrunjrsrcchfe übte. Eger behauptet
in der Gesciiichte einen weit höheren Ehrenplatz, als er jetzt in der
Errinnerung lebt. Glanz und Grösse sind ja in neuerer Zeit ver-
schwunden, und nur der leere Titel einer königlichen Stadt Bölunens
ist übri<r geblieben.
Das Archiv dieser Stadt verwahrt Dokumente, welclie itir Ver-
hältniss zum Reiche und zur Krone Böhmen, ihren Einfluss auf die
allgemeinen Reichsangel^enheiten, und ilire krallige kuiturfördernde
Wirksamkeit, überhaupt ihre Stellung an der Scheide germanischen
und slawischen Lebens kund gehen.
Eger behauptete bis zum Regierungsantritte Maria Theresia's
seinen Charakter als deutsche Reichsstadt und wurde erst ver-
mittels der pragmatischen Sanction Kaiser Karl VI. der bOhmischen
Königskrone incorporirt. Obwohl seit ihrer Verpföndung an Böhmen
bedeutend geschwächt hatte die Stadt <ich trotz der nach dem
Westphälischen Frieden sich häufenden Bemühungen der Böhmischen
Stände, Eger in Rohmens Botmässigkeit hineinzuziehen, in ihrer alten
Freiheit erhalten. Sie nahm Antheil an allen Reichsverhandlungen,
und stand mit auswärtigen Fürsten und Herren in direktem Brief-
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r
2Ö0 Prökl:
Wechsel, und durch eigene Abgesandte in unmittelbarer Verbindung
mit Kaiser, Königen, Landesfürsten und anderen Reichsstädien,
schloss mÜ ihnoi Bfindnisse, wählte sich Sdkutzherren, hielt MUitir,
übte das Fehdereeht durch Kriegszüge, und nicht minder in der Zeit
der Kirchentrennung das landesherrliche jus reformationis selbststSndif.
Gerade desshalb ist ihr Archiv durch so viele und zaUreiche Uajestäts*
briefe und Urkunden ähnlichen Inhalts von hohem Interesse. Be-
sonders die fast ganz erhaltenen Serien der Religions- und Kriegsakten
geben Auf^;chlnss über die Ereignisse der Reformntionsverhandlungen
und des .■»Ojährigen Krieges. Diese Scliriftcii bieten reichen Stoff
für die ;ill^,^'iiioino und lokale Go-chichtu. Aber auch die ältere
Zeit ist vertreleu durch die fast ans 14. Juhrliundert »esclilossen
zurückreichenden Stadt- und rn]iialltnclier. Näheres darüber findet
sich in folgenden Uücliorn: P. Diivok: Aeltore Geschichte der
Ueiclisstatlt E^'er und des Reiclisgel/u lcs E^'erland (Leipzig 1875).
Dr. Franz Ivürsi hner: Eger und Buhuien (Wien 1870). Vinzenz
Prökl: Eger und das Egerland (2. Auflage, ülger 1877).
Die Ärchi Valien der Stadt Eger, welche auf dem Rathhause in
verschiedenen Lokalitäten zerstreut sieh vorfanden, hat der verdiente
Geschichtsforscher Dr. Franz Kürschner, derzeit Archivdirektor des
k. k. Finanzministeriums in Wien, in den Jahren 1867 bis 1868
mit allem Fleisse geordnet und faszikulirt und darüber ein Reper-
torium vcrfasst, das auch zum Drucke befördert ist. Nach Kürsch-
ners Berufung nach ^Vien ist dem Verfasser dieses die Au^abe der
Vollendung, und die Fortsetzung der Einreibung der noch massenhaft
vorhandenen Akten, Amtsliüchor und Urkunden zugefallen, daran er
noch heute Ix'schäfli.cret ist. In Foljje der vielen neu hitrzugekoninienen
Arcliivalien hielt er sich ver|ifliilitet, ein pranz neues, möglichst ins
Einzelne gehendes ne[H rtorium auf Dr. Kürschner's Gi undlage ab-
zufassen. Dessen liauplgruppen mögen in der Arehivalischen Zeit-
schrift Platz finden. Sie sind in drei Iluupteintheilungen gesondert:
A. Allgemeines: a. Privilegien, b. Religionsakten, c Staats-
rechtUche Akten, und d. Kriegsakten.
B. Specielles: a. Stadtsachen, b. Geistliche Stifter, c Burg-,
d. E^gerland und das Ascher-Gebiet.
C. Auswärtiges: a. Böhmen, M&hren, Schlesien, b. Sadisen,
c. Franken, d. Bayern, e. Deutsche Reichsakten.
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Das Archiv der Stadt Eger. 261
A. AUgeimlne Stadt- aml LandMangelafltnlitittn.
a. An Handfesten der St adt auf Per^ranient mit anhangenden
Insiegeln sind vorhanden 152 Slück vom Jahre 1260 his 1840, theil?
deutsch, theils lateinisch, d:i runler 3 goldene Bullen, nämlich von
den Kafsem Ludwig 1330, Carl IV. 1355, und ^5i-i.^mund 1434;
8 päpstliche BoUen von 1436 bis 1460; femer an neu eingereihten
UrlLunden: Terschiedene Majestätsbriefe, Ffirstenverbflndnfsse, Hul-
digungen, Urkunden und Privilegien-Ciopien.
b. Die Religionsalcten umfassen die Zeit des Interdikts 1466
bis 1472, die Reformations- und Gegenrrformationsakten von 1550
bis 1650 In 10 grösseren Faszikeln, und ein Faszikel Miscellen.
r. Die Slaatsreelitlichen Akten bekunden: I. die Verpfändung
der Stadt und des Reichsgebietes Eger; II. Huldigungen und Krö-
nungen, Confirniation der Privilegien von 1314 bis 1836; feierliche
Erklärungen der Kaiser und Könige von Carl IV., Wenzel, Ladislaus,
Georg von Podiehrad, Mathias, Wlndislan>, Maximilian I., Ferdinand I.,
Maximilian II., Hudoliih II., Mathias, Ferdinand II., III., Karl VI.,
Joseph l., Carl VII., Maria Theresia, Leojjold, Franz II. und Ferdi-
nand I. in 3 Faszikeln; III. Instruktionen, Vollmatliten von 1353
bis 1699; IV. Berichte der Abgeordneten, Gorrespondenz mit den-
selben 1432 bis 1744; 7 starke Faszikel; V. Landtags- und Gontri-
butions-Akten von 1380 bis 1799 in 19 Faszikeln; VI. Landes-
vermessungs-Revisions-Akten; VIL Zoll und Haut; TIIL Salzwesen;
IX. Tabaksregie, in 10 Faszikehi; X. Mflnzwesen, von 1469 bis
1804 in 5 Faszikeln, W, Stempelsacben, III. Mühlwesen, IUI» Pest
und Viehseuche, \IV. Fischerei, Wasserrechte in 5 Faszikeln.
d. Kriegs akten von 1395 bis 1779 in 39 grossen Faszikeln,
worunter jene der Husstten und des 30jährigen Krieges besonders
sctützbar sind.
B. Spezielles in Stadt und l.aiid.
Die hierher gehörigen Archivalien sind geschieden in 25 Serien
und enthalten:
a. Urkunden, Verordnungen und Stadtgesetze von 1362
bis m die neueste Zeit; Wahllisten 1358 bis 1777; Westphälische
Gerichtsaklen; Erwerbung päpstlicher Bullen; Handwerks- und Zunfts-
sachen, FcHTstmeisteramt, Bräuwesen; besondm auch adeliche und
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253
Prökl:
F&triziergesdilechter, die sieb in Eger l&nger als in fost alten andaen
Reiebsstadten im alleinigen Besitze des Stadtregiments hielten, —
Judensdiaft; Kriegswesen« Fortifikation, Gesehfitzwesen, Werbung,
Musterung; Sanitatswesen, Sauerbrunn (8 Faszikel); Waldwesen,
Becgwerke; Buchdruckerei, Bibliotheken, Kunst und Wissenschaft,
Husikwesen, Theater, Bruderschaften, Sehlawitz; Egerlands Ver-
messung, angekaufte Stadl-Realitäten von 1374 bis jetzt.
b. Geistliche Stifter. Deutscher Orden und Decanatkirche,
Kirchen und Kapollen in Stadt nnd Land, Franziskaner-, Dominicaner-,
Clarissen-Klöster, Kreuzherrnordons-Gommende , Spitaler, Stiftsge-
bäude, Armenhäuser, Schulen in Stadt und Land.
c. Burg. Das linrf^grafonanit , die Burp'frrafen und Pfleger,
Burglehcn, Corrcspondenzen , Schlikisclie, Junkerische Schritten, iu
grosser Anzahl. Einzelne Gegenstände, Thürme, Brücken, Post-
wesen, Stadtgebäude, Stadtbank und mehr andere Gegenstände, Feuer-
schflden und dergleichNi.
d. Das Egerland. Verhandlungen mit der Ritterschaft. Das
Spezielle aller Ortschaften im Egeriande in 60 grossen Faszikdn,
wozu noch Asch und das Ascher Gebiet in 5 Faszikeln.
C. Aufwlrtlge Bezieliiiigeii.
Die erste Abtheilung Bülimeu, Mähreo, SchlesifO enthält:
L Konigsakten von Johann und KarllV. bis zu Kaiser Joseph IL,
meist Original-Corresj>oiidenz mit allen darauf Bezug nehmenden
Statthalterei-Vcrordnungen in 78 Faszikeln.
II. Böhmische Herren in alphabetischer Reihe, ihre Gorre-
spondenz mit Eger in 5 Faszikeln.
UL Böhmische Städte und alle darauf bezügliche Akten.
IV. Stände- und Landtagsakten in 4 Faszikeln; Mähren,
Schlesien und Lausitz 1 Faszikel.
Die zweite Abtheilnng Stcteeo zerfällt fai: L Henoglifihe Akten
Ms 1662. n. Sächsische Herren, die Herrn von Plauen und Meissen.
IIL Sächsische Städte, Correspondenz.
Die dritte Abtheilung Bayern umfasst: I. Herzogliche Akten
1409 bis 1507. IL Oberpfalz, Pfalzische Jurisdiktionsakten, Wald-
sassen, PfiUzisches Gopialbuch; III. Leuchtenberg; IV. Bayerische
Städte.
Die vierte Abiheilung OealMhe ßeicfeSikteD ist sehr umfangreich:
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Du Archiv der Stadt Eger.
253
Reichstagsakten und kaiserliche Ro>( ripte 1409, Ro>cripte Kaiser
Friedrich III., Maximilians 1475 bis 1497, Akten aus der Zeit der
Reformation. Sciinialkaldrier Bund, Lutliers und anderer Reformatoren
Schriften 1540; Landgraf von Hessen; Rudolf II. Einzug in Regens-
burg 1594. Eaiserbriefe, K. Mathias Krönung, Rescripte deutscher
Forsten, Reichsmatrikel.
Ihre eigene Gruppe tvilden in ordnungsmässiger Aufstellung
147 Faszikel Correspondcnzen der Stadt Eger von 1409 bis 1770,
Allgemeines betreffend. Femer befinden sich dabei:
223 Gorrespondenz- (Gopial-) Bücher von 1486 bis 1792 mit
ganz geringer Unterbrechung: 139 Stadtbücher von 1552 bis 1787;
19 Proklaraabücher 1562 bis 1792; 7 Schuldprotokollbücher 1387
bis 1429; sämmtliche Losung:^bücher fast ununterbrochen fort-
laufend von i;^9() 1758; ebenso die Klohsteuerbüt her 1394 bis
1756, die Umgeldbüdier (iross:- und Kleinregister, Bernbücher,
322 Rcntausgabsbücher, 100 Steuerbücher; 6 Incunabelu aus dem
15. Jahrhundert; 7 Bände Chroniken mit mehr als 1000 Plänen,
technischen und Freihandzeichnungen Egerer Merkwürdigkeiten, Ge-
b&ude, Kirchen etc. vom Verfasser dieses fortgesetzt bis zur Gegen-
wart: eine Raths-Ghronik, 17 kleinere Stadt-Chronik^ von Eger;
3 Convolutenbficher, worin Gopien der wichtigsten Urkunden, eine
'Sammlung sämmtlicher alten Zunftsschriflen in 6 grossen Faszikeln;
dne Sammlung Programme, Statuten, Manuscripte, Drucksachen über
Historisches von Eger. (Die Siegelsammlung, Bilder- und Landkarten-
sanunhmg, Egerische und fremde Münzen sind dem Egerl&nder
Museum einverleibt).
Das Archiv nebst der Stadtbibliothek befindet sich im neuen
Rathhausgebäude ebenerdig in drei geräumigen, lichten, vollkommen
feuerfesten Gewölben. Den Privilegien ist ein eigener Kasten ge-
widmet. Alle andern eonform mit dem Repertorium bezeichneten
Schriflenkäslen sind versperrbar und mit S( hiebladen eingerichtet,
welche Nummer und Aufsdirit't der darin eingelegten Faszikel
tragen. Noch im Laufe dieses Jahres wird das Archiv vollstäm^
geordnet sein.
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XT. Das Gtesehlecbterbucli des Eonrad Haüer*
Von
Dr. Heinrich,
k. Kreiäarchivar vuu Mitteifranken.
Eine der werthvoUsteii und interessantesten Handscfariften, welche
beim k. Kreisarchive Nürnberg Terwahrt werden, ist wohl [unter
Na 151] das Gesclilechterbuch des Konrad Haller.
Dasselbe besteht aus einem in Holzdeckel gebundenen, mit
weissem sogenanntem sämiisohom Leder überz(^enen Foliobande,*
41 Cm. hoch und 28 Crn. breit. Die vier Ecken der Vorder- und
Rückseite sind mit v( r^'uMelen Messin^'bcsi hliigen vergehen, und in
der Mitte erscheint auf beiden Seiten da^ aus f,'loiehcin Metalle ge-
arbeitete Stadt\vai)|ien, liier den halben Adler mit dem sech.^nial
schrdgrechts gelheillen Schilde zeigend, umgeben von einem mit Band
durcbscblungenen Lorbeerkranze. Die Beschläge, sowie die aus dem-
selben Materiale verfertigten zwei Sdüiessen sind gegossene, das
Wappen mit dem Kranze at>er getriebene Arbelt, und beide sowold
hinsichtlich der Zeichnung als Cbmposltion wahre Kunstwerke zu
nennen. Ein Beschlag und eine ScfaUesse sind abgefallen oder zer-
brochen. Die innere Ausstattung dieses Buches entspricht ganz dessen
Aeusserem. Auf 550 theilweise beschriebenen Blättern von dichtem
Papiere, welches als Wasserzeichen den zweiköpligen Adler mit der
Kaiserkrone trägt, befinden sich melirere Hunderte von kunstvoll jrc-
malten Wappen, dann einige Portrail-s und Abbildungen. Besonders
hervoigeiioben muss aber werden, dass die Metallfarben nicht ge-
malt, sondern äciit aulgelegl sind. Jedoch kam schon beiläuüg nach
Das Geschlecbterbach des Konrad Haller.
255
dem ersten Fünftel des Werkes das Gold, wahrscheinlich wegen der
zu grossen Kosten, ausser Gebrauch, während das Silber durchgehends
in Anwendung blieb.
Konrad Hallar tod HaUerstein, (dieser Beiname wurde den
Hallern durch Kaiser Karl V. nach Erlöachen der Familie Hallerstein
ertheilt und dabei ihr Wappen entsprechend vermehrt: Fol. 106 b
des vorli^nden Geschlechterbuches) dessen Bienenfleiss und Frei-
gebigkeit wir dieses kostbare Geschlecbterbuch jsn verdanken haboi,
entstammte einer der ältesten, jetzt noch blühenden Patrizierfamilie
der ehemaligen Reichsstadt Nürnberg. Die Vorfahren derselben sollen
anfänglich in Prag gewohnt haben und sind dann nach Bambeig,
später aber nach Nürnberg gezo;-'cn.
Als gemeirisainor Stammvater wird Ulrich Ilallcr ^ronarint, der
als Freisasse und kuiserlichor Münzmeister zu Bamberg im Jahre 1278
gestorben. Mit seiner Frau Beatrix, einer geborenen Fuchs erzeugte
er drei Söhne und zwei Töchter. Nach Ableben des Vaters über-
siedelte der älteste Sohn Ulrich nach Nürnberg und pflanzte dort-
selbst das Geschlecht fort^). Im Jahre 1314 wurde er in den Rath
gewählt und von da an bis zum Ende der Reichsfreiheit der Stadt
Nürnberg sassen die Haller in beinahe ununterbrochener Reihenfolge
im Ratbe. Viele von ihnrai bekleideten nicht nur die höchsten
Ehrenstellen in der Stadt selbst, sondern auch 'bei Kaisern und
Fürsten.
Unser Konrad Haller gehörte der so genannten Konradinischen
Linie an. Sein Vater war Alexius der ältere und seine Mutter
(dessen zweite Frau) Martha Schürstab. Geboren im Jahre 1464
verheiralhete sich Konrad 1487 tnit Barbara Ortolph. Nach deren
Tod nahm er die Klara Spalter, eine geborene Voick zur Frau, und
endlich 1535 Helena Schlewilzer , die Wittwe des Albrecht Scholl.
Trotz dieser dreifachen Ehe hinlerliess er nur einen einzigen Sohn
Konrad, mit welchem 1562 diese Linie wieder ausstarb, und zwei
*) Im Uullerbuche von 1488 Fol. 15 befindet sich auch die willkommene
Abschrift einer Urkunde, dallrt in eraslino oonmrionis beati pauli 1388, nach
welcher Ulricus «lictus Haller civis Nürenbcrgensis von einem Chunraditt dapifer
de Lirn[>urch einen Hof zu Lourliemlorf erkaiifle. Dcrsfllie Ulrich erwnrb 1307
von Gottfried von Sciilüsselberg das Dorf Lauf, welches er mit Mauern umgab
und deann SeUoaa er befeetigte. SpUw kam Beides an die Krone Böhmen,
dann in PlUs-Btyeni und 1604 bekannUieh an Ndmberg. (Handaehrift im
k. KrelnrefaiTe ROmberg num. 162 Seile 409.)
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256
Heinrich :
Töchter. Konrad Haller bewohnte ein Haus auf dem Ponersbei^
(jetzt Paniersplatz) und besass aueh den Herrensitz Rauensäss. Von
1503 — 1536 verwaltete er das Pländeramt und war nach Angabe
der hierorts verwahrten Aemter-BQchlein und Rathsveriflsse in den
Jahren 1520 und 1533, zu welcher Zeit zwei grosse »Sterben« hi
Nämberg herrschten, Bfirgermeister. Als Hans Haller, seines Taten
Bmderssohn, 1493 starb, setzte er das von demselben im Jahre 1488
angelte »Hallerbuch, darin er zusamnion bracht von lanjrcn Jaren
beer, zu wem die Hallen vnd die Halierineii gehairatct haben« bis
7,u seinem Tode fori. Dieses Bmii betindel sich im Besitze des Frei-
herren SipmiHid Haller von Haiierstoin, rechtskundigen Miigistrats-
ralln - in Nürnberg. Wohl durcii solche Arbeit angeregt, entschlo^s
sich Konrad noch in seinen allen Tap^n, das wahrscheinlich l)ei dieser
nelo?enheil gesammeHe Material zu einem umfangreichen Geschlechter-
buclie der Nürnbergischen Familien zu vorarbeiten.
Vor dem Vorstossblatte dieses Buches ist ein Papierbogen ein-
geklebt, auf welchem von neuerer Hand die Entstehungsgeschichte
und der Inhalt desselben mit folgenden Worten in Kürze geschildert
werden.
»Anno 1535 hat Conrad Haller der Adtere Ein Buch, welches
Er im Jahre 1533 anfangen, von den Alten Adelichen Geschiechten
in Nürnberg, von Ihrn Herkommen und zu Werne Sie gehäurathet,
durch Hieronymum Spalter, seinen StiefT Sohn, schreiben vnd mit
gemählder Wappen zieren lassen, Welches Er Einem Erwürdigen
Rath alhie verehret, und heuntiges tages in der Losung Stuben in
Verwahrung ist.
In denselben Buch stehen ' erstlirh allr RaIhsITihige (icsehlecht.
Nachmals, was soristen von Krl)ani Geschlecliten in der Statt ge-
wöhnet, die doch nicht in Rath gangen.
Der Rathfähigen Geschlecht Wappen sind in dieser Ghronicft
von jahm zu jahm, wie Sie in den Rath kommen, verzaictmet So
ist bei den grosen Geselhi-Stechen im Jahr 1446 verzaichnet, Was
zur selben Zeit von Erbam Geschlechten in der Statt Niimboiig ge-
wohnet Vnder denselben smd diese nachfolgende nicht, und doch
von Conrad Haller un gedachten Buch vnder die Erbam gezehlet,
dass Sie nach gedachten fleselln-Stechen erst in die Statt kommen
zur Zeit, alss Ermeltes Buch gefertiget worden, und darinnen ge-
wohnet haben. Wie folgt: Die Spalter, Pcringsdörffer , Scheurl,
Cämmerer, Kötzel, Hagelsheimer, Oerttel von Altenstain, Melber,
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Daä üeschlechlerbuch des Konrad Hallen
257
EObder, Köhler, Ton Floben, Schlauderspacher, Letsclier, Sdunid-
nuur, Erckel, Oelbafen, Knöbel, Setdenschoer, Hemmioger, Wolken-
fttain, Halbwachs, Eoberger, Rechen, Winkler. Folgende Geschlecht
stehen nicht in Conrad Hallers Bocb ander den Erbiun, werden
aber doch zu unsem Zeiten den Erbam Geschlechten gleichgehalten:
Schleicher, Stockamer, Pessler, Müntzer, Gugol.
Nachfolgende alte doch Unralhfahige Gesclüeclit haben Anno 1446
schon zu Nürnberg {rewohnet, und sind dafür gehalten worden, ob
Sie wohl in das dainahliche Gosteeh nicht eingeritten sindl: Sembler,
Prünsterer, Pessler, Oertol, von Tliill, SchedeU.
Das Titelblatt der kostbaren Handscliritl ist mit dem kaiser-
lichen Wappen, geliallen von zwei Löwen, jedoch ohne die Kette
des goldenen Vliesses , aut rolhem mit Silber dama.s/jrlen Grunde,
geschmückt. Rechts unterhalb des kaiserlichen Wappens befindet
sich das Wappen der Reichsstadt Nämberg, den goldoien Adler mit
gekröntem Jongfrauenkopffe un blauen Felde darstellend, Unks das-
selbe aus einem halben echwansen Adler im goldenen Felde und dem
Roth und Silber sechsmal schrägrecfatsgetheilten Schilde bestehend.
Auf der ROckseite des Titelblattes prangt das Portrait des Konrad
Haller von einem Portale umralunt. Darunter steht die Inschrift:
»Mein Cunraten I lallers des eitern Contrafactur, meins altera
im drey vnnd sicbentzigk Jarn mit .snni|)t mein sech.s/.ehonn
Anen von Vutter vnnd Mutter. Geschehenn zw Volendung dilzs
buchs. Anno salutis 1536.«
Oberhalb der Urnralmiung des Bildnisses zeigen sich rechts das
Haller'sche und links das Ortolph-Volck'sche Alliance- Wappen, dagegen
ist im GiebcUelde des PortaLs das Schlewilzcr Familien- Wappen an-
gebracht. Diese drei Wappen sind jedoch ohne Helme und Helm-
kleinodien abgebildet. Unterhalb des Portraits sidht man die Wappen
der sediszehn Ahnen des Eonrad Haller, bestehend aus vier zusammen-
gesetzten mit je einem Helm und Helmkleinode versehenen kleineren
Wappen auf grdn geschachtem Grunde abgebildet
Hierauf folgt das aus sechs Bl&ttem bestehende Register: »An-
zaigung, des, so in dysem buch verleybtt ist, vnnd wa sich ein yedes
Geschlecht anfecht, nach der zale der pletter.
Die vorreth oder eingang des dytzs buchs Fol. 1.
Wa von dyse Stat den Namen Nürenberg vberkonnnen vnd
durch wen sie gepaut worden, wie etzliclie sclireyl)en Fol. 1.
Von Kaiser Arnolphy: der geburth ein Hertzog in Bayrn, auch
ArebIvaUMlw ZeUMhrift 11. 17
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258
wie sein San durch Graff Albteehten von PCabenberg ^, entleybt,
vnnd gedachter Graff Älhrecht wyderamb durch Konig Ludwigen
des entleybten bruder gestrafft wardt, dardurch Nurenberg an das
Reich kommen ist Fol. 2.
Zw welichcr Zoitt die Electores erwelot worden sein. Fol. 4.
Von Kayser Ilaynrichenn dem andern *) bis vfT den ytzigen
Romischen Kayser Carolum den FunflFlen vnd seyner Kayserlichen
Majc>tät bruiicrii . den Hornist hcnn Konijr Fenlynanten volfron alle
Kayser vnnd Konig mit jren Wapenii, wer ein yeder von der ge-
burth gewost, vnnd wie lanng er Regiretl halt ^) Fol. 4 — 11.
Des AUerdurchluuchtigisten (irossmcchtygsten Kayser Carls des
Fänfften seyner Kayserlichen Majestät Konig Reichen n, Ertzhertzog-
thumb vnnd Hertzogthum, Graff Schafften, Pfallzgraff Schafften,
Landgraff Schafften, Haiggraff Schafften, annderer Herschaffen vnnd
dergleichen Wapen Fol. 11—13.
Etzliche geschichtenn so durch vnnd vnter Kayaer Karin denn
Fönfflen besclieen sein, bis vff Anno 1533 zw anfanng des Buchs
Fol. 14.
Von dem Bysthum Babenberg, wie lang ein yeder Bisctioff
Regirett, vnnd wer er Ton der geburlh gewesen ist, anfahent
Fol. 14.
vnnd endtcn sich Fol. 18.
Von Ollieri, einem Herlzogen Zw Meron, wie er ermort Ist
wordten, vnnd wa hin sein Lant gefallonn ist Fol. 18.
Von den Burggrauen, wie sie ir lant vberkomen, wen sie
Marggrafen worden sein. Desgleichen ir Slam, SypschafTlt, vnnd
anders etc. an&hentt Fol 18.
Auf Folium 8 ist der Graf Albneht vtm Babenberg mit Bumer tuid
Wl^ppiischildeii ul)i.'f'l>ildet
Auf Folium 4 b befindet sieb eine Abbildung Kaisers Heinrieh II. und
seiner Gemahlin, tin Hoddl dea Bamberger Doms in Händen haltend. Zwischen
den bdden Figuren sind die Wappenachilde BaTerns, Brabants und Baml»erg8
anfebracIiL
*) Fol. H zoit.'t eine Ahhildiiitvr des Kaisers Maximilian I. mit seinen beiden
Gemahlinen und den euliiprechenden Wappenschilden. Fol. 9 b bringt eine Ab-
bildung des Kaisen Philipp mit seiner Gemahlin nebst Beider Wappen. Fol. 10
hat eine Abbildung des Kaisers Karl V. mit seiner Gemahlin Maria von I'orlu^'al
und Beider Wappen. Fol. 10 h 7c\\:\ eine Abbildung des Kaisen Ferdinand L
mit seiner Gemahlin und ihre Wappen.
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Das GfisclLlechierbuch des Konnd Halter.
269
vnd endet sich Fol. 25.
Wie die Stat Nürenberg etzwas noth liedt vnter Konig Cun-
raten dem andern Fol. 26.
Wie die Stat von Kayser HaTiiridieii dem FQnfllen gewonneDf
Yund sorschleiiftt wardt etc. Fol 26.
Von dem zweURen Thurnier der hie gelulten wardt durch
Kayser Haymichemi den sechsten Fol 27.
Von dem Bysthumb Wfirtzbuig, wer ein yeder Bischoff von
der gehurt gewest, vnnd wie lang er Regiret hatt Fol. 27.
vnnd endet sich Fol. 30.
Von dem Bysthumb Aychstetl, wer ein yeder BischoflF von der
gdilirt gewest, vnd wie lanng er Regireti halt etc. anfahent
Fol. 31.
vnd endet sich Fol. 34.
Von denen, so vnnter der Kegirung König RudolfTs des an-
dern alhie vff der Vhesten verfallen sein Fol, 35 — 37.
Etzliche geschichtenn so vnter vnnd durch Keyser Karin denn
Vierten hie geschehenn sein Fol. 37 — 40.
Von hieigen Sebidtheyssenf vnnd wer dieselbenn geweseon sein
Fol. 41—44.
Von dem alten eerlichen Adelichen Gesddeeht der Waltstromer
anfahent Fol. 46.
Von dem aufflauii; wie alle Sachen sich verloffen liabenn vom
anfang zum endt FoL 51—53.
Von Sanct Sebalt vnn5'«:orm alten patron Fol. 54.
Ein abcontrafiictur dyi?or Statt Nüronber^ Fol. 56.
Von einem taplTern ^resellen gestech, welichs hie vnnter den
hohenn Zcugonn besciiehenn ist Fol. 57—09.
Ein kleiner be.^^chlus vfif die obgeraelten geschichtenn vnnd
manycherley beschreybung FoL 60.
Von den fe«elil«ehtenn.
Das gesdilecht der Ebner . .
Pfintzing anfUiennt Fol. 62. Krauter . .
Essler 86. Schopper
Maurer „ 90. Behaym . .
Haller „ 92. Neuenmarcker
FoL 116.
« 126.
127.
„ 132.
« 140.
') »amlarnc iit im Bueh« diirelistrieb«D.
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260
Heimich:
Mentellein ....
Fol.
140.
Sacfassenn ....
Fol.
309.
Weygd
»»
141.
Zenner .....
tt
311
Muflfel . . . : .
V
142.
Wagner
tt
313.
Langmann ....
V
148.
Haydenn ....
Tf
314.
Bylgram von eyb
II
149.
Grabner
tf
316.
Die Tom Stdn . .
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161.
Pyrckbaymer . . .
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319.
Holtscfauer ....
5»
151.
Pömer
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323.
Dcrrer
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168.
Grasser
»1
327.
Nützc'l . . . , ,
»1
172.
Kressenn ....
tf
330.
Stroniayr ....
»t
m
Im Hoff
»»
338.
Mfintzsmaystcr . .
»»
192.
Sleinliiiger ....
n
349.
Braunvvart ....
i>
194.
Schützen n ....
11
351.
Kaller von Babenberg
»1
195.
Valtzncr
11
353.
Vorchttel ....
u
197.
Baumgartner . . .
11
354.
Tucher
201.
Zolner
)f
362.
Schärstabenn . . .
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214.
Rmnel
n
365.
Kaedoiffer ....
ff
224.
Uebharten naefafol-
OrÜieb
1*
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gent genant Gam-
Grosseim ....
n
229.
mermayster . . •
n
371.
Kaderpeckenn . .. .
n
238.
Rieter
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374.
Eyssfc^l ....
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240.
Zyngel
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382.
Teufel
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242.
Hegner
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Koler
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245.
Reichenn ....
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Grünt herren . . ,
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Löffelholtzs ....
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Schmugenhofer . •
259.
Fürer
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398.
Tetzel
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261.
Harstorffer ....
11
402.
Puckenn
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273.
Hyrssfofrel ....
11
407.
Nadler
»»
273.
Prünsterer ....
11
412.
Grolannt ....
»»
273.
Relinger
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414.
Flechfldoifer . .
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280.
Lemel
tf
414
Senbollt
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282.
Starekenn ....
ft
416.
Geader
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283.
Meichssner ....
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41&
Kestel
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290.
Wolff
tt
420.
Mendel
n
291.
Topler
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422.
Aman
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295.
Füterer .....
t»
426.
Ehinger
»t
297.
Welser
1»
429.
Volckhajiner . . .
11
298.
Schlüsselfeldter . .
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432.
Ein beschlus der alti'n
Erbern
gesrhlechl des kleinem
Raths, vnnd ein anfang auch etlicher alten erbem
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Das Ofliehleehterbiwh dm Komad Haller. 261
geschlechtt, die doch l)is beer zu dyser Zdtt des kleinern
Raths nit gewesenn,
sunder dos grossem etc. . .
Fol. 434.
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Moer etzliclier ge-
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schlechtt Wapenn
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499.
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tt
544.
II
SiQl.
vnnd cffiden sich • .
tl
649«.
Diese letzten sind: HSltt, von Lochhaym, Focitenbach, Rosenn-
berger, Graytzs, Kieffhaber, Stayber, Sauermann, Straub, Diether,
Garttner, Holielmer, Rotbmunt, Stauif, KraIR, Vocker, Hoflfaiann,
Pelick, Münsters, Schütz, Zolner, Fluck, Weyomann, Pöler, Römer,
Erafft,Scbeuife11ein,'Haunolt, Stockha}Tner, Tiechtoll, Franntz, Müntzer,
Bayr, Gugel, Schlüsselborgor , Glockonnkieser, Johann, Pfanmus,
Voytt, Schleiclier, Gorion, Hertz, Wynckler und Thema.
All die .Mitlboilungen über diese Geschlechter sind nun auf das
Reichlichste mit Abbildungen versehen. Oflo von Moran tritt auf
mit Banner und Schild. Am Schluss des Artikels über die Ilnhen-
zollern hält ein Engel mit ausgesti(>ckleu Armen die ;,'oldonen und
silbernen Insignien des Schwanencndiiis. Das zwölfte Turnier Kaiser
Hdnrich VL zeigt das kaiserliche Wappen umgeben von denen der
TomierfOgCe des Landes zu Franken« zu Schwaben und des Rhein-
Stroms. Das Gesellenstechen selbst ist abgebDdet mit den Klefnodien,
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262 Hcimfebt Das QascblechtertMnh dn Komd Aüler.
welche Haller, Volckhaymer und Tetzel gewannen. Auch Altäre, Spitäler,
und andere StiftungeQ werden samml ihren HeiHg:cn dargestellt.
Auf dorn letzten Blatte (550) sind nachfoI{;ende Ansprache an
die Beurtheilcr des Buches und eini^'o Verse über die Entstehungs-
und Beendigungszeit desselben angehängt:
»Beschlus etc.
Ob yeinant dytzs mein angezaigt Wcrck nit gefallen würdt, des
Ich doch nit mit kleiner mühe, Arbaytt Tnnd Kostung im aller besten
zu efaeren Einem FQfsiditigen Erbam Weysen Rath dyser löblichen
Stat, meynen lieben harren vnnd Freundten, auch allen Erbam ge-
schlechtenn, den nach komenten zu einer gedechtnus vnd anraytzung
eines erbam wesens gemacht, demselben wolt ich gönnen, das er
ein bessers machte oder an jneyner stat gewesenn were. Ich habs
aber denen, so es gefaDen wCirdt, in allem guten, so tU mir mög-
lichen zuerfaren gcwcst , von wegen vnsscr lieben eitern, auch zu
hannthabung jrer gedechtnus b^ mir vnnd mit mir, nit wollen er-
leschen lassen etc.
Als man zalt 1600 Jar
vnd . 33 . gleich als war
Her ChristofT Ti tzel losung her
vnd mit im her Hans Volckhaymor
Her ChristolT Kross, was aucli hohafl't
mit in, in hof hstcr liaubt inanschafft
gleich am Nt-un ZeiKMiton .luny
ward!, ditz bucli anu'efaiipen hy:
Hernach wurdt gar volendet dis
am drey vnd zweintzigsten Decembris
Als man zalt . 36 . Jar
der Zeit, als in Regirung war
Her Ghiistoff Tetzel, vnnd auch Her
Lienhart Tucher, baydt losung her
Her Sebalt Pfintzhig auch darbey
Die obersten Haubt menner drey
Zu Nürenberg, in dem Regiment
Gott all ding mit gnaden endtc
Es bedarf kaum eines Hinweises, welchen Reichtfanm dieses
Werk for genealogische und heraldische, wie für knlturgeschicbtliche
Forschungen darbietet.
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XVI. Sammlung von Siegel- und Medaillen -Abgüssen
im Beichsarohiy zu MüncheiL
Von
Karl Primbs,
k. ReiehwidiiT-Awwar.
In alten Zeiten rnanpelte den Urkunden in der Repel die Unter-
schrift, und nicht einmal ein MonoKranini wurde auf Allen angehracht.
Die Siegel waren daher die einzige Beglaubigung. Was Wunder?,
dass man wahrhaft erfinderisch in Anwendung von Maassregeln
war, welche Missbrauch der Siegel verhindern, oder, wenn er vor-
kam, ihn erkennen lehren soHteo. In ersterer Beziehung wurde am
meisten die Anwendung der kleinen Ckmtrasi^ beliebt.
Trotz d^ qi&ter fast unerlftssUch geworden«! Unterschriften
erbidt sich der Gebrauch der Siegel nichts destoweniger in voller
Kraft» und selbst die Neuzeit hat sie nicht abgeschwftcht für feier-
liche und (Srmliche Urkunden.
Wenn nun häufig Sloflf der Urkuntlen, Form der Schrift, Art
der Formeln wie Datirung den Diplomatiker hinsichtlich Aeihtheit
oder Fälschung von Urkunden in bedenkliches Schwanken versetzen,
dient ilim die Art iler Anbringung der Siegel, Form und SfofT der-
selben, Bildtypus und Legende noch als einziger sicherer Leitfaden.
Das Ueberwiegen hestinmiter Vornamen im Bunde mit dem
selbst noch im dreizelniti ii Julirhundertc häufigem Wechsel von Ge-
schlechtsnamen- und Wappen bildet für den Genealogen schwer zu
umschiffende Klippen. Wie ein stsuertoses Schifl auf hochgehender
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264
Prfanbs:
See fühlt er sich aber, wenn, wie dip> leider nur zu oft der Fall
ist, auch noch das letzte Rettungsmittel, das Siegel fehlt.
Welche Schätze schlummern endlich auch für den Künstler
noch in den Schreinen der Archive, in denen so viele Pracbtsiegel
lagern !
Hei dieser BedL-ulunji', welclie die Sio^rol noch immer halni^n, ist
zu hfklagon, in welcli trostlosem Zustande die Siej,'«'! an den Urkunden
so häuli^,' >;ich Ix-linden in Folge ihres an sich der Zerstörung unter-
>Yorfenen StofTes und der Jahrhunderte, welche ülser sie meist nicht
mit schonender Hand hingezogen sind. Nur die Päpste und hie und
da ein Kwser oder Ordens-Grossmeister wendeten Metallbullen an,
die übrigen Siegler bedienten sich des Wachses oder ähnlicher Stoffe.
Alle Vorsicht, die früher nur zu oft mangelte, und zum Theil
noch heute 5fter Termisst wird, yerroag g^pm diese Umstfinde mit
Erfolg niclit anzukämpfen.
Frühe war man deshalb darauf bedacht, die Si^l wenigstens
in Gopieen zu erhalten, sei es dass man sie abzeichnen, oder ab-
giessen Hess. So manches Copialbuch gibt von diesem löblichen
Streben Zeugniss. Ein Abt des Ix^deutenden Klosters AValdsassen
liess sogar die Tdtesten und wichtigsten Wappensiegel in Farben
ausführen. Ein grosser Theil dieser Abbildungen liegt noch den
Urkunden im bayerischen Ileieiisarchive an. In glücklicher Stunde
ti'af man in Waldsassen jene V'orsichlsmassregel; denn jetzt fehlt
der dne Theil der Siegel, der andere aber ist meist in einem Zu-
stande, der Bild wie Legende nur schwer mehr erkennen Iflsst So
entstanden auch anderswo mehr oder weniger umfimgreicfae Samm-
lungen von Siegel-Nachbildungen. Aber die Zeichnungen amd dodi
keine Originale. Wie wenig verlässig ältere Abbildungen shid, be-
weisen wohl am besten die den ersten XXI Bänden der Mon. Boica
beigegebenen. Vergleicht man Original und Copie, so wird man,
selbst zugegeben, dass zur Zeit der Herstellung das Original noch
besser erhalten, und namentlich manches vorhanden war, was jetzt
davon fehlt, dennoch zu der Ansicht gelangen, dass ganz abgesehen
von der Schablone, nach welcher bei den Abl»il(lnn'/en gearbeitet
wurde, der Phantasie doch gar zu viel Spielranni gegönnt wurde.
Abgüsse aber in Gyps und Pasta oder von antlereii Stollen her-
gestellt, selbst Guttapercha nicht ausgeschlossen, sind ni( ht minder
der Zerstörung ausgesetzt wie Wachs. Noch inmier fehlte es bisher
an einem Stoffe^ der grössere Dauerhaftigkeit gewährte. Da gelang
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Sammlung r. Siegel- o. Medailleii'AbgflsMii im Reichiarehiv »i Manchen. 265
es einem strebsamen Hanne Mfinchens, nach langen Versuchen ein
GuBsmaterial zu oomponiren, weldies bessei« Garantien bietet
Der Chemiicer Max Röckl erfand eine Metallcomposition, welche
leichtflüssig genug ist, • ll st in die feinsten Partieen der Formen
einzudringen und dadurch Abgüsse von sellener Treue zu liefern.
Diese ComiiosiJion ist /.ufrlcifli von einer Härtf, das? sie jedem
äusseren Kiiitln-.^e 7.11 widerstelien vermag, wenn nicht böswillige
Hände die A1i;,mhso ^:t'lh?:t zersclilagen.
Eine ei^'cntluiiiiliclio Hroncirung, welche Rückl anpowendct, ver-
leilit ilinon nii lit nur ein hübsches Ansehen, sondern auch erhöhte
Widerstandskraft.
Dazu kommt etai Vortheil fOr die Siegeloriginale selbst Bei
der bisher geflbten Art des Äbformens litten selbst unter der Hand
eines gefibten Formers die Siegel sehr oft nicht unwesentlich. Die
Manipulation Röckls sichert sie dagegen TöUig tot Beschftdigung,
▼okiht denselboi Tielmehr eine natärliche AuRHschung, die ihnen er^
Deute Dauor verbürgt. Auf allen Siegeln, und namentlich auf denen,
wdche aus rothem Si^lwachse bestehen, setzt sich mit der Zeit
eine Art Schimmel an, welcher nach und nach die ganze Fläche
überzieliend und allmähüg sich immer liefer in das Wachs einfressend
die Existenz der ^uvo\ in gefahrlichster Weise hcdrohf. Rci der
von Rockl erfuHiliiicn Al)formunpsart wird aber aiuli dieser Moder
— Siegelfrass — oline jede Scliädigunpr der Siegel völlig enlfernt.
Als von dieser bedeutsamen Erfindung kaum etwas in die
Aussenweli gedrungen war, wendete das k. bayerische Staats-
mfaiisterium des Inner«!, stihd die Wichtigtseit des Veifhhrens richtig
erkennend, der Sache seme volle Aufinerksamkeit zu. Bereits bn
Jahre 1846 wurde der L Akademie der Künste in München und
dem k. allgoneinen Reichsarchire daselbst die Wäsung, das von
dem Erfinder entworfene Promemoria eingehend zu prüfen, und sich
über den Werth des hierin geschilderten Verfahrens gutachtlich zu
Süssem. Beide Anstalten zollten demselben die pohuhrcnde An-
erkennung. In Folge dessen wurde im Jahre 1851 die Anlage einer
Sammlung von Siegelnbgüs-en beschlossen und die Leitung den ge-
nannten Anstalten übertragen.
Die 1854 in München erölTnete hidnslrirausstellung bot zum
ersten Male dem grösseren Publikum Gelegenlieit , von dieser Er-
findung Akt zu nehmen. Allseitig überraschte die Treue und Klar-
heit der Abgüsse und die Elt^anz ilwes Aeussern.
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266
Primlw:
Bis zum Jahre 1864 waren, als Geheimer Rath von Lölier die
Leitung des Reichs- Archives übernahm, von 372 Siegeln Abgüsse
hergestellt. Von da an vermehrte sich die Zalil rasch beinahe utn
das Doppelte, da vom Staate fort und fort beträchtliche Summen
dafür l>e\vi]Iigt wurdi n. Man naiini jetzt Bedacht darauf, planmässig
ganze Heihenfolgen von Kaisern, Fürsten, Städten und andern Ge-
nosricnsciialten durch ilire Siegel zu reprdsenliren und durcli getreue
Wiedergabe der Zeichnung und des Costums ebenso künstlerischen
Zwecken m dieD«i, als zur Berichtigung der Genealogie und CShrO'
nologie, zur Prüfung der Aeehtheit von Uikunden, zur Bereicherung
der Sphragistik und Heraldik beizutragen.
Ffir die Auswahl der abzuformenden Siegel wurde Röckl zur
Pflicht gemauM, dass alle zu nehmen, die vor 1300 &]len, wenn
sie gut erhallen sind, und von späteren nur diejenigen, die entweder
ihre Z' il in it<rend einer Weise hervorragend cliarakterisiren, oder
künstlerisch schön, oder ungemein selten sind.
Neben dieser Sammlung von Siegeln liatte man auch eine
solche von Abgüssen der künstlerisch wie historisch interessanten
Medaillen angele^^t, um insbesondere dem Künstler StolT zum
Studium zn bieten. Diese Sammlung' — freilich jetzt erst 116 Stücke
umfassend — birgt jed(xh die Perlen des so reichen k. Münz- und
Medaillenkabinetes in München, auserlesene Werke der Slempcl-
ächneidekunst namentlich aus älterer Zeit Werden einst auch die
Formen ihre Verwendung gefunden haben, welche aus Rdckls Besitz
in den des Staates fibergegangra sind, so dürfte dem Künstler eine
Sammlung zu Gebote stehen, wie sie ihm nur wenige, noch dazu
schwer zugängliche Kunstsammlungen zu bieten vermögen.
Leider wurden die Arbeiten öfter durch ein rasch sich steigen-
des Augenleiden Röckls unterbrochen. Als dasselbe fast bis zur
Erblindung vorgeschritten war, konnte man sich die Gefahr nicht
verhehlen, dass mit ihm auch sein Geheimniss verloren gehen könne.
Um dieses zu erhalten, trat das k. bayer. Staatsniinisterium des
Innern tür Kirchen- nnil ScliulanKt'Ief,'enlieiten mit Röckl in Unter-
handlungen. Dieser vei j»lli( htete sich ^'egen eine hcihere Leibrente,
als ihm für seine Ertindun^' bereits zugestanden war, eine ge<'ijrnete
Persönlichkeit vollständig in sein Verfahren sowohl des Abforuiens
in Gips, als des Abgiessens m Metall einzuweihen, und beides auch
in ausföhriicfaer und verständlicher Weise schriftlich niederzolegenl
Bereits im Jahre 1872 erfolgte die Vorlage einer Reihe von Medailten-
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Sumüiing' T. Siegel- u. Il«dafllea-Abgflnai im Rdebsarchiv na MflndMn. 267
abgflgaeD, welche der Schfller Rödels, Max Dalbez, nach dessen. An-
leiUmg gefertigt hatte. Sie befriedigten nach jeder Seite hin. Einige
Jahre spater lieferte Dalbez vor einer Commission den Beweis, daas
er völlig im Stande sei, gleich seinem Lehrer auch Siegel abzuformen
und Abgüsse herzustellen. Die schrifUtche Beschreibung beider Ver^
fahren wurde gleichzeitig übergeben.
So war RöckJs Erfindung für alle Zeiten nun vor Verlust ge-
sichert.
Beide Sammlungen waren bisher in den Räumen der k. Akademie
der Künste aulgestullt , und daher fast nur von Künstlern benutzt
worden. Mangel an geeigneten Räumlidikeiten efnerseHs, dann der
Wunsch, die Sammlungen mflglichst Vielen zugänglich zu machen^
verankssten Verhandlungen zur Verlegung derselben. Das k. all-
gememe ReicbsarchiT, das ja ohnehin die Originale zu den Siegd-
ahgOssen zu liefern, und bisher auch die Rechnung zu führen hatte»
erschien besonders zur Uebemahme geeignet Mit Freuden erUfirte
sieh dasselbe sofort bereit, nicht nur die beiden Sammlungen und
die Gipsformen zu übernehmen, sondern auch sie systematisch zu
ordnen, zu beschreihen, und dem Publikum zur Benützung zugänglich
zu machen.
Am 21. und '22. Februar 1876 übernahm das Rcichsarchiv die
bei der k. Akademie verwahrten Siegel- und Medaillenabgüsse, am
13. März die bisher von Röckl zurückbcliallenen Exemplare, und
am 24. Mai konnte schon Alles, nachdem vorher systematisch an-
gelegte Verzeichnisse angefertigt worden waren, in drei Kästen dem
entsprechend Angelegt werden.
Im Laufe der Monate Juni und Juli wurden von ROckl noch
an 4000 Stück Gipsformen übernommen, und obgleich dieselben in
völliger Unordnung zur Ablieferung gelangten, erst mülisam unter
Zuhandnahme der Abgüsse bestknmt und erst Verzeichnisse her-
gestellt werden mussten, so fanden sich die Gipsformen doch bereits
im September in einem eigens hiezu eingeräumten Saale aufgestellt.
Viel war so in kurzer Zeit zur Förderung des WVrkes ge-
schehen; aber bald zeigte sich, dass man erst beim Anfange des
Endes stehe. Die Ordnung der Abgüs.se nach bestimmten llaupt-
grup|)en lies-s schnell erkennen, welch grosse Lücken aller Orten noch
vorhanden, wie wenig abgeschlossen im Grossen und Ganzen die
Sammlungen seien, wie planlos früher bei der Anlage vorgegangen
worden.
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268
Primbs:
Nur Ton den Siegeln der deutschen Kaiser konnte man sagen,
dass sie, soweit die bayerischen Archive von ihn^ Si^el ver-
wahren, fast voll^^truidijr vortreten poien.
Sehr hlclcenliaft waren da<:ep-en die deutschen Fürstenhäuser
vertreten. Selbst die Sammlung der Sie^'el des Hauses Wittelsbach
war noch weil von der Vollständigkeit enUernt. Von aus?«r-
deutsehen Häusern fanden sich nur einige wenige Siegel. Der Adel •
nicht bloss ganz Bayerns, sondern noch vieler angrenzenden Länder
war durch 123 Stücke vertreten, Städte und Genossenschaften gar
nur darch 37, die Geistlichkeit aller Grade aus Italien und Deutsch-
land mit 137 Stücken.
Ergänzung that dringend Noth, und zwar unter Beröcksichtigung
der ärgsten Lücken. Möglichst rasch aber musste die Ergänzung er-
folgen, weil nur zu unaufhaltsam die Zerstörung, und zwar unter
den ältestoi und daher wichtigsten Siegeln am meisten fortschreitet
Nach System aber mnsste sie vorgenommen werden, damit nicht
wieder statt seltener oder künstlerisch interessanter Siegel des Adels
einige dreissig völlig interesselose Stücke ein und derselben Familie
gewählt wurden.
Der Winter des Jahres 1876 und der Frühling des heurigen
Jahres wurden daher dazu verwendet, aus allen Beständen des
Hrichsarchives auszuheben, was vor Allem der Berücksichtigung
Werth schien , sei es wegen drohender (Jclahr der Zerstörung,
sei es wegen besonderen Interesses des Siegels. Bereits zu Ende
Mai waren 360 Siegel - ün Reichsarchive fOr die Abformung
bereit gestellt Jedoch mit dem Bereitlegen allem war es nicht
gethan.
Um den Äbguss für die Sammlung auch verwirklidien zu
können, bedurfte es grösserer Summen, als dem Reichsarchive für
dieses Jahr zur Verfügung gestellt waren. Da trat das k. Staats-
ministerium des Inneren für Kirchen- und Schut-Angelegenhciten,
wdches ja gleichfalls von den ersten Anfängen an der Sammlung
das wärmste Interesse und stete Hilfe entgegen getragen hatte, nach-
dem ein ausführlicher Bericht auseinandergesetzt hatte, wie jetzt ein
energischeres Vorgehen eintreten könne und müsse, durch GewäluTing
der nöthigen Mittel helfend ein.
So konnte nicht nur der Plan verwirklieht werden, alle aus-
geholienen Siegel noch in diesem Jidirc abgiessen zu lassen, sondern
aucii dieselben, nachdem die Mittel zur Anschaffung weiterer drd
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Suinmlung v. Siegel» u. Hedaiilen-Abgüääen im lieicbsarcbiv zu München. 269
Kftsten Torhanden waren, sofort entsprechend einsulegen und der
Boiützuiv zugänglich zu maehen.
Es hatte der Zeit von 1851 bis 1868 bedurft, um die Sammlung
der Siegel auf den Stand von 631 Stücken zu bringen, das Jahr 1877
erhöhte sie fast zur Vollzahl des ersten Tausends. Vorhanden-
sein der nöihigen Mittel wird die Sammlung sich rasch vef^
grössern, da für die folgenden Jahre schon weitere 500 Siegel vor-
gemerkt sind.
Leitender Faden bei der Anlage der Sammlungen war, vor
Allem die ältesten, und dann die seliönsten Siegel durch Abguss
dem Verderben zu entreis-en, sie dem Studium für immer zu er-
halten. Die Siegel ilcr Kaiser und deulsclien Fürsten, sowie der Geist-
lichkeit, namentlich auch der Cardinäle, sollten vor allen anderen be-
rücksichtigt werden. Vorläufige Beschränkung auf das, was das
Rdchs- und net}en ihm das Haus- und Staatsardiiv boten, schloss
die Benützung fremder Archive und Sammtungen, wenn auch nicht
vöUig, aus. Dieser Faden wird auch noch ferner zur Richtung
dienen, und die (immerhin Ausnahmen zulassende) Beschränkung in
so lange Norm bleiben, als die Schätze der bezeichneten einheimischen
Archive nicht völlig gehoben worden sind.
Dass in erster Linie immer das heutige Bayern ins Auge ge-
fassl werden wird, Ix'darf keiner Erörterung.
Die Sammlung wurde nun nach folgenden Hauptgruppen geordnet :
I. Deutsche Kaiser.
II. Könige und Fürsten,
ni. Adel.
IV. Städte, Universitäten, Zünfte und andere Genossenschaften,
V. Geistlichkett.
Die erste Gruppe zählte bd der Uebemahme 166 Stücke und
umfosste die Zeit von Karl dem Grossen bis Joseph IL In sokher
Zahl und Auswahl nach Beschafltoheit der Siegel dürfte wohl kein
anderes Archiv im Stande seui, diese Abiheilung herzustellen. ^Sa
Beweis hieffir ist es, dass bereits 1874 für das tliplomatische Seminar
in Wien, und jüngst für das Museum in Berlin Abgüsse eines Theiles
der Siegel gewünscht wurden.
Die (;rni)pc II, die ZtMt von 910 bis 1792 umfassend, repräsentirte
17 Fürsteiiliäust'i' und bestand au^ 170 Exemplaren.
Die Grujipe III entliiell 123 Stücke aus der Zeit von 1179 bis
1617. Die schwächste Gruppe war die der Städte und Genossen-
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270
Primbs :
aehafteiL Nur 37 Stöcke fanden sich tot, von denen 18 Siegd der
Zfinfte der Stadt Sp^er waren.
Erwfigt man, dass die Gruppe V die Geistlichkeit aller Grade
und Linder umfaast, so war eine Zahl ychi 137 Siegeln nicht viel.
"Wenn bei Gruppe I die frühsten Kaisersiegel — zum Thefle
Gemmen — insbesondere den Geschi( ht^forscher, die qiäteren da-
gegen ihn gleichmässig wie den Künstler interessiren , so bieten die
übrigen Giuppen wegen der Vielprcstalfip:keit der Simpel nach allen
Seiten hin Viel des Anziolionden und Bfloliroruieri.
Gegenwärtig ist der Stand der Sammlung folgender;
Gruppe 1 179 Stücke.
II 2TS „
m 255 „
IV 73 „
V 169 „
Summa 942 Stücke.
Erste Gruppe;
Diese umfasst die Zdt von 771 bis 1791 und wird bis zur
Gegenwart fortgesetzt.
Zweite Gruppe:
In dieser ist Bayern für die Zeit von 910—1792 mit 106 Stflcfcen,
Brandenburg sammt dem Burggrafenthum Nürnberg (1235-^1486)
mit 49, Oesterreich (1203—1749) mit 18 Stücken vertreten. Ausser-
dem kann man noch Siegel zeigen von Anhaltf Böhmen (12), Braun-
schweig, Dänemark (4), England (11), Frankreich (5), Hessen,
Jerusalem, Kärnthen (4), Lothringen (10), Mähren, Meissen, Meran,
Nassau, Pommern, Rouss. Sachsen (11), Savoyen, Schlesien, Schwaben,
Schwarzhnrp:, Sjianicn, Sfoftin, Thürinfjen, Tyrol, Ungarn, Venedig
und Württoiiiborg. Diese ( JrnpiK' wird nach und nach alle grösseren
und kleineren Territorien Deutschlands repräsenliren.
Dritte Gruppe:
In tliescr Gruppe sollen vor Allem die Siegel erloschner Dynasten-
Cfcschlechter, dann die Reiter- und Frauensiegel, unbeschränkt nach
Zeit und Ort, zum Abgüsse gelangen. Son^tiprc Siegel des Adels
werden vorerst nur bis 1300, darüber hinaus nur dann Berück-
sichtifrung finden, wenn sie historisch, sphragistisch, oder von künst-
lerischem Standpunkte aus Interesse bieten.
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Sammlung v. Siegel- u. Medaillen-Abgüssen im Heichsarcbiv zu Miinchen. 271
Vertreten sind jetzt die Geschlecliter:
Abensberg, Ab^ierg, Aigedieim, Altenmfildorf, Attmami, Baier>
brunn, Pappenheim, Paisdoifer, Paulsdorfer, Baumgarten, Beauffre-
mont, Pfirt, Pflug, BickeDbadi, Bogen 6f., Bopfingen, Prager,
Brandt, Preysing, Bruckberg, Buch, Puchberg, PQhler, Kammer,
Kammerau, Capeila de, Käfernburg Gf., Clingenberg, Khöl, Khol von
Finkenslein, Kropf von Flüglingen, Dachsberp, Tann, Tarant. Dt pron-
berg, Teck Herzog, Theissing, Tilly Gf., Dillingen Gf., Üiethcli-
steiri (2S), DonnerslxTir. Törring, Thriihcndingon Gf., K<niiont Gf.,
Eppstein, Ehrenfels, Eschenloho Gf., Essonhach. Valley Gf., Franken-
stein, Frauenborg, Fruniesel. Gameret, Geroldseck, Giebing, Gleichen Gf.,
Gorz Gf. , (Joldeck, Graisbach Gf. , Grans, Gravonrouter , (lund-
aker, Hartheiiii, Hausen, Heidegg, Helfonstein, Hyddiglon, Hiern-
heim (3), Hirschberg (3), Hochsteten, Hönburg, Hofsteten, Jüdniann,
Laber (3), Lailing Gf., Leiningen Gf., Leiter von der, Leonberg Gf.,
Leuchtenberg Gf., Liebenstein, Lol)deburg Gf., Lachen, Mainz Kämerer
und Schultbeiss von, Mansfeld Gf., Marsieten Gf., Maxelrain, Meis,
Mömpelgard Gf., Montfort Gf., Mosen, Nanhofen, Natemberg, Not-
haft, Dettingen Gf. (3), Ortoabnrg Gf. (12), Quemfurt, Raugraf,
Rehungen, Reissensburg, Ryeder, (Rödern), Rienock Gf., Horbach,
Rosenberg (Böhmen), Rotau, Uoteneic Gf., Sayn Gf , Salach, Saat^
werden Gf., Schaumburg (4), Schidingen, Sclilüs>ell)i'rg, Schwarzen-
berg, Sr'oO'M, Scomann, Sikingcn, Spanheim Gf. Sfiiin, Slernberg,
Stör, Straubing-', Stnuiicr, Sulzba^ h Gf., Swiiiar, Urach Gf., Wahlen
unter den, Wald, Walili)urg Truchsess v., Waidenberg, Wart v. der,
Wart>:tein Gf., Wasserburg Gf., Weimar, Wcrd. Wert heim Gf.,
Wildenwart, Winterstelen Schk. v. Zanner, Zengcr, Zweybrücken Gf.
Vierte Gruppe:
Die Siegel der Städte und Genossenschaften verdienen theils
wogen des hohen Alters theOs wegen ihrer mitunter künstlerischen
Behandlung sicher mehr Beachtung, als ihnen bisher geschenkt
ward, und wird deshalb der Ergänzung der Sammhmg in dieser
Richtung thunlichstc Rücksicht zu Theil w^en.
Gegenwärtig finden sich erst Siegel von:
Aachen, Auerbach, Augsburg, Bamberg, Berleburg, Berlin,
Bil)erach, Bremen. Gaub, Cöln a/Sp., Constanz, Dinkclsbühl, Donau-
W()rth, Eger, Eichstädt, Hereogenbusch, Ingolstadt (Stadt und Uni-
versität), Isny, Kirchtieim, Klaltau, Krems, Lindau (2), Lübeck,
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272
Primba:
llagdebuig, Memmingen, Mäncfaen (2), Nördlingen, Passau, Pilsen,
Rain, Regensbuig (2), Reichenhall, Reutiingen, Schlettstadf, Speyer
(Stadt und 18 Zünnt'), Strassburg, Straubing, Traunbach, Ulm,
Ungarn Grafenbank, Weisenburg a/Sand, Wesel, Würzburg.
Fünfte Grupjje:
Durch die Vieigcstaltigkeit gleidisolir wie durcli künsllcrischon
Werth nel)en tlieihvcise hohem Alter zeichnen sich jranz besonders
die Siegel der Geistlichkeit aus. Die iler Gapitel und Gonvente, so-
wie der Klostervorstände Bayerns, dann die höherer. Kirchenfürsten,
wenn sie vom Gesichtspunkte des Künstlers betrachtet, Interesse
bieten, endlich die Contrasiegel werden je nach Möglichkeit alle an die
Reihe kommen, and hier zeitlich wie räumlich keine Schrankoi hindern.
Vertreten sind jetzt:
Päpste (2), Gardinftle (20), Kurfürsten (12), Patriarch Ton
Äquileja, ErzbischOfe von Salzburg (6), Bischof von Ärras, Bam»
berg (9), Eichstädt (5), Freising (4), Halberstadl, Xunburg, Passau (11),
Prag, Regensburg (14), Speyer, Würzburg; Klöster Augsburg, S. Ul-
rich, Birkenfeld, Ei)ert)ach, Eichstädt S, Walburg Gonvenl, Himmels-
kron, Ildf S. f^lara, Kempten, Klnttau, ^hehelfelil, Mölk, München
Stift und Franziskaner, Xeubur^', Regensbur^' (Alte Kajtelle, Mittel-
und Niederniünster), S. Laml»ert, S. Zeno, Sciiwabeheim, Solenhufen,
Spalt; Geistlielie der Iloclislifle Aachen, Augsbui^, Freising, Mainz,
München, Baijsau, Regensburg (14):
Von den 942 Stücken gehören an:
aus dem 8. Jahrilunderte der Gruppe I 2
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Reitersiegel zählt die Saniinlung 7.ur Zeit nur 91, Frauen-
siegel 32. Von Ersteren treffen auf Abtlieilung II 65, Abtheilung IH
26 Stäcke.
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Saromlang v. Siegel- u. MedaiUen'Abgflsaen im Retchsarchiv zu Müiiclien. 273
Im Inlores=;f' all^^i'itifrcr Voiwcrflinnp: dos von iickkl i rlundetien
Vertalirons wird das Heiclisarchiv jederzeit In-roil sein, jodom Archive,
jodcMTi Saniinler wie Forsclior auf Ansuc lieii ff* ^'eii Ver^'ülunji: der
Kosten Abgüsse einzelner Siegel oder ganzer Serien zu vermitteln,
und über die hier v^wahrtcn Siegel abgüsse Nachricht zu geben.
Sobald die Schätze in den bayerischen Archiven gehoben sind,
wird man sich zum Abschlüsse der Sammlung mit anderen Archiven
Museen mid Privaten in Verbindung setzen, um, sei es durch Tausch
oder leihweise, solche Siegel zu erhalten, welche fQr Bayern oder
Deutsdhiand besonderes Interesse bieten. Schon jetzt werden mit
bestem Danke Mittheihmgen darüber entgegengenommen.
XVII. Kurze systematische Uebei-sicht des Inhalts
der bayerischen Landeaarchive.
(Fortsolzung.)
T. KreiRareliiY Nevbnrg.
(Akten. AmtRhOclipr, Rechnungen, Urkunden und Ahwhrinen, Pltne.)
I. Herzogthum Pfalz-Neuburg.
A. Hersogtbum.
1) AlEten und Urkunden:
a) IIa US- und Lando>s:i(lipn : Ffirslliche Vertrfifre und
Personalia, Kreistage, Landtag, Landessciiulden , nachbarliche
Dillorenzen und Verträge mit Bayern, Ohorpfalz. I?randonl)ui-g,
Wriitfoiuberp, Hiirgan, den 1 loflisliften Aii;;^;l»iirg, Eiclislätt
und Hofrcnsbur^', niil NürnlxTfr. noiiauwöith, Oetliii^'oii, Papj>en-
heim, den Deutschonlctis-Koiiiiiirtiilrn, Wnlfstoin, dorn fürstlielien
Hause Tliurn und Taxis, dem Kloster Kaislieim elc. (13. Jahrb.
bis ca. 1810).
b) Verwaltungssachen aller Art, Anitsorganisation,
Kamerai-, Justiz- und Pölizeisachen, Bergwcsm, Forstsachen,
Lehen, Milit&r- und Kriegssachen, Hfinzwesen, geistliche und
Stiflungssadicn, Klöster, Schulwesen; Sal- und Lagerbächer etc.
(ca. 1400-1806).
AnMvallMbe KellMlirirt. II. 18
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74
Kurze systematiiiche Uebersicht d<>«
c) Aemter Allersberg, Burglengcnfeld mit Kallmüntz und
ächneidtmfihlen, ,6raisbach, Gmidelßngen, Heidedc, Heman,
Hilpoltstein, Höchstädt, LauingeHf Luppurg, Monheim, Neu-
bürgt Parsberg, Regenstauf, Reicherlshofen, Rennertshofen,
Schwandorf, Velburg; auch die bayerischen Pflegen Ricdea-
burg und Dietfort, sowie die Hcrrschall Hohenburg sind ver-
treten (14. Jhdt. bis 1813).
2) Prolokollo der nofkammer und Ro{;it'nin!? (1548—1009),
rli's Hofknmmerraths (1770-1704), der l.imdschafl (1705 bis
1S03). (hv L:iii(lc>(Hrf'kfion (ISOl — 1H0S). drr Kircliondopntalion
(17S6— 1802); liegicruiigs-RcIalionen und Proposiltonen (1763
bis 1771).
3) n o p h n n n ? o n: Kastoiiaints- , Kiiflicn- und Stillnnpr«;-
rcclmuiifirn ülK'rliaupl, dann soNlio, sowie Zins- und SU-uor-
Bestlueibungen etc. der cin/olnon Aeniler (1482—1^^23).
1) Im nor/.o'^rtiniin: p.rrpn (1 '^iK>— 1 747), Echenbninn (144i bis
10(15). 1 ir»i lisirdt (Tcicianci ), Lauin^'m (Sl. Ajjno> n. Au;4U>lint'r
IMOO— 1804), Lir/iicini (1535—1804), Maria-Mödin-rcri (1245
bis 1809), Mcdlin-jcii (l(i21 bis 1800), iNeuburg (bannlit'iv.ijfe
Bruder, Karmeliter, Franziskaner, Jesuiten, Ursulinerinncn und
andere FYauenldöstcr (1322—1809), Pettendorf (1533-1667),
Piclenhofen (1318-1801), Schwandorf (1699—1802).
2) Auswärtige Klöster, deren Güterbesitz in Pfalz-Neuburg und
Streitsachen: St Mang in Stadtamhof (1673), MarienbuTg(1809),
NicderschSnefek) (1483 bis 1804), Prüfening (1525 bis 1799).
Klöster etc. in Regensliurg (St. Clara. St. .larob, St. Paul.
St Katharina, Josnilen, Priesterhaus (1403—1804); Stift Kll-
wanpen; Klöster Herl»rochtin?on, Lorcb, Miirliart, SdiönUial,
lJrs|^ringen , Weingarten, Wiblingen in Württemberg; Stams
in Tyrol.
IL Fürstbistlium Augsburg.
A. HochsUrt
1) Allgemeines: Privilegien , Huld^ungcn , Generalien und
Ordnungen in geistlichen und weltlieben Sachen, Beaniten-
wesen, VcTwalf nnp-streprensländc aller Art, («ütcT- und Zehnt-
be>( lireihnnpron, Lehen, naclil)arlifhe DiiTcrensscn und Verträge,
Säkularisation etc. (1321—1818).
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InlialUt der hayerischeii LuiiUoMarcbive.
2) (iolu imc Kaiizlciaktcn und Korrespondenzen (1710 bis
bis 1767;.
3) Kriminal- und Hexenprozesse (1710—1801).
4) Protokolle: des Hofraths (1043—1803)* der Hofkaromcr
(1718-1803), Protocolla extnyudicialia (1773—1794), Forst-
protokolle (1770-1802).
5) Rechnungen des Hochstifts und Domkapitels (1539—1804),
der Kirchen und Stiftungen (1627— >1813).
6) Acmler: die Pflopranilor Äislingen, Bobingen, Buchioc, Fücson,
Gö;;ginj?en, Lecder, Münsferhauscn, Nesselwang, Oberdorf,
Pfafl'enhausen , Schönogt;, Schwabmünchen, Sonthofen, Weis-
singen, Westendorf. Wiltislingen und Zusninrsbnnscii (Ca. 1400
bi.«? 1808): die IloCkaslen- und Hontäniter Au,t;>l)nip: und l)il-
linpMi (12S(i— 1S07), da> Hnl/.aidand etc. Augsburg (1062 bis
l«Oaj, <lie ForsUuiiter (1484—1803) etc.
B. Domkapitel.
1) Allgemeines: Verträge und Jurisdiktionssachen (1340 bis
1767); Ableben, Wahlen etc. der Bischöfe (1459 bis 1799);
Statuten und Privilegien (1348—1794); Doroprobstci-, Dom-
dechanei-, Domkapitular-Wahlen, Sterbföllo, Verlassenschaften
nnd Differenzen (1503—1799); Domprobstei, Dechanei, Kapcll-
haus und andere Aemter (1349—1806).
2) Verwaltung:: Generalia, Verträge und Grenzsaclien ; Lelien,
Güter und Gefölle (151 ö— 1802); geistliche und Pfarrsachen,
Stiftungen etc. (IfrlS — 1802); verschicdmo Donikapifcrsche
Ordnun^ron (von \'ü')d an); liestandsprotokollc Zehnt- nnd
Stt ncil)('s< lireil)un;4on otc. (145S— 1790); niriinimgcn d(\': (Jross-
l>alloianils , dann der Aonilor Krriiigen und lladau (16Ü0 bis
1 80 1 ) ; He7.f.s.^ional icn ( 1 462— 1 .SU2 ).
.{) Aeniter: Anhausen, Apfeldrach, Breitenbronn, Diukfischcrbon,
Gersthott'ii, Gmünd und Lorch, Grossaitingen, Langenerringen,
Offlngen, Radau, Stadtbergen, Zusamaltheim, Zusmarshausen
(1300-1802).
G. LauUkapitel und Ar chidiak onate.
1) In Schwaben: A^wang, Baisweil, Dillingen, Elchingen, Ell-
wangen, FQssen, Ichenhausen, Jettingen, Kaufbeuem, Kempten,
Kirchheim, Mindelheim, Neresheim, Oberdorf, Obenroth, Otto-
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276 Kurze systematische Ueberaiebt des
bcuern, Schwabmünchen, Stiefenhofen, Wallerstcin, Weissen-
ham, Werttngen, Westen^rf.
2) In Pfalz-Neuburg: Burghehn, HSchstädt, Lauingen, Neuburg.
3) In Oberbayern: Aichach, Friedberg, Landsberg, Rain, Sehwab-
hausen, Schongau, Weilheim (1405—1806).
D. KlöstiT utui Stift.f.
1) In Schwaben: Augsburg (St. Katharina, St. Georg, St. Ger-
traud und Urania, III. Kren/, Maria Stern, St. Moriz. St. Petor,
St. Slophan), Baumgärtl, Dillingcn (St. l'lndi, St. PettT, St. Dn-
minicus und St. Franciscii>), Donauwcirth (III. Kreuz), Kultt'ii-
barh, Füssen (St. Mang), (Jün/.biirg, Ilül/.cn, Lecliteld, Monheim,
Oborschönefeia, Wald, Woldon, Anbau.scn etc. (1 496—1 77U).
2) Oberbayerische Klöster (Gülerbesitz hn Hochstift und Streit-
sachen), Ursulinerinnen in Ingolstadt, KOhbach, RoUenbuch,
Steingaden (13. Jhdt. bis ca. 1804).
in. FOntbistlium Eiehstätt.
A. Hochstift.
1) FOrstbischdflichc Geheime-Rcgistratur-Akten; geistliche und
weltliche WQrdentrSger, Beamte, Dienerschaft (1699—1795).
2) Statthalterei- und Ministerialakten, Korrespondenzen,
Protokolle (1676—1807).
3) Judlzialakten und nachbarliche Irrungen (1757 bis
1799).
4) Akten über die bayerische Besitzergreifung des Hoch-
stifts und der Stadt Weissenburg (1802—1804).
f)) Toskanische und kursalzburgisc lio Ministerialakten (1803— 180">).
(i) Hofkamnicr-, Horratli?- und licgierungsprülokollo (1715 — 1805).
7) Kirchen- und Sliftsrechnungcn (1771—1810).
B. Domkftpitel.
1) Allgemeines: Wahl und AUeben der Bischöfe, Statuten,
Dekanats- etc. Wahlen, Erbämter, Lehensachen, Vcrwaltungs-
Sachen aller Art, Jurisdiktions- und Grenzstreitigkeiten, geist-
liche Sachen, Stiftungen, Ktöster (1305—1806).
2) Acmtcr: Abenberg, Herricdcn, Mömsheim, Obermftssing,
Uaitt iiburli , Solenhofen, Spalt, Wemsfels und Wolferstadl
(1376-1807).
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IiihaiU der liayeriachRU Landcäurcliive.
277
3) Rezessionalien (1484—1804).
(1 Klöster und Stifte.
Eiclislädt (Sl. Walpiirgr, .St. WilibaUi, Nolrc Danio, Dotiiitiikancr,
Jesuiten (1325-1805), Mariastein (1474—1802), Rebdorf (1452
bis 1806).
IV. Vorderösterreich.
1) Akten etc. über Territorial-, Jurii^diktions- und Grenzverhfilt-
nisse, Justiz- und Polizeig(^enstäiide, Kameralien, Verwaltung,
Kirchenwesen, Lehen, Munzwc.^en etc. der vorderösterreicliischeii
Lnnde iiberhau|)t, und speziell der Mark^rrafschatl liur^Mu
(Obeiainter Bur^'au und ( Jiiiizburfr), d' r lleiix'haften Tcttnang
lind Was>erburg, der Grat'schatleii Feldkin h und Falkenslein
(Hheinpf'alz); auch der Fugger'stben llerrschalten Kirchberg und
Weissenborn und der Gralscbaft Rothenfels mit Inunensladl
(1331—1807).
2) Oesterreichische Hofresolutionen Terschiedenen
Inhalte (1725-1791).
3) VorderOsterreichische Lehensachen (1573—1785).
•
Herrsohaften und Stftdte in Schwaben.
1. Sog. Bayerisch« KabineUiierrsehaften.
Schwabeek mit Amberg, Angelberg und Osteltringen, Iller-
tissen» Mindelbeim mit Hatthiess, Wertingen mit Hohenreichen
(11^-1803).
8. Reichspflege Wörth.
General- und Spezial-Akten (1422 bis 1815), Briefeprotokolle
(1647-1789).
3. H i' r r sc Ii a f t i'ii Illereiciiun und Kelaiiinlz.
Urkunden (1425- 17ü(i).
Fürstlich OelliDK<'»'äcbes Heus und Gebiet.
a) Oeltingen'sche Haussachen (1448-1806).
b) das frsll. Oettingen-Wallerstcin'sche Lehen Unterwaldbach
(1506-1870).
t) Klöster: Christgarlen ( 160;')— Kiöli), Iloehaltingen (1807),
Kirchheim (1544- lS(i;{), MaihinKen (Debitwescn 1807—1822),
Mönchroth (1464), Zimmern (1424—1552).
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Kune syalematbclie Uebersicht des
5. Sc Ii wfi l> i M' Ii (' II I' i r Ii s t i t t r r^c Ii ;i f I.
aj Dircklnriiim (itT <cliuälii>iln'ii lünt" Uitterkautone, Akten
und Koric^poiHit'iizi'n (1542—18071.
U) Kantone: Donau (ir)3!?— 1 ^O(i), Koilier (1545— IblHi), Hegau,
Allgäu und Boilensce (1441— 1Ö06).
6. Reichsstadt Meniniingen.
a) Urkunden der Klöster und Kirchen (1466—1797).
b) Akten und Urkunden des Kreuzberrnstifts (1319—1794).
7. Stadt Do II au Wörth.
Halli--. Bruts-, lleiralhs- elc. Protokolle, Sal- und Lager
büclier elc. (1595— 17 89).
VI. Fürstabtei Kempton.
1) A 11 e Ml e i ne - : Füislitljlc. Wahlen, llukli|^'ungen, WiinU-n,
Präljondeii, Abtei und andere Aeinler. Erhäniler. Kapitularien
Koadjutorien; (!ebi('ts;.'renzen; Privilegien; llalsgerichl; Akliv-
und Passivlehen; nachbarliche Differenzen und Vcrlräge; Ue-
formaticHis- *ond Visitationsakten, geistliche Sachen, Pfiurcien,
Benefizien; Studium (1277—1798).
2) Regierung: Verwaltungsakten aller Art über das ganze Ge-
biet und die einzelnen Aemter (1415 Ins 1804); Hofraths-
Protokolle (1582—1802).
3) Reichstags- und Kreisaklen (1409—1799).
4) Kaufheurer Akten: Religions- und politische Differenzen in
dieser Reichsstadt (16.— 18. Jhdt.).
5) Kemplener Keichsstadt- bezw. Ueichshotrathsakten:
IJillerenzen zwischen dem Stift und der ReiclissLadl Kempten,
Spitäler da.«^elbsl und Anderes (14S9— 17iK}).
G) .M 0 n 1 l o r t i s c h e Akt e n über die Ilerrsi hatten Hülhenlels
und Staufen, Königseck und Aulendorl (1452— 1ÖÜ4).
vn. Beiohsstifte in Soliwaben.
1) Augsburg, St Ulrich und Afra: Akten, Urkunden und Kopien
(1238-1.S25).
2) Elch in gen (1252 -1791) desgleichen.
3) Irrsee (1512—1803) desgleichen.
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InbalU der hayeruclieii Landenrchive.
279
4) Kaisers heim: Allgemeines (vom 12* bis 19. Jahrli.), Pflcg-
aml Gändcrkingen, Brief^rotokolle (1663—1786), HerrscbaR
Oberndorf und Elgau, Amtsprololtollc (1603—1789), Pflegami
Siilzdoif, Kontrakts-, Verhörs- und Obligationsprolokollc (170J)
bis 1801). Pflogamt Womitzsloin, Aiiils- und Konfrakls-Proto-
kollc (1723-1789), llofmark Ziigoslieim, ßriefprotokoüe (1729
fjis 17H9); Kaisheimischc Orts-Akti n.
5) Lindau, Frauenstifl: KotTespuiidc'n/.en und Url^undeu (1454
bis 1807).
ü) Xe res heim (1487—1791).
8) Ottobeuern: Allgenieines (111)7- -18(),)), lieiciislugsukten
(IG82-1795), schwäbische Kreisakten (1704— IbOI).
8) Uoggenburg (1294—1706).
9) Söflingen (1239-1808).
10) Ursberg (1143-1806).
11) Wettenhausen (1525—1819).
VIII. Deatsoh-Orcleii.
Akten, Rechnungen, Salbächer der Kommenden Abst»erg, Blumen-
thal mit Amt Weil, Dinkelsbülil, Donauwörth, Elling:cn, Eschenbadi,
nängholen, Clelchsheim, Noixllingen mit Amt Heindingen, \ürnlx;rg,
Oettingen, Postbaur, Regensburg, .Si hneiilbeini, Ulm mit Koplen-
bmg lind Zösclilngen, Vimsberg mit Amt Kelheim (14. JhdL bis
ca. 1806).
IX. Spesialakten.
1) Don au- Moos- Akten (1779—1822).
2) Regensburger Komitial-Akten (1787—1794).
3) Lchenakten des Hochstifts Augsburg, des Stifts Kempten,
von Vorderösterreich, und Bayern (1294—1859).
X. Landesdirektion in Ulm.
1) General- und Speziul-A klen derselben ül)er alle Zweige
der Verwaltung (1738 — 1814); tabellarische Verzeichnisse dia*
sammtliclK-n Land- und Palrinionialgerichte mit den dazu ge-
hörigen Ortschaften der Provinz Schwaben.
•Jj Protokolle: der Lainie^dircklion Ulm (1803 — 1808), des
(leneral-Landeskonunis.^aiiats von ."^«hwabt'n (1806 — 1807), der
Knegskouuuissiüu in Schwaben (1805—1807).
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i
280 Kurze systematische Uebersieht des
XI. Staataaohuldontilgungs-Spezialkasse Augsburg.
Akten, Rechnungon, Bächer (1769—1865).
ZII. Appellationagertoht su VwOamrg.
Akten fiber Konstitulrung der aufgelösten Herrscbafls- und
Pafrinionialgerichte im Oberdonaukreis, bezw. in Schwaben und Neu«
bürg (1808-1849).
Zin. Krelsreglerang«».
1) Rczatkreis: Akten und Rechnungen über die später zu
Schwaben und Neuburg gekommenen Gebietstheile (1641 bis
1831).
2) Altmfihlkreis: GeschäftsprotokoUe des Generalkommissariats
(1808 — 1810), Akten dieses Kreises, des Generalkommissariats
Neuburg, des Rezatkreises, und der Regierung in Amberg (1595
bis 1812).
3) 1 1 1 e i- k r e i s : Verwaltungsakten (1396—1848), Kriegs-Per-
iujuationsaklen (1795—1829).
4) Oberdonaukreis; Agrikolslalistik (1830).
5) J.aiideskoinmissariat Dillingen: Akten bis
1807).
b) S c Ii \v a \) (■ 11 und N e ii h u r fr : Akten und Urkunden der Re-
^Mcrunp vei:>cliied('iu"n Ui-lrclTs (1442 - l.S4I( i, Knniiiiuiuil- etc.
Sachen (lööö— 185Ö), tiiund- und Salbüclier, Kata.ster etc.
(1424—1809), Lehenbücher etc. (1451— I7ü8), Hauptrech-
nungen der Finanzkammer, Forst-, Wasser- und Landbau-
Rechnungen ete. aller Rentämter des Kreises (1803—1831),
Fiskalats-Akten (1808—1849).
XIV. Antiqoar-Begifltraturen dor äuaaern Aemter.
1. {{ epi er uiig^li e zi ik ."^( h \v aln' ii uiul Xoiifuirp.
Aklt'ii, IMolokollc, (lilt- und Salljüchcr, SIcuer- und Giiler-
brsclucihun^'rn, Hi'( hnuiijj^cii etc. last siUiiiutlichcr Landgericlilc, Ht?-
zirks- und IleiitiunliT des Kiei.se.s (12^4— IHljU), Akten des Forslaints
Mindc'lheini (1805—00;, For.slrüge-Verhandlunj;en der Landgerichte
(1807-1854).
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Inhalts der bayerischen Lanüe&irchive.
2bl
2. Kegioriingsbezirk Mittel f rauken.
a) Bezirksüniler: EU hstätt (Akten und RechnungeD 1611— 1866).
Beilngries (Akten 1699 - 1856).
b) Rontäintor: Eichstätt (Sal- und La{jrerl)üclicr, Güterboscliioi-
bungenetc . 1447—1805), Rechnungen (1580-1840), Weisscn-
buig, Akten (1616—1815).
a. Oberprals.
a) Landgerichte: Hemau (Brie^rotokolle 1613—1834), Parsberg
(Akten 1494—1825, ForstrQge-Verhandlungen 1823—1845).
b) Akten der Bezirks&mter: Burglengenfeld (1551— 1856), Neu-
markt 1544—1837).
c) Rentämter: Burglongenfeld (Steuerheschreibungen und Ilech-
nungen 1565 bis 1805), Hornau (Hcchnungcn 1630 bis 1803),
Hiedenburg (Akten, Register elu 1460— 18ö9).
(Fortsetning folgt)
XVIIL Aus stadtischen Archiven Altbayerns.
(Fortsetzung.)
IX. Amberg.
Von
Dr. Rapp,
KreisarcbiTar der Oberpbls.
Bei Gelegenheit einer bwpdction des oberpfälzischen ArchiTs,
welches in Amberg seinen Sitz hat, wurde das städtische Archiv
besichtigt, und erfolgte auf Bericht des V^lkssers dieser Mittheilung
von der Archivzentralstelle in M flnchen der Auftrag, von den schon
vorhandenen Urkundenregesten bis zum Jahre 14(M) herab Abschrift
für*s Reichsarchiv zu nehmen. Referent glaubte nun auch die Regesten
mit den Urkunden selbst vergleichen zu sollen, und wurde ihm zu
diesem Zwecke vom Plerrn nüigormeister mit der grössten Bereit-
willigkeil das ganze städtische Archiv eröffnet. An Urkunden ver-
wahrt dasselbe g^n 2000.
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282
Davon gehören »wei Pergauienturkundcn dem dreizchulen Jahr^
hundert an, beide von Pfalzgraf Rudolph. Die eine bestinunt für
Verbrechen Vergehen und Uebertretungen die Strafen: Arnberg am
ersten Mittwoch in der Fasten (3. März 1294). Das Siegel ist ab-
goii.s.son, die Urkunde aber sehr gut erlialteii und vortrefflich ge-
schrieben. Ahi^edruckt in Löwentlials Urkundenbuciio. In der
andern Urkunde erliiilt Alhurdus Bürger zu Arnberg sechs Morgen
Acker zu der newü Miil 7.u Lehen: higolstadl VIU Idus Februarii
129;') (6. Februar). .Mil aiihäng. Reitersiegel.
Aus dem vicr/i liiitcii .laliihiindert sind 261 Urkunden vorhanden,
vun denen nachlülgendc Erwähnmig vi'nlienen:
IMalzgraf Liidwi'^' der Hayt r (M-Ilicill der Stadt And)('iy die Frt-i-
lieit, dass Mfiuaiid innerhalb einer Meile um die Stadt Ilolzkolilcii
verkaufen oder aligebeu soll. Amherch an St. Lucientag (13. Dlz.)
1310. Orig. mit anhängendem, Jedoch stark beschädigtem Siegel.
Der römische König Ludwig stiftet zum Tröste flur arme Leute
das Spital in Amberg. Regensburg am St Jörgenabend (23. April)
1317. Orig. mit anhängendem Siegel, bei Löwenthal, auch in Reg.
boic V 356.
Dei>(>Il)o privilegirt die Stadt, dass die Häusersteuer sowohl in
der Stadt als in der Vor.sladl da.selbst nach der gewöhnlichen Sladt-
satzung entriclitel und nicht erbölit werden soll. Anibei-;: Pfintzla^' vor
OcuU (2;J. Mär?.) 1318. Orig. mit anhäng. Majesläl.'jsiegel. Abgedruckt
wie die niei.-leii notli rolgeiiden rrkiindeii im rrkutidenbueli von
Liiwetilhal, welelier aucii eine .Meiigf l'^ivile^'ie^dJe^tiiligun^'eIl , .Mess-
slilluiigeii, Sciiiedsiirlel und <leigiei(]ieM miltlieiU, welche, weil sie
lM>i allen Stadien ziemlich gleichen lidialts sind, hier nicht betont
werden.
Kaiser Ludwig bestinunt tür die Stadt eine jährliche Mai- und
Kerbststeutnr jede zu 90 Pfünd Regensbui^er Pfennig, und bef^it
die Bürgerschaft von jeder Pfandschafl zu Gunsten der Herrschaft.
Uegensburg an St. Pauli Bekehrung (25. Januar) 1323. Orig.
mit abgerissenem Siegel.
Derselbe ertheilt den Geistlichen der Dekanei Vilshofen einen
gefreiten Gerichtsstand und stiftet zum Scelenheilc seines Vaters in
der Pfarrkirche zu .Amberg einen Jahrla,.' mit gesungener Vigii.
Samstag nach St. Michaelstag (5. OkL) 1325. Orig. mit abgeris-
senem Siegel.
Dcrsellx> tjcgnadigt die Bürgerschall von Amberg mit einem
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Aua ütuilliäclien Archiven Allliuyerii.s,
283
gefreiten Gerichtsstand in der Landsclunnno bei Aiiiberg die du
hatzxet zu der E^ycheinstattden. Arnberg an St. Dionisientag
(9. Okt.) 1325. Orig. mit anhäng. Mojestftts-Siegel. In LöwenthaFs
Urictmdenbuch abgedruckt.
Kaiser Ludwig ertbeilt der handelnden Bärgerschaft zu Arnberg
Geleit- und ZoDfreiheit zu Wasser und Land in Bayern. Rom Mittr
woch vor Pahntag (23. Mftrz) 1828. Orig. mit uihftng. aber be-
schädigtem Siegel.
Derselbe begnadigt die Bürger von Amberg zur Förderung
ihres Handels, dass sie weder für ihre Herrschaft, noch fOr jemand
Andern pfandmässig werden sollen bei Strafe der Reichsacht. Geben
zu Rom Mittwoch vor Palmtag (23. März) 1328. Orig. mit sehr
gut erhaltenem Majestäts-Siegel. Auch Reg. boic. VI 252.
Derselbe ertheilt den Büi^m von Amb^ in ihren Handels-
geschäften Goleit- und Zollfireiheit zu W;isser und /.u Land in
Bayern. I'avia Samstag vor St. Bartholomä (19. August) 1329.
Orig. mit anhäng. Majestats-Siegel.
Hammerwerks- Kinigung zwischen den Städten Arnberg' imd
Sulzbach und (ien Bürgern zu Nürnberg, welche S< limiedw(>rke be-
sitzen. Anil)erg Samstaf; vor dem Palmtage (31. März) 1341.
Ori^rinal mit (\o\n Siejjel dfi Stadl Sul/.l)a(h. Das Amberger
Sladtsiegel ist aljgoiissen , ihigegen das .^ulzbaclier noch gut er-
halten. Sclir intoro-^sante und si'hön^'esclirieltt'rie Pergamenturkuiulc.
l!<'inli;u'd von Sickinueii, Vitzthum zu Arnberg', out-rlicidot eine
Stivilsache des l'liirh Kreniseli)runn . Hiii-^'ers zu .Viiiljer;/, gegen
(lölzleiu von tludi wegen des Zehent^ /Ji lUuh. (lel)en des uächslen
.Montags nach Simon und Judä (30. Oktober) 1340. Orig. mit
anliängendem gut erhaltenem Landgerichls-Siegel.
Klosterr ichler Hermann Winter zu Ensdorf entscheidet eine
Streitsache zwischen Meinhard und Ulrich Sippel, gesessen zu Tanham,
wegen einer Hofstatt und deren Verzinsung zu Tanham. Ensdorf
des Erchtages nach Inveniionis sct. cnicis (9. Mai) 1346. Or.
Die Herzoge Ruprecht der Aeltere und Ruprecht der Jüngere
gestatten der Bürgerschaft zu Arnberg das Halten von sechs Juden
mit ihren Angehörigen, deren Zins- und Steuer-Erträgnisse die
Hälfte die Herzoge, die andere Hälfte aber die Stadt einzunehmen
haben. Deren Bestrafung aber soll von b< id( rseitigen Beamten voll-
• zogen und das Strafgeld getheilt werden. Im Falle die Herzoge die
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2ö4
Kapp:
Juden in Arnberg nicht mehr dulden woUen, soll dieses der Büiger^
Schaft ein Jahr zuvor angekündigt werden. Am St. Valentinstage
(14. Febr.) 1347. Or. Perg.
Derselbe verleiht äen begnadigten Bflrgem das Recht, un-
gehindert, wo sie Erz finden, einzuschlagen und räumt ihnen die-
selben Ro( htc und Freiheiten ein, die ihnen auf dem Arzbcrg bereits
gestattet sind. Erlag vor Frauentag in den Fasten (22. März)
1351. Or.
Derpclbc vei onliiet , dass auf 5 Jahie kein Bürjrer 7A\ Amberj,'
mit einem Schmiedwerk oilcr Ar/manne in llandelsgesellsciiaft stehen
soll, und dass keinem Arzmanne in der Stadt der Ek'sit/, eines
IIammer> gestattet sei, ausser er erwirbt das liürfjerrecht daselbst.
Andjerg Freitags vor St. Gallenlag (14. Okt.) Lial. Orig. mit
anhäng, herzogl. Siegel.
Pfabgräfin Beatrix entbindet die Bürgerschaft der Stadt Amt>ei^
des ihr und ihren Anhängern wegen eines Bündnisses abgelegten Ge-
lübdes. Arnberg Freitag vor dem Oberstentag (4. Januar) 1354. Or.
Kaiser Karl IV. begnadigt im Hinblick auf die Dienste des
Herzogs Ruprecht die handelnde Bürgerschaft der Stadt Amberg
hinsichtlich des freien Geleits und Zolles mit derselben Freiheit,
welche in dieser Hinsicht der Bürgerschaft in Nürnberg ertheilt
worden war. Nürnberg an St. Andreasabend (29. Nov.) 1355. Or.
Ein Vidimus auf Pergament, worin Friedrich Dekan und das
t:;in'/o Kapitel der Kirche zu Bamberg die von Kaiser Friedrich 1.
den Kaufleulen der Stadt vei lieluiien Handels- uml Zollfreiheilen
besläli^'fMi und i)euikunden. Babenberg feria secunda proxima post
Lucie (14. Dez.) 135") mit anhäng. Siegel. Der Wortlaut des Ori-
ginals von 1103 III. idus Marth ist inserirl.
Herzog Ruprecht der Aeltere überlässt der Bürgerschaft der
Stadt Amberg die Einnahme des Zolles in der Stadt und vom Arz-
berg (Erzberg) mit allen Nutzen und Gefällen zum Behufe, die Stadt
mit Mauern und Gräben zu umget>en, und zu nützlicher Verwendung
auf andere zweckmässige Bauten. Dinstag nach St. Georg (25. April)
1363 mit anhängendem Reitersiegel.
Andreas Schöderl, Bürger zu Andjerg, Messverwaltcr der
St. Marlinskirche in Andjcrg, beschreibt und spezifizirt alle zur
Frühmesssliftimg auf dem Frauenaltar da-elbst gehörigen Zinsen
und (iillen. Montag nach St. Jacobslag (31. Juli) 1363. Or. mit
anhüng. Siegel.
Üiyitizcü by GoOglc
AuM ütftdüscheii Arcliiven AlUrayerns.
285
Pfalz^'niC Kufim lil der Acltore hcw illij:! dt r Sladl AinlxTg
jährlidi drei Mo>son und .Tahrnirirklo, d.iss die tTsfc am lMin>;>t-
abcnd, die zweite am St. Jakobsabond, und die dritte am kaltiu
Kircliwoihabend beginnen und jede acht Tage dauern soll; den hiezu
kommenden Kaufleuten soll freies Geleit gestattet sein. Amberg
FYeitag nach Mariä Geburt (13. S< i>l.) 1364. Or. mit anhäng.
Siegel. Auch Reg. boic IX. 107.
Burggraf Friedrich von Nämberg verweigert den Hammer-
sch mieden und Koblenfuhrem in seinem Gebiete toh jetzt bis
Pfingsten und von dort über drei Jahre freies Geleit Am
St. Dorofheenta? (6. FÄr.) 1366. Or, mit anh. Si(^;:ol.
Dasselbe geschah Ten Herzog Ruprecht und den Landgrafen
Ulrich und Johann unter gleichem Dalum und Jahr, ebenso von
Bischof Friedrich von Bamborpr unter dorn '25. März 1306.
Biscbof Ludwig von Bamberg eontirmirl den Hanuiicr^cbmieden
und Kolilenfnhrern und ihren Anprehörip^en ihre Hechte und Fri'i-
heiten. Band)erg am Donner.stag auf Johanns ante porl. lat.
(6. Mai) 1307. Or. mit anh. Siegel.
Ludwig, König von Ungarn, verleiht auf Ansuchen des Heiv.ogs
Ruprecht von Bayern den Bürgern von Amberg, wdche in Ungarn
Handel treil>en, die Freiheiten und Privilegien der Kauflcute von
Regensburg und Nürnberg. Pressburg am nächsten Freitag nach
Mariä Geburt (14. Sept.) 1369. Or. mit anh. Prachtsicgcl.
Eidesformel des Hammer-Vereins m Amberg 1378. Pergament-
streifim.
Friedrich von Strdtberg beurkundet, dass er in der Streil.<:achc
der Stadt Amberg gegen Erkingcr und Gndrcs von Saunsheim, dann
Wilhelm von Rebenburg, wegen Arrestirung und Abschrdzim}.' zweier
nür^'iM- von Amber? Ix'reits zu Recht erkannt hal)e. Dieii.Ntaij vor
St. Michaelsta? (24. Sej»f.) 1381. Oiig. mit anh. landfriedischcm Siegel.
Pfalzp:r;ir liiipreclit der Aelttre irestattet dem Magistr.üe die
halbe Kirnialuiie der Strat'geliier l)ei lieijnlichcM lleirathen o«ler bei
Ileiratlien, welche stattfinden, wo der Mann in einem Alt(>r unter
24 Jahren und die Frau unter 20 Jahren steht. Amberg corp.
Christi (5. Juni) 1382. Orig.
Herzog Ruprecht der Jüngere von Bayern reversirt, da» die
Bürgerschaft Nabburg fOr 700 ungarische Gulden bei Nflmbergcr
Juden Bürgschaft geleistet habe. Am Montag nach Maria Himmel-
fahrt 18. August 1382. Orig.
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28G
Rapp:
Her/.o<< lliiprcclit der ArlliMv i>rlaiii»l iiiid gebietet den liür^nM-n,
(las.s sie den Lulin mit den Ilaniniersclimiedeii festsct/.oii und nidit
mehr geben soUen, als festgesetzt sei, und im Falle Widerstrebens
soll den Hammerschmieden kein Erz von den herzoglidien B(»^n
gegeben werden. WOrzburg Mittwoch nach dem Sonntag quasi-
modogenili (20. April) 1384. Orig. mit anh. Siegel. Gleiche Aus-
Tcrtigung liegt auch von Herzog Ruprecht dem Jungem vor.
Einigung und Böndniss zwischen den Städten Amberg und Sulz-
bacli und den Bürgern zu Nümborg, welche Schmiedwerke besitzen, und
andern Hammerbositzern mil Vorordnunfri'n, Sat/unpron und TVstim-
munjren nbor die Kisenabgabe vom Kiv.herfr, die Verarbeitung desselben,
Arbeitslohn und Strafen gegen die Zuwiderliatidelnden wie auch ülwr
die Verwendung der StnifgeMer. Moiit.i'^' vor Sl. Krharlslag (7. .lau.)
1387. 0|-. III. Die Mitglieder der Kiniirun- h ilx-ii ihre In^ii irt'l an
den I>riet gehangen Monla^'s nach unser Frauentag l^i(hlint'<s
(d. 4. P'ejiruar) 1,'{ST. An dem ptT^-Miu. Kiniginigshriel liingen ur-
s|irinig]ich 7.) Siegel, wovon ")8 noch gut erhaUen sind. Al>gedruekl
in Lori Sannnlung des bayr. Bergrechtes pag. 65 — 74, jedoch ungenau.
Den Beitritt und die Vereidigung zur Hammer-Ordnung vom
7. Januar 1387 beurkunden noch mehrere Hammerbesitzer.
Der zu Amberg sesshaftc Jude Eberl verkauft an Friedrich
Tumpenhofor, Bürger zu Amlwrg, ein Pfund Regcnsburgcr Pfennig
jahrl. Zins auf seinem Hause zu Aroberg an derJudenschulc
gelegen. Am St. Achatiustag (32. Juni) 1389. Orig. mit anliäng.
Sla< 1 1 geric hl s-Siegel.
Jude Noö reversirt <len Bürgern und Rath der Sliidl AiMl>erg.
dasR er sich seines (iuthabens wegen mit densell)en verglichen und
gütlich Verl ragen habe. Am St. Antonitog (17. Januar) 13.^»U.
Or. mil zwei anh. Sic^'-eln.
nupreciit der Jün^MTe. Herzog' in FSayi n. reversirt, dass die von
seinen Vorfahren und Siihnen aulL'ericlileten Briefe, welche von dem
Magistrate in Anilx ig conlrasignirt wurden, dieselbe gesetzliche Kraft
wie die Originale haben sollen. Samstag vor Fastnacht (20. Febr.)
1390. Gr.
Pfalzgraf Ruprecht verleiht dem Dietrich Frölich, Bürger zu
Amberg, ein Fischwasscr gegen Ablieferung einiger Fische an die
Hofkuchc in Amberg. Am St. Laurenticn-Abend (9. August) 1398.
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Alis slfiiJlisrhen Arrbiven Althaymi«.
287
X. XI. XII. Inooittadt, Freislng, Moosburg.
Von
Marlin Mayr,
Akzossisl am k. Itfirlisaii hivi' in Mi'inclirii.
Ingolstadt.
Ingolstadt tritt bedeutsam in der Geachiclite Bayerns auf seit
der Mitte dos dreizelintcn Jahrhunderts. Es verdankte den Anfschwunfr
soinrs städtischen Genioinwosons der lx>«:on(lrren Huld Ileizof; fiiid-
wipr dos Strengen und Kaiser l.iidwig <l(s Bayern. In den Jahren
13512 1449 war es so^rar dio Haii|>lsta(it dos lloiv-o^thnnis I?nyem-
Ingolstadt und dir» sfändig^e Hosidonz von dn i Willelsbacliorn.
In dio^;or Zoll bofatid sirli oin oi^ioiics fürst liclio^ Arrliiv in In'^'f)!-
sladl, <ia Stojilian Iii., Lronaniil dor Knaüfol, hol Tlioilun^' der Itayori-
pclion Lande i. .T. 1392 auf I Icrau-'jrabo dos ihn trolVondon Antheils
an allen Schritlen j^odrungen liatto. Dos stroilbareji Hor7.<>f,'s Lud-
wig im Bart »Geheimschreiber und Archivar« war der Stadlpfarrer
Gabriel Glesein, der öfter Uriciinden sdnes Hemi mifbesiegelte. Dass
ein bestimmtes Lolcal fflr das herxogliche Briefgewölbe vorlianden
war, wird durch die Thatsache l>ezeagt, dass die getreuen Bürger
der Stadt Ludwig »dem Buckel« die Herausgatie der Schtässel moa
Archive seines Vaters verweigerten, worauf derselbe Gewalt an-
wenden und die Thure sprengen liess. So berichtet K. H. v. Lang
in seinor »Geschichte Ludwig» des Bärtijren« (1821) nach un^'e<hucklen
Dokumenten, nnd es ist darauf hinzuweisen, well dio anproführten
Thalsachen in K. A. v. Muffaf s »fJrundzüfren zur filtern (leschichto
d' i bayorischon Landesarcliive« (Münchener gelehrte Anzeigen 185Ö)
nicht orwälint sind.
Na( li(iotii In<:olstadt den (llanz oiiioi' liorzo^'lichon Itosidoiiz-tadt
verloren, ward iiini roirlior und bossoic r Ersatz durch dio blühondo
FTochschulo, die seit dein Endo des funfzolinlon Jahrhunderts erst ein
Verein igimgspunkt vieler Humanisten, sj)ätcr als die einzige Univer-
sität der attbayoisclien Lande ein Hauptbollwerk des Katholidsmus
in Suddeutschland wurde. Auch nachdem zu Anfang unseres Säku-
lums die Universität auf gedeihlicheren Boden versetzt worden, blieb
dodi der Stadt wenigstens die strategische Bedeutung: es ist jetzt
die mächtigste Festung im Südosten des neuerrichteten deutschen
Reiches.
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288
Mayr:
Solch wtrhsol volle wiclilipo Slolluii^r iiadi Aussen niussto auch
auf die innere Entwickelung der Stadl fordernd einwirken. Ingol-
stadt hatte eine ausgebildete Stadtverfassung, innerhalb welcher die
tGeschleehter« d^ Bürgerschaft sehr einflussreich waren. Das reiche
bürgerlidie Leben spiegelt sich wieder im Archive der Stadt, das
zum grSssten Theile unversehrt erhalten ist. Wenige altbayerische
Gemeinden haben so treu und sorgsam die schriftlichen Denkmale
ihrer Vergangenheil bewahrt.
Djis Aifhiv befindet sich im Ralhhaii>o: in einem Zimmor des
ersten Stockes eine Anzahl Sfandbüclior und Akten, in einem Partcrro-
pfcwolht^ (doni Lokalo d( r liegistratur und der Kasse) sämmlliclic
Urkunden und Uochnuntron.
llornil? lluhiicr ini rrsd'H Iloni' suinor zu Anliiiiu' uii<oro? .lahr-
liundorl> ci'.-chiciKiH'ii ».Morkw iirdlL'kiMton dor ciiurl)aiori>(iion ITaupl-
stadt Ingolstadt« rülnnf dio Hii(ltl^alti<,'koit der wolilvrrwahrton
Archivalurkundcn. Spider l'ertigle der roelitskiindigc Bürircrinoisfor
Lallinger von einem Tlieile der Urkunden R(«'esten an, die zwar
Gerstner in seiner Geschichte von Ingolstadt (l$ö2) noch benutzen
konnte, die aber jetzt Valoren sind. Ebenso wurde Idder zur Zeit
des Todes des genannten Bürgermeisters, der in die Mitte der vier-
ziger Jahre fiel, eine Anzahl Akten und Urkunden ohne Prüfung
als Makulatur verkauft Jetzt aber ist bei der Umsicht und dem
lebendigen Interesse, das Herr Rechtsratli F. X. Ostermair, der
I. Vorstand des historischen Vereins von Ingolstadt. Allem ontgegen-
bringt, was die Geschichte seiner Vaterstadt angeht, volle nürgschafl
dafür gog(>l)cn, dass solch traurige Veräusserungen oder £aüremdungen
in ZukiiiiH nicht wieder vorkommen.
Den uiiilanglich>teii inid wicht ij^sten Tlioil des Ingolstadter
Arcluvs bilden die l"rknndeii der Stadtgemeintie iiiid der zu ihr
gehörigen Stiftungen: sj,. sind mit den übrigen nesländeii der l'io-
gislratur sorgrältig und genau in einem sehr umfangreichen Reper-
lorium (iiand in Gross-Folio) verzeichnet.
Bekannt war davon bis jetzt eine verhältnissmässig geringe
Anzahl; erst Rechtsrath Ostermair gebührt das Verdienst, ihren In-
halt nach und nach der Oeffentlichkeit zugänglich zu machen. Die
meisten Briefe der älteren Wittelsbacher, vorab Ludwig des Bayern,
hatte jedoch schon der Ingolstädter SUidtsyndicus L. Hübner heraus-
gegeben, und aus seiner Arbeit habmi Mcdcrer, Gerstner, J. F. Böhmer,
Rockinger geschöpft. Es besitzt das Archiv noch 200 Original
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All» HUldlisclieii AiTliiven AlUiuyenis.
289
Urkunden aus dem vierzehnten, 300 aus dem fflnfeehnten Jahr^
hunderte, ungeföhr 200 haben sich aus dem sechzehnten erhalten.
Zum grosseren Theil aus Origmalen, Tielfach aber auch aus
Gq)ialbfichern hatOstermair im »Sammelblatt des historischen Vereins
in und für Ingolstadt 1. Heft 1876« 447 Pu fresten von Urlcunden
dos 14. und If). Jahrhundorts, und in tlon Jahr^^ingen 1874 und
1875 des »Ingolstädter Sonnt ajjsblattesc 724 Ilegeston aus der
gloichon Zeit, also im Ganzen, die kleino Zahl der bereits lickannlon
Slücko abgereehnt'l , unp^rälii- 1100 Urkundenauszüge imblicirl, ob-
wohl sich das bemil/li Material blos über etwas mehr als zwei
Jahrhuiiderlo ersircrkt.
Das Werlhvdllslc der Sammlung smd siebzt^hn Originalurkundoii
Kaiser Ludwig dos Bayern, worin er die Freiheiten der Stadt be-
stätiget oder erweiteH. Daran reihen sich weiter 8 Originalurlcunden
von seinem Sohne Ludwig dem Brandenburger, 9 von Herzog Stephan
dem AcHeren, 4 von Herzog Mainhard, 1 von König Wenzel, un-
gefähr 60 von Herzog Ludwig »im Bart«, 4 vrai Ludwig »dem
Buckel«, 7 von Kaiser Sigismund, 6 von K. Friedrich HJ. Besonders
die Briefe und Urkunden, welche der leidoischaflUiehe »Ludwig im
Barl* seiner überaus geliebten Haujitstadt gegeben, sind vielfach von
liohem Interesse, sowohl für die allgomoine Geschichte dieses meist
zu ungünstig beurtheiltcn Fürsten, als besonders niirb seiner Thrdigkoit
für die Kunst und die Ueberlragung französischer Industrie in sein
iMiyerisches I leimatland.
Aus den im Ingolslailter Stadtaichive befindlichen Standbüchern
sind, wenn wir von den /.ahlreichen erst im 17. Jahrhumlerte be-
ginnenden Kirchen- und Slitluti^'srecluiungen absehen, folgende als
l)esonders bedeutsam hervorzuheben:
1) Das allgemein bekannte herrliche »Privil^enbuch der Stadt
bigolstadt«, das alle von den bayerisdien Fürsten der Gemeinde
verliehenen Freiheiten enthält; es wurde im Jahre 1493, wahr-
scheinlich auf Veranlassung des geschichtskundigen Stadtschreibers
Andre Zayner begonnen. Der Ck>dex ist eine Pergamenthandschrift
in Hochquart mit 237 Folien, in Leder gebunden und mit dem
Wappen der Stadt verziert. Eingeleitet wird der Text durch eine
dör vielen im 15. Jahrhunderte verbreiteten kurzen Chroniken der
bayerischen Herzoge, worauf der erste, auch im Original erhaltene,
Freiheitsbrief Ludwig iles Bayern vom Jakobstago 1312 folgt. Der
vorletzte Eintrat; ItctrifTt den Ankauf des Universitätsgebäudes durch
ArvhivülUchc ZvUsvhtih. II. 19
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290
Hayr;
(lio StafUgoniolndc iin Jnhiv 1804, der letzte gibt die rl^'cnlirmdi^^o
Einzeichnung Sr. kais. Iloheil des Kronprinzen dos deutschen Reiches
und von Preussen bei seiner Anweseidieit zu Ingolstadt am 25. Aug.
1872. Was diese Handi^chrifl besonders dem An^'i- des Kunst- und
Culturliisforiker> interessant macht, sin(i ausser fjn/.i Inen -ehr schön
gearlieilfttii hiili.ilcii die. wir (>> scheint, meist ^^^Icicli/.cit ii: frunalten
liil(hii>sr von Iiij^olstiuiler Hathshrncn vom Kiidc des 15. .lalir-
hunderts bis zum Jahre 17T9. Rockini^'er hat eine uustührhcho Be-
schreibung in der »Bavaria« (I. <U7~800) geliefert, und v, Hefner-
Alteneck Proben aus den Porträts in seinen »Trachten des christlichen
Mittelalters! gegeben.
Eine Absdirift des Privil^enbuches von einer Hand des
18. Jahrhunderts befindet sich ebenfalls im Stadtarchive.
2) Handwerksordnungen aus dem 15. Jahrhunderte enthfilt ein
Papieroctavbanti von 115 Folien. Leider ist Bogen 21, der laut
des Inhaltsverzeichnisses die Ordnung der Steinmetzen enthielt,
heran sfreschnitten .
3) (lopialbuih der Privilegien der »oberen Pfiirre«; zu Infrolstadl,
mit 110 Blättern in Folio. be|,'innend mit Briefen Ludwig des Ge-
barleten und bald naeh dessen Tode an<:e!(>i:t
•i) Salbuch des Ileiliggeistspitals in liiLMil-tadt , Perpairienl folio-
band vi»n 125 Blättern, angelegt 1491), enthält Urkunden von 1319
bis 1591.
5) Grundlialaslcr der Stadt aus dem siebzelmtcn Jahrhundert.
6) Die Rathsprotokolle der Stadt beginnen mit dem Jahre 1523
und laufen von da an ununterbrochen fort. Sie enthalten eine
Menge werthvollen Materials für Culturgcschichte, dann für Genealogie
bayerischer Adelsgeschlechter. Sehr viel daraus hat Rechtsralh
Ostermair theils im »Sammelblatte des historischen Vereines in und
für In^'olstadt. II. Hefl. 1877«, theils in den Jahrgängen 1867 bis
1873 des »Ingolstüdter Sonntagsblattes« mit^^ Du ill
Zum Schlüsse ist noch (»in schwerer Verlust des Ingolstädter
Stadtarchivs zu notiren. F. A. Oefele hat im zweiten I?ande seiner
Seri|)tores rerum l^oiearnm die Besc hreibung' des Landshuter Erb-
foi^'ekrie-^'es von dem Ingolstädter Sladtseliieiber, Andre Zayner,
heraMs^i'^'(»ben, und /war, wie er ausdi fu klirh bemerkt, aus einem
Mamiseripte des Tabularinm lnfrolsl;idierise. Das Werk ist nächst
des Archivars Auffustin Kölner Aufzeit limmgen »lie wirhti}?ste zeit-
genössische Quelle über den unheilvollen Krieg. Die genauesten
Üiyitizcü by GoOglc
Aus stfldlischeii Arciiiven AlUiayerns.
291
Nachforscliunj(eii durch llcchtsralli Oslermair hatten leider niiP das
Ergebniss, dass die Handschrift seit wenigstens vierzig Jahren spur-
lo6 aus dem Stadtarchive von Ingolstadt verschwunden ist.
Freising, der Sitz des ehemaligen Hodistifts, ist mit besonderer
Betonnung als die »geistliche Stadt« geschildert worden, und mit
Recht. Das Büt^erthum tritt dort weit zurück vor der alle L< bons-
verhrdtnissc mehr oder minder charakterisirenden und tx-herrsciicndon
Macht dos liolion und nicdcM'cn Klerus. Diese Dürftifrkeil solhst-
standigor städtisclior Entwickelung spiegell sich aucli wieder im
Ärcliivo der Geinciiidc.
Die Urkunden nml Akli'u beginnen zwar bereits in der zwoilon
nrdfte des 14. Jalu-hiinderls, behandeln aber nur die gewöhnliclisten
lokalen Ereignisse und Rechls-Geschüfte, ohne für weitere Kreise, als
für den Lokalliisloriker, Interesse zu bieten. Was aus ihnen für
die Orts- und Kulturgeschichte noch zu gewinnen, hat PKchU in
seinen »Beiträgen zur Geschichte der Stadt Freising« (1877) verwerthet.
Die Archivalien suid un Magistratsgebäude in zwei verschiedenen
Lokalitäten bewalirt. Akten und Standbücher sind in der sog. alten
Registratur, einem dunklen und dumpfen Räume, anfgestdlt. Sie
sind weder zahlreich noch wichtig, und wurden vor einigen Jahren
von einem Srlneiber oberflächlich verzeichnet. Die bedeutenderen
sind Giltbücher der Stadt von 1517 und 1524, 21 Verhörs-, Vermilt-
lungs- und Silzun'^'sprolokolN* von 1572— K!')! , Tiirkensteuerrechnung
von 1001, ()berk;iniineranilsieclinuii;.'eri von 1(!05. ein Bür^'erbucli
von 1621 : aus.>ertieni noch eine gnisscre Anzahl von Hechnnnpen
des 17. und 18. Jahrhunderts über die zur Stadt gehörigen Kirchen
Spitäler, IJruderschanen und Aluiosenstiflungen.
Die Urkunden lagen seit Jahrzehnten unberülirt im Kas.-<alükale
aufbewahrt, ohne alle systematische Ordnung. Es smd im Ganzen
421 Stdcke, nämlich 317 städtische Urkunden (die älteste von 1362)
und 104 des Heiliggeist-Spitals daselbst (die älteste von 1378), die
grösstentheils von Th. Wiedemann im XI. Bande des Oberbayerisclien
Archivs und von Prechtl in seiner Chronik des Heiliggeist-Spitales (1877)
verdfSentlicht worden sind. Da der Magistrat Freising nicht die nöthigcn
Arbeitskräfte besass, um diese für die Lokal;.'eschichlc immerhin
werthvollen Urkunden bearbeiten zu lassen, so beschlossen die beiden
Gemeindekollogien hn heurigen Frühjahre auf Anrc^ng eines dortigen
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Gcschiehtsfreundes, des emer. Pfarrers Hm. Dr. Prechtl, nach dem
Vorgange anderer Stadtgemeinden den gesammten Urkundenvorrat h,
}?e^en Miltheilnnf^ oines g<'nauen Ropcrloriums und unter dem Vor-
behalt ungehinderter Benützung, an das kgL allgemeine Reichsarchiv • .
zu extradiren.
Mooabiirg.
Eine der ältesten Städte Bayerns mit reicher geschichtlicher
Vergangenheit ist Hoosbui^ an der Isar, der Sitz des ehemaligiHi
gleichnamigen Grafengcschlechtes, hi der G^nwart freilich einsam
und stille wie wenige. Das Arcbhr der Stadt hat seit Jahrhunderten
unter der Ungunst der Zeilen gelitten und ist völlig vernichtet.
Berichten doch die Lokalgeschiclilen, das.s bereits die Scliweden ihre
ITcidc in den herrlichen Münster des Gliorslitls SU Kaslulus ge-
slcllt und ihnen als Streu Pergamente und Akten vom Hathhause
untt'i- die Füsse geworfen. Was damals i\or Wuth der nordisrlieri
VerwLi.sUr etwa ihm h «'ntgangcti, das lioi zwei giosscn Fi ucrsbrünsteu
zum Opfer, W(.-l( lir einen betleiiienden Tlieil der Stadl mit dem
Rathliause in Aselie legten, einmal am 3. Mär/ 1702, das hetzte Mal
vor 12 Jahren am 13. Juni 18G5. Zwar 1T02 halte ein Ilalhsheir
das städtische Archiv noch retten wollen, er war aber selbst von
den Hauern des znsammenstörzcndm Gebäudes versdiättet und er-
drdckt worden.
(Wird fortgesetzt.)
XIX. fVagmentairisiche ErinneruD^^eii emes alten
Archivaiu
Voa
Dr. Louis Spach,
BesirlcmtrehiTdirektor In Strassburg.
(Fortsetzung.)
Ergehen wir uns ausserhalb der MaufTU von Strassburg, z. B.
in dem malerischen Hreusclilhal , betreten wir ein voti .ler FTasel
bewässertes Seil(>nllirdclieii , da Ireffeii wir auf ilie liel»liche, neu
restaurirte Kirche von Niederliaslach, und knüpfen natürlich an das
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Fragmentaruche Erinnerungen eines alten Archivars. 293
seluine (ieljändo die Gej^cliiclitc (l(>s HciKMiiklinor-Stifles ilfssolboii
Nniiicns. Die hierauf be/fiij-liclHMi, iiiclil ^'enule sehr zaIilreielieM, aber
i>edeutung.s.<ch\veren Dokuiiieiile lassen sich in vier Gnii)|)on einreihen:
1) Die Streitigkeiten um die Reliquien des h. Florentius, des
Stifters der ursprünglichen Abtei;
2) die unterschiedlichen Phasen derGrändong und des^edei^
aufbeus der Kirche im 13. und 14. Jahrhundert;
3) die juristischen Streitigkeiten mit dem Bisthum;
4) die StrettiglKiten über das Einkommen des Kapitels.
Wir befassm uns TCNrzäg^ch mit den zwei ersterwähnten Punkten.
Ein Eremit, der liellige Florentius, lebt unter der ausirasischen
Köiiifr?fanii]ie in der Einöde de? Haselthälchens, lioilt die erkrankte
Tochter Dagobert's (vorniuthlich des zweiten), wird reichlich von dem
königlichen Vater mit Hütern im Breuschthal beschenkt, hierauf als
Slrassburger Bischof inthronisirt (a. 678), und in St. Thomä gegen
Ende des 7. Jahrhunderts begralien.
Einer seiner nächsten Nachfolger im Bisthum, Rachio (783 bis
815), überträ^'t den Leichnam in das Ilaslaclu'r Kloster. St. Thomä da-
gegen behauptet steif und fest, die heiligen Ileiiiiuien selbst zu besitzen,
lui Jahr 1143 findet Bischof Burchard den Körper unversehrt in der
Graft zu Haslach. Nun beschränkt sich St. Thomä auf den Besitz
des Hauptes des Heiligen; das allein sei ihr in der That geblieben.
Dag^n bestätigt Bischof Berchthold von Bucheck (1860) die Existenz
der ungetheOten Reliquien zu Haslach.
Vier Jahre später lässt Kaiser Karl IV. die Graft wieder öffnen,
und nimmt den rechten Arm des Heiligen für seinen Reliquienschatz
in Böhmen mit; er kam vom Ottilienbei^ herunter; dort hatte er
sich ebenfalls mit der Wegnahme des rechten Arms der Heiligen
abgefunden '). Wenige Jahre später wiederholt Rudolph von Oest-
reich, Landgrat im Elsass, diese widerwärtigen Scenen; er entwendet
den linken V'orderarm des flaslacher Heiligen.
Das Interesse des Haslaclier Archivs giplell zuvörderst in liem
Neutjau der Kirclie, unter den Bischöleii Kurirad und Friedrich von
Lichtenberg, Bertholtl von Bucheck und Friedrich von Blanken-
heim*). Durch CIrkularschreiben oder Ablassbriefe dieser Prälaten
') L'avanl bras droit de Ste. Odile i>ar L. Spach. Slraiishuurg 1840. 4*.
') L'eglise de Nieder-Haslacli par L. Spach. Strassbourg 1854. Berger-
LemulU 8*.
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294
Spucli :
sind die Epochen des Baus und der Restaurationen genau bestimm-
bar. Bekanntlich hat in neuester Zeit Architekt Louis Boesvülwald
das ogivale Heiligthuni vollständig wiederhergestellt, nachdem das-
selbe viel erlittene Unbill öberstanden (1632. 1744. 1793).
WimkIlti wir unsrc Si lirillo nordwärts, so trt lTcn wir in Zabem*s
Nähe auf ein anilics Koll^iatslifl , auf Neuweil i i mit soiuen zwei
Kirclion von Sl. Addplii. und Sl. IVlor und l'aul. Gcschichle,
Uaiilm lind Ge^f^nd sind dunliau? niclil ^icicliartig mit Haslach;
das iM'trclli'nde Aivhiv ist um rin bcliruliHiclR's iviclilialti^er.
Ein Hiscliüf von Mcf/. Dio^'d, ein naliiriii'ln-i' .Sülm Kai'l d< >
(Irossi'n, briniit die 1 u-ruiuicn dis Ii. A<iil|ilius nacii Xriivveilor, uml
baut dii! von Bland zi rslöistc mciowin^ri.-clic Kirclif vun St. IVlcr
uihI Paul wietler auf. Im 112. .Jahriiundcil enlslolil die romanische
Kirche von St. Adelphi ; des Heiligen Gebeine werden dcnthln über-
tragen. Beide geistlichen Institute, die alte Abtei von St. Peter und
das neue Kolfegiatstifl von St. Adelphi bestehen eine Zeitlang neben-
einander, nicht ohne vielfache Reibungen. Der 28. Dessember 1495
bringt eine totale Umwälzung hi die bisherige Lage; eine Bulle
von Alexander dem VL säkularisirt die Abtei; in dem neuen Stift
geht St. Adelplii untcM-.
Dif Vorschmi'l/'.unt,' beider Institute war damals noch niclit ge-
boten. Dücii mit dem Jahr 1504 tratcMi die Schwierigkeiten immer
mehr an den Ta^r. Der Probst Rhynj>ruc]<er lag mit (tt ii .Stitlsherren
im Streite: i-r opl'eitc des Slil'tcs hileresscti dem Grafen von Manau-
ljiclitenl)er<:. d. h. dem weltlitiien lleriii der ."^ladl Neuweikr. WiUi-
rend der lul'ormations/.eil musste die Kirche St. Adelphi an die
Lutheraner ai)gej.'eben werden, unti verblielj seither diesem Kultus.
— In dem 30jährigen Krieg erfuhr das Slill die Unbill der Zeil.
Der Inhalt des Archivs besteht besonders in einer Masse von
Bullen und in Prozessakten mit Hanau-Lichtenberg. Die spezielle
Geschichte* der Stadt während des grossen Religionskriegs eri&hrt
einige Bereicherung durch Briefe Mansfelds und seines Obristen
Obertraut
In einer der Kanon ikatswohnungen lebte in den ersten Jahren
der Bourboiiis( hell Regierung der firanzösische kaiserlidie Kriegs-
ininishM- Clarke, Herzog von Feltre. — Die Revohition hatte das
Benedikt inerstill gcschlos.scn , aber den Charakter dt?s Städtchens
tiiclil verwischt: noch jetzt machen die um beide Kirchen sich
t;ruppirenden schonen Häuser einen günstigen Eindruck, sie stimmen
Üiyitizcü by GoOglc
FFagmentariscbe EriiineraiiKen eine» alten Archivars.
295
ganz zu der lieblichen Llnigehung. Üie ( lottcsliäuser bieten dem
liäologen einen ZieljKinkl zu belehrenden Ausllügen. Abbe Sliaub
hal dieselben ;,'ehr)iif,' berncksichlijit und in der Revue eutliülicjue
iUustriit. — Architekt Louis Uoesvillwald, dessen Arbeiten in Haslach
wir bereite erwähnt, restaurirte die unterirdische Kapelle von Sankt
Sebastian und gerieth desshalb gleich bei der Grändung der histori-
schen Gesellschaft mit einem geistlichen Gliede derselben hi heftigen
Streit Man konnte skh äber die E^poebe der GrOndang, mithin
über den Styl der Restauration, nicht einigen.
In Strassburg besteht noch das ausgezeichnet comfbrtable Ge-
hilude d(\-; Absteigeciuarticrs des Probstcs und seiner Sliflsherren;
das »hölel de Neuvilier« lial wenig von dem Bombardement gelitten
und ix'zeugt noch die splendide Existenz der ländhchen Kanonici.
Von minderer Wi<htigkeil sind die SliPIcr von Zaborn und
Surburg-Ilagenau. iMit dem ersh iii wurde das Hospital von Steige
vereinigt; das zweite von Surburg nach Ihip-nau übergelührl. In
dem Archiv des lelztern linden wir auf einem mit hübsch kolorirlen
Arabesken gesdmiückten Ablassbrief die Figuivu des Jesuskindes,
der liischöle Sankt Arbogast, und Sankt Martin (von Tours), beiden
Besuhülzom der rumanisclien Kirche. Ein schwarzer auf dem Schwoiss-
tuch abgeplagter Gbrlstuskopf erscheint auf der obem Bordirung.
Der BridT ist von Gregor, Bischof von Ostia, erlassen und reiht sich
an die merkwürdigsten Acten unsN^er kirchfichra Sammlung.
Surburg lag am nördlichen Rande des Hagenauer Forstes; am
Nordostende dieses Bezii^es stand die ehemalige von der iUustem
Kaiserin Adelheid hn Jahr 787 gestiftete Abtei Seltz, welche Pabsl
Sixtus IV. zum Kollegial stifl erhob. Ueber einen Theil der zahl-
reichen an die kaiserliche Schöpfung gesclienkten Güter verfügte
l.ndvvi^r XIV. zu Gunsten des Jesuiteukollegiums zu Strassburg.
Ablei und Stil't eifreuen sieii in unserer Sammlung keines aus-
gezeielineteii Ardiivs; nur das Andenken an die grosslierzige, schöne,
geistreiche Wittwe Otto des Grossen, die unter drei Kaisern aus
sächsischem Hause eine ilie (Jeschicke Italiens und Deutschlands
dominirende Rolle spielte und in romanhafter Legende verherrlicht
wurde, sichert ihrer elsässisdien Stiftung (dem römischen Saletio)
einen dauerhaften Ruhm. Als treue Rathgeberin ihres Gemahls, als
intelligente Stütze ihres Sohnes und Enkels, als Freundm zweier
ausgezeichneter BisdiÖfe von. Strassburg — Erchanbold und Wider-
hold — gULnzt ihr Name in den Annalen der Weltgeschichte. Von
Digitized by Gopgle
296
S{Nich :
diT Ablei Lh'^U'IiI niclils mclir. Die ehüiualigu mit i^rivilegien reich-
lich versehene Stadl ist zum Markttlccken herabgesunken.
Ein wahrer Lichtpunkt aber erscheint an der Nordspitze des
ehemaligen niederrheinischen Departements die merowingische Bene-
diktiner-Abtei Weissenburg, vormals zum Sprengel des Speyerer
Bisthums gehörig, und nachdem sie zum Kollegiatstift erhoben, in
der Hand der benachbarten Bischöfe, welche beide hohen Aemter
zugleich versahen. Die von den Merowingern reichbedadite Abtei
besass an bcidon Ufern der Laulor ausgedehnte Domänen, das
Mundat; ilir goliörtc dio röniisclie Thcnnensiadt Baden bereits im
achten Jalirbunderl. Mit dem alten Kloster ist, wie allgemein lie-
kannt. der Name des Mönchs Otfrit, des Dichters des »Krist«, eng
VL'ibunden. Im Mittelalter schreibt der Clnoiiist tMkliard Ar/t die
Annalen Weissenburgs des Städtcliens: denn am Fusse des gcist-
iielien Asyl- iialte sich nach und nach eine Bürgergemeinde gebildet,
die bald mit der Abtei befreundet, bald gegen sie im Kampfe lag.
Es ist wohl &nes der lebhaftesten, hislorisclien Dramen, das sich
hier im mitteirfaeinischen Gebiete abspielt. W^en doch die pfiU-
zischen GhurfOrsten in die Geschicke der Stadt und des Klosters
hineingezogen; wirft sich doch Friedrich der Siegreiche zu ihrem
Beschützer auf, und bekämpft sie später als ein leidenschaftlicher
Widersacher. Eine der originellsten Persönlichkeiten des 15. Jahr-
hunderts, der Marschall Johann von Dratt, im Felsenschloss Berwart-
stein oder Berhclstein ansässig, beeintiiuhtigl als Stellvertreter des
Churfürsten Philipp, auf Scliritt und Tritt, Abtei und Stadt, und
lüsst bei Mit- und Nachwelt ein unauslöschliclies, verfehmtes An-
denken, das sich /nr Legende ausbildet. Die schriftlichen Pro/esse
nml thatsächlicheii Streitigkeiten zwisclicii Marschall Dralt und
Weisscnburg schwellen an zu ma>seiiballeni Stolle in unserer Samm-
lung: der befraehtlichste Tlieil war abei- 'schon in den Jaiu"en 1815
bis 1616 ticn bairischen Koimnissai'en ausgeliefert.
Unter den Aebien treten mehrere scharfgezeichnete Figuren
hervor, wovon wir beiläufig Philipp von Erbach und Johann von
Bruck erwähnen. Romanhafte Incidenzen knüpfen sich an die Flucht
des letztem nach Baden, und an seine Rfickkehr in die kaum ver-
lassene Abtei, in die reuige Stadt Der lang hingezogene Kampf
mit Friedrich dem Si^reichen, die Vorfälle des Bauernkriegs er-
forderten — könnten wir uns darauf einlassen — eine ausführliche
Erzählung. Vier Jahre vor dem kommunistisdien Aufstande von
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Fragmentartiicb« Eriiuieningen eiut» alteu Archivars.
297
1525 und vor der ungcicclik'ii StialL', dk' der Cliinlürsl übii ilie
unt,'lückliclR' Stadl verhäii^do, war die Abloi von Tabst ('.Ifiiions Vll.
sacularisirt wurden und Küdiger Fischer, der Abi, zum Probst er-
hoben. Zwanzig Jalu- nachher (1544) erfolgte die Inkorporation des
Klosters Walburg mit dem StifL Dorthin zog sich der grollende
Probst zurflck, — denn die Reformation war ja in die Stadt ein-
gedrungen; dort beschlosB er seine beunruhigte Laufbahn. Zuletzt
▼ollzQg der Ghurffirst die Verschmelzang des Weissenburger Stifts
mit dem nahen Bisthum. Die selbstst&ndige Existenz der diemaligen
inerowingiscfaen Abtei ging mit Rüdiger zu Grabe.
Zu diesen Wandlungen allen bringt unsere Archivgruj)!«^ die
nöthigen Belege. Nd)en den Persönlichkeiten dieser Do]ip. 1-Würdon-
Iräger fesselt uns vor allem Lothar Friedrich von Metternich (1653 bis
1GT5), der, zuprleich Er/bischof von Mainz und Biscliof von Worms,
eine hervorra^'cndo Slcllc einnimmt, und seinem Homonym, dem
grösslen Diplomaten der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts, gleich-
sam die Bahn vorbereitet. Auch einem Hullen begegnen wir unter
diesen DopjX'Iprälaten (Franciscus Christoph, von 1743 — 1770). Den
Fürstbischof August Limburg von Styrum verscheucht die französische
Revolution von seinem Stuhle.
Den histoiisdien Gianzpunld der Abtei verlegen wir aber in
frühere Zeit, als die Aebte mit Stadt und Land, mit dem pflUziscben
GhurfÜrsten Friedrich dem Siegreichen und mit Philipp Krieg führten.
Die unheimliche Figur des Hans von Dratt, der, aus Thüringen
gebürtig, durch Vergünstigung seiner Patrone als Lokaltyrann sich
gebürdete und im Gedächtniss der geplagten Bürger als Bans Trapp
— der Pojianz der Kinder — fortlebte, er steht noch för uns auf dem
IJerlxlstein, oberhalb des Dorfes Erlenbach, in einem Seitenthal der
Hheinpl'alz. Ausführlich hat der verdienstvolle Forscher Pfarrer
Lehmann (von Nussdorf) dieses vor Zeiten mil)ez\vingliche Kastell bc^
sehriei)en. Drei übereinander liegende Stockwerke werden von dunkeln
in den Fels gegrabenen Kasematten gebildet; die Herrenwolmung lag
über diesen ei^^'nlliümlichen Magazinen, und von der Höhe schweift
das Auge über Waldhügel, herrliche \\ iesen und Weiher. Bereits
unter dem ersten Hohenstaufen bestand dort oben eine Citadelle;
in die zweite Hftlfte des 15. Jahrhunderts sind die jetzigen massiven
Ueberreste zu veriegen. — Der Abt von Weissenburg war bereits
seit ISÖO durch Kauf zum Herrn des Berbelsteines geworden; einer
seiner Nachfolger hatte das Schloss 1453 dem Schutze Friedrichs
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20«
S|>acL:
des Siogreidieti übergcbun; vor seinen unruhigen Nachbarn, den
Eckebrecht von Dürkheim auf dem Drachcnfels, wollte er sich Ruhe
verschaffen, Ixind aber mit eigener Hand die Ruthe, die auf seinem
und seiner Untergeliencn Rücken unbannhei-zige Striemen zog. Hans
von Dratt verheerte die Wälder der Ablei, störte den Fischfang und
das Fiötzen auf der Lauter; die unerträglichen Händel luunra bis
zu den Ohren des Kaisers und der lieiehstage.
Iii ncufstci' Zeit war das verfehmle Schloss in die lländi' eines
Mit^'lirds des lran/,r)sisiiien In-^lituls ük'ig("r:an*rcn. Unser Knni|)alriot,
der KunipüsiteiH- und Ciestliielil<clneiber der Musik, Herr CJeoi^
Kastner, halle sieh die Felsenhöhlen anjjreeignel, im Summer 1857
eini'^'e seinei Fieunile von hier aus in sein miltelallerliclies Besilz-
Lhum einij'elührt und in den KascuiaUen splendid bewirlliet. Er
wollte mit freigebiger Hand Nachgrabungen dort anstellen, ein ftüh-
zeitiger Tod vereitelte seine Pläne; dass sie zu erheblichem Resultat
geführt hätten, wage ich, nach Ansicht der Lokalität, zu bezweifeln.
Auf diese Seite hin sich zu illustriren, war Georg Kastner indess
nicht benöthigt; er- hat sich im musikalisclien Frankreich und Deutsch-
land durch seine gründlichen Abhandlungen und manche festliche
KoniiK)silionen eine Gedächtnisstafel gestiftet. In seiner Strassburger
villeiiartigen Behausung hat jetzt das deutsche OCQziercorps ein
Kasino zugerichtet^).
leh wende mich nun zu der Serie der Elsässischcn Abteien,
die nie ihieni kl<>sferlifheii l'rsprnnL,' untreu wurden; sie haheii alle,
Frauen- uud Munnsklüsler, bpuieu in unserer grossen Sainuilung
hinter lassen.
Uie Benediktiner xVhtei AltorlT, vi(>r Wegestunden östlich von
Strass|)iu'g, in l'ruchtbarer Ebene, in niässijjri'r Entfernung vom Ein-
gang des Breutichlhales gelegen, giebt uns heute iiocii ein Zcugniss
ihnar gesdiichÜichra Wichtigkeit in der wohlerhaltencn romaniseh-
ogivalen Kurcfae. Von dem Grafen Hugo von Dagsburg, des Pabstes
Von den Freunden Kastners, die mit ihm auf dem Berhelstein a. 1867
Utfellen, ist Schreiber dieser Zeilen, m) lauere es y'-t'^n n\n^, «1er ein/.ij? Ueber^
leitende. — Auf das (leriihlswcson der Stadt Wcissenliur^' kiitui ich iiiiili hier
iiiclil uinla^^eii; icli beächeide tiiicii uul' eine meiner Muno^p-apliien hinzuweisten
(L*ahbaye de Wissenbourg 1857 Strawbouig, LevraulU Oeuvres choisies DI,
1 u. IT.). Für die Anii(|uiUlten der Stadt und ITmg^end ist wohl Prot Ohleyer
der bewährteste Forscher.
Üiyitizcü by GoOglc
FrapnenlarUichf Eriniieniogen einiw allen Arcbivara.
299
Leo IX, (Jrossvaler, },'c^iundct (a. 060) weist liit' Al)lei in iiiiciii
Archiv eine kai.serliclie Urkunde Otto des III. auf (u. 99!)), der Kaiser
bestätigt eine Schenkuiii; zu Gunsten des Klosters vom Edlen Nenie-
dicch ausgegangen. £in halbes Jahrhundert nachher erlässt Pabst
Leo IX., welcher damals das Ebass bereiste, und in der Altorffer
Kirche am Grab seiner Ahnen gebetet, eine Bulle tm Bestätigung
einer andern vom Grafen Eberhard ausgegangenen Schenkung an das
Kloster. — Urkunden von Friedrich Barbarossa (115d)t einer Aebtlssm
des Klosters der heiligen Klodeswinde zu Metz (1171), eines Grafen
von Pfirt (12H5\ eine Reihe von pftbstlichen, bis auf das Jahr 1523
herunterreicliendi'n Bullen, vergrössern die IJesifzlliümcr des Gottes-
hauses; doch mit dem 15. und IG. Jaluhundert ist die Abtei schon be-
deutend herabgesunken; das ersehen wir aus den lateinischen Allortler
Ephenieridcn , welche der Priester Amandus Trensz im Jahr lUlT
auf^'ezeichiiel. — Die pittoreske elegante Kirchs litt viel in den
kontessionellcn Streitigkeiten, die den dreissigjahrigeu Krieg ein-
leiteten. Sie war, gerade vor dem Jahr 1617, mithin vergebens,
restaurirl worden.
Ebcnl'alls in einer Ebene, nördlich von Schieltstadt, 11^ oder
vielmehr lag die Abtei Ebersmfinster. Die jetzige Kirche, obgleich
ihre beiden Thfirme, aus dem 17. Jahrhundert, hoch hinaus ms
Land schauen, bewahrt keine whebliche Spur der Vergangoilieit
Auch das Archiv wurde in der Revolutionszeit bdnahe ganz ver-
zettelt Als Fabrilumten alterthumlicher Urkunden waren die Mönche
von Ebersheinmiünster berüchtigt. Nach der hieratischen Ueber-
liefcrung gründete der heilijre Deodat dieses Kloster (a. 667); ein
austrasischer König, Theoderich III., bedachte es mit Schenkungen.
Der deutsche König Arnulph empfiehlt die Abtei dem Schutze des
Bischofs von Strassburg. So viel zur Geschichte. Bei uns reiclu^n
die älttsteu Dokumente bis zum Ende des 13. Jahrhunderts hiuaul.
Dil' Bullen und bischöflichen Uricfc lauten von 1297 bis 1749. —
Das merkwürdigste Dokument ist wohl ein im Jahr 1415 von SLiftern
und Klöstern geschlossenes Bündniss gegen den verschwenderischen
Bischof Wilhelm von Diest Unter den Erbschaflsinventarcn des
Klosters liegt ein Notariaisakt, die Verlassenschaft des berähmlen zu
Schlettstadt verstorbenen Geschichtschreibers Beatus Rhenanus b&-
treffend; seine m Ebersheun ansässigen Erben hatten die Abfassung
verlangt. Der Name des Mannes flbckt die Waare.
Sebastian Brant erscheint als Schiedsrichter in einem vom
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300
Spach :
SUuäsbut^'er Sletluicister erlassenen Akte. — Das Jahr 1546 weist
&n Kompromiss vor zwischen dem Äbte und den Rhdndamm-
inspektoren von Markolsheim. Das Kloster hatte Beiträge zur
Regelung des launenhaften Flusses zu entrichteUf und der Abt wurde
durch die Experten zu semer Verpflichtmig angehalten.
Als ich im Jahr 1842 oder 43 die Gonelnde Ebershehnmihuler
besuchte, und bei dem Maire zur Einsicht des Kommunalarchivs
vorsprach, fand ich den ländlichen Würdenträger aur einem Lehn-
sluhie schlummernd, oder die Soninolenz yorschüizend zur Ent-
schuldigung seiner einsylbigen Antworten. Es war eine acht cisässische,
gedrun^'cne I3auerngcstalt mit pfiffigem Ausdruck. Ich konnte mir,
oline dem ^'calterteii Manne grosses l'ni-echl in GedaiikcMi anzuthun,
nur einiMlilcn, er lialx' sicli ein halbes Jalirhundert /.uvor an die
Kloslerstüriiicr gereilil, und zur »legalen« l'lüudeiei der Akten Ix'i-
getia^'eii. Befjinde ich micli auf einem Iirweg, so bitte ich den
Abgeschiedenen um Vergebung für meinen psyciiologislien Argwohn.
Einen ganz eigenen Charakter bietet die Abtei Mauersmünster
(Mauri Monasterium), wie denn auch diese Serie der Pergamente
und Scripturen eine Reichhaltigkeit ausweist, die wü* bei andern
Klöstom vermissen.
Es ist zuvörderst das älteste im Nioderrhehi. St Leobardus,
ein Schüler des h. Kolumban, gründete dasselbe am Ende des
7. Jahrhunderts. Maurus, ein Schüler des h. Pirmin, war nur ein
Kefbrmaior und zweiler Gründer.
Leobardus gehört zu der Schaar der giaubenseifrigen Frommen,
die von Irland ausgegangen sich liurcli Belgien, Gallien, die Schweiz
verbreileleii, die Wälder und die Sooleii Ii« hielen und, nach dem
Muster des irisdien Asyls von Kildare. Doppelklüster stiffeten, worin
geistliciie Brüder und Scinveslern dem Werke der Heiligung in Ixj-
tiaclibarten Gebüuli( likeilen oblagen. Solche Vereine (imden sich
/.. Ii. in den Klöstern von iNivelles, Maubeuge, Remiremont; so er-
scheint uns Maursmünsler, seitdem, auf einen wundervollen Traum
des Probstes Richwinus hin, in der Nachbarschaft des Männer-
klosters, auf dem Sindeisberg, ein FVauenklostcr gegründet worden,
und, durch die Bande einer ädit christlichen Kommunion, täglich in
Gebet und Gottesdienst die männlichen und weiblichen Konv«itna]en
sich denselben Regeln unterzogen.
Iis dtfriehaient les änies et les terres, sagt Henri Hwrtin.
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Fratnncntarifiche Erinnerungen eines allen Arcliivars.
301
Iionisiren mögen wir in unserer glaubensarmen Zeit solche .zu
gegenseitiger Heiligung eingesdilagenen Wege. Nicht zu diesem Ende
berOhre ich an dieser Stelle die Gründung des weiblichen kloster^
liehen Filials auf dem Sindeisberg bei Maumnünster (1123) und
dessen foierlicho Uobergabc an dio Schwestern durcli Thcodewinus,
einen päpsllichon Legaten (a. 1135). In unserm Archiv bezielit slcli
auf diesen Akt ein originelles Polyptichon, wohl eines der IxMli ulenil-
sten Slücko (Ut ganzen .Sammlung. In .seiner nhorn Ablheilung
führt (>s uns ein Abl»ild der ronianistlien Sindenuskirchc vor Anp'ii,
und in .seiiu-n (hirch (Jiierlinit'ii abgezirkelten Hüuinen eiitlirill es die
Aufzeichnung der UMilii'rliegenden Klo.sfergüter. In .seiner ))olychr()mi'n
Fassung ist es dem Auge wohlgerällig und für die Lokalitäten
geographisch bemerkungswerlh. Mauersniünster und der Sindelslx?rg
gdidren nicht zu den schSnsten Gegenden des Elsass; nur anmuthig
and diese Wiesen, Thalgründe, Rcbhügel, ßauuigrupix^n , kleinen
Wasserläufe, Steinbruche und die Umrisse der nadien Vogesenkettc
mit ihren Schlossruinen; bedeutsam aber für die Geschichte des
Klosters bleiben die Ueberreste der mittelalterlichai Vwzeit; hausten
doch dort oben, am Rande der ehemaligen Marca Aqiütaniae die
sogenannten Schutzherren, die Geroldseck, die ihren Schirm durch
Eärpre.s.sung bethätigten.
Der Sindeisberg bestand in seiner abgozwoigton E.\islenz drei
Jahrhunderte lang; im September 1488 fand .sich aber der Bi.schof von
Stra.ssburg bewogen, dessen Kirche, Kloster und Güter dem Haupl-
kloster von Mauersmünster wieder zu inkorporiren. Vermuthlich
hatte im Lauf des letzten Jahrhunderts die Zald der hilfsbedürftigen
Nonnen abgmommen.
Nicht nur mit seinen Schinnherrn lag der Abt oftmals in StreiL
Die Idnle Pfarrkirche, zum h. Alai tin, schuldete dem Prälaten ver-
schiedenartige Dienste, dies mochte Ifisshelligkeiten veranlassen; der
Bisehof Hehirich von Veringen machte der Uneinigkeit durch Em-
Verleihung ein Ende und berief sich auf die Anarchie und Noth
der Zeit Stand man doch am Vorabend des Lfiterregnums.
Solcher Verschmehningen benachbarter Kirchen und Kapellen
mit Mauersniünster erfolgten viele.
Mit dem Priorat von St. Quirin am westlichen Abhang der
Vogesen stand die Abtei in «lit kliM und immerwährender Ver-
bindung. F? war dasselbe durci) den Abt Adelo ursprünglich als
Wallfahrtsort, ungefähr um dieselbe Zeit wie der Sindc]sl>erg ge-
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.302
S|meh :
gründet, und durch einen Metzer Bischof eingeweiht; beträchtliche
GQterkomplexe häuften sich nach und nacli um das jenseitige kldntf
Sanktuarium, in der »Ungeheuern Einöde der Vogesenc, — nach dem
prägnanten Ausdruck einer Bulle Alexanders des Dritten. Konflikte
mit dem Motzer Bislhum blieben nicht aus; hrmfiger nocli wurden
sie unter französischem Regime: die Konventualen und der Abt
wurden systematisch von dem Pariser Parlamente abgewiesen, und
zuletzt ausgestossen, zurückgesendet mit Sack und Pack nach Mauers-
münster.
Die tVanzösiscIio HtyicMung geiicth allcrwc^'fMi der Abtei zum
ünsegen. In einer Abtswulil. im 18 .lahrhmuiert , zwischen Paler
Herb, dem Kandidaten def Koiiventshruder, und pere Anselme, dem
Schützling der Rohan, konnte die Entscheidung von oben her nicht
zweifelhaft sein. In den abgeschlossenen Bezirk eines Klosters spielte
der Streit zweier Nationalitäten hinüber.
lieber diese Vorfalle berichtet ausführlich unser Archiv. Bereits
vor 36 Jahren wies ich auf den Zwiespalt hin, ahnte aber nur
halbweg dessen künftige Bedeutung.
Im Laufe des Sommers 1841 besuchte ich zum erstemal die
monumentale, damals sehr beschädigte Kirche von Maursmunster
und befand mich unversehens auf dem westlichen Rebhügel vor
der verwatu'losten Kapelle des Sindeisberges. Die geschichtlichen
Schätze, die ich im »Fonds de Marmontier« vorfinden sollte, waren
mir /.Hill Tlieil noch unbekannt. Die polychromen Bilder des Srndels-
1)1 r;/es iM'feuerten mich zum Fürt.-('hreit(>n in der o(\ ornnldenden
Kolligendenserie , der Kigenthuiiistlfcl und Prozeduren. Die trost-
lose Umgebung der elieiiiali^M^n Abteikirche, die armseligen in die
Klostergärlen hineingezwängten Hütten erschienen mir nur als
malerische Symptome dw Vergänglichkeit aller Grösse. Späteres
Aufräumen und Restauriren im Gotteshause und dessen Nachbar-
schaft begrüsste ich von ferne mit Freuden; unauslöschlich aber blieben
mir die ersten Eindrücke — einer kleinen Entdeckungsareise ver-
gleichbar. — Die kürzlich in Restauration begriffenen imposanten
romanischen Portale habe ich nicht persönlich in Augenschein ge-
nommen, darf aber glaul^en , dass alles in harmonischem Einklang
mit dem Ganzen^). Das Innere ist zum Theil in gothischem Style.
•) Die Vorlii'oriin^'' ii . \\. lcin' die AIiIim im Raiicnikrioi.' frlillfii, sifirl Im*-
üctirieben in der Chronik de» Vokjr de Serouvill« »Hisloire de rexpedition du
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Fragiiieiitarisch«' Eriimeruiigen eines allen Archiviunt« 303
V. Kraus, Kunst und Altertbum, I pag. 149. (Beschreibende
Statistik der Bauten des U. Elsass.
Ich muss meine Leser noch einmal in den kaiserlichen Forst
von Hagenau zurückfahren, in diese Silva sacra, wo sich evangelische
Sendboten frühe ansiedelten, und auf mehreren Punkten, besonders am
Nordrande, KlOster und Kapellen erhoben. In der östlich von Pfaffen-
hofen gclo^rmon, jelzt gänzlich verschwundenen Abtei von Neuburg
ist biTcits die Geschichte der Gründung merkwürdig (1128). Es
Imüpfen sicli daran die Namen Relnbolds, Grafen von Lülzolbnrfr,
und Friedrichs. Iler/og^s von Schwaben, Vaters von Friedrich Roth-
barl. *Aus der Abtei iNeulnir^ irin^'i n die Klöster Manlbronn und
Ilerrenalb hervor; au( h Lichlenlhal bei Baden stand unter der Ob-
Imt der Neuburger Aebte.
Das Spezialarchiv dieser I3e'nediktiner weist jetzt noch iwei
Gruppen hOchst interessanter Dokumente vor; die eine besteht aus
einer Reihe von Kaisem und hohen Persönlichkeiten erlassener
Privilegien, die Rheinschifffahrt betreffend*), von 1223 ab, bis auf
Kaiser Sigismund. — Neuburg ist befugt, eine gewisse Quantität
Weins und Korns zollfrei auf dem Rheine auszuführen und dagegen
Häringe und Salz einzutauschen. — In die zweite Gruppe reihen
sich die Privilegien über Forslrechl und Viehbelrieb Im Hagenauer
Wald; diese Akten erstrecken sich von Karl \V. bis auf Ferdi-
nand II. Wichtige Palronatsrichte sind dem Kloster zugetheill.
Von dem Iluntgcld , einer läslii^'en Hesteuerung der Jagd, und der
Herberge, der Finquarliruii^' der ükliiizen, ist die Abtei durch die
Familie der Luxemburger befreit.
Dit ^e (lesamnüheit von DokumenU'U konsliluirt für das alte
Ilciligllium ein prächtiges Vermächlniss. Der letzte Ali! konnle sich
kaum in die revolutionären llmwäl/.ungen fügen, und noch im
letzten Augenblick verstand er keineswegs die unumstössliche Be-
deutsamkeit der Fakten.
due de Lomine en Alrace« edirt von Hm. Lepagc, Art hivar des Meurlhe-Depar-
iMnents, und »L*ablwye de HaitnonUer et la ehapelle de Sindelsber^c mit ehromo'
litho^phischerlUualmlion, Stmssburg bei H4'r^'(>r-Lcvrniilt, 18G0, 8«. vom Srhreibor
iHrP4>r Zeilen in «pippii rtpiivr*»*ä rlinisiH<.: III. p. 57 <i. IT., iiml in «Ifiii Hiillflin
de la societe de« iiioiiuiiK uts hi.storii|iit?s d'AIsace, wo er die erste Millhcilung
msehtp. VoU IV. (I, Seri« ), |.. 117.
') L:i navigation du Rhin Tom Schreiber dieser Zeilen: Oeuvre» cholsies
Tome III, p. 161 und im BulleUn de la Soci6t^ hislorique d'Akace.
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m
Spuch:
Auf der Nonhveslsritr des Forste?: liegt oder vielmehr lag das
Kloster von St. Walpuryis (Walburg). Dossen Stiftung geht wahr-
sdioinlich auf Friedrich, Herzog von Schwaben und Klsass, und auf
Peter von Ivfitzflburfr zunu k. Im Jahr 1473 wird die Klosterkirche,
die noch jetzt iiiil ^cliöncn (Ilasmalereicn gesclmiückt ist, durch
Berlrand von MülliMiheiin iL-novirt (1-473). Sie cnt^^iii^'^ dori Ver-
heerun^'cn des I^aiicrnaulslainlcs. Ohi^n schon erwähnlen wir (he
Fnkorpnralion mil dfin Stift WeisM-nhurfr; in der Folrjc kamen die
(Jülcr Walhurj,'s an «las bischöfliche Seminar, drauf zuiji Iloclistifl
Slrassburg, zuletzt in die Hände der Grescllschaft Jesu.
Aus einer kaisaiiehen Urkunde Baiimrosras, in Ronca||lia er-
lassen (a. 1159) ersehen wir, dass in demselben Kloster die Bo-
gräbnissstätte Friedrichs von Schwaben lag. Zahlreiche, sogar aus-
wüKigc Güter, z. B. Ueberlingcn am Bodensee, werden vom kaiser-
lichen Vater des Stifters verliehen; das Kloster behält das Fischrecht
in den Weihern des Waldes, und dieselben Betriebsrechte, die der
vorgenamifen Al)t('i Neubnr}; zukamen. Päbstliehe Bullen und
fTir-lliche Privilegien ziehen sich rit)er geraume Zeileijocheii hin.
Auch ein Indulgenzbrief, von siebzehn Bischöfen im Jalir 1349 er-
lassen, beglückt diese bevoizugle Kirchi'.
Pis in letzter Zeit bewalirte sie einen .Mol)iliai"schmuck, eine mit
vii'i'/elin Slatneffen verzierte ll(jstieiikai»sel, deren b<'nrithigte lle-
stauririing das Coniitc dei- hislorisch-arclirtülogischen (ieM'llsehafl
übernahm (IStiB bis liS71). Aus der Kasse des W'rcins wurde
eine namhafte Summe an das Werk verwendet; und so zufrieden-
stellend auch die Ergänzung der BiMhauerarbeit ausfiel, so gab sie
doch zu Erörterungen von Mitgliedern des Oberrheins Anlass. Man
fand in der Ausgabe für einen einzelnen kirchlichen Schmuck das
Ueberwiegen klerikalen Einflusses. Zwischen widerstrebenden, hin
und her fluthenden Elementen hatte der Vorstand zu laviren, und
entging nicht dem Vorwurf der Parteilichkeit
Treten wir aus dem Umkreis des Forstes in die Stadt Hagenau,
da Anden wir dort ein Prämonstratenserpriorat, dessen nrs)irüngliche
Stiftung sich an das ältere Ilagenauerhospilal anschliesst. — Vor
seinem Krenzzug hatte l>arl)arossa diesen Zufinchfsoil für Hilfs-
bedürftige gegründet*); die kaiserlichen Privilegien beginnen mit dem
') Xiciil m verwüclisfiii mit ileiii aniiu 132d gogründolun Sladtliospital.
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Fragmentarische Erinnerungen eines alten Archivars.
Jahre der Stiftnng (1189) und laufen bis zur Regierung Sigismunds.
Zwei polyehrome Urkunden, Ablassbriefe, den Schenkungen des
Surburger Stiftes ähnelnd, aber in der Ausfuhrung mangelhafter, be-
ziehen sich auf diese Kongregation. Wir enthalten uns einer näheren
Beschreibung dieser im März 1503 erlassenen Briefe.
Der Karthuuserorden hatte sich westlicli von Strassburg ftuf
dem sogenannten Bühl angesiedelt; von dort wni-dc er vom pro-
lestantisclien Magistrat verjagt, und siedelte in die bischöfliclie Stadt
Molsheim hinüber. Ins Unendliche dehnten sich die Zwisitigkolton,
die nach dieser Vergewaltigung entstanden. Der Kaiser, der König
Heinrich IV. von Frankreich, der Prior der grossen Karliiause in
den Alpen des Dauphines mischten sich in den Streit und suchten
nt vermitteln, es galt einen beträchtlichen Schadensersatz. Die Sache
wurde durch Kompromias beigelegt. Heinrich der Vierte war Schuldner
der Stadt Strassburg; er verpflichtete sich, gemäss einer Uebertragung
dieser Schuld, den Karthäusem eine Rente auf die Steuern In der
Normandie anzuweisen.
Nicht Obel versorgt an irdischen Gfitem waren die bei obigem
Prosess gegen Strassburg in Mitleidenschaft gezogenen Karthäuscr.
In unserem Fonds liegen nicht weniger als siebzehn Kopialbficher
in Fol., alle auf ihr weitläufiges Eigenthum t)ezüglich. Die Güt<'r-
(•rncnerungen erstrecken sich über sechszig Oertliclikeiten : die Pacht-
zinse lauten auf sechs und fünfzig Gemeinden. Daniit war aus-
zukommen, auch für ein grösseres Kloster. In der Karthause von
Molsheim waren die freien Künste nicht unterdrückt; arbeiteten doch
daselbst die Gebrüder Link, deren leine zierliche Glasmalereien
während der Uevolution nach Strassburg gebracht mid dort in
dem Chor der Stadtbibliothek sorgsam bewahrt wurden. — Auch
diese Heisterstfickc gingen in der August -Katastrophe in Rauch
auf.
Ich weiss nicht mehr genau, war es bei der Besprechung der
Karthause oder irgend eüies andern geistlichen Ordois, genug, ich
Pflhlte mich bewogen, die geschichtüch und. besonders psychologisch
begründete Existenz dios^T Asyle im Mittelalter und selbst in der
Neuzeit zu behaupten. Der Redakteur des Niederrheinischen Kuriers
trug kein Bedenken, meine unmassgebliche, aber tolerante Ansieht
slehn zu lassen, und wurde dosshalb von einigen Ultrafreidenkern
herbe getadelt. Er bat mich blos, behutsamer zu sein. Den Vm-
ArehlvalUvhe ZeiUchrUt II. 20
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306
SpMh:
stand erwähne ich nur zur Amloutun^,', wie schwierig hier zu Lande
dieses Torrain, und wie der gemässigteste Referent sich zurufen
muss: incedo per ipncs.
Ich kann die bischi')fli< hc Stadt Mnl-^hcini nicht verlas-cii, bevor
ich ein Wort ülx>r da.s so^'cnannte »College lie Molsheim« ffc-sprochen.
Ich sage: bischöfliche, obgleich Zaljern eigentlich als solclie Re-
sidenz gilt. Nun änderte sich aber die Sachlage unter Johann von
Manderscheid. Die Offizialität, das Finanz- and ünterrichtswesen,
die Ängetegenheiten des MOnsters wurden in das fireundliche St&dt-
chen nahe am Eingang des Bieuschthals verlegt, wohl der Nähe
Strassburgs wegen. — Die Klostergüter des schon seit Jahrhunderten
bestehenden Marienhospitals wurden den Patres der Gesellschaft Jesu
zur Verfügung gestellt. Die mittelalterlichen Dokumente, die sich
auf dieses alte Flospilalinstitut t)ezichen, bilden einen abgeschlossenen
Komplex, der leider unter dem Titel »College« bezeichnet war.
Darauf gründeleri die Pariser r?uroanx ihren Befehl, diese Dokumente
aus dem geistlichen V'erband in die Serie des ölfentiichen Uiiterrielits
und in die »Archives civiks« zu versetzen. Es war nicht rationell:
auch in den Händen der Jesuiten gehörten sie zu einer geistlichen
Institution. Keine Widerrede half, keine Erklärung erschien triftig.
Eine kaum zu berechnende, langwierige Stcirung in dem Einsdireiben
der Nummern und der Lokalisiruiig der Invcntare blieb als un-
abweblidie Folge des Streites zurQck.
Mit der einfachsten, von selbst gebotenen Liberalität wftre solchen
Eingriffen voigebeugt worden. Man verzeihe einem cdiskuFen Ar-
beiter, wenn er noch jetzt, auf seine Laufbahn znröckschauend,
solchen Zdtva>last an Arbeitskraft beklagen muss.
Zu den Nonnenklöstern übergehemi, und zwar im hinei n d( r
Stadl , da zeigt sich zuvörderst die Abtei Sankt .Stephan auf einer
nordöstlichen Landspitze, am Zusammenfluss oder vielmehr an d(>r
Wiedervereinigung der zwei Arme der III , die aber in den fütesten
Dokumenten Brusca, Dreuscli, benannt wird. Es ist dies ein merk-
würdiger Fleck Erde; hatte doch das römisciie Castellum dort ge-
standen — der Sitz des Gouverneurs und des Generalstabes der
achten Legion. — Höchst wahrscheinlich erhob sich zuvor an der-
selben Stelle ein Druidenhain. Schöpflin setzte die Gründung des
St. Stephan-Kkisters durch Attala, eine Nichte der b. Ottilie, ins
Jahr 720. Die mcrowingischc Adalbcrt'sclie Orfindungsurkunde
exislirt nicht mehr; aber wir besitzen ein vom Kaiser Lothar,
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Fragmentarische Erinnerungen eines allen Archivars. 307
a. 845 , erlussones Diplom welches auf den IJrsprunj^ liinwoist,
unti jedenfalls, wenn Otliiic zur legendären, mythischen Persönlich-
keit gestempelt bleiben soll, die Mythe »in zwei Jahrliunderte höher
als das Pontifikal Leo IX. hinaufrückt.
Der Bischof Werinliar, der Freund IJeinricii des Heiligen, er-
hielt von diesem Schwärmer die Verwaltung der Abteigüter; im Volks-
round wurde diese Donation zum Kfrcbenraiib gestempelt, aber dem
Vorgänger Werinhar*8, dem Bischof Widerhold, zur Last gelegt.
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurden die Ge-
bäuUchkeitoi renovirt ; in ihrem jetzigon Zustande datiren die elegante
Apsis und die Seitenschiffe aus jener Zeit.
Um die Mitte des 14. Jahrhunderts wird die Abtei säcularisirt ;
als Aebtissinen treffen wir Namen aus den ersten adeligen Ge-
schlechtern de« CIsass — die Landsbei^, Rathsamhausen, Andlau,
Wangen von Cioroldsw.k.
hl eine durchaus unorniak' Lage gerioth das Still während der
H«Mbrmationszeil. Zum erstenmal setzte der verstorbene Professor
uud I Jibliothekai Amlreas Jung das seltsame Verhrdtniss in helles
Licht-), hii Jahr lö3it verliess die Aebtissin Adelaide von Andiau
das geistliche Haus, warf den Schleier weg und verheirathete sich.
— An ihre Stelle ward eine Protestantin Margaretha von Landsberg
erwfthlt Die Zahl der Kanonissinnen schmolz auf drei hminter;
der Gottesdienst wurde von den lutherischen Pastoren und Helfern
der St Wilhefanerklrche versehen.
Eine kaum glaubliche Umwftlzung! — und doch ist dem so —
In einem an die Familie von Hohenburg sidi knüpfenden aclit
katholischen Vereine wird von protestantischen Canonicis das Abend-
mahl in dopiieltcr Gestalt ausgetheilt ! Frau Kunigunde von Marsilien,
eine Protestantin, wird im Jahr 1540 zur Aebtissin gewähll , und
was noch unglaublicher, der Bisdiof Erasnms bestäligl die Wahl.
Was konnte ihn dazu bewegen? Wohl nur der (Jedauke, die lIofT-
nung, es werde auch diese Zeit iler Tnibsal ein Ende linden; nicht
ganz seien die Zügel aus der Hand zu geben; das Prinzip der
*) SchOpflin behauptet die Aaihenticitftt, deutet aber auf Verunstaltung des
Namens der Aehlinsin Basilln.
*) Inscriptions ilii inoimi^lfre de St. Eliciiiie, im Hulleliii di; lu s<tci«*lir
IMMir la Conscrvation des monuments historiques d'ÄIsace. 8. Serie, Tome II,
p. 386 u. 8. f.
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308 Sptueb:
Obcraiilsichl der kallioli-clicn Kirche auch über das a katholische,
ketzprisclio, verführtf Klo-^lor sei fori und fort zu behaupten.
Im Jahr 15GG folgt Oltihe von Dormcntz; iliro Walil geht vor
sich in Gegenwart des bischöflichen Offizials. Sie stirbt a. 1592;
der lutherische Pfarrer von St Wilhelm hlUt die Leicheiurede.
Mit der Regierung Ludwigs XIV. erfolgte die Räckkdur zum
ehemaligen historischen Idrehlichen Zustande. Ein strenger Katholiic
wfirdc sagen: »der Unfbg hörte anfc. — Die »dames de la Visitation«
nalunen im Jahr 1702 Besitz von der alten Abtei; bereits seit 1687
hatten, auf königliche Ordonnanz hin, die Antoniter den Kultus da-
selbst versehen.
Während der Rcvohition diente die alle romanische Kirche als
Ma}2:azin. Am Ende dos 18. und Beginn des 19. Sükulums wurde
• sie zur Synagoge umgewandelt; dann erfolgte eine zwanzigjfdirige
Periode weltlicher Lust. Das französische, und per inlcriin vorüber-
gehend, das deutsche Theater schlugen ihre Dekorationen auf in
dem ehemals geheiligten Räume. Es war der Entheiligung augen-
scheinlichste. Und dennocii, seien wir nicht sitlenrichterlich strenge.
In das reine, ideale Gebiet des Schönen wurde dort manche jugend-
lich cmpAngliche Seele eingeführt — Von den Rachegöttern gc-
peitscht erschien dort, unter Talmas tragischer Haske^ der unselige
Orestes; des unvergleichUchcn Schauspielers klangvolle Stimme ver-
lieh den Qualen der Reue einen kla^iscfaen Ausdruck. G^limtoe^s
Grazie verkörperte, ich will sagen, vergeistigte sich ui der anmuthigen
Gestalt der Mars und gab den verblüfnen halbdeutschen ProvinziaJen
eine Ahnunjg des Zaubers höherer französischen Geselligkeit. — Dass
wir es nur eingestehen, das Werk der französischen Pro(3aganda
erwies in solchen Einflüssen sich thätiger und um Vieles erfolg-
reicher, als im Lycäum imd höheren P>ürgers< lmlen : mir hielt. al>-
wechselnd, das Schillcr'sclie Drama das Gt^engewicht. Sonderbare,
abnorme Zustände!
Mit dem Jahre lf523 siedelte das Theater in das neuerbaute
SchausjMelhaus; St. Stephan wurde zum Tabaksmagazin entwürdigt.
Doch hiomit endete dieser bizarre Scenenwechsel , der mit Druiden-
opfem beginnend, durch römische Herrschaft, mittelalterliche religiöse
Phasen, reformatorisches Treiben, politische Urowfilzungen hindurch,
sich bis zur Gegenwart herunter abgespielt — Im Spätjahr 1840
äusserte Schreiber dieser Zeilen im ersten an den Präfdrten ge-
richteten Rapporte, wie wönschenswcrth die Räclq^lie der »heiligen
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FragmeuUi-iaclie Eriiiiienin|^ eines alten Arcbivan.
309
oiitwfihteii Hallen« zu ihrer früheren Bestiuiiiiinig wäre. Der un-
eigennützige Wunsch eines Akatholiken ging in Erfüllung. Gegen-
wärtig dient die restaurirte St. Stephanskirche dem katholischen
MOitArgottesdtoute.
Dass die Belege za dieser skizzenhaft raschen Uebersicht der
Vorfälle im St. Stephansidoster mebt den Akten des »Fonds de
St Etl<»ine€ entliehen, braucht wohl nicht in Erinnming gebracht
zu werden; nur Prof* Jung schöpfte theilweise aus andern Quellen.
— Unter die eigenthümlichsten Dokumente unserer Spezialsammlung
reihe ich eine vierzehn Meter lange Rottel, vom Jahre 1368, die
Untersuchung eines Streites zwischen ihm Stifte und einer Be-
wohnerin dessellx'n, Agnes von Windeck, enthaltend. Ein anderes,
doch weniger aiisgeilehntos Dokument derselben Gattung' berichtet
über den tJrthelspi uch eines Dinghofrichters zu Wanjren , gegen
Johann von Wangen (a. 1388;. Ins 14. und 15. Jahrhundert ge-
luiren einige Statuten und V'^erordnutigen , welche auf die bisweilen
erschlalTte Disziplin ein schiefes Licht werfen. Doch über all diesen
Skripturen steht die kaiserliche Urkunde Lothars, nach welcher die
Hohenburgische Familie dodi nicht ganz ins Fabelreich einniscfarel-
ben wäre.
Wir können die andern Frauenklöster intra muros von Strass-
bürg, St llargarethen (zu den Rewerinnen) und St Margarethen
füglich fibergehen.
Unwiderstehlich zieht es mich zu dem Kloster und der Kirche
von Andlau. Wie auf dem Ottilienberge, spielt in dem lieblichen
Thal die Legende in die Geschichte hinein; nur ist das reelle Leben
der Kaiserin Richardis, der Stiflerin des Klosters, eine That.sache;
aber an ihre Pei.sünliciikeit knüpft sich die Sage mit ihrem wunder-
vollen Zauber, und in den geschichtlich erwiesenen, in unserni Archiv
dokumenlirten Thatsachen herrscht ein verwirrender Ueberflu.'^s, der
in dieser .Ski/ze nur einige Konturen /.ulässt. Per.'^önliclie P^rinnei ungen
verleihen überdies der Oertlichkeit und den todten Skripturen für
mich einen unvcrgesslichen Reiz.
Die Legende der GrOndung des Klosters durch die Gattin Karl
des Dicken besteht bekanntlich in der Rechtfertigung der schuldk»
des Ehebruchs Bezichtigten durch ein unwiderlegliches Gottesurthel
und in ihrer firehvilligen Trennung von der Welt. — Richardis hatte
die Wandelbarkeit und Bitterkeit der irdischen Dinge erprobt und
suchte Ersatz, Besänftigung und Ruhe im Waldesdunkel und klöster-
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Spacli :
lieber Stille. Die lateinischen lyrischen Ergüsse, die man ihr zu-
schreibt, legen Zeugniss ab von ihrer Sdinsucht nach Elnsamkdt —
Aecht oder apokryphisch, scheinen sie, neunhundert Jahre vor einem
grosse modernen Lyrik«*, in denselben Gefühlen zu schwärmen.
Beaux licux, soyez pour inoi les lieux oü Ton oublie,
L'oubli seul desormais est ma felicitc.
Wälirond ihr noniinellor Gatte im Münster zu Keirhenau bei-
presclzl wurde, ver.<clilü«;> sich die Arme hiiilor ilm Mauern des
von ihr gestifteten Klosters; die noch jetzt beslelieude Kiypte mcbt
in die Zeit der Stiftung hinaui.
Aus mehreren Perioden stammt der gesanunte Kirchenbau: so
verwahrlost das Heiliglhum zeitweilig war, die Verehrung der Heiligen
blieb immer gross. Da wurde in dem letzten Dezennium ein Ehren-
mann zum Pfarrer in Andlau ernannt, ein Priester von ichtem
Schrot und Korn; nicht mittellos. Er begehrte nichts; er gab. Sein
persönliches Vermfigen verwendete er auf die intelligente Restauration
der Andlauer Abteikvche, deren Bestandtheilen er mit archäokigischem
Kennerblick gerecht wurde. Mit Leib und Seele ging er auf in seinem
Werk. Von einem orleanistischen Deputirten kam ihm die erste
Aufmunterung und verständiges Eingehen in seine gewagte Unter-
nehmung. Ob seine Mittel ausreichen würden, wusste er nicht,
wusste sein Freund und Besclifitzei- nicht. — Der [politische Be-
förderer war bei der kuiserlich<Mi Regierung nicht gut angeschrieben;
er wollte kein Geld, nur eine Khrt^nbezeuguiig für seinen Pfarrer.
Abweisend mehr als aufmunternd erwies sich der Vorsteher des
Departements; seinen Kredit verschwendcMi, das wagte er nicht. Der
historische Elsasser Verein klopfte an mehreren Pforten, that was
in seinen Mitteln stand ; er belobte den ehrwürdigen Pfarrer Deliarbe,
so hiess der Biedermann, und verlieh ihm die VermeiUHedaille,
welche der bescheidene Restaurator nicht ausschlug. — Gestorben
war mittlerweile der orleanistische Deputirte, Graf Hallez-Glaparkb,
und jetzt, während ich mich in jüngsten Erinnerungen eigdie, bt
auch Pfarrer Deharbe pidtzliehen Todes, auf der Schwelle des höheren
Allers, abgeschieden. Man kann nicht von ihm berichten: Seine
Werke folgen ihm nach: denn festlngründet auf lange hin hebt
sich das Andlauer (Jotleshaus; al)cr ili- Priesters Andenken lebt
im tlei-ren seiner Pfarrkinder, naher und ferner Freunde, und sach-
kundiger Männer im Reichsland. Das kleine ScherOein, das ich
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FVagmentarische ErinnemiigeD eines alten Archims. 311
liioiiiil hfili a;.'e, zur In-^cliiiff von Deliarbe's Namen in der byzan-
tinisclion Vorliallf soinos Ix-vorzugten Aiifentlialts, ist, ich weiss os
wohl, ein ^orinues Zoichon ideeller Anhänglichkeit; ihn selber habe
ich nnr vorül)ergclien(l gesprochen; doch es drängte mich zur Erfül-
lung einer Pflicht , und befriedigt will ich sein , sollten verwandte
Gemüther jenseits des Rheines und des Schwarzwaldes den Im Leben
hintangesetzten Geistlichen nunmehr in ihrem Gedäditniss bewahren.
Ich sage nmi der Erinnerung an Heiligthum und Leben der
schönen, geistvollen, im Lichte der Poesie verklärten FVeundin des
Bischofs Luitprands von VercelK Let>ewohl und begebe mich auf
das trockenere Gebiet der Pergamente, die, so werthvoll ihr In-
halt für die innere Verwaltung und Disziplin des Klosters und die
Xamcn mehrerer Äebtissinen, doch weit entfernt bleiben von der
Karolingischen Vergangenheit,
Die nobelsten Flsasser Familien zieren die Liste der Aebfissinen.
deren Wall! sehr oft innere und äussere Streitigkeiten veranlasst
und tlie Fischöle von Strassbiu'g oder die {jübslliche Kurie in den
Bereich des einsamen Thalkloslers hereinzieht.
Im Jahre 1570 z. B. nimmt Fräulein Maria Magdalena Bebstock
den Stuhl, der Aebtissinnen ein; Bischof Manderscheid bestätigt die
Wahl, und doch entstehen £3nwendungen und lär^flb von Rom
aus. Der Tod der Aebtissin Kunigunde von Beroldingen und die
Wahl der Maria Beatrice von Eptingen geben Anlass zu emer weil-
Iftufigen Gorrespondenz, worin wir die Namen der Herren von Bar^
b^ieux, d^Huzelles, de la Houssaye, und de la Grange trefiPen. Die Tage
des französischen allmftchtigen Einflusses smd vor der Thüre; sie
greifen thätig ein in die innere Klosterverwaltung (a. 1660). Mit der
prolestantischon Fan»ilie von Andlau — den Herren des Thnles --
lebt die Abtei in beständigem Zwiespalt ; oft arten diese Streitig-
keilen in Thätlichkeiten au?. Kaiserliche Majestät und Bischöfe von
SIrasshurir mischeji sich in die F*roze><e. Es lässt sich denken, wie
sehr der dreis^igjährige Krieg die (Jescliicke der Abtei lj<H'influ.sst ;
auch die reberrumpelung Strassburgs, und die vorhergehenden fran-
zösischen Kriege im Elsass lassen ihre Spur in dem kaum beruhigten
Klostcrbezirke; Conde's, Turennes, Vaubans Namen flguriren in den
Akten jener Epoche.
Die pittoreske Lage der BVauenabtei St Johann bei Zabem,
am nordMUchen Rande des Bergam|rfiitheaters zwischen Retwn und
Wald, mit der Sankt Michaels Kapdle auf dem hervorspringaiden
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312
Spoch:
Felsplateau, zieht die Blicke des Spaziergängers und des Vorüber»
dampfenden auf sich; weniger anziehendes weisen die Dokumente
selber. Die Verhfiltnisse zu der Sankt Georgen-Abtet im Schwarz-
wald bilden wohl den vorzCIglichsten Bestandtheil Peter von Lfitzel-
bürg hatte jenon Abte das geistliche und wdtliche Schutzredit über
das elsassische St Johann ertheilt
Ich eile zum Abschliiss.
rnter den geistlichen Ritterorden unsers Archivs behauptet der
Johanniter oder Maltlieser in Zeit, Raum und geschichtlichem Inter-
esse eine bevorzugte Stelle. Dessen Einführung in Strassburg ist
en^' verbunden nnl tier Geschichte des deutschen Mystizismus ini
Mittelalter. £s sei mir gestattet, diese Spur auf abgekürztem Pl'ade
7.U verfolgen.
Nicht die gegenwärtige St. Johanneskirche mit anslossenden
GebäuUchkeiten in der Nähe der Kronenburger Vorstadt bot zuerst
den Ordraisbrfidem ein Asyl. Etwa um das Jahr 1166 gründete
der bischöfliche Marschall Walther von Hüneburg, nach leklenschafl-
Kch durchbrachter Jugend, unter der westlichen Umwallung Strass-
burgs das Augustiner Dreyfaltigkeitskloster, in einer melandiolischen
emsamen Insd, deren WddenUume ihre blassen Zweige im Breoseb-
fluss badeten. Reue liatte den Walther überkommen; er besiegelte
seine Bekehrung durch die Stiftung des Augustiner Vereins im
grünen Wörth. Zwei Jahrhunderte später (13C6) erlaubte der Bischof
von Strassburg einer Magistrnts|>erson, Hulmann Meerswin gelieissen,
\V'ellpriester in das Hau? »zuu) grünen Wörth« einzusetzen. Mit
Verlaub des Avignoneseipabste- l'rban V. kamen (a. 1368) vier
Kaplane des Johanniterordens in das dem Ruhnann bereits zu-
ges|)ro<'hene Haus. Der Grossmeister des Ordens, hernac Ii der Gross-
prior deutscher Zunge bestätigten die ersten Zugestündnisse ; ein
Statut erfolgte; Heinrich von Wolfach war der erste Kommenthur.
Wer aber war Rulmann Meerswin? Er gehörte zu dem Gebeim-
bund der mysttechen Gottesfreunde, deren Sd^te sich an den Ufern
des Mittelrheins ausdehnte, in die Schweiz, nach Italien, Oestreicfa,
Ungarn sich verpflanzte. Durch ein nie öffentlich auftretendes Ober-
haupt, Nikolaus von Basel, verbunden, Iheiite Rulmann, mit einigen
Genossen, den Glauben an projihelische V^isionen; er strebte nach
Ertödtung des selbslischen Willens und dem Versinken in die Gott-
heit. — Die Mitglieder trennten sich nicht augenscheinlieh von der
Welt; die verheurathcten Goltesfreunde zogen sich nicht aus ihrer
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Fragmentarische Ennmiuiigai eines allen Archivars.
Ö13
Häuslichkeit zurück ; sie lebten, wahrscheinlich in reinen brüdorliclien
und schwesterlichen Verhältnissen fort; es überwog die geistliche
Richtung; wenn andre Sekten oder Gemeinschaften sich in asze-
tischer Strenge abmühten, überliessen sich die Gottesfreunde eher
der Phantasie, nicht ehier slrengformuliiten Regel; ihre Richtung
war aOegorisirend. Die Elatase wurde fdr sie bald ein natOrlicher,
bald ein selbstgeschafiher kfinstlicber Zustand; sie lebten mit der
unsichtbaren Welt in Icflnstlicb gesehafltaer Gemeinschafl. Die ur-
kräfl^ste Gesundheit mochte in solch systematisch durchgefOhrter
Tendenz bei vielen zu Grunde gehn.
Allein Rulmann Meerswin war zugleich ein praktischer Mann.
Dem Orden von St. Johann widmete er das Haus in seiner Vater-
stadt, und sicherte, auf einen f raumartig sich wiederholenden
mystischen Befehl hin, dessen Fortbestand. In stillen Nächten ei^'ing
er sich im Bestreben, die abstrakten Ideen zu verkörpern, durch
sichtbare Farben zu verklären , und durch das Medium der Sinne
dem Geiste zuzuführen. Er lebt in den Regionen, welche Dante
mit einer viel stärkern Dosis von Einbildungskraft durchwandert,
und 1^ in der ingeniösen Dichtung »v. den sieben Felsen, de Septem
nipibns« seine allegorischen Träume fiber die »Heiligung« nieder.
In Gemeinschaft mit Rulmann Meerswin und zu demselben
Ziele hinstrebend, lebten im Hause zum grünen Wörth Nikolaus '
von Loefene, der Kopist der Briefe des Nikolaus von Basel; Hemrich
▼on Wolfach, Konrad von Brunsberg, Grossprior deutscher Zunge,
Johannes von SchafRcdsbeim , der bisdiöffiche Vikar, ebenfalls dn
Korres{X)ndent des mysteriösen Nikolaus von Basel. Vielleicht hatten
sich bei diesen Strassburger Gottesfreunden noch Traditionen aus
dem Tempelorden erhalten. Es liegt ein kaum zu lüftender Schleier
über dieser Verbrüderung. Rulmann starb im Jahr 1382, ihm allein
war der Aufenthalt des Basier Freundes bekannt ; die Ucberlebenden
mühten sich ab, die Spuren des Oberhaupts zu entdecken: sie reisten
dcs.sha]l) in die Schweiz, stellten unfruchtbare Nachforschungen an.
Er selber, so ging die Sage, wäre im Jahr 1377 nach Rom gezogen,
hätte dem Pabst seine Pläne zur Regeneration der Kirche enthüllt,
und wfire auf einem Schefteiiiaufen zu« Vkms» un Daiqihiaö als
Blärtyrer gestorben. Was auch wahres oder erfundenes an der Le-
gende, so viel ist gewiss, dass die öffentliche Entwicklung der Sekte,
hätte sie m den Blassen des Volkes Wurzel geschlagen — wir mdnen
die Doktrin der innem selbstfindigen Heiligung, — Gefahren fai sich
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Spach :
barg, ünd der Orgaiii.<uUon der kalliolischun Kirclie Icindäclig gegen-
über gestanden wäre.
Das Hauptwerk Rulmanns, des apokalyptischen Dichters, —
»Zu den sieben Felsenc, de septein rupibus, bdLundet sdne ko11a>
terale Verwandtschaft mit Dante's Genie, das ja von jdier der streng
orthodoxen Kirdie ein Dorn im Auge war.
SchreckvoU waren Meerswins Kämpfe, bevor er der innem
Stimme folgte, der Heiligung sich rficksichtslos hingab, und nach
und nacli Kirclie, Kapollo, Clior und Klosler^'ängi' im grürion Wörth
liaute, die verödeten Wiesen der traurigen Weideninsel in Gärten
umwandelte.
Am Ende dos l-lteu J:dirlnmd<Mls wmdr (ias Haus »zum grünen
Wörth durch die EinvcrlrilMiiiu'- der Kommonlhurei von Sclilolt-
stadt licrcichcrt. Der (Jros-nici.-tLr lMiiiii>p von Naillac hc.>lätiy:lo
zwanzif^ Jahic >()älor diese Veischmol/.unjj:. Darcii zahlroiclic kaiser-
liche und hisciiöriiche Privilegien wuchs das Anselm dos Strasshurger
Ordenshauses; dagegen hatte es oft gegen die fnianziellen Anforde-
rungen des Hochmeisters anzukämpfen.
Mitten im SQjährlgen Kriege (a. 1637) brach eine Zeit des Un-
heils und Unsegens los. Der refonnirende Magistrat zu Strassburg
unterdrfidEte eigenmächtig die hiesige Kommenlhurei; die Gebäulich-
keiten fielen in den Bereich der damals au%eflQhrten neuen Be-
festigungswerke.
Mit Ludwig XIV. Regierung erfolgte wieder ein Um-
schlag. Hie Sankt Markus-Kirche wurde dem Oi-den als Entschä-
difrung für das Torrain des grünen Wcirtlis geboten; dem neuen
Besitzthnm wurde der Name der Sankt Johaiineskirche ertheilt, und
ist derselbe, auch nach Aufhebung des Ordens, der jetzigen Pfarr-
kirche vorblieben.
Zum Thoil auf dem Boden dos ohemalif,'en grünen Wörths, und
in dem l'(^borrost der allen (!o])äude, die nitht der Hefosfigung von
1()33 geopfert wurden, ist gegenwärtig noch das Bezirksgetangniss
untergebracht. Eine lange Folge kontrastirender Bestimmung! Von
Walther von Hflneburg, Ruhnann Meerswin und den MaHheser
Rittern bis zu den Werkstätten, Stra&ellen und Bureaux einer Straf-
anstalt herab.
Bereits spielte ich auf den weitläufigen Inhalt dieses Archival-
komplexes an. Er besteht hauptsächlich in Bullen, Dipbmen, Ver-
mächtnissen, Kolligenden, Rechnungswesen; zweihundert Communen
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FragraenUu'iäche Eriuueruugeit eine« allen Aicliivars. ' 3]5
sind dabei betheiligt, Schlettstadt nicht aUein, auch die Afaswcigungcn,
d. h. die Häuser Yon Weissenbuig und Dorlisheiin gdifirten in die
MaBse der Besitzthfimer.
Mit den Einzelheiten muss ich den ermüdeten Leser verschonen.
In ^nem Statutenboche aus dem töten Jahrhundert sind die Wür-
denträger verzeichnet, vom Ursprung des Ordens bis etwa 1421.
Mohr Werth aber würde ich auf alles, den geiieimnissvollen Nikolaus
Ix'lreffende, legen. Dieses psychologische und gcschichlliche Ralhsel
harrt auch nach der gelehrten Abhandlung des Herrn Prot Karl Sclunidt
noch auf eine liefere Ergründung.
Die Cartons des Deutschritter-Ordens sind nicht zahlreich und
nicht erheblieh.
Der heilige Geistorden könnte besser veitrelen sein. Ich meine
die (irup|)o von Stephansfeld; dies Asyl wurde im Anfang des
löten Jaliihunderts von einem Landgrafen von Werde gegründet
und den Augustiner Uospitaliten zur Pflege der Armen und d^
Kinder übergeben. Kaiseiliche und bischdfliche Urkunden bestätigten
die Schöpfung der Barmherzigkeit; von alle dem bleibt nichts
übrig; in der Serie derLandvogtei von Haf^enau müssen die historischen,
auf Stephansfeld sich beziehenden Blätter angesucht werden. Sie
betreffen die oft unangenehmen Verhältnisse mit den Grafen von
Hanau Lichtenberg. Der Ertrag des grossen Brunialerwaldos,
d^ damals das Asyl umgab, gehörte zur Stiftung, deren Vorbild
im (lale di San Spirito in Rom zu suchen ist.
Im Jahr 1834, unter der Verwaltung von Herrn Choppin d'Arnou-
ville, — dem Präfekten, der von den Partisanen des Louis liona-
parle a. 1836 sehr brutal abgefassl wurde — gab man dem Kloster
von Stejjhansfeid eine seinem historischen Ursprung sehr analoge
Bestimiiiung. Es wurde zum Irrenasyl. Der Präfekt Louis Scrs
stellte an die Spitze der schwierigen Verwaltung (a. 1840) einen
ausgezeichneten Mann, David Richard, Genter von Geburt, Zögling
von Gall, Spurzbeim und Lamennais, Verehrer von Esquirol und
Pinel, wohlgelitten in den höchsten intellektuellen Sphären der Parisißr
Gesellschaft David Richard brachte zu seinem Berufe etwas mehr
als allseitige Bildung mit; dies mehr bestand in Opferfreud^keit und
Boufetreue, christliche Lid)e fOr die unsdigen, vo-wahriosten, sdner
Pflege Befohlenen. In seiner eignen Familie hatte er dmi Grund
gelegt zu der Pietät, die ihn zu den Geisteskranke hinüberzog; seine
Mutter war wahnsinnig; er selber trug auf seinem schönen Antlitz
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31ü
Spack:
die Spuren einer firfiheingezogenen Melancholie. — Den Feind, den
er im eignen Busen bekämpfte, suchte er auf im lüm und Nerven-
system der armen Irren; glaubensstark, mit dem Panzer der Christ-
Jichra unermüdeten Barmherzigkeit bowafTnet, nie vei-zweitelncl, sinMe
er nach dem letzten Funken der göttlichen Vernunft, der noch im
dämonisch ergriffenen Kranken glomm. Mit andern Worten, er ehrte
und liohfc noch den ursprünglichen Menschen unter den Trümmern
der zerstörU'ii Fähigkeiten und Geistesgaben.
Ganz allein in (hesem uiiviTWÜstlichen Glaubon, in dieser thätigen
Liebe, la^' d:i< Gcheiiiiniss ilcr crrunj/üiien Erfolge und die Kraft
auszudauein , wenn einzelne grausame Enttäuschungen ihn zu zer-
malmen drohten. Auf seine eigne Verantwortlichkeit hin hatte er
Neuerungen eingeführt, die Jetzt In allen Irrenhäusern als selbstver-
ständlich angesehen, vor vierzig und fünfzig Jahren noch als Uto-
pieen galten. Die gfitige Behandlung, sogar der Tobsachtigen, die
Einfuhrung landlicher Beschäftigung, häuslicher Werkstätten, Spazier-
gänge in freier Natur, gesellige Vereine und Festlichkeiten, Schul-
unterricht, air diese Versuche, die Kranken wieder nach und nach
an die gesunde Atmosphäre des täglichen Lobens zu gewöhnen,
reihen sich an die £lementarmassregeln , welche David Richard in
den ersten Zeiten seiner neunzehnjährigen V^erwaltung ergrift*. Ge-
währen lie^s ihn (\qv Präfekt, und suchte, wenn die gewöhnlichen
Jahreskredite niciit ausreichten, durch den Genoralratli die Sache
in's Gleichgewicht zu bringen. Ste|»hansfeld wurde im wesllichon
Frankreich zum Vorbild ähnlicher Instilule. — Ich glaube kaum,
dass die jetzige deutsehe Verwaltung noch eine Parallele ziehen
könnte zwischen dem Stephansfeid von 1840 und den jetzt über-
kommenen Qebäulichkeiten, zwischen dem Regimev dem verrotteten,
der Anfänge und der jetzigen Verwaltungsmascbine. Unumgänglich
ist die Bemerkung, dass David Richard in seiner Lebensgefährtin
die benöthigte Ehnunterung und Stütze fiuid; seine Gattin hatte sieh
vor ihrer Glichen Verbindung, im französischen Guyana, in den
Kolonien, unter der schwarzen Bevölkerung, analogen mOdthätigen
Arbeiten — einem allseitig harten Berufe — gewidmet, und konnte
mit Rath und Thal beistolin. — Wie schön hätte sich wohl ein
Verhältniss zwischen David Richard und dem hochverdienten Direktor
des benachbarten Illenau, Geheiiueratli Roller, gestaltet!
Wii- sind hier zu keinem Exkurse ilber ilas moderne Stephans-
feld bereclitigt; auch die Persönlichkeit D. Richard's hat in einem
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Fragmentarische Erinnenuigen dnes ftiten Arebhan.
317
archivalischon Heric'ljlc nur oino unt(M-geordriel<' , zuiallige Stellung.
Ich habe mir erlaubt, den ausgezeichneten Irrenarzt und Menschen-
freund anderswo zu besprechen ; ihn ganz zu würdigen war ich un-
vermögend, allein verj)nirhlet, seinen Namen an die Schöpfung der
Grafen von Werde zu knüpfen, und wahrlich er stellt sich neben sie.
Er fühlte sich verwandt mit diesen Wohllhätem der miltelaltrigen
Armen, und bemfihte sich um die Forschung nach ihrer leider
hidhverwiechten Existenz. Pergamente konnte ich nicht auffinden fOr
seinen Zweck; aber Verehrung und Liebe brachte ich ihm entgegen
und er wOrdigte mich, das weiss kh, einer sympathischen Gesinnung.
Einen raschen üeberbKck Aber die ganze archtvalische Samm-
lung, bevor wir scheiden, hält man mir wohl zu Gute. Ifit efaiigen
Zahlen muss ich noch behelligen.
Als ich zum erstenmal den für mich unvergesslichen Mone in
die Räume des ehemaligen Archivgebäudes einführte, erlaubte ich
mir , im historischen Saale die Frage an ihn zu stellen : wie viel
rergamenfo, nach seiner oberflächlichen Abschätzung, die (Kartons
wohl enthielten? Er antwortete mir mit der Zahl: 50,000. Herunter
setzen musste ich nun um etwas diese Bezifferung, aber der im Archiv-
wesen ergraute grossherzogliche Direktor hatte im Grunde dennoch
Recht. Die ungeheure Masse von papiernen Scripturen, die in den
meisten Gartens zerstreut lag, konnte er nicht mit rechnen; memc
spätere Abzahlung Iftsst sich folgendermassen aus ') :
Akten der Gentrairegierung (Serie A) . . . 1,066 Stfick
Landvogtei und Intendanz (Serie B und G) . 47,575 „
Feudalität, d. h. die Herrschaften vonZweibrOcken,
Hanau, Lichtenberg, Oberbronn (Leiningen),
Beinheim (Sponheim) 374.834 „
Geistliches Archiv: Bisthum, Stifter u. s. f. 198,039 „
Klöster — Set. Johanniter — u. a. m. . 55,595 „
Zu dieser TTaupfmasse muss noch eine grössere
Zahl minderer Sammlungen zugerechnet werden,
und so gelangen wir zu einer Ge?ammf/,ahl von 629,534 „
wobei 3207 Volumina, die sich unter die ver-
schiedenen speziellen Fonds vertheilcn, nicht mit
eingerechnet sind.
'J Es isl lüpr nur von den Akten. Pergamenten, tJcripluren vor dem Jahre
1790 die Rede.
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318 Spach: Fragmentarische Erinnerungen eines allen Archivan«.
Die neuern Papiere aufzuzählen wäre rein unmöglit ii, ein walires
unsinniges Unternehmen; mit jedem neuen Zuwachse, mit jeder
Versteigerung von Makulatur, tritt Ebbe und Fhith ein in diesem
unabsefalicfaen Verwaltungsapparate.
Und doch steht der Bezirksarchivar des U.-Elsass nur an der
Spitze eines Udnen Vonathes, vei^leicht man dieses Reichslandes-
archiv mR grossen Staatsarchiren. Mit den wenden Arbeitskräften,
die ihm zur Verfügung stehen, mit den unzulängliclion Räumen,
ülier welche er verfügt, kömmt er demnach in die Klemme und
seinen Nachfolgern wünsclit er neue, feuerfeste, zureiciiende Räume.
Ihren Pflichten zu genüfron, haben er und die meisten seiner
Mitarboifer stet- gestrebt, l/nd so nimmt er denn nocli einmal,
wie vor 1(5 Jahren, AI)S(hieil von den feston Bestandtheilcn dieser
seiner zeitweiligen Nutzniessung. — Lebewohl der Männer- und
Faktenreichon Serie, welche die Uebersclirift der Tjan(lvof,dei führt I
Hat er doch daselbst mit den Vögten aus dem luxemburgischen
Hause, mit den pfalzgräßschen Churfürsten, mit den östreichischen
Ensherzogen, mit den französischen Grandbaillis sich befreundet.
Abschied nimmt er von der oft in Berathung gezogenen französi-
schen Intendanz, der politischen Schöpfung Richelieu's, von der
väterlichen Verwaltung der darmstädtischen und zweibrficken'schen
Herrschaften, von dem Adelsdirektorium und seinen geschichtlich
bekannten Familien.
Und noch einmal Lebewohl den Kirchenfursten , Iii ad oder
schlecht oder rnittelmässig, so lang meine Aufmerksamkeit gefesselt
und einen Blick sre<r(mnt in das Innere ihrer Verwaltung, in das
Innere ihrer riemülher.
Das Lei)en in dieser Vergangenheit ersetzte niir zum Theil das
Kingicifen iii's Leben der fiegenwart, ob mit einigem Erfolge, dazu
geht mir das l'rthcil ab, Ks werden andere Arbeifer nach mir in
dieser Mine schürfen; ich begrüsse sie mit einem wohlgemeinten,
aufrichtigen »Glück auf !€ Und mögen sie, wie ich meinen Vorgängern
gerocht geworden, meine Mühewaltung anerkennen, und über Lücken,
über Fehter, die mir in meiner fieberhaften Hast entgingen, den
Mantel kollegialischor Milde werfen.
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Doebner: Das neue Staatsarchivgebäiwie zu Breslau u. seiue Einrichtung. 3j^9
XX. Das neae StaatBarchivgebftnde zu Breslaa
und seine Eiurichtung.
Von
Dr. Richard Doebner,
k. ArchivMkretftr m Hannover.
Im Oktober v. J. wurde, wie eine kurze Notiz im «ersten Bande
dieser Zeitschrift Seite 324 berdts mStthetUe, die Ueberfühning der
BestSnde des k. Staatsarchivs zu Breslau in ein neues Gebäude be-
endigt. Wenn schon die vollst&ndige UeberfiSilung der iNsherigen
Räume im Ständehause, welche auf Grund eines Vertrages vom
2. Februar 1845 das Archiv seit 1847 inne hatte, in Kurzem
zu einer Veränderung gedrängt haben würde, so bot die äussere
Veranlns?;nn? zu einom ansschlipsslich drn Zwockon dos Staatsarchivs
dienenden Neubau der ümsland, da?? die Provinzialstando von dem
ihnen kontrakllich /.iHtohonden Reclite im Jahre 1873 (iohraucli
marliton und, pofron I itukzahlunfr do« zum Ausbau dos Ständohniisoi^
frühor vom Stanto hrwillifjlon Zuschusses von 50,000 Tbalorn, dio
Rückgabf» der An liivlok:ile nacli Ablauf von (hoi .lahron l3<'anl ragton.
Projoklirung und Ausführung dos Ijaues wurden dem k. Bau-
inspoktor Knorr zu Breslau übertragen; bei der Wahl des Bauplatzes
entschied man sich für ein Grundstück an der Ecke der Neuen
Taschen- und Gartensttaase, wefches dem Oberschksisdien Bahnhof
gegenüber und nach dieser Seite hin völlig freiliegt.
Nachdem das Gebäude bereits im Winter 1875/76 im Rohbau
fertig gestellt war, wurde in den Tagen vom 29. August bis
10. September die Räumung, vom 11. September bis 13. Octobcr
die UcbefQhrung der Bestände bewirkt. Die neue Aufteilung war
im Wesentlichen zu Anfang Novembers beendigt.
Nacli den bis jetzt festgestellten Rechnungen betrugen die Kosten —
mit Einschluss dos Preises von etwa 100,000 Mark für den Bauplatz
und von 13,000 Mark für die innere Einrichtung — in runder
Summe 251,000 Mark.
Es zorfallt das Slaatsanhivgobiiude, ein massivor Putzbau, in
zwei diurh oine Brandmauor mit oisornon Tinnen abgosriilnssono
Ilaiiplllioilo, das Dienslwolinliaus und das Aullx'wahiungsliaus, das
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320
Doebner:
erstere in drei Stockwerken die Dienstwohnungen des StaatsardÜTiirs
und des Archivdieners, sowie die Arlieit^immer der Beamten um-
fassend, welche letzere an die nur im Parterre und ein Stockwerk
hoch liegenden Aufbewahrungsräume direkt anstossen. Der zunächst
in weiter Ferne liegende Fall, dass die Krhöhung auch des Auf-
l)ewahrungslKUises uni ein Stockwerk sich nöthig erweisen sollte,
wurde schon l>ei der Anlage des Planes berücksichtigt.
Das A uflxMvalirimgshaus, zu welchoni der ^gewöhnliche
Zugang von den Arbeitsräunien aus führt — ein zweikr Eingang
vom Treppenhause ans trägt dem Fall einer schleunigen Ausräumung
Rechnung — ist durchaus feuersicher erbaut, die Wasserleitung bis
unter das Dach gefuhrt; die Decken sind zwischen eisernen Trägern
gewOlbt, die Fenster durch eiserne Läden vefschlfesdNur; die Länge
des Gebäudes beträgt 22 M., die Tiefe 16 M., die Höbe bis zum
Dache 17 M. Im Grossen und Ganzen entsprechend der Ordnung
der Bestände des Archivs nach den firöheren FQrstenthfimem, ent-
hält das Aufliewahrungdiaus, durdi eine den beiden Fensterfronten
parallel laufende Wand getheilt, 9 Zimmer von verschiedener Grösse,
sfimmlJich 4,55 M. hoch, 6,42 .AI. tief, darunter 4 Säle von durch-
sclmittlich 13 M. Länge. Die Verbindung zwischen dem oberen
Stockwerk und den Parterreräumen vermillell ausser einer eisernen
Wendeltreppe ein Aufzug, dessen leiclit ZU bandhabende Konstruktion
sich bei dem I^mzii^' bewährte.
Bei der inneren Einrichtung des Archiv^'ebäiidos wnrdcn,
im Wesentlichen nur für das II r k ti n d e n z i m in er, sowohl (iii>
nrössenverhältnisse als die Ausstattung des Irühcren mit eiihenen,
längs der Wände aufgestellten Repositorien mit Schubladen beibe-
halten, in welchen die Urkunden zunächst schichten weise, durch
Papierlagen gelrennt, gelagert sind, während die chronohigische Auf-
stellung der Urkunden innerhalb dieser Schubladen in Envekippen,
welche auf gedruckten Etiketten die Signatur und links oben In der
Ecke das auQueiaste Datum der Urkunde tragen, fär das ganze
Urkundcnarchiv in Aussicht genommen und bei mehreren dem
Staatsarchiv deposilarisch üt)ergebcnen Slädlearchiven bereits mil
Erfolg durchgeführt worden ist. Diese Aufbewahrungsart stimmt im
Ganzen mil Rmkhardt's Methode (Archival. Zeitschr. 1, 207) üherein.
Derselbe Oesichtsiinnkt war bei der Konstruktion von drei zunfulist
als Reserve dienenden ITrknndi'iiscIn äiiken massgebend: sie sind
2,85 M. hoch, 1,75 M. breil, Ü,5ü M. tief und enthallen in 4 Hcihen
Üiyitizcü by GoOglc
Du nem Staatswrehivgebftude lu Breslau nnd Mine Einrichtany.
321
neben oinandor je 52 in Fal^^cn lanrciKii- Kaslen. 0,17 M. hoch,
0,39 M. hieif, 0,45 M. Ii. 'f. Lin -loich/A-iti^' il.-n Zutritt diT Luft,
das IkiaiHzit lirii der Kasten und die l'eborsictit der Urkunden /.u
erleichtern, wurden an der vordem Flfuho de?; Kastens G Htm. aus-
geschnitten. Nach den bisljer geniachlen Erfahrungen fanden in
einem solchen Kasten bequem 40—50 ältere Urkunden In zwei Reihen
hinter einander aufteilt Platz; für UrlLunden, deren durch die alten
Falten bedingtes Format die Höhe der Kasten übersteigt, und nament-
lich für neuere und neueste Dokumente wurde die alte Auf-
bewahrungsart beibehalten.
Wie die Aufstellung der Bibliothek in den beiden Arbeits-
zimmern neue Repositorien, zum Theil fflr zwei Reihen von Büchern
hinter einander eingerichtet, erforderte, so erwiesen sich für die Auf-
bewahrnnrr der AIvten Neuanscliatfungcn in grossem Umfang als
nolhwi-ndig. V^on den alten Aklenre.zalen. welche dem augenblick-
lichen .Standort und Bedürlni>> entsprechend nieist von f;an/. v(>r-
sciiiedener (Irösse waren, wurden nur wenige in das neue Ciebäude
übernonunen urul diese den neuen — in der Höhe von .3,50 M. — an-
gepassl. Ausgenommen drei Eckzinnner, in deren Mitte je ein dop-
l)eltes Akienregal aufgestellt ist, stossen in allen nur von einer Seite
her Udit erhaltenden Zimmern zwei oder mehr solcher Aktenregale
an die Fensterpfeiler an, von den meist mit Repositorien besetzten
Wandflächoi durch ehien genügend breKen Gang getrennt War
bereits in allen Thdlen des alten Archivs die Emrichtung gleicb-
roässig durchgeführt, dass die eigentlichen Akten durch je ein lei-
nenes Band in Packete von massiger Höhe zusammengeschnallt
wurden, mit Enveloppen, welche an der vorderen Seite die Signatur
des Inhalts tragen, so gestalteten es hier die Raum verhrd Inisse,
einem solchen Packet ein Fach für sich anzuweisen, während dies
bequem zwei aufnehmen kann, so dass auch abgesehen von gewissen
Heserveräume?! füi' einen bedeutenden Zuwachs an Akten für lange
Jahre hinaus gesorgt sein dürfte.
Einern Mangel, der sich in den letzten .lahren auf das Empfind-
lichste fühlbar gemacht halte, war es möglich jetzt dauernd abzu-
helfen. Es handelte sie Ii darum, die in allen Archiven umfangreiche
Masse von gebundenen Büchern, Re5kri[)ten-, Rcchnungs- und Amts-
büchern aller Art, welche in dem Staatsarchive zu Breslau besonders
in den Jahren 1873 und 1874 durch systematische Ablieferung sei-
tens der Gerichts- und Verwaltungsbehörden um Tausende von
AraMvaliMhe MtMhrift. II. 21
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322 I>oebner: Das neue SlaaUarcbivgeltäude zu Bret;lau u. attmv Einrichtung.
Folianten, iianit iitlicli (Jriiiid- tirnl l lypot lii krnlxii licrti n. .s. w., ver-
mehrt worden war, aiit's Angemessenste und !nit möglichster Hauni-
ersparniss aufzubewahren. Während diese früher in die Fächer der
Akteore^e eingezwängt oder auf der Bekrönung derselben in
schwindelnder Hölie aufgestellt waren, konnte jetzt im gamten
Archive das Prinzip durdigeführt werden, dass.an den disponiblen
Wandfläcben neben den zugehörigen Aktenregalen Böcherrepositorien
mit Zabnleisten von gleicher Höhe wie jene 3,ö0 M., und 0,60 M.
lief zur Aufstellung von zwei Reihen von Büchern hinter einander
Platz fanden. Zugleich wurde daran festgehalten, dass den zu den
Akten der einzelnen Ortschaften gehörigen Büchern im Ge-rensatz
zu den amtlichen Büdicin von allgemeinerem Interesse lier Platz in
der hinteren Reilu- . Hingewiesen wurde. Kleine an den Hej)ositorien
selbst angebrachte Kaiten, weicht- dnrcli Schrift mit scliwarzer, resp.
rother Dinte die Si^Miatur des ersten und letzten Bandes der vorderen
und liinleren Ueilie deutlich untersdieiden, vermochten jede Schwierig-
keil des Aufsuchens zu heben.
Erwähnt seien noch, als besonders praktisch bewährt, ein Schub
mit in Falsen laufenden Fächern zur Aufnahme der Zettelkataloge
der Bibliothek, der Glossare und der Regestensammlungen, sowie
ein Schrank zur Aufbewahrung der wenig umfangreichen Abtbeilung
der Karten und Atlanten mit theils senkrechten Fächern zum Auf-
stellen der gebundenen oder aufgezogenen, theils wagrechten zur
Lagerung loser Karten. —
Waren auch bei der Anlage und inneren Einrichtung des Staats-
arcliivgebäudes zu Breslau die Gesichtspunkte der Sicherheit und
Zweckmässigkeit in erster Linie ma.ssgebend, so wissen es doch die
zahlreichen Besucher des-clben zu schiitzen, dass durch die Fürsorge
der holien Archivbeliürden (i( ni Sammelpunkt der historischen Denk-
mäler der Provinz eine würdige und Ireundliclie Ställe gescliullen
worden ist.
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Ueber die Anweadung des Schwefelamnuiiiium bei verblichenen Urkunden. 323
XXI. lieber die Anwendung des Schwelelauimouium
bei veirblichenen Urkunden.
Von
Dr. L. Götzo,
k. Staatsarrliivar zu Mslt-in.
In jodoni Archiv wird man bereits auf Urkunden gestos?en sein,
deren Schrift derarli«: vorhlichon war, dass man vor der Alternative
stand, sie entwotler als nicht vorhanden zu befrnchfen, oder die
Schrill durcli Rea-jcnitien wiedei- sichtbar zu juadit-n Letzteres ist
auch im Sfaatsarcliiv zu hlstein mehrlacli «resciu'heu, und zwar
wurde ausscliliesslicli St hwefelauinioniimi in Anwendung gebraclil,
weil es stets den gewüns( Ilten Erfolg hcrvorbrachle.
Die Wirlcungen dieses Mittels sind nach den Erfahrungen, die
ich schon vor längeren Jahren gemacht habe, bei TOrsichtigem
Gebnineh nicht so verderblich, wie sie Wattenhaeh (Schriftwesen
im Mittelalter S. 182) schildert. Nur darf man es nicht auf jedem
Pergament, auch niöbt unvermischt anwenden, die Procedur muss
femer rasch vor sich gehen und alle unnöthige Flüssigkeit muss
durch gutes Löschpapier von der FIftche des Pergaments (resp.
Papiers, denn auch da ist es verwendbar) schleunigst wieder auf>
gesogen werden.
Die Entscheidung der ersten Frage, ob Reagentien angewandt
werden dürfen, richtet sich wesentlich nach der Ik'schaffenheil des
Pergaments oder Papiers. Ist dies noch stark und fest, und tlio
Schrift nur verblasst, so kann die Anwfiidung stattfinden; anders
schon stellt sich die Sache, wenn die Sdirift ausgewaschen ist,
d. h. wenn durch längeres Liegen in der Feuchtigkeit sidi die alte
Tinte aufgelöst hat und die Sdirillzüge gleichsam aus einander ge-
flossen sind. Noch bedenklicher ist es, wenn zugleich das Pergament
ganz dfinn und schwammig geworden ist; dann nützt alle Ge-
schwindigkeit nk^ts: das flüssige Reagensmittel schlägt sofort durch,
die Flüssigkeit kann nicht au%esogen werden, und allmählich wird
das Pergament sammt der Schrift dunkel geOirbt Musste das
Mittel angewandt werden, um überhaupt noch etwas lesen zu
können, so bleibt nur übrig, solche Urkunden sofort alizuschreiben.
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324 CHiUe:
Besser noch ist es, sio vorher auf r<'>tr> I'Mpiei" /.u leimen, weil ila-^
Por;,Mnienl d;iilur< li wieder nielir (lonsislenz erhiilt und niehl so
leieht durchschlägt. Demi geruilo die völlige Durchdriiigunjr durch
das Reai^ensniittel ist es, welche die Verderbniss herbeiführt.
Ich pflege daher folgendes Verfahren bei Behandlung verfolasster
Urkunden einzuschlagen.
Das Schwefelammon wird durch 40— öO''^ Wasser verdünnt;
dadurch wird die Schrift freilieh nicht tiefechwarz, sondern nur
braun, was aber ausreicht. Dann wird das Pergament untersucht,
ob e:? Wasser willig oder unwillig annimnil: im letzteren Falle
wird es zunächst vermittelst eines langhaarigen Finseh von 3 — 5 Htm.
Durchmesser mit reinem Wn--er anjrefeuchtet, die Feuchtigkeit aber
sofort durch eine La«,'G des besten Lösehpajners wieder aufgesoiren.
Dies bezweckt nur, das Perj-Miiienf für Annahme einer andern
Flüssigkeil, des Seh wefelammons . empfänglich /.u machen, damit
dieses nicht länger auf ilem Pergament bleibt, als absolut iniliiig
ist. Dann wird ein Pinsel von dersell)en Stärke in das veniünute
lieagensraitlel getaucht und die Obcrlläche der Urkunde möglichst
rasch damit angefcuchlet, doch nicht so sehr, dass die Feuchtigkeit
durchdringt Nach wenigen Sekunden f&rbt sich die Schrift dunkler,
dann wird die Feuchtigkeit durch aufgelegtes trockenes Löschpapier
(mindestens zwei Bogen) entfernt, und hierauf die Urkunde zwisdien
eine neue Lage trockenen Loschpapiers in die Presse gelegt, wodurch
sie zugleich die Falten verliert. — Der Pinsel muss nachher in
Wass. I v( ^'ereinigt werden: wenn ab^ seine Haare anfangen,
sich dunkel zu färben, so ist er zu diesem Zwecke nicht mehr
lirauchbar.
Ist die -Schrift nicid deutlich genug geworden, so kann das
Vorfahren wiodei-holt werden, was jedenfalls besser ist, als die An-
wendung' des unvermischleu .Mittels.
So ist diese Procodur selbst auf doppelseitig: be-rliriei)enem
Papier angewendet worden, ohne dass dasselbe sich dunkel gefärbt
hat oder gar zerstöit worden ist. Ich verwahre z. B. seit etwa
3 Jahren der Beobachtung wegen in meinem Schreibtische die gleich-
zeitige doppt Iseitige Papierabfichrift einer Urkunde des 15. Jahr-
hunderts, an welcher im Falle des Misslingens wenig verloren ge-
wesen wäre, da das Original wohl erhalten ist; ober von jenem
color cacruleus, der das Schwefelammon charakterisirt, Ist nichts zu
bemerken.
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■
Ueher die Auweuduug des ^k■ltwc'^elamluullium Imi verljücheiieii Urkunden. 52ö
Unerlässliche Bedingung ist aber, die öberflüssige
Feuchtigkeit durch Lagen von Löschpapier völlig auf-
saugen zu lassen; denn das Löschpapier, das zu diesem Zweck
dient, erhält stets jene meo^frfine, spät^ nocli dunklere Farbe und
kann daher nur wenige Male gebraucht werden.
Gerade dieser letztere Punkt scheint nach dem, was ich darüber
erfahren habe, bd der Anwendung jenes Mittels nicht immer be-
obachtet zu werden; dulier glaubte Ich, das von mir angewandte
Verfahren hier niiltlieilen zu sollen.
Grundsatz iniiss liviliih immer bleiben: Kei n e Reagontion,
ausser wo man vor der olaen ausgesprochenen Alternative steht!
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XXII. Literaturbericht
1. Julius Ficker« Professor an der k. k. Universität zu Inns»
brück, Beiliäge zur Utkundenlehrc. I. Band. 364 S. 8".
Ini)s))ruck, Vorlag der Wagner'sclien Universitäts- Buch-
handlung. 1877.
Mit ilcr ganzen Schärfe, Surt^faU und Gelelirsamkeil, die wir aiLs seinen
rechtflgesckichtlichen Forsehungen kennen, untentucht der Hr. Verfasser einige
der wichligslen «liplomatischen Fragen, um uns auch hier sogleich eine Fülle
neuer Gei-iclit-|>iinktc umi Kr'iinliiisse zu erschlips-jcn. Drr cr-tc Kiiuirurk des
Ituches mag leichl sein, dass nun das ganze kun!!lvulle Gebäude unserer miltel-
allerlichen Geschichte in Schwanken geratbe, da die Ergebnisse die Zuverlässig-
keit des bisher angestellten königlichen Itinerars zu geffthrden scheinen. Denn
dieses bezeichnet F. mit Recht als das feste Gerippe der Reichsgeschichte, welches
Reslattel aiich das tinjrenan Ucbcriieferte rirliliff zu stellen und nach Zeit und
Ort nicht genügend beslininile Macliricblen an den ihnen zukuninienden Slelleu
einsoreihen und zu verwerthen ; und weiter als den Haupthaltpnnkt für krittaehe
Unlersuohutigen der verschiedensten Art, als den Massstab, an dem wir vonugs*
weise Gliintiwüidijjkfit , Uiivcrrnischtheit und Echtheit der Quellen zu prüfen
haben. Hei ruhigerer rruliing ergilit sich doch, dass so weitgreifende und gefähr-
hehe Folgerungen nicht zu ziehen sind, dass die L'ngenauigkeilcn , welche
F. in echten Kflnigsurkondo) nachwdst, wieHrohl lahheidier und weitergehend,
als man bisher verniuthete, immerhin nur Ansnuhnien von der Regel bilden.
Wir zälden es nicht zu den periti<;steii Verdieiisleii des Verfassers, dass er sich
durch das Ueberraschende seiner Ergebnisse nicht verleiten liess die Linie, bis
zu welcher seine Sehlflsse berechtigt nnd, auch nur um Haaresbreite su Ober«
schreiten, l/nd wenn diese Ergebnisse anf der einen Seile manches, was bisher
als gesieherl galt, insbesondere <lie Zeit vieler königlichen Hamilungen, die drirch
Urkunden bezeugt sind, als zweifelhafl erweisen, so wirken sie auf der andern
Seite nicht minder cunservativ , da sie in bedeutendem Masse die Berechtigung
einschrftnken auf Grund von Widersprüchen und UnregelroSsstgkeiten einer Urkunde
aber deren Echtheit abaisprechen. Was die Frage der Echtheit von KOnIgs-
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Uteraturbcncht.
327
iirkuiiileii iK'tiiflt, gi'wiiiiit su ilir Aulupsic, liit« Pniriiiij.' lios SchrirLcliarakhT!'
erhöhte Hedcutuug und di*- nus^edelinte Arlwitüllif iluii({, die auf dies^Mii (ieliielu
der Forschung in der Praxi» liereitii eingetreten ist, erf&hrt ein« nene theoretische
Itci-hirertigung. Mag es in inam lDT llinsirlit Itfklap'iiswertli ersrhi'iruMi . wenn
die nlnit^dipfis so oiiiscitipe Arbeit des rrkmiilfiifDrsrln-rs sich .iiicli iiocli zur
lAim-viitririuig auf kleine Zeilräuine gezwungen sieht, ao wird doi-li durch dieses
Verfahren allein die endgillige Lfeung der gestellten Aufjpibe verbargt.
Hr. Ficker aber hat sich keineswegs die Aufgabe gestellt die Echtheit einielner
l'rkiiriileti zu prfifj-n. Er untersucht nur. oh aus iliescm luul jf-nfUi rm-taude an und
für sii h H'liun ihre I iieclilheil folp-. Indcui er feststellt, dass zur Erklärung' der
/ahlreii-hen \Viderä|irOche in der Üalirung t^cihil oder zwischen der Dalirung und
anderen urkundlichen Angaben die Annahmen der nUschung oder von Schreibfehlern
nicht ausreichen, findet nr dii- yjeforderte anderweillRe ErklSrun^r in der Heziehunn:
ilr>r widersprechenden Antiaheu auf vcr^hiedene Zeitpunkte. Als Hegel darf
niiui festhalten, dass hei üatirung der Königsurkuuden sowohl Zeit- als Orts-
angaben auf die Beurkundung, nicht die Handlang la beziehen sind. Diess
wird nachgewiesen ans mehrfachen Beurkundungen derselben Handlung mit ver-
s<diieilener üatirung. au« Angahen des Textes (Iber die Zeit der HandlInl^' und
aus Verschiedeidieit des Ortes und der Dalirung. Nun reipl aher der Verfasser
weiter, dass Handlung und Ausfilhrung des Beurkundungshefehls oft zeitlich aus-
einander fallen. Beweisend erseheinen hier vornehmlich die lahlreiehen Fftlle,
wo Urkumli ii für einen Ort, an dem sieh der König gerade vorher aufgehalten,
an eineiu lieiiaelihard ii. in ih r Hirhiunp des Itiiicrars lie^'enden Orte aus^reslelit
sind und zwar oft an einem sehr unbedeutenden, bei ilem es von vornherein
unwahrsebeinlich ist, dass dort Regierungsgeschäfte vorgenommen wurden. Einen
besonders nchem Haltpunkt gewflhren die Falle, in denen wir auf Vornahme
der Handlun'„' auf Hf)ftagen s« hliesscn dflrfen. Ueberladung mit GesrhSlleii,
kürzerer Aufenthalt, verspätete Kiiihrin!.Mm'^ <ler tiesurhe werden es h.Tuli'^ nicht
crmöglirhl haben, dass die Kanzlei die Verbri(;fung aller Geschäfte am Orte
selbst bewfiltigte. Dieselbe wurde dann erst an solchen Orten vollendet,
Welche der König auf -einer Weiterreise berflhrfe. Ficker weist diess schlagend
nach diurli zahlrej« In- Fidle einer Dalirunfr au-* iler Nachbarschaft des Hf)flags-
ortes über solche Gegenstände, deren Handlung auf dem Hoflage s<-lbst vor«
genommen srin wird. Hier kann ich nur den Schluss auf tinen Hegensburger
Aufenthalt Ottos I. 968, den Ficker (S. 149) für sweifellos hllt, nicht als richtig
anerkeiuien. Ganz Baieni befand sich damals im Aufstande gegen den KAnig
und die Landeshauptstadt in den Mäiideu der Kuijiörer. Die A.isstellung von
königlichen l'rkunden in Schierling und Aufhansen, kleinen Orten südlich von
Regensbnrg, hingt vielmehr damit ntsammen, dass der KAnig Regensburg be-
lagerte und die Umgegend verheerte. So erklärt sich auch der namhafte Zwischen«
räum der beiden Daten (N-.v. 2'J u. Dez. 10). den Ficker bei seiner Auffassung
natürlicli sehr auffallend linden nujss. Ausdrücklich berichtet von dieser
Belagerung Regenhurgs d«r Fortsetier Reginos (Script. I, 622); und Widukind
sagt (H. G. Script. IH, 466), dass die Baiem, ehiusi muris, dem kAniglichen Heere
viel ZU scharfen machten und Odo zwangen gegen Nenj.ihr infecto uegotio nach
Saeb-fii ziu ückzukehreri. S. 150 spricht K, dann von einem Zu<,;e Mr-inriehs II.
dunh das hechlelil, wrduend doch die l'rkunde vom 14. Nov. zu Mainz rechU?
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328
Uterainrberichl.
Vom Ideell, (lif vom Ifi.. wip ich l>»»roil>« an inidiitni Orte bfiiicrklt'. zu liininir
uiiwt'il vom Amniersee ausgeslellt ist. Docli diess sind nebensächliche Bemer-
kungen, die FIckers Schlussfolgerany im AUgemeinen ihre Tolle Geltung lassen.
Datirung nach dar Handhmg kt also nrdfdlos nur als Ausnahme von der
lli'^'i'l zu lielrachteii ; alter diese Ansnalnne lässt «ich doch in sehr vir-Ien Füllen
narlivveisen. Dudurcli erklären :>ii'li nianehe \Viders|irüche zwischen Üatirunj; und
anderen urkundlichen Angaben, insbesondere die so oft als Beweis einer Fälschung
hervorgehobene Kenntniss spftter«' Thatsachen, Reoognition durch einen splteren
Kanzler oder AnfQhnni^' nicht passender Zeu^'on. Auch die Erscheinung von
Kaisenliploinen aus der Köni^rs/eit erhiHt durch dieseti .Nachweis ihre Erklärung'.
Diese Unregelmässigkeit ist ohne Uewicht für die Richtigkeit des Itinerars; denn
wenn nch nnr Tag und Ort auf denselben Zeitpunkt beaehen, so ist es fOr
diesen Zweck gleiehgiltig. oh diess der der Beurkundung oder dar Handhing ist.
Anders liet,'t die Sache in jenen ebenfalls nachtrewiesenen Ausnahtnsrnllen . wo
die Datinin;.' nicht einlii itlich hi, sich zum Theil auf die Flandluiii: zum Tlieil
auf die Beurkundung bezieht. Meistens wird man hier Datirung nach dem
Orte der Handlang und der Zeit der Beurkundung anzunehmen haben; doch
sind auch solche FSile nicht selten, in denen bei Datirung nach dem Orle der
Uandhuig die Zeit- ndt-r die Jahresangahen thcils dieser theils der Beurkundung
entsprechen. Beispiele für das umgekelirte Verhältniss, Datirung nach der Zeit
der Handlung und dem Orte der Beurkundung, finden «di niehl in gleicher
Weise und hierin erkannt ?, mit Recht einen wichtigen Beleg dafOr, dass die
Widersprüclip der Datirung nicht etwa auf Schreibfehler zurückgeführt werden
kennen, ilu iinch iHc An-^nahmen wicdiT einer besondern l'n-vrcl folgen. Ver-
einzell stellen auch Kalle willkürlicher Datirung, su willkürliche Zurückdatiruiig
oder Vorausdatirung nach der Zeit der bevorstehenden Handlung mit willkflr-
licher Ortsangabe. In solchen Fällen, da Handlung und Beurkundung durch
längeren Zwisclienranm getrennt siml, werden Bittsteller und Fürbilter der Hand-
lung entsprechen, die Becognition aber der Beurkundung. Nicht su einfach ist
die Frage heiflglich der Zeugen zu lösen. Durch eindringende Prflfung ergil»t
sich, dasB auch ihre Besiehung auf die Beurkundung die Regel bildet, dass jedoch
selir viele Ausnahmen nachweislrar sind und das^s selbst willkürliche Vermengung
von Handlung!?- mid Beurkundinip«/eugen vorkömmt, ohne da^s in der Urkunde
eine bezügliche Andeutung oder deutliche Scheidung der beiden Zeugenklassen
gegeben wire. Bei der Untersuchung dieser Frage herilhrt der Verfasser auch
die Interveiiienten, unter denen er zwei Hauplklassen unterscheidet: Personen,
die in näiierer Iti /iclnnig zum Fiiipfringer des Diploms und solche, rlic in näherer
Beziehung zum Könige stehen. Ihre Nennung hat vielfach keinen andern Zweck
als den einer ehrenden Erwähnung; häutig aber soll dadurch auch das Gewicht
der kflnigtichen Verffigung verstflrkt werden. Die Intenrenienten bilden sieh
dann zu Zeugen um und zwar flllt der Uebergang in seinen Anfängen in die
Begienujg Heinrichs IV. Unter «einem Naclifolger überwiegen noch die Für-
bitter, unter Lothar schon durchaus die Zeugen und weiterhin werden Fürbilter
nur noch vereimelt genannt.
Nicht nnr grundlegend, sondern in der Hauptsache wohl geradem abecblieasend.
bilden diese rnlersuchunpen Ober Dinge, die noch nie zupiimmenfapspnd erflrlert
wurden, den Kern des Bandes, ihre Wege aber füliren den Verfasser auf manche
Lileralurberichl.
andere fYagen von nicht geringerer Wiehtigkeit, von denen ich die Entwicklung
des Privaturkundenwesens uml die Bedeutung der Traditionsbüclier liervortiebe.
Ficker betont, dass die Privaturkniide, ganz anders als ilas krmi^'lii he r^rär ept,
nur dadurch wirkte, dasu sin die zur Begründung der Hechl-sliesländiglioit eines
Geschältes nOthige gerichtUdie oder doch ftflentlicbe HandUuig als geschehen
erwies. Das alamonnische und hairische Volksrecht verlangten aUerdbugs hei
Sclienkiiniicen an Kirclicn die Aufhahme einer Urkiuidc und damals wurde die-
selbe als ausreichendes lieweisminel anerkannt. Seil (1»t kanilingiscben Zeit
aber trat der Urkuudenheweis zurück, der nur in Folge tler lierültrung mit dem
rOmiseben Recbtskreise in die deutschen Rechte Eingang gefhnden hotte. Diese
Entwicklung hängt /usainnirn mit iler Verschlechterung der urkundlichen Formt
die in Dentsrliland dureli den Maii^'el des Xotariates herl»eii.'>Tnlirt wiinle. Wenn
man nun gleichwuhl noch Urkunden fertigte, geschah es vornehralich, um durch
die Urkunde den Zeugenheweis lu erleichtem. Halte aber die Urkunde nur
mehr diese Bedeutung, so konnte sie ja auch durch unbe^aubigte Akte ersetst
werden, durch Auf/eichnungen, welche zwar sp.^ieren Zeilen eine Kenntniss ver-
mitteln sdllten, inshesonderp aueli fdr Zwecke der Ileciilsverfolfrun^r, wt'lt he al»er
an und iür sich uicbt bestimmt und geeignet waren aU Beweismittel zu dienen.
Hierin findet nun der Vtnf. vornehniUcb die ErkUlrnng fOr das Aufkommm der
Traditionshflcher, wenn auch selbstverständlich die Aufnahme eines Traditions-
akles, sei es auf einem einzehien Blatte, sei es durch Eintragnn? in das Tradi-
tionshuch, nicht uusscliliesse, da.ss dieselbe JSache auch beurkundet wurde. Vor-
wiegend aller seien in den Traditiuiisbilchem nicht etwa nur Auszüge verlorener
Urkunden erhalten, vielmehr habe der in das Buch eingetragene Akt ilberwiegend
das einzige schriftliche Zt u^Miiss gebildet. Für die Tradittcmsbflchef etwa vom
10.-12. .lahrhdt., ^rlaiihe ich, wird man dem Verf. hierin zustimmen mflssen.
BekauaUicb liegen ja nur über den kleinsten Theii der in den Traditionsbücheru
dieses Zeitraums veneiebneten Rechtsgeschäfte auch Urkunden vor. Oass alle
andern verlöten gegangen sein sollten, ist undenkbar. Fflr die freilich nicht
häufigen Traditionshürher älterer Zeiten aher, in denen das Volksrecbt in Kraft
war, wird man wegen der gesetzlich geforderten Urkundenaufnahme doch daran
feslbalteu müssen, dass über alle hier verzeichneten Hechtsgeschäfle auch Ur-
kunden vorbanden waren. Wenn wir auch von diesen älteren die wenigsten
besitzen, so lässt sich hier der Verlust leichler erklären. Seit ilmi 13, .lahrhdt.
wird dann der Urkunde wieder grrKsseres Gewicht beigelegt. Jeder Archivar
weiss, das» von nun an die Tradilionsbüclier allmählich versiegen, während die
Urkunden häutiger werdoi. Vieler erklärt diese sehr gni durch das Aufkommen
der Besiegelung. im Segel glaubte man nun eine sichera Bfligsdiaft dafür su
finden, dass das urkundliche Zeugniss wirklich vom angeblichen Aussteller her-
rühre. .\uch bewirkte, wie es scheiiil. der Hehrauch iles Siegels, dass nun der
\Verlh der Likuude als Zeugniss des Ausstellers mehr beachtet wurde, während
man sie frfiher «mächst wohl als Zeugniss des Schrdbers behandelte, das nur
durch die Zeugen Bctleulung gewann.
Von hohem Interesse ist auch der letzte Al)schnitt, «ier über die Vorlagen
bei der Beurkundung, zunächst über Formulare und Vururkunden bandelt. Als
Vorurkunden beiwlehnet der Verf. mit Rflcksicht auf eine spätre Beur-
kundung jede schon früher vorhandene Urkunde, welche bei jener vorgelegen
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330
UteraturberichL
und auf die Gestaltung derselben irgend welchen Einfluss geObt bat, mag es
sieh dnlioi nur um Formelles oder um Sarliliolici« liandelii. Oft legte man Werth
darauf, Ni>iiaiisft'iiipimp-ii iiiilrr Hfiliclialtiiiii; der iirspn'iiiu'lii lH'ii Fassiuij^'. alw
insl)eH.utiderc uurli des Naiiieii.s des Aiisstcllei's und der Ualirung zu erhallen.
Dieser Fall miirt am leichtesten zu irreleitenden Widersprachen und Ui^tmauig«
keilen. Doch werden solche flberhaupt bei jeder Benntsung Älterer Urkundm
nahe gelegt. Auch bei den Königüurkiinden lüssl sich irreleitender Einlluss der
Vorurkiinden vielfach nachweisen. Eine ältere Form der H^>^r]aubi^'lln^r vor-
gelegter Urkunden in der köni^lidien Kanzlei ist die dun-h Unterzeiciuiting.
Weniger vereinaeh ist die Beglaiibigiuig von Privaturkunden durch angekündigte
oder durch nachlrntilirhe Siegelung des Königs. Fflhrt die letstere zu leicht
erkennltaren \Vid( rs|»rn( lH'ii . -i» ist es daf^epMi sclnvierijrer zu dnrclisrhauen,
wenn ein nicht in «ler iteiohäkunzlei geferli^'ter Text einer Königsnrknnde be-
glauiiigl wird. Solche Fälle veranlassen weniger Widersprüche ab Aufruliende^,
Unterschied der Schrift, Wechsel der redenden Person u. a. Aus der Neuaua«
ferlij.Mnig älterer Urkiniden liat sich später die Form der Transsuniinuig, der
wörtiiclicn Einrürkunp, entwickelt. Der er.sle unverdäcbtifre Fall eines Trans-
sumtes aus der Ueieliskanzlei dürfte nach Kicker eiue Urkunde Heinrich:» IV.
von 1078, Hai 20. fflr das Blslhom Basel sdn, worin ^ine Urk. KOnig Konrads
transsumirt ist. Aus Privaturkonden Deutschlands nennt Fieker als den ersten
ihm bekannten Fall eine T'rkiinde des Bischofs von Sfrassburg von 1158, worin
zwei rrkiinden 'deiner ViMfiäiitrer wörllirh aufgenommen sind, „.ledenfalls war
die Transsumirung im 12. Jahrhdt. noch wenig üblich . wie .sich schon aus der
Ungeschicklichkeit ergibt, mit der man sich der Aufgabe entledigte*. Ausser
Fonnnlaren und Vorurkiimlen k'mnnen aber noch Vorlagen wesentlich anderer
Art in Betracbl. Bei V<iriialime liner lUchlsbandlunsj mnsste es nab<' Herren
die massgebenden Umstände derseiiien, Hergang, Zeugen, Ort und Zeit sogleich
»1 fixiren, um dafOr spftter nicht lediglich auT die Erinnening angewfesen »i
sein. Eine solche Aubeichnung, in der man noch keineswegs beabsiebttgte ein
an und für sich ^rilti^'es Beweisniillel zu schalTen, bezeichnet Ficker als Akt,
da der Ausdruck Ppitnkoll in der neneren rrknntli-nlrlire in amlerer Bedeutung
in Gebrauch sei und der Ausdruck .Notiz die .Sache zu wenig beslinnnt bezeichne.
Nun fallen diese mittelalterlichen «Akten", wie sie Ficker im Sinne hat, in ihrem
Gegensätze zu d(>n Urkunden allerdings mit den neueren Schrifstflcken zusammen,
fiiv ueldie die nezcirlmiMi;; i\U Akten wie im {.'ompineti Ln-lten >o rlem Hi-^t«iriker.
■lurislen und Archivar geläuiig ist. Meist vereinzelt slehenü und mehr zufallig ent-
standen unterscheiden sie sich aber doch wieder von diesen, die gewöhnlich eine
längere Reihe bilden und auf dem Wege regelmUssiger Geschftflsftthning er-
wachsen sind. Man kniin daher ■lie Frage aufwerfen, ob sich nicht Wr die TOD
Ficker Iiier bes|ii-o< li,.ii('n Auf/i icbnunjjen des Miltelalfei's ein neuer Ausdruck
besser empfehlen würde. Mittelalterliche „Akte" haben sich besonders aus der
Kanzlei des Bischofs Meinwerk Ton Paderborn zahlreich erhalten. Aus der
Reichskan/li'i dürlle von Akten nichts älteres liewabrl sein ab die Ton Ficker
<r\h<{ in Pisa ;:efundenen Knni}: Heiiuicbs VII. Da aber eine treregelte (Jeschäfls-
führung anders kaum denkbar wäre, ist wahrscheinlich, dass von jeher Akten
der Hofkanzlcl bestanden, d. Ii. da»» gleichzeitige Aufzeichnungen über die ver^
schiedensten Handlungen am Hofe gemacht wurden. „Aber man betrachtete
LiUraturbericbL
H31
sie wolil nur als Erieichterung f&r den GesrhAftsbctrieb von Torabergehendero
Wprih ; fibor eino ^rewisse Zeil liinaus winl man sie kaum mifhewahrl. sirlier
nicht zu Haiuk'ii gehabt liahon, tin lit im fr)r1\välin iiil' ii Waiiilcni (h's lh>rts dio
voll der Kanzlei inilgcfilhrleii Archivulien duch zwi-ilello!» ein hcülinuuleä Mass
kanm flbendneiten durften.'* Zur StQUe dieser Annahme kann man darauf
hinweisen, doss sich im gegentbeiligen Falle, liei iSngerer Aufbewahrung der
Akten und Qbcr}iaii|it lici i^Tunhiplcm Hpichsanhivwesfn, kaum i-rkhlren Ursso,
wie Fälschungen von Kiini^'^urktiiidcn die H«-stätigung eines Nachfolgers linden
konnten. Dos» diess in auägedehnlt-ni Ma^sse vorkam, zeigen z. Ii. die Urkunden
fOr Filigrim von Paasau. Auch Akten kOnnen durch nacbtrigliche Siegelung
begfauibigt und ein>T Urkuiiilo ^'i«-icbgestellt werden. In Deut<( I 1 in l sind die
Formen in dieser l'iolituiig sehr schwankend, Wfihrend in Italien das Notariat
festere Formen entwickelte und festhielt. Hiciler.
2. Karl Friedrich Stumpf-Brentano Die Wirzburger
Ininiunifät-Ürkundon des 10. und 11. Jahrhunderls. Zwei
Abhandlungen. Innsbruck, Wagner 1874 — 1876b
Es ist StumpTa Verdienst, luent Qbeneagend naehgewieeen su haben, dass
das vieUMilvochenc Privilegium Kaiser Heinrichs IL von 1017 (18), dieses „älteste
Zeuptn'ss vom VV'irzliur^'isclieii Herzogtlnnn", wie es Hirsch noch nannte, eine
Fälschung, dass dieses Diplom ebenso wie die üestäügungsbriefe von 1082 und
1<M8 HachweiAe des 13. Jahrhunderts. Alkii dannl begr(liideten*staatsi«cht>
liehen Schlössen und Erwflgungen Ist dureh dieses Resultat der diploinatiseh-
hislorischen Kritik der feste Boden entzogen. Stumpf geht aber noch weiter.
Nachdem er »chon in den Acta iniperii Hlier die Kchtheit der Wir/lturgischen
Imnmnilätprivilegien der Uttonen, in welchen jene späteren Faisilikate gleichsam
wunefai, Zweifel geftussert, fahrte er in vnrliegender Schrift (1. Theil) diese Be-
denken weiter aus und ;:i'l;iiipte nach eingehender Untersuchung der äusseren
Merkmale, der di|i!nniati-irlii n P'nnnelti und iles Itiluilt- zum Schluss. <la.ss auch
diese im Münchner Ueichsarcliiv verwahrten Diplome (Klu's I. vom 18. August
974 und CMto's m. vom 16. September 996 aus der Reihe der echten Dokumente
su streichen srien. Er gbubt sogar annihenid die Entstehongss^t bestmimen
zu kftimen. Nach Errichtung des Bisthums Bamberg, da manche Wirzburtrische
Interessen durch diesen Nachharn "^'cfährdet schienen , und zwar in den Jahren
1045—1052 wäre wohl der streitlustige BiiK-hof Adalbero auf den Gedanken
gerathen, «ur BegrOndung der AmqirQche seines Hoehstift« >von AHers her« sich
des auch anderwärts wohlbekannten Mittels zu l>edienen. Zur Begrflndung seiner
Ansicht stellt Stumpf vielleicht in allzu reicher Fülle einen Vorralh von
Beweismitteln zur Verfügung, wie ihn nur ein Forscher sanuiieln kann, der
diesen Studien dn thitiges Laben gewiAset hat, vnä flbauo wenig braucht
man besonders xu betonen, dass alle einseinen Anhaltspunkte mit scblrfster
Akribie geprüft und verwerthet sind.
Gegen die Behauptung Stumpfs trat ai>er Bresslau für die (Jeimitäl der
Immunität»- I rkunden auf (Gött. gel. Anzeigen, Jahrgang 1875, S. 998) und
suchte dureh WidorhiKm^ aller Verdachtsgrflnde lur Uebmeugung zu fOhren, gdass
der Angriff gf^en die Echtheit unserer Urkunden alsunsubstanliirtsuracksiiweisen«*
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332
LiteralurliericUt.
Zur Aliwebr verOfreiitlichle nun Stumpf einen zweiten Theil seiner Ab-
handluny, worin auf's Neue Punkt fQr Punkt alle Einwfinde, die seiner Auf-
fassuiig von Hresslau ent^'ef.'eii{:t'stellt wurden, niitct-urlit uihI verworfpn werden.
Auch Heferent neigt nicht /nr Ansicht, dass eä Bresslau gelungen wäre, alle
von seinem Gegner in's Treffen gerührten Beweise tu entkriftsn. Nur eine
Thntsa^t die nach unsrer Ansieht am gewichtigsten in die Wagschale flUlt,
sei hervorgeliobpii. Aticli Brosslaii nniss zupeben, dass beide Dokumente, das
eine anjjeblicli ans iit>r Kanzlei (HId's I. im .labn« 974. das anilere uu.s der
Kanzlei Ottu's Iii. im Jahr 996 HUi>gugangt'ii, von einer Hand geschrieben sind.
Die der Abhandlung Stumprs beigegebenen facsimilirten Schriftproben gestatten
darflber keinen Zwciffl, l?i<'-.-l.iii liTill -.nn sirli iiiclit für iiiulenkbar«, dass ein
(i( i<tlirliiT iln-issifr Jalire biiKiiircii im k;ii<i>rlirlHMi Kanzleiiiiciist gewirkt liaho.
Undenkbar allerdings ist es nicht, aber int Hinblick auf den Usus jedenfalls sehr
anffUlig und unser Verdacht wird bestirlct, wenn wir sehen, wie dasjenige
Sebriftstflck, das der nftmliche Schreiber nach einem Zeitraum von mdir als
zwanzit; Jahren gefertigt haben soll, ganz die nftmlichen ungewöhnlichen graphi*
sehen Eigetithümlirbkcilen, den näinlirli'-n Ihictus aufweist wie das ältere.
Dessenungeachtet kann sich Helereiit nicht dazu enlschliessen, die Streit-
frage als vOliig erledigt anxosehen. Die in Fieker*s Urkundenlehre gesammelten
Beispiele mahnen zur Vorsicht nnd warnen, auch bei hOchstaufT ll' i^lt n Unregel-
mässigkeiten nicht ztun ziinärbst liegt iidcn An<?weg, 7iir AniKihinc ib i Fäl?rbnng
zu greifen. Mügen competenlere Fachgenossen sich ein entsclieidendes Urtheil
erlauben, Referent hAlt dafilr, dass ein abschliessendes Ergebniss, eine vommniiien
befriedigende iJJsung der Streitfrage noch nicht geboten sei.
Es ist zn bedauern, da;<s in diesem jilngslen bellum diplomatieum von per-
sönlichen Invectiven nicht durchweg Umgang genommen wurde. Ugl.
3. Dr. Uojj(M Wilmaiis Dir rrkiin(ionnilsehungen des
Klosters Abdiiigliof und die Vitii Meinwerci. Münster,
Regensberg. 1876. 38 Seiten mit einer photolithographi-
schcD Tafel.
Zu Ch. H. Kckhard's (Inirod. in rem dipl. ed. II, 6) Satze - Satis constat,
nnlla fere collegia, imlla monai-leria a lalie fal«orum instrumentorum immunia
esse, — giebt einen Bele^' die un/iehend durchgeführte Untersuchung, wie mehrere
llAnche des Paderbm-ner Klosters Abdinghof um die Zeit von 116S bis 1188, als
der Pabst ihre Privilegien und Besitzungen besiätigfe, die (Jelegenheit iM iiiitzlen,
um *2 KaiscnirkiMidcn und dazu 25 Hisrhufs- uml Alilsnrkinidt'ii , deren
ürigiuaie durch Üraud untergegangen waren, nach Aufzeichnungen, die über
ihren Inhalt sieh erhalten hatten, zu emeuem und mit nacbgemachtMiSl^eln lu
versehen, und swar in einer Weise, dass die Urkunden nunmehr die Mngst erstrebte
rnabbfingigkeil von der Rerichlsbarkeil des bischöflichen Vogts erwiesen. Da der
Hi<igra|di Meinuerks die lieiden Kaiscrurkuiiden litMintzte und zwar zum Theil
wortlii'li, so glaubte Verf. im Widerspruch mit andern Ansichten den Schluss
siohen su kOnnen, dass Jener ebenfalls erst in der Zeit von 1168 bis 1188 sein
Werk vollendet habe. L.
LStoratarbeiieht.
333
4. Albr. Wagner Uober die deutschen Namen der ältesten
Freisinger Urkunden. Ein Beitrag zur Geschichte der alt-
hochdeutsche Sprache in Bayern. Erlangen, Jakob. 1876.
60 Seiten.
Es hMo. Graf llumlt in stMnen Ijayerischen Urkunden aus (l«>r Zeit der
Agiioltinger (Abhandi. d. tust Kl. der bayr. Akad. d. Wissensch. XU) alle da-
tiiten Stocke dieses Zeitraums in ehronolo^schen Regesten vofgelegt Es er»
hellte daraus, <lass eine Darstellung der liauleulwic kluiiu' nur aus dem l)en"ilinilen
KozrohVrhi II Traiiitionen-doilex im Heichsaicliiv unVlii^li s. i. Dieser Auf^Mlie
imlerzog sicii VerC in einer sehr lleishigen Arbeil. Naclidem er zunächst fesl-
geateUt, dase Koiroh »risehen 8M und 818 seine Abeehriften gefertig:! hat,
and nachdem wahrscheinlich gonacht ist, daas er sich dabei möglichst genau
an seine Vorlagen hielt , stellt Verf. aus der Handschrift zunächst die Xamen
aus 170 i;enau dalirleu Frkuuden bis /vun Tode Karl «les Grfjsseii VKlIstnudig
zusammen, verfolgt sodann d&s sich darin ofTenbarende Gesetz der Laulumwand-
lungt und Icommt zu dem Ergebniss: dass ungefUur die gleiche Entwicklung bei
den drei grossen Slämuien, die sich in das althodldeutsche Spi-a('li<;>-l>ii-t theilen,
sich vollzo^'en hat, und zwar bei den Franken suerst, ImiUI dauach bei den
Bayern, unU etwas später bei den Alemannen. L.
5. Dr. Th. Sickel Ueber Eaiserurkunden in der
Schweiz. Ein Reisebericht. Zürich, Höhr. 1877. 103 Seiten.
Professor Rickfl besuchte im vori|.'en Herbst die Archive und Hililiotlieken
in SL Gallen, i'.huv. Disenlis, Luzern, Bern, Lausanne, SchafThausiMi, Eint^iudvln,
ZQrieh, um die Königs- und Kaiaerurkunden derselben von 911 bis 1002 kennen
zu lernen zum Zweck der Herausgabe in den Monum. Germaniae. Von den
Archivaren und l^ildiothekaron mit der pr^^ssten nereilwilligkeit unterstützt, sam-
melte er einen bedeutenden Schatz, und verfassle auf Ersuchen des geschAfls-
leitenden Ausschusseü der allg. geschichtsforschenden Gesellschafl der Schweiz
einen Reisebericht voll lehrrncher Hlttbnlungen, welchen der Gesammtaussehuss
in oben genannter Schrift veröfTcnllichte. Zu bessern r. l , i sieht ist eine Tabelle
bei^'efü'p'l , welche auf die Au|,'al)eti von Bfihmer Stunipt und Hidber verwejst.
Nach soi^fältigen Vorbereitungen und bei dem schönen Zusammenwirken der
GesammtheH der scbweisarischen Historiker durfte Sickel wohl meinen, dass
ihm in der Schweiz nichts entgangen sri, was Diesen als in den Sammlungen
des Landes vorhanden bekannt. »Aber noch immer katni Material för das
Urkunden werk, an dessen nuVgiichster Vollständigkeit und Vollkommenheit uns
allen, welchen Theil des einstigen deutschen Reichs wir bewohnen mögen, gleich
▼iel gdegen ist, noch immer kann solches Material an Orten verlxHven liegen,
welche iee heimische und sesshafle Fachgenosse weit leichter aufspüren kann,
als der zur Eile gedrängte PVemdling. Jenen also, soweit sie im Dienste imserer
Wissenschaft zu stehen sich bewusst sind, liegt es ob, die Nachforschung fort-
snsetxen.' £.
334
LiteraturbericbL
6. Die Archive des fürstlichen Hauses Schwarzen«
berg ä. L. BeitrSge zur Geschichte und Statistik derselben.
Wien, Fürst]. Schwarzenberg. Gentraiarchiv. 1878. 1Q2 Seiten
mit Tabellen.
Schon der Abnherr dieses Fürstenhauses, Ritter Erkinger von Sawnsheim,
denen Geschlecht sieh urkundlich bis in die xweite Hälfte des zwölften Jahr*
hunderts hinauf veriiolBen Usist, hielt, als er cur Zeit Kidser Sigmunds seine
grossen Gflterkäufe in Franken machte, sorgf&ttig darauf, dass alle Urkunden
über diese (Jüler mit ritn r|_'(»l)nn wurden. Gegenwärtig nennt das Haus S hwarren-
berg Güter sein Eigen itu Umfang von SS'/* Quadratmeilen, jene Erkuiger'iiche
FQnorge hat aber niemals gefehlt und niemals nachgelassen. Bs beritit deshalb
an SU Standorten 46 Archiv«-. A'w von 9 Beamten verwaltet j&hrlicii etwa
16,000 fl. kosfpii. Ueber di- se Archive verbreitet sich ili<> (.'i-nannte Srhrifl, die
sich zur Aufgabe stellte, wo möglich auf den Ursprung je<ies Archivs zurückzu*
geben, seine allmfihlige Entwicklung und wechselnden Geschicke xu verfolgen,
Substans Natur Charakter und Eigenart der Arehlndien danalegen, die Ein-
richtung /II M iMiischaulichen, und die Art uinl Weise der Benfltiung in einer Reihe
bestimnitiT l):itfn iiaclizuwfisfi:. Die Aiirtrahe ist so IrelTlich geh'isl, dass die
8chwarzenberv;'!$chen Archive .sicli nuunielir in ihrem eigenen Spiegel l>eHcbauen
können, aber auch fthnliehen fOrstUehen Archiven einen Spiegel vorhalten, um
»1 seh«i, wie sie sind und nicht a«n sdlten. X.
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XXIII. Kleinere Mittheilungen.
1. Zur Verlegung dt$ lätMner und Koblenzer Arrhirs naeli Bonn war Iw
il<M- itriMissiscIiiMi Kammer von der BiidK^^tkomiuissioii ilir Hi'willi}.'iiii<,' von
8(l,0(JU Mark ab er^üle Haie der Baukosleii lieantnigt. Die Verhandlung; darüber
am 15. Febr. d. J. Irug einen erregten Charakter. Der Abgeordnete Dr. Petri
aus Nassau verlangte AÜehnuiq; des Antrags, und die AuffSorderung an die Staats»
rej;ieiuiij,': „wejjen Vorlegung des k. Staatsarchivs zu Idstein nach Wiesbaden
mi<l ili sjtMiii^.-n th-~ k. Staatsarchivs zu Koblenz nai li Bniin dpin nächsten Landtag
anderueite Vorlage zu niaciieu". £r erklärte: diese Angelegenheit sei keines-
wegs bloss nassauiscber Natur, vi^elir eine Prinripienfrage darin enthalten.
Das Prinzip der Deientralisation sei in <er Regierungsvorlage verlassen, im
Va-'-niiischen aber »lie Erbitterung gross. Das Mj^leiiier Arc^liiv sei das hmcIi-
lialtiyslf an I rkiuiden iia««ani8cber Gescliiclile, und man werde keineswegs gut
lliun, hlusä im Interesse der deutschen Geschieb taforscher ein solches Archiv
aus dem nassauischen Lande anderswobin su verlegen. Wenn man sage, die
Entfernung von Nassau nach Bonn sei gar nicht so weit und es würe diese
Reise fQr die Nassauer eine KN'iiiigkfil, dann runs-.' ja ancb für ili»' Bonner
Kinwobner die Heise nach Nassau eine Kleinigkeit sein. Er ersuche das Haus
dringend, nicht die hetaniUlichen Urkunden aus Nassau hinausmnebmen; denn
habnatUdie Forschung sei so recht ein Ergebniss der Liebe tum Heimatlande.
Wlren die rrkundeii einmal ausserhalb Nassaus, (la»ui wCirdeii sie lange nicht
mehr mit doinscIlK n Eifer und ViTständniss sludirl worden. Ks handle sich
hier nicht um ein .Natiunalgefübl, sondern um ein l>erecbtigtes lleimatsgefQhl
der Nassauer, welches man respektiren mflsse. Er stelle das Recht der Nassauer
unter «len Schutz der preussischen Volksvertretung. - Auf diese mit lebhaftem
Beilall aufgenonunene Hrde crwiciliMto der Hf^'icrungs-Konmiissär (icneraldireklor
der Staatsarchive Ur. von Syl»el : dass man die Archive eben nicht von dem
Boden oitfente, auf dem sie gewachsen seien, wenn man sie nach Bonn bringe.
Die Baulilligkeit des Idsteiner GebSudes bedinge eine Verlegung, und die Ver-
legung nach Wiesbaden werde mit erheblichen Mehrkosten verknüpft sein. Zu-
dem empfehle sich die Verlegung narh Bonn, weil dies eine Ijiiiversitälsstadl
und damit der beste Boden für die Archive sei. Von dem Frinzipe der De-
sentralisation beabsichtige die Regierung nicht abaigehen; denn es sei nicht zu
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336
Kleinere MitUieilungen.
leugnen, da^ der liislurische Zu.saii)nieiiiiang der nassauischen Landeslheile mit
dem linken Rheinufer, dessen Urkunden im Koblenzer Aiduv rieh Anden, ein lehr
enger sei. Ca handle sieh also nur darum, ZuaammengehAriges lusanunen*
zubringeil. — RAckeratb belon'o: fs niHssp fine rlipiiii<rho rnivprsiläl audi iliiv
Universilätsscliritze, ihre UrktiiitJon für den l iiterricht haben, und fr kruuic
desshalh inunerhui Tür die Zut<anuiienlegung der Archive Idstein und Kolileiiz
nach Bonn stimmen. — Dr. Miquel hielt dafOr, dass Urkunden dahin gehörten, wo
sie entslaiulen sfien, Kiiion rnli-iiiclitsiweck ftlr Univcrsitälen liältt'ii sie crsl
in zwcittT I/ini»'. Die „'rössten Hisldiikor ci-irii niis dtT Bonülzuii'^ dor Archive
liervurgegaugeu und t>eien zu dieser bonülzung aieist aus Inleresse für ihren
lieimaüiehen Boden bewogen worden, nachdem sie die Arehivbinde vielfach erst
zu juristischen oder anitera Studien bitten benutzen wollen. Solche Archive
wflrden von der Bevölkerung nberall als inoralischfs Eigentlmni hctrachtel. und
man verletz»' lUe Bev«\ikoning, wenn man dieselben aus der Meimat nach anderen
Orlen schulTen wollte, um lediglich studentischen Zwecken zu dienen. — General-
direktor V. Syhel wies dagegen auf den billigen Preis hin, den die UniversiUt
Bonn für den Bauplatz fordere. Wolle man sich al)er in die engen Grünten •
zurückziehen, wie der Ab|.'. I'etri es wünsche, dann müsse man auf norli kleinere
Distrikte zurückgehen. — Fmanzminister (lampiiausen erklärt sich mit Miquel's
Satiee im Allgem^nen elnventanden. Aber jene beiden Arehhre seien nidit
blos auf der rechten, sondern aueh auf der linken Rheinseite erwachsen, und
indem man sie auf i Iinkei\ Pilieiuseile unterbringe, entferne man sie nicht
weseiillifh von den Laiuleslheilen . dfiien sie an^'eliören. Die Staalsregiernn'^
werde die Frage einer nochmaligen Erwägung' unterziehen : nichts habe ihr ferner
gelegen, ab der nassauischen Bevfliktrung irgend eine Kränkung lunifagen. Man
mOge den Posten vorläufig bewilligen, damit die Retfierung in dem Falle, wenn
das Residtat der riitPisiK Imii T sicli dahin lierausstelle, dass man bei dem wohl-
erwogenen Plane verlileil)eii kuiine, mit der Ausführung vorgehe, im andeni
Falle aber das Geld unverausgabt bleibe. — Lasker beantragte die Worte
»nach Wiesbaden« im Antrag Petri zu streichen, damit man den Antrag Petri
annehmen kHnne, ohne sich zugleich Gbcr den künftigen Ort des Idsteiner Archivs
schlüssig zu machen. Frhr. von Heeremanii beantrante, in dem Antrag Petri
die Worte »derjenigen« bis »machen« zu setzen die Worte: »wegen l>esserer
Unterbringung resp. Umbaues des k. Arehives zu Koblenz don nichsten Land-
tage eine anderweitige Vorlage zu machen«. - Bei «ler Abstimmung wurden
die Aiifräjre von Heeremann und l.aski r ah'/elelint. ebenso der der Rild^'4't-Kf)mniis-
sion. Den Antrag Pftri ^'eiiehmigle das Haus dagegen unverändert, und die
Etatsposition war also gestrichen. — Interessanter, noch als die Beden im Ab-
geordneten-Unterhause, scheinen die Verhandlungen in der Budgel-Kommimon
gewesen zu sein. Hr. v. Sybel hafte eine Karle des eliemaligen Henogthums
Nassau iiiit'^'ebraclit. auf uelclier die 25 ReichsKel)iele kolorirt waren, aus denen
du» llerzogthiiiu in der Zeit von 1815 bis 1866 zusammengesetzt worden, und
eridftrte: Wolle man nun auch jener Zusammensetzimg wegen des fQnfkigjfthrigen
Bestandes ein gewisses Gemeingefühl zugestehen, so mOsse man doch bedenken,
d.'xss die im Idsteiner .Xrchiv vereinigten Urkunden sich auf einen weiteren, an
beiden l'fern des Rheins vertbeilten Umkreis bezfVgen, und Honn ein passender
Mittelpunkt sei für das Land der ehemaligen Rheinfranken. Bonn lasse sich
Kleinere MiUheUungen.
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von allen Punkten des Herzogthums ebenso rasch und rascher erreichen, all
Idstein, wo ein Flüfrel ilps Sclil(>ss»>s, in welchem das Arcliiv Itefindlicli, ein-
gestürzt sei. Wenn uiun aber davtm rede, dass die Nassauer beschränkt werden
sollten Im Zutritt tu ihrem Landesarchiv, so müsse man wissen, daas in Idstein
das Archiv binnen sieben Jahren Oberhaupt nur von 29 Personen besucht worden,
darunter ein einziger Nassauer. — Dem Vprneiimcn nach \-\ jt'tzl beschlossen:
das Archiv von dem stillen und isolirten Idstein zur gerechten Freude der
Nassauer nach Wiesbaden zu verlegen, wu es ein neues Gebäude in vollkommen
fMor Lage In einer der scbOnen Villenstrassen erhalten wird. Das Koblenier
Archiv bleibt vorlAurig an seinem bisheri^'t-n Platze, aber auch ihm wire» bei
sräiem *!f) reichoii uml wohl^'t'orilm'lpii hilialt , il«H-h en<lliclt ein sierftumiperes
und lichlvoilereä Uebäude zu wünsclien, als es jetzt in seinem nberfilllten und
gepreaoten Zustande In dem Regieningsgebiude einnimmt.
2. Der Neubau des ynrnherger KreitardUv» ist im raschen Fortschreilen be-
griffen, und wird iiwli in difsfin lalir»' unter Dach kommen. Das Kretmrchir
für Schu-ttbeH und Seubury wird in dein Tbeile des k. Hesi«lenz.schlo3ses, welchen
es bisher in HmAmrg an der Dtmau eingenommen hat, an Lokalitäten fast um
die Bilfte vergrOssert durch EhwBumung des ganien obem Stockwerks, das
bereits im Umbau hegiifTen ist. Ebenfalls im Jahre 1877 hat das auch historisch
so bedeutende Kreiaarchit roti Oberfraukeu zu Bauthery durch die Gnade
Sr. Maj. des KAnigs in der k. Kesidenz neue Häume erhalten, die ihm seiner
UeberfÄllung wegen längst erwflnseht waren.
8. Der heraldisch -genealogische Verein ^ Adler" m Wifu (Singerstrasse 7)
veranstaltet im April und Mai 1878 eine all^^etneint' hrruldisch-yrtitaluyi.Hrh-
sfragittiiche Äusgtdluttff, welche nicht nur die geschichtliche Entwicklung der
Wahlen- GmeUediter* und ffiegelkunde In Europa, sondern auch deren An-
Wendung auf Kunst und Gewerbe nr Darstellung Iwingen, md dn voUstindiges
und möglichst getreues Bild dor viM-rhiedenen Fiitwirkhn>gsperio<lpn drr ^-'e-
nannten DiszipliiX'ii vom 13. Iiis 1!>. .lahrbundert vortTdiren soll. Die Hi-ralilik
gedenkt mau ui ihren Stilarten, die Genealogie in ihrer Behandlungsweise, die
Sfragiatik in ihrer Technik snr vollen Anschauung sn bringen. Als Einsendung«-
tennin ist der 1. MIrz 1878 festgesetst
Das Aichiwesen in Elsass-Lolhringen und der Üi-ganismus des französischen
Departemental-, Gommunal- und Hoepital-Arehivwesens, von Dr. Heinr. PCnnnen-
scbmid (siehe Band!, Literaturberirlit 2), ist nicht erschienen bei Langds Rasch,
Kdmar, sondern bei R. Rasch, Verlagshandlung in Leipsig.
Berichtigimg.
•MM*
Archlvallicbe Zeitechrift. 11.
22
i^iyiu^cü üy Google
Ankündigung]
GRIECHISCHE
THONFIGUREN AUS TANAGRA,
Kaü<erlich Dcnt^chcn Ar< li;i(iloi,n^;rh('n Fiistitiits zu Kerliii, Kom and
Athen uucli den Aiilnatiiueii vuu Ludwig Otto
heraiuBegebeti
TOB
REniHÄBD KEKULti.
n TafdH im Fitrhendruti und Radirtu^/eHf 9 Bofe» Text mU 4 VigiiättH
in RadintHgeit,
b tadtofWMB FtMU'llalMnd IQ. tM.
Ocit der Wlederaufdeckung von Pompeji und Herculaann Iwben Aui^nbiUMB In
dum Bereiche der Culturweli des rl«Hiachcn Alterthama nicht mehr einen ffleidMBlMeh«
thum an ScbönlMlt «ad nnerwarteten AuflMiilaH Iber 41« H91m «ad AmabttÜMam dw
utllten KanttlebeM gtwUhrt , nicht m«hr ein fltieh leVhaflee InlerosM In den weiuettB
Krelien von Kanttlem, Knnatfrounden nnd Oelenrten erre«rt. wie die neuen FnndelD
Tanaffra. 81e Teraprechen al> Mutter und Anrei^anK für die moderne Kunstinduatrie ta
Ihalteher Weiie epochemachend sn werden, wie die pompejanisrhen Ilililer flir daa moderao
Dekorationtsystem epochemachend ifeweaen sind.
Uamal» hat man rtier*! :uiii einer irrösBcri'n Mnni- von lioi-pielon lern'Ti künnpn.
wie antilte Malerei und iiinlri lu- Dckorntion iin l < u riiiuit iiiik nusH:ih. l>ic Autiii'Lkuni,'
iler (irüticr von TanairrH hat /.um fiftcii Male der iilmIci lu u Welt \"r AuuH'ii gestellt, was
untiVir iiiilyi'hroine Sltal|itur war; uriil «alireni iV\r iKuniu-janiiscIicn <ii mn! Ii/ iIit röniim-ticn
Kai«i'i /t it'iiii«<'lii'ren , siml ilie stutiiettt'ii hun 'l'unaKrH () r i 1 n « 1 1> ii u ■! e r K |) o c h n
A I f X 11 u il « r H d i- > I i 1 u H » «' II. Dii'jciiiKen unter denselben, welche .sorK'alti;; aiiKjfetuhrt
und gut erhalten »in l, giml liestnltuu von so ausserordeotlicher Schönheit der Erscheinung
in Porm, Haltung, Gewandmotiven und Färbaag. dsM «le Jodaa BeeebiHM« oawldartlalilteB
aur lebbafteaten Bewundemns hinreiMen.
Dia PabUkatloa, daran wtoao—ehnmicher Werth dudureb verbttrKt wird* daM vaa
der Oaatraldlraktlon daa Kalaarlieh Deutschen ArchSoloKitchaa Inatttats
an Berlla, Bom nnd Athen ana^lit. bietet eine Auswahl der scnSoataa ood ebatak«
teriatischstan taaaKrdiachen Mltlchengestaiti n nu l Amurotten. welche indaa yroflaan Maiit-
llehan Mnaeen nnd Privatsammlnnt;en vorhanden sind. Die S^ichnungen und Ai|nareIIe
•lad nach den Originalen selbst von dem Historienmaler II<-rrn Ludwi^r Otto in volltcom-
mcnster Weise nnsgefUhrt worden; dii' \or7iiplt<'h schönen und gelungenen Radiriingen
von Herrn .1. K. DeinlnKcr in MiinLli<-ii, lie jiolyihi'HiHMi Drucke endlich sind von dem
K. rUKlUhi-n Hofknnstinstitul des Herrn Otto TmiizHch in berlln hergestellt worden; sie
diiifeii - in .U-rseltien Weise wie die Ilildelirand'schen Ijandschaftsbilder — .t 1 s M e 1 s t o r-
werke t e c h n i s c ii e r Reproduktion bcieichnet werden und sind von den höchsten
Aoloritäten ali« soI< i^i- un> rknont.
Der Test giebt in allKomein verständlicher Form daa fHr die Kenntniss und Iteurthei-
lung der ganzen GnttODf Nothwendi^e. Er iat fBr die Faehmänner dadurch , dass in Ihm
anm ersten Male Foadbariehte Ton AngeoMMIcen bei den Ansgrabungcn in Tanagra mit>
gctheilt wenlcn. boMiBdora worthTOlL
Stuttgart, Die Vt rlayshaudluiiy :
W. SPEMANN.
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Ti)hali (los zwcitt'H liaiulos:
I. Zur nri«'iitiruii',>'. ^''iii HorHiJs^ft-lifi- . . . . j_
II. \'<-i"-T Viilra •■ .\rrliivl'«-iiütz;iii^;. \ H'/i au-;;'-!" r ... . \2
III. I,'mIhii.' '"iI'i'i ■"•II ..... ...... ■ ■ '21
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XVII. K iK^.i.'i ^
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XXI. l't'hfr tli«' .All ili-.' Sriusi-I' lilllilli'.i Jim. Ii--. \'I
tiiiinl»"!!. \- ■ .
XXII. LiN-i-iluil'' M, i ! ■ ■ ■
-NXIII. Kl.iiHiv Millli.'ilui!..''i!
In demselben Verlage ist ereclu« n» n
Repertoriniii für Kunstwissenschaft.
Ri'iliijirf vnit
Franz S^^n^f-ifr^
1)11.1011 Art K K. Kllpfii if il, \V|f|i
Band II.
Kfltid I. oikI II. <inil 11111-011 alle DuchhaiKiluiif^cn zu t>' Der I
jwles BunJes ist 10 Mark.
Mein Verhältniss zum Herzog von Reichstädt.
(XAPOLKON II.)
Zwei Sendungen nach Italien.
St'll -'r;i i'liisclie Aufsalze aus dem Nachlaf-
Grafen Prokesch-Osten.
-i. ir FfUtrninnelvtrr» 'ind Bulsr
KMILIK VON RIN/IJ;.